modellanpassung einer eisenbahnbrücke für den hochge- schwindigkeitsverkehr...
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Modellanpassung einer Eisenbahnbrücke für den Hochge-schwindigkeitsverkehr (Model Updating of a High-speed Railway Bridge) Dipl.-Ing. Maik Brehm, Bauhaus-Universität Weimar, Deutschland Dr.-Ing. Volkmar Zabel, Bauhaus-Universität Weimar, Deutschland Dr.-Ing. Reto Cantieni, RCIdynamics, Ingenieurbüro für Baudynamik, Dübendorf, Schweiz Kurzfassung
Im Zuge des Ausbaus der Hochgeschwindigkeitseisenbahnstrecken müssen bestehende
Eisenbahnbrücken untersucht und neu bewertet werden. Um zuverlässige Vorhersagen über
die Bauwerksreaktion bei Zugüberfahrten treffen zu können, ist ein numerisches Modell not-
wendig, welches das dynamische Verhalten der realen Brücke abbilden kann. Das Erstellen
eines realitätsnahen numerischen Modells ist im Allgemeinen eine schwierige Aufgabe. Des-
halb werden oft Schwingungsversuche durchgeführt, um die dynamischen Eigenschaften der
Brücke zu identifizieren. Mit den experimentell ermittelten Werten kann das numerische Mo-
dell angepasst werden, wodurch realistischere Berechnungen und Bewertungen in Hinblick
auf die gestiegenen Anforderungen möglich werden. Die vorliegende Arbeit präsentiert einen
Ansatz zur optimierungsbasierten Modellanpassung unter Nutzung von experimentell ermit-
telten modalen Parametern. Dies wird anhand einer Hochgeschwindigkeitseisenbahnbrücke
auf der Strecke Köln-Brüssel veranschaulicht.
Abstract In the context of the enhancement of high-speed railway lines, existing railway bridges need
to be investigated and assessed. To predict the structural response due to train passages
with sufficient reliability, a numerical model is required to simulate the dynamic behaviour of
the bridge. The establishment of a realistic numerical model is a difficult task. Additional vi-
bration tests can help to identify the dynamic behaviour of the bridge. Using the experimental
data, a numerical model can be calibrated to be used for realistic calculations with respect to
the increased requirements. The current work presents a model updating based on optimiza-
tion methods using modal parameters obtained from experiments. This is demonstrated for a
high-speed railway bridge at the line Cologne-Brussels.
1. Einleitung Seit einigen Jahren wird intensiv an der Erweiterung des Hochgeschwindigkeitsstreckennet-
zes der Deutschen Bahn AG (DB) gearbeitet. Dies betrifft sowohl den Neubau von Strecken-
abschnitten, als auch die Ertüchtigung vorhandener Strecken, meist mit der Zielsetzung die
zugelassene Zuggeschwindigkeit zu erhöhen. Im letzteren Fall müssen alle Brücken hinsicht-
lich möglicher Resonanzprobleme überprüft werden. Typischerweise werden solche Reso-
nanzprobleme numerisch untersucht. Da diese Strategie nicht immer zielführend ist, werden
oftmals experimentelle Untersuchungen ergänzend durchgeführt.
Zabel [1] zeigt, dass die dynamischen Eigenschaften einer vorhandenen Brücke stark von
den numerisch ermittelten Werten abweichen können. Dies kann zum Beispiel durch An-
nahmen im numerischen Modell begründet werden, die in der Realität nicht zutreffend sind.
Obwohl in den meisten praktischen Anwendungen die Einhaltung bestimmter Grenzwerte
ausreichend ist, gibt es auch Anwendungen, die ein genaues numerisches Modell erfordern.
Dieses kann beispielsweise bei der Untersuchung von verschiedenen Lastfällen vorteilhaft
sein. Um ein numerisches Modell für Prognosen nutzen zu können, ist die Bestimmung von
unsicheren Systemparametern mittels experimenteller Daten wichtig.
