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Page 1: Plasmachemisches Ätzen und Beschichten bei Atmosphärendruck : Anwendungen in der kristallinen Siliziumphotovoltaik

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Dezember 2011 Vol. 23 Nr. 6 DOI:10.1002/vipr.201100473 © 2011 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim 12 ViP

Plasmachemisches Ätzen und Beschichten bei Atmosphärendruck Anwendungen in der kristallinen Siliziumphotovoltaik

Elena Lopez, Dorit Linaschke, Birte Dresler, Ines Dani, Christoph Leyens, Eckhard Beyer

Zur industriellen Herstellung waferba-sierter kristalliner Silizium-Solarzellen kommt eine Vielzahl unterschiedlichs-ter Technologien zum Einsatz. Die Kombination dieser Technologien er-fordert ein aufwändiges Handling der Wafer, was nicht nur die Investitions-kosten, sondern auch die Gefahr des Waferbruchs erhöht.

Der Einsatz von Plasmatechnolo-gien bietet die Möglichkeit, alle Pro-

zessschritte in der Herstellungskette kristalliner Siliziumsolarzellen ohne Nutzung nasschemischer Bäder oder Vakuumprozesse durchzuführen. Am Fraunhofer IWS wurden alle zur Solar-zellenfertigung erforderlichen Ätzpro-zesse sowie die Abscheidung der Pas-sivierungs- und Antireflexschicht mit Hilfe von Atmosphärendruck-Plasma-prozessen erfolgreich demonstriert.

ZuSAMMENFASSuNG

Abbildung 1: Herstellungskette kristalliner Silizium-Solarzellen; grün markiert sind die bereits erfolgreich mit Atmosphärendruck-Plasmaprozessen demonstrierten Prozessschritte

1 EinleitungZur industriellen Herstellung kristalliner Silizium-Solarzellen kommt eine Viel-zahl unterschiedlichster Technologien zum Einsatz (Abb. 1). Für Prozesse wie das Sägeschadenätzen, die Oberflächentex-turierung, die Kantenisolation oder das Phosphorsilikatglas (PSG)-Ätzen wer-den meist nasschemische Bäder einge-setzt. Die Diffusion des Emitters erfolgt in einem Ofenprozess. Für die Abschei-dung der Passivierungs- und Antireflex (AR)-Schicht werden üblicherweise va-kuumbasierte PECVD-Prozesse genutzt. Die Metallisierung, also das Aufbringen der Kontakte auf den Wafer, erfolgt durch Drucken, das anschließende Ein-brennen der Druckpasten geschieht wiederum in einem Durchlaufofen. Die Kombination dieser Technologien er-fordert ein aufwändiges Handling der Wafer, was nicht nur die Investitionskos-ten, sondern auch die Gefahr des Wafer-bruchs, speziell für dünne Wafer unter 180 µm Dicke, erhöht.

Der Einsatz plasmachemischer Ätz- und Beschichtungsprozesse bietet die Möglichkeit, alle Prozessschritte in der Herstellungskette kristalliner Silizi-umsolarzellen bei Atmosphärendruck ohne Nutzung nasschemischer Bäder durchzuführen. Damit kann ein durch-gängiger Wafertransport realisiert werden. Plasmachemische Prozesse ermöglichen eine definierte einseitige Waferprozessierung, die durch die Ent-wicklung neuer Zellkonzepte zwingend erforderlich ist. Weitere Vorteile der At-mosphärendruck-Plasmaverfahren sind ein hoher Waferdurchsatz, der Wegfall von Vakuumanlagen und die starke Re-duzierung des Chemikalienabfalls im Vergleich zur Nasschemie.

Am Fraunhofer IWS wurden alle zur Solarzellenfertigung erforderlichen Ätzprozesse sowie die Abscheidung der Passivierungs- und Antireflexschicht mit Hilfe von Atmosphärendruck-Plas-

maprozessen erfolgreich demonstriert. Das plasmachemische Ätzen erfolgt

mit einer linear ausgedehnten Gleich-spannungsbogenentladung. Im Fokus stehen dabei die Entfernung der ge-schädigten Oberflächenschicht der Wa-fer nach dem Sägen („Sägeschadenät-zen“), die Texturierung der Frontseite, die Glättung der Waferrückseite sowie die Kantenisolation. Zum plasmache-mischen Ätzen von Silizium haben sich in der Halbleiterindustrie Fluoride (z.B. Stickstofftrifluorid und Schwefelhexa-fluorid) durchgesetzt, da die entste-henden Ätzprodukte (vorwiegend Sili-ziumtetrafluorid) gasförmig und damit leicht von der Oberfläche entfernbar sind. Nachteil dieser Ätzgase ist ihr ho-hes Treibhauspotential und die lange Lebensdauer in der Atmosphäre. Daher wurden in der vorliegenden Arbeit auch Ätzgase mit geringem Treibhauspoten-tial evaluiert. Ziel der untersuchungen

