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enactive research
Über die allmähliche Verfertigung der Idee beim Tun - eine Chronologie
Vom Unternehmerischen im Urbanen – eine diskursive An-bahnung Atmosphären-Explikation
Vignet-ten und Exkurse
Raumschiff Entreprise
Konklusion Schlussbetrachtung
Markt Lagerstrasse
Europaallee
Geld und Geist
Europaallee
Geld und Geist
Geld und Geist
Geld und Geist
Europaallee
Geld und GeistEuropaallee
Geld und Geist
Geld und Geist
Geld und GeistGeld und Geist
Geld und Geist
Europaallee
Europaallee
Europaallee
7 Gleise Geld und Geist
status quo ante
Geld und Geist
Geld und Geist
7 GleiseGeld und Geist
Geld und Geist
urban entrepre-neurialism
entrepreneurial city
entrepreneurial city
entrepre-neurial city urban entrepreneurship
L‘archittetura della città
Learning from Las Vegas. The Forgotten Symbolism of Architectural Form
The Life and Death of Great American Cities
vitalitymixture of use
Die Unwirtlichkeit unserer Städte
ent-repreneurial city creative citykulturorientierte Stadt
entrepreneurial cultural turn
creative cities entrepreneurial cities
Ökonomie der Symbole
Cultures of Cities
entrepreneurial city creative city creative city
entrepreneurial city
creative cities
creative cities
creative clusters
creative clusters
The Rise of the Creative Class
creative clusters
Cities in Civilization
ultima ratiocreative/entrepreneu-
rial city
vor selbst
Soziologie der Städte
place branding city branding
signature architecture
City branding
entrepreneurial/creative citygrand narrative
coun-ter narrative
La production de l‘espace
le droit à la ville
Before Sunset
der creative cities
radical geography
radical geographySocial Justice and the City Limits to Capi-
tal
spatial fix
public-private partnerships
inter-urban competition
entre-preneurial city
urban governance
urban poli-tical economy
radical geographyurban political economy
Urban For-tunes The City as a Growth Machine
urban political economy
serendipitous entrepreneursactive entrepreneurs
structural speculators
authentischem
bürgerlich
organisch-echten
Loft Living Cultures of Cities
Naked City The Death and Life of Authentic Urban Places
authen-ticity entrepreneurial city creative city
Junkspace The Generic CityJunkspace Guide to Shopping
Project on the City Harvard School of Design
Guide to Shopping
Junkspace
S, M, L, XL MutationsThe Great Leap Forward. Harvard Design School Project on the City Guide to Shopping.
Harvard Design School Project on the City 2 Content De-lirious New York
S,M,L,XL
dérive
espace perçuespace conçu
espace vécu
La production de l‘espace The Production of SpaceStadt Raum und Gesellschaft.
Henri Lefebvres Theorie des Raumes
entrepreneurial city
creative city
urban entrepreneurship
urban entre-preneurialism entrepreneurial urbanity
movements in entrepreneurship series
enactive
New Movements in Entrepreneurship Narrative and Discursive Approaches in EntrepreneurshipThe Politics and Aesthetics of Entrepreneurship
research
Global Award for Entrepreneurship Research
Practice Theory of Entrepreneuring
Methodology of Inquiring into Entrepreneu-ring as Practice enactive research enac-tive research
Enactive research
enactive research
Entreprenörskapets vasenThe Es-
sence of Entrepreneurship
native
enactive research
Enactive rese-arch
method assemblagemethod assemblag actor-network theory
enactiveenactive
homo oeconomicus homo curanshomo ludens
enactive research
Enactive research
Gesamtkunstwerk
thinking space
opportunities
entrepreneu-rial opportunity
opportu-nity recognition opportunity discovery
opportunity creationopportunity exploitation
alertness
Zwischenraumentre prendre
An Inquiry into Modes of Existence. An Anthropology of the Modernsmodes of existence
crossing
attachment people
things ur-ban entrepreneurhip
urban entrepreneur-ship
urban entrepreneurship
Urban entrepreneurs
urban entrepreneurship
ästhetische Ökonomie
ästhetische Apparate
creative cities
urban entrepreneurship
Blasen, Globen und Schäume
Sphären I. Blasen Sphären II. Globen Sphären III. Schäume
Die Gesetze der Nachahmung Monadologie und SoziologieDie sozialen Gesetze
Distinktion Scandinavian Journal of Social Theory Economy and Society
Soziologie der Nachahmung und des Begehrens
modus operandi
Die Gesellschaft besteht aus Nachahmung und Nachahmung aus einer Art Somnambulismus
Die Gesetze der Nachahmung
entrepreneurial city urban entrepreneurship
Europaallee
starken Ort
entrepreneurial city
urban entrepreneur-ship
enactive
die in der Wahrnehmung realisierte Aussenwirkung sozialer Güter und Menschen in ih-rer räumlichen (An)Ordnung
eine relationale (An)Ordnung von Lebewesen und sozialen Gütern
Atmosphäre
Architektur und Atmosphäre
Manipulative Atmosphären
Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbar-keit
The Forty Part Motet
Spem in alium numquam habuiSpem in alium
The VisitorsThe Forty Part Motet
The Forty Part Motet
Der folgende Text und Fotoessay von Peter Barta ist aus seiner Lektüre der voran-gehenden Kapitel und aus daran anknüpfenden Gesprächen zwischen uns entstanden. Peter ist Studienkollege, Freund und Fotograf. Ich möchte mich ganz herzlich bei ihm für seinen Beitrag und den inspirierenden Dialog bedanken.
Vom Unternehmeri-schen im Urbanen
enactive reserach
enactive research
Enactive research
Europaallee
Über die allmähliche Verfertigung der
Nach den bisherigen enttäuschenden Erfahrungen im Rahmen unserer wenig sys-
tematischen Anstrengungen beauftragten Silvio und ich im Frühling 2009 auf An-
raten Steffs,168 der uns selbst nicht mehr weiterhelfen zu können glaubt, Martin
Hofer von Wüest und Partner mit der sogenannten Standortsuche. WuP ist ein re-
nommiertes, im Immobilien- und Baumarkt sowie in der Raum- und Standortent-
wicklung tätiges Beratungsunternehmen mit den wohl umfassendsten Kenntnissen
über das aktuelle Immobilienangebot im Raum Zürich.169 Im September erhalten
wir eine ausführliche Dokumentation mit insgesamt neun Vorschlägen zu Standor-
ten und Objekten in der Stadt Zürich, von denen lediglich eine Option unsere Phan-
tasie zu beflügeln vermag. Sie liegt im neuen Stadtquartier, das in den nächsten
Jahren hinter dem Zürcher Hauptbahnhof bis hin zur Langstrasse entlang den Ge-
leisen schrittweise entstehen wird und den Namen Europaallee trägt.170 Das ge-
samte Gebiet wurde in verschiedenen Baufelder (A bis H) aufgeteilt und würde in
Etappen bis zum Jahre 2018 gebaut. Martin Hofer hat zu diesem Zeitpunkt ein
Beratungsmandat der SBB Immobilien inne und mögliche Flächen für Geld und Geist, dem Vorgängerprojekt von KOSMOS, ausfindig gemacht. Er stellt den Kon-
takt zu den Europaallee-Verantwortlichen her, es kommt zum Gespräch. Die uns
angebotene Mietfläche befindet sich im Erdgeschoss resp. Mezzanin des Baufelds
G, einem grossen Gebäudekomplex mit Gewerbe- und Dienstleistungen in den un-
teren sowie Büros und Wohnungen in den oberen Geschossen. Um Geld und Geist an diesem Standort finanzieren und wirtschaftlich betreiben zu können, haben wir
im Vorfeld ein integrales Stufenmodell angedacht. Dahinter steht die Überlegung,
dass das gastronomisch-kulturelle Programm, das vorwiegend und vorzugsweise
in den unteren Geschossen geboten wird, einen Mehrwert für alle übrigen Ge-
schosse der Immobilie mit Wohnungen, Büro und Ateliers generiert. Wenn es uns
also gelänge, nicht nur den für das kulturelle Warenhaus benötigten Raum, son-
dern auch zumindest einen Teil der darüber liegenden Flächen zu erwerben, könn-
ten wir damit die auf eine gewisse Grosszügigkeit angewiesene und weniger pro-
fitable kulturelle Nutzung finanziell entlasten. Handkehrum würden wir die vermö-
genderen Nutzer der oberen Geschosse mit einer Art Kulturprozent belasten. Mar-
tin Hofer versicherte uns, dass sich in seinem Netzwerk nicht wenige
urbangestimmte, kulturinteressierte Wohneigentumsuchende befinden, die bereit
wären, dieses Kulturprozent zu bezahlen. Von ihm stammte auch die Information,
dass der Kauf der Immobilie überhaupt eine Option wäre, da die SBB ihre Immobi-
lien an der Europaallee nach der Fertigstellung möglicherweise gar nicht behalten,
sondern verkaufen wollten.171 So kam es durch die Vermittlung von Martin Hofer
nicht nur zu einer ersten Begegnung mit Andreas Steiger, dem Verantwortlichen
für die Europaallee seitens der SBB, an der wir unser Projekt vorstellen konnten,
sondern wir legten bei dieser Gelegenheit auch schon unser Kaufinteresse auf den
Tisch, wobei wir wohlgemerkt überhaupt noch keine Ahnung davon hatten, wie
das Ganze zu finanzieren wäre. Das Gespräch fand am 18. Januar 2010 in einem
Sitzungssaal des ersten Obergeschosses in der alten Sihlpost statt.172 Andreas Stei-
ger zeigte sich interessiert an unserer Nutzungs-, dafür überhaupt nicht an unserer
Finanzierungsidee. Im Gegenteil: „Ihr Geschäftsmodell mit der ,Quersubventionie-
rung‘ Erdgeschoss durch besser zahlende Nutzungen in den Obergeschossen (und
einem Mehrwert für diese) entspricht sehr stark auch unserem Modell. Das macht
die Sache nicht unbedingt einfacher, da wir beide aktiv entwickeln wollen ... Ein
freihändiger Verkauf des zentralsten und prominentesten Gebäudes in der Euro-paallee ohne Ausschreibung widerspricht grundsätzlich unserer Geschäftspraxis.
Die Idee Geld und Geist ist (noch) zu wenig konkret, um dieses ,Gesetz‘ aushebeln
zu können“173 . Nach dieser Bruchlandung kam die Europaallee als möglicher
Standort nach nur einem Kontaktgespräch eigentlich schon nicht mehr in Frage.
Erst später erfuhren wir durch Steff, dass man unseren Auftritt als ziemlich anmas-
send empfunden hatte.
Europaallee
Martin Hofer lässt nicht locker und kontaktiert uns Ende März mit einem neuen
Vorschlag. Im Augenblick sei der Architekturwettbewerb für das Baufeld H der Eu-ropaallee im Gange. Das Baufeld H ist das von Hauptbahnhof gesehen letzte und
äusserste der acht Baufelder. An der Nahtstelle zur Langstrasse,174 so die Vorgabe,
soll, ein «Leuchtturm»-Projekt für urbane Nachhaltigkeit realisiert werden. Haupt-
kriterien seien Energieeffizienz, Integration ins bestehende Quartier und die Förde-
rung einer umweltfreundlichen Mobilität. Auch ein Hotel würde zum Gebäude-
komplex gehören.175 Drei Architekturbüros hätten es in die letzte Runde geschafft,
wovon er mit einem sehr gut bekannt sei. Er kenne deren Projekt und wisse, dass
Geld und Geist optimal dazu passe resp. darin integriert werden könne. Ein rasch
einberufenes Treffen mit den Architekten aus Voralberg bestätigt uns seinen Ein-
druck. Der Grundriss des Erdgeschosses sieht eine grosse Halle vor, mit der anlie-
gende Räume sich verbinden lassen: ein auf den ersten Blick optimales Layout für
unsere Nutzung. Mindestens so ideal ist der Standort mit der Nähe zur Langstrasse.
Geld und Geist wird unter einem Pseudonym als sogenanntes Ankerprojekt in die
finale Planeingabe dieses Architekturbüros eingezeichnet. Gespannt warten wir
mit den Architekten auf die Entscheidung der Wettbewerbsjury. Auch die Namen
der beiden anderen sich noch im Wettbewerb befindlichen Architekturbüros sind uns be-
kannt, wovon das eine fast unmittelbar neben sphères domiziliert ist. Wir sind also Nach-
barn. Die jungen Architekten trinken gerne ihr Feierabendbier und begiessen ab und zu
erfolgreiche Architekturwettbewerbe bei uns. So ist es auch an einem Mittwochabend
Mitte Juni. Einer meiner Mitarbeiter bringt in Erfahrung, dass sie diesmal einen Wettbe-
werb für ,ein Bauprojekt an der Langstrasse‘ gewonnen haben. Bevor mir ,unsere‘ Archi-
tekten die schlechte Nachricht übermitteln können, weiss ich also Bescheid - und kann
mich so gar nicht mit den Nachbarn freuen. Ihrerseits wissen sie nichts von unserem En-
gagement bei ihren Konkurrenten. Die Konstellation entbehrt also nicht einer gewissen
Ironie. Nachdem ich mich vom ersten Schock erholt habe, kommt mir der Gedanke, die
neue Ausgangslage beim Schopf zu packen: Ich erzähle Piet Eckert, dem Nachbararchi-
tekten, wenige Tage darauf die Geschichte unsere Zusammenarbeit mit dem anderen Ar-
chitekturbüro und frage ihn geradeheraus, ob es möglich, denkbar, wünschbar und über-
haupt sinnvoll sei, unser Nutzungsprojekt in ihr Bauprojekt zu implementieren. Er ist ziem-
lich überrascht, lehnt aber zumindest nicht ab. In einem eingehenden Gespräch einige
Tage später präsentieren Silvio und ich ihm unsere Projektvorstellungen, während er uns
im Gegenzug die Architektur ihres Wettbewerb- resp. Siegerprojekts erläutert. Bereits in
einer ersten Übersicht lässt sich erkennen, dass die Nutzungsidee von Geld und Geist grundsätzlich auch im Entwurf der Eckert & Eckert Architekten (e2a) sich würde realisieren
lassen. Allerdings bittet er um Diskretion. Er selbst könne die neue Variante den SBB Im-
mobilien nicht vorschlagen. Vielmehr müssten wir unsererseits einen Weg finden, an die
Bauherrschaft zu gelangen, ohne sie als Architekten ins Spiel zu bringen. Wieder springt
uns Steff zur Seite, wobei er sich auf ein Mandat der SBB Immobilien stützen kann, das
mit der folgenden Ausgangslage zu tun hat: Die Lebendigkeit und Attraktivität, der Cha-
rakter eines städtischen Quartiers wird massgeblich durch die Erdgeschossnutzungen ge-
prägt. Schon was sich im ersten Stock abspielt, beeinflusst die spezifische urbane Atmo-
sphäre weit weniger, als was von der Strasse her direkt einsehbar und zugänglich ist. Die
Bauherrschaft der Europaallee war sich dessen bewusst und hat deshalb verschiedene
Experten, unter anderem auch Steff resp. seine Firma eingeladen, Ideen zu unterbrei-
ten.176 Steff schlug vor, im gesamten Erdgeschossbereich der Europaallee ein Markt-Kon-
zept zu realisieren. Im Kontrast zu den imposanten und wuchtigen Glasfassaden in der
Europaallee sollte in den Erdgeschossflächen zur Lagerstrasse hin (der Verbindung zwi-
schen Hauptbahnhof und Langstrasse) ein zusammenhängender, kleinteiliger, in die ge-
samte Länge des nördlichen Strassenabschnittes gezogener lebendiger Markt entstehen.
Was in den Zürcher Stadtkreisen 4 und 5 attraktiv ist, würde sich konzentriert in der La-
gerstrasse wiederfinden. Keine grossen Namen, Labels oder Ladenketten. Vortritt sollten
Unternehmer/innen und Ladenbetreiber/innen aus den umliegenden Quartieren haben.
Mit dem Markt Lagerstrasse würde eine verstaubte Strasse zu einem Begegnungsort wer-
den und eine Scharnierfunktion zwischen den Stadtkreisen 4 und 5, der Europaallee und
dem internationalen Bahnhof übernehmen. Diese Strategie wäre allerdings nur denkbar,
wenn die Bauherrschaft bei den entsprechenden Mieten im Erdgeschoss auf die maximale
Rendite verzichten würde.177 Steffs Konzept überzeugte, und er wurde mit dessen Um-
setzung beauftragt. Er ist überzeugt, dass Geld und Geist sich kongenial in sein Konzept
einfügt, ja sogar trotz der grösseren Flächenbeanspruchung sich als dessen Prototyp eig-
net (ein Ort der Begegnung, der Entspannung, der Verlangsamung, des Verweilens, ein
lebendiger Ort - und ein Autorenbetrieb). Steff öffnet so die Hintertür, durch die wir wie-
der in die Europaallee gelangen. Er bringt unser Projekt bei den SBB Immobilien noch
einmal ins Spiel und schlägt es als sogenanntes Ankerprojekt im Rahmen des Markts La-gerstrasse vor. Obwohl wir beim ersten Versuch (Baufeld G) gescheitert waren, kann Steff
die Vertreter der Bauherrschaft dafür gewinnen, unsere Idee im neuen Zusammenhang
wieder aufzunehmen.178 Wir werden eingeladen, Geld und Geist ein zweites Mal zu prä-
sentieren. Das Interesse gilt diesmal explizit nur unserem Nutzungskonzept, eine Kopp-
lung an das Geschäftsmodell, wie es uns beim Baufeld G vorgeschwebte, ist tabu. Am 9.
September 2010 haben wir unseren Auftritt. Zuvor hat Steff als Go-Between die Erwar-
tungen der Bauherrschaft an uns so interpretiert: Man wolle mitgerissen, man wolle von
Geld und Geist wirklich überzeugt werden. Wir sollten also keine allzu grosse Rücksicht
auf die Pläne der Architekten nehmen. Man sei noch in einem sehr frühen Stadium der
Planung, vieles sei noch offen und im Fluss. Man erwarte von uns also durchaus eine
,Vision‘, einen Zusammenhang von Räumen und Nutzungen, als ob wir unser Projekt für
das Baufeld H ,erfinden‘ könnten. Wir sind sehr motiviert, passen unser Dossier der neuen
Situation an, reservieren uns einen ganzen Tag und basteln ein einfaches Drahtmodell.
Dabei wird uns klar, dass unser Raumkonzept die Horizontale sprengen würde. Wir be-
nötigen eine zweite und möglicherweise sogar eine dritte Ebene, um die gewünschte
Vertikalität, Raumhöhe und auch räumliche Transparenz erzielen zu können. Das erfordert
massive Eingriffe in die räumliche Struktur des e2a-Projekts. Dürfen wir so etwas über-
haupt in Erwägung ziehen? Jedenfalls sind wir entschlossen, den kühnen Entwurf zu for-
dern und uns vorerst nicht um die Machbarkeit zu kümmern. Von Steff, der bei unserer
Präsentation auch anwesend ist, hören wir später, dass Christian Faber, der Projektleiter
der Europaallee, von unserem ,Feuerwerk‘ ganz begeistert gewesen sei. Zwar erzeugen
unsere Raumvorstellungen und -ansprüche eine Reihe planerischer Knackpunkte, die aber
lösbar seien, so das Feedback. Jedenfalls werde man Geld und Geist als kulturelles Projekt
gerne an dieser Stelle der Europaallee weiterverfolgen. Wir würden in den nächsten Tagen
eine Mietpreis-Offerte erhalten, ein Treffen mit den verantwortlichen Architekten werde
anberaumt. Als wir uns wenige Tage später mit den Eckerts in der Sihlpost treffen, tun
beide so, als sähe man sich zum ersten Mal. Die Kernfrage lautet, ob Geld und Geist ins
e2a-Siegerprojekt sich letztlich übersetzen lässt. Christian Faber bekräftigt noch einmal
den entsprechenden Wunsch und Willen der Bauherrschaft und beauftragt die Architek-
ten, verschiedene Varianten auszuarbeiten. Damit erhalten wir zum ersten Mal die Gele-
genheit, unsere Vorstellungen über die Phase der Planspiele hinaus an einem konkreten
Ort, in einer konkreten Situation weiterzuentwickeln und mit durchaus begründeten Hoff-
nungen auch umzusetzen. Geld & Geist ist lanciert.
Geld und Geist
Europaallee
GELD und GEIST steht für ein integrales, dienstleistungsfokussiertes und kommer-
ziell ausgerichtetes Wissens-, Bildungs- und Kulturprojekt in und für Zürich. Es soll
in einem geeigneten Gebäude beheimatet sein, dieses mit seinem Inhalt und Zweck
erfüllen, die Umgebung einbeziehen und auf sie ausstrahlen.
Das «Baufeld H» innerhalb des neuen Stadtteils Europaallee ist für GELD und GEIST
ein geradezu idealtypischer Standort. An dieser dynamischen Nahtstelle zweier un-
terschiedlicher städtischer Erlebnisräume wird mit GELD und GEIST ein Anziehungs-
und Brennpunkt geschaffen werden für Kontemplation, Diskurs und Unterhaltung.
GELD und GEIST vereint Otium (Musse, Ruhe) und Negotium (Geschäft, Aufgabe),
Spannung und Entspannung, Alltag und Freizeit. GELD und GEIST wird als Gefäss
und Angebot für urbane Anliegen und Existenzweisen, Gewohnheiten und Inte-
ressen diese Nahtstelle akzentuieren und neu interpretieren.
GELD und GEIST ist ein zeitgemässer Ort für Stadtflaneure, Wissenshungrige, Kul-
turinteressierte, Geistesarbeiter und Geniesser – ein Ort für engagierte Zeitgenos-
sen. In GELD und GEIST formieren sich intellektuelle Zirkel, entbrennen Debatten
über aktuelle Themen, werden informelle Vorlesungen und Seminare abgehalten,
entsteht so etwas wie eine offene Universität. GELD und GEIST ist ein Stammplatz
der wireless urban community. In GELD und GEIST verkehrt der gebildete Laie.
GELD und GEIST ermöglicht Begegnungen mit Personen und Themen aus Wirt-
schaft, Kultur, Politik und Wissenschaft. Es sucht die Zusammenarbeit und den Aus-
tausch mit Kulturschaffenden, mit akademischen Institutionen, privaten Instituten
und Firmen.
GELD und GEIST öffnet sich regelmässig zu einer Plattform für Veranstaltungen, in
denen der Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, Politik und Wirtschaft,
Kultur und Öffentlichkeit stattfindet. Dazu gehören Vorträge, Diskussionen, Po-
dien, Lesungen, aber auch Filmvorführungen, Konzerte und andere kulturelle An-
lässe.
GELD und GEIST kann im Auftritt nicht beliebig sein. Wichtige Parameter für die
architektonische Umsetzung sind Transparenz, Licht, Durchlässigkeit, Höhe, Verti-
kalität und Flexibilität. Diese Eigenschaften sind im prämierten Architekturprojekt
«Trilogie» ablesbar, das heisst: GELD und GEIST lässt sich im Rahmen der «Trilo-
gie»-Struktur gestalten, umsetzen, realisieren. An der Gebäudeecke wird der Gast
und Passant die Aula betreten, das Herz von GELD und GEIST. Die Aula bezeichnet
das gastronomische Forum, Bar, Café, Brasserie in einem. Tagsüber ein Zürcher
Kaffeehaus, in dem gelesen, getrunken, gegessen, gearbeitet wird und Projekte
geschmiedet werden. Am Abend und in der Nacht verwandelt sich die Aula in eine
Bar und/oder erweitert sich zu einem Veranstaltungsort, in dessen Zentrum der
Lichthof steht. Kein Gastrotempel, aber ein Ort zum Verweilen, zum Gespräch und
zur Lektüre, zum Konsum und Disput, der im Tagesverlauf verschiedene Gesichter
zeigt: ein pulsierender Organismus, der sich zusammenziehen und ausdehnen
kann. Die Aula bildet den Dreh-, Angel- und Treffpunkt, den Eintritt zu GELD und
GEIST. In der wärmeren Jahreszeit wird der attraktive Aussenbereich zur Begeg-
nungszone mit mediterranem Charme.
Von der Aula erreicht man über eine Treppe zusätzliche, räumlich mehr oder we-
niger abge- trennte Bereiche in einem Galeriegeschoss, in denen kulturelle Pro-
dukte wie Bücher, Bilder, künstlerische Objekte und Bild-/Tonträger ausgestellt und
zum Verkauf angeboten werden: ein intellektuelles Warenhaus ... Weitere Räume
oder Raumnischen für konzeptadäquate und -affine Nutzungen (kleines Film-/TV-
Aufnahmestudio, Gruppenanlässe, flexible Zonen) ergänzen in beiden Geschossen
das Angebot.
GELD und GEIST ist integraler Bestandteils des Clusters «Kunst und Wissen» des
Markts Lagerstrasse, Teil eines lebendigen Quartiers und belebender Faktor. Ein
urbaner Attraktor mit mondäner Ausstrahlung.
07.00 Nach einer langen Nacht geniesst Susi von der Olé-Olé-Bar ihren ersten Espresso.
07.00 Auf einer Projektion im Aufgang zum intellektuellen Warenhaus sind die aktuellen Empfeh-
lungen aus den verschiedenen Shops und Hinweise auf Tagesereignisse bei GELD und GEIST
zu lesen.
07.50 P.B. aus Genf verlässt das gegenüberliegende 25hours-Hotel. Auf dem Weg zum Haupt-
bahnhof kauft er noch schnell an der Bar einen Latte macchiato und amüsiert sich über die
Aufschrift auf dem Pappbecher: You pay but you don’t agree with the price.
08.40 Chefredaktor Adrian Weber geht zielstrebig auf die grosse Zeitschriftenauslage zu, um nach-
zuschauen, ob die aktuellen Ausgaben der New York Times und der Financial Times schon
aufliegen.
08.45 In der Buchhandlung stellt eine Mitarbeiterin die Bücher der Referenten aus, die an der sci-
ence bar von heute abend ihreThesen vortragen werden.
09.00 In der Matinée kommen die anwesenden Gäste mit Vertretern des öffentlichen Lebens ins
Gespräch.
09.30 Mitarbeitende einer Grossbank treffen sich für eine interne Retraite in einem Seminarraum
im Galeriegeschoss.
11.20 Robert Simon aus Linz trinkt zuerst nur einen Espresso und blättert im Wirtschaftsteil der Ta-
geszeitung. Nach drei Stunden verlässt er die Aula mit fünf Büchern, zwei CDs, einer DVD
und zehn Postkarten.
12.00 Punkt zwölf beginnt das einmal wöchentlich stattfindende Lunchgespräch, an dem einige
Experten über ein aktuellesThema mit interessierten Gästen diskutieren.
13.05 Ein Geschäftsreisender aus Berlin, der zufällig vorbeikommt, schaut sich interessiert um und
fragt schliesslich an der Bar, was es mit dem Namen GELD und GEIST auf sich hat.
14.00 Für Reto Linder ist wie immer sein private desk reserviert, an dem er die nächsten drei bis vier
Stunden liest, Notizen macht, telefoniert und zwischendurch auch einige Gesprächstermine
vor Ort erledigt.
14.15 Eine Frau mittleren Alters kauft zwei Bücher und setzt sich damit an ein Tischchen im Stras-
sencafé. Sie vertieft sich in die Lektüre. Zuerst Capucchino, dann Apéro mit Weisswein.
14.30 Zwei junge Japanerinnen fotografieren unentwegt. Sie haben ein Porträt von GELD und
GEIST in einem japanischen Magazin entdeckt und wollen das auf jeden Fall aus Zürich mit-
nehmen.
14.30 Die Psychologie-Studentin Sandra feilt schon seit 8 Uhr morgens an ihrer Masterarbeit. Ne-
ben Laptop, Büchern und Teeservice bleibt kaum ein Quadratzentimeter frei. Ihre Konsuma-
tion: 1 Cappuccino, 1 Espresso, 1 Glas frischgepresster Orangensaft, 1 Croissant, 1 Suppe, 5
dl Züriwasser, 1 Brownie und 2 Portionen Yasmintee.
15.15 In den verschiedenen Nischen der Aula tippen Gäste eifrig in ihre Notebooks. Sie können sich
Tag und Nacht in einem wireless urban community network vernetzen und sich gegenseitig
über ihre Arbeiten informieren.
16.00 Zwei Freundinnen haben an der Bar abgemacht. In den nächsten Stunden flanieren sie ge-
niessend und sich rege austauschend in GELD und GEIST. Sie beschliessen den Abend bei
einem feinen Essen.
16.00 Im Musikalienshop herrscht Grossandrang. Hier befindet sich eine hauseigene Jukebox, die in
einem gewissen Turnus von Personen oder Gruppen bestückt wird, deren Leben und Schaf-
fen von Musik geprägt ist. Die Jukebox ist in der Aula zu hören und animiert das Publikum
dazu, die entsprechendenTonträger zu erwerben.