In dieser Arbeit werden verschiedene unsichere Parameter eines numerischen Modells einer
Eisenbahnbrücke für den Hochgeschwindigkeitsverkehr identifiziert. Die Brücke befindet sich
auf der Strecke Köln-Brüssel, wobei die Schienen im Schotterbett verlegt sind. Es wird be-
schrieben, wie das komplexe Modell bestehend aus Elastomerlagern, WIB-Überbauten
(Walzträger in Betonbauweise), einer Schotterschicht und den Schwellen und Schienen ver-
bessert wird. Auf der Grundlage von experimentell ermittelten Eigenfrequenzen und den zu-
gehörigen Eigenformen werden mit Hilfe numerischer Optimierung die zuvor selektierten
unsicheren Parameter bestimmt. Die experimentellen Untersuchungen wurden bereits aus-
führlich in [2] und [3] beschrieben und werden hier nicht vertieft.
Bild 1: Räumliche Ansicht des Finite Elemente Modells
2. Beschreibung des Finite Elemente Modells der Brücke
Um die Anzahl der Freiheitsgrade in handhabbaren Grenzen zu halten, wurde die Struktur
mit Schalen-, Balken- und Federelementen modelliert. Eine räumliche Ansicht des Finite
Elemente Modells ist in Bild 1 zu sehen. In den Bildern 2 und 3 werden einige Details ge-
zeigt, die im Folgenden beschrieben werden.
Betonplatte, Unterzüge und Schotter: Die Betonplatte wurde mit 4-knotigen Schalenelemen-
ten modelliert, wobei die Betongüten B25 und B35 der Ausführungsplanung entnommen
wurden. Die Elastizitätsmoduli für diese Betongüten sind in [4] mit 2,9 ⋅ 10 10 und 3,2 ⋅ 10 10
N/m angegeben. Die Dichte ist demnach mit 2400 kg/m 3 und die Querdehnzahl mit 0,2
angegeben. Der Variationskoeffizient von 0,15 des Elastizitätsmoduls kann [5] entnommen
werden.
2
Der Schotter hat eine Dichte zwischen 1700 und 1900 kg/m [6]. Die Steifigkeit des Schot-
ters wird in konventionellen Berechnungen vernachlässigt. In diesem Modell wird der we-
sentliche Anteil der Biegesteifigkeit und die Masse im Sinne einer verschmierten Modellie-
rung in den Parametern der Betonplatte berücksichtigt.
3
Die Verbindungen, resultierend aus dem durchlaufenden Schotter, zwischen den beiden
Überbauten und zwischen den Überbauten und dem Boden wurden mit Federn (mit 3 trans-
latorischen und 2 rotatorischen Freihheitsgraden) realisiert.
HEM1000 Stahlträger: Die eingelassenen HEM1000 Stahlträger wurden durch 2-Knoten Bal-
kenelemente approximiert. Die Geometrieparameter wurden [4] als deterministische Parame-
ter entnommen. Nach [4] sind der Elastizitätsmodul, die Querdehnzahl und die Dichte von
Stahl mit 2,1 ⋅ 10 11 N/m , 0,3 und 7850 kg/m festgelegt. In [5] ist ein Variationskoeffizient
des Elastizitätsmoduls von Stahl von 0,03 angegeben.
2 3
Bild 2: Längsschnitt des Finite Elemente Modells
Bild 3: Querschnitt des Finite Elemente Modells
Elastomerlager: Die Elastomerlager wurden als Federn mit 3 Translations- und 3 Rotations-
freiheitsgraden beschrieben. Die Steifigkeit kann [7] entnommen werden. Die statische Stei-
figkeit der Elastomerlager ist in Tabelle 1 angegeben.
Table 1: Statische Steifigkeit der Elastomerlager mit einem Schubmodul von 10 N/m 6 2
Steifigkeit Lager Typ 1: 400x500 Lager Typ 2: 450x550
k ux 3,9000 ⋅ 610 N/m 4,8490 ⋅ 610 N/m
k uy 3,9000 ⋅ 610 N/m 4,8490 ⋅ 610 N/m
k uz 7,1044 ⋅ 810 N/m 1,0769 ⋅ 910 N/m
k rx 1,5407 ⋅ 710 Nm/rad 2,8551 ⋅ 710 Nm/rad
k ry 7,5819 ⋅ 610 Nm/rad 1,5147 ⋅ 710 Nm/rad
k rz 1,0187 ⋅ 510 Nm/rad 1,5813 ⋅ 510 Nm/rad
Nach [7] ist der Schubmodul der Lager und somit die Steifigkeit der Lager abhängig von der
Herstellung, der Temperatur und dem Alter des Materials. Der mögliche Parameterbereich
liegt für den Schubmodul bei einer Herstellungstemperatur von (23 5) C zwischen
0,6 ⋅ 10 N/m und 1,35 10 N/m 2 . Durch Alterung des Materials kann sich der Schubmo-
G ±6 2 ⋅ 6
dul um 0,15 ⋅ 10 N/m erhöhen. Der dynamische Schubmodul kann 1,5 bis 3 mal größer
sein als der statische Schubmodul.
