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LesenHQ – Kompetenz in Fremdsprachen 1
Dr. Klaus Waschik (Ruhr-Universität Bochum)
LesenHQ – Kompetenz in Fremdsprachen I. Kurzdarstellung
LesenHQ (LHQ) stellt ein auf der Plattform StudierenHQ realisiertes interaktives, internetba-
siertes Studiensystem (Anwender- und Autorenversion) dar, das in einer einheitlichen Soft-
ware-Umgebung zwei umfangreiche Fachsprachenmodule (DeutschHQ und RussischHQ)
enthält, mit denen die Lesekompetenzen für deutsche bzw. russische allgemeinsprachliche
und fachwissenschaftliche Texte systematisch entwickelt und ausgebaut werden.
Lesekompetenzen werden in LesenHQ nicht an eigens für den Sprachunterricht geschriebe-
nen Lehrtexten entwickelt, sondern in strenger Ausrichtung auf Originaltexte, die für den Er-
werb des Fachwissens relevant sind. Hierdurch lässt sich eine enge Verbindung zwischen
Fachthematik und den notwendigen Sprachstudientexten erzielen.
Die Studierenden erwerben sprachliche Kompetenzen an denjenigen Texten, die für ihr
Fachwissen relevant sind, wodurch der im traditionellen Studium oft zu beobachtende Bruch
zwischen Spracherwerb und Anwendung im Fachstudium weitgehend vermieden werden
kann. Die Kompetenz soll daher auf der Grundlage von thematisch gefächerten Originaltex-
ten geübt und aufgebaut werden, die - nach Schwierigkeits- bzw. Komplexitätsgrad und
Thema geordnet – in den einzelnen didaktischen Einheiten enthalten sind.
Bei LesenHQ handelt es sich um ein integriertes System von insgesamt 45 didaktischen
Einheiten pro Sprachmodul, die zu einzelnen Kursen unterschiedlicher Länge und Komplexi-
tät konfiguriert werden können.
Die Sprachenmodule DeutschHQ und RussischHQ sind in Umfang, Struktur und Zielsetzung
analog aufgebaut und verfügen über eine identische Programmfunktionalität, die sich aus
dem Studiensystem LesenHQ ergibt.
LesenHQ entspricht den strukturellen Vorgaben des Europäischen Referenzrahmens und ist
mit drei leistungs- und vorkenntnisbezogenen Kompetenzstufen (Stufe A: A2/B1, Stufe B:
B1/B2, Stufe C: C1/C 2) modular aufgebaut. LHQ kann als blended learning wie als distance-
learning lehrer- bzw. eTutorbegleitet und auch im autonomen Lernen eingesetzt werden.
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II. LesenHQ – ein didaktisches Outline
Lesen - auch fremdsprachlicher Texte - lernt man durch Lesen, durch häufiges, intensives,
thematisch vielfältiges, reflektiert-analytisches, ziel- und effizienzorientiertes.
Diese trivial klingende Einsicht, die einem jeden didaktischen Konzept über Lesekompeten-
zen und ihren Teilbereichen, Lesestilen und Verwertungsstrategien, Texterschließungs- und
Transferinstrumenten und vielen anderen Feldern der (fremdsprachlichen) Lesedidaktik vo-
rausgeht, gilt es im Auge zu behalten und dies insbesondere angesichts zahlreicher metho-
discher, struktureller und organisatorischer sowie institutioneller Begrenzungen des Lese-
kompetenzerwerbs im Unterricht. Aus diesen Grundüberlegungen definiert sich letztendlich
das grundlegende Verständnis des Studiensystems LesenHQ sowie der konkreten Sprach-
studienumgebungen RussianHQ und DeutschHQ.
Zur Lesekompetenz gehört auch – was in der einschlägigen Forschung oft übersehen wird –
neben allen linguistischen, kulturellen und landeskundlichen Faktoren ein großes Maß an
Routine, an Geschwindigkeit und Stabilität, d.h. zusätzlichen - wenngleich unverzichtbaren -
Merkmalen, die im fremdsprachlichen Lesen meist parallel zu den linguistischen Basisfertig-
keiten trainiert und ausgeprägt werden müssen. Werden Lesekompetenzen im Kontext einer
globalisierten Welt in der Regel auf eine schnelle Erfassung von Textinhalten und Botschaf-
ten, gefolgt von einer nicht minder zielorientierten Verwendung in Handlungs- und Entschei-
dungsbezügen, reduziert, so gelten für das Verständnis von Lesekompetenz im akademisch-
universitären Bereich noch zusätzliche Regeln: Lesekompetenz meint - zumal mit Blick auf
die Geistes- und Kulturwissenschaften - auch, die text- und sprachgebundene Bedingtheit
des (sich in Texten manifestierenden) Denkens erkennen, einschätzen und hinterfragen zu
können. Sicher handelt es hierbei um die „Königsdisziplin“ des Lesen-Könnens, auch und
gerade dann, wenn der Text auf einen fremden Kulturraum verweist, dessen historische wie
aktuelle Kenntnis Voraussetzung und Begleitumstand des adäquaten Lesen sein soll.
Es ist unstrittig, dass fremdsprachliche Lesekompetenzen angesichts einer globalisierten und
damit direkt zugänglichen, gleichzeitig aber auch in einer nach wie vor sprachlich differen-
zierten Welt zu den anthropologischen Voraussetzungen des 21. Jahrhunderts gehören, oh-
ne dass der Vormarsch einer visuellen Kultur mit ihren spezifischen (visuellen) Interpretati-
onsanforderungen dies maßgeblich einzuschränken im Stande ist. Globalisierung erhöht vor
allem die Kontaktflächen zu fremdsprachlicher Information, die nur dann einen Mehrwert,
eine Wissensressource (und damit auch eine „Entgrenzung“ der muttersprachlichen Gren-
zen) darstellen können, wenn sie durch entsprechende Kompetenzen genutzt werden kön-
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nen. Lesekompetenz wird vor dem Hintergrund einer immer umfangreicheren, direkt zugäng-
lichen und damit potentiell zu berücksichtigenden Fülle an schriftlicher Fachinformation zu
einer Schlüsselkompetenz, und dies gilt in verschärftem Maße für fremdsprachliche Textin-
formation.