17.00 In einem separaten, klösterlich eingerichteten Ruheraum auf der Galerie gönnt sich ein über-
müdeter Geschäftsmann einen Powernap.
17.30 Marco kommt nur mal schnell auf ein Bier vorbei. Als er sieht, welcher Film im Studiokino
läuft, bestellt er noch eine Stange und nimmt sie mit.
18.00 Die NZZ präsentiert vor 100 geladenen Gästen die Jubiläumsausgabe zum 500. Erscheinen
des NZZ Folios.Thema: Geld und Geist.
18.30 Das Ministerium fürs Äusserste, eine führende Werbeagentur im Zürcher Langstrassenquar-
tier, hat für einen Kundenanlass eine Nische der Aula reserviert.
18.55 Von der Aula erreicht man über eine Treppe die Kunstgalerie, in der ab 19 Uhr eine Vernis-
sage stattfindet.
19.00 Im gleichen Raum hielt am Nachmittag ein Produktionsteam des Schweizer Fernsehens eine
Planungssitzung ab. Kopfstand heisst die neue Sendung, die regelmässig über das aktuelle
Geschehen bei Geld und Geist berichtet. Einzelne Produktionen sollen live aus der Aula ge-
sendet werden.
20.00 Wie immer an diesem Wochentag trifft sich der Lesezirkel philosophie.ch an zwei dafür re-
servierten Tischen in einer ruhigeren Ecke der Aula.
20.00 Der Lichthof und ein grösserer Teil der Aula sind heute abend für eine grosse Podiumsveran-
staltung zur aktuellen Medientheorie reserviert, zu der die Zürcher Hochschule der Künste
eingeladen hat.
21.00 Das Studiokino, als black box in die Aula integriert, zeigt in dieser Woche diejenigen Filme,
welche die Gäste von GELD und GEIST im vergangenen Monat als ihre Lieblingsfilme ge-
wählt haben.
22.30 Nach dem Symposium über die Bedeutung des Sports in der modernen Gesellschaft finden
sich Bar- und Veranstaltungsbesucher gemeinsam vor der grossen Leinwand wieder und se-
hen sich die Aufzeichnung des Halbfinals der US Open an.
22.30 Der fünfminütigen Mitternachtslesung lauschen immerhin noch fünfzehn Gäste beim letzten
Glas, während draussen die Langstrasse dröhnt.
Am 28. Oktober 2010 treffe ich mich mit Samir im sphères. Samir ist ein bekannter
Schweizer Filmregisseur und Filmproduzent. Wir kennen uns bislang eher ober-
flächlich. Er ist ein langjähriger Weggefährte von Steff. Von ihm hat er auch von
Geld und Geist an der Europaallee erfahren. Seine Frau, Filmemacherin, ist Mitak-
tionärin bei der Zürichparis AG. Samir erzählt mir von seinem schon seit längerem
gehegten Vorhaben, in der Stadt Zürich ein Arthouse-Multiplex-Kino179 mit meh-
reren Sälen realisieren zu wollen. Er habe dafür auch einen Investor gefunden, des-
sen Namen er allerdings (noch) nicht nennen könne. Geld und Geist mit seinem
«kulturellen Warenhaus» und 7 Gleise (Samirs Arbeitstitel für seinen Kinokom-
plex)180 würden perfekt zusammenpassen und sich ergänzen, im gleichen Ge-
bäude, nebeneinander. Ein Kinobetrieb könne heutzutage allerdings nur dann ren-
tabel betrieben werden, wenn er über mehrere Säle verfüge, davon ein bis zwei
grösseren. Ich erzähle Samir von unserer Idee, im «kulturellen Warenhaus» selbst
auch ein kleineres (Studio-)Kino angedacht zu haben, worauf er meint, das höre
sich zwar gut an, sei aber der hohen Kosten wegen privatwirtschaftlich nicht zu
finanzieren. Silvio und ich sind von Samirs Plan sofort angetan, finden allerdings,
er müsse für sein Projekt selbst bei der Bauherrin vorstellig werden und erwähnen
vorderhand in den Gesprächen mit ihr kein Wort davon. Drei Monate später er-
fahre ich von Samir, dass Christian Faber seitens der Bauherrschaft die Architekten
zu prüfen beauftragt habe, ob und wie das Kinoprojekt neben Geld und Geist räumlich-architektonisch implantiert werden könne. Nachdem er in einem ersten
Gespräch die Projektidee vorerst verworfen habe (zu schwierig, zu unsicher, zu
teuer, zu unrentabel), sei er im Verlauf der Diskussion doch zunehmend bereit ge-
wesen, die Idee zumindest einmal gedanklich durchzuspielen.
Diese Massnahme markiert den Wendepunkt. Von nun an ist zumindest denkbar,
dass 7 Gleise und Geld und Geist zusammenfinden. Wir drei jedenfalls sind vom
Virus des einen integralen Kulturprojekts infisziert. Von nun an ist es uns kaum
mehr möglich, zum status quo ante zurückzukehren. Die Energie fliesst in das
neue, gemeinsame Konstrukt. Front stage aber gehen wir vorläufig noch getrennte
Wege. Unser Verhandlungspartner Christian Faber möchte nämlich die beiden Pro-
jekte und Nutzungen bis auf Weiteres auseinanderhalten und getrennt bearbeiten
lassen. Er lasse zwar das Kinoprojekt weiter intern prüfen, sagt er uns, gebe ihm
aber nur geringe Realisierungschancen. Von Silvio und mir auf die Wünschbarkeit
einer Integration der beiden Konzepte angesprochen, reagiert er jeweils ungehal-
ten. So wird noch eine Weile getan, als gäbe es das Kinoprojekt nicht oder als käme
es nie zustande. Es finden weiterhin Sitzungen statt, in denen das grobe Raumkon-
zept, das Betriebskonzept, der Businessplan und bereits Einzelheiten des künftigen
Mietvertrages zwischen Geld und Geist und den SBB Immobilien verhandelt wer-
den. Daneben treffen wir uns in fast konspirativer Weise mit Samir und den Archi-
tekten, die ja nicht von uns, sondern der Bauherrin mandatiert und bezahlt sind,
um herauszufinden, wo die Kinosäle am besten zu platzieren wären, damit eine
möglichst gute räumliche Bindung zu Geld und Geist besteht.
Am 23. März 2011 sitzen alle involvierten Parteien und Experten181 zum ersten Mal
gemeinsam am Tisch: Samir präsentiert sein 7 Gleise - Projekt, so wie Silvio und ich
vor gut anderthalb Jahren der Bauherrin Geld und Geist präsentiert haben. Er schil-
dert die momentane, antizipiert die zu erwartende Situation in der Kinobranche
und weist auf die grossen Chancen dieses Kinoprojekts an diesem Standort in der
Verschränkung mit Geld & Geist hin, die er mit einer Reihe von Thesen begrün-
det.182 Sein Plädoyer für das „Gesamtkunstwerk“ von 7 Gleise und Geld und Geist zeigt Wirkung. Zustimmende Bemerkungen machen - mit einer Ausnahme - die
Runde. Ich habe den Eindruck, dass Christian Faber sich in die Ecke gedrängt fühlt
durch die Übermacht von Freunden und Gleichgesinnten (Samir erwähnte die 20-
jährige Freundschaft mit Steff). Er bestreitet, dass die beiden Projekte zwingend
eine architektonisch-räumliche Einheit bilden müssen und bezeichnet unser Bestre-
ben gar als megaloman. Im provisorischen Layout befinden sich die Kinosäle und
die Räumlichkeiten von Geld und Geist in zwei verschiedenen Gebäudeteilen, die
nur über eine zwar überdachte, aber öffentliche Durchgangspassage und einen
öffentlich zugänglichen Innenhof miteinander verbunden sind. Steff hat den (stra-
tegisch glücklichen) Einfall und vergleicht die Situation mit dem Innenhof des
MoMA in New York, ein Innenhof, der auch für künstlerische Interventionen ge-
nutzt wird. Das geforderte Integral der beiden Projekte sei architektonisch nur zu
Kinolandschaft Zürich
erreichen, falls die Durchgangspassage räumlich geschlossen würde und damit eine
intime Innenhofsituation entstehe. Obwohl die öffentliche Passage einer behördli-
chen Auflage entspreche, wie Christian opponiert, hören wir nicht, dass diese For-
derung unumstösslich sei. So beauftragt er die Architekten doch etwas überra-
schend, unsere Wunschoption weiter zu bearbeiten und deren Kosten zu ermitteln.
Ob er mit einem positiven Eindruck die Sitzung verlassen könne resp. dürfe, fragt
Samir zum Schluss der Sitzung. Geld und Geist sei weiterhin gesetzt, so Christian
Faber, während 7 Gleise halt noch viele Fragen aufwerfe. Es existiere ja noch nicht
einmal ein Businessplan. Er nehme allerdings zur Kenntnis, dass das Kinoprojekt
auf ein Umfeld, wie Geld und Geist es bietet, angewiesen sei. Ein weiterer Termin
wird vereinbart.
7 Gleise
Geld und Geist
7 Gleise Geld und GeistGeld und Geist 7 Gleise
7 Gleise Geld und Geist
7 GleiseGeld und Geist
Geld und Geist
Geld-und-Geist
Art-House-Filme in der Stadt Zürich
Die Dichte an anspruchsvollen Kinos und Filmen in Zürich verblüfft in der internationalen
Filmbranche immer wieder alle professionellen Verleiher. Allgemein wird konstatiert, dass
Zürich nach London, Paris und Berlin die interessanteste und abwechslungsreichste Kino-
stadt Europas ist.
Zwei Unternehmen haben sich in der Stadt Zürich auf anspruchsvolle Studiofilme184 spe-
zialisiert. Es sind dies die «Arthouse»-Kinokette185 mit ihren Spielstätten im Altstadt- und
Innenstadtbereich um das Bellevue. Das zweite Unternehmen ist das Multiplex «RiffRaff»
mit den vier Kinosälen an der Neugasse im Kreis 5.
Daneben konzentriert sich das Kino «Xenix» am Helvetiaplatz, und das «Filmpodium»
beim Kaufleuten auf Reprisen und die spezielle Programmation von anspruchsvollen Fil-
men aus aller Welt. Dieses anspruchsvolle Publikum bringt auch immer wieder die Kinos
der Kitag-Gruppe186 dazu, anspruchsvolle Filme zu zeigen, wie auch im neuen Multiplex-
Kino «Arena» (mit 9 Sälen!) im Einkaufzentrum Sihlcity.
Zahlen und Aussichten
Die beiden grössten Ketten (Arthouse und RiffRaff) erzielen pro Jahr ca. 300'000-
400'000 Zuschauer, generieren also ein minimales Volumen an Eintrittsgeldern von min-
destens 6 Mio. CHF pro Jahr. Dazu kommen noch der Umsatz an Getränken, Snacks
und Süssigkeiten, der nicht zu unterschätzen ist.
art et essay Studio-FilmeArt-House-Movies
Movie 1 & 2 Le Paris Com-mercio Piccadilly Alba
ABC 1-4 Capitol 1-6 Corso 1-4 Metropol 1 & 2Abaton
Die Eintritte sind in Zürich in den letzten Jahren trotz eines weltweiten Einbruchs im Art-
House-Bereich stabil geblieben bzw. im Innenstadtbereich der «Arthouse»-Kinos leicht
rückläufig und haben schon zur angekündigten Schliessung des Kinos «Nord-Süd» ge-
führt. Es ist anzunehmen, dass auch das Kino «Frosch» der Kitag-Gruppe in der nächs-
ten Zeit geschlossen wird. Von dieser Verlagerung haben vor allem die «RiffRaff»-Kinos
an der Langstrassse profitiert, die jedes Jahr an Umsatz zulegen und den Rückgang im
Innenstadtbereich auffangen konnten.
Auch im Mainstream-Bereich geht die Branche davon aus, dass sich eine Verlagerung
der Zuschauer - weg von der Innenstadt - in andere Stadtteile stattfinden wird.
Soziologische Verschiebungen
Zürich hat sich in den letzten dreissig Jahren radikal verändert. Bis in die späten 80er
Jahre waren die Altstadt und ein Teil der Innenstadt die angesagten Orte, in welchem
sich die Jugend vergnügte bzw. in den «Ausgang» ging.
Durch den Niedergang der alten Industrien im äusseren Kreis 5 wurden viele Flächen
frei, welche seit den 90er Jahren oft von Musik- und Tanz-Clubs genutzt werden. Der
Kreis 5 (und mit ihm auch der Kreis 4) wurden dadurch immer mehr zur Ausgehmeile
der jungen Menschen. Damit begann auch der Niedergang der «Bohemien»-Struktur
der Altstadt von Zürich. «Bohemien» meint die grosse Gruppe von Studenten, Künstlern
und Freiberufler aus der Kreativ-Wirtschaft (Grafiker, Illustratoren, Medienschaf-
fende).187 Um diese Gruppe von Menschen entstand über Jahrzehnte hinweg eine Bar-
und Club-Kultur in der Altstadt, die innovativ, aussergewöhnlich und «in» wurde und
für die «Aussenstehenden» attraktiv schien, um sich an den Wochenenden dort aufzu-
halten.
Doch seit Anfang der neunziger Jahre, schloss ein Club nach dem anderen, so zuletzt
der legendäre Club «Hey» im Februar 2011. Ein neu gegründeter Club wie das «Mas-
cotte» am Bellevue bestätigt als Ausnahme die Regel.
Es ist kein Zufall, dass im Mainstream-Bereich zwei erfolgreiche Multiplexe diese Wand-
lung untermauerten: Das grösste und erfolgreichste Kino der Stadt ist das «Abaton»
beim Escher-Wyss-Platz, welches mit 12 Sälen und populären Mainstream-Filmen vor al-
lem das jugendliche Publikum der umliegenden Clubs («Exit», «Supermarket», etc.) be-
dient. Ende der neunziger Jahre gebaut, trug es nicht unwesentlich dazu bei, dass das
ehemalige Industriequartier im Kreis 5 nicht nur im Club-, sondern auch im Gastro- und
Wohnbereich chic wurde.
Zwanzig Jahre später wurde mit dem Kino «Arena» im Einkaufzentrum Sihlcity diese Er-
folgsgeschichte von einem anderen Unternehmen und in einem andern Stadtteil weiter-
geführt.
Damit diese kreativen Unternehmen alle gedeihen können, braucht es auch entspre-
chend soziale Schichten, die Interesse an aussergewöhnlichen Momenten in ihrem Aus-
gang haben. Das gilt auch für das Publikum im Art-House-Bereich.
Die Art-House-Kinos oder Studiokinos (wie sie in Deutschland genannt werden) rekrutie-
ren einen grossen Anteil ihres Publikums aus dem Umfeld der Studenten der verschiede-
nen Hochschulen (ETH, Uni Zürich, aber auch die vielen Fachhochschulen). Diese Gruppe
stellt (mit dem Lehrkörper) alleine in Zürich über 80'000 Menschen. Dazu kommt die
Schicht der professionellen Kreativen wie Grafiker, Werbefachleute und die Leute im au-
diovisuellen Bereich. Diese Gruppe stellt einen Fünftel der Beschäftigten in Zürich dar,
also nochmals ca. 80'000 Menschen. Interessanterweise decken sich diese Zahlen mit
den Eintrittszahlen der anspruchsvollen Filme der Studio-Kinos (laut Statistik gehen die
Schweizer durchschnittlich mehr als 2,1 Mal im Jahr ins Kino). Natürlich stellt diese
Schicht nur einen Teil aller Kinogänger dar, denn die gesamte Kinoindustrie könnte von
dieser Gruppe alleine nicht leben. Ein anderer grosser Teil des anspruchsvollen Studio-
kino-Publikums besteht der Erfahrung nach aus dem gebildeten Mittelstand, der durch
seine kulturelle Sozialisation in Literatur, Musik und Theater gegenüber den inhaltlich
und formal anspruchsvollen Filmen aufgeschlossen ist.
Geographie des Wandels
Mit dem Niedergang der Altstadt als Ausgehmeile für ein junges, anspruchsvolles Publi-
kum, das neugierig ist auf kulturelle Überraschungen, ging ein Aufschwung in den inne-
ren Teilen der Stadtkreise 4 und 5, vor allem an der Langstrasse, einher. Dies belegen di-
verse Neugründungen und Neuansiedelungen von Kunstgalerien, Buchläden, Boutiquen
und Cafés.
Mit der Übernahme und dem Umbau des «Volkshaus» und dem alten Strip-Club
«Longstreet» durch ein Team von innovativen Gastro-Unternehmern wurde die
Langstrasse endgültig «in». Im Kreis 5 profitierte vor allem die nähere Umgebung des
Kino «RiffRaff» und natürlich auch das Kino selbst von den neuen Zuschauerströmen,
die sich vor allem aus jungen Studenten und Akteuren der «Kreativ-Wirtschaft» zusam-
mensetzt. Aber auch das jugendliche Team des Hotels «Limmathaus» hat mit ihrer Disco
und den Hip-Hop-Konzerten den Wandel des inneren Kreis 5 beschleunigt.
Seit die Gruppe um das «Mascotte»-Team das ehemalige Kino «Plaza» an der Ecke Ba-
denerstrasse-Langstrasse übernommen und zu einem Musik- und Event-Club ausgebaut
hat, stehen die beiden Eckpunkte der Ausgehmeile an der Langstrasse: Vom Limmat-
platz bis zur Badenerstrasse haben sich in der Zwischenzeit in allen Quergassen neue
Clubs, Restaurants und Bars etabliert. Vom Club «Zukunft» bis zum Restaurant «Mister
Blunt», vom «Liquid» bis zur Rum-Bar «63», und wöchentlich kommen neue hinzu.
Diese Clubs und Bars werden hauptsächlich von Studenten, Schülern und Akteuren der
«Kreativ-Wirtschaft» besucht. Was dieser Klientel noch fehlt, sind weitere Kinos mit an-
spruchvollem Programm, denn an den Wochenenden sind die «RiffRaff»-Kinos meist
ausgebucht.
Notwendigkeit eines neuen Treffpunktes
Der neue Stadtteil neben den Geleisen mit seiner «Europaallee» schlägt nun eine direkte
Linie vom Hauptbahnhof, dem Ankunftsort Nr.1 der Agglomeration Zürich (und natür-
lich auch der Innenstadt) in die neue Ausgehmeile der «Bobos».
Am Schnittpunkt dieser beiden Strassen (Langstrasse und Europaallee) einen Treffpunkt
und einen «Hotspot» mit Kaffeehaus, Bar, Restaurant, Buchladen und Kinos zu kreieren,
stellt eine einmalige Chance dar, mehr zu machen als nur eine finanziell ertragreiche Lie-
genschaft zu bewirtschaften.
In einer über Jahre hinweg überwiegend harmonisch, einvernehmlich und vertrau-
ensvoll sich fortbewegende und bewährende Projektgemeinschaft zweier Freunde
verändert der Neue, der Dritte im Bunde die psychosoziale Konstellation einschnei-
dend und setzt auch auf der persönlichen Ebene eine folgenreiche Dynamik in
Gang. Schon während der wechselvollen Phasen, in denen wir ohne äusseren
Druck unser Projekt verfolgten, hatte es einige Momente gegeben, in denen ich
Silvios Motivation für die gemeinsame Sache vermisste und den Eindruck hatte, er
konzentriere sich nur noch auf die mühsamen und negativen Aspekte des Vorha-
bens. Darauf angesprochen, bestätigte er in der Regel meine Empfindungen, er-
klärte sein gezügeltes Engagement aber mit projektfremden Ursachen, beruflichen
Belastungen und familiären Problemen. Nur einmal räumte er ein, dass seine Zu-
rückhaltung mit der Unsicherheit über die Rolle zu tun haben könnte, die er bei
Geld und Geist einnehmen resp. welche Kompetenzen er überhaupt einbringen
könne. Geld und Geist sei ja vor allem ein kulturelles Projekt (also mein Ding), und
er sei Manager und Ingenieur. Ich erinnere mich gut, dass wir uns im Verlauf dieses
Gespräches darauf einigten, jeder von uns beiden sei jederzeit frei, aus welchen
Gründen auch immer, sich aus dem Projekt zurückzuziehen, ohne unsere Freund-
schaft damit aufs Spiel setzen zu müssen. Silvio gesteht, dass er im Falle meines
Ausstiegs alleine nicht weitermachen würde. Wie ich mich umgekehrt entscheiden
würde, kann ich - zu diesem Zeitpunkt - nicht sagen. In solchen Aussprachen ge-
lang es uns jeweils, das gemeinsame Moment wiederzugewinnen und uns neu zu
motivieren.
Mit Samir kommt Silvio nicht zurecht. Zwei ganz unterschiedliche Temperamente,
in gewissem Sinne Antipoden: Silvio verhält sich in sozialen Situationen geschäftli-
cher Art, in Sitzungen und Verhandlungen, ruhig und zurückhaltend, um Sachlich-
keit bemüht. Er ist pflichtbewusst, pünktlich und äusserst effizient. Samir dagegen
zeigt seine Emotionen, kann impulsiv und aufbrausend sein, auch mal im Zorn die
Sitzung verlassen. Gleichzeitig kann er mit seinem Witz und Charme eine Runde
aber auch in seinen Bann ziehen. Seine Impulsivität, Spontaneität und gelegentli-
che Unzuverlässigkeit machen eine geordnete Zusammenarbeit mit ihm nicht im-
mer einfach. Silvio fühlt sich nicht wohl mit Samir. Am Pfingstmontag 2011 treffen
wir uns bei Silvio zuhause. Wir haben zum ersten Mal Zeit und Gelegenheit, meh-
rere Stunden uns dem gemeinsamen Projekt zu widmen. Zuerst aber sprechen wir
über uns. Wer sind wir, welche Erwartungen verbinden wir mit KOSMOS, in wel-
cher Rolle sehen wir uns, was heisst es für uns, dass wir hier in Anbetracht unserer
Lebensalter eine Art „Altersprojekt“ beginnen, wie wollen wir uns organisieren,
usw. Wie meistens ist Samir offen und gesprächig, interessiert sich für unser beider
Vergangenheit, erzählt von sich, lässt Musik auf seinem Laptop laufen, gibt sich
ganz unkompliziert. Ich spüre lebhaft, wie das Silvio missfällt, wie Samirs extraver-
tiertes Verhalten ihm unbehaglich ist, eine Grenzüberschreitung. Mir selbst ist es
zunehmend unwohl im Sandwich zwischen den beiden. Da ich Silvio schon so
lange kenne, kann ich seine Vorbehalte und Widerstände nachvollziehen, anderer-
seits schätze und bewundere ich immer wieder die ingeniösen Facetten von Samirs
Persönlichkeit. Im direkten Kontakt und Gespräch fühle ich mich mit beiden wohl
und entspannt. Wenn wir zu dritt sind, versuche ich es beiden rechtzumachen, was
auch nicht weiterhilft. Auch Silvio sieht ein, dass wir einen Weg finden müssen, zu
dritt klarzukommen, wenn wir KOSMOS188 (und nicht nur Geld und Geist) realisie-
ren wollen.
Geld und Geist 7 Gleise
Mit dem Grundsatzentscheid der SBB Immobilien, Samirs Kinoprojekt vorläufig
weiterzuverfolgen und intern zu prüfen, geht der Auftrag an das Architekturbüro
e2a einher, eine entsprechende Machbarkeitsstudie zu erstellen. Da eine Kinonut-
zung mit mehreren Sälen im ursprünglichen Architekturentwurf nicht vorgesehen
war, stellt sich die Frage zwangsläufig, ob eine Umsetzung der Idee im Rahmen der
geplanten Gebäudestruktur überhaupt vorstellbar und lösbar ist. Samir formuliert
die Parameter: Für die Wirtschaftlichkeit eines Kinobetriebs sind mindestens 7 Säle
erforderlich, davon zwei grosse mit ca. 250 Plätzen, zwei mittlere mit jeweils 100
und drei kleinere mit ungefähr 50. Dazu kommen anspruchsvolle Anforderungen
an die Architektur der einzelnen Kinoräume: Freiheit von Stützen, grosse Raum-
höhe infolge der Notwendigkeit von geneigten Zuschauertribünen, möglichst
grosse wandausfüllende Projektionsflächen sowie eine angenehme Raumtempera-
tur und Luftqualität angesichts fehlender Fenster. Beim geplanten Gebäudekom-
plex sind diese Voraussetzungen besonders schwer herzustellen. Über den Kinosä-
len, die sich im Untergeschoss des Gebäudes befinden, wird sich ein
zwölfgeschossiges Hochhaus erheben, das ein entsprechendes Fundament be-
dingt, wofür grosse Spannweiten zwischen den tragenden Elementen ein Hinder-
nis sind. Darüber hinaus erzwingen die Raumhöhen eine teilweise Versenkung der
Bodenplatte im Grundwasser, was bewilligungstechnisch zum Problem wird. Die
grösste planerische Herausforderung stellt die Geometrie der Kinosäle und deren
Platzierung im vorhandenen Perimeter dar. Auch unsere Forderung nach einer
räumlichen Integration der beiden ursprünglichen Konzepte in ein gemeinsames
Objekt lässt sich nicht ohne weiteres bewerkstelligen. In einer Sitzung mit allen
Beteiligten unterbreitet Wim Eckert am 12. April 2011 seine (erste) Machbarkeits-
studie, für die er höchstes Lob erntet. Es ist ihm gelungen, die von Samir geforder-
ten sieben Säle „unterzubringen“, drei im Erdgeschoss, die restlichen im ersten
resp. zweiten Untergeschoss. Ein Arthouse-Multiplex sei nicht einfach zu realisie-
ren, so Wim, aber möglich. Und Christian Faber anerkennt, dass 7 Gleise und Geld und Geist räumlich-architektonisch zu verbinden sind. An der Stelle des öffentli-
chen Durchgangs soll nun eine grosszügige Eingangszone entstehen, in der sich
die Besucher/Gäste für eine der beiden Angebote entscheiden können. Auch Sa-
mirs Wunsch nach einer ausladenden Freitreppe, die zu den Kinos führt und den
Auftritt der Kinobesucher inszenieren würde, scheint planbar. Das Kinoprojekt
wird, so einigt man sich, von den Architekten weiter entwickelt. „In der Weiterbe-
arbeitung wird nochmals das Raumdispositiv gefestigt. Dabei soll ein spürbares Zu-
sammenwachsen von Geld und Geist die Orientierung der Kinosäle untersucht
werden“ (Sitzungsprotokoll vom 12.04.2011). Es folgen die Machbarkeitsstudien
2 und 3. Im Protokoll der nächsten Sitzung vom 03.05.2011 steht: „Das Kino-Pro-
jekt hat ... bei Samir, Geld & Geist und SBB grosse Unterstützung. Dabei hat die
Integration der Räumlichkeiten von Geld & Geist und dem Kino zu einem gemein-
samen Projekt immer grössere Bedeutung ... Aus Sicht der SBB kann mit dem vor-
liegenden Dokument [Machbarkeitsstudie 3] die architektonische Machbarkeit
nachgewiesen werden“.
Europaallee
Wir planen unser Projekt nicht auf der grünen Wiese. Wir haben Nachbarn und
Konkurrenten. Dass zu Kosmos ein Arthouse-Multiplex gehören soll, erweist sich
in mehrerer Hinsicht als pièce de résistance. Dabei ist die Situation zwiespältig. Ei-
nerseits werden in der Öffentlichkeit und den Medien immer häufiger eine Krise des Kinos198 (Rückgang der Besucherzahlen, Schliessung von Kinos) diagnostiziert
und deren mutmassliche Ursachen benannt (technologische Veränderungen, ver-
ändertes Freizeitverhalten, Konkurrenz durch Fernsehen und andere audiovisuelle
Formate, Heimkino etc.), andererseits sind im KOSMOS-Projekt sechs neue Kino-
säle vorgesehen, und auch die RiffRaff-Gruppe199 plant an der Kalkbreite in Zürich
ein Miniplex mit fünf weiteren, aber eher kleineren Sälen. Es trägt den Namen
Houdini und eröffnet im Sommer 2014. In den Monaten zuvor wird das Thema an
zwei öffentlichen Veranstaltungen diskutiert.200 Die erste und kleinere der beiden
findet am 16. Januar 2014 in einem Provisorium des Neubaus Kalkbreite statt, ei-
nem grösseren Gebäudekomplex mit Wohnungen, Gewerbe- und Ladenlokalen,
der auch die neuen Kinosäle und die Bar des Houdini beherbergen wird. Das Thema
der Podiumsdiskussion lautet: „Neue Kinoprojekte im Kreis 4: Kino-Vielfalt oder
Kannibalisierung?“ Am Podium nehmen Frank Braun, der Geschäftsführer der
Neugass Kino AG,201 Eric Staub vom Xenix202 und ich teil. Auf der Website der SP
der Stadt Zürich, die zur Podiumsdiskussion eingeladen hat, steht: „Zwei Kino-Pro-
jekte sind im Kreis 4 geplant. Houdini, die Dépendance des Riffraffs in der Kalk-
Das Kino ist tot – lang lebe das Kino.Kinolandschaft Zürich.
