phasenkontrast- und elektronenmikroskopische untersuchungen zur morphologie und funktion der glatten...

33
Zeitsehrift fiir Zellforschung 52, 60--92 (1960) Aus der Elektronenmikroskopisehen Abteilung und dem Physiologischen institut der Medizinischen Fakult/it der Universit/~t des Saarlandes Homburg PHASENKONTRAST- UND ELEKTRONENMIKROSKOPISCHE UNTERSUCHUNGEN ZUR MORPHOLOGIE UND FUNKTION DER GLATTEN MUSKULATUR* Voll HED1 GANSLER ** Mit 30 Textabbildungen (Ei~gega~ge~ am 27. Februar 1960) Wenn ein glatter Muskel Arbeit leistet, kommt es zu einem Bewegungsvorgang, der mit Vergnderungen des Zellverbandes, der Einzelzellen und der kontraktilen Substanz einhergeht. Bei Betrachtung des Zellverbandes mug das Zusammen- wirken von Ring- und L/~ngsmuskulatur, ferner yon Muskulatur und Bindegewebe berfieksichtigt werden. Es bestimmt Richtung und Ausdehnung einer Bewegungs- form oder kann sic zumindest beeinflussen (vgl. BARGMANN 1959). Funktionell bedingte Formver/tnderungen der Muskelzellen wurden yon BARFURTH (1891) und KLECKI (1891) beschrieben, die glatte Muskelzellen mit seitliehen Forts/ttzen (,,Stachelzellen") nur an kontrahierten Darmmuskeln yon gef/itterten Tieren beobaehten konnten. MARTIN HEIDENHAIN (1900) 1/tBt die Frage often, ob diese Forts/~tze Interzellularbrficken sind odor (lurch Schrumpfung entstanden. Im Gegensatz zu der in den moisten Arbeiten stillschweigend gemachten Voraus- setzung, dab die kontrahierte Muskelzelle k~rzer und dicker sei als die ersehlaffte, beobaehtete MEres (1912) eine Volumabnahme kontrahierter Muskelzellen; er folgert, die Kontraktion bestehe in einem Auspressen von Zellsaft in den Inter- zellularraum. GREVEN (1951) regt eine neue l~berprfifung dieser ,,Entquellungs- theorie" an. Auch HIRSCH (1955) vertritt auf Grund yon Untersuchungen an Gef~l~muskulatur die Ansieht, dag die funktionelle Leistung der glatten Mus- kulatur in Quellung und Entquellung bestehc. GROTZNER(1904) h/~lt etwaige Formver~nderungen der Einzelzellen f/ir den Verk/irzungsmechanismus eines ganzen Muskels ffir bedeutungslos, da dieser auf einer kulissenartigen Versehieb- liehkeit der Muskelzellen gegencinander beruhen soll. RosKIN (1936) beschreibt eine sehraubenartige Verdrehung der Muskelzellen w/~hrend der Kontraktion. FISCHER (1944) konnte solehe Formen nur an glatten Muskeln beobachten, die sieh vor oder w/~hrend der Fixierung plStzlich kontrahierten. Er denkt daher an passive Stauehungserscheinungen, die durch Kontraktion benachbarter ,,Myome" entstehen sollen. Die Frage naeh der Struktur der kontraktilen Substanz konnte mit dem Lieht- mikroskop nieht befriedigend beantwortet werden. Den meisten/tlteren Arbeiten (s. M. HEIDE~HAIN) ist ZU entnehmen, dal~ Fibrillen am unfixierten Objekt nicht * Durehgeffihrt mit Unterstiitzung dureh die Deutsche Forschungsgemeinsehaft. ** GISELA WESTERItEIDE, MARLIS BECKER und EvA-MARIA FINZEdanke ieh fiir wertvolle teehnisehe Hilfe, Herrn Prof. ST-4MPFLI fiir Lesen des Manuskripts und fSrdernde Diskussion der Arbeit.

Upload: hedi-gansler

Post on 08-Aug-2016

224 views

Category:

Documents


4 download

TRANSCRIPT

Page 1: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Zeitsehrift fiir Zellforschung 52, 60--92 (1960)

Aus der Elektronenmikroskopisehen Abteilung und dem Physiologischen institut der Medizinischen Fakult/it der Universit/~t des Saarlandes Homburg

PHASENKONTRAST- UND ELEKTRONENMIKROSKOPISCHE UNTERSUCHUNGEN ZUR MORPHOLOGIE UND FUNKTION

DER GLATTEN MUSKULATUR*

Voll

HED1 GANSLER **

Mit 30 Textabbildungen

(Ei~gega~ge~ am 27. Februar 1960)

Wenn ein glatter Muskel Arbeit leistet, kommt es zu einem Bewegungsvorgang, der mit Vergnderungen des Zellverbandes, der Einzelzellen und der kontraktilen Substanz einhergeht. Bei Betrachtung des Zellverbandes mug das Zusammen- wirken von Ring- und L/~ngsmuskulatur, ferner yon Muskulatur und Bindegewebe berfieksichtigt werden. Es bestimmt Richtung und Ausdehnung einer Bewegungs- form oder kann sic zumindest beeinflussen (vgl. BARGMANN 1959). Funktionell bedingte Formver/tnderungen der Muskelzellen wurden yon BARFURTH (1891) und KLECKI (1891) beschrieben, die glatte Muskelzellen mit seitliehen Forts/ttzen (,,Stachelzellen") nur an kontrahierten Darmmuskeln yon gef/itterten Tieren beobaehten konnten. MARTIN HEIDENHAIN (1900) 1/tBt die Frage often, ob diese Forts/~tze Interzellularbrficken sind odor (lurch Schrumpfung entstanden. Im Gegensatz zu der in den moisten Arbeiten stillschweigend gemachten Voraus- setzung, dab die kontrahierte Muskelzelle k~rzer und dicker sei als die ersehlaffte, beobaehtete MEres (1912) eine Volumabnahme kontrahierter Muskelzellen; er folgert, die Kontraktion bestehe in einem Auspressen von Zellsaft in den Inter- zellularraum. GREVEN (1951) regt eine neue l~berprfifung dieser ,,Entquellungs- theorie" an. Auch HIRSCH (1955) vertritt auf Grund yon Untersuchungen an Gef~l~muskulatur die Ansieht, dag die funktionelle Leistung der glatten Mus- kulatur in Quellung und Entquellung bestehc. GROTZNER (1904) h/~lt etwaige Formver~nderungen der Einzelzellen f/ir den Verk/irzungsmechanismus eines ganzen Muskels ffir bedeutungslos, da dieser auf einer kulissenartigen Versehieb- liehkeit der Muskelzellen gegencinander beruhen soll. RosKIN (1936) beschreibt eine sehraubenartige Verdrehung der Muskelzellen w/~hrend der Kontraktion. FISCHER (1944) konnte solehe Formen nur an glatten Muskeln beobachten, die sieh vor oder w/~hrend der Fixierung plStzlich kontrahierten. Er denkt daher an passive Stauehungserscheinungen, die durch Kontraktion benachbarter ,,Myome" entstehen sollen.

Die Frage naeh der Struktur der kontraktilen Substanz konnte mit dem Lieht- mikroskop nieht befriedigend beantwortet werden. Den meisten/tlteren Arbeiten (s. M. HEIDE~HAIN) ist ZU entnehmen, dal~ Fibrillen am unfixierten Objekt nicht

* Durehgeffihrt mit Unterstiitzung dureh die Deutsche Forschungsgemeinsehaft. ** GISELA WESTERItEIDE, MARLIS BECKER und EvA-MARIA FINZE danke ieh fiir wertvolle

teehnisehe Hilfe, Herrn Prof. ST-4MPFLI fiir Lesen des Manuskripts und fSrdernde Diskussion der Arbeit.

Page 2: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur 61

zu beobachten sind, sich jedoch nach geeigneter Fixierung gut darstellen lassen. Die bisher vorliegenden elektronenmikroskopischen Befunde (MARK 1956, GA~S- LER 1956, MOORE und RUSKA 1957, SKOE~BE~G 1958) haben eindeutig erwiesen, dab glatte Muskelzellen nach Fixierung mit gepufferter Osmiums~ure im Unter- schied zu quergestreiften Muskelzellen nur eine Art von Myofibrillen haben, deren Durchmesser unterschiedlich, jedoch hSehstens mit 100 • angegeben werden. Hieraus folgt, dal~ lichtmikroskopisch nachweisbare Fibrillen stets als sekund~r entstandene Strukturen aufzufassen sind. Die ebenfalls im Lichtmikroskop oft beobachteten unregelmi~l~igen ,, Querstreifen" glatter Muskelzellen wurden schon von GRi~TZNER (1904) als Erstarrungsformen gedeutet. McGILL (1909) beschreibt eine st~rkere Farbaffiniti~t der kontrahierten Muskelzelle, ws HENNEBERG (1901) die intensiver gefKrbte Muskelzelle ffir erschlafft h~lt, da die hellen, blasser gef~rbten Muskelzellen kiirzer und dicker seien. ZEIGER (1936), der sich mit den mSglichen Ursachen der auch in anderen Geweben zu beobachtenden unterschied- lichen Farbaffinit~t des Cytoplasmas auseinandergesetzt hat, konnte wahrschein- lich maehen, dal3 die zunehmende Farbaffinit~t auf einer stgrkeren Aggregation yon Plasmakolloiden beruht.

Die unterschiedliche Deutung der morphologischen, aus verschiedenen Dimen- sionen s tammenden Befunde an glatter Muskulatur beruht einerseits auf der weitgehenden Unkenntnis der sich wAhrend der Fixierung und Einbet tung abspielenden Vorg~nge, zum andern darauf, dal~ sich am lebenden Organ, aber aueh im physiologischen Experiment einheitliche Funktionszust~nde tiitiger Muskeln nur schwer erfassen lassen. Dennoch erscheint eine Deutung morpho- logiseher Befunde leichtcr mSglich unter Zuhilfenahme isolierter Muslcelstrei/en, deren Funktion an Hand des Mechanogramms sicherer definiert und auf eine einheitlichere Struktur - - die yon Bindegewebshiillen befreite Ringmuskulatur - - bezogen werden kann. Vor der Fixierung der Muskelstreifen registrierte Mechano- gramme geben Auskunft dariiber, ob es sich um erschlaffte oder ti~tige Muskeln handelt ; w5hrend der Fixierung registrierte Mechanogramme erlauben eine genaue Definition des Funktionszustandes fixierter Streifen. Fiir die Erregung solcher isolierter Muskelstreifen, denen Nervenzellen fehlen, spielen wahrscheinlich nerv6se Faktoren keine Rolle.

