patrick wagner, peter-hermann rentsch im auftrag der sed · patrick wagner, peter-hermann rentsch...
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Patrick Wagner, Peter-Hermann Rentsch
Im Auftrag der SED
Recherchen zur Geschichte des Richtfunknetzes der
Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands
Eigenverlag
© P. Wagner, P.-H. Rentsch Erstausgabe 2019 Alle Rechte vorbehalten Die Meinungen, die in diesem Buch geäußert werden, geben ausschließlich die Auffassungen der Au-toren wieder. Abdruck und publizistische Nutzung sind nur mit Angabe des Verfassers und der Quelle sowie unter Beachtung des Urheberrechtes gestattet. Die Abbildung der Titelseite stammt aus dem Archiv von Wolfgang Heidenreich. Eigenverlag Patrick Wagner, Am Osthang 14 01796 Pirna ISBN 9789463982412
Inhalt Seite
Vorwort............................................................................................................................................................ 1
1 Einleitung ................................................................................................................................................. 2
1.1 Legenden, Mythen und Hörensagen ..................................................................................................... 2
1.2 Netzprobleme in der Republik, Demontagen, neue Länderstruktur, Kreise ......................................... 3
1.2.1 Zur Tätigkeit der Verwaltung Reparationen und Lieferungen der SMAD ................................... 21
2 Arten von Nachrichtenübertragungsnetzen ........................................................................................... 40
2.1 Kabel, Funk, Richtfunk im Vergleich .................................................................................................... 40
2.2 Physikalische Gegebenheiten beim Richtfunk ..................................................................................... 41
3 Möglichkeiten des Gegners bei der Aufklärung von Richtfunk und Fernkabeln ...................................... 49
3.1 Anlagen der US-Dienste ....................................................................................................................... 49
4 Anlagen der Bundeswehr ....................................................................................................................... 54
4.1 Anlagen des BND ................................................................................................................................. 59
4.2 Abhörversuche und Tätigkeiten an Fernkabeln und Leitungsnetzen in der DDR ................................ 61
5 Aspekte zur Entwicklung des RFN .......................................................................................................... 65
5.1 Phase 0 FUNDAMENT - eine Struktur im Nebel ................................................................................... 65
5.2 Wer oder was war FUNDAMENT? ....................................................................................................... 66
5.2.1 Abschnitt 1945-1949 ................................................................................................................... 66
5.3 Phase I 1952 – Juni 1953 „Projekt Spinne“ .......................................................................................... 88
5.4 Phase II ................................................................................................................................................ 95
5.4.1 Was geschah am 17.Juni aus verbindungstechnischer Sicht? .................................................... 95
5.4.2 Juni 1955 – 1957 Errichtung Netzebene 1 .................................................................................. 95
5.5 Phase III 1957 -1962 Errichtung Netzebene 2 ..................................................................................... 99
Phase IV ............................................................................................................................................. 104
5.6 1964 – Die NVA erscheint als Mitnutzer des Netzes ......................................................................... 104
5.6.1 Bau von Stülpe - Objekt Z1- ...................................................................................................... 110
5.6.2 Weitere Nutzer im RFN - Zoll, MfS, Polizei, Post, KSH .............................................................. 115
5.6.3 Kreisrundspruch (auch Bürgermeisterfunk).............................................................................. 125
5.7 Phase V Mehr als 20 Jahre RFN - Verschleiß und Überalterung ........................................................ 131
5.8 Phase VI Übergabe des Netzes an die DP .......................................................................................... 151
5.9 Phase VII Verwahrlosung, Abriss und Neubau .................................................................................. 165
5.10 Phase VIII Nutzung der Infrastruktur durch die DBP-Telekom ........................................................ 176
6 Bauliche Anlagen im RFN ..................................................................................................................... 182
6.1 Gittertürme, Typ AS-6 ........................................................................................................................ 182
6.2 Relaistürme Typ IA bis ID ................................................................................................................... 184
6.2.1 Grundrisse Typ IA bis ID –Standardausführung- ....................................................................... 200
6.2.2 Grundrisse Typ IB und ID, große Ausführung mit Anbau .......................................................... 203
6.2.3 Typ IB und ID, -NVA Ausführung- Objekte C1, C2 und C3 ......................................................... 206
6.2.4 Standorte von Türmen vom Typ IA bis ID ................................................................................. 207
6.3 Relaistürme Typ TK ............................................................................................................................ 208
6.3.1 Gerät-100 .................................................................................................................................. 212
6.3.2 Grundrisse Turm Typ TK ............................................................................................................ 220
6.3.3 Standorte Typ TK ....................................................................................................................... 224
6.4 Spannbetontürme ............................................................................................................................. 225
6.4.1 Standorte der Spannbetontürme ............................................................................................. 229
6.5 Stahlbetonturm Woldzegarten .......................................................................................................... 229
6.6 Würfelbauten .................................................................................................................................... 229
6.7 Türme vom Typ Rp ............................................................................................................................. 230
6.7.1 Rp-Antennenbock ..................................................................................................................... 232
6.7.2 Standorte Typ Rp ...................................................................................................................... 233
6.8 technische Anlagen............................................................................................................................ 234
6.8.1 Richtfunkgeräte ........................................................................................................................ 234
6.8.2 Antennen .................................................................................................................................. 244
6.9 Zeitungsübertragung ......................................................................................................................... 250
7 Netzpläne und Struktur des RFN .......................................................................................................... 257
7.1 Allgemeines ....................................................................................................................................... 257
7.2 Bezeichnung der Betriebsstellen ....................................................................................................... 259
7.2.1 FUNDAMNET-interne Bezeichnung der Betriebsstellen ........................................................... 261
7.2.2 Endstellen der SED .................................................................................................................... 263
7.2.3 Endstellen der NVA ................................................................................................................... 264
7.3 Regierungsverbindungen ................................................................................................................... 266
7.3.1 weitere Objekte im RFN ............................................................................................................ 270
7.4 Netzpläne des RFN ............................................................................................................................. 274
7.4.1 Bezirk Rostock ........................................................................................................................... 278
7.4.2 Bezirk Schwerin ......................................................................................................................... 284
7.4.3 Bezirk Neubrandenburg ............................................................................................................ 292
7.4.4 Bezirk Potsdam ......................................................................................................................... 303
7.4.5 Bezirk Frankfurt/Oder ............................................................................................................... 311
7.4.6 Bezirk Cottbus ........................................................................................................................... 317
7.4.7 Bezirk Magdeburg ..................................................................................................................... 325
7.4.8 Bezirk Halle ............................................................................................................................... 334
7.4.9 Bezirk Erfurt .............................................................................................................................. 348
7.4.10 Bezirk Gera ................................................................................................................................ 359
7.4.11 Bezirk Suhl ................................................................................................................................. 370
7.4.12 Bezirk Dresden .......................................................................................................................... 377
7.4.13 Bezirk Leipzig............................................................................................................................. 388
7.4.14 Bezirk Karl-Marx-Stadt .............................................................................................................. 396
7.4.15 Berlin, Hauptstadt der DDR....................................................................................................... 414
7.5 Streckenführungen aus nachrichtendienstlicher Sicht ...................................................................... 417
7.6 Die Schwierigkeiten bei den Recherchen zum RFN ........................................................................... 423
7.6.1 Beispiel 1 Kreisleitung Rudolstadt – Bezirksparteischule Gera ................................................. 423
7.6.2 Beispiel 2 Kreisleitung Riesa - 12C2 .......................................................................................... 426
7.6.3 Beispiel 3 Funkstelle Dolle 07A3 ............................................................................................... 430
7.7 Netzkarten ......................................................................................................................................... 433
8 Betrieb des Netzes ............................................................................................................................... 437
8.1 Der tägliche Betrieb im RFN .............................................................................................................. 437
8.2 Die Nachrichtenordnung ................................................................................................................... 449
8.3 Überprüfung der Nachrichtenempfangsbereitschaft ........................................................................ 456
9 Anlagen und Tabellen .......................................................................................................................... 465
10 Danksagung ......................................................................................................................................... 473
11 Quellenverzeichnis............................................................................................................................... 474
12 Bildnachweis ........................................................................................................................................ 475
13 Kontaktdaten ....................................................................................................................................... 475
14 Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................................ 476
1
Vorwort
Es war um die Jahreswende 2001/2002, als ich mein langjähriges Hobby der Bunkerfor-
schung auf eine neue Stufe stellen wollte, um neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Ich entschloss mich, ein eigenes Diskussionsforum zu eröffnen und dieses speziell dem
Thema „DDR-Bunker“ zu widmen. Innerhalb kurzer Zeit begann die Zahl aktiver Mitglie-
der stark zu steigen und bereits 4 Wochen später waren über 100 Mitglieder registriert.