RiffRaffBourbaki
HoudiniXenix
breite und ein grösseres Arthouse-Multiplex an der Lagerstrasse. Sind die neu ge-
planten Projekte eine willkommene Ergänzung oder Konkurrenz zu Xenix, Uto
und Riffraff? Und wie viel Zukunft hat das Kino überhaupt noch?“ Die Diskussion
oszilliert zwischen lokal und global, zwischen der Frage, ob und wenn ja, worin
sich die beiden Kinoprojekte unterscheiden und in welcher Weise sie die Zukunft
des Kinos interpretieren und zu antizipieren versuchen. Alle drei Teilnehmer be-
grüssen Vielfalt. Frank Braun macht allerdings keinen Hehl daraus, dass für ihn
Houdini der richtige oder zumindest der bessere Zukunftsentwurf ist. Kosmos habe
zu grosse Säle, das Projekt sei gigantomanisch. Er setze mit Houdini auf kleine Säle,
auf überschaubarere und angemessenere Proportionen. Ich frage mich, ohne die
Frage auszusprechen, warum er öffentlich Stellung gegen unser Projekt bezieht?
Fürchtet er etwa doch eine Konkurrenz, die er in der Diskussion explizit verneint?
Mit Samir, der im Publikum sitzt und sich zu Wort meldet, trägt er einige Wortge-
fechte aus. Unter anderem wirft er ihm/uns vor, wir hätten ihn erst spät zu einer
,Audienz empfangen‘ um ihn über unser Projekt zu informieren.203 Waren wir dazu
verpflichtet? Hat er uns über Houdini informiert? In diesen affektgeladenen Mo-
menten erscheint plötzlich ein Subtext, der vom unternehmerischen Wettbewerb
und den damit verbundenen Strategien, Hoffnungen und Ängsten handelt.
Zweieinhalb Monate später findet erneut ein Podiumsgespräch zum annähernd
gleichen Thema statt: „Die Zukunft der Kinostadt Zürich: Vielfalt oder Verdrän-
gung?“, diesmal im Kino Xenix, diesmal mit Samir auf dem Podium, ich sitze im
Publikum.204 Das Xenix hat 111 Sitzplätze, der Saal ist bis zum letzten Platz besetzt.
Einige müssen stehen. Neben vielen Filmemachern sind auch etliche Kinobesitzer
extra aus Bern, Basel, St. Gallen, Baden und Winterthur angereist und dazu prak-
tisch alle Vertreter der Deutschschweizer Art-House-Filmverleiher. Christian Jungen
gruppiert die Diskussion um drei Themen-Blöcke. Zuerst stellen alle Podiumsteil-
nehmer ihre Kinobetriebe resp. ihre neuen Projekte vor, dann wird gefragt, ob es
dafür überhaupt genug Publikum gibt, und schliesslich steht die Zukunft der Ki-
nobranche zur Diskussion. Die Auswahl der nachfolgenden Zitate folgt der zu Be-
ginn dieses Kapitels skizzierten Perspektive.205 Frank Braun beschreibt zuerst die
Motive der RiffRaff-Betreiber im Zusammenhang mit ihrem neuen Kinoprojekt:
Wir wollten nicht stehen bleiben, es hat uns immer wieder beschäftigt... also
nicht der Zwang zum Wachstum hat uns beschäftigt, sondern wie kann man
sicherstellen, dass in Zukunft wirtschaftlich tragfähige Strukturen für einen Ki-
nobetrieb realisiert werden können. [...] Das neue Projekt, das jetzt wirklich
auch schon sichtbar ist, ist ein Gebäude, das uns jetzt die Sicht zum Sonnenun-
tergang versperrt, wenn man auf der Badenerstrasse steht... Das ist, abgesehen
davon, aber ein sehr positives Projekt. Es ist ein neu entstehender Lebensraum
im der Stadt. Ich sage bewusst Lebensraum, weil es nicht nur Wohnungen be-
inhaltet, sondern zuerst einmal ein Tramdepot, aber ebenerdig gibt es quasi als
Kranz rundherum kleingewerbliche Nutzungen. Die Genossenschaft, die das
aufbaut und realisiert, ist an uns herangetreten und hat uns einen Teil dort an-
geboten. Wir haben uns ernsthaft überlegt, was man an diesem Ort machen
kann, wenn man Kino machen will, so wie wir das Gefühl haben, dass es er-
folgreich sein soll, und haben aus den bereits gesammelten Erfahrungen heraus
auf diesen Standort hin ein Kinokonzept, ein sogenanntes Miniplex adaptiert.
Es besteht wiederum aus Gastronomie, aber diesmal nicht aus der üblichen Kas-
kade eines grossen Saales zu kleinen Sälen, sondern es ist radikal zugunsten
einer Vielfalt, zu der wir uns entschieden haben, dass wir möglichst viele Säle
dort hineintun. Wir haben also fünf Säle, fünf Leinwände dort drin, und wir
werden eine überschaubare Anzahl Sitzpätze haben, die geht von 32 Sitzplätze
im kleinsten Saal bis zu 54 Plätzen. Insgesamt sind es rund 200 Plätze.[...] Ich
[bin] sowieso überzeugt, dass neue Strukturen von Kinos generell einen Vorteil
haben. Und das sind Konzentrationen von mehreren Leinwänden. Das hat na-
türlich auch noch ökonomische Vorteile für den Betrieb selber, aber dass das
jetzt zum Beispiel so positiv ausgeschlagen hat gegen den üblichen Trend,206
das ist nicht nur ein Glücksfall, sondern ich sehe das als Indiz, dass es in Zukunft
eine Umlagerung gibt innerhalb der Branche, ein Strukturwandel im Gang ist,
bei dem gewisse verlieren und andere werden gewinnen.
Der Moderator Christian Jungen nimmt den Faden auf und fragt, was sich KOS-
MOS überlegt habe, um zu den Gewinnern zu gehören. Samir schliesst sich Franks
Überlegungen an („Eigentlich kann ich alles unterschreiben, was Frank schon ge-
sagt hat. Wir glauben daran, dass es neue Strukturen braucht, damit das Publikum,
das wirklich am Film interessiert ist, und ich glaube per se, dass das eigentlich alle
sind...“) und erklärt dann:
Als mein Freund Bruno sein Café, oder ist es ein Buchladen, was ist es jetzt, dort
draussen am Escher Wyss aufgemacht hat, sphères, haben alle gesagt, du
spinnst, ja, und noch jetzt kommen dort Leute hin und fragen, wie funktioniert
das? Wie kann das funktionieren? Kommen die Leute wegen des Cafés und
dann kaufen sie Bücher, oder kommen sie Bücher kaufen und kommen sie ins
Café? Und sie haben es immer noch nicht kapiert. Das ist nicht so eine einfache
Rechnung. Es ist der Ort, den man kreiert. Und das ist das, was zählt.[...] Wir
wollen nicht einfach ein Kino machen. Wir wollen einen Ort schaffen. Einen
Ort, an den man kommt, wenn man ein Buch kaufen will. Wenn man kein Buch
kaufen will, trinkt man einen Café, und dann sieht man vielleicht das Kinopro-
gramm. Oder man weiss, so wie man auch ins RiffRaff geht, zu meiner Verblüf-
fung hat sich das wirklich geändert gegenüber vor 10, 15 Jahren. Die Jungen,
die neben mir in der Schlange stehen, die wissen noch nicht, was sie schauen
werden, sie schauen in der Auswahl, weil sie wissen, da hat es einen Super-
Kurator, der ein tolles Programm macht, und irgendeiner dieser Filme wird es
dann schon bringen für uns. Diese Art der Ausgangsmentalität ist heute einfach
eine Realität, und das wollen wir auch so bedienen. Das heisst, wenn Leute
kommen, um Musik zu hören, dann wissen sie, dort gibt es auch ein Kino. Und
dort gibt es auch Bücher. Dann kann ich auch noch etwas Leichtes essen. Ich
kann Freunde treffen. Denn Freunde treffen und mit Menschen zusammen sein,
das ist die Basis, um ins Kino zu gehen. Das muss man heranbilden. Wir haben
keinen Ort in dieser Stadt, der eigentlich ein Treffpunkt ist, ausser, ich sag jetzt
mal, am Stadelhofen, wo sich die Leute durch die Verkehrssituation durchmi-
schen und treffen. Frank hat einen Treffpunkt geschaffen.
Nachdem die Gewinner/Verlierer-Kategorie platziert ist, fragt der Moderator Beat
Käslin von der Arthouse-Gruppe, die erstens aktuell kein neues Kino-Projekt ver-
folgt und zweitens (nur) einzelne Kinos und keine Mini- resp. Multiplexe in der
Innenstadt betreibt, ob er sich nun zu den Verlierern zähle.
Das mag manchmal so aussehen, aber wenn ich durchs Niederdorf laufe, denke
ich doch, es hat dort noch mehr Fondue-Stuben. Also ich glaube, in der Innen-
stadt sind wir sehr stark, zwischen Bellevue und Central mit unseren Sälen. Wir
haben mit dem Le Paris eigentlich ein Flagship in Zürich, der bestbelegte Saal.
Ich denke, wir haben gute Karten. Ich denke auch, das Bellevue, der ganze Be-
reich Stadelhofen hat in den letzten Jahren, vielleicht fünfzehn Jahren, sehr an
Attraktivität gewonnen. Es ist nicht nur im Kreis 4 und 5 viel passiert, sondern
auch in diesem Bereich. Davon profitieren wir auch. Ich denke auch, klar, eure
Säle sind eine gewisse Konkurrenz für uns, aber wenn ich... deshalb habe ich
am Anfang gesagt, wir sind halt vor allem limmatrechtsuferseitig, wenn ich
sehe, es gibt jetzt eine Massierung am Bahnhof, an der Langstrasse, Kreis 5, mit
euern Sälen, glaube ich, dass die Ausmarchung des Publikums eher unter den
Sälen in diesem geographischen Gebiet passieren wird als dass es bei uns wahn-
sinnig viel abzieht. Also zu deiner Frage: Ich glaube nicht, dass wir der Verlierer
sind.
Anschliessend macht Beat noch auf einen weiteren Vorzug ihrer Kinobetriebe auf-
merksam.
Also, in erster Linie wollen die Leute den Film sehen. Dann suchen sie sich ein
Kino aus, wo es ihnen wohl ist, vielleicht auch von der Lage her, wo ist es gerade
am besten, und, da haben wir jetzt noch gar nicht gross darüber gesprochen,
es hat mit der Kuratierung des Programms zu tun, mit der Auswahl, mit dem
Vertrauen, das die Kundschaft in unsere Filmauswahl hat, dass sie bei uns die
Filme findet, die ihr entspricht. Damit schafft man eine Marke. [...] Es stimmt,
dass wir mit unseren Einzelsälen in der Innenstadt ein Handicap haben, weil wir
nicht so gut herunterspielen207 können. Aber wir haben mit unseren Sälen, wie
ich denke, auch architektonische Juwelen, vielleicht nicht mehr aus der heuti-
gen Zeit, sondern aus einer anderen Zeit, aber diese Säle sind sehr beliebt, sie
haben eine Atmosphäre, sie haben eine Glaubwürdigkeit, sie haben eine Aus-
strahlung, Charme, und ich denke, das ist es auch, was die Leute suchen, ein
Aufgehoben-Sein, ein Sich-Wohl-Fühlen, und insofern, wenn man das alles
kombiniert, eine gute Filmauswahl, eine Glaubwürdigkeit, eine gute Atmo-
sphäre, toller Service, dann wird ein Le Paris überleben. Das ist für mich keine
Frage. Das ist in Zürich schon fast eine Institution, dieses Kino, wenn man her-
umhorcht, wird immer wieder gesagt, es ist mein Lieblingskino in Zürich. Von
daher stelle ich mir diese Frage gar nicht.
Aus dem weiteren Diskussionsverlauf werde ich nun noch jene Sequenzen wieder-
geben, in der die beiden Kinoprojekte resp. deren Repräsentanten mehr oder we-
niger kontradiktorisch aufeinandertreffen. Nach welchen Faktoren, so die Frage,
wählt der/die Kinobesucher/in sein oder ihr Kino aus?
Samir: Die Herausforderung wird auf jeden Fall sein, einen Ort zu bieten, an
dem die Leute sich wohl fühlen. Und das ist entscheidend dafür, ob man dann
in dieses Kino geht oder nicht. Davon bin ich überzeugt. Also wenn ich in an-
deren Städten schaue, welche Kinos funktionieren und welche nicht, dann
wundert man sich. Da gibt es Kinos an den besten Örtlichkeiten, die einfach
nicht laufen. Da merkst du, da steckt niemand dahinter, der sich darum küm-
mert, was man darum herum machen könnte, was da entstehen könnte. Ich
glaube, das ist das, was entscheidend ist für den neuen Ort, den wir machen.
[...] Wir liefern Inhalte, und das ist das, was uns da vielleicht auch unterscheidet.
Wir haben einen Ort, an dem das Kino nicht allein der entscheidende Moment
ist, sondern das, was auch noch da ist. Und das ist das, was die Leute auch
bewegen soll, dorthin zu kommen. Dazu sind wir noch in der neuen Kinomeile.
Von daher bin ich extrem froh, dass vom Houdini bis zum RiffRaff da alles hin
und her...
Christian Jungen: Bis du eigentlich auch froh, dass er jetzt kommt mit seinem
Kosmos [Lachen im Publikum] so nah am RiffRaff?
Frank Braun: Ich glaube es erst, wenn ich es sehe [Lachen im Publikum]... Im
Moment beschäftigt mich das nicht so, weil mich unsere Agenda fordert. Wir
sind überzeugt, dass die Sachen, die wir realisieren können, dass die funktio-
nieren können. Noch schnell zu dem, was Beat gesagt hat. Es ist schon richtig,
dass die Leute auch wegen des Films kommen. Ich bin immer mehr der Meinung
aus unseren Erfahrungen heraus, dass es aber kippen kann. Du hast das vorhin
angetönt vom ,in der Schlange stehen‘. Die Leute wählen immer mehr den Ort
aus. Und vor allem, wenn man... durch die Digitalisierung wurde das noch ver-
stärkt, wenn die Filme immer flächendeckender gleichzeitig starten, wählen die
Leute... also sie sind nicht mehr gezwungen, in das Kino zu gehen, in dem der
Film exklusiv spielt, sondern sie entscheiden sich dann für den Ort. [...] Ich muss
nochmals sagen, der Ort wird immer wichtiger, und zum Ort gehört nicht mehr
nur das Kino, der Film, sondern mehr.
Werden in den neuen Kino-Projekten die Kinosäle auch für andere Zwecke ge-
nutzt?
Samir: Also nicht unbedingt Eishockey und Fussball[übertragungen]. Aber alles
andere ist... Also wir machen multifunktionale Säle, in denen man auch Kon-
zerte machen kann, ohne dass der Kinobetrieb in den anderen Sälen gestört
wird, so wie es früher das Corso auch gemacht hat.
Frank Braun: Aber grundsätzlich ist das für mich der Ausdruck einer Krise, dass
es effektiv nicht mehr gelingt, diese Säle auszulasten. Und das macht man,
wenn man es beobachtet, wirklich in den grossen Sälen. Die haben ein Problem
in der Auslastung.
Bis kurz vor Schluss verläuft die Diskussion in ruhigen Bahnen. Die Akteure setzen
zwar unterschiedliche Akzente, sind sich in der Beurteilung der Entwicklungen in-
nerhalb der Kinobranche aber nicht vollständig uneinig. Dann kommt es doch noch
zu einem kurzen, affektgeladenen, und für den atmosphärische Binnenzustand der
beiden Akteure durchaus symptomatischen Wortwechsel:
Samir: Ein Hintergedanke ist natürlich auch, zusammen mit den [Film-]Verlei-
hern, dass wir hoffen, dass durch diese Säle auch längere Laufzeiten möglich
sein werden.[...] Ich habe eher das Gefühl, wenn es zum Glück auch noch das
Houdini gibt, dass es dann mehr Möglichkeiten gibt, mehr auszuspielen.
Frank Braun: Wir sprechen da von ganz unterschiedlichen Ligen. Houdini hat,
wie am Anfang gesagt, rund 200 Plätze. Das hat Platz in einem deiner Säle. Wir
werden dort anders und mit mehr Souplesse programmieren. Das ist klar. Auf
kleinerem Feuer kochen. Ehrlich gesagt, wir haben auch schon darüber gespro-
chen und wir sind deshalb aneinandergeraten, ich habe das Gespräch zu dir
gesucht. Es war so, dass ich zu Samir gehen musste, um herauszufinden, ob da
jetzt wirklich etwas dran ist.208 Ich habe es nicht gern, wenn man in den Medien
verkündet, wir sind im besten Einvernehmen mit den anderen, weil wir so offen
und transparent miteinander umgehen... Aber was ich....
Samir (erzürnt): Nein, nein, nein.
Frank Braun: Du kannst nachher noch reden, Samir.
Samir: Nein, nein, das bleibt sonst hängen. Eines muss ich sagen, du hast über
deine Hinterwege [FB spricht dazwischen] herausgefunden [FB: Ja, zum Glück],
nein, wir wären sowieso zu dir gekommen. Du gehst von einem grundsätzlichen
Misstrauen aus. Wir mussten das Projekt lancieren und lange auf kleinem Feuer
kochen, weil die SBB... wir mussten das Projekt ihnen gegenüber zuerst durch-
setzen. Und wenn das zu früh an die Öffentlichkeit gegangen wäre, dann wäre
vielleicht das ganze Projekt hops gegangen. Und das würde ich dann gerne
einmal von dir zugute gehalten haben, dass wir hier mitgeholfen haben, eine
gute Kinolandschaft aufzubauen und einen Ort zu schaffen, der das Quartier
aufwertet, und einen Ort schaffen, der die Inhalte aufwertet... [FB: Ihr wertet
nicht das Quartier auf, sondern ihr versucht, die Europaallee aufzuwerten, sorry,
das ist nicht das Gleiche]. Nein, nein, nein. Das ist dein Wunschgedanke, uns in
diese Ecke zu drücken [Lachen im Publikum], aber ich garantiere dir, dass wir
dort einen Ort schaffen werden, wo Diskussionen stattfinden, wo Gespräche
stattfinden, wo eine Auseinandersetzung über Themen stattfindet, und nicht
nur einfach konsumiert wird. Das ist das, was wir machen wollen...
Frank Braun: Das habe ich nicht gesagt.
Samir: Aber ich sage das jetzt.
Und die Erregung flackert wieder ab, eine andere Frage steht zur Diskussion. Der
Moderator schliesst mir der Bemerkung: „Es ist jetzt doch noch einigermassen gut
gegangen“, worauf das Publikum herzhaft lacht. Offensichtlich ist der Zündstoff,
der für die beteiligten Akteure in den Sachfragen steckt, nicht verborgen geblie-
ben.
Es versteht sich von selbst, dass die oben zitierten Passagen nur eine spezifische,
im Hinblick auf die nun folgenden Überlegungen getroffene Auswahl der in den
anderthalb Stunden gemachten Aussagen und thematischen Aspekte wiederge-
ben. Ich werde im Exkurs des nächsten Kapitels den einen oder anderen Diskussi-
onsbeitrag noch einmal aufnehmen.
Schuhcafé Buch und TuchBuch und Wein sphères, bar buch & bühne
Xenix
Prime-Tower Frau Gerolds Garten
Der 21. September 2011 markiert einen der weitreichendsten Wendepunkte der
Projektgeschichte von Geld und Geist resp. KOSMOS. Nach drei ereignisreichen
und turbulenten Tagen, in denen wir drei „unsere“ Firma gegründet und notariell
haben beglaubigen lassen, eine Verhandlung mit der Bank nicht das von uns er-
hoffte Ergebnis gebracht und der Projektleiter der SBB Immmobilien uns schliesslich
ultimativ zur Unterzeichnung des Mietvertrages gedrängt hat, womit die Zahlung
einer erheblichen Mieterkaution und andere finanzielle Verpflichtungen und Risi-
ken unsererseits verbunden sind, zieht sich Silvio aus dem gemeinsamen Projekt
zurück. Die Szene, die sich unmittelbar nach dem dritten Ereignis abspielt und in
der uns Silvio seinen Entschluss mitteilt, ist affektgeladen. Heftige Worte werden
gewechselt. Wir verabschieden uns konsterniert. Am Tag darauf erhalte ich von
Silvio ein Mail, in dem er seinen Ausstieg noch einmal begründet. Einen Monat
später folgt noch ein weiteres Mail. Ende November treffen wir uns zu einer län-
geren Aussprache. Die folgenden Zitate beziehen sich vor allem auf die betriebs-
wirtschaftliche Argumente, die seinen Ausstieg motiviert haben. Andere für ihn
relevante Aspekte seines Entschlusses sind hier wenig oder nicht erwähnt.
Wann ist der richtige Zeitpunkt zum Abbruch eines Vorhabens? Das ist ein heik-
ler Punkt und ich habe die Frage so beantwortet: wenn ich merke, dass eine
Fortführung die Sache verschlimmert und solange ich die Entscheide noch sel-
ber treffen kann. Nach meiner gestrigen Risikoanalyse habe ich die Reissleine
zu spät gezogen; allerdings habe ich schon sehr früh offen und transparent
kommuniziert, welche Risiken ich wie einschätzte; habe tagelang Businesspläne
simuliert und Tabellen erstellt, aus denen sichtbar wurde, dass wir nur mit
„best-best case“ überleben können, selbst bei - wie sich vorgestern heraus-
stellte - phantastischen Finanzierungskonditionen. Die ZKB-Sitzung hat das Fass
zum überlaufen gebracht. Ein späterer Ausstieg wäre für alle schmerzhafter und
teurer geworden. Das war für mich nicht mehr verantwortbar (Mail vom
22.09.2011).
Im zweiten, etwa einen Monat später eintreffenden Mail geht Silvio noch vertiefter
auf seine Beweggründe ein.
Der berühmte Tropfen, der das Fass zu Überlaufen brachte, war der Besuch bei
der ZKB. Es wurde dort schlagartig klar, dass wir zwei gewichtige Elemente zu
erfüllen hatten, die sowohl unsere (meine) Liquidität als auch den Businessplan
enorm strapazieren würden. Zum einen wurde eine Eigenkapitalquote von 40-
50% gefordert (4-5 Mio. CHF) und zum anderen wurde ein Rückzahlungsfrist
von 5-7 Jahren verlangt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die ZKB - bei Erfüllung
dieser Bedingungen – einen Kredit sprechen würden, schätzten die ZKB Exper-
ten auf weniger als 50%. Nach meiner Einschätzung ist damit der ohnehin
schon sehr optimistische Businessplan nicht mehr vertretbar; d.h. für mich wäre
das Eintreten auf diese Forderungen schon aus betriebswirtschaftlichen Grün-
den unverantwortbar. Der Begriff „Himmelfahrtskommando“ ist mir an diesem
Dienstag in den Sinn gekommen.
Zum Businessplan möchte ich nochmals festhalten, dass ich bereits im Sommer
mehrmals moniert hatte, dass er überall „best case“ Annahmen enthielt
(„würde, könnte, söllte“), die in der Summe bereits sehr unrealistisch wurden.
Dazu zählen: der ansonsten stagnierende Kinomarkt soll im Studio-Kinobereich
bis im Jahr 2016 um 30% wachsen. Eine Begründung fehlt. Von diesem Bereich
soll Kosmos 50% (!) Marktanteile erobern; praktisch über Nacht. Die Konkur-
renz unternimmt gegen diesen Trend nichts; d.h. sie macht einen Konkurs nach
dem anderen. Der Gastroumsatz pro FTE ist bei Kosmos 40% höher als im Bran-
chendurchschnitt. Trotz diesen sehr optimistischen Annahmen, hätte Kosmos
erst nach 5 Jahren (d.h. im Jahre 2021) einen echten „break even“ erzielt; d.h.
das Integral der Betriebsergebnisse würde dann positiv. Mit den neuen Rück-
zahlungsklauseln wäre dieser in weite Ferne verschoben. Durch die kurzen
Rückzahlungsfristen würde Kosmos aber eindeutig bereits nach dem ersten Be-
triebsjahr in die Überschuldung gemäss OR 725ff abdriften. Neue Kredite zur
Tilgung der Zinsen und Amortisationen würden nötig. Selbst wenn diese durch
Äufnung von neuem Eigenkapital umgangen werden könnte, wäre das nach
meinem Ermessen ein unredliches Verhalten. Auch dieses neue Eigenkapital
müsste nämlich bedient werden; noch höhere Erträge müssten die noch höhe-
ren Zinsen tilgen; Griechenlandeffekt. Hierfür ist der Begriff „kriminelle Ma-
chenschaft“ meiner Ansicht nach zutreffend.
Unabhängig von diesen Einschätzungen war für mich aber ebenso klar, dass ich
die notwendige Liquidität im geforderten Zeitraum nicht aufbringen könnte.
Die durch die Scheidung entstandene Blockade würde sich frühestens im Januar
2012 auflösen, und deshalb musste ich die Reissleine ziehen, ob ich wollte oder
nicht. Heute sehe ich ein, dass ich sie auch hätte ziehen müssen, wenn ich das
Geld gehabt hätte. Die Gründe hierfür sind zwar hauptsächlich betriebswirt-
schaftlicher Natur (s. oben), aber auch ein anderer wichtiger Grund lag in der
Luft.
Die Führung des Projektes würde uns zwangsweise entgleiten. Es war schon im
Vorfeld sehr schwierig, dieses 10 Millionen Vorhaben zu Dritt einigermassen
harmonisch (spirit) und professionell (Termintreue, Koordination, Schriftlichkeit)
abzuwickeln. Samir brachte mich regelmässig auf die Palme. Ausserdem zeigt
sich bei näherer Betrachtung, dass da bei ihm viel Schall und Rauch vorhanden
war. [...] Es wurde aber auch klar, dass mit neuen Geldgebern naturgemäss
nochmals neue Ratgeber, Selbstverwirklicher, machtgewohnte Alphatiere aufs
Parkett kommen würden, die das Sagen haben würden. Und Mäzene haben
ihre Eitelkeiten. Entweder würden wir zu Geldknechten oder zu Befehlsemp-
fängern. In beiden Rollen funktioniere ich schlecht.[...]
Auch zu Steffs neuem Businessplan221 habe ich kein Vertrauen. Er weist zwar
nach 5 Betriebsjahren eine vielversprechende EK-Rendite aus, geht aber von
unrealistischen und z. T. falschen Annahmen aus. Zum einen verschweigt der
Plan den höheren Kapitalbedarf, der durch die kurzen Rückzahlfristen anfällt,
und zum anderen geht er davon aus, dass Investoren gefunden werden, die mit
4% Zins zufrieden sind. Es müssten Eigenkapitalgeber gefunden werden, die
akzeptieren, dass eine Dividende aus einer Geschäftstätigkeit erstmals in frü-
hestens 10 Jahren zu erwarten ist! Vorher tragen sie aber das gesamte Verlust-
risiko. Eine einfache Mittelflussrechnung führt das einfach zutage. @Steff: mein
Sohn Nico macht solche Mittelflussrechnungen im zweiten KV-Lehrjahr (Mail
vom 18.10.2011).
business credibility
business credibility
Am 24. Oktober 2011, so lese ich in meinem Projekttagebuch, treffen sich Samir,
Steff und ich, um (einmal mehr) die Finanzierungsstrategie zu besprechen. Vor
ziemlich genau einem Monat hat Silvio sich aus dem Projekt verabschiedet und
Stina sich uns angeschlossen. Noch haben wir keine Vorstellung, wie wir neben
einem (noch nicht vorhandenen) Bankkredit das benötigte Eigenkapitel in Form
von Darlehen oder Aktien beschaffen können. Samir ist fest überzeugt, dass es in
Zürich und darüber hinaus genügend Personen gibt, die einerseits vermögend sind
und andererseits „nur darauf warten“, in ein sinnvolles urbanes Projekt investieren
zu können, mit dem sie sich identifizieren können. Er zählt eine Reihe von Namen
auf, stadtbekannte, zum Teil schweizbekannte Namen aus dem städtischen Kultur-
leben, Personen, mit denen er bestens bekannt sei. Und er hat auch schon eine
Idee, wie wir sie gewinnen können. Mit einer „Investorsparty“, die bei einer Be-
kannten, die an der Lagerstrasse wohnt, stattfinden soll (schöne Terrasse mit Blick
auf das Baufeld H), ein Anlass (z. B. im Frühling nächsten Jahres), den wir sorgfältig
orchestrieren müssten, am besten mit einer originellen Präsentation, einer 3D-Ani-
mation etc. Da müsse eine auserlesene Gesellschaft zusammenkommen, in der
eine Stimmung, eine Atmosphäre des Unbedingt-Dabeisein-Wollens entstehen
solle (im Sinne von: ,Wenn der mitmacht, muss ich auch mitmachen‘). Vorgängig
natürlich sei jeder einzelne der potentiellen Investoren von uns separat anzuspre-
chen. Eine Liste wird erstellt und sukzessive erweitert. Steff und mir gefällt der
Vorschlag, wobei wir (leider?) nicht über Samirs vertrauten Umgang mit dieser Kli-
entel verfügen und ihn hier nur bedingt unterstützen können. Solange allerdings,
wie der Planungsprozess der nächsten Monate zeigen wird, die architekturtechni-
schen Probleme der Integration der Kinosäle die Realisierung des Projekts immer
wieder gefährden, bleibt uns einerseits wenig Zeit, um uns der Finanzierung ent-
sprechend widmen zu können, und macht es uns andererseits auch schwer, mit
Überzeugung andere als potentielle Geldgeber dafür zu begeistern. Erst im Juli
2013 kontaktieren wir einzeln die Personen dieser Liste mit einem Projektdossier
und einem Brief, in dem abschliessend steht:
Bereits sind Artikel über KOSMOS erschienen und das Projekt stösst in der Ki-
nobranche und darüber hinaus auf enthusiastisches Feedback.226 Wir möchten
dir Genaueres erzählen. Warum?