war es, fluor- oder chlorhaltige Ätzgas-mischungen mit einer hohen Ätzrate für Silizium bzw. Siliziumdioxid zu erhal-ten. Dabei soll ein hoher Anteil des ein-gesetzten Gases im Prozess umgesetzt werden, um zum einen die Prozess-kosten durch geringen Gasverbrauch gering zu halten und zum anderen den Aufwand für die Abgasreinigung zu mi-nimieren.

Die plasmachemische Abscheidung von Siliziumnitrid als Antireflex- und Passivierungsschicht erfolgt mittels mi-krowellenplasmagestützter chemischer Gasphasenabscheidung, ebenfalls bei Atmosphärendruck. Auch hier wurden verschiedene Precursoren evaluiert: Neben dem industriell eingesetzten Monosilan, das sich an Luft selbst ent-zündet, wurde das chemisch weitge-hend inerte Tetramethylsilan als leicht zu handhabender alternativer Precur-sor evaluiert.

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PLASMATECHNOLOGIE

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Atmospheric pressure plasma-chemical etching and deposition. Application in crystalline silicon photovoltaics.

For industrial processing of wafer based crystalline silicon solar cells a variety of different technologies are applied. The combination of these requires a complex wafer handling; increasing not only investment costs, but also the risk of wafer breakage. Ap-plication of plasma technologies offers the possibility to manufacture crystal-line silicon solar cells without any wet chemical or vacuum processes.

At Fraunhofer IWS all etching steps necessary for the production of solar cells and the deposition of silicon nit-ride as passivation and anti-reflection coating were demonstrated success-fully using atmospheric pressure plasma technologies.

SuMMARY

2 Reaktoren2.1 Anlage zum plasmachemischen Ätzen

bei Atmosphärendruck

Die Anlage zum plasmachemischen Ät-zen bei Atmosphärendruck (Abb. 2, rech-tes Bild) nutzt das aus der Plasmaquelle austretende Gas zur Aktivierung des Ätzgases, d. h. Plasmaerzeugung und Ätzvorgang sind räumlich getrennt [1–4]. Durch das Arbeiten bei Atmosphä-rendruck wird ein Ionenbeschuss der Substratoberfläche, der zu einer Ober-flächenschädigung des Wafers führen könnte, vermieden.

Es wird eine lineare Plasmaquelle LARGE (Abb. 2, linkes Bild) mit einer Ar-beitsbreite von bis zu 250 mm einge-setzt. Das Plasmagas, eine Mischung aus Argon und Stickstoff, wird durch eine Gleichspannungsbogenentladung angeregt und mit hoher Geschwindig-keit aus der Quelle heraus zum Sub-strat getragen. Die Ätzgase werden nahe dem Substrat zugegeben und im Remote-Plasma dissoziiert; die ent-stehenden Fluorradikale reagieren mit dem Silizium der Waferoberfläche. Das Substrat wird während des Ätzprozes-ses kontinuierlich durch den Reaktor bewegt. Durch Monitorierung des ent-stehenden Siliziumtetrafluorids ist eine In-line-Prozessüberwachung mit Hilfe

von Fourier-Transform-Infrarotspektro-skopie möglich [5].

Gasschleusen gewährleisten eine Abschirmung des Reaktorinneren ge-genüber der umgebungsatmosphäre und vermeiden insbesondere das Aus-treten von Reaktivgasen.

2.2 Reaktor zur plasmagestützten che-mischen Gasphasenabscheidung (PECVD) von Siliziumnitrid

In einer zylinderförmigen Mikrowellen-plasmaquelle (Abb. 3) wird bei Atmosphä-rendruck ein Argon-Stickstoff-Gemisch angeregt und durch eine Gasströmung aus der Quelle heraus zum Substrat getragen. Der schichtbildende Precur-sor (Mono- oder Tetramethylsilan) wird zusammen mit Ammoniak (NH3) nahe dem Substrat zugegeben. In der am Fraunhofer IWS vorhandenen Anlage ist

die kontinuierliche Beschichtung von Wafern bis zu einer Größe von 156 x 156 mm² (6“) möglich. Ein Gasschleusensys-tem gewährleistet einen Sauerstoffpar-tialdruck von 0.5 Pa im Reaktorinneren, der die Abscheidung nichtoxidischer Schichten ermöglicht.