Die Themenbereiche wuchsen und der Input von vielen Seiten war enorm.
Mitte Oktober 2002 verfasste ich dann, von Neugier und Rastlosigkeit gepackt, den ersten
Beitrag zu den Richtfunktürmen der SED. Kurz zuvor hatte mir mein Freund Peter einige
wichtige Details dazu erzählt und mir somit den Floh ins Ohr gesetzt, dieses Thema weiter
zu vertiefen und mehr erfahren zu wollen.
Damit war vor nunmehr 17 Jahren der Grundstein für dieses Buch gelegt. Im Laufe der
Jahre wuchs der Tiefgang der Erkenntnisse und so manche Exkursion führte mich zu ei-
nem der vielen Türme. Im Mai 2018 reifte dann endlich der Entschluss, alles bisher Erfah-
rene zu bündeln, Neues zu recherchieren und letztes, bislang Unbekanntes herauszufin-
den, sofern das nach so vielen Jahren noch möglich erschien. Gemeinsam mit meinem
Freund Peter Rentsch, dem Mitautor dieses Buches, wurde beschlossen, den Versuch zu
unternehmen, ein abgerundetes Werk zu diesem Themenkomplex zu veröffentlichen und
auch wichtige Nebeninformationen einfließen zu lassen.
Das Ergebnis all dieser Bemühungen liegt nun in diesem Buch vor.
Uns ist bewusst, dass es zu vielen weiteren Schnittpunkten, die das Thema Richtfunk be-
treffen, zu den Nutzern, den Nutzungsübergängen, zur Situation am Ende der DDR viele
weitere interessante Sachverhalte zu beachten gäbe. Allein die Tatsache, dass dazu meh-
rere tausend weitere Archivalien zu lesen und zu bearbeiten wären, aber auch die Erkennt-
nis, dass viele wertvolle Zeitzeugen bereits ihren letzten Weg beschritten haben, machte
es schwer, manche Themen noch tiefgründiger zu beleuchten. Vielleicht kann dieses Buch
ein kleiner Beschleuniger sein, dass sich weitere Zeitzeugen bereitfinden, uns zu unter-
stützen. Dies ist beabsichtigt und wir hoffen, dass die anschließenden Diskussionen ein
noch besseres Verständnis des Richtfunknetzes der SED, der Post und der NVA zur Folge
haben. Am Ende des Buches findet der Leser Kontaktdaten, um bei Bedarf von seinen Er-
fahrungen berichten zu können. Auch Richtigstellungen, erläuternde Klarstellungen und
Kritik sind uns willkommen.
Patrick Wagner im Oktober 2019
2
1 Einleitung 1.1 Legenden, Mythen und Hörensagen
Nichts an einer von Staats wegen geheim gehaltenen Sache ist spannender als Verschwö-
rungstheorien, Mutmaßungen und Geschichten von jemandem, der jemanden kennt. Im
Bereich des Richtfunknetzes der SED war und ist das nicht anders. Von Anfang an, beson-
ders aber nach der Wende 1989, wurde sehr viel spekuliert, interpretiert und unterstellt.
Bereits zu Beginn des Netzes Anfang der 50er Jahre gab es zahlreiche Vermutungen, was
es denn mit den quadratischen Türmen auf sich habe, die überall auf Erhebungen und
Bergen in der ganzen DDR in die Höhe gewachsen waren. Nicht zuletzt die besonders
strikte Abschottung sowie die besonders umfangreichen Sicherungsmaßnahmen ließen
die Spekulationen massiv ins Kraut schießen. Ende der 80er Jahre mit dem Aufkommen
einer neuen Selbstsicherheit verlangten zunehmend mehr Personen Auskunft über die „ge-
heimen Anlagen“. So verwundert es nicht, dass im Wendeherbst 1989, noch vor Öffnung
der Grenze zur BRD, zahlreiche „Augenzeugenberichte“ über mysteriöse Begebenheiten
im Umfeld der Türme die Runde machten.
Es wurde beispielsweise von Zeugen berichtet, dass nachts mehrere LKW das Gelände des
Funkturmes bei Krumhermersdorf bei Zschopau befahren hätten. Dann wurde von Anwoh-
nern „beobachtet“, dass Kisten abgeladen und in den Turm geschafft wurden. In der nächs-
ten Nacht war dann ein Betonlaster zu sehen. Von den Kisten fehlte danach jede Spur. Es
wurde gemunkelt, dass es die Waffen der Kampfgruppen gewesen seien, die im Keller des
Turmes einbetoniert wurden.
Die Türme wurden „Grünes Ungeheuer“, „Postturm“, „Polizeiturm“ oder auch „PfeffiTurm“
genannt. Letzteres könnte sowohl mit der Farbe der Türme als auch mit der Uniformfarbe
der darin Dienst tuenden Polizeikräfte in Verbindung stehen.