Angesichts einer sich in dieser Richtung entwickelnden Welt verwundert es, dass bis heute
nahezu keine effizienten, individualisierbaren und allgemein zugänglichen Instrumente des
eLearnings entwickelt wurden, mit denen diese Kompetenzen eingeübt und ausgebaut wer-
den können. Obwohl in der Forschung seit Jahren angemahnt, ist dies aus Kostengründen
und vor allem aus Mangel an geeigneten computerdidaktischen Ansätzen nicht geschehen.
Das Vorhaben LesenHQ stellt einen der ersten umfassenden Lösungsansätze auf diesem
Gebiet dar. In den Realisierungen für die Zielsprachen Russisch und Deutsch (als Fremd-
sprache) sowie selbstverständlich mit dem Entwicklungstool (Autorentool) für Sprachstudi-
enumgebungen entspricht LesenHQ den essentiellen Anforderungen an Sprachstudiensys-
tem der neuesten Generation wissensorientierter Systeme.
LesenHQ basiert auf acht didaktischen Strukturprinzipien, die sich auf das Konzipieren der
Lernstrategien und -ziele, die Arbeit mit und in didaktischen Einheiten sowie auf das für den
Lernerfolg wichtige Feed-Back maßgeblich auswirken.
• Individualisierung
• Kooperative Arbeits- und Studienformen
• Inhaltsorientierung und lokale Wissensnetzwerke
• Transparenz und Lernzielkontrolle
• Konsequente Ausrichtung auf Lesestile und -strategien
• Neue Arbeitsformen und Übungstypologien
• Protokollierung und differenzierte Evaluation
• Sekundäre Hilfen und Assistenz
Aus diesen Strukturprinzipien resultieren wichtige Innovationen im Bereich der Mikro- und
Makrodidaktik.
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III. Didaktische und funktionale Charakteristika
1. Individualisierung
Lesekompetenzen sind stets individuelle Kompetenzen. Ihr Erwerb muss daher ein hohes
Maß in Individualisierung, d.h. an Anpassung der Inhalte, des Tempos, der Lernvorausset-
zungen und –ergebnisse, der Lernarten und –strategien etc. an den einzelnen Studierenden
erlauben. LHQ berücksichtigt diese Vorgaben und schränkt den Lerner nicht bei der Auswahl
der Themengebiete, Leistungsstufen, Arbeitsumfänge (z.B. bei der Anzahl der in einer Ein-
heit zu bearbeitenden Texte) oder im Lerntempo ein. Der Lerner hat die Möglichkeit, einem
vorgegebenen Kursszenario zu folgen oder auch eigene Kurse für das autonome Training
aus der Fülle des gebotenen Text- und Übungsmaterials zusammenzustellen.
Ein weiteres Merkmal der Individualisierbarkeit findet sich in der Arbeit mit den Texten der
jeweiligen didaktischen Einheit. Hier bestimmt der Studierende selbst, wie viele Texte er be-
arbeitet, wann, wie viele und welche Hilfen (sekundäre Wissensressourcen) er in Anspruch
nimmt. Individualisierbarkeit bedeutet außerdem, dass der Studierende zeit- und ortsunge-
bunden auf die Studienumgebung zurückgreifen kann (Internetbasierung).
Individualisierung meint allerdings auch, dass der Lerner nicht nur im Hinblick auf die Lernin-
halte und ihre Bearbeitung, sondern vor allem auch in Bezug auf seine spezifischen Defizite
ernst genommen wird.
Bei der Umsetzung in LHQ hat dies z.B. zur Folge, dass für jeden Lerner und jeden Text eine
individuelle Wortliste erzeugt wird, die seine konkreten Anfragen an das Wörterbuch wider-
spiegelt und damit (für den Lerner und ggf. seinen eTutor) Auskunft darüber gibt, wo genau
die individuellen Schwächen liegen, die durch einen Wortschatztrainer dann effektiv beseitigt
werden können. Gleiches gilt auch für den Bereich der Grammatik. Der Lerner übt und opti-
miert damit genau dasjenige, das er selbst als defizitär markiert und erkannt hat.
Individualisierung manifestiert sich aber auch in den Möglichkeiten, mit einem Text individuell
zu arbeiten, diesen zu markieren, zu kommentieren, zu referieren und zu resümieren, Noti-
zen zu einzelnen Wörtern oder Passagen zu schreiben, Fragen zu formulieren und all diese
Materialien und Notizen ggf. dem eTutor auf unkomplizierte Weise zugänglich zu machen
und weitere Hilfen zu erhalten. LHQ unterstützt all diese Funktionen.
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2. Kooperative Arbeits- und Studienformen
Lesekompetenzen können und sollen auch in sozialen, d.h. kooperativen Arbeitsformen ent-
wickelt und geschärft werden. Hierzu bedarf es entsprechender kooperativer Arbeitsinstru-
mente, geeigneter Kommunikationsoptionen zwischen den Lernern und eines qualitativen
Tutorings, das - abgesehen von direkten Feed-Back-Leistungen der Studienumgebung -
auch (für den Kompetenzerwerb) sinnvolle Beratung und Assistenz gestattet.
LHQ nimmt diesen Anspruch ernst und bietet dem Lerner ein implementiertes eTutoring an,
bei dem der Lerner sowohl außerhalb einer didaktischen Einheit als auch vor allem während
der Bearbeitung eines Textes oder einer Übung mit einem eTutor oder anderen Kursteilneh-
mern Kontakt (synchron und asynchron) aufnehmen kann, sich so z.B. mit einem anderen
Kursteilnehmer über Aufgabenstellungen austauschen kann (Chat-Funktion), wobei ent-
scheidend ist, dass diese Kommunikation nicht zwingend positionsungebunden sein muss,
sondern für andere Kommunikationspartner zu erkennen ist, wo sich der andere Lerner im
Stoff befindet und mit welchen Aufgaben er beschäftigt ist. Dies kann eine effiziente Kom-
munikation zwischen Lerner und eTutor (oder anderen Lernern) nachhaltig vereinfachen. Da
der Erwerb von Lesekompetenzen allerdings grundsätzlich auf das Individuum ausgerichtet
bleibt (aktive skills, wie z.B. die eigene Textproduktion werden nur komplementär als
Übungs- oder Kommunikationsformen berücksichtigt), ist der Funktionsumfang der koopera-
tiven Arbeitsformen hier sinnvoll begrenzt.
