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Biokatalysatoren und Verfahrenstechniken /21/ U. Kragl, W. Kruse, W. Hummel, C. Wandrey: Enzyme Engineering Aspects of Biocatalysis: Cofactor Regeneration as Example. Biotechnol. Bioeng. 52, 309-319 (1996). /22/ S. Fey, L. Elling, U. Kragl: The cofactor Mg2+ - a key switch for effective conti- nuous enzymatic production of GDP-mannose using recombinant GDP-man- nose pyrophosphorylasse; Carbohydr. Res., eingereicht. /23/ S. Rissom, U. Schwarz-Linek, M. Vogel, V. I. Tishkov, U. Kragl, U.: Synthesis of chiral e-lactones in a two-enzyme system of cyclohexanone monooxygenase and formate dehydrogenase with integrated bubblefree aeration; Tetrahedron: Asymmetry 8, 2523-2526 (1997). Anschrift des Autors: Dr. U. Kragl Forschungszentrum Jülich GmbH Institut für Biotechnologie 2 52425 Jülich 60 Lipasen aus Pflanzen als Katalysatoren für die Biokonversion von Fetten Lipasen aus Pflanzen als Katalysatoren für die Bi okonversion von Fetten K. D. Mukherjee Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung Institut für Biochemie und Technologie der Fette, H. P. Kaufmann-Institut, Münster Ei nl ei tung Lipase-katalysierte Umesterung und Veresterung von Fetten und ande- ren Lipiden werden in industriellen Verfahren zur Herstellung von struk- turierten Triglyceriden (z. B. Kakaobutterersatzstoffe und Humanmilch- fettsubstitute) und „Bioestern" (z. B. Isopropylester von Fettsäuren für Kosmetika) kommerziell genutzt. Die zur Herstellung derartiger Pro- dukte verwendeten Triacylglycerin-Lipasen stammen zum Teil aus pa- thogenen und transgenen Mikroorganismen. Ihre Akzeptanz als Biokata- lysatoren ist nicht immer gegeben. Lipasen aus Pflanzen - im Gegensatz zu denen aus pathogenen oder transgenen Mikroorganismen - bieten als alternative Biokatalysatoren in- teressante Möglichkeiten zur Biokonversion von Fetten aus nachwach- senden Rohstoffen. · Die vorliegenden Untersuchungen befassen sich mit der Substratse- lektivität von Raps-Lipase [l, 2] und Papaya-Lipase [3] als Biokatalysato- ren bei der Veresterung von Fettsäuren gewöhnlicher und ungewöhnli- cher Struktur mit n-Butanol und Oleylalkohol. Raps-Lipase wu rde aus keimenden Rapssamen nach Extraktion mit Aceton als Extraktionsrückstand (Aceton-Pulver) gewonnen. Papaya-Lipase kommt neben dem proteolytischen Enzym Papain im Latex aus Stamm und unreifen Früchten von Papaya (Carica papaya) vor. 61

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Biokatalysatoren und Verfahrenstechniken

/21/ U. Kragl, W. Kruse, W. Hummel, C. Wandrey: Enzyme Engineering Aspects of Biocatalysis: Cofactor Regeneration as Example. Biotechnol. Bioeng. 52, 309-319 (1996).

/22/ S. Fey, L. Elling, U. Kragl: The cofactor Mg2+ - a key switch for effective conti­nuous enzymatic production of GDP-mannose using recombinant GDP-man­nose pyrophosphorylasse; Carbohydr. Res., eingereicht.

/23/ S. Rissom, U. Schwarz-Linek, M. Vogel, V. I. Tishkov, U. Kragl, U.: Synthesis of chiral e-lactones in a two-enzyme system of cyclohexanone monooxygenase and formate dehydrogenase with integrated bubblefree aeration; Tetrahedron: Asymmetry 8, 2523-2526 (1997).