Eine von vielen Bezeichnungen für die Türme war „Stasiturm“. Es gibt auch hier wieder
Berichte, nach denen im Wendeherbst Personen in die Türme „verschleppt“ und in deren
Kellern „gefoltert“ wurden. Sie sind danach natürlich nie wieder gesehen worden, um sie
befragen zu können. Auch seien in den Türmen Telefone abgehört worden und hinter den
Fenstern saßen Stasileute, die mit „riesigen“ Fernrohren Personen beobachteten. In einigen
Türmen wurden auch „geheime Stasiakten“ eingelagert, die dann erst nachts verbrannt
worden seien, um die Rauchentwicklung zu tarnen. Außerdem waren die Türme natürlich
ebenso tief unterirdisch, wie sie hoch waren. Manche hätten unterirdische Fluchttunnel
gehabt und einige sogar eine Station einer geheimen Stasi-U-Bahn. Am Turm „Totenstein“
bei Karl-Marx-Stadt sollen die unterirdischen Hallen so groß gewesen sein wie 7 Fußball-
felder, natürlich übereinander. Bei einigen Türmen wären die unteren Etagen geflutet wor-
den. Als dann Taucher nach den vermuteten Hohlräumen suchten, seien zwei der Taucher
nicht wieder aufgetaucht und der dritte war von da an „wahnsinnig“ und konnte nicht
mehr sprechen. Es wurde über Giftgas spekuliert und seitdem ist niemand mehr dort un-
ten gewesen.
Natürlich gab es auch Atomraketen in Silos, unterirdische Munitionslager und Hallen mit
Panzern aus dem 2. Weltkrieg, von den unterirdischen Flugplätzen ganz zu schweigen,
und die Türme seien nur zur Tarnung über die entsprechenden Eingänge gebaut worden.
All diese Geschichten haben sich im Nachhinein natürlich als völliger Mumpitz erwiesen.
Sie zeigen jedoch, wie schnell sich Geschichten verselbständigen können oder ein Eigen-
leben entwickeln.
41
2.2 Physikalische Gegebenheiten beim Richtfunk
Das Verfahren des Richtfunks ist als eine Punkt-zu-Punkt Verbindung zwischen zwei Funk-
stellen im Frequenzbereich oberhalb von 30 MHz zu verstanden, ähnlich wie beim Telefon,
wo i.d.R. auch nur zwei Partner am Gespräch beteiligt sind. Um diese Verbindung aufbauen
und aufrechterhalten zu können, ist eine quasioptische oder radiooptische Sicht zwischen
beiden Partnern notwendig. Befinden sich Hindernisse im Weg des Richtfunkstrahles, ist
eine Verbindung ggf. gestört oder unmöglich. Um die direkte Sicht auf die Gegenstelle zu
gewährleisten und die maximal mögliche Entfernung zwischen Sender und Empfänger
möglichst zu vergrößern, verwendet man als Standort für die Richtfunkstellen möglichst
Geländeerhebungen oder hohe Bauwerke wie Türme oder Gebäude. Wenn zwischen beiden
Punkten eine radiooptische Sicht besteht, spricht man von Freiraumausbreitung. Der
Richtfunkstrahl kann ungehindert das Ziel erreichen. Dieser Ausbreitung sind jedoch
Grenzen gesetzt. Bedingt durch das Verhalten der elektromagnetischen Wellen weicht ra-
diooptische von der optischen Sichtweite der geradlinigen Verbindung zwischen den
Richtfunkstellen ab. Die Erdkrümmung erscheint für die elektromagnetischen Wellen ge-
ringer zu sein. Mit einer Richtfunkverbindung kann man über den sichtbaren Horizont
schauen. Mit steigender Frequenz nähert sich die radiooptische Sicht der optischen Sicht
an.
Die oben gemachte Voraussetzung der geradlinigen Ausbreitung der elektromagnetischen
Wellen gilt an sich nur im homogenen Medium. Die Atmosphäre ist jedoch meist nicht
exakt homogen, vielmehr ist die Dichte der Luft über der Erdoberfläche etwas abhängig
von der Temperatur, dem Luftdruck und der Feuchtigkeit und alle diese Größen nehmen
im Normalfall mit der Höhe ab. Durchläuft aber eine elektromagnetische Welle ein Medium
abnehmender Dichte, so wird der Strahl infolge des abnehmenden Brechungsindexes zum
dichteren Medium hin gebrochen. Da das dichtere Medium aber unten liegt, heißt das,
dass der Funkstrahl zur Erde hin gebrochen wird. Dieser Effekt hat für die Reichweite eines
Richtfunkstrahles eine vorteilhafte Bedeutung. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Erd-
krümmung, welche ab einer bestimmten Entfernung von rund 35 km, durch den Horizont,
eine direkte Sichtverbindung erschwert oder verhindert. Bei der Betrachtung der Sende-
entfernung spielen neben der Erdkrümmung auch noch weitere Faktoren wie die Luft-
feuchtigkeit und die Temperatur oder Sonnenwind eine Rolle. Aus diesen und noch einigen
anderen Größen wird der sog. Krümmungsfaktor berechnet. Dieser gibt in Verbindung mit
der Entfernung beider Stationen Auskunft über die Möglichkeit, eine Richtfunkverbindung
aufbauen zu können. Sind zwischen beiden Stationen kleinere Hindernisse oder Gelände-
strukturen vorhanden, kann eine Verbindung trotzdem unter bestimmten Voraussetzun-
gen möglich sein. Grund dafür sind Reflexionen der Funkwellen an diesen Hindernissen.
Im Raum zwischen Sender und Empfänger bildet sich eine sog. Fresnelzone. In dieser Fres-
nelzone sind die Funkwellen des Senders nicht mehr in Phase, sondern bilden ein Gemisch
aus Wellen unterschiedlicher Phasenlage. Wenn eine Funkwelle auf ein Hindernis trifft,
wird diese gestreut, gebeugt oder reflektiert. Alle diese Vorgänge gehen mit einer Verän-
derung der Wellenlaufzeit einher. Die elektromagnetische Welle des Senders trifft den
Empfänger immer auf zwei Wegen, direkt (geradlinig) und indirekt durch Reflexion an der
Erdoberfläche oder an Schichtungen in der Atmosphäre. Beide Wellen erreichen die Emp-
fangsstelle mit einem Laufzeitunterschied, wodurch die elektromagnetischen Wellen sich
entweder verstärken oder sogar auslöschen können. Bei Richtfunkverbindungen wird die
elektromagnetische Welle an der Erdoberfläche, aber auch an Schichtungen der Atmo-
sphäre, bspw. Nebel, reflektiert. Die elektromagnetischen Wellen bilden sogenannte Fres-
nelzonen. Innerhalb der ersten Fresnelzone ist der Laufzeitunterschied kleiner als eine
halbe Wellenlänge. Wird die elektromagnetische Welle hauptsächlich an der 2. Fresnelzone
reflektiert, kommt es zu einer Auslöschung, Fading oder Schwund genannt. Es kann nun
sein, dass der direkte Richtfunkstrahl zwischen Sender und Empfänger keine radioopti-
sche Sicht hat und somit eigentlich keine Verbindung möglich ist. Durch den Empfang von
Wellen aus Teilen der Fresnelzone kann aber u. U. trotzdem eine Verbindung möglich wer-
den. Man empfängt dabei quasi um die Ecke. Wichtig dabei ist, dass das Hindernis mög-
lichst in der Mitte des Funkfeldes sein sollte, um von der maximalen Ausdehnung der
Fresnelzone zu profitieren. Die nachfolgende Skizze auf der nächsten Seite veranschaulicht
das Prinzip.