3. Inhaltsorientierung, lokale Wissensnetzwerke und -ressourcen
Ein Novum in der Konzeption von LHQ stellt die konsequente Ausrichtung der Lern- und
Studieninhalte (Texte, Übungen) auf sprachliche (auch fachsprachliche) Kompetenzen dar.
Die Anwendung sieht vor, dass Lesekompetenzerwerb und wissenschaftliche Studieninhalte
unmittelbar aufeinander bezogen werden. Die im weiteren dargestellten Studieninhalte re-
präsentieren das breite Spektrum der Kulturwissenschaften (unter Berücksichtigung ge-
schichts-, sozial-, geistes- und kunstwissenschaftlicher Fragestellungen). In der vorliegenden
Realisierungen RussianHQ (Russisch als Zielsprache) und DeutschHQ (DaF) kann der Stu-
dierende die Lesekompetenz an denjenigen Textarten und Themen entwickeln, die für sein
Studium von unmittelbarer Relevanz sind.
Die Herausbildung von Lese- und Verstehenskompetenzen für den konkreten Text (bzw. die
Themengruppe) stellt einen zentralen, wenngleich nicht alleinigen Aspekt der Anwendung
dar. Zusätzlich zur Kompetenz in Sachen Wortschatz, Sprachstrukturen und Sachwissen, die
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ein adäquates Lesen/Verstehen ermöglicht, werden Hilfen zur Kognitivierung grammatischer
und lexikalischer Strukturen implementiert, die eine optimale Bearbeitung der einzelnen,
konkreten Lernsituation erlauben und einen strukturellen Transfer auf andere Situationen des
Textverstehens gestatten. Aus diesem Grund stellt LesenHQ ein Instrumentarium bereit, um
dem Studierenden genau dasjenige Referenzwissen zu präsentieren, das er in seiner spezi-
fischen Lernumgebung benötigt (grammatische Tafeln, Wörterbuch, phonetische Komponen-
ten, Übersetzungen). Diese Lernressourcen sind kontextbezogen in vier Ansichtsformen des
jeweiligen Textes konzentriert und bilden damit variable lokale Wissensnetzwerke. Außer-
dem sind die Ressourcen Grammatik und Wörterbuch auch kursweit (in Form von integrier-
ten Nachschlagewerken) verfügbar.
4. Transparenz und Lernzielkontrolle
Zu den zentralen Voraussetzungen für eine optimale Studien- und Lernumgebung gehört,
dass sowohl Lernziele, Lernobjekte, ihre Inhalte und Bausteine als auch ihre Strukturierung
und programmseitige Erscheinungsweise für den Studierenden stets transparent sind.
Der Studierende muss zu jeder Zeit des Lernprozesses wissen, an welcher Stelle er sich im
Hinblick auf das Studienpensum befindet, welcher Arbeitsumfang (und welcher Zeitdauer)
mit welchem Lernziel/-objekt verbunden ist, zu welchen Lernzielen ihn ein Lernobjekt führt
etc. In LHQ wird dies u.a. dadurch geleistet, dass alle Lernbereiche und –objekte über Meta-
information (Lernziele, Inhalte, Arbeitsdauer, Anzahl und Umfang von Übungen usw.) verfü-
gen, die für den Studierenden jederzeit sichtbar sind. Die Programmoberfläche verfügt über
ein klar strukturiertes, ergonomisches und intuitiv zu bedienendes Design.
5. Lesekompetenzen und Lesestrategien
Bei der Entwicklung der Lesekompetenzen differenziert LHQ drei „Lese-Stile“ bzw. Lesestra-
tegien:
a) kursorisch-orientierendes Lesen (der Studierende verschafft sich einen Überblick über die
zentralen Informationen und die Gesamtaussage des Textes),
b) selektives Lesen (der Studierende ermittelt in dem Text spezielle Informationen nach einer
Fragestellung) und
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c) analytisch-vertieftes Lesen (der Studierende erschließt den Text in seinen strukturellen
und semantischen Tiefendimensionen und setzt ihn mit kontextuellem Wissen in Verbin-
dung).
Alle drei Lesestrategien werden in Übungen systematisch vermittelt und trainiert. Auch an
diesen drei Lesestrategien wird wiederum die Verknüpfung von sprachlichen Voraussetzun-
gen und wissenschaftlichen Denk- und Argumentationsformen sichtbar. Diese Verknüpfun-
gen bewusst zu machen und sie entsprechend zu hinterfragen, ist ein essentieller Bestand-
teil von Lese- und Verständniskompetenz, die enge pragmatische Grenzen überschreiten
will. LHQ berücksichtigt damit, dass sich eine umfassende Lesekompetenz als Summe von
Teilkompetenzen entwickelt, die separat eingeübt werden können und auch als Einzelkom-
petenzen (Einzelstrategien/-stile) ihren funktionalen Wert besitzen.
5.1. Differenzierte Textkorpora und Leistungs-/Kompetenzstufen
Lesekompetenzen werden nicht generell „gesamtsprachlich“, sondern in der Regel im Hin-
blick auf Textarten und –gattungen, Themenfelder und mit ihnen korrespondierende lexika-
lisch-strukturelle Spezifika, unterschiedliche Sprachentwicklungsstufen etc. auf verschiede-
nen Leistungs- und Niveaustufen erworben. Eine Differenzierung der dem Kompetenzerwerb
zugrunde liegenden Textkorpora ist daher unverzichtbar. Wird zusätzlich eine hohe Variabili-
tät im Textangebot im Sinne von Schlüsseltexten, wichtigen Zentraltexten und ergänzenden
Texten erwartet, bedingt dies ein umfangreiches Textstudienkorpus, das strukturell erschlos-
sen sein sollte.