3 Plasmachemisches Ätzen von Silizium

Zum plasmachemischen Ätzen von Si-lizium wurden in der Photovoltaik bis-her die aus der Halbleiterindustrie be-kannten Ätzgase wie Stickstofftrifluorid (NF3), Schwefelhexafluorid (SF6) und Fluorkohlenwasserstoffe (z. B. Tetra-fluormethan CF4) eingesetzt [6–9]. Diese Gase weisen jedoch eine lange Lebens-dauer in der Erdatmosphäre und eine hohe Absorption im infraroten Bereich des Sonnenspektrums auf und verstär-

Abbildung 2: Schema der LARGE-Plasmaquelle (links) und des Reaktors zum plasmachemischen Ätzen bei Atmosphärendruck (rechts)

Abbildung 3: Schema des Mikrowellen-PECVD-Reaktors (links) und Strömungspfade in der Mikrowellen-Plasmaquelle (rechts)

Ätzgas (je 1 slm)

Zusatz (je 1 slm)

Ätzrate[nm.m/s ]

Ätzgas-umsatz [%]

Treibhauspotential über 100 Jahre (CO2-Äquivalent)

SF6 – 9.1 15 22 800 [10]

SF6 H2O 10.5

SF6 O2 29 80

NF3 – 22.3 90 17 200 [10]

NF3 O2 23 99

COF2 – 7 – 1 [11]

HCl – 0.06 – –

TAbelle 1: Ätzraten und Ätzgasumsatz für verschiedene Ätzgase und Gasmischungen

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henden Strukturen weisen Größen im Bereich von 150 bis 300 nm mit Tiefen von bis zu 200 nm auf. Die Nanotextu-rierung führt zu einer Verringerung der gesamten Reflexion von 40 % für einen ungeätzten polierten Wafer auf unter 20 % im Wellenlängenbereich von 400 bis 1100 nm.

3.3 Phosphorsilikatglas (PSG)-Ätzen

Zur Ausbildung des Emitters auf So-larwafern wird Phosphoroxychlorid (POCl3) auf die Waferoberfläche aufge-bracht. Durch eine Reaktion zwischen POCl3, O2 und Si bildet sich an der Waferoberfläche Phosphorsilikatglas PxSiyOz (PSG), welches als Dotierstoff-quelle für die Diffusion von Phosphor ins Silizium dient. Diese sehr dünne Schicht (60–100 nm) muss vor der Wei-terprozessierung des Wafers entfernt werden; zumeist erfolgt dies aufgrund der hohen Ätzselektivität zu Silizium durch nasschemisches Ätzen mit Fluss-säure (HF) [9].

Das plasmachemische Ätzen von PSG erfolgte mit Trifluormethan, Stick-stofftrifluorid und Carbonylfluorid. Bei der Verwendung von CHF3 war eine zu-sätzliche Sauerstoffzugabe erforderlich, um die Ablagerung von Fluorkohlen-stoffpolymeren zu vermeiden. Die Se-lektivität, d. h. das Verhältnis der Ätzrate für PSG im Vergleich zur Ätzrate für Si, beträgt für NF3 nur 1.6. Für eine CHF3-O2-Mischung konnte die Selektivität auf bis zu 12 gesteigert werden; für COF2 auf bis zu 15.3, wobei die PSG-Ätzrate 1.23 µm . m/min beträgt. Diese Werte liegen im Bereich der bisher in der Lite-ratur angegebenen Selektivitätswerten für Niederdruck-Plasmaätzverfahren [13, 14].

ken damit die Erderwärmung [10]. Ne-ben diesen Gasen wurden daher auch alternative Ätzgase wie Carbonylfluo-rid (COF2) oder Chlorwasserstoff (HCl) evaluiert; Tab. 1 zeigt einen Vergleich der Ätzraten sowie des umsatzes (für je-weils 1 slm Ätzgas) für die vorrangig un-tersuchten Gase und Gasmischungen.

Die maximal erreichten Ätzraten sind stark abhängig von der verwende-ten Ätzchemie sowie den Plasmabedin-gungen und können in einem Bereich von 0.06 bis 60 nm . m/s variiert werden. Die sehr unterschiedlichen Ätzraten können durch die Dissoziationsener-gien der Ätzgase sowie die Anzahl der Fluoratome je Ätzgasmolekül erklärt werden [12].