42
In A ist eine direkte Richtfunkverbindung ohne Hindernisse zu sehen. Der Richtfunkstrahl
kann ohne Behinderung vom Sender zum Empfänger gelangen.
In B befindet sich in der Mitte des Funkfeldes ein Hindernis, welches den direkten Richt-
funkstrahl unterbricht. Durch die vorhandene Fresnelzone, infolge von Reflexionen oder
Streuung, ergibt sich ein Weg über das Hindernis hinweg. Der Empfänger kann das Signal,
wenn auch geschwächt, trotzdem empfangen.
In C befindet sich das Hindernis zu nah am Sender, so dass sich keine ausreichend große
Fresnelzone ausbilden kann. Das Signal wird blockiert und es ist keine Verbindung mög-
lich.
In D wird durch die Umlenkung des Richtfunkstrahles über eine Relaisstelle die Erreich-
barkeit des Empfängers ermöglicht.
Auf komplizierte Formeln wird in diesem Buch ganz bewusst verzichtet. Wer weiterge-
hende Informationen zum Thema Richtfunk sucht, sei auf das Buch von Rudolf Grollmisch
„Richtfunk“ verwiesen. Darin findet der Leser wirklich alles Wissenswerte zu diesem Ge-
biet. Mit etwas Glück kann man gut ein erhaltenes Exemplar antiquarisch erwerben.
43
Zur Ermittlung des besten Senderstandortes gibt es inzwischen zahlreiche Softwarepro-
gramme, die eine genaue Prognose der zu erwartenden Signalqualität zulassen.
Eine gute und zugleich kostenfreie Lösung bietet die Seite:
http://www.geocontext.org/publ/2010/04/profiler/de/
Viele der in diesem Buch beschrieben Strecken wurden unter Zuhilfenahme dieser Soft-
ware geprüft.
Eine weitere hervorragende Simulationssoftware ist unter dieser Adresse kostenfrei
nutzbar:
https://link.ui.com/
Anfang der 60er Jahre waren dazu noch umfangreiche Feldtests sowie Berechnungen not-
wendig. Um die Versuche im Feld zu minimieren, wurde eine Modellmethode ersonnen,
mit der es möglich wurde, unter Zuhilfenahme eines maßstabsgerechten Geländereliefs
mögliche Ausbreitungsbedingungen für Richtfunkstrecken zu testen.
Dazu wurde in einem großen fensterlosen Raum im Keller des ZK-Gebäudes in Berlin ein
maßstäbliches Geländerelief der betreffenden Gegend von oben mit einer Lichtquelle be-
leuchtet. Das Geländerelief war überhöht dargestellt, um eine bessere Sichtbarkeit zu er-
halten. Der Raum wurde danach komplett verdunkelt. Die einzelne, genau über dem Relief
angeordnete Lichtquelle konnte nur durch einen schmalen Schlitz ihr Licht nach außen
abgeben, was den Richtfunkstrahl in horizontaler Ebene darstellen sollte. Durch Ändern
48
Streckenberechnung zwischen der 14A1 und anderen Stationen mit Angabe der Höhe in
m ü. NN, Bauwerkshöhe sowie Masthöhe. Der Standort 03 ist die KL Auerbach im Vogt-
land.
78
(Bild: Bundesarchiv)
Zu Fragen der Investitionen ergaben sich mit diesem Dokument Einblicke für die Autoren,
welche Investitionen überhaupt in diesem Zeitraum erfolgten und wer die Planträger dafür
waren.
1.1 Parteiobjekte Sektor Grundstücksverwaltung
1.2 Heime und Schulen Sektor Heime und Schulen
1.3 Güter Sektor Zentrale Güterleitung
1.4 S-Programm26
Sektor FM II
1.5 Druckereien, Papierfabriken, Heime Zentr. Leitung ZENTRAG Druckereien
1.6 Zeitungs- und Formularverlage Zentr. Leitung ZENTRAG Verlage
1.7 Buch- und Zeitschriftenverlage und LKG Druckerei und Verlagskontor
1.8 DEWAG Werbung Sektor DEWAG
1.9 Volksbuchhandel Volksbuchhandel
26 Hier ist das Programm zum Bau der Richtfunkstellen gemeint, siehe Planträger S-Programm steht für Sonderbaupro-
gramm oder S-Objekte für Sonderobjekte
79
Zum 30.12.1961 gab sich die FUNDAMENT ein neues Statut. In dem Dokument heißt es,
Zitat:
Rechtliche Stellung und Sitz der FUNDAMENT Gesellschaft für Grundbesitz mit be-
schränkter Haftung
§1
1. Die FUNDAMENT Gesellschaft für Grundbesitz mit beschränkter Haftung, im nachfolgen-
den FUNDAMENT genannt, wird durch die Geschäftsführer vertreten. Zur Durchführung
der Geschäfte wird ein Direktor von den Geschäftsführern beauftragt. Sitz der Gesellschaft
ist der Ort, an dem sich die Gesellschaft befindet.
2. FUNDAMENT ist das Kontrollorgan und der Organisator für alle im Plan der Investitionen
aus Eigenmitteln und Krediten festgelegten Bauvolumen des ZK der SED.
3. FUNDAMENT ist Planträger für alle Bauvorhaben der Partei und der Güter.
§2
Aufgaben der FUNDAMENT
1. FUNDAMENT hat als entscheidende Aufgabe die Erziehung der Menschen zum sozialisti-
schen Bewusstsein zu lösen, um die bewusste Anwendung der ökonomischen Gesetze des
Sozialismus in ihrem Aufgabenbereich zu gewährleisten.
2. FUNDAMENT ist als Planträger für die Bauvorheben der Partei und der Güter für die
Vorbereitung, Durchführung und Kontrolle des „Perspektivplanes“, des „Planes zur Vorbe-
reitung der Investitionen“ und des „Planes der Investitionen aus eigenen Mitteln und Kredi-
ten“ verantwortlich.
3. FUNDAMENT ist Kontrollorgan für alle Bauvorhaben der Partei und der zentralen Leitun-
gen der Parteibetriebe, die in den bestätigten Finanzplänen enthalten sind.
4. FUNDAMENT ist verantwortlich für die Zusammenstellung aller Baukontrollziffern, für
die Bestätigung der Baukontrollziffern durch die Abteilung Finanzverwaltung und Partei-
betriebe bei ZK der SED und für die Beschaffung und Abstimmung der Kontrollziffern bei
den Plankommissionen der Regierung.