LHQ verfügt in seinen beiden Studienumgebungen DeutschHQ und RussischHQ über ein
ausdifferenziertes Textkorpus mit jeweils 450 Texten im Umfang von 2.500 – 6.000 Zeichen,
wobei die Textumfänge nach Leistungs- bzw. Kompetenzstufen gestaffelt sind. Innerhalb
dieser Korpora sind zahlreiche Textsorten und –gattungen (Bericht, Essay, Inter-
view/Dialoge, Prosatexte, Lyrik, beschreibende Texte, politische Texte etc.) vertreten.
5.2. Differenzierte Teilkompetenzen, Lesestrategien und -stile
Umfassende Lesekompetenz entsteht in der Regel als Summe von einzelnen Kompetenzen,
die sich durch unterschiedliche Annäherungsformen und Verwertungszwecke ergeben. Die-
se werden in der Forschung der letzten Jahre - wenngleich oft definitorischen Unterschieden
- als Lese-Stile bzw. Lese-Strategien bezeichnet, bei denen ein orientierend-kursorisches
Lesen (Überblick verschaffen, wichtigste Textinformationen entnehmen etc.) von einem se-
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lektiv-investigatorischen Lesen (bestimmte konkrete Textinformation auffinden) und analyti-
schen, transferorientierten Lesen (detailliertes Lesen, Berücksichtung sprachlicher, stilisti-
scher oder textinformatorischer Besonderheiten, Erkennen von Text- und Aussagezusam-
menhängen, Einbettung und Transfer außertextlicher Informationen etc.) abgegrenzt wird.
Diese Lesestile/-strategien erfordern ein ihnen adäquates Training mit einer entsprechend
differenzierten Kontrollmöglichkeit. Lesekompetenzen werden daher nicht ‚allgemein’, son-
dern über einzelnen Lesestilkompetenzen vermittelbar und erworben. Hinzu kommen einige,
meist in diesem Zusammenhang nicht benannte Kompetenzen wie die Memorierfähigkeit für
Textinformationen, Mustervergleichskompetenzen, kognitive Fähigkeiten zum inner- wie
außersprachlichem Transfer, logisch-analytisches Denken etc. Ohne die Erörterung dieser
Lesestile und ihrer didaktisch-methodischen Konsequenzen (z.B. für die Übungsgestaltung)
an dieser Stelle fortzusetzen, kann festgehalten werden, dass ein innovatives Studiensystem
diese Teilkompetenzen berücksichtigen und durch geeignetes Trainingsmaterial abdecken
muss. In LHQ wird dies zum einen durch eine entsprechende Spezifizierung der Übungen
zum Textverständnis (Übungen zum kursorische, selektiven und analytischen Lesen) ge-
währleistet, zum anderen wird bereits während der Textbearbeitungsphase eine differenzier-
te Herangehensweise an den Text eingeübt, bei der nach verschiedenen Lesestrategien un-
terschieden wird.
5.3 Phasen und Arbeitsformen des Lesekompetenzerwerbs
Lesekompetenzen werden durch einen diese Fähigkeiten entwickelnden Prozess erworben,
der – vor allem wenn es sich um fremdsprachliche Texte handelt – mehrere Phasen umfasst:
hier sind insbesondere die Vorbereitungsphase, die eigentliche Erwerbsphase und die Kont-
rollphase zu unterscheiden, wobei der dritten Phase gerade dann besonderes Gewicht zu-
kommt, wenn das Studiensystem auch für autonomes Lernen konzipiert werden soll. Denn in
gerade dieser Phase wird ein lernerbezogenes Feed-Back geliefert, dem der Lerner entneh-
men kann, inwieweit sein Textverständnis (und damit die für diesen Text erworbene Kompe-
tenz) tatsächlich den Rahmenanforderungen entspricht. Hier ist einzuschränken, dass die
Teilkompetenzen (und die mit ihnen verbundenen Lesestile) nicht zu einem identischen
Textverständnisergebnis führen und daher – geht man von einem integralen, alle Stile um-
fassenden Kompetenzverständnis aus – komplementär trainiert und kontrolliert werden müs-
sen.
Der Lesekompetenzerwerb gliedert sich in LHQ in drei Phasen:
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a) Während der Vorbereitungsphase werden vor allem die sprachlich-strukturellen, kulturel-
len, landeskundlichen und motivationellen Voraussetzungen für die Textbearbeitung ge-
schaffen und verbessert. Dies geschieht in erster Linie durch sprachliche oder landeskundli-
che Vor-Text-Übungen.
b) Während der sich anschließenden Erwerbsphase werden grundsätzlich zwei Arbeitsfor-
men unterschieden: die aktive Kommentierung des Textes (Bearbeitungsmodus) und seine
passive Erarbeitung in den vier Ansichtsformen des Textes (Informationsmodus).
c) In der Kontrollphase wird dann das Ergebnis der Texterschließung und die nach Lesesti-
len aufgefächerte Kompetenz durch Übungen überprüft, bewertet und kommentiert.
Im Folgenden sollen diese drei Phasen ausführlicher dargestellt werden.
Vorbereitungsphase:
In LHQ werden während der Vorbereitungsphase (insbesondere im Leistungssegment A und
bei den Schlüssel- und Zentraltexten) zwei bis drei Übungen absolviert, durch die der Lerner
z.B. seinen spezifischen Wortschatz aktualisieren und erweitern und allgemeinere Hinter-
grundinformationen zu dem im Text dargestellten Sachverhalt erhalten kann. Außerdem wird
seine Motivation für die Lektüre und Bearbeitung des Textes durch eine entsprechende
Kommentierung (Metatext) verstärkt.
Erwerbsphase
In der Erwerbsphase wechseln sich in LHQ aktive und passive Arbeitsformen ab, wobei eine
Reihenfolge didaktisch empfohlen wird, durch den Lerner aber auch individuell gestaltet wer-
den kann.