Die Aufgabe unserer Untersuchungen ist die Beantwortung der Frage, ob charakteristische Strukturunterschiede zwisehen kontrahierten und erschlafften Muskelstreifen bestehen, d.h. ob sich an isolierten Muskelstreifen eine Zuordnung yon Funktion und Struktur durchffihren l~13t. In weiteren Untersuchungen sollen diese Ergebnisse mit denen an intakten glattmuskul~ren Organen verglichen werden.

Material und Methode Aus dem mittleren Teil des Froschmagens wurden nach Entfernung yon Schleimhaut

und Bindegewebshfillen in RingerlSsung etwa 1 mm breite Muskelstreifen 1 abgespult. Untersuchung der Streifen: a) Lebendbeobachtung rhythmisch aktiver Streifen im Phasenkontrastmikroskop; b) Phasenkontrastmikroskopie unfixierter Zupfpr~parate;

1 Ffir die ~berlassung des Materials, das aus Untersuchungen nach der Methode yon ST-&MPFLI und WESTERHEIDE (1959) stammt, bin ich Herrn Prof. ST~MPFLI ZU grol~em Dank verpflichtet.

Page 3: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

62 HEDI GANSLER :

c) Phasenkontras t - und Elektronenmikroskopie fixierter und eingebetteter Streifen; Fixierung: 1%ige gepufferte OsmiumtetroxydlSsung (nach CAULFIELD 1957) bei 4 o C I Std. Entwisserung: Aufsteigende Alkoholreihe; Nachkontrast ierung: Je ein Teil der Streifen wurde 24 Std in alkoholische Phosphorwolframsiure (1 g PWS/100 cm a absolutem Alkohol) gelegt; E inbe t tung : Butylmethacryla t ; Polymerisation : mi t 1,5 % Benzoylperoxyd bei 48~ C; Schneiden: Die Streifen wurden mit einem Servall-Porter-Blum-Mikrotom quer und in beiden L/~ngsebenen in Stufen aufgeschnit ten; Mikroskopieren: Fiir die phasenkontrastmikroskopl- schen Aufnahmen s tand ein Wild-Varicolor-Mikroskop zur Verfiigung, die elektronenmikro- skopischen Aufnahmen wurden mit einem Siemens-Elektronenmikroskop (~M 60c (60 kV) gemacht ; nur die Aufnahmen der mit , ,E" bezeichneten Archiv-Nummern mit einem Elmi- skop I.

Vorbehandlung der Streifen : Aus der nachstehenden Tabelle sind die genaueren Angaben iiber die vor der Fixierung durchgefiihrten Experimente zu entnehmen.

Zur 1. und 2. Gruppe geh0ren 6 Streifenpaare, von denen jeweils ein Streifen sofor~ nach der Pr/~paration fixiert, der andere vor der Fixierung fiir 1--2 min in eine 0,04 m isotone Kalium-RingerlSsung i gelegt wurde; ferner gehSrt zur 1. Gruppe ein Streifenpaar, das vor der Fixierung 5 Std ungedehnt (508) bzw. gedehnt (509) in Normal-Ringer aufbewahrt wurde.

Die 3. Gruppe umfa6t 4 Streifen, die unter Belastung und Registrierung des Mechano- gramms fixiert wurden.

Zur 4. Gruppe gehSren l0 Streifen, die nach Registrierung des Mechanogramms aus der Appara tur en tnommen und dann fixiert wurden - - die bei der Herausnahme des Streifens pro Kont rak t ion geleistete Arbeit ist in der Tabelle in Milligramm angegeben - - , sowie ein nach isometrisch-rhythmischer Aktivit/~t fixierter Streifen (525).

Schlie~lich wurden noch 2 frisch pr/~parierte Streifen (5. Gruppe) vor der Fixierung mit Glyzerin extrahier t nach der Methode yon HASSELBACIt (miindliche Mitteilung; s. auch 1957).

d) Lichtmikroskopie: 3 ganze Froschm/~gen wurden in l0 %igem Formol fixiert, in Paraffin eingebettet und nach VAN GIESOI'T gef/~rbt.

Tabelle

Gruppen : I I I I I I IV V

Mechanische nicht registriert registriert nicht Ak t iv i t i t : registriert

Fixierung: sofort nach nach Spfilen in der nach Heraus- Preparat ion mit 0,04 m Appara tur nahme aus der nach Glyzerin-

K-Ringer Appara tur extrakt ion

Pr~parat- n u m m e r n

460 470 476 487 487

458 468 477 496 575

510 734 735 736

519 (hlaktiv) 520 (inaktiv) 521 (inaktiv) 522 (inaktiv) 506 (270 mg)

574 587 507 586 523 508 524 509 576

577 525

(130 mg) (100 rag) (150 mg) (150 mg) (250 rag) (iso- metrisch - rhyth- misch)

482 515

B e f u n d e

A. A m iiberlebenden Prdparat

F r i s e h p r ~ p a r i e r t e M u s k e l s t r e i f e n ze igen m e i s t k e i n e S p o n t a n b e w e g u n g e n .

B r i n g t m a n sie in 0 ,04 m K a h u m - R i n g e r , so v e r k i i r z e n sie s ich n a e h e t w a 1 m i n

l Zusammensetzung wie bei HUXLEY und STXMPFLI (1951), jedoch mit. 1,8 mM CaC12.

Page 4: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur 63

unterschiedlich stark. Der Verkiirzung schlie~t sich sofort ohne Bewegungs- stillstand eine leichte Verl/ingerung an, wobei jedoch die Ausgangsl~nge nicht erreicht wird.

A b b . 1. U n f i x i e r t e r M u s k e l s t r e i f e n , t ier i m l i n k e n B i l d t e i l z a r t e Q u e r s t r e i f e n e r k e n n e n l f iBt ; es h a n d e l t s i c h u m n o c h v e r b l i e b e n e B i n d e g e w e b s f a s e r n d e r T e l a s u b s e r o s a . V e r g r . e t w a 4 0 f a c h

Werden Muskelstreifen in der von STXMPFLI und WESTERItEIDE angegebenen Apparatur aufgeh~ngt und belastet, so zeigt das Mechanogramm keine Spontan- aktiviti~t, die Streifen sind erschlafft. Werden sie 2 min mit Kalium-Ringer bespfilt, so erfolgt nach etwa 1,5 min die erste Kontraktion. Noch ws der

A b b . 2. U n f i x i e r t e r iYluske ls t re i fen . D i e F i b r i l l e n b f i n d e l v e r l a l r f e n sch r f ig z u e i n a n d e r b z w . i i b e r k r e u z e n s i ch . Y e r g r . e t w a 6 0 f a c h

Spfilung mit Kalinm-l%inger verli~ngert sich der Streifen und bleibt etwa 2 min in diesem Stadium. Erst dann beginnen rhythmische Kontrakt ionen mit einer Frequenz yon etwa 3/min, die allm~hlich abklingen. Durch erneute Spiilung mit Kalium-Ringer kann die Aktiviti~t wieder in Gang gesetzt werden. Wi~hrend der Verkiirzung und Verl/ingerung ist eine Drehbewegung des ganzen Streifens deutlich zu beobachten.

Page 5: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

64 H E D I GANSLER :

Dehnt man einen an beiden Enden mit F~den versehenen Muskelstreifen leicht in Ringer auf einem Objekttriiger, so kann man nach Spfilung mit Kalium- Ringer auch bei dieser Horizontalanordnung im Phasenkontrastmikroskop rhyth- mische Bewegungen beobachten, die 10--12 sec dauern und jeweils yon einer etwa 2 sec langen bewegungslosen Phase unterbrochen sind. Betrachtet man die Streifenenden w/~hrend dieser rhythmischen AktivitKt, so sieht man, dab der Streifen sich hierbei kaum verkfirzt, er verhKlt sich isometrisch. Eine Dreh- bewegung des ganzen Streifens ist auch bei dieser Anordnung zu beobachten.

Abb. 1 zeigt die oberste Schicht eines unfixierten Muskelstreifens, die meist noch zarte, quer verlaufende Bindegewebsfasern erkennen 1/tilt. Beim Tiefer- fokussieren kommt man dann auf eine homogen erscheinende Schicht, die w/ih- rend der Bewegungsphase auf und ab, also senkrecht zur L~ngsachse des Muskel- streifens zu flieBen scheint (photographisch nicht darstellbar). Auf Abb. 2 ist die oberste Schicht der Muskelfibrillen zu sehen, die aus dicht ineinandergeffigten, sich flach fiberkreuzenden Bfindeln bestehen.

B. Am/ixierten Priiparat

1. Parafiinschnitte. Eine ausffihrliche Besprechung der lichtmikroskopischen Befunde soll an anderer Stelle erfolgen. Hier sei nur erw~hnt, dal~ die Tunica muscularis aus der Mitte des Froschmagens (ira Unterschied zu Kardia- und Pylorusbereich) nut aus Ringmuskulatur besteht; auch im Bereich der Kurvaturen ist keine L&ngsmuskulatur vorhanden. Peripher ist die Muskulatur yon einer derben Tunica serosa fiberzogen, zentral schlie~t sich die Submucosa an. Schr/~g verlaufendeMuskelbfindel, die sog. Fibrae obliquae, konnten wir nicht beobachten. Ihre Entstehung ist nach BENM~O~OFF (1952) auf die Ausbildung des Bulbus zurfickzuffihren, der ja am Froschmagen fehlt.