Die urbane Veränderung unserer Stadt betrifft uns alle. Wir haben erlebt, wie
Zürich durch den Ausbau der S-Bahn zu einer Metropole wurde. Mit der Euro-
paallee wird sich ein ganzes Quartier verändern. Sie sticht wie eine Wespe mit-
ten hinein in den Chreis Cheib. Jedem passionierten Stadtbewohner blutet bei
dem Gedanken ein bisschen das Herz. Die Langstrasse wird danach nicht mehr
dieselbe sein.
Wir haben aber keine Lust, auf hohem Niveau zu jammern und uns entschieden,
mit KOSMOS zu intervenieren und unsere Stadt kulturell zu bereichern. Wir su-
chen zur Unterstützung unseres Projektes mindestens 20 Persönlichkeiten, de-
nen die kulturelle Vielfalt unserer Stadt genauso viel bedeutet wie uns. Wir ge-
langen deshalb an dich und würden dir gerne mehr über unser Projekt erzählen
und erlauben uns, dich in nächster Zeit zu kontaktieren.
Irgendwann kursiert unter uns und gegenüber Repräsentanten dieser ,Investoren-
gruppe‘ das Wort vom Freundeskreis. Wenn ich mich recht erinnere, hat es Samir
in Umlauf gebracht. Es sei ein passender Begriff, um KOSMOS einerseits auf eine
breitere Basis stellen zu können und andererseits mit dieser gemeinsamen Basis
einen positiven Wert zu konnotieren. Ausserdem werde es von den Betreffenden
gut aufgenommen. Aus den Kontakten und Gesprächen mit ,Kandidaten‘ des
Freundeskreises lassen sich in der Folge Geldmittel generieren, die uns erlauben,
den laufenden Betrieb (Projektleitung und Planungskosten) bis auf weiteres zu be-
streiten. Einen zusätzlichen Finanzierungsschub erhoffen wir uns mit der Lancie-
rung der lange geplanten (und immer wieder verschobenen Inverstorsparty), die
am 26. Mai 2014 im sphères stattfindet. In der entsprechenden Einladung steht:
Es ist soweit! Im Juli findet der Spatenstich an der Kreuzung Langstrasse/La-
gerstrasse statt. Hier wird unser aussergewöhnliches Kulturprojekt KOSMOS in
drei Jahren einziehen. Nach einer langen Vorbereitungszeit wird es endlich kon-
kret. In den letzten Monaten haben wir grosse finanzielle, ideelle und ander-
weitige Unterstützung erhalten. Wir möchten nun dich/euch am .... mit weiteren
adspeak marketing speak
engagierten Stadtentwicklern, Investoren, Kultur- und KOSMOSfreunden zu-
sammenbringen und unseren neuen Freundeskreis stärken und erweitern. KOS-
MOS soll sich mit und durch euch entwickeln und entstehen können und
schliesslich nach aussen getragen werden. Deine/eure Mithilfe ist wichtig!
Etwa 40 Personen nehmen teil. Samir und ich geben eine kurzen Einblick in den Stand der Projekts.
Ein 3D-Film zeigt die Funktionalität der Architektur. Betriebswirtschaftliche Kennzahlen werden
erläutert. Ein Repräsentant der SBB informiert über die Absichten der SBB Immobilien an der Eu-
ropaallee. Eine Repräsentantin der mutmasslich finanzierenden Bank macht ein wohlwollendes
Statement. Es werden Fragen zur Finanzierbarkeit des Vorhabens gestellt. Wir erläutern noch ein-
mal die Idee des Freundeskreises.
Die Problematik einer nachträglichen architektonischen Umsetzung resp. Imple-
mentierung der Projektideen der Kosmonauten in ein Architekturprojekt, in dem
dieses Nutzungskonzept ursprünglich nicht vorgesehen war, erzeugt eine schier
endlose Kaskade von Meinungsverschiedenheiten, Konflikten bis hin zu gegensei-
tigen Vorwürfen und Schuldzuweisungen zwischen den involvierten Akteuren, vor
allem aber zwischen der Bauherrin/Vermieterin, den SBB Immobilien, und uns, den
Mietern, den Kosmonauten. In Sitzungen wird gestritten, in Protokollen, Mails und
Telefonate verteidigen die Parteien ihr Terrain. Mitte Januar 2013 trifft sich Samir
mit einem befreundeten Politiker und ehemaligen Nationalrat, der erst vor kurzem
in den Verwaltungsrat der SBB gewählt worden ist. Politisch und privat sind sich
beide seit langem verbunden. Möglicherweise kann, will und wird er seinen Einfluss
an oberster Stelle für unser Anliegen geltend machen. Um A. entsprechend auszu-
rüsten, verfasst Samir eine Projektchronologie aus der Perspektive der Kosmonau-
ten:
PROBLEME der KOSMONAUTEN 2010-2013
- Im November 2010 kontaktierte ich zum ersten Mal den Projektleiter
EUROPAALLEE der SBB Immobilien Christian Faber wegen eines möglichen Art-
House-Kinokomplexes namens GLEIS 7 im Baufeld H in Zusammenarbeit mit
dem Projekt GELD & GEIST (Kaffeehaus, Buchladen und Veranstaltungsort) von
Bruno Deckert, dem Betreiber von Sphéres in Zürich-West.
- Zwischen Jan. 2010 und Mai 2011 liess die SBB abklären, ob sich der Plan der
beiden Kosmonauten, ein Kino plus Café und Buchladen im Baufeld H der
Europaallee an der Ecke Lagerstr.-Langstrasse rechnet und architektonisch
eingefügt werden kann.
- In 3 Machbarkeitsstudien (!) wurde dieses Anliegen mit den von uns
geforderten Parametern (Mindestabmessungen für die Kinos: Mindesthöhe der
Säle, 45 Grad Sichtfeldhöhe und die Anzahl der Sitzplätze von ca. 800) positiv
geprüft. Es wurde festgehalten, dass für ein erfolgreiches Arthouse-Multiplex-
Kinokonzept 2 Premierenkinos mit je 250 und 200 Plätzen und - wenn möglich
- fünf kleinere Abspielkinos erforderlich sind. In Übereinstimmung mit Kosmos
wurde die Anzahl der Kinossäle später von 5 auf 4 reduziert.
- Obgleich die architektonischen Details noch nicht geklärt waren, wurde den
Kosmonauten im Oktober 2011 von Christian Faber eine Frist für die
Unterzeichnung eines Mietvertrages gesetzt. Ohne Unterschrift, so wurde ihnen
mitgeteilt, würde das KOSMOS-Projekt nicht weiterverfolgt. Die beiden
Kosmonauten unterschrieben daraufhin den Mietvertrag auf der Grundlage von
"Treu und Glauben".
- Sie mussten nun auf einen Schlag 780'000 CHF Mietdepot hinterlegen
(obgleich wohlverstanden die Eröffnung erst für 2016 geplant ist!). Im
Mietvertrag wurde ein Minimum von 700 Plätzen für die 6 Kinos festgehalten.
Teil des Mietvertrages war ein durch einen angesehenen Treuhänder
abgenommenen Business-Plan sowie die Kreditofferte einer „erstklassigen“
Bank über mind. 3 Mio. CHF.
- Wir gingen davon aus, dass in der weiteren Planung unser Effort die SBB
Immobilien motivieren würde, unsere Wünsche zu berücksichtigen. Das betraf
an erster Stelle unseren Einwand, 800 Plätze für einen effizienten Kinobetrieb
zu benötigen, was letztlich auch in dem von der BDO geprüften Businessplan
gefordert wurde. Der damalige Projektleiter Christian Faber sicherte uns zu,
diese Forderung in der weiteren Planung zu berücksichtigen.
- Wichtig: Der Business-Plan mit 800 Plätzen (mit Sitzen von 60cm Breite und
120cm Tiefe!) wurde daraufhin von den SBB Immobilien akzeptiert und von da
an als Bestandteil des Vertrages betrachtet.
- Im März 2012 erfüllten wir die letzte aussergewöhnliche Auflage des
Mietvertrages und hinterlegten die Offerten von zwei Banken über je 3 Mio
CHF an die Finanzierung des Innenausbaus von KOSMOS).
- Im November 2011 wurde uns mitgeteilt, dass die Baueingabe im März 2012
erfolgen soll. Doch trotz wöchentlicher Sitzungen wurden unsere Wünsche
nach Detailplanung nicht erfüllt.
- Neben einer Projektleiterin mussten wir noch einen eigenen Architekten
anstellen, damit wir überprüfen konnten, ob unsere in den Besprechungen
festgehaltenen Wünsche überhaupt berücksichtigt worden sind. Gleichzeitig
wurde der Druck auf Kosmos erhöht, die Pläne zu unseren Ungunsten zu
akzeptieren!
Nota bene: Weder von den Architekten noch von Bauherrschaft wurde uns
jeweils der Zwischenstand mit den jeweiligen Änderungen zu unseren
Ungunsten kommuniziert. Wir mussten jedesmal selber herausfinden, was
genau die Änderungen für Auswirkungen für unsere Räume und unser Konzept
hatten!
- Mai 2012: Ohne eine Einigung über die Anordnung der Räume und ihrer
Grössen und nach über einem halben Jahr intensiver Arbeit, und einige Wochen
knapp vor Einreichung der Baueingabe legten wir unser Veto ein!
- Erst nach wiederholten Aufforderungen wurden uns endlich die Schnitte der
Räume geschickt. Wir fanden heraus, dass für den Bau der Zuschauerrampen
(bedingt durch die Geometrie von Kinosälen) die beiden grössten Säle ins
Grundwasser vertieft werden müssten. Die Architekten hatten dies entweder
nicht bemerkt, oder es war ihnen gleichgültig. Da von den Baubehörden im
Kanton Zürich eine derartige Vertiefung ins Grundwasser nur sehr, sehr selten
erlaubt wird, entschieden die Architekten einfach, die Höhe der Säle zu kappen!
- An einer Krisensitzung im Juni 2012 räumte Andreas Steiger, der Leiter
Development Zürich der SBB Immobilien, ein, dass unsere Wünsche in der
Baueingabe nicht berücksichtigt worden sind und dass damit der Vertrag nicht
eingehalten wurde.
- Andreas Steiger sicherte uns zu, dass die SBB Immobilien trotz Baueingabe
alles tun würde, um unsere Bedürfnisse und Anliegen zu erfüllen. Dem war
leider nicht so.
- August 2012: Aufgrund unserer Weigerung, weiterhin an Sitzungen
teilzunehmen, an denen unsere Anliegen nicht berücksichtigt werden, kam
Andreas Steiger unserem Wunsch entgegen, eine Taskforce einzuberufen.
- Da wir auch in der Folge bei den Architekten kein Gehör fanden und Andreas
Steiger (obwohl er die Planung am KOSMOS-Projekt zur „Chefsache“ erklärte)
die Architekten offensichtlich auch nicht zu konstruktiven Lösungen motivieren
konnte, schlug unser Architekt im November 2012 zwei eigene Lösungen vor,
um die beiden grossen Premierensäle mit der entsprechenden Grösse der
Leinwände und Anzahl Sitzplätze zu ermöglichen. Andreas Steiger akzeptierte
die Lösungen und finanzierte die neuen Planstudien durch unseren Architekten.
- Nun haben wir Januar 2013 (2 Jahre später!) und sind immer noch nicht
weiter. Immer noch haben wir keine 800 Plätze in den Kinos zu den
ausgemachten Bedingungen. Auch haben sich zahlreiche andere Parameter
weiter verschlechtert. Dazu gehören die Anzahl der Toiletten im UG, die
Verkleinerung der Projektionsräume, der Höhenverlust in der Lounge und
Probleme in der Durchlässigkeit der Gastroräume.
Samirs Dokument möchte ich ein Mail von Andreas Steiger zur Seite stellen. Es ist
etwa eineinhalb Monate später verfasst und bezieht sich auf den Konflikt um die
Anordung und Dimensionierung der Kinosäle.
Lieber Samir, […] Unser Versuch, die Situation uns Kino Kosmos in der Euro-
paallee zu deblockieren, riskiert definitiv zu scheitern. Mein letzter Ansatz, mit
einer Rückkehr zum Layout der Baueingabe und einer erhöhten Platzsituation
eine Lösung herbeizuführen, scheitert an der Unmöglichkeit ebendieser not-
wendigerweise markanten Erhöhung. Da war ich im Gespräch im Volkshaus zu
optimistisch und muss mich für diese Fehleinschätzung entschuldigen. Nach al-
len Euren Stellungnahmen muss ich davon ausgehen, dass die partielle Erhö-
hung der Decke um 30cm weder die Grösse der Leinwand noch die Steigungs-
verhältnisse im Saal ausreichend verbessert. Damit bleibt aus unserer Sicht noch
die in den letzten Monaten erarbeitete Variante mit dem Saal in der Mitte –
immerhin mit der grössten Saalhöhe und Leinwandgrösse, die wir je erreichen
konnten. Wir haben festgehalten, dass die Rückführung der Zuschauer und die
WC-Anlagen noch verbessert werden können. Die Rampe wollen wir auch nicht
und werden alles daran setzen, dass sie weggelassen werden kann. Nach der
langen Suche muss ich feststellen: Es gibt die ideale Situation nicht. Grosse
Sprünge machen wir nicht mehr. Wir können jetzt aufgeben oder im Dialog das
Beste daraus machen. Jürg Stöckli, Leiter SBB Immobilien, lädt Euch dazu zu
einem Treffen ein [...]. Beste Grüsse, Andreas
Samir antwortet postwendend:
Lieber Andreas, es freut uns zu hören, dass die Dringlichkeit einer Aussprache
sogar vom deinem Chef anerkannt wurde. Für uns ist die Zusammenkunft mit
dem Leiter der SBB Immobilien, Jürg Stöckli, von grösster Wichtigkeit. Selbst-
verständlich werden wir uns den vorgeschlagenen Termin ... freihalten. Ich
komme andererseits nicht umhin, dir trotzdem unsere Enttäuschung über dein
Mail mitzuteilen. Dein Bonmot, dass es keine ideale Lösung gäbe, hilft uns leider
nicht weiter. Seit 1 1/2 Jahren haben wir nichts anderes gemacht, als unsere
Qualitätsansprüche (welche in den Verträgen mit der SBB festgehalten worden
sind), immer wieder an der von euch geplanten Realität anzupassen. Wenn aber
essentielle Veränderungen durch die Bauherrschaft dazu führen, dass wir den
Betrieb nicht wie geplant realisieren können, dann ist das nicht eine Sache, die
wir mit einem Bonmot einfach so hinnehmen können. Einmal mehr erhalten wir
von dir keine Zusicherung, dass nach einer Lösung gesucht wird, die unsere
Betriebsabläufe garantiert! Einmal mehr bleibt alles im Konjunktiv! Schade. Wir
haben das Gefühl, dass wir aneinander vorbei reden. In dieser angespannten
Situation schlagen wir deshalb vor, dass wir für die Besprechung in zwei Wo-
chen eine unabhängige Person unseres - und eures - Vertrauens beiziehen. Wir
wären dir sehr verbunden, wenn du das baldmöglichst abklären kannst. Besten
Dank. Mit freundlichen Grüssen, Samir
Dem Vorschlag einer Mediation wird nicht entsprochen. Am 19. März kommt das
Gespräch trotzdem zustande. Im Anschluss daran verfasse ich die folgende Notiz:
Das Gipfeltreffen. Herr Stöckli ist aufgeräumt, freundlich, fast jovial und kommt
schnell zur Sache. Die SBB möchten das Kino, möchten KOSMOS, sie stehen
hinter KOSMOS. Man würde sonst nicht so viele Millionen investieren (!). Aller-
dings sei nicht mehr alles (!) möglich. Die Zeit dränge. Er habe erfreut zur Kennt-
nis genommen, dass auch wir weiterhin an das Kino glauben (spielt auf den
NZZ-Artikel an).228 Er unterbreitet uns die neuesten Vorschläge (Rückführung
aus dem Premierensaal verbessert, verbreiterter „Rattengang“, aber immer
noch zu wenig Toiletten und keine Concession und die Ticketeria fehlt). Zwi-
schenzeitlich bittet uns Stöckli aus dem Besprechungsraum, um mit Andi und
Roger229 die Situation zu besprechen. Als wir reinkommen, meint er: Sie seien
der Meinung, dass die Probleme gelöst werden können. Sie würden nun noch
einmal unsere Wünsche umzusetzen versuchen. Aber dann müssten wir uns
entscheiden. In drei Wochen müsse die Entscheidung her. Dann lässt er die
Katze aus dem Sack. Wenn wir aussteigen, würde er neue Partner für das Kino
suchen. Und: Er lasse sich auch nicht politisch unter Druck setzen, womit er
wohl auf den Einfluss von H. im Verwaltungsrat anspielt. Wenn es keine Lösung
mit uns gebe, habe er auch den Rücken und die Kraft hinzustehen und das
Scheitern zu präsentieren: Wenn man alles versucht habe und es dann keine
Lösung gebe, müsse man halt auch dazu stehen, und das könne er. Er möchte
aber auch, dass jetzt konstruktiv die offenen Fragen geklärt und wir und unsere
Experten einbezogen würden. Kein Pingpong mehr. Wir verabschieben uns
freundlich.
Nach der Sitzung sind Samir und ich ernüchtert. Wir empfinden ähnlich: Vorder-
gründig freundlich, aber latent aggressiv. Dass Stöckli vorbehaltlos hinter KOSMOS
stehe, was zwischenzeitlich so von H. kolportiert wurde, gilt nicht. KOSMOS ja,
aber nur unter gewissen Bedingungen!!!
In unterschiedlichen Kontexten und Perspektiven ist die Entstehungsgeschichte des
KOSMOS-Projekts im Zusammenhang mit dem neuen städtischen Entwicklungsge-
biet Europaallee in Zürich ein Schwerpunkt dieser Arbeit und entsprechend doku-
mentiert. Ein besonderer Stellenwert kommt dabei den städtebaulich-architektoni-
schen Aspekten sowohl des Gesamtprojekts Europaallee wie des Spezialprojekts
KOSMOS zu, wobei, was die Grösse und der Umfang der beiden Projekte betrifft,
eine inverse Beziehung zwischen den beiden Bezeichnungen besteht. Das neue
Stadtentwicklungsgebiet Europaallee beim Hauptbahnhof Zürich ist in verschie-
dene Baufelder eingeteilt. 234 Die spezifische Gebäudearchitektur der einzelnen
Baufelder ging aus international ausgeschriebenen Architekturwettbewerben her-
vor. Den Wettbewerb für das Baufeld H gewann das zürcher Architekturbüro e2a.
Zur Erinnerung: Im ursprünglichen Entwurf war unsere Nutzung, unser Raumpro-
gramm weder bekannt noch vorgesehen, sondern wurde im Nachhinein in einem
langen und zähen Planungs- und Verhandlungsprozess schrittweise implementiert.
Das Gespräch mit Wim Eckert, dem projektverantwortlichen Architekten von e2a,
findet zu einem Zeitpunkt235 statt, als der architektonischen Planungen nahezu ab-
geschlossen und die Bagger auf dem Baufeld H schon aufgefahren sind.
Also wenn wir über die Europaallee, über unser Baufeld sprechen, muss man
schon das Gesamte noch einmal anschauen. Für mich ist die Europallee eine
symptomatische innerstädtische Entwicklung, ...also symptomatisch in Anfüh-
rungszeichen. Es ist an einem unglaublich prädestinierten Ort, unglaublich ver-
netzt, ein extrem pulsierender Ort. Und gleichzeitig hat es, wenn man den Mas-
terplan anschaut, einen Vorschlag gehabt, dass versucht wird, eine relativ hohe
Dichte an diesem Ort auf den Boden zu bringen. Die Dichte war laut Masterplan
bei Türmen in der Höhe von 60, 70, 80 Metern, gemäss Original Masterplan
von Kees Christiansen. Unterdessen ist ... die Typologie der Europaallee sozusa-
gen europaweit ein extrem willkommener Stadtverdichter. Der gleiche Plan
taucht überall auf oder ist schon überall aufgetaucht. Es ist so eine Recycling-
Übung. Das muss man jetzt, ohne despektierlich zu sein, konstatieren. Meiner
Meinung nach ist dann, in zweiter Instanz, etwas passiert, dass man die Höhen-
beschränkung festgelegt hat. Wir gehen nicht über 60 Meter hinaus. Diese Hö-
henbeschränkung war auch ein Grund dafür, dass dieser Wettbewerb ein sehr
schwieriger gewesen ist, weil mit dieser Höhenbeschränkung keine Reduktion
der Ausnützung stattgefunden hat. Man hatte schlicht und ergreifend einen
kleineren Umschlag für die gleiche Masse. Und das führt unweigerlich zu einem
Gebäude, das sehr breite Fussabdrücke bekommt. Also die Grösse hat plötzlich
eine eigene Dimension. Das ist ein ganz schwieriger Punkt, weil du mit der Ar-
chitektur alleine die Grösse gar nicht bewältigen kannst, weil der Anteil der
Architektur in Bezug auf die grosse Fläche verschwindend klein ist. Piet [sein
Bruder und Geschäftspartner] und ich sagen immer, bei einem so grossen Bau
hast du am Schluss 10% Architektur und 90% ist etwas anderes. Die Frage ist,
wie du diese 10% so einsetzen kannst, dass du die anderen 90% aktivieren
kannst. Das ist sozusagen ein hoffnungsloses Spiel. Jetzt hat man also die Situ-
ation, dass man unglaublich grosse Fussabdrücke bekommt, diese grossen Fuss-
abdrücke auf den Stadtboden bringen muss, was unglaublich grosse Erdge-
schosse mit sich bringt. Das ist die Konsequenz.
Nach seinem Hinweis über die ,grossen Fussabdrücke‘236 resp. das Dichtemoment
in der Stadtarchitektur kommt Wim auf die Nutzung der Erdgeschosse im städti-
schen Raum zu sprechen.
Wie geht man mit diesen unglaublich tiefen Erdgeschossen um in einer Zeit, in
der die Erdgeschossnutzungen nicht immer populär sind? Für jeden ist es ein
Problem, wie bringt er die Erdgeschosse los. Es sei denn, man hat jemanden
wie dich, der im Prinzip sagt, lässig, ich nimm‘s und aktivier das. Und das ist
eigentlich ein interessantes Phänomen, das du auf die ganze Stadt anwenden
kannst. Wenn du solche Häuser baust in diesen Quantitäten, dann entsteht et-
was, und das ist wieder symptomatisch für Zürich, wenn du diese Türme be-
trachtest, das sind absolute Spezialitätenbauten ... Also musst du neue Allian-
zen eingehen. Und diese finde ich einfach hoch interessant ... Sich einfach nur
vorzustellen, dass ein grosses Haus nur gut ist, wenn es eine lässige Erdge-
schossnutzung hat, das ist ein bisschen naiv, oder? ... Die Realität ist komplett
anders. Es nützt dir nämlich nichts, wenn du eine Ambition hast, indem du
sagst, es muss im Erdgeschoss Öffentlichkeit herrschen, und du hast im Prinzip
zum Schluss niemanden, der diese Öffentlichkeit tragen kann, weil es im Prinzip
am falschen Ort ist oder diese öffentliche Agenda nicht hat. Es ist also schon
noch interessant, Öffentlichkeit nicht nur in Restaurants zu suchen, sondern
anzufangen, viel diverser nachzudenken. Und dann sieht man eigentlich, dass
man in Zürich ganz komische Typologien von solch grossen Häusern hat, die
immer wieder eine Allianz eingehen mit anderen Nutzungen, sei das eine in-
dustrielle Nutzung, sei das eine Hotel-Nutzung wie zum Beispiel beim Renais-
sance-Tower [in Zürich-West], wo im Prinzip eine Verbindung ist, die eine spe-
zifische Situation auslöst, als dass es nur eine bestimmte Aufgabe hat. Und das
ist meiner Meinung nach für einen städtischen Kontext extrem wichtig. Und das
ist auch das symptomatische Thema für die Europaallee. Darum muss man das
ganz genau untersuchen, wieviel Aktivität kannst du eigentlich... wir reden da
ja von von 8000 qm Erdgeschossnutzung, und dann kannst du das mal mit allen
Baufeldern multiplizieren. Am Schluss hast du dann das Seefeld ausgeräumt.
Von welchen Überlegungen haben sich die Architekten im Entwurfsprozess leiten
lassen? Worauf beziehen sie sich? Was sind ihre allfälligen Leitbilder?
Es hat ja das Phänomen der grossen städtischen Körper als Verdichtungsarchi-
tektur schon in den 50er Jahren gegeben, insbesondere in London, Alison und
Peter Smithson haben dort das Economist-Building gemacht, das in einem in-
nerstädtischen Kontext einen neuen Massstab deklariert und gleichzeitig Passa-
gen generiert hat, wo du plötzlich durch einen Block hindurchlaufen kannst. Du
bekommst einen oberen Platz und einen unteren Platz, du bekommst plötzlich
eine interessante Vernetzung von städtischem Raum. Und wir haben im Prinzip
bei unserer Darstellung genau darauf angespielt ... [Unser Gebäude ist] quasi
ein Hybrid. Eine Vermählung von so quasi den klassischen europäischen Stadt-
verdichtungsinstrumenten, nämlich dem Turm und dem Block. Bei uns be-
kommst du beides [lacht]. Das ist typologisch interessant und architektonisch
sehr anspruchsvoll, nämlich wie bringst du den Block und den Turm zusammen,
wie löst du das, zum Beispiel in der Fassade. Wir haben uns einfach entschieden,
dass wir wieder zurückgehen zu dem, was ich zu Beginn gesagt habe, dass du
grosse Töpfe hast, grosse Klumpen, wie sie auch genannt werden, dass du im
Prinzip ein Gebäude bekommst, wo du aufgrund der unglaublichen Vielfalt, die
im Gebäude stattfindet, gar nicht mehr die Chance hast, in der Fassade auch
nur ansatzweise das Leben hinter der Fassade abzubilden. Es ist so divers. Wir
haben Wohnen drin, wir haben Büro drin, wir haben deine Nutzung drin, also
Kino, wir haben ein Hotel drin. Es hat im Prinzip alles drin. Und wenn du das
sozusagen eins zu eins abbilden würdest, dann würdest du eine unglaubliche
architektonische Collage bekommen, die wahrscheinlich unerträglich sein
würde. Also musst du eigentlich eine Architektur bilden, die abgesehen von der
extrem hohen Diversität, die hintendran stattfindet, eine unglaubliche Stoik ha-
ben muss, damit sie das ertragen kann, ohne das es banal sein soll, banal oder
tot. Also musst du eigentlich etwas erfinden, das sozusagen sehr viel Resistenz
hat zu dem unglaublich diversen Leben, das hintendran stattfindet. Es muss also
eigentlich eine klassische städtische Fassade werden. Wir haben uns entschie-
den, das sehr flach zu machen, nur noch typologisch im Block zu unterscheiden
oder im Detail ... Uns hat vor allem das Konglomerat interessiert, und wir haben
versucht, dass das ja nicht auseinanderfällt, dass es ja keine Einzelteile gibt, dass
es wirklich eine grosse Figur bleibt.
Im Verlauf unserer Zusammenarbeit hat Wim Eckert immer wieder davon gespro-
chen, dass es ihnen darum gehe, an diesem Ort eine ,brutale Stadtarchitektur‘ zu
bauen. Der Begriff wurde unter uns (Samir und mir) in der Zwischenzeit zu einem
geflügelten Wort mit einer durchaus ironisch-kritischen resp. negativ konnotierten
Bedeutung. Ich frage Wim, was er denn genau unter einer ,brutalen Stadtachitek-
tur‘ verstehe.