6 2
Zusammenfassend kann der dynamische Schubmodul Werte zwischen 0,75 ⋅ 10 6 N/m und
6,3 ⋅ 10 N/m mit einem Mittelwert von etwa 2,5
2
6 2 ⋅ 10 N/m bei einer Messtemperatur von
etwa 15 C annehmen.
6 2
Schienen, Zwischenlagen und Schwellen: Für diese Art von Konstruktion kann der Oberbau
einen entscheidenden Einfluss auf das dynamische Verhalten der Gesamtstruktur haben.
Die Schwellen und Schienen wurden mit 2-knotigen Balkenelementen modelliert, welche mit
Federn (Zwischenlagen) verbunden wurden. Die Verbindung zur Platte wurde mit Federn
zwischen Schwellen und Platte approximiert.
Eine Vielzahl von vertikalen dynamischen Steifigkeiten aus verschiedenen Quellen ist in [8]
zusammengestellt. Dabei variieren die Steifigkeiten zwischen 0,6 ⋅ 10 N/m und 7,78 ⋅ 10
N/m. Die Materialeigenschaften von Schienenstahl wurden denen des Stahls für Walzträger
gleichgesetzt. Die Schwellen vom Typ B75 und die Schienen (UIC60) werden zum Beispiel
in [9] beschrieben. Die Betongüte des Betons ist B60, welcher einen Elastizitätsmodul von
3,7 ⋅ 10 10 hat [4]. In [5] wird ein Variationskoeffizient von 0,15 vorgeschlagen.
8
3. Zuordnung der Eigenschwingformen
In dem vorliegenden Fall ist die Zuordnung der experimentell ermittelten Eigenschwingfor-
men zu den numerisch ermittelten Eigenschwingformen sehr wichtig. Ein wesentliches Prob-
lem besteht darin, dass es bei Modifikationen der Modellparameter zu einem Wechsel der
Reihenfolge der Eigenschwingformen kommen kann. Daher muss ein robuster Algorithmus
genutzt werden, der automatisch innerhalb der Sensitivitätsanalyse und der späteren Opti-
mierung angewendet werden kann. Ein häufig angewandtes Kriterium ist das Modal Assu-
rance Criterion (MAC) [10].
( )
( )( )
2ˆ ˆMAC =
ˆ ˆ ˆ ˆ
Ti j
ij T Ti i j j
Φ Φ
Φ Φ Φ Φ (1)
und ˆiΦ ˆ
jΦ bezeichnen hierbei die experimentell und numerisch ermittelten Eigenvektoren,
die auf die Anzahl der gemessenen Freiheitsgrade reduziert sind. Dabei werden diejenigen
Eigenvektoren paarweise zugeordnet, die den größten MAC-Wert aufweisen. Anwendungs-
beispiele sind in [11] und [12] angegeben.
Leider ist diese Zuordnung basierend auf dem MAC-Wert nicht immer ausreichend. Aufgrund
der örtlich beschränkten Information der experimentell ermittelten Eigenformen können ein-
zelne numerisch bestimmte Eigenformen, die aus verschiedenen Gründen experimentell
nicht identifiziert wurden, einen sehr hohen MAC-Wert in Bezug zu einer anderen Eigen-
schwingung, die aus Versuchen identifiziert wurde, aufweisen. Dies führt zu einer falschen
Zuordnung der Eigenformen und somit zu ungenauen Sensitivitäten und schlechten Ergeb-
nissen der Modellanpassung. Eine Erweiterung der MAC-Werte lässt sich durch Betrachtung
der relativen modalen Formänderungsarbeit vornehmen. Da die experimentell ermittelten
modalen Formen nur die vertikale Richtung der WIB-Überbauten beinhalten, wird die relative
modale Formänderungsarbeit
=1MSE= =
MSE
nTjk kl jl
jk ljk T
j j j
Φ ΦΠ
Φ Φ
∑ K
K (2)
der WIB-Überbauten der numerischen Eigenvektoren j ermittelt. Dabei bezeichnet die
Gesamtsteifigkeitsmatrix und die Steifigkeitsmatrix bezüglich der Cluster und l .
beschreibt die Gesamtanzahl der Cluster. Analog sind die massennormierten Eigenvektoren
und definiert. Im vorliegenden Fall wird in zwei Cluster unterschieden. Im ersten
Cluster sind die vertikalen Freiheitsgrade der WIB-Überbauten enthalten. Das zweite Cluster
beinhaltet dann die komplementäre Menge der Freiheitsgrade des Clusters 1. Zur Skalierung
der MAC-Werte wird die relative modale Formänderungsarbeit des Clusters 1 verwendet.
