paper of the month #39 - patientensicherheitschweiz

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PATIENTENSICHERHEIT Paper of the Month #39 - patientensicherheitschweiz Oduyebo I, Lehmann CU, Pollack CE, Durkin N, Miller JD, Mandell S, Ardolino M, Deutschendorf A, Brot- man DJ: Association of Self-reported Hospital Discharge Handoffs with 30-Day Readmission JAMA Internal Medicine 2013, ePub ahead of print, doi:10.1001/jamainternmed.2013.3746 Thema: Austrittskommunikation und Wiederaufnahmen ins Spital Die Kommunikation an der Schnitt- stelle zwischen stationärer und am- bulanter Versorgung ist seit einiger Zeit als Risiko für die Patientensi- cherheit im Fokus. Unerwünschte Ereignisse, die nach dem Spital- austritt eintreten, sind nicht selten auf die Diskontinuität der Versorgung an den Übergängen zurückzuführen. Neben schriftlichen Austrittsberichten kann auch die direkte Kommunika- tion (z.B. per Telefon) zwischen den Ärzten im Spital und den ambulan- ten, nachversorgenden Ärzten eine Maßnahme sein, um unerwünschte Ereignisse und Rehospitalisationen zu vermeiden. Diese direkte, mündli- che Kommunikation wird gerade von Grundversorgern häufig gewünscht. Oduyebo et al. untersuchten in ihrer Studie, wie häufig eine solche direkte Kommunikation zwischen Spitalärzten und weiterbehandelndem Arzt statt- findet und ob sie das Risiko für eine Wiederaufnahme reduziert. Die Untersuchung umfasste alle Aus- tritte aus der Inneren Medizin eines 1000-Betten-Universitätsklinikums in den USA. Standardmäßig wird dem Patienten bei Austritt ein Kurzbericht mitgegeben und auch an den weiter- behandelnden Arzt übermittelt, der die wichtigsten Informationen zum Behandlungsanlass, zur Behandlung, zur Weiterbetreuung und zur Medi- kation enthält. Binnen 30 Tagen nach Austritt wird dem ambulant tätigen Nachversorger noch ein ausführlicher Austrittsbericht zugesandt. Für die Studie wurde dem elektronisch zu be- arbeitenden Kurzbericht ein weiteres Abfragefeld zugefügt. Hier musste der Spitalarzt angeben, ob er direkt mit dem Nachversorger kommuniziert hat (,,Kommunikation erfolgreich‘‘; ,,Kommunikation versucht, aber nicht erfolgreich‘‘; ,,Unklar, ob Kommuni- kation erfolgreich‘‘; ,,Kommunikation nicht versucht‘‘). Für den Fall, dass die direkte Kommunikation nicht versucht wurde, musste hierfür ein Grund angegeben werden. Für die untersuchte Austrittskohorte wurden alle Wiederaufnahmen in das gleiche Spital innert 30 Tagen erfasst. Insgesamt wurden 6635 Hospitalisa- tionen in die Studie eingeschlossen. Bei 14% der Patienten kam es zu einer Wiederaufnahme binnen 30 Tagen. Bei 37% der entlassenen Patienten gab es eine erfolgreiche direkte Kom- munikation zwischen Spitalarzt und Nachversorger. In 9% wurde eine sol- che Kommunikation versucht, war aber nicht erfolgreich. In 54% der Austritte wurde kein Kommunikati- onsversuch unternommen. Von den Spitalärzten wurde als häufigster Grund angegeben, dass der schriftli- che Kurzbericht ausreichend sei. Bei Patienten, die aufgrund ihrer Erkran- kung und der Krankheitsschwere ein höheres Risiko für eine Wiederauf- nahme haben, wurde häufiger direkt zwischen den Ärzten kommuniziert. Die erfolgreiche Kommunikation zwi- schen im Spital und ambulant tätigen weiterbehandelnden Ärzten hatte allerdings keinen Einfluss auf die Wiederaufnahme ins Spital binnen 30 Tagen. In einer multivariaten logisti- schen Regressionsanalyse wurden die Aufenthaltsdauer und die Grunder- krankung und Krankheitsschwere als zentrale Risikofaktoren für eine Wiederaufnahme identifiziert. Dass die Studie nur in einem Spi- tal stattfand und die Informationen zur Kommunikation auf den Selbst- angaben der Spitalärzte basieren, sind wichtige Limitationen. Zudem ist nichts über die Qualität und den Inhalt der Kommunikation bekannt. Gleichwohl zeigt die Studie, dass die direkte Kommunikation an der Schnittstelle zwischen stationärer und ambulanter Versorgung noch re- lativ selten stattfindet. Positiv ist, dass Patienten mit einem hohen Ri- siko für eine Wiederaufnahme aber offensichtlich von den Spitalärzten erkannt werden, und dass bei die- sen eher die direkte Kommunikation gesucht wird. Die Studie zeigt aber auch, dass die direkte Kommunikation zwischen den Ärzten an der Schnitt- stelle selbst vermutlich noch nicht ausreichend ist, um Wiederaufnahmen erfolgreich zu reduzieren. Allerdings kann diese Kommunikation positive Effekte auf wichtige Aspekte der Pa- tientensicherheit haben, auch ohne sich auf die Wiederaufnahme-Rate auszuwirken. Prof. Dr. David Schwappach, MPH Wissenschaftlicher Leiter der Stiftung für Patientensicherheit — Dozent am Institut für Sozial und Präventivmedi- zin (ISPM), Universität Bern Asylstrasse 77 CH - 8032 Zürich Tel.: +41 (0)43 244 14 80 Fax: +41 (0)43 244 14 81 E-Mail: [email protected] www.patientensicherheit.ch Link zum Abstract http://www.ncbi.nlm.nih.gov/ pubmed/23529278 Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) 351 http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2013.05.009