Ich glaube, [dieses negative Verständnis] ist eine Misinterpretation. Man könnte
eigentlich sagen, dass das Interessante an der damals New Brutalism genannten
Architektur gewesen ist, dass es eine unglaublich rational geprägte Architektur
ist, die aber interessanterweise wahrscheinlich in der Zeitachse der letzten hun-
dert Jahre die grösste soziale Aufgabe gehabt hat von allen Architekturtenden-
zen. Der New Brutalism war eine Architekturtendenz, die vor allem in England
in den 50er, 60er Jahren, mit dem unglaublichen Zuwachs von London umge-
hen musste, wie bringt man den sozialen Wohnungsbau in eine Dimension, die
a) finanzierbar ist und b) ein gemeinsames Gefühl etablieren kann. Das wird
meistens über Aussenraumagenden erreicht, da gibt es phantastische Beispiele
in London, und der Ausdruck ist eigentlich sehr strukturell und tektonisch ge-
wesen, ohne dass man es im Prinzip verkleidet oder versteckt hat. Und daraus
ist eigentlich nicht der New Brutalism als Brutalität, sondern der Werkstoff Be-
ton, Beton brut, oder... Es ist eigentlich eine Referenz an Corbusiers beton brut,
deshalb brut. Es ist eigentlich eher eine historische Referenz gewesen, diese
Sichtbetonart, das Zeigen einer konstruktiven Idee, die dann sozusagen die Ar-
chitektur auch als Ganzes bestimmt. Das meine ich damit. Es ist eigentlich sehr
interessant, dass man, wenn man das heute ansieht, eine pure Architektur sieht,
pur und einfach, aber sehr gekonnt, und gleichzeitig hat sie einen unglaubli-
chen Spirit entwickelt, wie man mit sozialen Problemen umgeht. Sie haben im-
mer Lösungen, Antworten gesucht auf soziale Fragen. Jetzt könntest du sozu-
sagen intellektuell den Umkehrschluss machen und fragen, was passiert
eigentlich heute mit dieser unglaublichen Architektur, die wir heute haben, die
dermassen schön gemacht worden ist. Aber wo ist hier die soziale Agenda?
Man könnte vielleicht fatalerweise sagen, dass sie in dem Masse, indem sie das
eigentliche Wesen der Architektur hinter einer Maske versteckt, die soziale
Frage abzieht, nämlich null. Das ist sozusagen nur noch Emblematik. Deshalb
finde ich den Punkt des New Brutalism so interessant, und ich würde das gar
nicht als die Kalte Stadt betrachten, sondern im Gegenteil die Stadt, die ver-
sucht, ein gemeinsames Szenarium zu entwickeln für eine unglaublich multiple
Gesellschaft. Das ist der Anschluss oder Rückschluss auf das, was ich vorhin
gesagt habe. Dass nämlich in der Stadt Zürich die Typen dermassen spezifisch
geworden sind, dass sie durch ihre Spezifität ein extrem hohes Mass an Urba-
nismus erzeugen können, weil sie Verschränkungen haben, die es sonst eigent-
lich nicht gegeben hat. Und ihr macht das ja interessanterweise auch. Ihr ver-
schränkt sozusagen den Buchladen mit dem Café und dem Kino. Das sind
sozusagen Heiraten, die du in einer klassischen Agentur nicht finden würdest.
Dadurch entsteht ein gewisses Mass an Einzigartigkeit, aber auch eine gegen-
seitige Beschleunigung, was man als Leben bezeichnen könnte ... Ich finde, dass
die Europaallee diese Bandbreite sehr stark zeigt.
In der Folge unseres Gesprächs drängt sich das Thema auf, worin denn angesichts
des Primats ökonomischer Motive im Städtebau, der offenkundig eine Tendenz zur
Uniformität der Ästhetik und Nutzung der europäischen City generiert, die Auf-
gabe der Architektur überhaupt noch bestehen kann, welche Rolle die Architektur
dabei noch spielt.
Ich glaube, die Rolle des Architekten oder der Architektur ist im Prinzip, sich mit
Notwendigkeiten und Angemessenheiten auseinanderzusetzen. Das ist seine
Aufgabe. An bestimmten Kontexten. Aber es gibt Aufgaben, die ausseror-
dentlich sind, und diese verlangen auch ausserordentliche Antworten. Man soll
nicht jedes Haus in der Stadt auf die gleiche architektonische Ebene herunter-
kochen, als gäbe es nur das, sondern man darf durchaus an bestimmten Orten
die Diversität, die durch das Programm gegeben ist, auch sichtbar machen ...
Was es braucht, ist im Prinzip das, das braucht es auch, und das in der Mitte
braucht es auch. Sonst hat man die Tendenz, dass wir eine Stadt mit dreihun-
derttausend Einwohner bleiben, oder vierhhunderttausend unterdessen, die je-
den Morgen gefüllt wird und wieder evakuiert wird, gefüllt wird und evakuiert
wird. Die Konsequenz davon ist ein ökologisches nightmare, transporttech-
nisch, grotesk. Die komplette Evakuation, das ist Kloten, das ist das Modell Klo-
ten. Die Stadt Zürich muss aufpassen, dass sie nicht das Modell Kloten [unver-
ständliches Wort], wo sie die multiplen Gesellschaftsformen an die Peripherie
delegiert. Aber an bestimmten Orten braucht es das Hochhaus. Das ist nicht
unbedingt ein Problem, sondern das macht eigentlich die Stadt aus, die Diver-
sität, in der Kombination mit anderen hybriden Systemen. Deshalb noch mal
zurück zu der Aufgabe der Architekten, sozusagen the architect is a serious
business. He is a honorable man. Rem Koolhaas hat mal gesagt, the architect is
a honorable man. Das heisst im Prinzip, er muss sich mal dieser Rolle bewusst
sein und nicht einfach sagen, ich bin jetzt der XY, und ich mach jetzt nur noch
[unverständliches Wort]-Gebäude, oder ich mach jetzt nur noch Papierkugeln.
Wie auch immer. Und jetzt kommt der grosse Besteller und sagt, komm, mach
mir doch so eins. Das ist jetzt eine Bibliothek. Wurscht, wo es steht. Das ist Abu
Dhabi. Das sind die Golfstaaten, wo interessanterweise die individuelle Archi-
tektur so individuell geworden ist, dass du, wenn du sie zusammenstellst, im
Prinzip eine Familie von Autisten hast ... die haben nichts miteinander zu tun.
Der eine macht die Spirale so, und der andere macht sie anders. Ich glaube, die
Stadt hat etwas anderes verdient.
Mit der nachträglich induzierten ,hybriden‘ Nutzungsidee hat sich auf dem Baufeld
H der Europaallee eine neue städtebaulich-architektonische Konstellation und da-
mit eine neue Aufgabenstellung ergeben.
Ich finde, das ist eine ultimative Chance. Das ist eigentlich genau das, was ich
vorhin versucht habe, zu sagen. Deshalb finde ich das so phantastisch. Dass du
im Prinzip in einem Gebäude, das vermeintlich ein einfacher städtischer Körper
ist, eine Nutzung implementierst, die so dermassen spezifisch ist. Und dass du
eben genau für diese Nutzung eben nicht den genau spezifischen Bautyp
wählst. Das hat ja eine Geschichte. Das Adaptieren an Bedingungen, die sub-
optimal sind, generiert immer ausserordentliche Lösungen. Und somit entsteht
eine Einzigartigkeit oder eine Spezifität. Das finde ich natürich phantastisch ...
Wenn ihr von Anfang an in diesem Wettbewerb gewesen wärt, dann wäre jetzt
ein spezifisches, sehr optimal ausgetüfteltes Prinzip entstanden. Und die Frage
ist einfach, ob nicht genau sozusagen der Moment dieses Umbau-, Einbau-,
Durchbau-Szenarios eigentlich einen Raum generiert, der genau aus diesem
Grund so speziell ist, dass er quasi wie so sein Eigenleben führt. Das ist das
interessante Phänomen, dass quasi eine Nutzung, die für einen bestimmen Be-
reich definiert ist, sobald sie obsolet geworden ist, der Idealkontext ist für etwas
anderes. Also ich weiss nicht, wieviele Druckereien spezifisch für Druckereien
gebaut worden sind und heute keine einzige Druckmaschinen mehr drin steht
und der Raum jetzt von dieser unglaublichen Anpassung lebt ... Im Prinzip ist
das interessant, weil es quasi der umgekehrte Postindustrialisierungseffekt ist.
Du lässt jetzt den Film rückwärts laufen. Das ist ein interessantes Phänomen,
indem aus einer vermeintlichen Eindeutigkeit eine Mehrdeutigkeit oder Vieldeu-
tigkeit entsteht. Und das ist im Prinzip das Wesen der Stadt. Die Stadt ist nichts
anderes als ein permanenter Erneuerungsprozess. Das macht die Stadt aus. Es
gibt auch nicht die eine Rezeptur, Öffentlichkeit hier und Privatheit dort. Das
gibt es nicht. Das ist ein Irrglaube, so Urbanität generieren zu können. Sondern
im Gegenteil, Urbanität ist im Prinzip das, dass ich an einem Ort, an dem das
nicht vorgesehen war, etwas vorsehe. Aus dem entsteht auch Energie. Das finde
ich das Schöne am Kosmos, abgesehen von der Akrobatik-Übung, die nachher
planerisch notwendig ist. Aber das Interessante daran ist, du wirst das an die-
sem Raum ablesen können. Er wird den Imprint dieser umgekehrten Zeitachse
haben. Das ist das Phänomenale daran, und das macht ihn wahrscheinlich eher
eigenartig und sehr speziell. Das ist genau die Qualität. Mit anderen Worten,
beim einen transportierst du den Geist einer ehemaligen Nutzung mit in die
neue Nutzung, und wir haben hier im Prinzip die neue Nutzung, wie sagt man
dem, die den Geist der ehemaligen Nutzung komplett kontaminiert. Und das
finde ich im Grunde eine phantastische Situation ... Es ist eigentlich die Vermäh-
lung des Unmöglichen ... Und das habe ich auch persönlich immer an anderen
Orten erlebt, das Verbinden des Nicht-Verbindbaren. Das ist ein dermassen ak-
tuelles Thema ist, dass man sich dem nicht verschliessen darf ... Normalerweise
würdest du planerisch sagen, mach das nicht. Aber das Resultat davon ist ge-
rade das Gegenteil. Es ist unglaublich gut. Dass das nebeneinander leben kann.
Für uns oder für die Europaallee ist das an diesem Ort ein absoluter Glücksfall
... Und schlussendlich für das Leben, das dort unten entsteht,ist es ein absoluter
Glücksfall.
Seine Beurteilung der spezifischen, durch KOSMOS verursachten Intervention mün-
det abschliessend in eine Art planerisches Credo...
Du musst eigentlich konzeptionell immer so etwas wie eine criminal energy in
deinem Projekt etablieren. Das ist unglaublich wichtig, weil du zu einem Zeit-
punkt, wo du schon alles etabliert hast, noch mal quasi einen Störenfried durch-
schicken musst, damit nicht etwas entsteht, was sich selber sozusagen zum Ab-
schluss bringt. Das ist genau das, von dem wir jetzt sagen können, ihr habt
eigentlich das Mass an krimineller Energie in das Baufeld H hineingeschickt, das
wie so ein Störfaktor in einer Systematik ist. Und das Resultat davon ist, dass es
etwas Unabsehbares bekommt, und gleichzeitig daraus eine neue architektoni-
sche Entscheidung entsteht. Du musst das als Architekt immer in deinem eige-
nen Prozess reinbringen ... Ja, du musst immer permanent torpedieren, sonst
erstellst du im Prinzip etwas, das ein Selbstläufer ist. Du musst immer wieder
dafür besorgt sein, dass du etwas bringst, das quasi stören kann im Sinne von
Opportunitäten schaffen, Möglichkeiten schaffen ... Und ich kann mir vorstel-
len, dass Kultur das wirklich haben muss, dass man eben etwas nicht fertig
denkt. Das ist wie so Gordon Matta-Clark [ein US-amerikanischer Architekt und
Konzeptkünstler, der sich auf die Gebiete der Intervention und Dekonstruktion
spezialisiert hatte]. Du machst aus etwas nachher noch mal etwas anderes, in-
dem du einfach eingreifst.
...und eine Empfehlung, wie die spezifische Konstellation in die kosmosinterne Ar-
chitektur übersetzt werden sollte:
Wenn man sich das ganz gut überlegt und sich fragt, was passiert nun eigent-
lich weiter mit dem Ort, dann hat dieser Ort sozusagen die Polarität zwischen
dem, was er wirklich ist und für was er gedacht ist. Jetzt müsste man konzepti-
onell auf dieser Bipolarität weiter aufbauen. Was jetzt nicht passieren dürfte,
ist, dass man alles das, was quasi dazu geführt hat, dass man das übertüncht
und wieder eins daraus machen will. Das ist ganz entscheidend. Jetzt müsste
der Prozess sichtbar bleiben. Das ist essentiell. Das heisst, man müsste sich jetzt
ganz gut überlegen, und das macht ihr sicher, wo findet sozusagen Applikation
statt und wo nicht, und wo bleibt es, wie es ist. Das wird sehr fleckig. Das Fle-
ckige ist genau das, was prinzipiell der strukturelle Grundgedanke dieses Ge-
bäudes mit diesem Kino ist. Es ist nämlich eine fleckige Struktur im Gegensatz
zu einer kohärenten... Und darum finde ich das schön... Das Konzept der Fle-
cken. Hier hat es etwas, und dort hat es eben nichts. Dort hat es etwas, dort
brauchen wir etwas, aber dort brauchen wir eben nichts. Wenn sich das durch-
zieht, dann ist das auch eine inhaltliche Dimension ... Ich kann mir vorstellen,
wie ihr denkt, und im Idealfall könnt ihr euch auch vorstellen, wie wir denken.
Wenn es da Deckungsgleichheit gibt, ist das sehr erfolgreich. Ja, ich glaube, das
kommt gut.
Europaallee
Schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt ist Steff Fischer in das Projekt KOSMOS resp.
dessen Vorläufer Geld und Geist involviert. Steff ist Freund und Geschäftspartner.
1997 haben wir gemeinsam mit acht weiteren Aktionären die Firma Zürichparis AG
gegründet, die inzwischen drei Gewerbeliegenschaften besitzt und darin unge-
wöhnliche Nutzungskonzepte239 umsetzen konnte. Etwa zur gleichen Zeit hat Steff
in Zürich ein eigenes Immobilienunternehmen aufgebaut, in dem er mittlerweile
40 Mitarbeiter (!) beschäftigt.240 Wir treffen uns zu einem Gespräch,241 als die pro-
jektbezogene Zusammenarbeit nicht mehr so intensiv ist wie zu den Zeiten, als das
Projekt erste Konturen annahm und später dann in der Europaallee ankam.
Ja, ich mag mich noch erinnern, als du am Anfang von deiner Idee erzählt hast.
Du hast das schon schnell mal Geld und Geist genannt, zumindest ist es so in
meiner Erinnerung, von diesem intelligenten Warenhaus, wie du das auch ge-
nannt hast. Schon früh hast du davon gesprochen, dass es ein Treffpunkt wer-
den soll für solche, die sich auch über die Nasenspitze hinaus Gedanken ma-
chen, um es auch ein bisschen so zu sagen. Es soll niederschwellig sein, sicher
nicht eine elitäre Veranstaltung. Das sind alles so Stichwörter gewesen, die mich
unabhängig von Immobilien und Standort angesprochen haben, weil ich ja in
meinem früheren Leben auch ein Buchhändler, eigentlich ein Verkäufer von
Ideen war, von Gedanken oder von Weltentwürfen oder wie man das immer
nennen will, was ein Buch ist, eine wissenschaftlichen Abhandlung. Das ist sehr
breit. Das Buch ist ja eine Abstraktion per se, ein Vermittler von solchen Abs-
traktionen, das mache ich ja heute noch gerne. Mich hat das ja ganz allgemein,
von allem Anfang an gefreut, dass jemand so etwas lostreten will, eine solche
Idee hat und so etwas anpacken will. Natürlich habe ich ja damals schon mit
Immobilien zu tun gehabt. Deshalb war ja der Link zum Standort schnell gege-
ben. Ich habe euch ja mal nach Schaffhausen entführt aus der Idee heraus, das
kann man überall machen. Es ist ja die Idee, die zählt. Und wenn man dann die
Immobilie nicht gerade an dem Ort hat, wo man sich das gerne wünscht, dann
kann man das auch an einem anderen Ort machen. Das finde ich übrigens
heute noch ...Und da gab es ja auch diesen anderen Strang, der mich mit Kos-
mos verbunden hat. Das ist der Strang, als die SBB vor rund fünf Jahren auf
mich zugekommen ist, händeringend fast und gesagt hat, wir haben ein Prob-
lem. Wir haben Gegenwind, politischen Gegenwind, Gegenwind von Behör-
den, wir planen hier ja die Europaallee, und uns wird gesagt, wir hätten am
Quartier vorbeigeplant, wir hätten kein Bezug zum Quartier geschaffen. Und
tatsächlich hat es am Anfang geheissen von Seiten der SBB, es stimmt, wir ha-
ben eigentlich überhaupt keine Ahnung, wie wir das Quartier jetzt da noch
integrieren können in das Projekt Europaallee. Die SBB hat dann Workshops
gemacht, und ich habe mich dann sehr schnell mit der Idee hervorgetan, von
der Sihlpost bis an die Langstrasse eine sehr kleinteilige Struktur zu schaffen,
eigentlich das Monumentale der Europaallee auf ein menschliches Mass herun-
terzuschrumpfen, kann man vielleicht etwas salopp sagen.
Steff resp. seine Firma erhielt den Auftrag, dieses Konzept zu konkretisieren und
umzusetzen: solche sogenannten Autoren-, solche No-Brand-Shops resp. -Betrei-
ber zu finden und an sie zu vermieten.
Der Auftrag war für mich traumhaft, etwas Grosses. Gelingt es, so etwas Ano-
nymes, so einen anonymen Klotz, so wird er ja ein bisschen von der Bevölkerung
wahrgenommen, ein uniformer, riesiger Klotz, gelingt es überhaupt, zu einem
späten Zeitpunkt, an dem fast schon alles fertig geplant ist, noch etwas verän-
dern zu können, aufbrechen zu können ... Ok, das ist ein bisschen der Boden,
der andere Strang gewesen, zuerst deine Idee, die mir gefallen hat, und dann
der Auftrag der SBB, wo ich am Anfang gar nicht an dich gedacht habe, ehr-
licherweise, weil der Auftrag ja auch nicht so war. Mikroshops war ja der Auf-
trag und keine grösseren Flächen. Und dann hat es sich ergeben im Laufe der
Zeit, dass die SBB gefunden hat, es könnten auch noch andere Flächen zur Ver-
fügung stehen, bei denen man sich auch noch Ideen und Gedanken machen
könnte. Und mindestens, wie ich mich erinnern kann, bin ich dann mal auf dich
zugekommen...
Mit seinem Mandat und unserer Bewerbung hat sich eine Konstellation ergeben,
die Steff folgendermassen beschreibt resp. erlebt hat:
Ja, eigentlich empfinde ich diese Zusammenarbeit jetzt rein geschäftlich, stra-
tegisch zwischen uns und... eigentlich ist das Dreieck, also formal ist es kein
Dreieck, ich bin ja auf der Seite der SBB, Vertreter der SBB gewesen, formal,
aber es war auf eine gewisse Art doch ein Dreieck. Auf der einen Seite die SBB,
auf der anderen Seite ihr und ich auch noch als irgendwo der, wo... so habe ich
meine Aufgabe verstanden, dass ich darauf achten muss, dass von beiden Sei-
ten her in dem ganzen Prozess nicht irgendwelche No-Go-Vorstellungen sich
verhärten. So muss man es vielleicht sagen. Oft bei solch schwierigen Projekt-
entwicklungen geht es eigentlich nur darum, dass der Moderator dieses Ver-
handlungsprozesses die Aufgabe hat, die Parteien davor zu schützen, dass sie
zu schnell abschliessende, ausschliessende Positionen einnehmen, die dann für
das Gegenüber schnell zu einem No-Go führt. Irgendwie habe ich meine Rolle
so verstanden, die Tür immer wieder offen zu behalten. Das ist eigentlich alles...
Und dass ich jetzt Kosmos so eine gute Idee finde oder nicht, das ist gar nicht
so wichtig gewesen. Es wäre vielleicht sogar ebenso gut gewesen, wenn ich das
gar nicht so gut verstanden hätte resp. gegenüber der SBB durfte ich gar nicht
allzu begeistert von diesem Projekt sprechen, weil es ja dort intern auch ver-
schiedene Strömungen gibt.242 Und wenn es dann mal heisst, der Fischer ist ja
eigentlich Kosmos, auf den darf man gar nicht hören. Der will das ja sowieso,
dann hätte ich weniger Einfluss gehabt auf die Verhandlungen. Ich habe auch
gegenüber Andi [Steiger] ein paarmal glaubhaft machen können, dass ich euch
auch verpflichte auf gewisse Sachverhalte und euch zu bearbeiten und rumzu-
bringen versuche, dass ihr gewisse Forderungen der SBB halt erfüllt... So dass
es immer wieder darum gegangen ist, die Türe nicht ganz zugehen zu lassen.
Dabei taucht die Frage auf, wie schwierig oder belastend die Situation zwischen
den beiden Parteien und ihren divergierenden Ansprüchen für ihn gewesen ist.
Nein, das ist es nie. Solche Aufgabenstellungen liebe ich eigentlich. Ja, ich habe
diese Seite schon ein bisschen. Es ist eigentlich gut, dass ich auch ein bisschen
ein Player bin, und nicht nur Akteur, weil das bei mir den Spass aufrechterhält,
weil die Verhandlungen zum Teil brutal hart gewesen sind, und es war immer
wieder an einem Punkt, wo man gedacht hat, es geht nicht... Ich habe dann
ein paarmal Kopfweh bekommen, also auch physisch gelitten, zwischendrin.
Aber ich habe mich immer wieder schnell erholt und mir überlegt, wie ich jetzt
vorgehen muss... Und da sind dann ja alle Register erforderlich... Das hat auch
etwas mit einem Spiel zu tun. Ich kann mich erinnern, dass ich dich mal scho-
ckiert habe vor zwei, drei Jahren, glaube ich, als ich dir gesagt habe, dass ein
Teil meiner Spontaneität auch Berechnung ist ... This ist part of the game.
Damit ist - buchstäblich - ein neuer Begriff im Spiel. Ich erinnere Steff daran, dass
er sich mir gegenüber vor geraumer Zeit einmal als Opportunisten bezeichnet hat.
Da Opportunismus im Allgemeinen negativ konnotiert ist, bitte ich ihn zu erklären,
wie er das gemeint hat, in welcher Hinsicht er meint, ein Opportunist zu sein.
Die Frage ist halt, was ist der Antrieb für den Opportunismus. Ist der Antrieb für
den Opportunismus Selbstsucht, will man immer den besten Vorteil für sich
Von der Verfertigung der Idee beim Tun
selbst, oder geht es um Bequemlichkeit, ich sage einfach immer allen, du bist
der Beste und ich bin auch deiner Meinung, weil das am Bequemsten ist, dann
habe ich keinen Ärger und keinen Streit usw., das sind jetzt für mich weniger
wertvolle... wobei ich die nicht, ich würde alle die nicht hundertprozentig ver-
dammen. Man darf im Leben auch manchmal bequem sein. Man darf auch
manchmal jemandem signalisieren, ich bin deiner Meinung, obwohl es nicht
ganz stimmt, weil ich jetzt einfach keinen Stress will. Das ist für mich schon ok.
Das ist nicht alles verboten in meinen Augen, dieser Opportunismus. Aber es
geht, glaube ich, schon um den Kern, und mir ist, um jetzt wieder auf das Pro-
jekt zurückzukommen, hier ist es natürlich darum gegangen, eine Erweiterung
des Shop-Konzepts oder eigentlich ein Highlight des Shop-Konzepts, wie ein
Ausrufezeichen, der Strich des Ausrufezeichens wären die Perlenketten der
Shops und das Pünktchen wäre Kosmos. Dieses Projekt auf den Punkt bringen
oder wie man das immer bildlich darstellen will. Der Zweck heiligt die Mittel
nicht ganz generell, ... aber für mich hat das etwas miteinander zu tun. Bis zu
einem gewissen Grad, machmal muss man dabei sogar etwas weit gehen, soll
man opportunistisch sein können, um den Kern dessen, was man erreichen
möchte, um den auch wirklich erreichen zu können ...
Mit der Kino-Expansion wurde das Projekt erwiesenermassen viel komplexer und
riskanter: personell, strukturell und finanziell. War Steffs Gutheissung und Unter-
stützung der Fusion Ausdruck seines Opportunismus?
Nein, im Gegenteil, das habe ich auch immer wieder gesagt, das habe ich auch
so gemeint, das ist nicht Teil meines opportunistischen Verhaltens gewesen
[lacht]. Das ist ja auch eine Kunst, so opportunistisch zu sein, dass man trotz-
dem, und das ist natürlich ein Widerspruch, ich weiss, aber das muss man ver-
suchen, im opportunistischen Verhalten trotzdem authentisch zu bleiben. Ich
behaupte jetzt mal, das geht, obwohl es eigentlich per se ein Widerspruch ist.
... Das habe ich super gefunden. Nicht nur, weil Samir ja auch ein alter Freund
von mir ist und mir schon lange mit dieser Kinoidee in den Ohren gelegen ist
und gesagt hat, das musst du mir irgendwann mal ermöglichen so quasi, und
ich endlich die Chance hatte, seinen Wunsch... das hat mich zwar auch gefreut,
dass es dann so zusammengekommen ist ... Ich bin ja selbst auch ein... ja fast
leidenschaftlicher Kinogänger ... Vom Konzept her hat mir das vollkommen ein-
geleuchtet, und das finde ich auch heute noch, dass diese Verbindung eventuell
Geld und Geist, ich sag dem mal so, rettet, und Geld und Geist rettet das Kino.
Ich habe das Gefühl, das sind zwei Elemente, die da zusammenkommen, die
sich gegenseitig beflügeln können, und wo es wahrscheinlich lange geht, bis es
vielleicht mal eine Phase von Erlahmung gibt, Ich glaube, ihr bietet so viel Ver-
schiedenes an, schon dadurch, dass ihr das Kino nicht nur als ein traditionelles
Kino versteht ... Das hat mir auf Anhieb eingeleuchtet, dass das ein absolut
richtiger und guter Entscheid gewesen ist.
Die Frage taucht auf, wie die Beziehung zwischen Person und Idee in einem unter-
nehmerischen Projekt wie KOSMOS zu denken und zu handhaben ist. Wieder ist
von Opportunismus die Rede...
Und so hart wie es tönt, ob du [betont] das umsetzt oder nicht, das ist für mich
zweitrangig. Das trenne ich aber von unserer Freundschaft. Ich finde es nicht
gut, wenn man Freundschaften zu fest an Projekte knüpft. Weil unsere Freund-
schaft wahrscheinlich auch, zumindest setze ich darauf und hoffe das auch, das
überleben würde, dass ich mit anderen, ich sage es jetzt knallhart, Kosmos um-
setzen würde. Das ist auch ein Opportunismus. Mir geht es um die Idee. Und
das Copyright der Idee hast immer du. Das ist mir klar ... Du gehst eine Wette
ein und verlierst vielleicht, und ich gehe eine Wette ein und verliere vielleicht ...
Aber mir es wichtig, das hier zu sagen, die Idee ist stärker als der Bruno Deckert
... Ich habe auch schon erlebt, dass man sich von einer Person trennt, die ei-
gentlich das Copyright hat auf die gute Idee. Weil sie abdriftet und die Idee
gefährdet. Das ist dann der Preis, den man zahlt, um die Idee zu retten. Ich
möchte nicht als kalt erscheinen, aber ich glaube eben, dass ... es wichtig ist,
dass man sich so verhält ... Die Glaubwürdigkeit der Wirtschaft oder der Ak-
teure, die in der Wirtschaft tätig sind, das sind wir ja auch mit unseren Projek-
ten, kann man nur retten, wenn man sich eben genau so verhält. Indem man
sagt, wir versprechen euch Kosmos, aber vielleicht kann es ein anderer besser
als wir. Oder? Die Grösse müsste man wahrscheinlich haben, um glaubwürdig
bleiben zu können.
...wobei Steff spürbar versucht, für sein Begriffsverständnis den richtigen Ton zu
finden.