Somit ergibt sich die erweiterte MAC-Matrix zu
K
klK k n
jkΦ jΦ
1MAC = MAC .ij j ijΠ (3)
Die Zuordnung von berechneten Eigenvektoren zu den experimentell ermittelten Eigenfor-
men erfolgt mit dem größten Wert der jeweiligen Zeile der erweiterten MAC -Matrix.
Ein Beispiel basierend auf einem einzelnen Parametersatz einer Sensitivitätsanalyse veran-
schaulicht die Problematik. Bild 4 zeigt die Selektion der Eigenvektoren basierend auf dem
MAC-Wert nach [10] und Bild 5 resultiert aus der Selektion mit Hilfe des erweiterten MAC -
Wertes nach Gleichung (3). Obwohl die MAC-Werte nahe 1 sind, kann mit dem herkömmli-
chen Verfahren nicht die beste Zuordnung der Eigenformen gefunden werden. Bild 6 zeigt
dies deutlich für dritte Eigenform.
Bild 4: MAC-Matrix nach Gleichung (1). Links: Die ersten 200 numerischen Eigenformen
bezüglich der experimentell ermittelten Eigenformen. Rechts: Die zugeordneten nu-
merischen Eigenformen bezüglich der experimentell ermittelten Eigenformen.
Bild 5: Erweiterte MAC -Matrix nach Gleichung (3). Links: Die ersten 200 numerischen Ei-
genformen bezüglich der experimentell ermittelten Eigenformen. Rechts: Die zuge-
ordneten numerischen Eigenformen bezüglich der experimentell ermittelten Eigen-
formen.
Bild 6: Identifizierte 3. Eigenform. Links: Zuordnung nach MAC (1). Rechts: Zuordnung nach
MAC (3)
4. Globale Sensitivitätsanalyse
Ziel der Sensitivitätsanalyse ist die Identifikation von sensitiven Parametern, die im Wesentli-
chen die Zielgrößen beeinflussen. Während in der lokalen Sensitivitätsanalyse nur in einem
kleinen Bereich des Parameterraums oder nur ein Parameter variiert wird, überprüft die glo-
bale Sensitivitätsanalyse den Einfluss aller Parameter im gesamt möglichen Parameterbe-
reich. Aufgrund einer höheren Effizienz werden stochastische Samplingverfahren, wie zum
Beispiel das Latin Hypercube Sampling, den systematischen Verfahren (z.B. Full Factorial
Design) vorgezogen. Die Auswertung der Daten erfolgt dann mittels Berechnung der linearen
oder quadratischen Korrelationskoeffizienten oder weiterführender Methoden, wie zum Bei-
spiel einer Hauptkomponentenanalyse oder des Bestimmtheitsmaßes. Bei einem Korrelati-
onskoeffizienten größer als 0.7 wird von einer sehr guten Korrelation zwischen Eingangsgrö-
ße und Ausgangsgröße ausgegangen, bei einem Korrelationskoeffizienten kleiner als 0.3
von einer schwachen Korrelation. Da das Problem in seiner Gesamtheit beurteilt wird, kön-
nen lokale Sensitivitäten leicht übersehen werden. Weiterhin ist die Information aus der Ana-
lyse stark von der Qualität der Stichproben abhängig. Cluster, Ausreißer oder falsche Zuord-
nung von numerischen zu experimentellen Eigenformen, sollten ausgeschlossen sein. Dem-
zufolge ist eine gewissenhafte Beurteilung der Sensitivitäten von großer Bedeutung.
