partikelschmutz trotz sauberer bauteile

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REINIGEN & VORBEHANDELN PRODUKT-REINHEIT IN DER MONTAGE Partikelschmutz trotz sauberer Bauteile Bei der Fertigung von Komponenten und Systemen der Automobilindustrie ist es in den letzten Jahren gelungen, den Partikeleintrag in die Produkte deutlich zu senken. Eine Partikelquelle, die sich bisher allerdings nur ungenugend beherrschen lasst, stellt die Montage mit ihren Fugeverfahren und Anlagen dar. Neue Forschungsarbeiten sollen helfen, diese Montage- Ruckverschmutzungen zu bestimmen und zu quantifizieren. Speziell in der Automobil- und deren Zulieferindustrie, der Hydraulik- industrie und im Flugzeugbau ist auf- grund technischer Notwendigkeiten der Trend zu immer hiiheren Produktrein- heiten ungebrochen. Wiihrend noch vor wenigen Jahren allein die Waschtechnik fur die Erzeugnissauberkeit verantwort- lich gemacht wurde, wiihlt man heute einen viel umfassenderen Ansatz: Es hat sich das Bewusstsein durchgesetzt, dass der komplette Fertigungsprozess einen Einfluss auf die im Endprodukt erreichbare Sauberkeit besitzt. Neben der immer komplexeren, aufwiindigeren und leistungsfiihigeren Reinigungsan- lagentechnik spielt die prozesssichere Entgratung eine wichtige Rolle. Da sich Grate, die anfangs noch fest mit dem Bauteil verbunden sind, im Betrieb unter Umstiinden liisen und zu uner- wunschten Schmutzpartikeln werden kiinnen, wurde in den letzten J ahren viel in Entgratungsverfahren inve- stiert. Ein weiterer wichtiger und entschei- dend zur Bauteilsauberkeit beitragender Punkt ist die Logistik. Geeignete Systeme fur Verpackung und Transport kiinnen dabei den Partikeleintrag aus der Umgebungsluft vermeiden und durch eine sichere Aufnahme der Teile A Die Relnraumkleldung schOtzt das Bautell nur vor dem Elnfluss des Werkers, zum Belsplel vor Flusen oder Hautschuppen, nlcht aber vor Partlkelschmutz, der durch den Montagevorgang entsteht 48 JOT 3.2007

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Page 1: Partikelschmutz trotz sauberer Bauteile

REINIGEN & VORBEHANDELN

PRODUKT-REINHEIT IN DER MONTAGE

Partikelschmutz trotz sauberer Bauteile Bei der Fertigung von Komponenten und Systemen der Automobilindustrie ist es in den letzten Jahren gelungen, den Partikeleintrag in die Produkte deutlich zu senken. Eine Partikelquelle, die sich bisher allerdings nur ungenugend beherrschen lasst, stellt die Montage mit ihren Fugeverfahren und Anlagen dar. Neue Forschungsarbeiten sollen helfen, diese Montage-Ruckverschmutzungen zu bestimmen und zu quantifizieren.

Speziell in der Automobil- und deren Zulieferindustrie, der Hydraulik-industrie und im Flugzeugbau ist auf-grund technischer Notwendigkeiten der Trend zu immer hiiheren Produktrein-heiten ungebrochen. Wiihrend noch vor wenigen Jahren allein die Waschtechnik fur die Erzeugnissauberkeit verantwort-lich gemacht wurde, wiihlt man heute einen viel umfassenderen Ansatz: Es hat sich das Bewusstsein durchgesetzt, dass der komplette Fertigungsprozess einen Einfluss auf die im Endprodukt erreichbare Sauberkeit besitzt. Neben der immer komplexeren, aufwiindigeren und leistungsfiihigeren Reinigungsan-lagentechnik spielt die prozesssichere Entgratung eine wichtige Rolle. Da sich Grate, die anfangs noch fest mit dem Bauteil verbunden sind, im Betrieb unter Umstiinden liisen und zu uner-wunschten Schmutzpartikeln werden kiinnen, wurde in den letzten J ahren viel in Entgratungsverfahren inve-stiert.

Ein weiterer wichtiger und entschei-dend zur Bauteilsauberkeit beitragender Punkt ist die Logistik. Geeignete Systeme fur Verpackung und Transport kiinnen dabei den Partikeleintrag aus der Umgebungsluft vermeiden und durch eine sichere Aufnahme der Teile

A Die Relnraumkleldung schOtzt das Bautell nur vor dem Elnfluss des Werkers, zum Belsplel vor Flusen oder Hautschuppen, nlcht aber vor Partlkelschmutz, der durch den Montagevorgang entsteht

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Beschiidigungen und gleichzeitig Parti-kelabrieb verhindern.