In der aktiven Phase (Bearbeitungsmodus) kann der Lerner den Text selbst markieren (und
damit auch individuell strukturieren), zu einzelnen Wörtern und Wortverbindungen Kommen-
tare erstellen, diese nur am Text bzw. auch zusätzlich in seinem persönlichen Notizbuch
speichern oder sogar seinem eTutor (z.B. verbunden mit Fragen an den Text) zuleiten. Die
aktive Phase dient vor allem dazu, dass der Lerner sein individuelles Kommentierungs- und
Anfragenprofil entwickeln kann, das er im passiven Modus für weitere Bearbeitungen (z.B.
die Klärung von Wortschatzfragen) nutzen kann.
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Die passive Phase (Informationsmodus) dient dazu, dem Lerner in vier Ansichtsformen des
Textes textrelevante und lernerbezogene Zusatzinformationen zu geben, mit denen er sich
zum einen den Text lexikalisch, inhaltlich und strukturell erschließen und zum anderen seine
individuellen Anfragen an den Text (Ergebnisse der aktiven Phase) nachbereiten kann.
LHQ verfügt über vier diskrete Ansichtsformen des Textes (Normalansicht, Beto-
nung/Vertonung, Grammatik, Wörterbuch), mit denen der Lerner - entsprechend der gewähl-
ten Ansichtsform - erklärende bzw. weiterführende Einzelinformation in Form von (wort- oder
wortverbindungsbezogenen) Übersetzungen, Worterklärungen, einschlägigen Grammatikta-
feln etc. erhalten kann. Die Arbeit mit den Ansichtsformen werden als passive Arbeitsform
bezeichnet, da der Lerner in erster Linie Zusatzinformationen erhält, die ihm bei der Klärung
von Fragen, Kenntnis- oder Verstehensdefiziten bzw. Betonungs- und Ausspracheproblemen
helfen. Die Anzeige dieser Informationen erfolgt streng nach dem Bedarfsprinzip: anhand der
Unterstreichung von Wörtern/Wortverbindungen sieht der Lerner, dass in der jeweils gewähl-
ten Ansichtsform weitere Informationen vorhanden sind, die nach Klick in der
Marginalienspalte angezeigt werden.
Die Ansichtsformen im einzelnen:
Normalansicht:
In dieser Ansichtsform wird der Text ohne weitere Markierungen oder zusätzliche Informati-
onsoptionen angezeigt.
Ansicht Betonung/Vertonung:
Diese Ansichtsform präsentiert den Text (z.B. bei Zielsprache Russisch) mit einer farblichen
Hervorhebung der Wortbetonung, außerdem kann der Text in seiner Vertonung (steuerbarer
Soundfile) angehört werden. Letztes ist vor allem für die Entwicklung einer lautlichen Reprä-
sentation des Texte von großer Bedeutung (innere Lautung), die sich nicht nur entscheidend
auf die erzielbare Lesegeschwindigkeit auswirkt, sondern auch zahlreiche, hier nicht auszu-
führende Implikationen für die Memorierfähigkeit neuen lexikalischen Materials oder syntakti-
scher Strukturen besitzt. Multimedial vermittelte Texte, die gleichzeitig gelesen und gehört
werden können, erlauben eine solidere Erfassung, eine genauere Speicherung, eine durch
die auditiven Komponenten geleistete Sinnstrukturierung. Außerdem wird hier zusätzlich das
Hörverständnis eingeübt, das als zweiter, ergänzender „passiver“ skill das Leseverständnis
abstützt.
Ansicht Grammatik:
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Diese Ansichtsform Grammatik bietet über analoge Markierungen von Wör-
tern/Wortverbindungen den Zugriff auf spezifische Grammatiktafeln, in denen vor allem für
den Bereich der Morphologie weiterführende Informationen zu Strukturen, Bildungs- und
Verwendungsregeln des Wortes gegeben werden. Die Grammatiktafeln können vom Lerner
auch ausgedruckt werden.
Ansicht Wörterbuch:
Unter den Ansichtsformen kommt dem Wörterbuch eine besondere Rolle zu, da gerade die-
se Funktion (z.B. im traditionellen Unterricht das Nachschlagen eines Wortes im Wörterbuch)
zu den Schlüsselmerkmalen in der Arbeit mit einem fremdsprachlichen Text gehört. Im Ge-
gensatz zum traditionellen Leseunterricht erfolgt die Bereitstellung der (streng kontextbezo-
genen) Wortbedeutung sowie die formalen Charakteristika des Wortes (Wortart, Numerus,
Genus etc.) sofort; der notwendige Suchprozess in einem Wörterbuch entfällt, was in der
traditionellen Arbeit mit Texten erfahrungsgemäß – allein aus Zeitgründen - eine Hürde für
die lexikalische Erschließung eines Textes dargestellt. Das Wörterbuch umfasst neben der
ausgangssprachlichen Übersetzung und formalen Merkmale des Wortes auch landes- und
kulturkundliche Informationen.
LHQ verzichtet daher vollständig auf die Bereitstellung standardisierter Wortlisten zu einem
Text, die in der Regel entweder willkürlich von Autoren festgelegt wurden oder nur in festen
Abfolgen von Texten, bei denen der Autor z.B. den Wortschatz des Lernenden zu kennen
(oder über frühere Listen) zu kontrollieren glaubt, einen Sinn haben. LHQ nimmt an dieser
Stelle das Prinzip der Individualisierung ernst und erzeugt für jeden einzelnen Lerner spezifi-
sche Wortlisten, die sich aus den realen, vom Lerner vorgenommenen Anfragen an z.B. das
Wörterbuch, ergeben. Prinzipiell wird eine solche Liste bei jedem Lerner unterschiedlich sein
und muss daher auf einzeln generiert werden. In LHQ kann der Lerner diese individuell,
durch konkrete Anfragen an das Wörterbuch erzeugte Wortliste (inklusive der hier verzeich-
neten Wortbedeutungen) zusammen mit dem Text auch ausdrucken.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass diese, vom Lerner generierte „Defizit-Liste“ solide nach-
bereitet werden muss, d.h. der Lerner soll z.B. exakt diejenigen Wörter trainieren (durch ei-
nen ergänzend verfügbaren Wortschatztrainer), die ihm während des Lesen unbekannt oder
unverständlich waren. Auf diese Weise kann der Lerner höchst spezifisch seine Defizite an-
gehen und z.B. seinen individuellen Wortschatz zielsicher erweitern.