Die Daten der globalen Sensitivitätsanalyse sollen dem Ingenieur helfen, das Problem zu
verstehen und zu beurteilen, um somit die wichtigsten unbekannten Parameter zu selektie-
ren. Diese Selektion ist wichtig, um die Leistungsfähigkeit des Optimierers zu erhalten. Wei-
terhin ist es sehr unwahrscheinlich, einen Parameter korrekt zu bestimmen, wenn dieser kei-
nerlei Zusammenhang mit den Zielgrößen aufweist. Eine ausführliche Beschreibung der the-
oretischen Aspekte der Sensitivitätsanalyse ist in [13] gegeben.
Bild 7 zeigt die linearen Korrelationen [14] und die Spearman Rangmatrix [15] der modalen
Parameter bezüglich der untersuchten unsicheren Parameter, beschrieben in Tabelle 2. Die
Zuordnung der Eigenformen erfolgte mit dem erweiterten MAC -Wert, beschrieben in Ab-
schnitt 3. Auffallend ist der starke Einfluss der vertikalen Federsteifigkeit (Nummer 17) zwi-
schen den beiden Überbauten, welche das durchlaufende Schotterbett repräsentiert. Da der
Spearmankoeffizient auch monotone nichtlineare Zusammenhänge abbilden kann, zeigt die
Spearman Rangmatrix, im Gegensatz zur linearen Korrelationsmatrix, einen deutlichen Ein-
fluss auf die modalen Verschiebungen. In Bild 8 sind ebenfalls die linearen Korrelationen und
die Spearman Rangmatrix dargestellt, jedoch mit einer Nebenbedingung basierend auf den
berechneten MAC-Werten. Es wird gefordert, dass alle MAC-Werte mindestens 0,5 sind.
Dies führt zu einem deutlichen Anstieg der Koeffizienten in einigen Bereichen. Der Einfluss
Bild 7: Sensitivitätsmatrizen basierend auf Eigenformzuordnung mit erweiterter MAC -
Matrix
Bild 8: Sensitivitätsmatrizen basierend auf Eigenformzuordnung mit erweiterter MAC -
Matrix und Nebenbedingung MAC 0.5 >
Bild 9: Sensitivitätsmatrizen basierend auf Eigenformzuordnung mit einfacher MAC-Matrix
und Nebenbedingung MAC 0.5 >
nicht gut abbildbarer Eigenformen ist somit entscheidend. Anhand dieser Sensitivitätsanaly-
se wurden 11 wichtige Parameter gewählt, welche in Tabelle 2 hervorgehoben wurden. Das
Ergebnis der Sensitivitätsanalyse basierend auf der herkömmlichen Methode der Eigenform-
zuordnung über den einfachen MAC-Wert ist in Bild 9 gezeigt. Die Unterschiede sind in eini-
gen Bereichen erheblich und könnten zu falschen Annahmen in der folgenden Optimierung
führen.
5. Modellverbesserung mit numerischer Optimierung
5.1 Optimierungsalgorithmus, Zielfunktion, Nebenbedingungen
Grundsätzlich werden drei Optimierungsmethoden unterschieden:
• Gradienten-basierte Methoden
• Evolutionäre Methoden (z.B. Genetischer Algorithmus, Evolutionäre Strategien) und
• Antwortflächenverfahren (RSM) oder Adaptive Antwortflächenverfahren (ARSM).
Genetische Algorithmen weisen zwar eine schwache Konvergenzrate auf, können jedoch mit
mehr als 10 Eingangsparametern und Nebenbedingungen umgehen. Deshalb wurde der
Genetische Algorithmus der Software optiSLang [13] gewählt. Entscheidend für die Konver-
genzgeschwindigkeit und eine akzeptable Lösung ist der verwendete Zuordnungsalgorith-
mus der Eigenformen, wie beschrieben in Abschnitt 3. Für den Genetischen Algorithmus
wurde die Anzahl von 250 Generationen mit einer Populationsgröße von 30 gewählt. Die
Startpopulation wurde zufällig generiert. Weitere Details sind in Bild 10 zusehen.