Ich meine das jetzt nicht ganz hart schwarz auf weiss, aber ich glaube, dass es
um das innere Feuer geht, um die innere Überzeugung, dass es ein richtiges
Projekt ist, und was dann letztendlich dabei herauskommt, das kann man ja
sowieso nicht wissen. Und in diesem Ungewissen, wie sich das Projekt dann
entwickelt, und wie das Projekt dann am Schluss wahrgenommen wird, das ist
dann ja noch einmal eine Überraschung. Das sind ja alles black boxes. Und in
diesen black boxes, denen man sich auf dem Weg einer solchen Projektentwick-
lung immer wieder gegenübersieht, gibt es auch immer viel Raum für Opportu-
nismus. Weil ganz genau wissen kannst weder du noch kann ich es, wie es dann
sein wird, wenn es umgesetzt wird. Und vielleicht waren dann gewisse unserer
Ideen gar nicht so gut, weil sie sich in der Realität gar nicht bewähren. Oppor-
tunismus kann man deshalb auch als eine gewisse Art von Offenheit umschrei-
ben. Vielleicht hat ja der andere eben doch recht, der mich kritisiert hat. Dieses
ständige Austarieren und das ständige Offenbleiben gegenüber allen Optionen
hat auch etwas, das man als Freund ... als etwas Kaltes empfinden kann, und
trotzdem ist es etwas Richtiges. Also ich fühle mich noch oft in diesem Span-
nungsfeld, muss ich sagen.
Im Verlauf des Gesprächs erwähne ich, dass die Projektfinanzierung unsererseits
bei weitem noch nicht gesichert ist, dass kein Plan B für den Fall existiert, sollte die
Finanzierung scheitern. Beim Nachdenken über unsere Situation komme mir zu-
weilen der Dürrenmattsche Tunnel243 in den Sinn. Mein Statement nimmt Steff
zum Anlass, seine Vorstellung vom ,Wesen des Unternehmertums‘ zu entwickeln.
Ich glaube, der Unternehmer, der ideale Unternehmer, mein Idealbild, ist eben
der, der ein Stück seiner Existenz, ein Stück seines Fleisches hergibt. Sein oder
Nichtsein. Er ist auch bereit, unterzugehen, physisch. Er ist bereit, ein Stück von
sich herauszuschneiden, im schlimmsten Fall, für sein Projekt ... Es hat etwas
sehr Existentielles, etwas sehr... Es ist ist wie der Kapitän, nicht wie der Schet-
tino, sondern der Kapitän, der ganz zum Schluss, wenn die letzte Person geret-
tet ist, dann vielleicht nicht mehr vom Schiff gehen kann und wahrscheinlich
stolz untergeht. Glücklich vielleicht sogar. Weil er seine Pflicht erfüllt hat. Ich
glaube schon, dass der ideale Unternehmer bereit ist, sein Leben zu geben.
Letztendlich. Sehr viel zu geben. Herzinfarkt. Einfach zu viel gearbeitet. Weil es
noch etwas gibt, das grösser ist als er selbst. Man könnte es auch noch einmal
anders formulieren. Natürlich weiss man nicht, ob man die Finanzierung zusam-
menbringt. Niemand weiss das. Aber das ist wieder eine banale Aussage. Das
ist ja so bei jedem Projekt. Das gilt auch für andere Projekte, die etwas profaner
sind. ... Jeder Unternehmer muss damit rechnen, dass sein Plan nicht aufgeht.
Aber wenn man im Vorfeld zu fest betont, eventuell geht mein Plan nicht auf,
dann hat das auf eine Art... das ist eine Art die Exit-Türe schon ein bisschen
aufmachen. Und das sollte man nicht. Und deshalb habe ich am Anfang das
mit dem Stück Fleisch gesagt, das man sich rausschneidet. Aber das ist jetzt
alles ein bisschen überspitzt formuliert.
Seine heroische Auffassung vom Unternehmertum ergänzt Steff noch um eine wei-
tere Dimension. Er spricht von einem permanenten Widerstreit, in dem er sich be-
finde...
Permanent ist dieser Widerstreit zwischen wie weit gehst du jetzt, was gibst du
auf, was gewinnst du, abwägen, entspricht das noch deiner Grundhaltung, was
du jetzt machst, entspricht es dem nicht. Das ist mir permanent bewusst. Ich
habe dabei ein sehr gutes Instrument schon vor langer Zeit für mich gefunden.
Der Tunnel
Ich führe sehr gerne Selbstgespräche. Sehr sehr gerne. Rede und Widerrede.
Und zwar laut. Manchmal auf dem Trottoir. Manchmal sind die Leute irritiert,
wenn sie mich reden hören. Seit es Handys mit Kopfhörer gibt, meinen sie
wahrscheinlich, ich habe ein Handy. Das entlastet mich etwas, weil sie meinen,
dass ich ins Handy spreche. Ich mache das permanent ... Ich kann sehr hart mit
mir ins Gericht gehen.
...um abschliessend ,ganz banal‘ wieder an der Europaallee zu landen.
Ich könnte jetzt auch banalere Aussagen machen. Wir haben jetzt ja ein philo-
sophischeres Gespräch über diese Themen geführt. Aber man kann auch ver-
suchen, ganz banale Aussagen zu machen. Zum Beispiel: Wo soll man denn
verdichten, wenn nicht beim Hauptbahnhof? Das ist eigentlich richtig. Klotzen
am Hauptbahnhof und nicht die Landschaft verschandeln ... und die Zersiede-
lung fördern. Sondern wenn schon, dann müssen wir ganz dicht sein beim
Hauptbahnhof ... Die Grundidee, dass man dort wirklich klotzt, ist grundsätzlich
sowieso nicht falsch ... Wir beide hätten es ja wahrscheinlich anders gemacht.
Aber ob jetzt das Ergebnis so schlimm ist? Ich muss dir ehrlich sagen, die ganze
Europaallee wird mir in der Zwischenzeit sympathischer. Ich finde es nicht mehr
so schlimm. Das ,Hin und Weg‘ [ein Café] und das UBS-Café. Das finde ich
Urbanität. Alle wissen genau, ah, das ist das UBS-Café. Und tatsächlich, wenn
man hineinschaut, wer dort sitzt, alle in der Schale, alle mit Krawatte, die Da-
men im Deux-Pièces, es ist fast lustig. Und ein paar Schritte später, wenn man
etwas weiter geht, dann kommt das Hin und Weg. Und das ist das Stammlokal
der Pädogogischen Hochschule. Dort sitzen die jungen Lehrerinnen und Lehrer
drin. Und sie lieben das Lokal. Ich weiss das, weil meine Frau dort arbeitet. ,Hin
und Weg‘ ist für PH-Dozenten und Studenten, das ,Hin und Weg‘ ist genau ihr
Ding. Dort fühlen sie sich ganz wohl. Und der Banker ist ein paar Schritte weiter
im UBS-Café. Es ist witzig. Diese Banker sind ja auch nicht nur... die gehören
auch in eine Stadt. Dass man auf kleinem Raum diese verschiedenen Kulturen
vermischt, Verdichtung heisst ja auch, dass man aushalten muss, dass es ver-
schiedene Leute gibt, die ganz nah beieinander funktionieren ... Ich glaube, das
dichte Teil, das dort entsteht, das bietet auch Chancen. Jetzt ist es halt so, wie
es ist. Die Architektur finde ich ja auch durchzogen, obwohl ich gewisse Ge-
bäude nicht ganz schlecht finde. Aber jetzt haben wir diesen Klotz, und zusam-
men mit diesen Läden, das kann man auch nicht mehr rückgängig machen, das
wird jetzt bleiben, und zusammen vor allem mit Kosmos ... kommt das dann
auch als Ganzes gar nicht so schlecht. Das ist jetzt auch eine Aussage zu dieser
Spannung. Man könnte vielleicht sagen, vielleicht ist diese Spannung gar nicht
so gross, wie wir meinen. Vielleicht. Vielleicht. Das haben wir doch schon ein
paarmal erlebt.
Seit dem Tag, als Samir mit seinem Arthouse-Kino-Projekt und seinem Wunsch zu
mir kam, es in Geld und Geist zu integrieren, bin ich mit seiner Idee, seinen Ideen,
seinen Überlegungen und Plänen immer mehr vertraut geworden. An zahlreichen
Stellen dieser Arbeit sind sie und seine Rolle in unserem gemeinsamen Projekt ex-
plizit246 und implizit247 eingeflossen und präsent. Gleichwohl fehlt bislang seine
Stimme als eine ganz persönliche Stimme, fehlt ein Beitrag, der Auskunft gibt über
sein Selbstverständnis als ,Kosmonaut‘, als ,kosmopolitischer‘ Akteur und Mitiniti-
ant. Ich habe ihn deshalb gebeten, mir behilflich zu sein, diese Lücke zu schliessen.
Er meinte, es falle ihm leichter, seine Gedanken im Rahmen und in der Form eines
Dialogs mit mir zu formulieren. Die untenstehenden Zitate sind der Transkription
des Gesprächs entnommen und von mir lediglich mit inhaltsbezogenen Überschrif-
ten versehen.
Wie ich auf das Kinoprojekt kam…
Ich muss dir ehrlich sagen, als ich angefangen habe, mich umzuschauen, wo
man neue Arthouse-Kinos machen könnte, war für mich ganz klar, dass das
nicht einfach Kinos sein können. Das war logisch. Ich kann mich erinnern, als
ich zum ersten Mal zu Edy [Stöckli] gegangen bin und ihm gesagt habe, schau,
du hast das Kino Roland. Sex-Kinos gibt es jetzt bald nicht mehr. Das wissen
wir ja. Also wusste ich, dass im Innenhof des Kino Roland [Sex-Kino an der
Langstrasse] noch Werkstätten sind, die ich alle kenne. Ich habe immer gedacht
und es war so klar, dass die Langstrasse das Ausgeh-Zentrum werden wird. Also
habe ich Edy gesagt, das Roland wäre dann quasi das Empfangszentrum. An
der Ecke eine Bar, eventuell ein Restaurant und... Anstatt Kinos könnte man
auch kleine Konzerte machen, Events und hinten im langen Schlauch im Hof
könnte man dann die einzelnen Kinosäle aufreihen, sechs oder sieben. Er sagte,
dann gibt es aber Probleme mit den Nachbarn. Wir könnten das überdachen,
sagte ich, das wäre dann ein Ausgehzentrum. Von Anfang an konnte ich es mir
gar nicht mehr vorstellen, ein reines Kino. Das ist unmöglich. Ich hatte ja auch
das RiffRaff bestechend gefunden, es tönt blöd, aber der Ort ist ja eigentlich
wegen der Bar entstanden und nicht wegen des Kinos. In dieser Zeit, in den
90er Jahren war das vollkommen aussergewöhnlich, eine solche Bar in Zürich
... Diese Bar war aussergewöhnlich, und es hatte noch zwei Kinosäle. Das hat
Über die allmähliche Verfertigung der Idee beim Tun
mir eingeleuchtet. Und es hat auch genau so funktioniert. Und du weisst ja
auch, dass ich gerne koche. Ich habe mal einen Witz gemacht: Wenn jemand
würde wollen, dass ich eine Filmschule eröffne, wenn ich dann mal pensioniert
bin, dann würde ich von jedem als Prüfung nicht einen Film verlangen, sondern
ich würde von jedem verlangen, ein 5-Gang-Menü mit dem gleichen Ausgangs-
material zu kochen.
Ich möchte wissen, wie es funktioniert…
Ich bin nicht jemand, der einen Film macht und dann zum Verleiher geht und
sich nachher wundert, warum sein Film nicht im Kino läuft oder so, sondern ich
will wissen, warum sie nicht im Kino sind, wer hat was entschieden, wie funk-
tioniert das, all diese Sachen. Also ich sage jetzt mal, das Wissen ist einfach
intuitiv und hat sich aufgebaut... Die meisten Regisseure, die Filme machen,
sagen, ich mache Filme fürs Fermsehen oder ich mache Arthouse-Filme, ich bin
nur Künstler, oder ich mache nur Filme, die in die Cineplexe kommen müssen,
oder Komödien. Das ist wirklich so. Aber ich habe das nicht so gehabt ... Und
das hat dazu geführt, dass ich aus Neugier über wirklich alles Bescheid gewusst
habe gegenüber all meinen Kollegen, was natürlich dazu geführt hat, dass ich
Probleme gehabt habe mit den Kinobesitzern, mit den Verleihern und so, weil
die gemerkt haben, dass ich einfach dreinrede, weil ich Sachen weiss, die sie
vielleicht auch anders anschauen, aber manchmal war ich auch schneller als sie.
Ich habe mich einfach eingemischt…
Als wir in den 80er Jahren angefangen haben, da hat es entweder nur den alten
Kuchen gegeben, Fredi Murer, Klopfenstein und so, und dann gab es noch
Werbefilmer. Sonst gab es nichts. Bei meinem ersten Film musste ich ausrech-
nen, ob es sich lohnt, eine Tournee zu machen mit dem Film und dafür einen
Videoprojektor zu kaufen, der ungefähr so gross war wie dieser Tisch. Das
heisst, wir mussten einen Toyota-Bus dazukaufen, und unseren Player, den wir
am Schnittplatz hatten, mussten wir auch transportieren. Jeder andere hätte
doch gesagt... ein Filmkünstler hätte gesagt, das interessiert mich nicht, mach
ich nicht. Wir haben es gemacht. In diesem Sinne waren wir natürlich schon
unternehmerisch. Ich habe damals extrem gepusht, was aber damit zu tun hat,
dass ich in den 70ern politisch tätig war und gewusst habe, dass man in eine
Gesellschaft eingreifen kann. Man kann die Weststrasse besetzen mit zwanzig
Leuten, und wenn man nachher im Zürileu248 eine dicke Kioskfrau hat, die mit
zwei grossen Pneus fotografiert wird, wie sie Barrikaden baut, dann merkst du,
aha. Alle meine politischen Freunde haben gedacht, wir hätten verloren, weil
wir das ja stoppen wollten, ganz. Aber es gab ein Nachtfahrverbot. Das Ver-
ständnis, dass man in eine Gesellschaft intervenieren kann, war stärker als mein
künstlerisches Verständnis, Selbstverständnis als Filmemacher oder als Regis-
seur. Und das hat dann halt dazu geführt... ich habe damals das Kino Morgental
initiiert. Stand dort auf der Bushaltestelle und habe gesehen, dass es [der Ki-
nosaal] leer ist und fragte einfach. Dann habe wir eine Genossenschaft gegrün-
det ... und es hat funktioniert. Ich habe mich nicht als Unternehmer gesehen ...
Später habe ich natürlich kapiert, dass das [betont] Unternehmertum ist. Ich
habe mir vorher gar nicht soviel Gedanken darüber gemacht, was ein Unter-
nehmer ist ... In den 80er Jahren habe ich das alles gemacht, ohne einen Ge-
danken darüber zu verlieren, dass ich jetzt etwas Unternehmerisches mache
oder irgendwie so. Was wir bei den ersten drei Filmen gemacht haben, Kultur-
zentren initiieren, Kinos initiieren, einen Verleih initiieren, es ist wie Let‘s try and
do it. Wir haben keinen Moment einen Gedanken daran verschwendet, ich
habe auch nicht das Gefühl gehabt... es gab schon Freunde, die sagten, du
solltest dich besser auf deine Kunst, auf deine Arbeit konzentrieren, aber schon
damals habe ich es eigenartig gefunden, nicht auch noch... Ich glaube, das ist
eine Frage des Naturells.
Und dann fing ich an, an meine Ideen zu glauben...
Und dann in den 90ern... ich sage mal, der Zusammenbruch des Kollektivs hat
mich natürlich schon dazu gebracht, zu überlegen, was bedeutet was. Zum ers-
ten Mal hatten wir Auseinandersetzungen, die wirklich mühsam waren. Mir
wurde an der Kollektivsitzung vorgeworfen, dass ich die Kabel nicht gelötet
habe. Das stimmt, ich hatte die Kabel nicht gelötet, aber ich hatte in diese Wo-
che ein Papier geschrieben, das dann 15000 Franken eingebracht hat fürs Kol-
lektiv wegen einer Idee. Davon haben dann alle profitiert, alle, auch die, die mir
vorgeworfen haben, ich hätte meine Arbeit nicht gemacht. Ich hatte damals
selber ja noch die Idee vertreten, dass körperliche Arbeit und all das viel viel
wertvoller ist. Aber da ist mir zum ersten Mal richtig bewusst geworden, was
jeder Werbegrafiker damals schon gewusst hat, dass seine Arbeit unbezahlbar
ist, wenn sie gut ist ... Ich wollte keinen Dünkel entwickeln, und ich wollte kein
Bourgeois werden. Das waren ziemlich heftige Auseinandersetzungen damals.
Wie ich halt so bin, wollte ich das pragmatisch und technokratisch lösen, indem
ich Vorschläge gemacht habe, wie man diese ganzen Kollektive umbauen
könnte. Ein Kollektiv von Technikern, ein Kollektiv von Ideenentwicklern, alles
unter einem gemeinsamen Dach usw., eine Produktionseinheit, die das alles
produziert. Ich habe ziemlich ausgetüftelte Vorschläge gemacht, bin damit aber
total gescheitert und habe aufgegeben ... Dort habe ich gemerkt, dass meine
Ideen mehr wert sind. Bis dorthin, bis nach meinem dritten Film habe ich meine
Ideen nicht wichtiger genommen als die der anderen. Und in diesem Sinne war
ich auch kein Prototyp eines Regisseurs, weil die meisten Regisseure, die ich
kenne, gehen mit einem solchen Ego ans Werk, weil sie so überzeugt sind von
sich, dass es nur zwei Sachen gibt. Entweder du bist ein Überflieger, oder du
bist ein Loser. Ich habe zum Glück das nicht gemacht, und so gesehen, habe
ich auch nie verloren. Ich habe aber auch nie gewonnen.
...um etwas verändern zu können…
Aus meinem Selbstverständnis heraus, privat und persönlich, habe ich erlebt,
wie zwei Kinosäle im Dörfli249 und eine Beiz daneben, was das für einen Einfluss
haben kann, um etwas zu verändern. Ganz real. Das ist ein Mikrokosmos, von
heute aus betrachet. Die Stadt war damals viel kleiner. Oder das Commercio
mit einem kleinen Kino, was das für Auswirkungen hat in einer Stadt, und zwar
in der kulturellen Wahrnehmung. Als ich in die Welt hinaus bin und gemerkt
habe, dass vergleichbare Städte überhaupt nicht diese Kinolandschaft haben
wie Zürich, und als ich dann im Business war und gesehen habe, dass in der
Schweiz eine Rate von... eine Quote, also das Segment von Arthouse, das ist
unvergleichbar in der Welt, was wir hier haben ... Das ist ja meine höchst per-
sönliche Wahrnehmung. Und dann kommt noch das Analytische dazu, Archi-
tektur und Stadtentwicklung, Migrationsbewegungen ... Das waren schon im-
mer meine Themen, persönlich und politisch, als ein Linker. Als ich kapiert habe,
dass es Gramsci gibt und die paar Sachen gelesen habe und kapiert habe, was
er gemeint hat mit der kulturellen Hegemonie, habe ich gewusst, dass Linkssein
mehr ist als eine Partei zu gründen. Es nützt nichts, eine Partei zu gründen,
wenn du die Gesellschaft ändern willst ... Das hat dazu geführt, dass ich ge-
merkt habe, wenn man Filme macht, dann ist man an einem Ort, wo man Ideen
entwickeln kann und nicht einfach reine Kunst macht. Dann hatte ich auch kein
schlechtes Gewissen mehr. Von dem Moment an war es viel einfacher. Ja, in
ein Kollektiv gehen, ja, dort mitmachen, dort Einfluss nehmen, ja, einen Beamer
kaufen, einen Verleih machen, Filme an den wildesten Orten projizieren, in Ki-
nos, aber auch in Museen, sogar in Zirkuszelten. Was wir nicht alles gemacht
haben...
...wozu für mich das analytische Denken gehört…
Und von diesem Moment an habe ich auch verstanden, dass so wie ich in der
Welt funktioniere, indem ich einfach überall meine Augen habe und überall
meine Ohren, überall mitrede, und mit dem Reden auch zu verstehen probiere,
was ich eigentlich sage und was die anderen sagen, dass das zu dem führt, was
ich auch mache. Nicht nur Film. Aber auch [betont] Film. Jemand hat mich mal
gefragt, was gewesen wäre, wenn ich nicht politisch geworden wäre. Ich
glaube, von meiner Wahrnehmung her wäre ich fast ein autistischer Künstler
geworden, der an phänomenologischen, visuellen Momenten ein grosses Inte-
resse entwickelt hätte. Aber ich hätte das wahrscheinlich nicht einordnen kön-
nen. Ich hätte die vage Idee gehabt, dass ich ein guter Mensch bin und links
und dass ich für das Gute sein sollte und für eine menschlichere Gesellschaft,
für Partizipation und so, aber das analytische Denken hätte gefehlt, was jetzt
immer dazu führt, dass meine Filme von den meisten Kritikern als zu kompliziert
beurteilt werden. Aber so lange sie emotional bleiben, ist mir das eigentlich egal
[lacht].
So ist KOSMOS ein bestimmtes Abbild meiner Welt…
Ja, ich bin wie das Kosmos. Sehr wahrscheinlich du ja auch. Darum machen wir
das auch. Ja, ich bin das. Ja, ich bin so. Ich sitze gerne irgendwo rein und mache
nichts und schaue nur den Leuten zu. Ich sitze gerne irgendwo rein und habe
wilde, hitzige Diskussionen und streite mich bis aufs Blut mit jemandem. Ich
habe den Moment gerne, wo ich einfach mit Leuten etwas Gutes esse und
ihnen zuhöre. Vom ganzen Rest müssen wir gar nicht reden ... Heute kannst du
dir wirklich überall Filme ansehen. Ich habe gestern nacht drei Filme ange-
schaut, den einen auf dem Tablet, den anderen auf dem Compi, und den drit-
ten dann doch im Fernsehen, weil ich ihn etwas grösser haben wollte.
Ich glaube an die Zukunft des Kinos…
Ja, es ist schon lässig, ins Kino zu gehen ...Dass ich an die Zukunft des Kinos
glaube, hat ... mit meinem Verständnis der Menschen zu tun. Grundsätzlich
sind Menschen soziale Wesen. Wer das nicht versteht, wird die Menschen nicht
verstehen. Man geht jemandem gerne zuhören, sei es an einer Lesung, sei es
ein Film, sei es im Theater, sei es in einem Konzert. Das ist einfach so ... Dort
bin ich unerschütterlich. Wenn man Orte schafft, wo man Lust hat hinzugehen.
Darum müssen wir Kosmos machen. Wir müssen wirklich einen Ort schaffen,
wo die Leute sagen, that‘s a must. Natürlich nehmen wir damit etwas von dem
Eventitis-Geist auf, das stimmt, aber, um das Beste daraus zu machen.
Im Rückblick...
muss ich sagen, dass wir einfach noch schlauer hätten sein sollen. Aber das
bringt nichts, so etwas zu denken. Nein, eigentlich nichts. Sicher haben wir un-
terschätzt, dass der Widerstand so zäh ist. Das ist schon verblüffend. Aber es
passt eigentlich zu unserer Wahrnehmung, wie die Welt funktioniert. Oder:
nicht wegen der SBB, sondern trotz der SBB ... Klar würde man sich wünschen...
zwar hat die SBB gemerkt, dass wir etwas machen, das sie nicht machen kön-
nen. Sie waren in diesem Sinne auf uns angewiesen, darum haben sie unser
Projekt schlussendlich auch bewilligt ... und möglich gemacht ... Klar hätte es
anders laufen können. Aber jetzt ist es auch gut. Ich bin wirklich ganz, ganz,
ganz zufrieden. Wir haben jetzt einen Kompromiss. Ok. Alles ist ein Kompro-
miss dort. Im ganzen Gebäude. Und das wird es sehr wahrscheinlich auch char-
mant machen.
Ich mache mir Sorgen, habe aber keine Angst…
Ja natürlich [können wir noch scheitern]. Wir sind noch sehr gefordert. Es ist
nicht so, dass ich da naiv reingehe ... Ich bin nicht naiv, aber ich habe keine
Angst. Und natürlich mache ich mir Sorgen. Immer wieder. Immer wieder. Je-
den Tag, wenn ich mit meinem Velo dort vorbeifahre in mein Büro. Jeden Tag
schaue ich dann dort hinüber [auf die Baustelle]. Aber ich kann es auch nicht
erklären. Nichts scheint mir unmöglich in dieser Sache. Ich weiss es nicht. Nur
unsere beschränkte Zeit. Das ist alles. Es wäre schön gewesen, wir wären schon
so weit gewesen vor einem Jahr... Aber das kann man immer sagen. Und zum
Glück kenne ich das vom Filmen. Jedesmal stellen wir da eigentlich ein imagi-
näres Einfamilienhaus auf. Ich habe schon hundert Häuschen gebaut. Fast ein
halbe Stadt. Und vieles ist schiefgelaufen. In dieser imaginären Stadt, die ich
gebaut habe, hat es ein paar Lotterhäuschen und ein paar Ruinen. Es hat sogar
ein paar Keller, die nur ausgehoben sind ... Wenn ich jetzt an die über hundert
Filme denke, diese Hütten und diese Paläste [lacht]. Das ist lustig... eine Chaos-
siedlung [wir lachen beide]. Ich müsste das mal visualisieren ... Ja, auf diese Idee
bin ich noch gar nie gekommen. Das wäre wirklich lustig. Was ist das Hautge-
bäude, wie würde das aussehen, wenn man das als Architekt ... Wo ist die Main
Street. Und wo sind die Nebengassen. Was ist ganz draussen, eine Hütte, die
gar nicht dazugehört. Man müsste ein Achse bauen, Main Street, dann rechts
und links, konservativ und progressiv. Aber das ist die Basis. Ich habe auch viel
Glück gehabt in meinem Leben. Und dann kommt dazu: Mit 18 Jahren war ich
wirklich am Ende meiner Karriere. Hatte nichts mehr, war arbeitslos. Stand da
vorne auf der Brücke, wo sich früher... auf der anderen Seite der Hardbrücke,
dort ist man gestanden für einen Tagesjob. Dort bin ich gestanden, monate-
lang, und habe auf einen Job gewartet, dass irgendeiner stoppt und... Das war
das Ende. Was machst du jetzt noch? Und von da weg ist alles, was ich... Das
war nach meiner Typographenlehre, bei der ich rausgeschmissen wurde. Bin im
dritten Lehrjahr rausgeflogen. Wir machten einen Streik, den wir gewannen,
aber ich bin rausgeflogen. Ich wollte dann noch das letzte Lehrjahr abschliessen,
aber in jener Zeit, das waren die 70er Jahre, ich war auf der schwarzen Liste.
Ich habe überall eine Zusage bekommen, und wenn ich dann meine Sachen
eingeschickt habe, haben sie abgesagt. Einen habe ich dann mal gepackt, und
der hat mir gesagt, also mit dem, was sie da alles angestellt haben, kann ich sie
nicht anstellen. Ich sagte, ich will ja nur meine Lehre fertigmachen. Habe das ja
später in meiner Fiche alles gesehen. Dann habe ich wirklich nichts mehr gefun-
den. Wenn du auf der schwarzen Liste bist... dann bin ich in Service gegangen,
und das war dann der einzige Ort, und das auch nur, weil dort ein netter Typ
war, der mich beschützt hat, wenn du so willst. Der hat mich irgendwie ausser-
gewöhnlich gefunden. Im Rigiblick habe ich dann arbeiten können. Ich kann dir
nichts anderes erklären als dass ich... Ich bin nicht naiv, aber... Angst nein, Sor-
gen ja.
Ich bin halt das halbvolle Glas…
Es gibt Leute, die sagen, ich vertraue schon sehr den Menschen. Das stimmt.
Ich bin halt das halbvolle Glas und nicht das halbleere, all das, was man so sagt.
Da ich so gegen die 60 zugehe, ist es auch das Wissen, dass wenn man es nicht
gemacht hat... wenn man es nicht probiert hat, dann hat man versagt. Und
nicht, wenn man verloren hat. Das ist doch eine Binsenwahrheit. Etwas anderes
weiss ich jetzt auch nicht zu sagen.
Schon zu einem frühen Zeitpunkt in der Projektentwicklung ist uns bewusst, wie
zentral das gastronomische Konzept und die dafür veranwortlichen(n) und es um-
setzende(n) Person(en) für das Gelingen des Gesamtprojekts sein werden. Die Er-
wartungen sind nicht gering: Einerseits stellt bereits die Grösse, der zu bewälti-
gende Umfang der gastronomischen Dienstleistung erhebliche Ansprüche,
andererseits erfordert die Abstimmung mit den anderen Angeboten (Kinopro-
gramm, Veranstaltungen) eine hohe logistische Flexibilität, und drittens soll(en) die
verantwortlich(en) Persönlichkeit(en)sich mit der kosmonautischen Idee identifizie-
ren, über den rein gastronomischen Bereich hinaus ein gewisses Flair für den zu
gestaltenden Kosmos besitzen. Darüberhinaus möchten wir nicht mit den bereits
einschlägig bekannten Namen der hiesigen ,Szene‘-Gastronomie250 aufwarten,
sondern neuen, möglicherweise noch unbekannten Personen eine Chance geben.