Hierzu ein Beispiel: Der Lerner beginnt die Arbeit mit dem Text im passiven Modus (z.B. in
der Ansichtsform ‚Betonung’ und hört sich dabei parallel den Text in seiner Vertonung an.
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Während diese Phase schaltet er durch die Setzung von einzelnen Wortmarkierungen in den
Bearbeitungsmodus um und erzeugt in diesem parallel ein Muster von (im weiteren zu klä-
renden) Anfragen, die er zusätzlich für sich und/oder den eTutor kommentiert. Auf diese
Weise entsteht eine Reihe von Wortmarkierungen, die beim Umschalten in den Informati-
onsmodus erhalten bleibt. Als möglichen nächsten Schritt wechselt der Lerner in den Infor-
mationsmodus (passive Arbeitsform) und klärt in der Wörterbuchansicht die ihm unbekann-
ten (und daher mit Markierungen versehenen) Wörter ab. In der sich ggf. anschließenden
Normalansicht geht der Lerner einzelnen grammatischen Strukturen nach, die er durch Um-
schalten in den Bearbeitungsmodus markiert und anschließend in der Ansichtsform Gram-
matik durch die Konsultation von entsprechenden Grammatiktafeln bearbeitet. Somit erzeugt
der Lerner im Bearbeitungsmodus eine individuelle Sichtweise des Textes, die durch
Kommentierung der Markierungen erweitert werden kann. Im Informationsmodus erarbeitet
sich der Lerner wechselweise den Text in dessen Einzeldimensionen, wobei die individuelle
Sicht und Kommentierung aktiv genutzt und einbezogen werden kann.
Betrachtet man genauer die dritte Phase, so sind hier vor allem Trainings- und Kontrollübun-
gen zu sehen, durch die der Kompetenzerwerb erweitert und überprüft wird. Diese Übungen
sollten strikt auf die Lesestile und mit ihnen verbundenen Kompetenzen ausgerichtet sein
und nicht das „allgemeine“ Textverständnis im Blick haben. Einschränkend ist hier wiederum
zu sagen, dass bestimmte Übungen zum analytisch-transferorientierten Lesen natürlich auch
(von einzelnen Textaussagen) abstrahierende Informations- und Wissensbausteine aus dem
Text zum Gegenstand haben können und sich daher formal an Übungen zu einem „allge-
meinen“ Textverständnis annähern können. Gegenwärtig verfügen die wenigen anderen,
bisher realisierten Übungssysteme nur über eine außerordentlich restriktive (technische)
Übungstypologie. Meist handelt es sich dabei um klassische Multiple-Choice-.Aufgaben, Ein-
satz- oder Lückentext-Übungen bzw. Kreuzworträtsel (als Variante des Lückentext). Selten
sind kombinatorische Übungstypen zu beobachten.
Zwar ist generell festzuhalten, dass ein technischer Übungstyp noch nichts über seine didak-
tische Verwendung aussagt. Auch innerhalb einer MC-Aufgabe können z.B. recht komplexe,
auf Textzusammenhänge o.ä. ausgerichtete Übungen erstellt werden, dies ist allerdings
höchst selten der Fall. Für MC-Übungen gilt in der Regel, dass hiermit überprüft wird, ob eine
bestimmte Information im Text vorhanden war, was als Vorgehensweise nicht grundsätzlich
als negativ einzuschätzen ist. Nachteilig ist es jedoch, wenn bestimmte technische Typen
festgelegte didaktische Aufgaben übernehmen, da dabei - in anderen Lernanwendungen -
zu beobachten ist, dass von den Autoren nicht mehr als erstes die didaktische Funktion der
Übung definiert wird und zweitens der dazu passende technische Typ ausgesucht wird, son-
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dern vorschnell von einem im System vorhandenen technischen Typ auf seinen didaktischen
Einsatz geschlossen wird. Dieser Mechanismus führt oft zu einem ebenso begrenzten didak-
tischen Spektrum, was wiederum zu Routine und sinkender Akzeptanz bei den Lernern führt,
diese Übungen überhaupt zu bearbeiten. In LHQ ist dies nicht der Fall, weil hier nicht nur die
Auswahl an technischen Typen erheblich größer, sondern auch die didaktische Verwendung
breiter angelegt ist.
5.4 Variabilität der Textverständnisübungen, zielgenaues Feed-Back
Voraussetzung eines Sprachstudiensystem für das autonome wie unterrichtsbegleitete
(blended) Lernen ist daher zunächst eine möglichst breite Palette an (technischen) Übungs-
und Kontrolltypen sowie eine hiervon unabhängige, die technische Typologie weit über-
schreitende didaktische Typologie, wobei nochmals angemerkt werden sollte, dass (bei der
Übungserstellung durch den Autor) zunächst die didaktische, anschließend die technische
Wahl des passenden Typs vorgenommen werden muss.
Geht man nun genauer auf einzelne Übungen und ihre didaktischen (wie technischen) Bau-
steine ein, so sind in der Regel folgenden Komponenten zu unterscheiden: eine Metainfor-
mation über die Art und den Umfang der Übung sowie die Trainings- oder Lernziele, eine
Aufgabenstellung (beide als passive Elemente), aktive Komponenten der Zuordnung, Aus-
wahl, Identifikation, Sortierung, Anpassung etc., eine erste Feed-Back-Komponente über die
das formale Ergebnis der Bearbeitung sowie eine zweite Feed-Back-Komponente in Form
ausführlicher Kommentierung des Lernerergebnis.