§3
1. FUNDAMENT hat die Aufgabe so durchzuführen, dass die Beschlüsse der Partei und die
gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden, damit alle Bauvorhaben den sozialisti-
schen Prinzipien der Architektur, der Anwendung der modernsten Technik und der funkti-
onellen Richtigkeit entsprechen.
2. FUNDAMENT legt die einzelnen Aufgaben für das Planjahr in einem Betriebsplan der
Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe beim ZK der SED zur Bestätigung vor.
§4
FUNDAMENT ist für die weitere Entwicklung und die Qualifizierung ihrer Mitarbeiter ver-
antwortlich, unter Hinzuziehung der gesellschaftlichen Organisationen sind Entwicklungs-
pläne aufzustellen und Qualifizierungsverträge abzuschließen.
§5
Weitere Aufgaben sind insbesondere:
1. Zur Verbesserung der Arbeitsorganisation, Anleitung und Kontrolle sowie zur ständigen
Qualifizierung unserer Mitarbeiter werden in regelmäßigem Turnus Arbeitsbesprechungen
durchgeführt.
1. Der Direktor der FUNDAMENT hat über die Erfüllung der Pläne, der gefassten Beschlüsse
sowie anderer Beratungen vor den Mitarbeitern regelmäßig Rechenschaft abzulegen.
§6
80
Leitung der FUNDAMENT
1. FUNDAMENT wird durch den Direktor geleitet.
2. Die Leitung der FUNDAMENT erfolgt unter ständiger Einbeziehung der Mitarbeiter und
ihrer gesellschaftlichen Organisationen nach dem Prinzip der Einzelleitung und der per-
sönlichen Verantwortung.
3. Der Direktor wird im Falle seiner Verhinderung durch den Stellvertreter oder einend
dafür eingesetzten Beauftragten vertreten.
4. Der Hauptbuchhalter ist gleichzeitig Leiter des Arbeitsbereiches Rechnungswesen.
§7
1. Der Direktor ist für die politische, ökonomische und organisatorische Tätigkeit der FUN-
DAMENT verantwortlich.
2. Dem Direktor obliegt die Einstellung und Entlassung der Mitarbeiter der FUNDAMENT mit
Ausnahme der Nomenklaturfunktionäre.
3. Der Direktor ist bei seinen Entscheidungen an die geltenden Gesetze und Pläne sowie an
die Weisung der Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe bei ZK der SED gebunden.
(Bild: Bundesarchiv)
Beispiel zur Planung von Bauvorhaben im Umfang von rund 21,37 Mio MDN
81
Nach Verabschiedung einer neuen Gesellschaftersatzung, dem sogenannten Statut, wur-
den auch die Richtlinien für die Arbeit des Baubüros der FUNDAMENT geändert und ange-
passt.
Auszug:
Richtlinien
Des FUNDAMENT Bau Büro Berlin – über die Vorbereitung und Durchführung von Investiti-
onen der Parteibetriebe
1. Einleitung
1.1 FUNDAMENT ist Kontrollorgan der Abteilung Finanzverwaltung und Parteibetriebe
für die Vorbereitung und Durchführung von Bauinvestitionen im Bereich der Parteibetriebe.
a) ZENTRAG - Druckereien,
b) ZENTRAG- Verlage ,
c) DEWAG Werbung - Zentrale Verwaltung,
d) Druckerei- und Verlagskontor, Zentrale Leitung (DVK),
e) Volksbuchhandel, Zentrale Leitung (VBH)
1.2 FUNDAMENT berät und unterstützt auf Weisung der Abteilung Finanzverwaltung
und Parteibetriebe oder auf Anforderung der Planträger die Vorbereitung und Durchfüh-
rung von Bauinvestitionen.
1.3 FUNDAMENT fasst die Pläne der Planträger, die Bauinvestitionen betreffen, zusam-
men und überreicht sie nach Abstimmung mit der Staatlichen Plankommission, Abteilung
Territoriale Koordinierung und Gebietsplanung, der Abteilung Finanzplanung und Partei-
betriebe zur Bestätigung. Es handelt sich um die Pläne:
a) Perspektivplan für Bauinvestitionen,
b) Plan zur Vorbereitung von Investitionsvorhaben,
c) Plan der Investitionen aus eigenen Mitteln und Krediten.
2. Perspektivplan
Verantwortlich für die Ausarbeitung der Perspektivplanung sind die Planträger. Die geplan-
ten Bauvorhaben werden in den Perspektivplan der Investitionen vom Planträger aufge-
nommen.
Die Perspektivpläne der zentralen Leitungen werden von der Abteilung Finanzverwaltung
und Parteibetriebe für einen längeren Zeitraum bestätigt.
3. Projektierungsphasen
3.1 Aufgabenstellung
Die Aufgabenstellung ist der verbindliche Auftrag für den mit der Ausarbeitung ei-
ner Vorplanung oder eines Investitionsprojektes beauftragten Projektanten bezüg-
lich der ökonomischen,
technologischen und bautechnischen Lösung einer im Perspektivplan festgelegten
Aufgabe.
Verantwortlich für die Ausarbeitung der Aufgabenstellung sind die Planträ-
ger. Die Aufgabenstellung wird zur Bestätigung der Abteilung Finanzverwaltung
und Parteibetriebe eingereicht.
3.2 Vorplanung
Die Vorplanung ist eine erste grobe und komplexe Darstellung über die Lösung einer Inves-
titionsaufgabe. Sie gibt einen Gesamtüberblick über das Vorhaben selbst und alle damit im
Zusammenhang stehenden unmittelbaren und mittelbaren Folgeeinrichtungen.
96
den Ländern Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg/Vorpom-
mern in den 5 Landeshauptstädten organisiert und betrieb dort Büros, die sich mit der
Unterhaltung, Instandsetzung, Finanzierungsfragen und Grundstücksnachweisen aller
parteieigenen Objekte und Anlagen befassten.
Dazu zählten Urlaubsheime, Ferienlager, Schulungsstätten, wie auch landwirtschaftliche
Güter.
In den 5 Landesbüros waren dazu alle Grundstücksakten zu führen und ggf. auch die
Grundbuchangelegenheiten zu bewerkstelligen. Die FUNDAMENT unterhielt in Potsdam
ein zentrales Projektierungs- und Baubüro, welches in den Länderstrukturen meist mit 2
Ingenieuren (Baubereich/Hochbau) und einer Sekretärin besetzt war. In den Finanzunter-
lagen, Aufgabenstellungen und Bauberichten waren die zu schaffenden Richtfunkstellen
baulich, fiskalisch und als Bedarfsträger verschleiert mit der Bezeichnung „S-Objekte“. Mit
Übergang zu neuen administrativen Strukturen nach sowjetischem Vorbild, also der Schaf-
fung der 14 Bezirke und Berlin und 215 Kreisen, dehnte sich die Betriebsstruktur von 5
Landesbüros auf 15 Büros in den Bezirken inkl. Berlin aus, die Zentrale der FUNDAMENT
GmbH saß seit 1946 in Berlin, an verschiedenen Standorten im östlichen Teil der Stadt.