Es versteht sich von selbst, dass wir es mit diesem komplexen und zum Teil wider-
sprüchlichen Anspruchsprofil nicht leicht haben, fündig zu werden. Vor der eigent-
lichen Suche nach einem Gastronomie-Partner ging es allerdings vorerst darum,
jemanden beizuziehen, der uns bei der Planung der Dimensionierung und Ausstat-
tung der Kücheneinrichtungen beraten konnte. Dabei sind wir mit David Höner in
Kontakt gekommen. Samir und David kennen sich seit der Schulzeit. „David Höner
ist sehr vieles. Nur nicht sesshaft ... auf der Broterwerbsliste [bringt er es auch auf]
Schiffskoch, Fachjournalist, Buchautor und Mineur“.251 Er lebt derzeit in Ecuador
und kommt immer wieder für seine Projekte in die Schweiz. Vor rund neun Jahren
nutzte er seine Ausbildung zum Koch und gründete mit Freunden das Hilfswerk
Cuisine sans frontières.252 David berät uns fernschriftlich und während seiner spo-
radischen Aufenthalte in Zürich. Wir können uns vorstellen, dass er schlussendlich
auch den Gastrobetrieb übernimmt. Dazu müsste er allerdings wieder nach Zürich
zurückkehren. Es finden Gespräche statt und längere Mails werden ausgetauscht.
Am 21.04.2014 schreibt David:
Um künftige Missverständnisse zu vermeiden, werde ich kurz umreissen, wa-
rum ich beim Projekt von Euch mitziehen möchte. Vorab, ich halte die Euro-
paallee und ihre Begleiterscheinungen städtebaulich und politisch für fragwür-
dig. Die Absicht, einen Ableger der Bahnhofstrasse ins Aussersihl wachsen zu
lassen, ist ein rein konsumorientiertes, kapitalistisches Geschäftsmodell, dem
ich nicht viel abgewinnen kann. Einer Stadt, in der Durchschnittsverdienende
keine Wohnungen mehr bezahlen können, hätte ein etwas weniger grossmäu-
liges urbanes Kultur- und Gesellschaftsprojekt gut getan. Aber Zürich kompen-
siert seine Kleinstadtkomplexe mit Geld. Vom Sechseläutenplatz zur La-
gerstrasse. Weil nun die Initianten versuchen, das ganze Unternehmen, mit
seiner eiskalten Architektur und den üblichen Verkaufsstellen aufzuwerten,
wird Platz geschaffen für nicht ganz mainstreamkonforme Kleingeschäfte und
Handwerksbetriebe (Goldschmied, Masschneiderei etc.), denen man zu günsti-
gen Konditionen Rohbauanteile überlässt, damit sie sich beim Endausbau das
Genick brechen. Obacht!
Seit rund dreissig Jahren lebe ich mehrheitlich im Ausland und sehe, woher der
zürcherische Wohlstand kommt. Trotzdem bin ich der Stadt immer noch stark
verbunden. Denn wie das Pendel auf die eine Seite ausschlägt, so eben auch
auf die andere, und die Stadt hat neben ihrem geradezu obszönen Hang zum
gnadenlosen Geldmachen auch viele Dinge anzubieten, die innovativ, farbig,
frisch und auf eine spannende Art und Weise zukunftsorientiert sind. Diesen
Projekten und Menschen fühle ich mich verbunden. Die Cuisine sans frontières
ist etwas, das sich für mich nur von Zürich aus realisieren liess. Dafür bin ich
dankbar.
Ich glaube, dass die 2000 Watt Gesellschaft machbar ist, glaube an das urbane
Kollektiv, an mögliche Veränderungen im Konsumverhalten der Gesellschaft,
an Kultur, die nicht nur buntes Beiwerk zum Lifestyle ist. Ich glaube auch daran,
dass mein Engagement in einem solchen Projekt wie dem Kosmos richtig ist.
Und auch daran, dass die Stadtentwicklung in jeder Beziehung das Gesicht der
Bewohner zeigen soll, so die Bewohner sich denn dafür einsetzen, was aus ihrer
Stadt wird. Wenn die Europallee ein Modell sein soll, wie Städte aussehen wer-
den, so liegt es auch an mir, an einem solchen Modell mitzuarbeiten. Hier liegt
meine Motivation.
Ich bewundere Euren Mut, sich mit diesen Leuten anzulegen. Aber, no risk no
fun! Und so wie es unter den Geschäftsleuten durchaus auch Unternehmer mit
einem sozialen Bewusstsein gibt, so gibt es bei den Mitgliedern der alternativen,
linken, grünen, anarchistischen und sonstigen Bewegung Leute die, über den
eigenen Nasenspitz hinaus, den Kontakt mit Andersdenkenden nicht scheuen
und Gemeinsamkeiten nutzen. Das muss so sein. Wenn ich auch gewissen
Gruppen gegenüber immer radikaler werde, Glencore ist für mich eine krimi-
nelle Organisation, habe ich doch keine festzementierten Vorurteile gegenüber
jedem, der Geld hat.
Als David zwei Monate später in Zürich ist, einigen wir uns im Verlauf eines länge-
ren Gesprächs gemeinsam darauf, die Option einer künftigen Geschäftspartner-
schaft nicht mehr weiter zu verfolgen. Sein Zögern, mittelfristig wieder definitiv in
die Schweiz zurückzukehren und seine vom ihm beschriebenen projektspezifischen
Vorbehalte haben letztlich den Ausschlag gegeben.
Wie an verschiedenen Stellen dieser Arbeit beschrieben, ist das KOSMOS-Projekt
mit dem Ziel der Schaffung eines starken Ortes von Beginn weg als eine im sloter-
dijkschen Sinne ,atmosphärische Installation‘ gedacht und zu verstehen. Der Begriff
,Installation‘ weist auf die Absicht, den Plan, das Herstellen, auf das Design von
Atmosphäre(n) hin. Im Zusammenhang mit der Explikation des Begriffs der Atmo-
sphäre bezieht sich das Atmosphärendesign auf den Objektpol des Atmosphäri-
schen, auf die Gestaltung des Raums, von Räumen, auf das Materielle, die Materi-
alien, auf Oberflächen, Farben und Formen, Licht und Schatten, Geruch und
Geschmack, auf Gegenstände und noch mehr auf die Produktion von Atmo-
sphäre(n) durch die Architektur des zu schaffenden Ortes. Es geht dabei um die
architektonische(n) Atmosphäre(n) resp. die durch die spezifische Architektur
(mit)gedachte, (mit)gestaltete und von ihr (mit)verantwortete Atmosphäre. Es geht
um den spezifisch atmosphärischen Ansatz in der Planung der (Innen)Architektur.
Wenn unter den Kosmonauten Einigkeit über den Wert des Atmosphärischen be-
steht, der einem Ort eingeschrieben ist, der den Anspruch erhebt, stark zu sein, so
ist damit allerdings noch keine Aussage über die Qualität dieser (besonderen) At-
mosphäre getroffen und noch weniger eine über die adäquaten gestalterischen
Mittel zur Beförderung der gewünschten Qualität. Gemeinsam mit den von uns
beauftragten Architekten sind wir auf der Suche nach den Bedingungen der Mög-
lichkeit eines mit der kosmonautischen Idee korrespondierenden Atmosphärende-
signs. Im Architekturbüro finden Workshops statt. Zum Auftakt empfangen uns
die Architekten wie üblich in ihrem Sitzungszimmer, dessen weisse Wände nun
plötzlich schwarz sind. Eine Atmosphäre ist inszeniert worden. Wir sind mit einer
Gestaltungsidee konfrontiert, die von ihnen im folgenden Text beschrieben ist.
Material und Farbkonzept: ein Grundsatzentscheid
Die Ausgangslage: Kino, Gastrononmie und der Buchsalon bilden eine Einheit
und sprechen die gleiche Sprache.
Der Besucher nimmt den KOSMOS beim Betreten unmittelbar wahr.
Die Räumlichkeiten bilden ein funktionales Raumkonglomerat. Die drei Ge-
schosse bilden keine ablesbare Raumstruktur. Wir sprechen also nicht von einer
Halle, einer Galerie oder einem Hof. Wir machen uns diese Tatsache zunutze
und bilden einen ,Nicht-Raum‘.
KOSMOS bildet den Hintergrund für Filme, Essen, Bücher, Aufführungen, Aus-
stellungen usw. Diese Hintergrund ist offen und flexibel für alle und alles. Er ist
SCHWARZ. Diese Grundidee überrascht durch seine Einfachheit, Nachvollzieh-
barkeit und Umsetzbarkeit: Der KOSMOS ist schwarz - sein Inhalt ist farbig und
bunt.
KOSMOS bildet den Rahmen für Illusionen, Phantasien und Fiktionen. Der per-
fekte Rahmen dafür ist ein schwarzer Hintergrund. Schwarz lässt sich in vielfäl-
tiger Weise mit den Inhalten von KOSMOS aufladen:
ideell: Filme, Bücher, Gerichte und Ausstellungen kommen auf schwarzem Hin-
tergrund zur Geltung: Menschen und Angebot rücken in den Vordergrund. ma-
teriell: schwarz ist nicht gleich schwarz: glänzend und matt, rau und glatt. Je
nach Nutzungs- und Gestaltungsanspruch findet die Materialisierung in
Schwarz ein Äquivalent in Holz, Metall, Textil, Keramik, Kunststoff etc.
Schwarz ist der gemeinsame Nenner. Ob man sich mit den Oberflächen, den
Möbeln, der Gastronomie, der Corporate Identity, den Büchern in konzeptio-
neller, schreibender oder entwerfender Weise auseinandersetzt: Schwarz kann
sich behaupten - Kompromisse und Ausnahme müssen möglich sein.
Die Konsequenz: Mit Schwarz rückt das Licht ins Zentrum. Das All ist schwarz,
was wir sehen, sind die Sterne. Sie beleuchten, was wir zeigen, inszenieren,
illusionieren wollen.
Es tauchen Fragen auf, Einwände werden formuliert. Wollen wir eine „schwarze Atmosphäre“?
Alles schwarz: die Decken, die Wände, die Möbel? Welche Stimmung erzeugen, vermitteln, sug-
gerieren schwarze Materialien? Ist schwarz nicht omnipräsent in der Mode und im Design? Wirkt
es nicht geschmäcklerisch?
Der Kosmos ist schwarz. Dieses starke Konzept wird solange nicht langweilig
oder banal, solange wir es verstehen, mit den Ausnahmen umzugehen. Im Ext-
remfall haben wir es nur mit Ausnahmen zu tun, die sich allerdings alle am
,Schwarz‘ zu messen haben. Diese Ausnahmen werden über die Nutzung, den
Betrieb und die Kosten definiert und erzeugen im Zusammenspiel mit der Ma-
terialisierung, dem Licht und der Signaletik Spannung vor dem schwarzen Hin-
tergrund.
So die Antwort der Architekten. Neben ,Schwarz‘ als dem von ihnen favorisierten
Gestaltungsprinzip taucht bereits in unseren (privaten) ersten Überlegungen ein
anderes, mit der Intention ,schwarz‘ durchaus verwandtes Begriffsfeld auf, das uns
gemeinsam vorschwebt, wenn wir über die Herstellung von Atmosphäre mit den
Mitteln der Architektur nachdenken:
Wir erweitern das bekannte Gestaltungstheorem form follows function zu atmo-sphere follows function in dem Sinne, dass nicht unsere ästhetischen Präferenzen
die Grundlage für gestalterische Entscheidungen bilden, sondern das Atmosphä-
rendesign sich aus einer gründlichen und sorgfältigen Funktionsanalyse heraus ent-
wickelt. Es geht darum, die Ereignisse, Situationen und Konstellationen, die am Ort
und durch den Ort entstehen, zu antizipieren und mit gestalterischen Mitteln eine
Atmosphäre zu schaffen, die solche Ereignisse, Situationen und Konstellationen
unterstützen und erleichtern. Das unten abgebildete prozesshafte Mapping von
Dimitri Seibane (Burkhard & Lüthi Architekten) stellt einen Versuch dar, die Struktur
des Ortes zu verstehen und die Schnittstellen eines Atmosphärendesign damit zu
verknüpfen. Hinter dem prozesshaften Mapping steckt die Hoffnung, dass wir
nicht über Ästhetik diskutieren (müssen), sondern das Ästhetik aus diesem Prozess
heraus entsteht.
unintended consequences
starken Ortes
nota bene
Atmosphären-Explikation
Geld und Geist
... Geld und Geist
Geld und GeistGeld und Geist
Geld und Geist Geld und Geist
The Public Realm
Public Realm
open vs closed systems, borders vs boundarieswall vs membrane
where strangers meet
Quant: The public realmThe Blackwell City Reader
The Fall of Public ManThe Conscience of the Eye
Flesh and Stone
sensu
The Human Condition
Interpretation of Culture. Selected EssaysThe presentation of self in everyday life
The Politics of Envelope
InterSections: Architectural History and Critical TheoryThe Politics of Envelope. A Political Critique of Materialism
Martin Roth ist seit dem Sommer 2014 ins KOSMOS-Projekt involviert. Nach dem
Investoren-Anlass von Ende Mai hat er sein Interesse signalisiert, ins Projekt inves-
tieren zu wollen, sein Engagement allerdings an die Bedingung geknüpft, mitge-
stalten zu können. Martin führt mit seiner Frau Monica Maerchy eine Kommunika-
tionsagentur im zürcher Seefeld. Er ist seit längerem mit Samir und Stina
befreundet. Sie teilen sich ein Ferienhaus im Bündnerland. Martin nimmt jeweils
am jour fix mit den Architekten teil und hat soeben das Investoren-Booklet über-
arbeitet. Er gehört seit Monaten mit den Architekten und uns dreien (Samir, Ursina
und mir) zum Kernteam und ist somit aktiv an der Projektentwicklung beteiligt.
Unser Gespräch274 dreht sich um die Motive seines Engagements, um seine Hoff-
nungen und Zweifel, um die Chancen und Risiken des Projekts.
Identität und Idealismus
Es gibt die privaten Anknüpfungspunkte275... Und dann gibt es die, sagen wir
technokratischen Anknüpfungspunkte darin. Es gibt da ein paar Dinge, die ich
einfach kann, von denen ich weiss, dass dieses Projekt solche Dinge braucht,
das ist diese ganze Kommunikationsschiene, zumal wir [seine Firma] auch sehr
viel mit Gastronomie zu tun haben. Wir haben im Corporate Design, in der
Positionierung mit der Gastronomie zu tun... Also ich habe mich bereits intensiv
mit dieser Branche auseinandersgesetzt. Ich bin in der cuisine sans frontière
[Cuisine sans frontières (csf) ist ein gemeinnütziger Verein mit dem Ziel, in Kri-
sengebieten gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung kultur- und kommunika-
tionsfördernde Treffpunkte und Ausbildungsstätten aufzubauen]276 involviert
... Allerdings bin ich bisher als Auftragnehmer angefragt worden, es hat Kun-
den, die ein Problem oder eine Ausgangssituation haben, bei der sie professio-
nelle Hilfe brauchen, sei es in der Gestaltung oder so. Und da war jetzt plötzlich
die umgekehrte Situation vorhanden. Wenn ich also da plötzlich ein Teil davon
wäre, wäre das ein Seitenwechsel, in dem ich die Rolle der kompletten Verant-
wortung hineinkäme. Das hat mich interessiert. Und dann noch das Persönliche,
der eine Teil des Persönlichen, auf den anderen Teil komme ich noch. Der eine
Teil des Persönlichen ist der, dass die Kombination von dem, was Kosmos aus-
macht, blöd gesagt, Fressen, Kultur und Business, dass das genau das ist, das
sphères
ist mein Lebensinhalt. Ich habe auch Samir mal gesagt, wenn auch noch ein Teil
Sport dazukommen würde, was ich eben noch gerne mache, etwas, das noch
mit meinem Körper zu tun hätte, dann würde ich dort nicht mehr hinausgehen.
Das wäre dann alles vorhanden, dieser Kosmos würde mir reichen [Wir erhalten
uns spasseshalber kurz über die Möglichkeit, im Kosmos ein Fitnesscenter ein-
zurichten!] Gastronomie, Essen, ist ein Teil meines Lebens, beruflich und privat,
das war schon immer so. Ich komme aus einer Familie, wo sehr gut gekocht
wurde. Wir drei Kinder können alle gut kochen... Das ist unser Umfeld, Essen
und Kultur, so bin ich aufgewachsen ... Das ist auch mein Freundeskreis, mein
Umfeld ... Also das dritte an Kosmos ist halt auch, dass es ein Business ist. Und
jetzt komme ich dazu, warum das wohl wirklich mit mir zu tun hat. Das andere
ist vielleicht fast noch ein bisschen oberflächlich, aber schwingt einfach mit. Als
ich jetzt zu dir gefahren bin, habe ich mir überlegt und mich gefragt, was ei-
gentlich die Ausgangslage unseres Gesprächs ist, und ich habe mir überlegt,
und das tönt jetzt wahnsinnig naiv, aber ich glaube, ich bin ein extremer Idealist
im Grunde genommen. Seit der Kindheit bin ich Idealist, als Kind war ich ver-
träumt, habe mich so ein bisschen durchgewurstelt, ich war verträumt, aber
auch ein Idealist, hatte ganz schnell mal so hehre Ziele, als Jugendlicher so-
wieso, und musste auch immer wieder die Sprüche über die Idealisten hören,
dass das Leben eben doch anders tickt... Also ich habe diesen Idealismus, dieses
Weltverbesserische, dass ich das Gefühl habe, eigentlich ist der Mensch gut,
und es ist wichtig, dass man Formen findet, wo man miteinander etwas verhan-
deln kann, sehr global gesagt, Fragen verhandeln kann, die uns beschäftigen,
damit die Welt besser wird usw. Das ist immer noch tief in mir, obwohl je älter
dass man wird... aber man ist in diesem Laufrad, man tut und macht, und da
ist das nicht mehr so zentral, oder man hat auch nicht mehr diese Anknüp-
fungspunkte, deshalb unter anderem auch meine Mitarbeit bei cuisine sans
frontière... Aber andererseits bin ich nicht nur ein totaler Altruist. Zum Beispiel
cuisine sans frontière, ich mache das zwar ehrenamtlich, aber [damit habe ich]
auch schon lässige Kontakte generiert..., die uns auch wieder im Geschäft ge-
nützt haben. Also so uneigennützig ist die Sache dann doch wieder nicht. Ich
würde bluffen, wenn ich nur das Gute und Uneigennützige betonen würde...
Und da kommen wir auch noch zum dritten Punkt, etwas, das mir beim Hier-
herfahren in den Sinn gekommen ist. Ich bin eben auch noch ein bisschen ein
Gambler. Also neben dem, dass ich ein Idealist bin, habe ich als Kind gerne
Monopoly gespielt... Ich habe gerne Situationen, die wie ein Kartenhaus funk-
tionieren, wo man manchmal ans Limit gehen muss, bevor sie zusammenbre-
chen. Ich bin auch schon mit Sachen auf die Nase gefallen ... [Kosmos] ist eine
Wette auf etwas .. Jetzt geht es ja darum, die Geldgeber zu finden, und das ist
wie eine Wette. Willst du diese Wette eingehen? ... Ich bin nicht der fanatische
Spieler, der immer spielen muss, aber wenn ich die Chance haben, dann versu-
che auch irgendwie trickreich zu gewinnen oder auch die Leute zu überzeugen
oder jemanden in einem Spiel auch mitzureissen, auf eine Fährte zu bringen
oder von einer Fährte wegzubringen. Dort fängt es an, mich zu interessieren ...
Aber das macht mir dann manchmal auch wieder Sorgen, dass ich aufpassen
muss, dass ich dabei nicht vergesse, wie hochkomplex das Ganze ist. Also das
Spielerische und die Lust an dieser Komplexität ist das Eine, aber das kann dir
auch um die Ohren fliegen.
Komplexität und Kommunikation
Kosmos hat einfach einen Wert, der über das Herkömmliche hinausgeht in dem
Sinne, dass es ein Ort werden könnte..., an dem Menschen zusammen kom-
men, um sich auszutauschen, um sich zu unterhalten, um Gespräche zu führen,
die man im Alltag nicht permament hat. Wie in der Cremeschnitte die oberste
Schicht. Aber vielleicht ist auch das nur eine verdammte Illusion, und löst nur
unsere Sehnsüchte aus. Vielleicht ist es ein Sehnsuchtsprojekt. Vielleicht wird es
klappen, weil es ein Sehnsuchtsprojekt ist, oder es klappt genau deshalb nicht,
weil die Welt über Sehnsüchte nicht abgerechnet wird. Ich weiss es nicht. Das
ist eben part of the game... Und vermutlich auch, die am Schluss vielleicht eine
Million oder noch mehr geben werden, das sind dann vermutlich auch Perso-
nen, die das sonst nicht machen würden, aber genau bei diesem Projekt ma-
chen sie es vielleicht, weil sie denken, dass es jetzt anders ist als bei den Firmen,
in die er sonst investiert, die zum Beispiel Kübelsäcke herstellt, um es etwas
plaktiv zu sagen. Das ist das Interessante, dass jeder probiert, Leidenschaft rein-
zubringen ... Wenn ich Angst habe im Zusammenhang mit unserem Projekt,
dann dass es allenfalls zu komplex ist, dass zu viele Kulturen, Kulturen im Sinne
von Haltungen da aufeinanderprallen, die sich gar nicht vereinen lassen am
Ende des Tages. Oder auch Agendas. Den Inhalt haben wir ja im Kopf, und den
müssen wir jetzt ja laufend materialisieren, klarer machen, klarer vermittelbar
machen, und am Schluss sogar bauen, hinstellen. Das ist das eine. Auf der an-
deren Seite all diese verschiedenen Köpfe. Ich habe damals ja bei der Expo.02
fleissig mitgemischt... die schiere Komplexität dieses Teils war so gross, das war
schierer Irrsinn... Vermitteln. Du bist permanent am Vermitteln. Du bist [auch]
im Kosmos permanent am Vermitteln zwischen jemandem, von dem du etwas
willst, den du damit konfrontierst. Also zumindest im Moment geht es nur da-
rum. Du bist permanent am Vermitteln dieser Idee, angepasst an den, der dir
gerade gegenübersitzt. Der tickt vielleicht ganz anders als der, der vor zwei
Stunden hier sass. Und im besten Fall schaffst du es, dass du es allen etwas
gleich oder ähnlich erzählst, und dass es trotzdem alle verstehen. Das ist ja die
Kunst. Aber das geht nur bis zu einem gewissen Grad. So viele verschiedene
Leute mit ganz verschiedenen Interessen sollen verstehen, was das ist, damit es
überhaupt zustande kommt. Und das wird so weiter gehen. Kommunikation ist
so ein Wort, das vielleicht etwas überstrapaziert wird. Aber am Schluss des Ta-
ges müssen auch die Leute, die dann dort stehen und dafür sorgen, dass es
funktioniert, auch sehr kommunikativ sein ... Momentan führen wir ja auf un-
sere Art alle drei Regie. Samir würde wohl sagen, dass wir jetzt gerade die Ar-
beit von Regisseuren durchführen. Du musst dauernd den Schauspielern und
dem Kameramann und dem Beleuchter vermitteln, wie du es haben willst, wel-
ches das Bild ist, das du im Kopf hast. Ich habe jetzt Kommunikation gesagt, er
würde wohl Regie sagen, weil er aus dieser Ecke kommt. Und du bringst viel-
leicht noch ein drittes Wort, das dazu passen würde. [...] Das ist natürlich eine
ständige Gratwanderung. Ich glaube auch nicht, dass man da nur nach Plan
vorgehen kann. Das geht schon deshalb nicht, weil die, die uns gegenüber sit-
zen, so verschieden sind. Wir haben zum Beispiel jetzt mit unserem Booklet so
ein leicht generisches Teil, wo so ein wenig alles drin ist. Aber das ist im besten
Fall nur so ein Türöffner. Der eine findet sich mehr beim philosophischen ersten
Teil, der andere will ein paar Zahlen sehen, der dritte interessiert sich für die
Pläne, und der vierte möchte, dass auch der Deckel schön ist, wie unser Archi-
tekt. Und vielleicht hat er Recht, weil wenn er es wieder einem anderen Archi-
tekten zeigen will, der bei uns vielleicht investiert, dann ist dem das halt viel-
leicht wichtig. Und einem anderen ist das vielleicht scheissegal.
otium und negotium
Vom Unternehmerischen im Urbanen
Andreas Lüthi ist Architekt. Wir arbeiten mit ihm und seinem Architekturbüro
(Burkhard & Lüthi) seit etwa zwei Jahren zusammen. Die Zusammenarbeit kam auf
Veranlassung von Daniel Grüninger zustande, der uns bis dahin im Zusammenhang
mit dem Innenausbau und den sogenannten Schnittstellen zum Grundausbau der
SBB beraten hatte. Daniel fühlte sich als Einmannbetrieb von der Aufgabe zuneh-
mend überfordert und schlug vor, mit seinem Architekturkollegen und Freund An-
dreas eine Arbeitsgemeinschaft zu bilden, um den Umfang und die Komplexität
des Architekturprojekts besser bewältigen zu können. In den letzten Monaten hat
sich Daniel allerdings immer mehr aus dem Projekt zurückgezogen. Andreas beab-
sichtigt im übrigen, zusammen mit seinem Büropartner Mark Burkhard sich auch
finanziell und unternehmerisch an KOSMOS zu beteiligen. Ich bitte ihn, seine KOS-
MOS-Geschichte zu erzählen.280
Für mich war es zuerst schon so, dass ich Daniel helfen wollte. Das war der erste
Einstieg. Als er mir dann das Projekt erläutert hatte, hat mich dann auch sehr
schnell selbst angefangen zu interessieren. Von der Thematik her, Kino, Essen,
Bücher, das ist ein Umfeld, wo man sich gern tummelt, und man macht das
noch lieber, wenn man es sogar mit dem Beruf verknüpfen kann. Und dann
noch mit Dani zusammen. Da verwischen sich dann auch irgendwie die Grenzen
zwischen dem eigentlichen Projekt, das als Dienstleistung daherkommt, eine
freundschaftliche Verbindung, und ein Thema, das alle miteinander verbindet.
Diese Mischung war also schon da, als ich euch dann zum ersten Mal getroffen
habe. Ich wusste, dass ich einerseits da als professioneller Anbieter mitmache,
und möchte mich da auch entsprechend verkaufen. Was auch immer auf mich
zukommt, ich kann das leisten, keine Frage [lacht]... und ja, am Anfang war es
sicher auch einfach Akquisition. Nicht einfach nur Arbeitsbeschaffung für un-
sere Büro, sondern es war eine motivierte Akquisition. Sie war durch das Projekt
motiviert, nicht als Arbeitsbeschaffung allein, sondern als Thema, als Projekt.
Schon früh habe ich gespürt, dass sich die Grenzen von... wo ist es Geschäft
und wo ist es nicht mehr Geschäft, dass sich diese Grenzen verwischen werden.
Und das ist eigentlich heute noch so ... Es gibt Unterschiede [zu anderen Auf-
trägen], und es gibt natürlich auch Parallelen. Es gibt beides. Der Unterschied
ist sicher [überlegt ein bisschen]... die Wahl. Ich habe auf eine gewisse Art KOS-
MOS gewählt. Es gibt oft Aufträge, die man einfach annimmt, weil man Arbeit
braucht, und sie sind manchmal qualitativ besser oder schlechter, und es gibt
einfach ein gewisses Arbeitsvolumen, die wir mit unseren zwölf Mitarbeitern
einfach auch haben müssen. Und KOSMOS ist in diesem Sinne sehr bewusst
gewählt. Das hat vielleicht auch mit meinem Alter zu tun ... Ich werde in diesem
Jahr 55... Ich habe auch Lust gehabt, ein gewisses Risiko einzugehen, weil auch
ein persönliches Engagement dabei ist und nicht nur die finanzielle Seite. Ich
tauche in ein gewisses Netzwerk ein, das ich vorher nicht gekannt habe... Ich
habe sphères zwar vorher schon gekannt, ich habe von Samir schon gehört,
aber die sonstigen weitverzweigten Beziehungen, die da schon vorhanden sind,
das kenne ich soweit eigentlich nicht. Es hat mich einfach motiviert zu sagen,
jetzt bin ich 50 gewesen, gibt es denn noch etwas, wo man nicht einfach... wo
es einfach ein Restrisiko gibt, das man nicht abdecken kann oder wissen kann,
wie es herauskommt. Das war der Entscheid, ich möchte das machen. In dem
Sinne ist es schon anders als die anderen Projekte. Auch was das Engagement
anbetrifft. Normalerweise geht ein Projekt in der Architektur zwei oder drei
Jahre. Aber wie lange das Engagement KOSMOS dauern wird, weiss ich heute
nicht. Ich nehme nicht an, dass es mit der Schlüsselübergabe fertig ist, sei es
wegen den Beziehungen, die man aufgebaut hat oder die sich einem erschlies-
sen könnten, sei es vom Potential her, das dieses Projekt hat wie über ein per-
sönliches Engagement im KOSMOS-Betrieb selbst. Ich kann mir eigentlich sehr
vieles vorstellen. Vielleicht gebe ich dann das Büro auf und mache einen Bü-
cherladen auf... keine Ahnung. Das Spektrum ist plötzlich ganz offen ... Ich
habe den Eindruck, in diesem KOSMOS braucht es mich genau so. Ich weiss
nicht, wie ein anderer Architekt das findet... Ihr würdet natürlich einen anderen
Architekten finden, aber das wäre dann wohl anders. Und in diesem Sinne pas-
siert es hier so und nur einmal... Ich meine nicht, dass man keine Zweifel hat
oder dass man nicht hadert, oder dass mich Samir oder auch du nicht mal auf-
regt, aber ich hatte das Gefühl, ich passe hier genau hinein.