Ein hoher umsatz des Ätzgases ver-ringert den Aufwand für die notwen-dige Abgasbehandlung.

Zur Analyse des beim Ätzprozess entstehenden Abgases wurde Fourier-Transform-Infrarot (FTIR)-Absorpti-onsspektroskopie (Matrix-M, Bruker) eingesetzt. Die Messung wurde in der Abgasleitung der Reaktoren mit einer optischen Weglänge von 1 m im Bereich von 500–4500 cm–1 mit einer spektralen Auflösung von 4 cm–1 durchgeführt. Als hauptsächliches Reaktionsprodukt beim Siliziumätzen mit fluorhaltigen Ätzgasen wurde erwartungsgemäß Si-liziumtetrafluorid (SiF4) identifiziert. Im

Folgenden werden die Ergebnisse für die vier im Fertigungsprozess kristal-liner Siliziumsolarzellen eingesetzten Ätzprozesse dargestellt.

3.1 Sägeschadenätzen

Gesägte monokristalline Siliziumwafer weisen Oberflächenrautiefen von bis zu 15 µm auf. Abb. 4 zeigt die rasterelektro-nenmikroskopische Aufnahme einer bis in eine Tiefe von 5.5 µm geschädigten Oberfläche eines Silizumwafers. Durch plasmachemisches Ätzen mit z. B. SF6 konnten die Defekte auf der Waferober-fläche entfernt und eine ebene Oberflä-che erzeugt werden (Abb. 4). Außerdem wurden Rückstände des Sägeprozes-ses von der Waferoberfläche entfernt. Je nach eingesetztem Ätzgas und der Wafertemperatur kann eine dynami-sche Ätzrate von bis zu 0.5 µm·m/min erreicht werden.

3.2 Texturierung der Waferfrontseite

Für dünnere Wafer ist eine gute Ein-kopplung der einfallenden Strahlung in das Absorbermaterial die Vorausset-zung für einen hohen Wirkungsgrad der Solarzelle. Texturierte Frontseiten reduzieren die Reflexion und führen zu einer Streuung der einfallenden Strah-lung. Heutige Fertigungstechnologien nutzen nasschemische alkalische oder saure Ätzbäder zur Texturierung der Frontseite mono- oder multikristalliner Wafer.

Durch plasmachemisches Ätzen bei Atmosphärendruck wurde die Oberflä-chenmorphologie von (100)-monokris-tallinen Si-Wafern modifiziert (Abb. 5). Durch Variation des Ätzgases und der Prozessbedingungen entstehen nano-strukturierte Oberflächen. Die entste-

Abbildung 4: Wafer mit geschädigter Oberfläche (links), Wafer-oberfläche nach Entfernung von 6 µm Silizium durch plasmache-misches Ätzen mit SF6 (rechts, Prozessparameter 40 slm Ar, 10 slm N2, Bogenstrom 80 A, 1 slm SF6, Substrattemperatur 100°C)

Abbildung 5: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer durch plasmachemisches Ätzen bei Atmosphärendruck erzeugten nanotexturierten Oberfläche (links) und transmissionselektronenmikroskopische Aufnahmen der Poren (Mitte und rechts, Prozessparameter 70 slm Ar, 40 slm N2; Bogenstrom 90 A, 2 slm NF3, Substrattemperatur 380 °C)

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PLASMATECHNOLOGIE

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Dipl.-Ing. Elena LopezStudium des Chemieingeni-eurwesens an der Universi-tät von Valladolid / Spanien, 2002 Erasmus-Stipendium Universität Erlangen-Nürn-berg, 2004-2006 Marie-Curie-Stipendiatin bei der Centrotherm AG, seit 2006 am Fraunhofer Institut für Werkstoff- und Strahltechnik in Dres-den, Projektleiterin in der Gruppe Drucktechno-logien

Dipl.-Ing. Dorit LinaschkeStudium der Werkstoffwissenschaft und -tech-nologie an der TU Bergakademie Freiberg, seit 2004 am Fraunhofer Institut für Werkstoff- und Strahltechnik in Dresden, Projektleiterin in der Gruppe Drucktechnologien