Ausgesprochen selten werden alle diese Komponenten in anderen Systemen realisiert und
nahezu alle Ansätze gehen von binären Richtig-Falsch-Feedbacks aus. Eine derartige Pro-
grammstruktur kann weder motivierende Funktionen besitzen, noch eine lernerbezogene
Response gewährleisten, die ihm im Feed-Back nicht nur einen Hinweis liefert, warum z.B.
eine Antwort falsch war und ihm damit einen Lernzuwachs ermöglicht, sondern auch eine
qualitative Einschätzung der Antwort bietet. Außerdem ist ein Autor bei einem vorliegenden
binären System gezwungen, seine Antwortoption immer auf eine eindeutige Richtig-Falsch-
Opposition auszurichten, was der üblichen Arbeit mit Fragen zu einem Text nicht entspricht.
Ein Sprachstudiensystem sollte daher zumindest über vier lernzielbezogene Antwortbewer-
tungen verfügen (vollkommen richtig, weitgehend richtig, vollkommen falsch, weitgehend
falsch). Eine solche Differenzierung würde außerdem erlauben, durch den Autor entspre-
chende Antwortoptionen vorzusehen, was das Training und die Kontrolle des Leseverständ-
nis deutlich realitätsnäher und praxisorientierter werden lässt.
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LesenHQ – Kompetenz in Fremdsprachen 14
6. Neue Arbeitsformen und Übungstypologien
LHQ bietet bei dem Erwerb der Lesekompetenzen mehrere Arbeitsformen an, die individuell
variabel genutzt werden können, durchgehend aber auf die Entwicklung der Lesekompetenz
und des Hörverstehens (und daher nicht auf Sprechen oder Schreiben als sog. ‚aktive’ skills)
ausgelegt sind. Während der aktiven Arbeitsphase kann der Lerner eigenständig Texte mar-
kieren, kommentieren und bearbeiten und diese Informationen speichern bzw. dem Leh-
rer/eTutor zugänglich machen. An dieser Stelle unterscheidet sich LHQ im wesentlichen
durch die Kommunikationsfunktionen von traditionellem Präsenzunterricht.
Hoch innovativ sind hingegen die vier Ansichtsformen der Texte, in denen der Lerner alterna-
tive Textdimensionen und –strukturen erschließen zu Rate ziehen kann (Grammatik, Wörter-
buch, Betonung/Vertonung und Normalansicht). Diese Ansichten erlauben einen effizienten,
lesestrategiebezogenen Abbau von individuellen Kompetenzdefiziten und optimieren damit
den Kompetenzerwerb nachhaltig.
Als dritter Faktor ist die umfangreiche Übungstypologie zu nennen, die vor allem zur Festi-
gung, Nachbereitung und Kontrolle der erworbenen Kompetenzen eingesetzt wird. Die in-
teraktive Übungstypologie umfasst 16 (technische) Typen, aus denen über 50 didaktische
Übungstypen generiert werden können.
• MC – einfache multiple choice (Bild/Text, Text/Text, Bild/Bild)
• MMC – multiple MC (mehrere Fragen mit nicht wechselnden Antwortsets)
• DMC – dynamic MC (mehrere Fragen mit dynamisch wechselnden Antwortsets)
• AMC – automatic MC (MC aus automatisch generierten Listen/Antworten) (nur LHQ)
• ST – sensitive text (interaktive Textbereiche mit Kommentar- und Antwortfunktion)
• SP – sensitive picture (interaktive Bildbereiche mit Kommentar- und Antwortfunktion)
• STMC – sensitive text with MC (interaktive Textbereiche mit dynamischer MC)
• SPMC – sensitive picture with MC (interaktive Bildbereiche mit dynamischer MC)
• CWTG – correspondence with text gaps (“Lückentext”, Einordnung/Wörtern)
• TGMC – text gaps with MC (Auswahl von MC-Antwortelementen zu Lücken)
• ORD – order building (Sortierung von Bildern/Wörtern auf feste Positionen)
• COR – correspondence (dynamische Zuordnung von Objekten zu Zielen)
• GCOR – group correspondence (dynamische Zuordnung von Objektgruppen)
• MTF – modified text fragment (Identifizierung modifizierter Textelemente, ST-basiert)
• REF – referat (freie Textproduktion für a/synchrone Kommunikation mit eTutor)
• COM – comment (Kommentierung/Text als PostIT für eTutor)
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LesenHQ – Kompetenz in Fremdsprachen 15
Alle 16 Übungstypen verfügen über explizite Lernzielbeschreibungen (Metatexte), klare Arbeitsan-
weisungen, eine einfache, intuitive Bedienungsfunktion, differenzierte Fehlerbewertung (auf vier
Stufen), die Einbettung in Protokoll/Arbeitsplanung sowie ein umfassendes Feed-Back durch
Kommentierungen, Verweise oder Lernhilfen.
7. Protokollierung und differenzierte Evaluation
Ein weiterer zentraler Faktor der Individualisierungsstrategien eines Sprachstudiensystems
liegt in seinen Protokollierungsoptionen.
Bei der Gestaltung der Protokollfunktionen wurde grundsätzlich davon ausgegangen, dass
sich das Lernen zu überwiegenden Anteilen als Selbststudium (voll- oder teilautonomes Ler-
nen) vollziehen wird. Dies setzt voraus, dass einerseits der Studierende über ein solides Ge-
rüst an Daten zu seinem individuellen Lernverlauf und zu den erzielten Lernergebnissen ver-
fügen muss, um z.B. selbst Korrekturen am Lernprozess vorzunehmen, andererseits diese
Daten auch für den Lehrenden oder Tutor sichtbar sein müssen, damit auch von dieser Seite
detaillierte Lernhilfen, Hinweise und Kommentare gegeben werden können. Zu diesen Zwe-
cken werden relevante Daten des Studierenden im Protokoll registriert und für die Optimie-
rung des Lernprozesses genutzt. Hierzu gehören die folgenden Daten:
• persönliche Angaben zu dem Studierenden (Name, eMail, Studiengang, etc.)
• der Arbeitsplan (prospektivische Sequenz der didaktischen Einheiten)
• die bearbeiteten Lernobjekte (didaktische Einheiten und ihre Komponenten)
• die Übungsresultate (differenziert und akkumuliert)
• die individuelle dynamische Wortliste
• die Nutzungshäufigkeit sekundärer Hilfen (Wörterbuch, Grammatiktafeln etc.)