Bild 10: Einstellungen für den verwendeten Genetischen Algorithmus
Aus den experimentellen Daten konnten mit Hilfe der Enhanced Frequency Domain Decom-
position (EFDD) Methode, die Mittelwerte μ und die Standardabweichungen σ der Eigen-
frequenzen f und die modalen Vektoren Φ̂ der ersten sieben Eigenschwingungen identifi-
ziert werden [2] [3]. Die Mittelwerte und Standardabweichungen werden zur Skalierung der
Residuen der Frequenzen in der Zielfunktion genutzt. Des Weiteren wurden die MAC-Werte
[10] der experimentellen Eigenformen ˆ miΦ in Bezug auf die numerischen Eigenformen ˆ n
iΦ
und die Differenz ausgewählter modaler Verschiebungen in der Zielfunktion
verwendet. Somit ergibt sich
ˆ ˆ[ ] [ ]m ni ikΦ −Φ k
3
z
1 2=1.0 1.0 0.01z z z+ + z (4)
mit
7 7
1=1 =1
= mit =7
m n mf f fi i i
mf fi ii iz
S
μ μ μ
σ σ
−∑ mS ∑
)
(5)
(6) 7
2=1
ˆ ˆ= (1 MAC( , )m ni i
iz − Φ Φ∑
(7) 2
3=1
ˆ ˆ= [ ] [ ] = 1,11,12,22,23,33,34,44m ni i
i kz k k mit kΦ −Φ∑∑
wobei die Indizes und n die experimentell und numerisch ermittelten Werte bezeichnen.
Die Werte beschreiben die skalierten modalen Verschiebungen an Messpunkten in der
Nähe der Lager.
m
k
Weiterhin müssen die Nebenbedingungen eingehalten werden:
(8) 0 <=MAC( , ) 0.5 = 1, ,7m ni i iΦ Φ − ∀ …
5.2. Ergebnisse
Tabelle 2 zeigt den optimierten Parametersatz, der zuvor durch die Sensitivitätsanalyse defi-
niert wurde. Die zugehörigen modalen Parameter sind in Tabelle 3 zusammen mit den Er-
gebnissen der experimentellen Untersuchung dargestellt. Die erzielten MAC-Werte sind
deutlich größer als 0.8, was einer hervorragenden Abbildung der experimentellen Eigenfor-
men entspricht. Eine nahezu vollständige Übereinstimmung konnte für die Frequenzen der
2., 5., 6. und 7. Eigenform gefunden werden. Die größte Abweichung von 7.2% wurde bei
der 3. Eigenform beobachtet. Diese Abweichung könnte für weiterführende Simulationen zu
groß sein. In diesem Fall sind weitere Überlegungen zur Verbesserung der experimentellen
Untersuchungen, Parametrisierung des Finite Elemente Modells oder der verwendeten Algo-
rithmen notwendig.
6. Schlussfolgerungen
Mit der vorgeschlagenen Methodik konnte das numerische Modell bezüglich der experimen-
tell ermittelten modalen Parameter angepasst werden. Es konnte gezeigt werden, dass eine
automatische Eigenformzuweisung basierend auf dem MAC-Wert nicht immer ausreichend
ist und somit ein erweitertes Kriterium basierend auf der relativen modalen Formänderungs-
arbeit notwendig sein kann. Die Auswirkungen wurden in der Sensitivitätsanalyse deutlich.
Die Abweichungen zwischen den experimentell und numerisch ermittelten Frequenzen müs-
sen noch weiter verfolgt werden.
Grundsätzlich ist eine automatische Modellanpassung mit Hilfe von numerischen Optimie-
rungsmethoden möglich. Da jedes Problem spezifische Anforderungen hat, ist die Interventi-
on des Ingenieurs in einigen Bereichen unumgänglich. Weiterer Forschungsbedarf wird in
der stochastischen Modellanpassung gesehen. Dabei werden die experimentell ermittelten
Größen nicht mehr als deterministische sondern als stochastische Parameter betrachtet.
Danksagung
Das vorgestellte Manuskript basiert auf der Arbeit des Projektes DETAILS (DEsign for opTi-
mal assessment of high-speed rAILway bridges by enhanced monitoring Systems), welches
vom Europäischen Forschungsfond für Kohle und Stahl (RFCS) finanziell unterstützt wird.