Anschrift des Autors:

Dr. U. Kragl Forschungszentrum Jülich GmbH Institut für Biotechnologie 2 52425 Jülich

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Lipasen aus Pflanzen als Katalysatoren für die Biokonversion von Fetten

Lipasen aus Pflanzen als Katalysatoren für die Biokonversion von Fetten

K. D. Mukherjee Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung Institut für Biochemie und Technologie der Fette, H. P. Kaufmann-Institut, Münster

Einleitung

Lipase-katalysierte Umesterung und Veresterung von Fetten und ande­ren Lipiden werden in industriellen Verfahren zur Herstellung von struk­turierten Triglyceriden (z. B. Kakaobutterersatzstoffe und Humanmilch­fettsubstitute) und „Bioestern" (z. B. Isopropylester von Fettsäuren für Kosmetika) kommerziell genutzt. Die zur Herstellung derartiger Pro­dukte verwendeten Triacylglycerin-Lipasen stammen zum Teil aus pa­thogenen und transgenen Mikroorganismen. Ihre Akzeptanz als Biokata­lysatoren ist nicht immer gegeben.

Lipasen aus Pflanzen - im Gegensatz zu denen aus pathogenen oder transgenen Mikroorganismen - bieten als alternative Biokatalysatoren in­teressante Möglichkeiten zur Biokonversion von Fetten aus nachwach-senden Rohstoffen. ·

Die vorliegenden Untersuchungen befassen sich mit der Substratse­lektivität von Raps-Lipase [l, 2] und Papaya-Lipase [3] als Biokatalysato­ren bei der Veresterung von Fettsäuren gewöhnlicher und ungewöhnli­cher Struktur mit n-Butanol und Oleylalkohol.

Raps-Lipase wurde aus keimenden Rapssamen nach Extraktion mit Aceton als Extraktionsrückstand (Aceton-Pulver) gewonnen.

Papaya-Lipase kommt neben dem proteolytischen Enzym Papain im Latex aus Stamm und unreifen Früchten von Papaya (Carica papaya) vor.

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Biokatalysatoren und Verfahrenstechniken

Das preiswerte papainhaltige Enzympräparat wird seit langem bei der Herstellung von Lebensmitteln verwendet.

2 Methoden

Fünf Tage alte Keimlinge von Raps (Brassica napus, Sorte „Ceres") wurden homogenisiert und wiederholt 'mit kaltem Aceton extrahiert. Der Extrak­tionsrückstari.d („Acetonpulver") wurde nach Entfernung des Lösungs­mittels als Biokatalysator verwendet.

Der gereinigte Extrakt aus C. papaya-Latex (Fa. Sigma) wurde auf Par­tikelgröße < 0,8 mm zerkleinert und ohne weitere Behandlung als Bioka­talysator verwendet.

In Kontrollversuchen wurden Myristinsäure (50 mM) und n-Butanol (100 mM) in 250 µl Hexan mit 20 mg Raps-Acetonpulver bzw. 5 mg C. pa­paya-Latex bei 30 °C für unterschiedliche Zeiten gerührt.

Zur Bestimmung der Substratselektivität wurde die zu untersuchende Fettsäure (25 mM) zusammen mit Myristinsäure (25 mM) als Referenz­substrat und n-Butanol (100 mM) in 250 µl Hexan mit 20 mg Raps-Aceton­pulver bzw. 5 mg C. papaya-Latex wie oben angegeben für unterschiedli­che Zeiten gerührt.

Reaktionsprodukte, bestehend aus Butylestern und nicht umgesetzten Fettsäuren, wurden vom Biokatalysator abgetrennt und nach Eindamp­fen des Lösungsmittels mit einer Lösung von Diazomethan in Diethyl­ether behandelt. Das resultierende Gemisch von Methylestern und Butyl­estern wurde gaschromatogaphisch analysiert. Aus den Konzentrationen der beiden Fettsäuresubstrate zu Beginn der Reaktion (AclXO und Ac2XO) und nach einer bestimmten Reaktionszeit (AclX und Ac2X) wurde nach Rangheard et al. [4] der kompetitive Faktor (a) errechnet als

a =log (AclXO/ Ac1X)/log(Ac2XO/ Ac2X).

Die Spezifitätskonstante einer Fettsäure wurde angegeben als 1 / a, be­zogen auf die Spezifitätskonstante der Ölsäure bzw. Myristinsäure = 1,00.

Bei der Raps-Lipase wurde zusätzlich die Veresterung der Ölsäure mit Oleylalkohol unter den oben angegebenen Bedingungen sowie die Hydrolyse des Rapsöles und Umesterung des Methyloleats mit n-Butanol untersucht.