Im Sommer 1955 wurde der Beschluss gefasst, dass Richtfunknetz in alleinige Obhut zu
nehmen und weiter zu auszubauen.
Da das im Aufbau befindliche Netz und alle damit verbundenen Objekte nunmehr unter
Verfügungsgewalt der Partei stehen sollte, würde auch eine zivile „Verwaltung“ nötig. Bau-
lich und infrastrukturell verblieben die Anlagen für Betrieb, bauliche Wartung und Unter-
halt bei der FUNDAMENT, die gesamte nachrichtentechnische Abstützung, Planung und in
den Außenbeziehungen der Schriftverkehr, wurden von der Abteilung Fernmeldewesen,
Abt-II, kurz „FM-II“, der SED übernommen.
Die sog. Dezimeter-Nachrichtenanlage wurde fortan unter der Bezeichnung
„Nachrichtenanlage SZ-153“
geführt.
Die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertigen Stationen wurden schrittweise fertigge-
stellt und neue Stationen hinzugeplant. Ziel des neuen Fernsprechnetzes war die Sicher-
115
5.6.2 Weitere Nutzer im RFN - Zoll, MfS, Polizei, Post, KSH
In vielen Veröffentlichungen zum RFN ist immer wieder die Rede von „Stasiturm“ oder
„Polizeiturm“.
All diese Bezeichnungen sind irreführend und haben nur wenig bis gar nichts mit der
Realität zu tun. Gleichwohl haben aber wichtige Organe und Behörden Zugriff oder zumin-
dest Zutritt zu den Objekten des RFN.
MfS
Das MfS war nie aktiver Teil des RFN im Sinne der Nutzung unverschlüsselter Nachrich-
tenkanäle. Das Hauptnachrichtenmittel des MfS war das Drahtnachrichtennetz. Richtfunk-
verbindungen überlagerten jedoch einen Teil des Drahtnachrichtennetzes, um operative
Aufgaben erfüllen zu können sowie in Fällen, wo keine Drahtnachrichtenmittel zur Verfü-
gung standen, einen stabilen Informationsaustausch gewährleisten zu können.
Richtfunk wurde beim MfS im Bereich um 300 MHz, 400 MHz, 800 MHz, 4GHz und 11GHz
verwendet.
Das MfS erzielte dazu am 26.10.1978 eine Vereinbarung mit der Abteilung Fernmeldewe-
sen des ZK zur Zusammenarbeit im RFN.
Gegenstand dieser Vereinbarung war das Anmieten von Stellflächen für Funktechnik sowie
Montagepunkte auf den Antennenträgern der Richtfunktürme des RFN. Es wurde außer-
dem vereinbart, dass die Mitarbeiter der Richtfunkobjekte die Technik des MfS überwa-
chen sowie regelmäßige Testmessungen durchzuführen haben. Das MfS trat nur als Mieter
in den Türmen und Nutzer der Infrastruktur des RFN in Erscheinung.
Durch die gute topografische Lage der Türme bot sich so ein Standort natürlich auch als
Antennenträger für 2m oder 70cm UKW Funk zu Fahrzeugen oder Objekten an. Das MfS
mietete räumliche Stellplätze für das RVG-950, FM24/400 oder PCM 10-300/400/800 so-
wie PCM 1200-1800 für die Zubringerstrecken von der BVMfS zum A1-Objekt sowie von
dort zu weiteren Objekten des RFN. Am Ende der Richtfunkstrecke befand sich dann einer
von vielen UKW Strahlungspunkten, welcher über das Funkgerät UFZ-652 mit Fernwirkein-
richtung für den Relaisbetrieb eigene Funkfelder aufbauen konnte. Personal war dabei nur
während der Einrichtung sowie gelegentlich zu Kontrollmessungen in den Türmen im Ein-
satz.
(Quelle: BSTU MfS BV Lpz.Abt.N)
Ab Mitte der 80er Jahre kam dann auch moderne PCM Technik zum Einsatz. Außerdem
mietete das MfS einzelne Kanäle im RFN zur Übertagung von überregionalen Modulations-
kanälen für ihr eigenes UKW Sprechfunknetz. Die Bezirksverwaltungen des MfS waren als
Mitnutzer des gesamtstaatlichen Nachrichtennetzes (GSN) auf ausgewählten Strecken un-
ter der Kennung xL3 erreichbar.
120
Übersicht wichtiger Strahlungspunkte im Raum Dresden (Quelle: BSTU MfS BV Dresden. Abt.N)
184
6.2 Relaistürme Typ IA bis ID
Relaistürme vom Typ IA bis ID sind die „klassischen A-Türme“, wie sie in vielen Publika-
tionen Erwähnung finden. Ursprünglich als Wiederverwendungsprojekt entwickelt, wur-
den die Türme über die Jahre trotzdem Änderungen unterworfen, um sie den dann not-
wendigen Bedürfnissen anzupassen. Manche wurden auch nachträglich umgebaut und die
Ausstattung modernisiert.
Die Türme vom Typ IA bis ID gab es mit und ohne Keller und unterschieden sich durch
die Anzahl der Etagen und des seitlichen Anbaus. Typ IC war die kleinste Ausführung, Typ
ID die größte. In den Originalunterlagen war die Bezeichnung in römischen Zahlen ausge-
führt: „IA“, also „1 A“.
Der Ur- oder Grundtyp ist ein bis zu 20m hoher, gemauerter Turm mit den Außenabmes-
sungen 9 x 9 Meter. Die Wandstärke beträgt an der Basis bis zum 1.OG 55 cm. Danach
verringert sie sich auf 42 cm. Einige Türme haben einen seitlichen Anbau, meist mit schräg
abfallendem Dachansatz. Der Anbau erstreckt sich über zwei Etagen des Hauptturmes und
wurde meist als Lager oder Werkstatt genutzt.
Die Raumhöhe betrug im Erdgeschoss 4 Meter. Alle weiteren Etagen hatten eine Höhe von
2,93 Metern. Die Spannbetondecken hatten eine Stärke von 33 cm.
Ungefähr in der Mitte der Räume befand sich ein Deckendurchbruch, welcher zum Trans-
port schwerer Lasten genutzt werden konnte. Dazu war im letzten Obergeschoß ein De-
ckenkran oder Kettenzug montiert. Die Deckendurchbrüche waren durch Stahlklappen
und Geländer gegen Hineinfallen gesichert. Je nach Bedarf wurden unterschiedlich hohe
Türme gebaut. Die höchsten Exemplare waren baulich 6 Etagen + Erdgeschoß hoch. Bei der
Höhenauswahl kam auch die Höhe des Baugrunds über NN und die zu erwartende Bewal-
dungshöhe am eigenen Standort, wie auch in den Richtungen der Gegenstellen in Betracht.