2. Uneingebettete Muskelstrei[en. Im Lupenmikroskop sieht man, dal~ ver- kfirzte Muskelstreifen eine unregelm/~i~ig gewellte Oberfl/~che haben und nach der Osmiumfixierung tief dunkelbraun erscheinen. Erschlaffte oder fiber einige Zeit gedehnte Muskelstreifen haben eine glatte Oberfl&che und sind nach der Fixierung hellbraun. Dieser Farbunterschied ist so groin, da~ er nicht nur auf die unterschiedliche Wanddicke bezogen werden kann, sondern auch auf einer unterschiedlichen Osmiumaufnahme beruhen muB. Hiefffir spricht, dal3 nur noch m/~l~ig aktive Streifen aus der Apparatur helle Randbezirke erkennen lassen, w/ihrend die Mitte als dunkelbrauner, entweder das ganze Pr/iparat durchziehen- der oder an mehreren Stellen unterbrochener Streifen erscheint.

3. Eingebettete und gesehnittene Muskelstreifen im Phasenkontrastmikroskop. Drei belastete Muskelstreifen, die im verkfirzten Zustand fixiert wurden, fallen im Phasenkontrastmikroskop dadurch auf, da~ die Muskelzellen schri~g zuein- ander und zur L/~ngsachse des Streifens angeordnet sind (Abb. 3), wiihrend sie in erschlafften Streifen stets ann~hernd parallel verlaufen. In verkfirzten Streifen sehen wit neben Zellen mit relativ kontrastarmem Myoplasma, die dicht neben- einanderliegen Iund scheinbar nur durch eine einfache, kontrastreichere Membran getrennt sind, Zellen mit dichterem Myoplasma und gr66eren Abst~nden von- einander (/~hnlich wie auf Abb. 6). Zwischen den dicht ineinandergeffigten Zellen sieht man oft vakuolenartige Gebilde im Interzellularraum (Abb. 4), w&hrend

Page 6: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur 65

die etwas weiter auseinanderliegenden Zellen oft seitliche Zellausl/~ufer besitzen, dureh die sie syncytial verbunden erscheinen (Abb. 5).

~_hnliche Bilder yon schr/s zueinander verlaufenden, unterschiedlich dicht nebeneinander liegenden Muskelzellen beobachteten wit auch an 3 Streifen, die gleieh naeh der Pr/~paration fixiert warden (Abb, 6), weshalb wit annehmen

Abb. 3. U~ te r BeIas tung kontrahierfier ]~Iuskelstreifen (Pr~p. 735): Die homogenen Zelle~ ver laufen schr~g z~einander u n d zur L~tngsaehse des Stl~ifens. Vereinzel t sin([ sehr kont ras t re iche N~uskelzellen

zu sehen. L inks ein schraaler Streifen gewell tcr Muskelzellen. P l a s m a k o n t r a s t m i k r o s k o p . Vergr . 400fach (Arch. Nr. 972/59)

m6ehten, da6 diese sich w/ihrend der Fixierung ebenfalls in einem kontraktions- /ihnliehen Zustand befanden. Diese Annahme wird dadurch unterstiitzt, dab die entsprechenden Parallelpr/~parate, die vor der Fixierung in Kalium-Ringer gelegt wurden, makroskopisch keine Kontrakt ion erkennen lie6en.

Unbelastete Muskelstreifen, die sich nach Zugabe yon Kalium-Ringer kontra- hieren, zeigen insofern ein anderes Bild, als der zentrale Bereich dieser Streifen aus kontrastreichen, welt auseinanderhegenden, schr/ig zueinander verlaufenden Muskelzellen besteht (Abb. 7 a). In den peripheren Zonen dieser Streifen sind die Muskelzellen heller, liegen diehter nebeneinander und verlaufen ann/~hernd parallel

Z. Zellforsch,, ~d. 52 5

Page 7: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

6 6 HEDI GA~SLER ."

(Abb. 7b). Dies h/~ngt offenbar damit zusammen, dab sich der Kontrakt ion unmittelbar eine leichte Streckung bzw. Erschlaffung anschliel3b. - - Schon diesen Bildern ist zu entnehmen, dab der Kontras t des Myoplasmas proportional dem gr6Beren Zellabstand zunimmt.

Muskelstreifen, die nach Registrierung des Mechanogramms aus der Apparatur entnommen und erst dann fixiert wurden, unterscheiden sich yon den bisherigen

Abb. 4. I I6here Vergr6florung aus Abb. 3. Dicht nebeneinander l iegendc Zellen, die l~ngs, schrgg llnd quer angeschni t ten sind. Zwischen den Zellen an mehrc ren Stel len vak 'uolenart ige Gebilde.

Phasenkon t ras tmikroskop . Vergr. 2O0Ofach (Arch. Nr. 973/59)

dureh 2 Besonderheiten: Die MuskelzeLlen verlaufen alle ann~hernd parallel und sind alle untersehiedlich stark gewellt. Dieser Befund ist offenbar auf die vor der Fixierung erfolgte pl6tzliehe Entlastung der Streifen zuriiekzuffihren, die an aktiven Streifen stets eine Ersehlaffung bewirkb. Morphologisch zeigen diese Streifen eine gewisse Abh/ingigkeit yon der bei der Entnahme pro Kontrakt ion geleisteten Arbeit insofern, als voll aktive Streifen aus dicht nebeneinander- liegenden gewellten Zellen bestehen (Abb. 8), die sieh in versehiedenen Streifen oder aueh in verschiedenen Absehnitten eines Streifens nur im Kontras t des Myoplasmas unterseheiden. Mit abnehmender Leistung sind Streifen mit einem immer breiter werdenden Mantel heller, fibrill/~rer Zellen zu sehen, w/~hrend in

Page 8: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur 67

der Mitte dunkle gestreckte oder gewellte Zellen relativ welt auseinanderliegen (Abb. 9).

Der nach isometrisch-rhythmischer Aktivit/it fixierte Streifen (525) besteht ebenfalls aus gewellten und parallel verlaufenden ZeUen, die am einen Ende des

Abb. 5. H6here VergrSI3erung arts Abb. 3. Die Ze l l en l i egenwei te r ause inander n n 4 erscheinen du tch zar te Seitenausl~Lufer syncy t ia l ve rbunden . P h a s e n k o n t r a s t m i k r o s k o p . Vergr. 20O0fach (Arch. Nr. 975/59)

Streifens hell-fibrills sind, ira fibrigen Teil des Streifens homogen und kontrast- reicher erscheinen. GrSl~ere Absts zwisehen den Zellen waren in diesem Streifen nicht zu beobachten. Abb. 10 s t ammt aus der Zone des Streifens, in der beide Zell- typen nebeneinander vorkommen. Streifen, die im erschlafften oder m~Big ge- dehnten Zustand fixiert wurden, bestehen vorwiegend aus parallel zueinander verlaufenden hellen fibrills Zellen.

5*

Page 9: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

68 H E D I GANSLER �9

Die unbelasteten Streifen, bei denen nach Einbringen in Kalium-Ringer makroskopisch keine Verkiirzung beobachtet werden konnte (496, 575 und 587) wie auch der 5 Std in Normalringer aufbewahrte ungedehnte Streffen und drei

Abb. 6. Unbehandc l t e r Muskclstz~ifcn (Pr~p. 574). Die e inze lnen Muskelbi indel ve r laufen schr~tg zueinander . I n dcr B i ldmi t t e l iegen die Zellen d ich tc r nebene inander , w$ihrend an den Sei ten der Ze l lve rband lockerer erschcint . Der K o n t r a s t tier e inze lnen Muskelzcllen zeigt grol3e Unterschiedc .

P h a s e n k o n t r a s t m i k r o s k o p . Vergr . 400fach (Arch. Nr . 972/59)

direkt nach der Preparation fixierte Objekte (460, 470 und 476) zeigen schon in einem eblzigen Schnitt sehr unterschiedliche Bilder, auf denen alle bisher beschrie- benen Formen der Zellen und Zellverb~nde nebeneinander vorkommen. J~hnlich polymorphe Bilder, wie wir sie oft an glatten Muskeln, die yon in situ fixierten intakten Hohlorganen stammen, beobachteten, lassen zun~chst den Versuch einer funktionellen Deutung unmSglich erscheinen. Demgegenfiber bewirkt

Page 10: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur 69

das physiologische Experiment am isolierten Muskelstreifen grSBere Einheiten strukturgleicher Zellen und Zellverb/s So kSnnen wir schon auf Grund der

Abb. 7an. b. Unbe las t e t kon t rah ie r t e r Muskelstreifen (Pr~p. 468). a I m zen t ra l cn Bereich des Streifens wel t auseinander l iegende dunkle ges t reckte Zellen. Vergr. 650fach (Arch. Nr. 373/59). b I n der Peri-

pherie des Streifcns hellcre, d icht nebeneinander l iegende Zellcn. Phasenkon t r a s tmik roskop . Yergr. 650fach (Arch. Nr. 374/59)

phasenkontrastmikroskopischen Befunde annehmen, dab der Kontrast der Muskelzellen sowie der hiervon abh/~ngige Abstand der Zellen voneinander bzw. die unterschiedhche Ausdehnung des Extrazellularraumes und schlie$lich die

Page 11: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

70 H E D I GANSLER :

Abb. 8. Nach Regis t r ie rung des Mechanogramms unbe las te t f ixier ter Streifen (Prfip, 506). Dicht nebeneinander l iegende, gewellte Muskelzellen, die ann~hernd paral le l ver laufen.

Phasenkon t r a s tmik roskop . Vergr. 325faeh (Arch. Nr. 127/59)

Abb. 9. Nach Regis t r ie rung des Mechanogramms unbe las te t f ixier ter Strcifen (Pr~p. 507). I m peri- pheren Tei l des Streifens helle fibrill~tre Zcllen, im Zentl~un dunkle, weit auseinanderl iegende Zellcn.

Phasenkon t r a s tmik roskop . Vergr. 325fach (Arch. Nr. 146159)

Page 12: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur 71

Anordnung der Zellen zueinander und zur Ls des Streifens eine funktio- nelle Deutung ermSglichen.

Abb. 10, Naeh i somet r i sch- rhy thmiseher Akt iv i t~ t f ix ier ter Streifen (Pr~p. 525): Helle fibrillfia~ und dunkle homogene Zellen aus 4er ~be rgangszone zwischen nu r hel len u n d nu r dunk len Zellen.