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Lipasen aus Pflanzen als Katalysatoren für die Biokonversion von Fetten

3 Ergebnisse

Tabelle 1 gibt einen Überblick über die unter Verwendung der Raps-Li­pase durchführbaren Hydrolyse-, Veresterungs- und Umesterungsreak­tionen. So konnte mit Hilfe der Raps-Lipase nach einer Reaktionszeit von 48 Std. Ölsäure mit n-Butanol oder Oleylalkohol bis zu einem Umsatz von über 90 % verestert werden [1] .

Tabelle 1:

Reaktion

Hydrolyse

Veresterung

Veresterung

Umeresterung

Beispiele der durch Raps-Lipase katalysierten Hydrolyse-, Vereste­rungs- und Umesterungsreaktionen

Reaktions- Hauptprodukt dauer (Std) (Umsatz %)

Rapsöl Wasser 48 Fettsäuren (ca. 60)

Ölsäure n-Butanol 48 Butyloleat (> 90)

Ölsäure Oleylalkohol 48 Oleyloleat (> 90)

Methyloleat n-Butanol 24 Butyloleat (ca. 40)

Unter den angewandten Bedingungen katalysiert Papaya-Lipase die Ver­esterung der Öl- bzw. Myristinsäure mit n-Butanol sehr viel schneller als Raps-Lipase. So wurde mit Hilfe der Papaya-Lipase bereits nach einer f<.e­aktionszeit von 1 Std. über 70 % der Myristinsäure in Butylester über­führt [3] .

Die Substratselektivität der Raps-Lipase und Papaya-Lipase als Bioka­talysatoren wurde bei der Veresterung von Fettsäuren gewöhnlicher und ungewöhnlicher Struktur mit n-Butanol untersucht. Das bei Verwendung von beiden Lipasen beobachtete auffallend geringe Ausmaß der Vereste­rung von Fettsäuren mit einer cis-4-Doppelbindung (Docosahexaen­säure), cis-6-Doppelbindung (Petroselin-, y-Linolen- und Stearidonsäure) oder cis-8-Doppelbindung (Dihomo-y-Linolensäure) (Abb. 1 und 2) wurde bereits bei gereinigten Lipasepräparaten aus Raps [5] Mikroorga­nismen [4, 6] und Tieren [4, 6] gefunden. Abb. 2 zeigt, daß beispielsweise a-Linolensäure mit einer endständigen cis-9-Doppelbindung genauso schnell mit n-Butanol verestert wird wie Myristinsäure, während y-Lino­lensäure mit einer endständigen cis-6-Doppelbindung sehr viel langsa­mer verestert wird.

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Myristin-

cis-9, 10-fpoxystearin-

trans-9, 10-fpoxystearin

12-Hydroxystearin-

Ricinol-

Chaulmoogra-

Hydnocarpus-

Oocosahexaen- ~ Eicosapentaen-

Dihom ogam m a-Linolen- ... Stearidon- ~

gamma-Linolen- ~ alpha-Linolen-

Petroselin- ~ Öl-

0

Biokatalysatoren und Verfahrenstechniken

1

1

1

2

Spezifitätskonstante

1

3

Abbildung 1: Substratselektivität (Spezifitätskonstante) einzelner Fettsäuren bei der Veresterung mit n-Butanol unter Verwendung von Raps-Lipase D und Papaya-Lipase • als Biokatalysator (Spezi­Jitätskonstante der Referenzsubstrate Ölsäure bzw. Myristin­säure=l,00) [2, 3]

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70

60

:.!! 50 . 1:11

40 c 2

* 30 I!! ~ 20

10

0

60

50 '#. 1:11 40 c :::1 „

30 !! UI

I!! 20 ~

10

0

Lipasen aus Pflanzen als Katalysatoren für die Biokonversion von Fetten

0

0

-o- Myristinsäure

--- alpha·Linolensä ure

10 20 30 zeit (min)

-o- Myristinsäure

---gamma-Linolensäure

10 20 30 zeit (min)

40 50 60

40 50 60

Abbildung 2: Zeitlicher Verlauf der Veresterung von Myristinsäure (Refe­renzsubstrat) im Vergleich zu a-Linolensäure (oben) und y-Lin­olensäure (unten) mit n-Butanol unter Verwendung von Carica papaya-Latex als Biokatalysator [3]