Dipl.-Chem. Birte DreslerStudium der Chemie an der Technischen Univer-sität Dresden, 1995-1998 wiss. Mitarbeiterin am Fraunhofer Institut für Werkstoff- und Strahl-technik, Bereich AP-Laser-CVD, 1998-2005 wiss. Mitarbeiterin der Fa. OSTEC GmbH in Meißen, seit 2006 wiss. Mitarbeiterin am Fraunhofer Institut für Werkstoff- und Strahltechnik und Leiterin von Projekten zur Plasma- und Reaktionstechnik

Dr. rer. nat. Ines DaniStudium der Physik an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Promotion an der TU Chemnitz, seit 2002 am Fraunhofer Institut für Werkstoff- und Strahltechnik in Dresden, Leiterin der Gruppe Drucktechnologien

Prof. Dr.-Ing. Christoph LeyensStudium der Metallurgie und Werktofftechnik, Promotion und Habilitation an der RWTH Aa-chen, seit 2009 Professor für Werkstofftechnik am Institut für Werkstoffwissenschaft der TU Dresden und Abteilungsleiter Thermisches Be-schichten und Generieren am Fraunhofer Institut für Werkstoff- und Strahltechnik in Dresden

Prof. Dr.-Ing. Eckhard BeyerStudium der Physik und Promotion an der TU Darmstadt, seit 1997 Professor am Institut für Laser- und Oberflächentechnologie an der TU Dresden, seit 2003 Direktor am Fraunhofer Insti-tut für Werkstoff- und Strahltechnik in Dresden

AuTOREN

Elena Lopez, Fraunhofer IWS, Winterbergstraße 28, 01277 Dresden, [email protected] Dani, Fraunhofer IWS, Winterbergstraße 28, 01277 Dresden, [email protected]

3.4 Kantenisolation

Der Emitter wird aufgrund der Gaspha-sendiffusion nicht nur auf der Frontseite des Wafers ausgebildet, sondern teil-weise auch auf der Rückseite des Wafers. Dabei entsteht eine leitende Verbin-dung zwischen Vorder- und Rückseite. Dieser Kurzschluss wird durch den Prozessschritt der Kantenisolation ent-fernt. Industriell werden dabei vor allem Laser- oder nasschemische Ätzprozesse genutzt.

Der am Fraunhofer IWS zur Kanten-isolation verwendete Plasmaprozess entfernt nicht nur den Emitter groß-flächig von der Rückseite des Wafers, sondern glättet auch die nach dem nasschemischen Texturieren auf beiden Seiten vorhandene Pyramidentextur. Die einfallende Strahlung wird so von der Solarzellenrückseite in die Zelle zu-rückreflektiert. Die Rückseitenglättung gewinnt umso mehr an Bedeutung, je dünner die Wafer werden. Auch die Rekombinationsgeschwindigkeit der Ladungsträger an der Rückseite wird durch die Entfernung der Textur verrin-gert, was einen positiven Effekt auf den Kurzschlussstrom (ISC) und die Leerlauf-spannung (uOC) und somit auf den Wir-kungsgrad der Solarzelle hat.

In industriellen Testserien wurden verschiedene Ätzgase zur Kantenisola-tion mittels plasmachemischen Ätzens bei Atmosphärendruck eingesetzt und

mit industriellen Technologien wie der Laserkantenisolation oder nasschemi-scher Kantenisolation verglichen. Bei den am Fraunhofer IWS geätzten Wa-fern wurden alle Schritte außer der Kan-tenisolation industriell prozessiert.

In Abb. 6 sind die wichtigsten Ergeb-nisse der Testreihen zusammengefasst.

Das plasmachemische Ätzen mit SF6 und NF3 bei Atmosphärendruck zeigt deutlich bessere Werte als die Referenz-prozesse Niederdruck-Plasmaätzen und Lasertrennen. Die Laserkantenisolation führt zu einer Verringerung der aktiven Frontfläche der Solarzelle und damit zu einem Wirkungsgradverlust. Im Ver-gleich zur Nasschemie konnten mit plasmachemischem Ätzen vergleich-bare Wirkungsgrade erzielt werden. Die Verwendung von COF2 zum Ätzen von multikristallinen Wafern führt zu ähnli-chen Wirkungsgraden wie die Verwen-dung von NF3. Der Wirkungsgrad der plasmachemisch geätzten multikris-tallinen Wafer ist aufgrund einer uner-wünschten Nanotexturierung auf der Waferrückseite etwas niedriger als bei der Referenz.

3.5 Abscheidung von Siliziumnitrid

Siliziumnitrid auf der Frontseite der kris-tallinen Siliziumsolarzelle erfüllt drei Auf-gaben: die Anpassung des Brechungs-indizes an die folgende Abdeckung

(üblicherweise aus Ethylen-Vinyl-Acetat EVA und Glas), die Passivierung der Sili-ziumoberfläche sowie die Passivierung von Defekten im Inneren des Wafers.