Phasenkon t r a s tmik roskop . Vergr . 325faeh (Arch. Nr. 216/59)

4. Elektronenmikroskopische Befunde. a) Der Zellverband. Schon bei schwa- cher elektronenmikroskopischer VergrSI3erung zeigen die im Phasenkontrast- mikroskop homogen erscheinenden Muskelzellen mit wenigen Ausnahmen ein inhomogenes Myoplasma, das h~ufig eine gewisse Vorzugsrichtung besitzt (Abb. 11). Welter ist ein charakteristischer Unterschied zwischen den Ober- fls der hellen und dunklen Muskelzellen zu erkennen: Die der hellen Zellen sind glatt, die der dunklen unregelm/s gefaltet und zerklfiftet. Eine •bergangsform zwischen diesen beiden Extremen glauben wir in jenen Zellen verkiirzter Streifen zu sehen, die schr~g zueinander verlaufen und noch sehr dicht ineinandergefiigt sind (Abb. 12). Diese Zellen erscheinen durch zahlreiche am6boide Ausl/~ufer ineinander verzahnt. ~_hnliche Oberfliichen wie die auf Abb. 11 dargestellten, haben auch die weiter auseinanderliegenden dunklen Muskelzellen unbelasteter Streifen (Abb. 13a und b). Nur die dunklen, gewellten Zellen (Abb. 14a und b), wie sic vorwiegend in den rhythmisch aktiven Streifen vorkommen, die vor der Fixierung gedehnt, bzw. belastet

Page 13: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

72 H E D I G)~NSLER :

waren, haben eine glatte Oberfl~che. Diese Zellen sind um so starker gewellt, je dichter bzw. kontrastreicher das Myoplasma erscheint. Die im Phasenkontrast- mikroskop hell-fibrilliir erscheinenden Muskelzellen unterscheiden sich yon Abb. 14 nur insofern, als die MuskelzeUen dichter nebeneinanderliegen, gestreckt oder

Abb. 11. Direkt nach der P repa ra t i on f ixier ter Muskelstreifen (Pr~p. 574). Helle und dunkle Muskel- zellen, quer und schr~tg angeschni t ten. Die Oberflache tier hellen Zelle ist glat t , die der dunklen

u n r e g e l m ~ i g gefal te t (Arch. Nr. 1799/59), Ve~gr.: El, opt. 1 000 fach

nur ganz wenig gewellt sind und das Myoplasma auch im Elektronenmikroskop inhomogener erscheint.

b) Kontraktile Substanz und Zellmembran. Die kontraktile Substanz der glatten Muskelzelle besteht aus einer homogenen, elektronenmikroskopisch strukturlos erscheinenden Grundsubstanz (Sarkoplasma) unterschiedlicher Dichte und Filamenten mit einem Durchmesser yon etwa 40 .~ (in hellen Zellen konnten wir vereinzelt auch Durchmesser yon etwa 20 A ausmessen);

Page 14: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur 73

punkt- bis spindelfSrmige Verdichtungen, die unregelm~Big im Myoplasma verteilt sind, kommen nicht in allen Zellen vor. In sehr hellen Muskelzellen mit glatter Oberfli~che erscheinen die Filamente zugunsten der homogenen Grundsubstanz eindeutig vermindert. Auf Abb. 15 sind nur noch vereinzelt kontrastarme Filamente zu sehen, die als sehr lockere, unzusammenh~ngende Netzwerke erscheinen. Abb. 16 zeigt schon ein wesentlich dichteres Myoplasma

Abb. 12. U n t e r B e l a s t u n g k o n t r a h i e r t e r Muske l s t r e i f en (Pr~p. 735). D u t c h a m S b o i d a r t i g e Aus l~ufer i n e i n a n d e r v e r z a h n t e Zel len, w o d u r c h in te rze l ln l~re V a k u o l e n v o r g e t ~ u s c h t w e r d e n .

Vergr . : El . opt . 1400fach (Arch. Nr . 2211159)

heller Zellen. W/~hrend in der linken Zelle deutlich parallel orientierte Filamente zu sehen sind, deren Durchmesser und L/~nge darauf schlieBen lassen, dab es sich hier um Filamentaggregate handelt, besteht die rechte Zelle aus feineren, weniger geordneten Filamenten. Das nur im mittleren Bereich dieser Zelle granul/ir erscheinende Myoplasma ist wohl so zu erkl/~ren, dab die Vorzugsrichtung der Filamente dieses Bereichs ann/ihernd senkrecht zur Schnittebene liegt. Die osmiophile Membran aller dieser Zellen zeigt an zahlreichen Stellen Defekte. In unmittelbarer Membrann/~he sind kleinste B1/~schen linear angeordnet. Spindel- fSrmige Verdichtungen sind in diesen hellen Zellen nur sehr selten zu beobachten; nur in den phasenkontrastmikroskopisch fibrilliir erscheinenden hellen Zellen (Abb. 17 ) sind neben gr6beren, kontras tarmen Filamentaggregaten auch kontrast- reichere Gebilde zu sehen, die den spindelfSrmigen Verdichtungen der dunklen Zellen entsprechen.

Page 15: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

74 H E D I GANSLER :

Die Abb. 18--21 zeigen einige Ubergangsformen zwischen hellen und dunklen Zellen, die durch pseudopodienartige Ausl~ufer ineinander verzahnt sind. Die Form und GrSBe dieser Ausl~ufer steht in bestimmter Beziehung zur Myoplasma- dichte. In den Zellen, in denen die kontraktile Substanz noch lockerer und kon-

Abb. 13. a Unbe las t c t kon t rah ic r t e r Muskelstreifen (Prii, p. 468): Dunkle wei t auseinandcr l iegende Muskelzellen mi t unregelm~Big gefal te ter Oberfl~che. U m die dunklen, schraubenfS~nigen Kerne angedeu te t helle H6fe. Oben Mitte : Biindel m a r k a r m e r Ncrvenfasern . Vergr. : El. opt. 1000fach; Abb.

3000fach (Arch. Nr. 1901/59). b , ,Stachelzelle" m i t noch s ta rker , ,geschmlmpfter" Obcrfl~che. Vergr. : El. opt. 1000fach (Arch. Nr. 267/59)

trast~rmer erscheint, sehen wir blasenf6rmige Vorw61bungen der Zelloberfl/iche (Abb. 18 und 19). Der Inhalt dieser Ausl/tufer zeigt recht h/~ufig in unmittelbarer N~he der Zellmembran helle, kontrastarme Bezirke (Abb. 18), die die Vermutung nahelegen, da6 es sich auch bei den groBen, vakuolenartigen Gebilden um solche Zellausl~ufer handelt, die entweder nur infolge der zuf/tlligen Schnittriehtung keinen Zusammenhang mit der dazugeh6rigen Muskelzelle erkennen lassen

Page 16: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur 75

A b b , 14. a!',Ta~h i some t r i s chc r r h y t b x a i s c h e r Ak t iv i tR t f i x i c r t c r S t r c i f en (Pr~p. 525). D ~ l k l c wc i t aUSeinandcr l icgende Zc l l en m i t g l a t t e r OberflKche. N c b c n Quer schnJ t t en sehr un te r schJed l iohc r D u r c h m e s s e r a u c h SchrKgschni t te . Verg r . : El . op t . 1000fach; A b b . 3000fach (Arch. Nr . ~94/59). b (Pr~p. 507 ; wic Abb . 10). D u n k l c , w c i t a ~ s c i n u n d e r l i c g c n d c s ch rauben fS r r a igc Ze l len m i t g l a t t e r

Ober f iache . Vergr . : EL opt . 1000 la th (Arch. Nr . 1162/59)

oder aber ihren Zusammenhang mit der Zelle ganz verlieren bzw. als ,,Vakuolen" in den Extrazellularraum ausgestoBen werden. Abb. 20 k6nnte dafiir sprechen,

Page 17: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

76 HEDI GANSLER: Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

da~ das Volumen dieser Ausl~ufer entsprechend dem Dichterwerden des Myo- plasmas wieder abnimmt, wiihrend auf Abb. 21 sehr helle Vakuolen noch mit einem sehr dichten Myoplasma direkt in Verbindung stehen, was vermuten 1/~Bt,

Abb, 15. Vor der F ix ierung mi t Glyzerin ex t rah ie r t e r Streifen (Pr~p, 515). Die Filo~nentc erscheinen zuguns ten der homogenen Grundsubs tanz (Sarkoplasraa) ve rminder t . Der K e r n i s t h o m o g e n u n d g l a t t . Die Ze l lmembranen s ind n icht in F o r m durchgehender osmiophiler Linien dargestel l t , sondern scheinen

teilweise defekt. Vergr. : El. opt. 8000fach (Arch, Nr. E 163/59)

da]3 hier zwischen sehr heller und sehr dichter Substanz neue Membranstrukturen entstehen. Die amSboiden Zellen haben meist keine Verdichtungen, die kontraktile Substanz besteht aus einem sehr dichten Netzwerk feinster Filamente, die nur selten eine Vorzugsrichtung erkennen lassen. Die homogene Grundsub- stanz erscheint zugunsten der Filamentstrukturen vermindert. Charakteristisch ffir diese Zellen ist ferner das Auftreten yon zahlreichen Blasen und Blgschen,

Page 18: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Abb. 16. U n t e r B c l a s t u n g k o n t r a h i e r t e r l~Iuskelstreifon (Pr~p. 736). Das M y o p l a s m a e r sche in t e t w a s d i ch te r a l s das der v o r h e r g e h e n d e n A b b i l d u n g e n . I n dcr l i n k c n Zcl le ze igen die g rSber a g g r e g i e r t c n F i l a m e n t e e ine deu t l i che V o r z n g s r i c h t u n g zu r L~ngsachse 4er Zcl le , w ~ h r e n d i n der r e c h t e n Zel le

ki irzere u n d fe inere F i l a m e n t e wen ige r g e o r d n e t erseheinen, Vergr . : El . op t . 7000faeh (Arch, Nr , 2243/59)

Abb . 17. F i tn f S t u n d e n i n N o r m a l - R i n g e r g e 4 c h n t e r Muske l s t re i fen (Pr~p. 509). Seh r helle, d i c h t nebcne inande r l i cgende Muskc lze l len m i t un t e r s ch i ed l i ch 0Jcken F i l a m e n t e n u n 4 sp inde l fSrmigcn