Es gab aber auch deutlich kleinere Ausführungen wie z.B. in Stralsund oder Lüge. Diese
Türme hatten nur 3 Etagen + Erdgeschoß. Die Raumaufteilung war nicht immer einheitlich
geregelt. Allerdings gab es auch Gemeinsamkeiten. Im Erdgeschoß waren die Wagenhalle
und eine kleine Werkstatt untergebracht. Weiterhin befanden sich hier die automatisch
arbeitenden Netzersatzanlagen sowie die Treibstofftanks und Kohlebunker für die Hei-
zung. Außerdem befand sich hier auch ein Raum für die Ladung der Akkumulatoren inklu-
sive Abluftanlage. Im 1. Obergeschoß befanden sich die Sozialräume mit Toiletten, Küche
und Aufenthaltsraum für das Personal und die Techniker. Im zweiten bis fünften Oberge-
schoß befanden sich die Betriebsräume für Lüftung, ELT, Sendetechnik, Übertragungstech-
nik und der Dispatcherraum, sofern es sich um eine Station der Bestimmung xA1 handelte.
Im letzten Obergeschoß befand sich der Wachraum für die Angehörigen der Volkspolizei,
welcher rund um die Uhr mit mehreren, meist 2-3 Polizisten besetzt war. Hier fand man
auch den Waffenschrank mit Pistolen und MPi zur Eigenverteidigung. Im Treppenhaus be-
fand sich der Ausstieg zum Dach durch eine kleine Tür oder Luke.
Deckenkran über dem Montageschacht
185
Öffnung des Montageschachtes in der Decke
geöffneter Montageschacht
206
Seitenansicht, 08A1 Petersberg
6.2.3 Typ IB und ID, -NVA Ausführung- Objekte C1, C2 und C3
Wie in Kapitel 7.1 ausgeführt wird, waren einige der vorhandenen Türme nicht oder nur
teilweise an die Anforderungen der NVA anzupassen. Daher entschied sich die NVA zum
Bau von drei neuen Türmen auf dem Keulenberg bei Neubrandenburg, auf dem Wachtel-
berg bei Phöben und auf dem Sorgenberg bei Machern.
Federführend war hier für die Vorarbeiten, Planungen, Ausführung und die Kontrollen der
Arbeiten die Fundament GmbH. Den Auftrag dazu erteilte die NVA welche auch Rechnungs-
empfänger war. Nach Abschluss der Arbeiten gingen die Objekte in die Rechtsträgerschaft
der NVA über. Die Grundrisse sind bis auf einige kleine Änderungen identisch mit dem
Typ IB und ID in der Standardausführung. Als Besonderheit ist ein zusätzliches Zwischen-
geschoß oberhalb des 5. bzw. 6.OG zu nennen. In dieser Pufferetage befand sich eine stär-
kere Klimaanlage, um die Wärme der installierten Sendetechnik, die auf Basis von leis-
tungsfähigen Senderöhren arbeitete, besser binden und abführen zu können. In diesem
Zwischengeschoß war außerdem ein verstärkter Ringanker untergebracht, mit dem die
Lasten des aufgesetzten 30 m Sendemastes besser in das Bauwerk abgeleitet werden soll-
ten. Die NVA Typen waren auch unterkellert. Dort befand sich u.a. der Tank für die Net-
zersatzanlagen.
Neben dem Hauptgebäude wurden an den Standorten Keulenberg und Machern Raumzel-
len errichtet, in denen bis 1975 die Mitarbeiter des Überwachungsbereiches der NVA un-
tergebracht waren. Danach übernahmen Mitarbeiter der BL der SED diese Aufgabe. Die
Objekte trugen NVA intern die Bezeichnung „C 1“ für den Keulenberg, „C 2“ für Phöben
und „C 3“ für Machern. Die Fertigstellung erfolgte 1966. Von da an erfolgte die schritt-
weise Einbindung in das RFN. Die Baukosten ohne Nachrichtentechnik beliefen sich auf
500.000 MDM pro Turm.
220
Außensicherung eines Rk-Objektes (Bild: BStU KMSt.KD Klingenthal Nr.148)
6.3.2 Grundrisse Turm Typ TK
Eingangsbereich und Erdgeschoss
Vom Typ TK wurden nach bisherigen Erkenntnissen 23 Objekte errichtet. Die beiden
Objekte in Klein Upahl und Raben wichen jedoch etwas von der üblichen Bauweise ab. Bis
in die zweite Hälfte der 60er Jahre waren beide Standorte noch ohne Anbau. Mit dem
Eintritt der NVA in das RFN wurden größere Kapazitäten bei beiden Standorten nötig.
Obergeschoss
221
Durch die Einbindung des Objektes 03B3 Woldzegarten und der damit verbundenen
Erweiterung des Netzes Richtung Norden wurden am Standort 02B2 Klein Uphal größere
Kapazitätserweiterungen nötig.
Man erkannte außerdem, dass z.B. die Station Raben als Relaisstelle auf einer Magistrale
der Netzebene 1 ein besonders lohnenswertes Ziel für Spionage war. Es wäre hier möglich
gewesen, im Zeitfenster vom Auslösen des Alarmes bis zum Eintreffen der VP in das
Bauwerk einzudringen und wichtige Informationen zu sammeln. Daher entschied man sich
für eine ständige Bewachung und baute den Sozialtrakt mit weiteren technisch genutzten
Räumen daneben.
Seitenansicht Auszug aus einem Überwachungsbericht der CIA von
1960
244
6.8.2 Antennen
Elementarer Bestandteil eines Richtfunksystems ist die Antenne zur Abstrahlung der HF-
Leistung in die gewünschte Richtung. Auf Grund des hohen Bündelungsfaktors konnte die
benötigte Sendeleistung recht klein gehalten werden und betrug nur um 1,5 W. Da der
Richtfunkstrahl nur einen sehr kleinen Raumwinkel einnahm, war mehr Leistung nicht
nötig. Meist wurden die Strecken mit deutlich weniger Leistung betrieben, um die Gefahr
des Auffangens des Signales beim Gegner zu minimieren.
Die eingesetzten Antennen stammten, wie auch die Richtfunkgeräte, vom VEB RAFENA Ra-
deberg.