Sowohl Raps-Lipase als auch Papaya-Lipase zeigten als Biokatalysatoren bei der Veresterung mit n-Butanol hohe Präferenz für Fettsäuren mit un­gewöhnlicher Struktur, wie z. B. Cyclopentenylfettsäuren (Hydnocarpus­säure), Hydroxyfettsäuren (Ricinol- und 12-Hydroxystearinsäure) und Epoxyfettsäuren (cis- und trans-9,10-Epoxystearinsäure) (Abb. 1). Berner-

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Biokatalysatoren und Verfahrenstechniken

kenswert ist, daß Gorlisäure - eine Cyclopentenylfettsäure mit einer cis-6-Doppelbindung in der Alkylkette - ebenfalls sehr viel langsamer mit n-Butanol verestert wird als Cyclopentenylfettsäuren mit einer gesättig­ten Alkylkette, z. B. Hydnocarpussäure und Chaulmoograsäure [l, 2].

Korianderöl

Fettsäuren

n-Butylester

(ca. 80% cis-6-18:1)

JJ. chemische oder enzymatische Hydrolyse

+ n-Butanol + Lipase (Brassica napus)

JJ. Veresterung

+ unveresterte Fettsäuren (angereichert mit cis-6-18:1)

[+ Natriumcarbonat + Lösungsmittel (Cyclohexan)] JJ.

organische Phase: (n-Butylester)

+ wäßrige Phase: (Na-Salz der cis-6-18:1)

J.l.Ansäuern

Petroselinsäure-Konzentrat (> 95 %)

· Schema 1: Anreicherung der Petroselinsäure (cis-6-18:1) aus Korian­deröl-Fettsäuren durch Lipase-katalysierte selektive Veresterung mit n-Butanol [1]

4 Ausblick

Aufgrund der beobachteten Substratselektivität können Raps-Lipase so­wie Papaya-Lipase - ein in Lebensmitteln gebräuchliches und preiswer­tes Enzympräparat - statt Lipasen aus transgenen Mikroorganismen möglicherweise zur Herstellung wertvoller Produkte aus natürlichen Fet­ten und anderen Lipiden eingesetzt werden. Beispielsweise ist die Her­stellung angereicherter Fettsäuren wie z. B. y-Linolensäure und Docosa­hexaensäure aus Nachtkerzen- und Borretschöl bzw. Algen- und

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Lipasen aus Pflanzen als Katalysatoren far die Biokonversion von Fetten

Fischölen möglich. Solche Konzentrate könnten in diätetischen, pharma­zeutischen und kosmetischen Produkten Anwendung finden. Außerdem können mit Hilfe der Raps-Lipase und Papaya-Lipase durch selektive Hydrolyse oder Veresterung Petroselinsäure aus Korianderöl (Schema 1) oder Ricinolsäure aus Rizinusöl gewonnen werden.

Literatur

/1/ Jachmanian, 1., Mukherjee. K. D.: Esterification and interesterification reactions catalyzed by acetone powder from germinating rapeseed. J. Am. Oll Chem. Soc. 73, 1527-1532 (1996)

/2/ Jachmanian, 1., Schulte, E., Mukherjee, K. D.: Substrate selectivity in esterifica­tion of less common fatty acids catalysed by lipases from different sources. Appl. Microbiol. Biotechnol. 44, 563-567 (1996)

/3/ Mukherjee, K. D., Kiewitt, 1.: Specificity of Carica papaya latex as biocatalyst in the esterification of fatty acids with 1-butanol. J. Agric. Food Chem. 44, 1948-1952 (1996)

/ 4/ Rangheard, M.-S., Langrand, G., Triantaphylides, C., Baratti, J.: Multicompeti­tive enzymatic reactions in organic media: a simple test for the determination of lipase fatty acid specificity. Biochim. Biophys. Acta 1004, 20-28 (1989)

/5/ Hills, M. J., Kiewitt, 1., Mukherjee, K. D.: Lipase from Brassica napus L. discrimi­nates against cis-4 and cis-6 unsaturated fatty acids and secondary and tertiary alcohols. Biochim. Biophys. Acta 1042, 237-240 (1990)

/6/ Mukherjee K. D., Kiewitt, 1., Hills, M. J.: Substrate specificity of lipases in view of kinetic resolution of unsaturated fatty acids. Appl. Microbiol. Biotechnol. 40, 489--493 (1993)

Anschrift des Autors

Dr. K. D. Mukherjee Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung Institut für Biochemie und Technologie der Fette, H. P. Kaufmann-Institut Piusallee 68, 48147 Münster

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