V e r d i c h t u n g e n . I n der Mitre e in l angges t r eck t e s M i t o c h o n d r i u m . Vergr . : El . op t . 12900fach (Arch. Nr . 295]59)

Page 19: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

78 H E D I GAtqSLER :

die einzeln oder in Gruppen vor ahem in Membrann/~he, aber auch in zentraleren Bereichen der kontraktilen Substanz liegen. Die Zellmembranen vor allem der dichteren Zellen erseheinen dureh osmiophfle Anlagerungen verdickt (Abb. 20). Aueh die welter auseinanderliegenden Zellen (Abb. 22) mit nur noeh m/~Big gefalteter Oberfl/iehe und vakuolenfreiem Extrazellularraum zeigen noeh unterschiedlich

Abb. 18. Unbe las t e t kontra i l ier ter Muskelstreifen (Pr~p. 458). Hellere, 4icht nebeneinander l iegende Muskelzellen aus der Randzone 4es Streifens. Die angeschn i t t enen Zellen haben am6boidar t ige Aus-

l~ufer, deren I n h a l t in Membrann~he deutl ich a~fgehel l t erscheint . Vergr. : El. opt. 8000fach (Arch. Nr. E 120/59)

groBe helle Bl~schen. Das Myoplasma dieser Zellen, das meist spindelfSrmig Verdichtungen hat, zeigt bei mittleren Vergr6Berungen eine gewisse Vorzugs- richtung. Bei h6herer Vergr6Berung (Abb. 23) sehen wit, dab das Myoplasma aus einem Netzwerk feinster Filamente yon 40 • Durchmesser besteht, die dutch teilweise Parallelaggregation eine Vorzugsrichtung erkennen lassen.

In rhythmisch aktiven Streifen, die vor der Fixierung aus der Apparatur entnommen wurden, sind Zellen mit am6boiden Ausls nicht zu beob- achten; wohl aber gibt es Zellen, die ebenfalls durch zahlreiche Bli~schen in un- mittelbarer Membrann~he charakterisiert sind (Abb. 24). Es kSnnte sein, dab

Page 20: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur 79

bei pl6tzlicher Entlastung die innere Spannung der am6boidartigen Muskelzellen eine Regulierung der Zelloberfl/~che bewirkt. Die kontraktile Substanz dieser Zellen besteht aus grSberen parallel aggregierten Filamenten.

SehlieBlich gibt es noch eine Form extrem dunkler Zellen (Abb. 25), die wir nur im Zentrum von Streifen beobachten konnten, deren Peripherie als breiter Mantel heller, fibrill/irer Zellen erscheint. Die dunklen Zellen sind sehr kon- trastreich, fast homogen und bizarr geformt.

Abb. 19. U n t e r B e l a s t u n g k o n t r a h i e r t e r Muske ls t re i fen (P rap . 735). In te rze l lu l~ rc Vakno len , 4 ie s ich z n m Tell a ls Zellausl/~ufer iden t i f iz ie ren lassen . Verg r . : El . op t . 7000fach (Arch. Nr . 2226/59)

Werden uneingebettete Streifen mit Phosphorwolframs/s nachbehandelt, so sehen wir au6er der Kontrastverbesserung eine teilweise Vergr5berung der Filamente und eine Entquellung aller Muskelzellen, weshalb solche Streifen sowohl im Phasenkontrast- wie aueh im Elektronenmikroskop gleiehfSrmiger erseheinen. Allerdings bleiben gewisse Unterschiede der einzelnen Zelltypen erhalten. So sehen wit auf Abb. 26 eine helle Zelle, die denen von Abb. 16 ent- sprechen dfirfte. Die Fflamente, die bier ebenfalls ungeordnete Netzstrukturen bilden, haben Durchmesser yon etwa 80/~. Auf Abb. 27a ist die kontraktile Substanz noch dichter und ungeordneter. Bei hSherer Vergr56erung (Abb. 27 b) sehen wit ein ungeordnetes Netz kontrastreieher und kontrastarmer Fflamente, die einen Durchmesser yon etwa 80 bzw. 40 A haben und stellenweise perlschnur- artig erseheinen. Nieht selten kommen in naehkontrastierten Muskelzellen auch sehr grobe, parallel orientierte Fibrillen vor (Abb. 28).

Page 21: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

8 0 H E D I GA~CSLER :

c) Der Interzellularraum. Die Muskelzellen sind allseitig umgeben von fein- sten Kollagenfibrillen, deren Durchmesser zwischen 150 und 300-~ liegen. Bei h6herer VergrSSerung ist die periodische Querstreifung deutlich zu erkennen. Je nach der Ausdehnung des Extrazellularraumes bzw. der Abst~nde der Muskelzellen voneinander sind diese schriig und quer angeschnittene KoUagen- fibrillen lockerer oder dichter gepackt.

Abb. 20. Unbe las t e t kont rah ic r tc r Muskelstreifen (Pr~p. 458). Die Ausl~ufer tier vc rzahn ten Zellen sind kle iner und ihr I n h a l t dichter. Die Ze l lmembranen sin4 streckenweise auffal lend kontrastreich.

Verge.: El. opt. 6000fach (Arch. Nr. 257/59)

Zwischen den einzelnen Bfindeln der Muskelzellen liegen Capillaren, Binde- gewebszellen und Nervenfasern, jedoch konnten wit bisher in isolierten Muskel- streifen nie Nervenzellen beobachten. Die markarmen Nervenfasern, fiber deren Ultrastruktur an anderer Stelle ausfiihrlich berichtet werden soll, sind stets yon Schwannzellen umgeben. Direkte Kontakte zwischen Axonen und Muskelzellen konnten wir - - im Unterschied zu CAESAR (1957) - - bisher nicht beobachten.

Da Nervenzellen in den yon uns untersuchten Pr~paraten fehlen, nehmen wir an, dab die zwischen den Muskelzellen liegenden Nervenfasern in unseren Versuchen funktionell keine Rolle spielen.

d) Zelllcern, Mitochondrien und endoplasmatisches Retikulum. Die Oberfl~chen der Zellkerne verhalten sich ~hnlich wie die der Muskelzellen: Sie shld in den hellen Zellen mit gerader Oberfl~che ebenmiiBiger als in den dunklen, in denen sie aui3er zerklfifteten Oberfl~chen oft auch Schraubenformen zeigen. Au~erdem

Page 22: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

M o r p h o l o g i e u n d F u n k t i o n d e r g l a t t e n M u s k u l a t u r 81

Abb . 21. U n t e r B e l a s t u n g k o n t r a h i e r t e r Muske l s t re i fen (Pr~p. 734). Dunk le , we i te r a u s e i n a n d e r - l iegende Muskclze l len m i t ge fa l t e t e r Ober f l ache u n 4 zah l r e i chen extrazel lul$iren Valruolen, die z u m

Teil n o c h m i t Z e l l e n i n V e r b i n d u n g s tehen. Vergr . : El . op t . 6000faeh (Arch. Nr . 1960/59)

Abb . 22. U n t e r B e l a s t u n g k o n t r a h i e r t c r Muske l s t r e i f en (Pr~p. 735). W e l t e r a u s c i n a n 4 e r l i e g e n d e Ze l lcn m i t un rege lm~Biger Oberf l~che. Zah l rc i che Bl i ischen i m z e n t r a l e n u n d p e r i p h e r e n M y o p l a s m a . Z e l l m e m b r a n c n in d e n b l~schonfre ien A b s c h n i t t e n sehr k o n t r a s t r e i c h . Das fibrill/~r e r schc inende

M y o p l a s m a i s t b a n d a r t i g gefa l t e t . Ve rg r . : El . opt . 7000 (Arch. Nr . 2123/59)

Z. Zellforsch., Bd. 52 6

Page 23: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

8 2 H E D I GANSLER :

haben die Kerne dunkler Muskelzellen oft einen hellen, Strukturlosen Hof, wie es auf Abb. 13a angedeutet ist.

Das spi~rlich entwickelte endoplasmatische Retikulum hegt in unmittelbarer Umgebung des Zellkerns. Funktionell bedeutungsvoll erscheinen die bl~schen-

Abb. 23. N~ch isolnetrischer rhy thmischer Akt iv i t~ t f ixier ter Streifen (Pr~p. 525). Das Myoplasma besteht ~us 40 A_ ~licken Fi l~menten , die teilweise dichter gepackt sin(l, wodurch grSbcre Faden- s t ruk tu ren ents tehen. Aut~erdcm spindelfSrmige Verdichtungen, (lie keinc I n n c n s t r u k t u r e rkcnnen

lassen. Vergr. : El. opt. 20000fa.ch (Arch. Nr. E 249/59)

fSrmigen endoplasmatischen Membranen, die in bestimmten Zelltypen in unmittel- barer NKhe der Zellmembran, vereinzelt auch in zentraleren Myoplasmabezirken vorkommen.

Die Mitochondrien sind unregelm~l~ig im Myoplasma verteilt und erscheinen mit Ausnahme einer Zellform normal strukturiert. Der auf Abb. 16 dargestellte

Page 24: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur 83

Typ heller Zellen hat stets hell gesehwollene Mitochondrien, die sehon im Phasen- kontrastmikroskop als B1/tschen auffallen. Da diese Form der Mitochondrien stets an den gleichen Zelltyp gebunden ist, glauben wir nicht, dab es sich um ein Fixierungsartefakt handelt.