Die industrielle Qualitiitssicherung hat den Begriff HTechnische Sauberkeit" als Priifkriterium fiir die Qualitiit eines Produkts eingefiihrt. Die angegliederten Labors haben die notwendige Messtech-nik installiert und das Personal wird entsprechend geschult. Sauberkeitsfiir-dernde Liisungen sind bereits in vielen Bereichen technisch verfiigbar. Ob sie zum Einsatz kommen, ist in der Regel eine betriebswirtschaftliche Entschei-dung.

Weitere Ansiitze gibt es in der Opti-mierung der Zerspanungsprozesse, wo sich durch die Auslegung oder Fiihrung der Werkzeuge die Grat- oder Spanbil-dung positiv hinsichtlich Bauteilsauber-keit beeinflussen liisst. lm ldealfall wird bereits bei der Konstruktion eines Bau-teils die spiitere Reinigbarkeit beriick-sichtigt.

lm Gegensatz dazu gibt es im Bereich der Montage no ch sehr groBe Liicken. Selbst wenn ein Produkt oder eine sei-ner Komponenten aus ideal sauberen Einzelteilen gefertigt werden, kann sich nach dem Montagevorgang uner-wiinschter Partikelschmutz im lnneren des Produkts befinden. Als Ursachen dafiir kommen die Montageverfahren oder die dabei verwendeten Anlagen in Betracht.

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A Elne potenzlelle Partlkelquelle 1st die F6rdertechnlk. Im Blld: Der Partlkelabrleb unter elnem Transportsystem.

.... Krltlscher Partlkelschmutz, wle hler am Gewlnde elner Schraube, kann belm Montageprozess selbst entstehen

Die Montageverfahren als Verschmutzungsquelle Bei einem Montagevorgang treffen in der Regel zwei oder mehre Komponen-ten, das heiBt Bauteile oder Verb in-dungselemente, aufeinander und wer-den unter Krafteinwirkung gefiigt. Die Krafteinwirkung verursacht dabei in aller Regel eine Deformation minde-stens einer der beteiligten Komponen-ten. Dadurch entsteht das Risiko, dass Materialbruchstiicke abgegeben wer-den, die sich dann als unerwiinschter Partikelschmutz im Bauteil wiederfin-den. Hierbei kiinnen zum Beispiel bis-her fest anhaftende Grate von den Bau-teilen oder Verbindungselementen abgeschert werden, wie dies bei Ver-schraubungen der Fall sein kann. Aber auch die plastische Verformung der Fiigepartner allein, etwa durch das Verstemmen von Bohrungen oder Niet-prozessen, birgt die Gefahr einer Parti-kelerzeugung.

Einer ganzen Reihe von Montagen sind zusiitzlich noch Demontagepro-zesse vorgeschaltet. Hier besteht ein besonders groBes Risiko, denn hiiufig werden dabei Partikel freigesetzt, die zuniichst fest in der urspriinglichen Fiigeverbindung gebunden waren. Ein Beispiel hierfiir ist das Entschrauben einer Schraube aus ihrem Gewinde. Aber auch das Trennen von Komponen-

ten an Sollbruchstellen, wie etwa beim Brechen des Pleulauges eines Crack-Pleuls, stellt ein potenzielles Sauber-keitsrisiko dar. Das Abziehen von Ver-schlussstopfen kann ebenso wie das Entfernen von Staubschutzkappen zur Freisetzung von Partikeln beitragen.

Zahlreiche Montageprozesse werden unter Verwendung von Montagehilfs-stoffen, wie Fetten oder Glen, durchge-fiihrt. Helfen diese Stoffe durch die ver-ringerte Reibung bei der Reduzierung der Partikelabgabe? Oder werden die Fiigepartner aufgrund der reduzierten Reibung bei gleichen Fiigekriiften stiir-ker deformiert, was die Partikelentste-hung eher begiinstigt? lmmer wieder tauchen neue Fragestellungen auf, die auf dem Weg hin zu technisch sauberen Erzeugnissen noch beantwortet werden miissen.

Die Montage-Anlagen im Visier Die Fiigeverfahren selbst sind aber nicht das einzige Verschmutzungsrisiko fiir die Bauteile wiihrend der Montage. Es kommen weitere potenzielle Ver-schmutzungsquellen hinzu.

Zuniichst befinden si ch die Bauteile bei der Montage natiirlich auBerhalb ihrer Transport- und Lagerverpackun-gen, so dass sie der in den meisten Fiil-len nicht gefilterten Hallenluft ausge-setzt sind. Eine zusiitzliche Einhausung oder Reinluftversorgung verspricht zwar eine Besserung, der tatsiichliche Nutzen fiir die Produktsauberkeit ist aber in der Regel unbekannt.