(Bild: RAFENA)
Im RFN kamen die Typen ANT 004 A/B (8305/T) mit einem Durchmesser von 2,5 m sowie
die Typen ANT 018 C/D (8301/T) mit einem Durchmesser von 1,5 m zum Einsatz. Mit dem
Austausch der Gerätesätze RVG-903 durch RVG-934 vollzog sich auch eine Änderung der
284
7.4.2 Bezirk Schwerin BzRFuZ 02A1 Herren Steinfeld Typ IB 02L1 BL Schwerin 03L3 BVMfS 0202 KL Gadebusch 0204 KL Hagenow 02S2 WBK Schwerin 02S5 8. MSD + WBK 02S9 BEL Warin 02R1 Görslow 01A2 Alt Poorstorf 02B2 Klein Upahl Typ TK mit Anbau (bewacht) 0210 KL Sternberg 0203 KL Güstrow 0201 KL Bützow 03B3 Woldzegarten 01A1 Rostock 02A2 Ruhner Berge 59m Spannbetonturm 0207 KL Parchim 0205 KL Ludwigslust 0206 KL Lübz 0412 KL Pritzwalk 0208 KL Perleberg 04A5 Zühlen 07A2 Kamern 0103 KL Grevesmühlen (Bezirk Rostock)
Netzkarte Schwerin, Stand 1981
285
286
Bildteil Bezirk Schwerin
Bezirksleitung Schwerin (Bild: SLUB)
02A1 Herren Steinfeld
290
KL Waren (Bild: Landeshauptarchiv Schwerin)
KL Gadebusch (Bild: Landeshauptarchiv Schwerin)
433
7.7 Netzkarten
Auf Grund der Komplexität des RFN ist es schwer möglich, auf kleinformatigen Buchseiten
eine Netzkarte dazustellen, ohne die Übersicht zu verlieren. Zwangläufig muss die Karte
geteilt werden.
Es wird versucht, auf vier Karten ein Gesamtüberblick des Netzes darzustellen. Diese Kar-
ten enthalten die wichtigsten Verbindungen aus dem Bereich der NVA, wichtige Regie-
rungsverbindungen sowie Strecken zu SED Bezirksleitungen, Kreisleitungen, Bezirkspar-
teischulen und Ferieneinrichtungen. Auf die Beschriftung der Objekte wurde zu Gunsten
der besseren Lesbarkeit verzichtet. Ein Großteil der Verbindungen konnte anhand von Fo-
tos der Parabolantennen und deren Ausrichtung verifiziert werden.
Nordteil des RFN
439
Die Bewachung der Türme oblag dem MdI. In der BDVP64
wurden durch die Abteilung S/3
geeignete Mitarbeiter in den VPKÄ65
ausgewählt und dann den SZ-Objekten zugewiesen.
Diese Mitarbeiter für den Dienst in den sog. SZ-Objekten wurde auch speziell ausgebildet,
um, wie schon oben erwähnt, kleinere Wartungsaufgaben oder Kontrollen durchführen zu
können. Gelegentlich wurden die SED-Objekte auch BS- oder S-Objekte genannt.
Genosse B. war z.B. Leiter des Betriebsschutzes im Objekt Gompitz. Die anderen Genossen
waren ebenfalls im Objekt eingesetzt, wenn auch nicht alle auf einmal.
Für den Fall der Alarmierung bei einem Einbruch oder Überfall wurden sog. Schnellkom-
mandos gebildet, welche dann binnen 15 Minuten am Objekt einzutreffen hatten. Gele-
gentlich wurden die alarmierten Genossen auch durch Kräfte der Grenztruppen verstärkt,
wenn diese in der Nähe stationiert waren.
Im Dienstsprachgebrauch des MdI wurde für die Bezeichnung der Objekte des RFN eben-
falls „SZ-153“ verwendet. Zur genauen Bestimmung wurde dann die FUNDAMENT interne
Objektbezeichnung angefügt. (siehe auch Kapitel 5.4.2)
Also beispielsweise SZ-153 R85 für den Turm Krumhermersdorf bei Zschopau.
Zitat aus einer Gesamteinschätzung einer Alarmübung in den bewachten SZ-Objekten im
Bezirk Karl-Marx-Stadt aus Anfang der 60 Jahre:
Um die Sicherheit in den Objekten SZ-153 zu erhöhen, wird folgendes vorgeschlagen:
1.) Klarheit ist darüber zu schaffen, wie das Volkspolizeikreisamt bei Vorkommnissen
mit
Alarmauslösung zu verständigen ist. Am zweckmäßigsten wäre Kennwort mit kur-
zer Lageschilderung.
2.) Um die Bewaffnung zu verbessern, ist es notwendig einen einheitlichen Bewaff-
nungsplan zu schaffen und mehr lange Waffen im Objekt einzusetzen. Zur Be-
kämpfung der toten Winkel sind Nebelkerzen und Handgranaten vorzusehen.
3.) Um die Verteidigungstätigkeit zu erhöhen und den Schußwinkel zu verkürzen, sind
für die Fenster Säcke mit Sand gefüllt im Objekt zu lagern bzw. halbhohe Stahl-
blenden mit Schießscharten anzubringen.
64 Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei 65 Volkspolizeikreisämter
440
4.) Um bei Alarm den Einsatzkräften sowie den alarmierten Betriebsschutz-Angehöri-
gen von der
allgemeinen Lage Kenntnis zu geben, ist auf dem Dach eine Signaleinrichtung an-
zubringen.
Zum Beispiel, ist die Umgebung des Objektes feindfrei, bzw. sind andere Vorkomm-
nisse eingetreten (Naturkatastrophen, Bereitschaft usw.), wird am Tage eine Flagge
aufgezogen, nachts eine Lampe eingeschaltet.
Sind feindliche Kräfte in der Nähe wird kein Signal gezeigt. Daraus können die
Einsatzkräfte Schlußfolgerungen ziehen und das taktische Verhalten entsprechend
einrichten.
5.) Der Einsatz der Schnellkommandos ist laufend zu verbessern. Dazu sind gute Ein-
satzunterlagen, praktische Einweisungen und Alarmübungen mit verschiedenen
Varianten notwendig. Es ist zu überprüfen, inwieweit Möglichkeiten bestehen, die
Schnellkommandos der Volkspolizeikreisämter, die die SZ-Objekte im Bereich ha-
ben, vorrangig mit Funk auszurüsten.
(Bild: Staatsarchiv Chemnitz)
449
8.2 Die Nachrichtenordnung
Am 16. Oktober 1978 beschloss das Sekretariat des Zentralkomitees, die bisher gültige
Nachrichtenordnung außer Kraft zu setzen und eine neue Nachrichtenordnung Gültigkeit
zu verleihen.
Ab 1. Januar 1979 wurde die neue Nachrichtenordnung für verbindlich erklärt. Das wurde
vermutlich notwendig, nachdem sich im Nachrichtenbetriebsdienst aber auch in der Ver-
fügbarkeit unterschiedlichster Verbindungsmöglichkeiten, in verschiedenen Nachrichten-
netzen einiges geändert hatte, die Autoren denken dabei auch an die Einbindung der Struk-
turen in das Sondernetz 1, mit denen die Erreichbarkeit der Strukturelemente der Partei
in der Fläche, wie auch der einzelnen Objekte der Partei in den Regionen stark verbessert
und technisch auf neusten Stand gehoben wurde.