Besprechung der Befunde 1. Die Einzelzelle. Der Befund, dab die kontraktile Substanz der glatten

Muskelzelle im Elektronenmikroskop feinste Strukturen unbest immter L/~nge mit

.~kbb. 24. Nach Regis t r ie rung des Mechanogram~ns f ix ier ter Streifen (Pr~p. 506). Dicht nebene inander - l iegende Muskelzcllen mi t e inem lockeren Netz grbbercr F i l amente , die para l le l zur L~ngsachse der Zelle orient ier t sind. Die Z e l l m e m b r a n e n zcigen zahh'eiehe Bli~sehen, die infolge des tei lwcisen Flach-

schnit tes der mi t t l e r en Zelle besonders gu t zur Dars te l lung kommen . Vergr. : El. opt . 8000fach (Arch. Nr. E 42/59)

einem mittleren Durchmesser yon etwa 40 ~ erkennen 1/s die gar nicht mit den Filamenten der quergestreiften Muskelzelle vergleiehbar sind, sprich~ daf/ir, dab das Molekulargefiige der kontrakti len Substanz in beiden Muskelsystemen verschieden ist. In diesem Zusammenhang mSchten wit uns auf eine Arbeit SZENT-GYSRGYS (1956) berufen, in der er im Gegensatz zu der tiblichen Vorstellung (Abb.29a und b s. S. 87) von kontrakti len Fadenmolekiilen wahrscheinlieh machen konnte, dab weder Myosin noch die Meromyosine als Molek/ile im eigentlichen Sinn auf- zufassen sind, sondern als Schwarmformationen sehr viel kleinerer Molektile, der sog. Tropomyosine, die nur durch Sekund/irbindungen zusammengehalten wer- den. Solche Schwarmformationen w/irden durch sich anziehende Kr/s dichter (=- Kontrakt ion; Abb. 29 d) oder durch sieh abstoBende Kr/~fte lockerer ( ~ Er-

6*

Page 25: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

8 4 H E D I GANSLER :

schlaffung; Abb. 29 c) gepackt sein. Demnach w/irde erst die Entstehung sekun- d/irer, tibermolekularer Strukturen im Sinne STAUDINGERs (1954) zu elektronen- mikroskopisch konstant darstellbaren Filamenten fiihren, w/ihrend die kontraktile Substanz der glatten Muskelzelle in/~hnlich ,,gelSster" Form vorliegen w/irde wie in sog. Modell-L6sungen. Solche Aktomyosingemische sind nach SZENT-GY()RGu

Abb. 25. Pr~p. 507 (s. a. Abb. 9). Sebx' dunkle, schmale geschl~ngeltc Muskelzelle. Vergr . : El. opt. 6000fach (Arch. Nr. 1109/59)

(1951) in Abh~ngigkeit yon Adenosintriphosphat-, Eiweig- und Salzkonzentration dissoziiert oder pr/izipitiert und bilden kontinuierliche Gele mit thixotropen und elastischen Eigenschaften. Zur Deutung der elektronenmikroskopischen Bilder kSnnen wir also unter der Voraussetzung, dab die kontraktile Substanz der glatten Muskelzelle der solcher Modell-L6sungen vergleichbar ist, annehmen, dab die kontraktile Substanz in den homogenen hellen Zellen dissoziiert (des- aggregiert), in den homogenen dunklen Zellen pr/izipitiert (aggregiert) vorliegt. In den elektronenmikroskopisch ,,fibrill/ir" erscheinenden Muskelzellen ist die kontraktile Substanz offenbar nicht vollst/indig dissoziiert bzw. prgzipitiert. Wir nehmen an, dab auch diese inhomogen erscheinenden Strukturen kontinuierliche Systeme bilden, da solche aggregierten Filamente nicht scharf gegen die

Page 26: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

M o r p h o l o g i e u n d F u n k t i o n d e r g l a t t e n M u s k u l a t u r 85

Abb. 26. Unbe las te te r kon t rah ie r te r Muskelstreifen m i t P W S nachkon t ras t i e r t (Pr~p. 469). Dicht nebeneinander l iegen4e , ,hel le" Muskelzellen. Die ungeordnc t v e r n e t z t e n F i l amen te habcn einen Durchmesser yon e twa 80 A. Ze l lmcmbran n icht als durchgehendc osmiophile Linie dargestel l t .

Vergr . : El. opt. 6000fach (Arch. Nr. 1943]59)

Abb. 2 7 a u . b. Glyzer inex t rah ie r te r Muskelstreifen m i t P W S na~hkont ras t i e r t (Pr~p. 486). Das Ne tzwerk tier F i l amen te erscheint noeh dichter u n 4 homogener . Bei sehr hoher VergrSBerung (b) sleht m a n helle u n 4 dunkle F i l amente m i t Dm'chmessern yon 40 bzw. 80 A, die z u m Tel l per isehnur- a r t ig erscheinen. Vergr. : a El. opt. 5000fach; (Arch. Nr. E 61159) ; b El. opt. 40 000fach (Arch. Nr. E 63]59)

Page 27: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

8 6 H E D I GANSLER :

Elementarfi lamente abzugrenzen sind und das gesamte fibrill/ire Myoplasma oft bandartig gefaltet erscheint, was nieht m6glich w/~re, wenn es sieh um diskon- binuierliche Filamentsysteme handeln wfirde.

Abb. 28. Direkt nach 4er P r epa ra t i on f ixierter , m i t P~VS nachkont ras t i e r t e r Muskelstreifen (Prfip. 488).: sehr dichte, grobe, banda r t i g gefa, ltete Fibri l len in tier reehten Zelle. I n den anderen Zellen erscheinen die feineren Fi l~mente ungeordnet . Vergr . : El. opt. 7000f~ch (Arch. Nr. 2427/59)

Die spindelf6rmigen Verdichtungen, die einen sehr strukturlabilen Bestandteil der kontrakti len Substanz darstellen, k6nnen m6glicherweise als F-Aktinkomplexe gedeutet werden. Da F-Aktin in einer Phase des Kontraktionszyklus zu G-Aktin depolymerisiert werden soll, k6nnte das Fehlen dieser Verdichtungen in bestimm- ten Zelltypen diese Annahme unterstfitzen. Der zweite charakteristisehe Befund, die unterschiedliche Dichte des Myoplasmas, beruht auf einer unterschiedlichen Osmiumaufnahme, die sich ganz ~hnlich verhiilt wie die lichtmikroskopisch beobaehteten Unterschiede der Farbaffiniti~t. Diese beruhen sehr wahrscheinlich

Page 28: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur 87

auf der jewefligen Konzentrat ion bzw. Verdiinnung der kontrakti len EiweiBe, die yon Flfissigkeitsverschiebungen zwischen Extra- und Intrazellularraum be- s t immt wird. Hierfiir spricht, dab die Zellabst/inde sich proportional der Myo- plasmadichte/~ndern. Auch die Unterschiede der Oberfl/~chen heller und dunkler Zellen k6nnen nur unter dieser Annahme verstanden werden. Nun k6nnte man vermuten, dal~ solche F1/issigkeitsverschiebungen nur die interfibrill/ire Substanz (Sarkoplasma) betreffen. Hiergegen spricht, dab die strukturtragende Kompo- nente der kontrakti len Substanz in hellen Zellen zu- gunsten einer homogenen Substanz vermindert, in dunklen Zellen auf Kosten dieser homogenen Substanz vermehrt erscheint; d.h., dab auch die Elementar- filamente an den Quellungsprozessen beteiligt sind. Nehmen wir mit SZ~NT-Gu Schwarmformationen

ist zu erwarten, dab diese bei entsprechend .~o a n , s o

lockerer Packung der Protomyosine infolge zu geringer Massendichte elektronenoptisch nicht mehr abgebildet a

werden kSnnen. DaB die Quellungsvorg~nge auf die ge- samte kontraktile Substanz bezogen werden m/issen, ergibt sich auch daraus, dab in solchen Zellen auch durch Glyzerinextraktion keine Faserstrukturen ,,de- :~ maskiert" werden kSnnen. Fiir die Fliissigkeitsabgabe spielt offenbar die Bildung amSboidartiger Ausl~ufer eine lZolle, in denen das Myoplasma oft heller ist als in den zentralen Zellbezirken. Zellverbi~nde dieses Stadiums sind charakterisiert durch zahlreiche vakuolenartige Gebilde im Extrazellularraum. Die Frage bleibt often,

a c ob diese als echte, von den Zellen abgestogene Vakuolen

A b b . 2 9 a - - e L N a c h z e i c h - aufzufassen sind, oder als Zellausl~ufer, deren Zellzu- h u n g 4 e r M o d e l l e v o n M y o -

gehSrigkeit nur auf Grund der jeweiligen Schnittrichtung sinlnolekiilen ( a u s SZE.~'T- GYORGY 1956). a U . b M y o -

nicht zu erkennen ist. Sind die Zellen nicht mehr so sin,,st~bchen'" gestreekt u n d g e f a l t e t , c u . d l o c k e r

dicht ineinander verzahnt und auch die ,,Vakuolen" im una dieht gepackte ,,Hau- Extrazellularraum verschwunden, so haben wir das ty- fen" yon Protomyosinen pische Bild der in der Literatur oft beschriebenen ,,Stachelzellen" (BoHEMA~ ]895), die als funktionell bedingte Entquellungs- formen anzusprechen sind. - - Wahrscheinlich sind auch die in diesen Zellen oft und zahlreich einzeln und in Gruppen vorkommenden Blitschen endo- plasmatischer Membranen mit Fliissigkeitsverschiebungen zwischen Extra- und Intrazellularraum in Beziehung zu bringen. Ob es sich hierbei um ange- schnittene RShrchen handelt oder um echte Bli~schen, kann bisher nicht entschie- den werden. Die oft auffallend kontrastreich bzw. diffus verbreitert erscheinende Zellmembran entquollener Zellen kSnnte f/Jr die Annahme FREu (1955) sprechen, dab die Zellmembran elastische Eigenschaften besitzt.

Zur Frage mSglicher Fixierungsartefakte, die sowohl die Ul t ras t ruktur der Fflamente wie auch den Quellungsgrad der Muskelzellen beeinflussen kSnnten, ist folgendes zu sagen:

1. Durch Fixierung mit isotoner, gepufferter Osmiums~ure werden die Filamente, sowohl Elementareinheiten wie auch Aggregate, sicher nicht wesentlich veri~ndert.

Page 29: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

8 8 HEDI GANSLER :

2. Wir haben keinen Anhalt daffir, dab der jeweilige Quellungsgrad der Muskelzellen durch die Fixierungsflfissigkeit als solehe ver~ndert wird. Da aber (lie sehr hellen, homogenen Zellen vorwiegend in den peripheren Bereichen der Streifen vorkommen, w/~re es mSglich, dab zentral gelegene gequollene Zellen noch entquellen kSnnten, bevor die Fixierungsflfissigkeit in den zentralen Bereieh des Streifens vorgedrungen ist.