Table 2: Ergebnisse der Optimierung
# Parameter Einheit Anfangswert untere Grenze obere Grenze Optimum
1 E-Modul B25 + Schotter N/m22,90⋅1010 2,70⋅1010 4,50⋅1010 3,85⋅1010
2 Querdehnzahl B25 - 2,00⋅10-1 1,80⋅10-1 2,20⋅10-1
3 Dichte B25 + Schotter kg/m3 3,95⋅103 3,00⋅103 4,00⋅103 3,00⋅103
4 E-Modul B35 + Schotter N/m2 3,20⋅1010 2,90⋅1010 4,50⋅1010 4,02⋅1010
5 Querdehnzahl B35 - 2,00⋅10-1 1,80⋅10-1 2,20⋅10-1
6 Dichte B35 + Schotter kg/m3 3,95⋅103 3,00⋅103 4,00⋅103 3,69⋅103
7 E-Modul HEM1000 N/m2 2,10⋅1011 2,00⋅1011 2,30⋅1011
8 Querdehnzahl HEM1000 - 3,00⋅10-1 2,50⋅10-1 3,50⋅10-1
9 Dichte HEM1000 kg/m3 7,85⋅103 7,70⋅103 8,00⋅103
10 E-Modul Schwelle N/m2 3,70⋅1010 3,00⋅1010 5,00⋅1010
11 Querdehnzahl Schwelle - 2,00⋅10-1 2,00⋅10-1 3,00⋅10-1
12 Dichte Schwelle kg/m3 2,20⋅103 2,10⋅103 3,00⋅103
13 Schubmodul Elastomer 1 N/m2 1,50⋅106 9,40⋅106 4,50⋅106 2,44⋅106
14 Schubmodul Elastomer 2 N/m2 1,00⋅106 9,40⋅106 4,50⋅106 1,27⋅106 15 Schotterfuge xu N/m 3,00⋅107 3,00⋅105 3,00⋅1011
16 Schotterfuge yu N/m 5,00⋅108 5,00⋅105 5,00⋅1011
17 Schotterfuge zu N/m 3,00⋅106 3,00⋅105 1,69⋅107 4,74⋅106 18 Schotterfuge xr Nm/rad 1,00⋅101 1,00⋅101 1,00⋅105
19 Schotterfuge yr Nm/rad 1,00⋅101 1,00⋅101 1,00⋅108
20 Schotter Bauwerk-Boden xu N/m 3,00⋅107 3,00⋅104 3,00⋅1011
21 Schotter Bauwerk-Boden yu N/m 5,00⋅108 5,00⋅104 5,00⋅1011
22 Schotter Bauwerk-Boden zu N/m 3,00⋅106 3,00⋅105 3,00⋅108 4,84⋅105 23 Schotter Bauwerk-Boden xr Nm/rad 1,00⋅101 1,00⋅101 1,00⋅106
24 Schotter Bauwerk-Boden yr Nm/rad 1,00⋅101 1,00⋅101 1,00⋅1010 1,52⋅102 25 Platte-Schwelle xu N/m 5,00⋅106 5,00⋅104 5,00⋅1011
26 Platte-Schwelle yu N/m 5,00⋅106 1,58⋅105 5,00⋅1011
27 Platte-Schwelle zu N/m 5,00⋅107 5,00⋅105 5,00⋅1011 1,10⋅109
28 Platte-Schwelle xr Nm/rad 1,00⋅101 1,00⋅101 1,00⋅105
29 Platte-Schwelle yr Nm/rad 1,00⋅101 1,00⋅101 1,00⋅105
30 Zwischenlage xu N/m 1,00⋅108 3,16⋅105 1,00⋅1010
31 Zwischenlage yu N/m 1,00⋅108 3,16⋅105 1,00⋅1010
32 Zwischenlage zu N/m 1,00⋅108 5,01⋅106 1,58⋅109
33 Zwischenlage xr Nm/rad 1,00⋅105 1,00⋅101 1,00⋅105 8,88⋅103 34 Zwischenlage yr Nm/rad 1,00⋅105 1,00⋅101 1,00⋅105
35 Zwischenlage zr Nm/rad 1,00⋅105 1,00⋅101 1,00⋅105
Table 3: Vergleich der modalen Parameter der experimentellen und
numerischen Untersuchungen
# Eigenfrequenz MAC Eigenform
Messung Simulation Fehler Messung (blau)
Mittelwert[Hz] (cov) [Hz] [%] Simulation (rot)
1 3,68 (0,00174) 3,561 -3,2 0,991
2 5,24 (0,00610) 5,243 0,0 0,971
3 9,36 (0,01358) 10,032 7,2 0,910
4 13,17 (0,00721) 12,513 -5,0 0,954
5 13,71 (0,01219) 13,747 0,3 0,939
6 15,09 (0,01392) 15,086 0,0 0,837
7 20,98 (0,01097) 21,854 0,6 0,859
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