Nachdem Andreas versucht hat, sein persönliches Verhältnis zu diesem Architek-
turauftrag und dem Projekt als solchem zu beschreiben, kommt er auf die Dynamik
zu sprechen, die das Thema in seinem Büro, in seinem Arbeitsteam ausgelöst hat.
KOSMOS infiltriert mein Büro auf eine Art, wo ich es nicht mehr so im Griff
habe. Es hat irgendwie damit zu tun, dass so wie es mir ergangen ist, ergeht es
jedem anderen auch ein bisschen im Büro. Neben all den anderen Themen, die
wir bearbeiten, das siebenunddreissigste WC oder im Spital einen Raum rein-
zubehalten oder so etwas... jeder weiss etwas über das Kino zu berichten. Das
gehört zum Erfahrungsschatz, dass über all die Themen, die wir im KOSMOS zu
bearbeiten haben, dass dort jeder etwas zu berichten weiss. Darum mischen
sich auch alle ein. Wenn ein Muster oder ein Modell herumliegt, dann macht
da jeder eine Bemerkung, gibt seinen Senf dazu. Manchmal passt es und
manchmal stört es, manchmal gibt es Unruhe. Ich habe noch nie in meinem
Büro über WC-Halter diskutiert, aber jetzt beim KOSMOS-Projekt sprechen wir
über WC-Halter. Jeder hat das Gefühl, er müsse auch noch etwas zu diesem
WC-Halter sagen. Ich kann nicht das ganze Büro entscheiden lassen, welchen
WC-Halter wir das nehmen sollen, aber es ist tatsächlich so, der blöde, scheuss-
liche CWS-Halter hat für Furore gesorgt, bis dass wir uns gesagt haben, es gibt
sowieso nichts Schönes, wir machen selber einen... Die nicht mitmachen dür-
fen, hadern etwas damit und wissen nicht recht, ob sie unzufrieden sein sollen,
weil sie nicht mitmachen dürfen und nutzen dann vielleicht irgendwelche Lü-
cken und ergreifen eine Chance, wo sie sich so positionieren können, dass man
sie auch innerhalb des KOSMOS-Projekts wahrnimmt, weil sie doch auch etwas
dazu zu sagen hätten. Am liebsten, sage ich mal, würde das ganze Büro daran
arbeiten. Das ist sicher ausserordentlich oder anders als in anderen Projekten ...
Der Aufwand, den wir betreiben, dass wir sogar unsere Räumlichkeiten verän-
dern281... ein Sitzungszimmer ist ja für alle Projekte da, nicht nur für KOSMOS
allein, oder. Also nimmt man KOSMOS wichtiger als jetzt zum Beispiel der Um-
bau an der Ekkehardstrasse. Und ich betreue den ja auch. Und dann fühlt sich
Silvia vielleicht, die für die Ekkehardtstrasse verantwortlich ist, etwas stiefmüt-
terlich behandelt, wenn ihr Projekt nicht den gleichen Raum einnehmen kann.
Oder nehmen wir den Modellbau. Mittlerweile ist das ganze Büro mit den KOS-
MOS-Modellbauteilen belegt. Oder du machst tagelang an einem Film rum, und
dann kaufst du noch einen Camcorder, damit du ein Filmli zeigen kannst. Auf
diese Weise zapfst du viele Ressourcen an, um einerseits die Workshops zu be-
dienen, aber weil man es andererseits auch wissen will, wie weit man es treiben
kann, was drinliegt ... Und darum, sage ich, hat das eine gewisse Autodynamik
angenommen und ich bin mit der Situation konfrontiert, wie fest soll ich jetzt
den Chef markieren oder wie weit soll ich das treiben lassen. (BD: Und jetzt
fahrt ihr auch noch nach Paris! [AL hat mir erzählt, dass das ganze Büro nach
Paris fährt, um das Palais de Tokyo zu besichtigen, auf das ich mich projektin-
tern immer wieder im positiven Sinne bezogen habe]). Dass wir jetzt alle nach
Paris fahren, auch alle Mitarbeiter, die nicht am KOSMOS arbeiten, hat natürlich
damit zu tun, dass man niemand ausschliessen will. Es ist eine projektbezogene
Reise.
Eine dritte Relation, die Andreas reflektiert, ist die zwischen ihm als Architekten
und der sogenannten Bauherrschaft.
KOSMOS als Bauherrschaft ist in dem Sinne schwierig, weil sie sich nicht ent-
scheiden will. Das ist eine der Grauzonen, wo ich dann für KOSMOS zu ent-
scheiden beginne ... das ist die Grauzone, bei der ich mich manchmal frage,
sollte ich nicht mehr Rechenschaft ablegen, wo ich weiss, dass das und das
einfach gemacht werden muss. Und es ist wurscht, ob ihr das jetzt entschieden
habt oder nicht. Die Workshops sind in erster Linie dazu da, dass alle mal den
ganzen Umfang gesehen haben, dass jeder mal von allem etwas mitbekommen
hat. Man hat darüber gesprochen. Auch für uns natürlich. Auch wir müssen
uns mit allem beschäftigt haben. Und nicht erst dann, wenn es die Aufgabe zu
lösen gilt. Und dort liegt auch ein gewisses Potential an möglicher Unruhe in-
nerhalb des KOSMOS-Bauherrenteams. Dass es dann heisst, davon habe ich
nichts gewusst, und mich hat niemand gefragt. Wer hat das entschieden und
ich hätte das sowieso ganz anders gemacht. Ja, ich glaube, dass ich nicht jeden
Entscheid abholen werde. Es ist gar nicht möglich. Das wird es auch eine Ver-
trauenssache sein. Einerseits muss ich spüren, welche Entscheide ich abholen
muss, weil sie von allen mitgetragen werden wollen, und welche Entscheide ich
nicht durchschleusen kann. Mir ist noch nicht ganz klar, welche Entscheide das
dann sein werden. Das ist eine Grauzone von wie persönlich bin ich da drin und
wie fest ist das jetzt eine Dienstleistung. Persönlich wüsste ich wie entscheiden,
aber als Dienstleister bin ich aber auch verpflichtet, euch und... Das Problem
fängt auch dort an, dass ich manchmal ich sage und manchmal wir. Ich habe
schon bei den Pronomen nicht selten ein Problem. Es fällt mir auf, dass ich
manchmal sage, dass ich als KOSMOS entscheide oder dass wir als KOSMOS
entscheiden müssen...
1. Meine erste These ist, dass solche hybriden Raumprojekte sich selbst einer hybriden Praxis bedienen. Sie beruhen auf einem hybriden Selbstverständnis unternehmeri-scher Identität, indem sich neben Kommerz und Idealismus auch Zweckrationalität und sinnliche Selbstzweckhaftigkeit vermischen.
Über die allmähliche Verfertigung der Idee beim Tun
2. Urbane Raumprojekte wie KOSMOS zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Ak-teure/Initianten ihnen gegenüber eine Doppelrolle einnehmen. Sie sind sowohl Ab-sender wie Adressaten des Projekts, dessen Verkäufer und Käufer, Produzenten und Konsumenten.
business credibilitycreative potential / (missing) business credibility
tremendum et fascinosum
economy of qualities
3. Raumprojekte der dritten Art erkunden neues Terrain. Sie schaffen neues Terrain durch Fremdkontakte und Grenzüberschreitungen, durch Kooperationen und Kom-petitionen. Neues entsteht so durch Vermischung, Durchdringung, Austausch. Es
Economy and Society
producer user
entsteht an den Schnittflächen, Berührungspunkten und Demarkationslinien von Ge-bieten und Interessen, die ansonsten weitgehend getrennt, wenn nicht sogar entfernt voneinander sind.
Geld und Geist
Europaallee
Über die allmähliche Verfertigung der Idee beim TunÜber die allmähliche Verfertigung der Idee beim Tun
Europaallee
Europaallee
border boundary
foam city
Europaallee
Vom Unter-nehmerischen im Urbanen
Vom Unternehmerischen im Urbanen
Public Realm
border boundary
borders
Europaallee
4. Solche Transaktionen sind auf Übersetzungsleistungen angewiesen. Konzepte und Ideen, wie sie sich in Raumprojekten der dritten Art manifestieren, bedürfen der
Vermittlung und Erklärung gegenüber relevanten Dritten, denen die Plausibilität des Vorhabens sich nicht ohne Weiteres erschliesst.
Raumprojekt der dritten Art
Über die allmähliche Verfertigung der Idee beim Tun
travels of ideas translate into objects and actions
border/boundary
border border
5. Die hybride Praxis oszilliert zwischen einem Festhalten an idealtypischen Projek-tideen und einer Pragmatik des Machbaren, zwischen einem geplanten Agieren und einem improvisierten Reagieren, zwischen Konsistenz und Resilienz.
Bor-ders boundaries
bor-ders boundaries
EuropaalleeNo-Gos
6. Raumprojekte der dritten Art lassen sich als atmosphärische Unternehmen beschrei-ben, wobei das Atmosphärische in unterschiedlichen Modi erfahrbar und erfassbar ist: als mit Räumen, Dingen und Umgebungen verbunden resp. davon ausgehend, als in der und durch die Interaktion von Personen entstehend, als medial-intendierte Atmosphären, mit deren Erzeugung eine bestimmte Absicht verfolgt wird, oder als etwas Atmosphärisches, an dem verschiedene dieser Modi beteiligt sind.
will soll
foam city
Orte, das heisst eingerichtete Raumerfindungen
in situ
Vom Unternehmerischen im Urbanen Atmosphären-Explikationwill soll
7. Im Geschäft der urbanen Atmosphärenproduktion qua Raumproduktion treffen ein-zelne Atmosphären oft heterogen-interferierend und zum Teil widersprüchlich auf-einander. Unter den Atmosphärenproduzenten löst dieses Aufeinandertreffen wech-selseitig Strategien der Immunisierung der eigenen und der Infiltration/Ansteckung der angrenzenden Atmosphäre aus. Aus den damit verbundenen Prozessen, die von den beteiligten Akteuren durchaus als ambivalent oder gar widersprüchlich erlebt werden können, entstehen Räume der dritten Art.
Geld und Geist EuropaalleeEuropaallee Langstrasse
Europaallee
boundary of atmospheres war of atmospheres mediators of atmospheres
border-boundary
boundaryBorder
border
war of atmospheres
Vom Unternehmerischen im Urbanen
Atmosphären-Explikation
8. Diese Räume aktualisieren eine bestimmte Vorstellung, einen bestimmern Modus von Urbanität und urbanem Leben. Dazu gehört vor allem eine eigene Vorstellung von Authentizität.
Geld GeistGeld Geist
Geld Geist
Geld Geist
Geld Geist
Geld GeistGeld Geist
Geld Geist
Geld Geist
Europaallee
Cities. Reimagining the Urban
Geld Geist
Europaallee
street credibility manufactum.de
Vom Unternehmerischen im Urbanen
Gentrifizierung
Renaissance der Authentizität? Über die neue Sehnsucht nach dem Ursprüngli-chen
9. Bei der Konzipierung und Realisierung urbaner Räume der besagten Art bilden die Befolgung ästhetischer Prämissen und die Ermöglichung ästhetischer Erfahrungen einen Schwerpunkt.
borderness unité de doctrine
starken Or
borderlessEuropaallee
Europaallee
iconic architecture signature architecture stararchitecture land-mark buildings
starken Ortes
starke Ort
10. Da unternehmerische Projekte im urbanen Raum in einem Spannungsfeld unter-schiedlicher und oft auch gegensätzlicher Interessen eingelassen sind, stellen sie - explizit oder implizit - immer auch eine politische Intervention dar und können als politische Statements gelesen werden.
Europaallee
kollektiver
DrittesOrt der dritten Art
11. Die letzte These möchte ich abschliessend als die Persistenz-These bezeichnen. Sie unterscheidet sich insofern von den anderen zehn Thesen, als sie den Gegenstands-bereich dieser Arbeit transzendiert, aber dennoch eine meines Erachtens wertvolle Einsicht beschreibt, die die Untersuchung vermittelt hat. Sie bezieht sich auf den unternehmerischen Prozess als solchen und bezeichnet den Wirkmechanismus, der aktiv ist, wenn Akteure in einem schwierigen Vorhaben sich dazu entschliessen, trotz der Schwierigkeit oder gar Aussichtslosigkeit den Prozess in Gang zu halten. Die Persistenz-These behauptet, dass das blosse Beharren in einem Prozess den weite-ren Verlauf des Prozesses wirkmächtig beeinflusst.
Vom Verfertigen der Idee beim Tun – eine Chronologie.
Raumprojekte der dritten Art bedienen sich einer hybriden Praxis. Sie beruhen auf ei-nem hybriden Selbstverständnis unternehmerischer Identität, indem sich neben Kom-merz und Idealismus auch Zweckrationalität und sinnliche Selbstzweckhaftigkeit vermi-schen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Akteure/Initianten ihnen gegenüber eine Doppelrolle als Absender und Adressaten, Verkäufer und Käufer, Produzenten und Konsumenten der Projekts einnehmen. Raumprojekte der dritten Art erkunden neues Terrain. Sie schaffen neues Terrain durch Fremdkontakte und Grenzüberschreitungen, durch Kooperationen und Kompetitionen. Neues entsteht so durch Vermischung, Durch-dringung, Austausch. Es entsteht an den Schnittflächen, Berührungspunkten und De-markationslinien von Gebieten und Interessen, die ansonsten weitgehend getrennt, wenn nicht sogar entfernt voneinander sind. Solche Transaktionen sind jedoch auf Überset-zungsleistungen angewiesen. Konzepte und Ideen, wie sie sich in Raumprojekten der dritten Art manifestieren, bedürfen der Vermittlung und Erklärung gegenüber relevan-ten Dritten, denen die Plausibilität des Vorhabens sich nicht ohne Weiteres erschliesst. Die hybride Praxis oszilliert dabei zwischen einem Festhalten an idealtypischen Pro-jektideen und einer Pragmatik des Machbaren, zwischen einem geplanten Agieren und einem improvisierten Reagieren, zwischen Konsistenz und Resilienz. Raumprojekte der dritten Art lassen sich auch als atmosphärische Unternehmen beschreiben, wobei das Atmosphärische in unterschiedlichen Modi erfahrbar und erfassbar ist: als mit Räumen, Dingen und Umgebungen verbunden resp. davon ausgehend, als in der und durch die Interaktion von Personen entstehend, als medial-intendierte Atmosphären, mit deren Erzeugung eine bestimmte Absicht verfolgt wird, oder als etwas Atmosphärisches, an dem verschiedene dieser Modi beteiligt sind. Im Geschäft der urbanen Atmosphären-produktion qua Raumproduktion treffen einzelne Atmosphären oft heterogen-interferie-rend und zum Teil widersprüchlich aufeinander. Unter den Atmosphärenproduzenten löst dieses Aufeinandertreffen wechselseitig Strategien der Immunisierung der eigenen und der Infiltration/Ansteckung der angrenzenden Atmosphäre aus. Aus den damit ver-bundenen Prozessen, die von den beteiligten Akteuren durchaus als ambivalent oder gar
widersprüchlich erlebt werden können, entstehen Räume der dritten Art. Diese Räume aktualisieren eine bestimmte Vorstellung, einen bestimmern Modus von Urbanität und urbanem Leben. Dazu gehört vor allem eine eigene Vorstellung von Authentizität. Bei der Konzipierung und Realisierung urbaner Räume der besagten Art spielen darüber-hinaus ästhetische Prämissen und ästhetische Erfahrungen eine grosse Rolle. Da unter-nehmerische Projekte im urbanen Raum in einem Spannungsfeld unterschiedlicher und oft auch gegensätzlicher Interessen eingelassen sind, stellen sie - explizit oder implizit - aber immer auch eine politische Intervention dar und können als politische Statements gelesen werden. Wenn Akteure in solch konfliktreichen, öfters vom Scheitern bedrohten Projekten sich dazu entschliessen, ihn trotz alles Schwierigkeiten oder gar Aussichtslo-sigkeit in Gang zu halten, in ihm zu persistieren, lösen sie damit eine Dynamik aus, die ihrerseits den Prozess wirkmächtig beeinflusst.
road mapurban entrepreneurship
Plus ça change, plus c'est la même chose
travels of ideas
etwas Neues etwas Neues
re-embedding of ideas
Close Encounters of the Third KindUnheimliche Begegnung der dritten Art
multiple beginningsmultiple
ends
The Cultural Politics of Emotion
Cities for the Many not the Few
. Emotion, Space and Society, 2Das System der Dinge. Über unser Verhältnis zu den alltägli-
chen Gegenständen.
Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Repro-duzierbarkeit.
Die gesellschaftliche Konstruktrion der Wirklichkeit: Eine Theorie der Wissenssoziologie
Entrepreneurship as Social Change
Entrepreneurship as Social Change
The Politics and Aesthetics of Entrepreneurship
Atmosphäre. Hypothesen zum Prozess der räumlichen Wahrneh-mung.
Theorie der UnbegrifflichkeitAtmosphäreAisthetik. Vorlesungen über die Ästhetik als allgemeine Wahr-
nehmungslehre
Herzog & de Meuron. Naturgeschichte
Architektur und Atmosphäre
Inszenierung und Vertrauen. Grenzgänge des Szenografie
Architectural Atmospheres. On the Expe-rience and Politics of Architecture
Der neue Geist des Kapitalismus
Economy and Society, 37
Or-ganization, 17
Architectural Atmospheres. On the Experience and Politics of Ar-chitecture
Soziologie der Nachahmung und des Begehrens. Materialien zu Gabriel Tarde.
InterSections: Architectural History and Critical Theory
Das Elend der Welt. Zeugnisse und Diagnosen alltäglichen Leidens an der Gesellschaft
Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes.
City and Community, 4). The Transmission of AffectDie Bobos. Der Lebensstil einer neuen Elite
The Sage Handbook of new approaches in management and organization
Handbook of Entrepre-neurship Research. An Interdisciplinary Survey and Introduction
Organiza-tion, 5,
Architecture: The Story of Practice
The Warhol Economy: How Fashion, Art, and Music Drive New York City
Soziologie der Nachahmung und des Begehrens. Ma-terialien zu Gabriel Tarde
Research in the Sociology of Organisations, Vol. 13
Translating Organizational Change
Innen Stadt Aussen
Die Gesellschaft des SpektakelsKunst des Handelns
Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik
Was ist Philosophie?
Organizational Theory and Public Policy
The New Institutionalism in Organizational Analysis
The Phenomenology of Aesthetic Experience
The Handbook of qualitative research
Atmosphären. Dimen-sionen eines diffusen Phänomens
Good BusinessÄsthetik des Performativen
Making Social Science Matter. Why Social Inquiry Fails and How It can Succeed Again
Michel Foucault. Ana-lytik der Macht
Bookforum, February-March.
Entrepreneurship Theory and Prac-tice, 16
New Movements in Entrepreneurship
Film und Kunst nach dem KinoDichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Sys-
teme.The Third Way. The Renewal of Social Democracy
Handbook of Entrepreneurship Research. An Interdisciplinary Survey and Intro-duction
Authenticity. What Consumers Really Want.
London: Aspects of Change
Wir alle spielen Theater
American Journal of Sociology, 91Über das Neue. Versuch einer Kulturökonomie
Cities in CivilizationThe Entrepreneurial City. Geographies of Politics,
Regime and Representation.
Geography and the urban environment. Progress in reserach and applications, Vol. 6
Transactions of the Institute of British Geographers,16Social Justice and the City
The Limits to Capital
Geografiska Annaler B, 71New Left Review, 53
Rebellische Städte.Mediale Räume. Wahrnehmungsgeographische Studien zur Regio-
nalentwicklung.
Kritik der Warenästhetik. Gefolgt von Warenästhetik im High-Tech-Kapitalismus.
Stadtpolitik
Atmosphären. Dimensionen eines diffusen Phänomens
Atmosphären. Dimensionen ei-nes diffusen Phänomens
Small Business Economics, 32
Northern Light - Organi-zation Theory in Scandicanvia
The Politics and Aesthetics of Entrepreneurship
The Politics and Aesthetics of Entrepreneurship
Blätter für deutsche und internationale Politik, 8
New Movements in En-trepreneurship
Journal of Bussiness Venturing, 17The Death and Life of Great American Cities
New Left Review, 21
International Studies of Management and Organization, 17
International Studies of Management and Organization, 17
Entrepreneurship and Regional Development,
Theoretical and Empirical Positioning. Entrepreneurship and Regional Devel-opment, 7
Entrepreneurship and Regional Development, 10
The Blackwell Handbook of Entrepreneurship
Entreprenörskapets vasen
Culturally-Sensitive Models of Family Business in Nordic Eu-rope: A Compendium Using the Globe Paradigm
Small Busi-ness Economics 36
The Sociology of Architecture: Constructing Identities
Culture and Organization, 14
Journal of Political Economy, 97
Kultur in der Stadt. Stadtsoziologische Analysen zur Kultur
The Journal of Economic Literature, 35Geschichten vom KinoRisk, Uncertainty and Profit
Delirious New York: A Retroactive Manifesto for Manhattan
S, M, L, XLMutations
Great Leap For-ward: Harvard Design School Project on the City
Harvard Design School Guide to Shopping.
ContentArchplus 132
). Project Japan. Metabolism Talks
Journal of Retailing 49
The Journal of Politics, 61Soziologisches Denken. Eine kritische Einführung
Echtleben. Warum es heute so kompliziert ist, eine Haltung zu haben.
The Creative City: A Toolkit for Urban Innovators
Die Räume der Kreativszenen. Culturepreneurs und ihre Orte in Berlin
Behind the Postmodern Facade: Architectural Change in Late Twentieth-century America
Technik und Sozialtheorie
Reassembling the Social: An Introduction to Actor-Network-The-ory
Wir sind nie modern gewesen. Versuch einer symmetrischen Anthropologie.
Explorations in Ar-chitecture. Teaching, Desing, Research
Soziologie der Nachahmung und des Begehrens. Materialien zu Gab-riel Tarde
Mona-dologie und Soziologie
Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft
Die Ökonomie als Wissenschaft der leiden-schaftlichen Interessen
An Inquiry into Modes of Existence. An Anthropology of the Moderns
Existenweisen. Eine Anthropologie der Moderne.
After method. Mess in social science researchEconomy and Society 33
The Gentrification Reader
). Die Revolution der Städte
The production of Space
Le droit à la ville : vers la sociologie de l'urbain
Das wilde DenkenAnnals of the Association
of American Geographers 70
New Movements in Entrepreneurship
Entre-preneurship as Social Change
Urban Fortunes. The Political Economy of Place
Neo-Bohemia. Art and Commerce in the Postindustrial City
RaumsoziologieSoziologie der Städte
Vertrauen: ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komple-xität
Die Kunst der GesellschaftDie Gesellschaft der GesellschaftOrganisation und Entscheidung
The Image of the City
). Moral Phobia. Ein Zeitgeist-Glossar von Achtsamkeit bis Zigarette.
The Politics and Aes-thetics of Entrepreneurship
Aesthetica und anaesthetica : philosophische Überlegungen
Filmriss. Zehn grosse Irrtümer rund ums Kino des 21. Jahrhun-derts
Inflexions 1
Cultural Geographies 15Understanding Me. Lectures and Interviews
Die Unwirtlichkeit unserer Städte: Eine Anstiftung zum Unfrieden.
American Journal of Sociol-ogy, 82
The Culture of Cities
The City in History : its Origins, its Transformations and its Prospects.
The City Reader
Organization 14Die Zeit der Gesellschaft : auf dem Weg zu einer soziologischen
Theorie der Zeit.The Blackwell En-
cyclopedia of SociologyUgly Feelings.
Der Beginn einer Epoche. Texte der Situationisten.
International Journal of Urban and Regional Research, 29
Emotion, Space and Society 7
Griffith Law Review 17Personal Knowledge. Towards a Post-Critical Philosophy
Urban Studies 46Sloan Management
Review, FallDie besondere Atmosphäre. Ästhetische Feldforschungen
Die Erfindung der Kreativität. Zum Prozess gesellschaftlicher Ästhetisierung.
Ästhetik und Gesellschaft. Grundla-gentexte aus Soziologie und Kulturwissenschaften
Sensuous geographies: body, sense and place
L'architettura della città
Bruno Latours KollektiveRenaissance der Authentizität? Über die neue Sehn-
sucht nach dem Ursprünglichen
Hand-book of Entrepreneurship Research. An Interdisciplinary Survey and Introduc-tion
Peripherie. Zeitschrift für Politik und Ökonomie in der Dritten Welt 81/82
The Practice Turn in Contemporary Theory
Cul zuffel e l‘aura dado: Gion A. Cami-nada
Stadt, Raum und Gesellschaft. Henri Lefebvre und die Theorie der Produktion des Raums.
The Inevitable Specitfiy of Cities
System der Philosophie. 3. Bd., Der Raum. 2. Teil: Der Ge-fühlsraum
Adolf Hitler in der GeschichteKapitalismus, Sozialismus und Demokratie
The City: Los Angeles and Urban Theory at the End of the Twentieth Century.
Die Künste des KinosThe Uses of Disorder. Personal Identity and City Life
Verfall und Ende des öffentlichen Lebens. Die Tyrannei der Inti-mität
Civitas. Die Grossstadt und Kultur des Unterschieds
Fleisch und Stein. Der Körper und die Stadt in der westlichen Zivilisation.
). Der Parasit
Organization Science, 11
Academy of Management Review, 26Lefebvre, Love and Struggle. Spatial dialectics
Die Kultur der StadtDie Grossstädte und das Geistesleben
City 10
International Journal of Urban and Regional Research, 30Der Zauberbaum. Die Entstehung der Psychoanalyse im Jahr
1785Sphären I: Blasen. Mikrosphärologie
Sphären II: Globen. Makrosphärologie
Luftbeben. An den Quellen des Terrors
Sphären III: Schäume Plurale Sphärologie
Archplus 169/170
Bookforum, February/March.
CosmogramsAusgewählte Übertreibungen. Gespräche und Interviews
1993-2012
. Journal of the American Planning Associtiation 45
Annals of the Association of American Geographers 77
The New Urban Frontier. Gentrification and the Revanchist City
Disclosing New Worlds - Entrepre-neurship,
Democratic Action and Cultivation of Solidarity.
Thea-ter der Nähe. Welttheater, Freie Bühne, Cornichon, Shomaster Gottes. Beiträge zur Theatergeschichte der Schweiz
»Wir sind die Stadt!« Kulturelle Netzwerke und die Konstitution städtischer Räume in Leipzig
Der sinnhafte Aufbau der gebauten Welt. Eine Architekturso
Ordinary Affects
Narrative and Discursive Approaches in Entrepreneurship
Entrepreneurship & Re-gional Devolopment 19
Entrepreneurship & Regional Development 23
Governance der Kreativwirtschaft. Diagnosen und Handlungsoptionen
.), Entrepreneurship as Social Change
Entrepreneurship and Regional Development, 16
Small Business Economics, 36Die Gesetze der NachahmungMonadologie und SoziologieDie sozialen Gesetze. Skizze einer Soziologie
KollaborationNon-Representational Theory. Space, Politics, Affect
). The Tourist Gaze
Studio Olafur Eliasson: an encyclopedia
Ad-vances in Entrepreneurship, Firm Emergence and Growth, 3
Learning from Las Vegas : The Forgotten Symbolism of Architectural Form
Der Prozess des Organisierens
The Politics and Aesthetics of Entrepreneurship
The intercultural city : planning for diversity ad-vantage
The Politics of Envelope. A Political Critique of Material-ism
Komplizenschaft. Neue Perspektiven auf Kollektivität
Loft Living. Culture and Capital in Urban Change
Kultur in der Stadt. Stadtsoziologische Analysen zur Kultur
The cultures of citiesLandscapes of Power: From Detroit to Disney World