3. Die Naehbehandlung des fixierten Materials mit Phosphorwolframs/~ure bewirkt sowohl eine VergrSberung der Filamente wie auch eine Entquellung der Muskelzellen, was zur Folge hat, daB die naeh Osmiumfixierung zu beobaehtenden Strukturuntersehiede weitgehend verwischt werden.

2. I)er Zellverband. Die glatte Muskulatur des Froschmagens besteht aus Einzelzellen, die nicht syncytial in Verbindung stehen. Bei den in gequollenen Zellen oft zu beobachtenden Defekten einer osmiophilen Membran kann es sich um echte Poren handeln, die eine direkte Verbindung zum Extrazellularraum herstellen wiirden. Es kSnnte aber auch sein, dab solche Membranabschnitte zwar als Grenzschicht erhalten bleiben, sich aber infolge sehr starker Quellung nur so gering mit Osmium imprfignieren, dab sie elektronenmikroskopisch nicht dargestellt werden kSnnen. Auf jeden Fall mSchten wir solche Membrandefekte nicht als partielles Syncytium deuten. Auch in den Zellen, die im Phasenkontrast- mikroskop durch seitliche Ausl/~ufer syncytial verbunden erscheinen, k6nnen im Elektronenmikroskop stets Zellgrenzen bzw. Membranen nachgewiesen werden.

Wie wir sahen, verlaufen die Muskelzellen hie streng parallel zueinander. W/ihrend sie sich in erschlafften oder gedehnten Streifen unter Bildung sehr stumpfer Winkel iiberkreuzen, sind die in verkfirzten Streifen deutlich schr/ig zueinander und zur L/~ngsachse des Streifens angeordnet. Die Schr/~gstellung der Muskelzellen, die ffir die tats/ichliche Verkiirzung des ganzen Streifens eine wichtige Rolle spielt und auf der offenbar die w/ihrend der Verkiirzung und Verl/ingerung isolierter Streifen zu beobaehtende Drehbewegung beruht, setzt voraus, dab die Zellen in geringem AusmaB gegeneinander verschieblich bzw. nicht fest mit- einanderverbunden sind. Dieser Forderung entspricht das die Muskelzellen verbin- (lende kleinmaschige Gitter kollagener Fibrillen (Abb. 30). W/~hrend GOERTTLER (1.932) annahm, dab die Funktion eines glatten Muskels die Unversehrtheit yon Serosa und Submucosa erfordere, an denen das Scherengitter befestigt ist, haben unsere Versuche ergeben, dab die rhythmische Aktivit~t auch an Muskelstreifen ohne Bindegewebsh/iute ausgelSst werden kann. Wahrscheinlich hat das verblie- bene Fibrillengitter ffir die rhythmische Aktivit/it keine wesentliche funktionelle Bedeutung. ttierffir spricht einerseits die abnorme Dehnbarkeit isolierter Muskel- streifen, andererseits die auffallend starke Erweiterung des Extrazellularraums in Streifen, die sich unbelastet in Kalium-Ringer verkfirzten. Das schlieBt nicht aus, dab die , ,Gitterfasern" pr~parierter Streifen eine gewisse Eigenelastizit~t besitzen. Hierffir seheint vor allem zu spreehen, dab rhythmisch aktive Streifen, (lie vor der Fixierung plStzlieh entlastet wurden, vorwiegend aus geweUten Zellen bestehen. SolcheZellformen kSnnten durch eine elastische Rfickfederungdes vorher gedehnten extrazellul~ren Fibrillengitters entstanden sein. Da pr~parierte Muskelstreifen nur dann nach Bespfilen mit Kalium-Ringer rhythmisehe Aktivi- tiit zeigen, wenn sie leicht gedehnt bzw. belastet sind, kann angenommen wer- den, dab die Belastung isolierter Streifen das an den Bindegewebshi~uten fixierte

Page 30: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Morphologie und Funk t i on der g la t ten Muskula tu r 89

extrazellul~re Fibrillengitter des intakten Muskels ersetzt, wodnreh verhindert wird, dag zwisehen den einzelnen Muskelzellen wghrend der Entquellung zu gro2e Absts entstehen, die die Funktion des Gesamtstreifens beeintraeh- tigen kSnnten.

3. Der Kalium-Effekt. Kalium spielt in unseren Versuchen ffir den Kontrak- tionsmechanismus eine entscheidende Rolle. Am unbelasteten Streifen kommt es w~hrend Spiilung mit Kalium-Ringer zu einer einmaligen Verkfirzung und Streckung; auch der belastete Streifen bleibt anschliel~end an eine erste Ver-

Abb. 30. Zupfpr~parat eines unfixierten Muskelstreifens mit Scherengitter kollagener Fibrillen. Phasenkontrast-Anfnahme. Vergr. 650fach (Arch. Nr. 64/59)

kfirzung im verli~ngerten Zustand, wenn nicht Kalium-Ringer durch Normal- Ringer ersetzt wird. Zur Erzeugung rhythmischer Kontrakt ionen mfissen also 2 Bedingungen erffillt sein: Der Streifen darf nur kurzzeitig mit Kalium-Ringer gespiilt werden und mug belastet sein. Das heiBt offenbar, dab durch kurz- zeitige Spfilung mit Kalium-l~inger im Streifen ein Kalium-UberschuB entsteht, der sieh durch die unter Belastung in Form einer absteigenden Treppe (ahnlich dem Bowdieh-Phiinomen) ablaufenden rhythmischen Kontrakt ionen allm~hlich ausgleicht.

Die erregende Wirkung yon Kahum auf die glatte Muskulatur (HILL 1926) mug sowohl mit Vers der Zellmembran bzw. der PermeabflitKt wie auch der kontrakti len Substanz einhergehen. Als Membraneffekt ist naeh STJkMI~FLI (1959) eine Permeabilitiitssteigerung anzunehmen, die auch die Fliissig- keitsverschiebungen zwischen Extra- und Intrazellularraum gut erklKren wfirde. Ffir die Kalium-Wirkung auf die kontraktile Substanz miissen mehrere Faktoren beriicksichtigt werden. Nach SZE~T-G'~6~GY (1951) ist anzunehmen, dag die ver- schiedenen kontrakti len Proteine nur in der erregten Muskelzelle ein einheitliches

Page 31: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

9 0 HEDI GANSLER :

Aktomyosingel bilden, das dureh einen abnorm hohen Viskosit/itsanstieg eharak.. terisiert ist. Aueh das Adenosintriphosphat wird wahrseheinlieh erst w/ihrend der Erregung aktiviert. Der Fig. 12 dieser Arbeit ist zu entnehmen, dag solehe Gele ohne ATP aueh bei Jmderungen der Kalium-Konzentration in einem mittleren L6sungsbereieh bleiben, w~hrend sie in Anwesenheit yon ATP entweder voll- st/~ndig dissoziieren oder superpr/~zipitieren. Das wfirde heigen, dab KMium fiber Permeabilit/~tssteigerung und ATP-Aktivierung zun/~ehst eine Dissoziation der kontraktilen Substanz bewirkt, deren morphologisehes Aquivalent in den hellen, amfboidart ig ineinander verzahnten Zellen vermutet wird. Im AnsehluB hieran wfirde eine Superpr/~zipitation der kontraktilen Substanzen erfolgen, verbunden mit Flfissigkeits- und wahrseheinlieh aueh Kaliumabgabe in den Extrazellular- raum; diesem Stadium w/tren die dunklen, sehr/~ggestellten ,,Staehelzellen" zuzuordnen. Der Ersehlaffungsphase, die wahrseheinlieh mit Flfissigkeits- und Kaliumaufnahme sowie Inaktivierung der kontraktilen Substanz verbunden ist, k6nnten die hellen, parallel verlaufenden Zellen mit glatter Oberfl/iehe und grf- beren Filamentaggregaten entspreehen.

4. Zur Mechanik der glatten Muskulatur. Die glatte Muskulatur hat im Unter- schied zur quergestreiften ausgepr/~gtere plastische Eigenschaften. Von BOZLEI~ (1931) stammt der Begriff der Fliegelastizit/it, der besagt, dab ein glatter Muskel bei Dehnung zun/ichst eine Spannungszunahme erf~hrt, die sich dann auf Grund yon ,,verschiebbaren Teilchen" ausgleicht, so dab der Muskel nach Aufh6ren der Dehnung nicht mehr zur Ausgangsl/inge zurfickkehrt. Dieser Spannungs- ausgleich, den BozLER auch als Relaxation bezeichnet, kann durch Viskosit/its- erh6hung verz6gert oder verhindert werden. WINTON (1926) hat eine Beziehung zwischen Erregungszustand und plastischer Deformierbarkeit festgestellt: Ein erregter Muskel antwortet auf kontinuierliche Dehnung sofort mit langsam ansteigender Spannungszunahme, w/ihrend ein unerregter Msukel zun~chst ohne Spannungs/inderung gedehnt, d.h. plastisch deformiert werden kann und erst bei Erreichen einer gewissen Dehnung einen pl6tzlichen, steilen Viskosit/its- anstieg zeigt. In der gleichen Richtung weist auch ein Befund von GASSXR und HILL (1926), wonach Elastizitgt und Viskosit/it bei Reizung stark zunehmen.

Schon diesen wenigen Arbeiten glauben wit entnehmen zu k6nnen, dab ein solcher Wechsel zwischen plastischen und visk6sen Eigenschaften auch in rhyth- misch aktiven Muskelstreifen eine Rolle spielt, da ja der belastete, mit Normal- Ringer bespfilte Streifen auch erschlafft, d.h. plastisch deformiert ist. Durch Bespiilen mit Kalium-Ringer kommt es zu einem pl6tzlichen Viskosit/itsanstieg, der fiber einen isometrischen Spannungsanstieg eine Verkfirzung bzw. Ent- quellung des Streifens bewirkt. Da die Erschlaffung abgesehen yon einer rfick- 1/~ufigen Flfissigkeitsaufnahme sehr wahrscheinlich mit einer Inaktivierung der kontraktilen Substanz verbunden ist, kann angenommen werden, dab der er- schlaffte Streifen weniger visk6s, d.h. st/irker plastisch deformierbar ist. Das allm/ihliche Nachlassen der rhythmischen Aktivit/~t steht offenbar in Zusammen- hang mit der durch zunehmenden Kaliumverlust eintretenden Viskosits Die charakteristischen Strukturunterschiede zwischen Peripherie und Zentrum solcher Streifen spreehen daffir, dab eine Abnahme der Kaliumkonzentration sich zuerst in den peripheren, mit Normal-Ringer bespfilten Streifenabschnitten auswirkt.