Im industriellen Maßstab erfolgt das Aufbringen der Schicht üblicherweise durch plasmagestützte chemische Gas-phasenabscheidung im Vakuum bzw. durch Kathodenzerstäubung.

Mit Hilfe des oben beschriebenen PECVD-Reaktors werden Siliziumnitrid-schichten auf mono- und multikristalli-nen Siliziumwafern bei einer Substrat-temperatur von 400 °C abgeschieden [15]. Das Plasmagas ist eine Mischung aus Argon, Stickstoff und Ammoniak. Als Siliziumprecursoren wurden Mo-nosilan (SiH4) und Tetramethylsilan (Si(CH3)4, TMS) evaluiert. Die Abschei-deraten liegen für beide Precursoren im Bereich von 6 bis 30 nm . m/min.

Abbildung 6: Wirkungsgrad relativ zum jeweiligen Referenz pro zess für die plasmachemische Kantenisolation mit SF6, NF3 und COF2

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Monosilan ist der Standardprecursor für die Siliziumnitridabscheidung [16, 17]. Vorteilhaft sind die geringe Disso-ziationsenergie sowie das ausschließ-liche Vorhandensein von Silizium und Wasserstoff in der Verbindung. Da Mo-nosilan hoch entzündlich und pyrophor ist, sind aufwändige Sicherheitsvorkeh-rungen notwendig.

Eine Alternative dazu ist das che-misch weitgehend inerte Tetramethyl-silan, was oft zur Abscheidung von SiO2 oder SiC eingesetzt wird.

Die chemische Zusammensetzung der Schichten wurde mit Elastischer Rückstreudetektionsanalyse (ERDA) be-stimmt (siehe Tab. 2). Als Referenzschicht ist eine Niederdruck-PECVD-Silizium-nitridschicht angegeben. Das Si/N-Ver-hältnis ist bei der TMS-basierten Schicht geringer als bei der Referenz und der SiH4-basierten Schicht. Der Wasser-stoffgehalt, der für die Passivierungs-eigenschaften wichtig ist, liegt in allen Schichten zwischen 12 und 17 Atom-%. Der Kohlenstoffgehalt ist auch bei Verwendung des metallorganischen Precursors sehr gering, der Sauerstoff-gehalt liegt bei den bei Atmosphären-druck abgeschiedenen Schichten unter 3 Atom-%.

In Abb. 7 ist die ellipsometrisch be-stimmte Schichtdickenverteilung über einen monokristallinen 4“ Wafer darge-stellt. Zur Schichtdickenbestimmung wurde für die substratnahe Schicht das

Cauchy-Modell angewendet und für die oberflächennahe Schicht ein Effektiv-medienmodell. Die Homogenität der Gesamtschichtdicke beträgt ± 2,1 %.

Die Passivierungswirkung der abge-schiedenen Schichten wurde mittels MW-PCD (microwave detected photo-conductance decay) untersucht; sie ist vergleichbar mit der kommerzieller Re-ferenzschichten, die mit Niederdruck-PECVD abgeschieden wurden (siehe Abb. 8).

Danksagung

Ein Teil der Arbeiten in diesem Beitrag wurden von der Eu sowie vom BMBF gefördert. Für die fachliche unterstüt-zung bedanken wir uns bei Linda Stolze (Q.Cells SE), Roman Petres (ISC Kons-tanz), Julius Roch, Gerit Mäder, Beate Leupolt, Matthias Leistner und Wulf Grählert.

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Abbildung 7: Schichtdickenverteilung über einen Bereich von 100 mm

Abbildung 8: Einfluss der SiNx:H-Abscheidung auf die Ladungsträgerlebensdauer für monokristalline (links) und mul-tikristalline (rechts) Siliziumwafer

Precursor H[Atom-%]

C[Atom-%]

N[Atom-%]

O[Atom-%]

Si[Atom-%]

Si/N

SiH4 16.5 0.12 42.6 2.28 38.5 0.90

TMS 12.7 0.54 48.1 2.77 35.9 0.75

Referenz 13.9 0.30 43.9 1.00 40.9 0.93

TAbelle 2: Zusammensetzung SiH4- bzw. TMS-basierter Siliziumnitridschichten, als Referenz wurde eine mittels Niederdruck-PECVD abgeschiedene Schicht genutzt