Wiihrend der Fiigeprozesse oder des Transports innerhalb der Anlagen wer-den die Bauteile meist in form- oder kraftschliissigen Werkstiickaufnahmen fixiert, urn zum Beispiel die Montage-kriifte aufzunehmen. Dieser Kontakt zwischen Werkstiicktriigern und Bautei-len fiihrt sehr oft zu einer Erzeugung von Abriebpartikeln, die si ch dann innerhalb der Montageanlagen ansam-meln. Handhabungselemente wie Line-arachsen oder Roboter sowie Werkzeuge und deren Fiihrungen bergen weiterhin ein bisher nicht kalkulierbares Risiko fiir einen zusiitzlichen Schmutzeintrag

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in das Erzeugnis, zumal diese Elemente in vielen Fallen direkt uber den Bautei-len angeordnet sind. Generell besteht diese Gefahr bei samtlichen Bewegungs-elementen und Reibpaarungen, da dort unerwunschte Partikel erzeugt werden kiinnen, die ein Funktionsrisiko fur das Produkt darstellen. Damit stehen auch die Transport- und Fiirdereinrichtungen, wie zum Beispiel Rollenbander oder Vibrationswendelfiirderer ganz oben auf der HListe der Verdachtigen".

Eine Bewertung dieser vielfaltigen Kontaminationsquellen oder die Erstel-lung neuer kontaminationsarmer Mon-tagestrategien steht bisher aus; die ein-zige MaBnahme zur Verbesserung erfolgt meist durch die Anbringung von

Urn diese aktuellen und dringlichen Fragestellungen bearbeiten zu kiinnen, plant das Fraunhofer Institut fur Produk-tionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart die Griindung eines Indus-trieverbunds HSauberkeitsgerechte Mon-tageverfahren". liel dieses Industriever-bunds solI es sein, eine Vorgehensweise zur Messung und Bewertung von Mon-tagepartikeln zu erarbeiten und ausge-suchte Montageverfahren zu analysie-ren. Damit wird die Grundlage geschaf-fen, die Montageverfahren hinsichtlich ihrer Partikelabgabe zu optimieren, urn zu Erzeugnissen mit hiiherem Sauber-keitsniveau zu kommen.

Der groBe Vorteil eines Industriever-bunds liegt darin, dass die Kosten fur

aktuelle Montageprobleme gezielt ana-lysieren lassen kiinnen.

Die Arbeiten zu diesem Industriever-bund starten am 30. Marz 2007 mit einem ersten kostenfreien und unver-bindlichen Workshop am Fraunhofer IPA. liel dieses Treffens ist, den For-schungsbedarf zum Thema Montagever-schmutzung im Dialog mit der Industrie zu ermitteln, zu strukturieren und dar-aus eine Strategie fur die weitere Vorge-hensweise abzuleiten. Eingeladen sind Hersteller von sauberkeitssensiblen Produkten aus der Automobilindustrie, Hydraulikindustrie, Luft- und Raum-fahrt und deren lulieferbetriebe fur Bauteile oder Systeme sowie die Her-steller von Fugeverbindungen und Mon-

Absaugungen an potenziell kontamina- die Projektarbeiten sich aufviele Betei- tageanlagen. tionskritischen Stellen.

Neuer Industrieverbund

ligte verteilen und somit fur die einzel-nen Firmen uberschaubar sind. Gleich-zeitig haben die Firmen, die sich an

Die Problematik dies er Montage-Ruck- diesem Industrieverbund beteiligen, die verschmutzung ist in vielen der betrof- Miiglichkeit, aktiven Einfluss auf die fenen Firmen bekannt. Was allerdings durchzufuhrenden Forschungsarbeiten bisher fehlt, ist ein grundlegendes und zu nehmen. Dies beginnt bei der Defini-fundiertes Verstandnis fur die Mecha- tion der Untersuchungsschwerpunkte nismen und StellgriiBen, die die Art und und reicht bis hin zur Festlegung von Menge dieser potenziell funktionskri- Prufmethoden. Weiterhin ist geplant, tischen Partikel bestimmen. dass die beteiligten Firmen eigene,

ATZ A-'Iektrnnik MTZ • 1 __ .........

aRltn9lneers MehrTechnik. MehrWissen.

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Die Autoren: Dipl.-Phys. Markus Rochowicz,

Dipl.-Ing. Christian Ernst, Fraunhofer Institut fur Produkti-

onstechnik und Automatisierung, Stuttgart, Abteilung Reinst- und

Mikroproduktion, Tel. 0711 970-1175,

[email protected]

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