Page 32: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur 91

Zusammenfassung 1. Isolierte Streifen aus dem mittleren Tell des Froschmagens bestehen nur

aus Ringmuskulatur, die in Form scherenartig sich iiberkreuzender Biindel angeordnet ist; die einzelnen Muskelzellen sind durch ein kleinmaschiges Scheren- gitter kollagener Fasern verbunden.

2. In erschlafften Streifen verlaufen die Zelten annghernd parallel, in ver- kfirzten Streifen sind sie nach Art eines ,,Fisehgr~tenmusters" schrgg zueinander und zur Lgngsachse des Streifens angeordnet.

3. Das Vorkommen kontrastreicher und kontrastarmer Muskelzellen, das auf einer unterschiedlichen Osmiumprggnation beruht, lg6t sieh bestimmten Funk- tionsphasen zuordnen: Erschlaffte Streifen bestehen aus hellen, dicht nebenein- anderliegenden Zellen mit glatter Oberfl~che, verkfirzte Muskelstreifen vor- wiegend aus dunklen, welter auseinanderliegenden ,,Stachelzellen" mit unregel- mgl~ig gefalteter 0berfli~che. Mit zunehmender Myoplasmadichte vergrSl~ert sich der Zellabstand bzw. der Extrazellularraum. Zwisehen beiden Zelltypen gibt es Ubergangsformen : amSboidartig ineinander verzahnte Zellen mit vakuolenartigen Gebilden im Extrazellularraum. Als Ursache dieser Kontrastunterschiede werden Fliissigkeitsverschiebungen zwisehen Extra- und Intrazellularraum angenommen; vermutlich sind hiermit sowohl die im Extrazellularraum erscheinenden ,,Vakuo- len" wie auch endoplasmatische blgschen- oder rShrchenfSrmige Membran- systeme in Beziehung zu bringen.

4. Die kontraktile Substanz glatter Muskelzellen besteht aus einer struktur- tragenden Komponente (Filamente unbestimmter Lgnge mit einem Durchmesser yon etwa 40 •) und einer elektronenmikroskopisch strukturlos erscheinenden Substanz. In hellen Zellen erscheinen die Filamente zugunsten der homogenen Substanz vermindert, w~hrend sie in dunklen Zellen sehr dichte ,,Netze" bilden. Zur Erklgrung dieses Befundes nehmen wir mit SZENT-GY(~RGY all, dal3 die kontraktile Substanz aus Schwarmformationen yon Tropomyosinen besteht, die bei entsprechend lockerer Packung elektronenoptisch nicht mehr dargestellt werden kSnnen. Wahrscheinlich bildet die kontraktile Substanz keine distinkten, gegeneinander gleitende Filamente, sondern ein kontinuierliehes Gel, dessen Viskositi~t yon ATP-Aktivierung und Xnderungen der Kalium-Konzentration abhgngt, wodureh die meehanischen Eigensehaften des Muskels weitgehend beeinflul~t und bestimmt werden.

5. Die rhythmische Aktivitat isolierter Muskelstreifen beruht wahrscheinlieh auf einem durch Kalium-Ubersehul~ des Streifens gegeniiber der umgebenden Spfilfliissigkeit ausgelSsten Pendelmechanismus von Quellung und Entquellung einerseits, Viskositgt und Plastizitgt andererseits. Ffir die effektive Verkfirzung eines Streifens spielt au[~er der Entquellung der seherenartige Verstellmechanis- mus der Muskelzellen eine Rolle.

Literatur BARFURTg, D.: (~ber Zellbrficken glatter Muskelfasern. Arch. mikr. Anat. 38, 38--51

(1891). - - BARGMAN1% W.: Histologie und Mikroskopische Anatomie des Menschen, 3. Aufl. Stuttgart: Georg Thieme 1959. - - BENNII~GHOFF, A. : Lehrbuch der Anatomie des Menschen, Bd. II. 1V[iinchen u. Berlin: Urban & Schwarzenberg 1952. - - B o ~ A ~ , H. : Intercellular- briicken und Saftrgume der glatten Muskulatur. Anat. Anz. 10, 305--315 (1895). - - BOZLER, E. : Die mechanischen Eigenschaften des ruhenden Muskels, ihre experimentelle Beeinflussung und physiologisehe Bedeutung. Z. vergl. Physiol. 14, 429--449 (1931). - - CAESAR, R., G. A.

Page 33: Phasenkontrast- und elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

92 HEDI GANSLER: Morphologie und Funktion der glatten Muskulatur

EDWARDS and H. RUSKA: Architecture and nerve supply of nlammalian smooth muscle tissue. J. biophys, bioehem. Cytol. 3, 867--877 (1957). - - C A U L F I E L D , J. B. : Effects of varying the vehicle for OsO 4 in tissus fixation. J. biophys, biochem. Cytol. 3, 827 (1957). - - FISCHER, E.: Vertebrate smooth muscle. Physiol. Rev. 24, 4 6 7 ~ 9 0 (1944). - - FREY-WYsSLING, A.: Die submikroskopische Struktur des Cytoplasmas. In: Protoplasmatologia, Bd. II A/2. Wien : Springer 1955. - - GANSLER, H. : Elektronenmikroskopische Untersuchungen am Uterusmuskel der Rat te unter Follikelhormonwirkung. Virchows Arch. path. Anat. 329, 235--244 (1956), - - GASSER, H. S., and A. V. HILL: The dynamics of muscular contraction. Proe. roy. Soc. B 96, 398--437 (1924/25). - - G O E R T T L E R , K. : Der konstruktive Bau d e r menschlichen Darmwand. Morph. Jb. 69, 329--379 (1932). - - GREVEN, K.: Die Mechanik der glatten Muskulatur der Wirbeltiere. Klin. Wschr. ,09, 683--693 (1951). - - GRf3TZNER, P.: Die glatten Muskeln. Ergebn. Physiol., II. Abt. 3, 16--88 (1904). - - HASSELBACH, W. : Die Bindung yon Adenosin- diphosphat, yon anorganischem Phosphat und yon Erdalkalien an die Strukturproteine des Muskels. Biochim. biophys. Acta 25, 562--574 (1957). - - HEIDENHAIN, M.: Die Struktur der kontraktilen Materie. Ergebn, Anat. Entwickl.-Gesch. 10, 115--214 (1900). - - H E I L - BRUNN, L. V. : Grundziige der allgemeinen Physiologic. Berlin : Deutscher Verlag der Wissen- schaften 1958. - - HENNEBERG, B.: Das Bindegewebe in der glatten Muskulatur und die sogenaunten Interzellularbrficken. Anat. H., I. Abt. 14, 301--314 (1900). - - Ruhende und ti~tige Muskelzellen in der Arterienwand. Anat. H., I. Abt. 17, 425--465 (1901). - - HILL, A. V. : Viscous-elastic properties of smooth muscle. Proe. roy. Soc. B 100, 108--115 (1926). - - HIRSCH. S. : Ober die morphologischen Merkmale der Vasokonstriktion beim Menschen. Zugleich ein Beitrag zum Problem der glatten Muskelfaser. Acta med. seand. 152, 379--390 (1955). - HUXLEY, 3t. F., and R. STX3IPFLI: Effects of potassium and sodium on resting and action potentials of single myelinated nerve fibers. J. Physiol. (Lond.) l l2 , 496--508 (1951). - - KLECKI, C.: Experimentelle Untersuchungen fiber die Zellbrficken in der Darm- muskulatur der Raubtiere. Med. Diss. Dorpat 1891. - - MARK, J. S. T.: Uterine smooth muscle. Anat. Rec. 125, 473--477 (1956). - - MCGILL, C.: Structure of smooth muscle in the resting and in the contracted condition. Amer. J. Anat. 9, 493--545 {1909). - - MEIGS, E. B. : Microscopic studies of living smooth muscle. Amer. J. Physiol. 29, 317--329 (1912). - - Physiology of smooth and striated muscle. J. exp. Zool. 13, 497 (1912). - - MOORE, D. H., and H. RUSKA: The fine structure of capillaries and small arteries. J. biophys, biochem. Cytol. 3, 457--462 (1957). - - ROSKIN. GR.: L'ber die Struktur der glatten Muskelzelle. Z. Zellforsch. 24, 585--613 (1936). - - S H O E N B E R G , C. F. : An electron microscope study of smooth muscle in pregnant uterus of the rabbit. J. biophys, biochem. Cytol. 4, 609--614 {1958). --- S T A M P F L I , R., n. G. WESTERHEIDE: Die Verwendung eines Biindels aus der Ringmuskulatur des Froschmagens zur Untersuchung der Eigensehaften glatter Muskelfasern. Helv. physiol. pharmaeol. Acta 17, C 42 (1959). - - S T A U D I N G E R , H. u. M. : Die makromolekulare Chemic und ihre Bedeutung ftir die Protoplasmaforschung. In: Protoplasmatologia, Bd. I/1. Wien: Springer 1954. - - SZENT-GYSRGY, A.: Bioenergetics. Science 124, 873--875 (1956). -- Chemistry of muscular contraction. New York: Academic Press 1951. - - WINTON, F. R.: The influence of lenth on the responses of unstriated muscle to electrical and chemical stimu- lation on stretching. J. Physiol. (Loud.) 61, 368--382 (1926). - - ZEIGER, K.: Kolloidhisto- logische Untersuchungen an Epithelien. Z. Zellforsch. 24, l l - - 1 4 (1936).

Dr. HED1 GANSLER, Elektronenmikroskopische Abteilung der Medizinischen Fakultiit der Universit~t des Saarlandes Homburg-Saar