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Oduyebo I, Lehmann CU, PollackCE, Durkin N, Miller JD, Mandell S,Ardolino M, Deutschendorf A, Brot-man DJ: Association of Self-reportedHospital Discharge Handoffs with30-Day ReadmissionJAMA Internal Medicine2013, ePub ahead of print,doi:10.1001/jamainternmed.2013.3746

Thema: Austrittskommunikationund Wiederaufnahmen ins Spital

Die Kommunikation an der Schnitt-stelle zwischen stationärer und am-bulanter Versorgung ist seit einigerZeit als Risiko für die Patientensi-cherheit im Fokus. UnerwünschteEreignisse, die nach dem Spital-austritt eintreten, sind nicht seltenauf die Diskontinuität der Versorgungan den Übergängen zurückzuführen.Neben schriftlichen Austrittsberichtenkann auch die direkte Kommunika-tion (z.B. per Telefon) zwischen denÄrzten im Spital und den ambulan-ten, nachversorgenden Ärzten eineMaßnahme sein, um unerwünschteEreignisse und Rehospitalisationen zuvermeiden. Diese direkte, mündli-che Kommunikation wird gerade vonGrundversorgern häufig gewünscht.Oduyebo et al. untersuchten in ihrerStudie, wie häufig eine solche direkteKommunikation zwischen Spitalärztenund weiterbehandelndem Arzt statt-findet und ob sie das Risiko für eineWiederaufnahme reduziert.Die Untersuchung umfasste alle Aus-tritte aus der Inneren Medizin eines1‘000-Betten-Universitätsklinikums

in den USA. Standardmäßig wird demPatienten bei Austritt ein Kurzberichtmitgegeben und auch an den weiter-behandelnden Arzt übermittelt, der

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ufenthaltsdauer und die Grunder-rankung und Krankheitsschwerels zentrale Risikofaktoren für eineiederaufnahme identifiziert.ass die Studie nur in einem Spi-al stattfand und die Informationenur Kommunikation auf den Selbst-ngaben der Spitalärzte basieren,ind wichtige Limitationen. Zudemst nichts über die Qualität und dennhalt der Kommunikation bekannt.leichwohl zeigt die Studie, dassie direkte Kommunikation an derchnittstelle zwischen stationärernd ambulanter Versorgung noch re-ativ selten stattfindet. Positiv ist,ass Patienten mit einem hohen Ri-iko für eine Wiederaufnahme aberffensichtlich von den Spitalärztenrkannt werden, und dass bei die-en eher die direkte Kommunikationesucht wird. Die Studie zeigt aberuch, dass die direkte Kommunikationwischen den Ärzten an der Schnitt-telle selbst vermutlich noch nichtusreichend ist, um Wiederaufnahmenrfolgreich zu reduzieren. Allerdingsann diese Kommunikation positiveffekte auf wichtige Aspekte der Pa-ientensicherheit haben, auch ohneich auf die Wiederaufnahme-Rateuszuwirken.

rof. Dr. David Schwappach, MPHissenschaftlicher Leiter der Stiftung

ür Patientensicherheit — Dozent amnstitut für Sozial und Präventivmedi-in (ISPM), Universität Bernsylstrasse 77H - 8032 Zürichel.: +41 (0)43 244 14 80ax: +41 (0)43 244 14 81-Mail:[email protected]

ink zum Abstractttp://www.ncbi.nlm.nih.gov/

ubmed/23529278

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