Diese Daten werden – nur für den jeweiligen Studierenden bzw. den Lehrenden/Tutor sicht-
bar – gespeichert und für eine gezielte Hilfe und Beratung verwendet. Das Leistungsfeed-
back erfolgt zu den einzelnen Übungen (und DE) in Form farblicher Markierungen unter An-
gabe der Häufigkeit der bisher erfolgten Bearbeitung. Der Studierende kann damit möglichst
leicht und übersichtlich sehen, welche Texte und Übungen er mit welchem Ergebnis bearbei-
tet hat. Für den Lehrenden/Tutor gestattet diese Übersicht, dem Studierenden gezielt Hilfe-
stellungen zu defizitären Bereichen des Kurses geben zu können.
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LesenHQ – Kompetenz in Fremdsprachen 16
Die Bewertung der Übungen erfolgt automatisiert auf der Basis der Antworten in den einzel-
nen Übungsteilen (Sets), wobei - wie erwähnt - eine viergliedrige Bewertungsskala verwandt
wird (vollkommen richtig, weitgehend richtig, weitgehend falsch, vollkommen falsch). Diese
Differenzierung, die auch graphisch innerhalb der Übungen durch unterschiedliche Zeichen
sichtbar gemacht wird, gestattet wiederum, spachlich-inhaltlich adäquate Antwort- bzw. Lö-
sungsoptionen vorzuhalten, d.h. sich von einem binären Muster (richtig/falsch) bereits bei der
Formulierung der potentiellen Antwort in einer Übungsaufgabe lösen zu können. Diese Diffe-
renzierung trägt maßgeblich zur Qualität der Übungsaufgaben und ihrer durch den Autor
vorgesehenen Antworten bei und entspricht in deutlich gesteigertem Maße einer textadäqua-
ten, lebenswirklichen Bearbeitung von Texten.
Mit dem individualisierten Protokoll können Studierende auch neue didaktische Einheiten
starten oder zu bereits bearbeiteten zurückkehren (Wiederholung, Optimierung der Ergeb-
nisse etc.). Einmal absolvierte DE werden entsprechend markiert, ebenso Einheiten, die der
Studierende wiederholt hat. Wichtig für die Generierung individualisierter Kursverläufe ist die
Option, zwischen den Leistungsstufen A, B und C dynamisch wechseln zu können. Dabei
können die Studierenden – z.B. bei auftauchenden Defiziten oder zur Wiederholung – tem-
porär in die analoge DE der niedrigeren Leistungsstufe oder bei besonders guten Lerner-
gebnissen in die nächsthöhere Stufe wechseln, wodurch sichergestellt wird, dass der Studie-
rende nicht einen starr vorgegebenen Kurs absolvieren muss, sondern seine individuellen
Stärken/Schwächen und Interessen berücksichtigen kann.
Bei der Auswahl oder Zusammenstellung von didaktischen Einheiten wird das individuelle
Protokoll angelegt, das - da die Einheiten noch nicht bearbeitet wurden – in toto den Ar-
beitsplan des Studierenden darstellt. Protokoll und Arbeitsplan sind daher zwei Aspekte ein
und derselben Programmfunktion. Im Verlauf der Bearbeitung der DE werden Teile des Ar-
beitsplans dann „gefüllt“ und bieten damit das reale Arbeitsprotokoll. Zusätzlich können in
der Protokollfunktion die einzelnen Arbeitsschritte und Ergebnisse nicht nur tabellarisch,
sondern auch in ihrem linearen Verlauf dagestellt werden.
8. Sekundäre Hilfen und Assistenz
8.1 Wörterbuch, dynamische Wortliste, Wortschatztrainer
Die Anwendung verfügt über ein russisch-deutsches (bzw. deutsch-russisches im Fachspra-
chenmodul DeutschHQ) Wörterbuch (Grundform Nom. Sing. bzw. Infinitiv), das die Bedeu-
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LesenHQ – Kompetenz in Fremdsprachen 17
tung des angefragten Wortes (bzw. der Wortverbindung) in dem jeweiligen Satzkontext wie-
dergibt. Das Wörterbuch leistet für die Textarbeit unverzichtbare Hilfe, da es dem Studieren-
den die an der aktuell bearbeiteten Textstelle gültige Bedeutung vermittelt. Zusätzlich zur
Bedeutung verzeichnet der auf die konkrete Textstelle bezogene Eintrag weitere Verweise
auf sekundäre Hilfen (z.B. Grammatiktafeln, kulturelles Wissen). Das Wörterbuch stellt dabei
ein der genannten Ansichtsformen des Textes dar, ist aber auch zentral und textunabhängig
verfügbar. Gleiches gilt für die Ansichtsform Grammatik, die sowohl als konkrete Sichtweise
auf den Text als auch als zentral zugängliche Referenzgrammatik verfügbar ist.
Durch den Aufruf einer Wortbedeutung (während der Arbeit am Text) wird das angefragte
Wort automatisch auf eine lernerspezifische, textbezogene Wortliste gesetzt. Der Lerner hat
mit seiner Nachfrage eines Wortes erkennen lassen, dass ihm die Bedeutung unbekannt war
oder dass er die vielleicht bekannte Bedeutung in diesem Kontext überprüfen wollte. Diese
lernerindividuelle, dynamische Wortliste stellt die Ausgangsbasis für den Wortschatztrainer
dar. Durch diesen Wortschatztrainer kann der Studierende Wörter seiner dynamischen Liste
separat üben und durch eine richtige Zuordnung der Bedeutungen wieder von der Wortliste
entfernen. Jeder Studierende verfügt daher in LesenHQ nicht über eine Liste derjenigen
Wörter, die er kennt (hypothetisch kennt er alle Wörter), sondern über eine Liste derjenigen
Wörter, die zielgenau trainiert werden sollten. Die individuelle Wortliste zeigt außerdem die
Frequenz an, mit der ein Wort aus dem Wörterbuch aufgerufen wurde, nach der sich wiede-
rum die Priorität des Wortschatztrainings richtet. Häufig nachgesehene Wörter werden
schneller, öfter und nachhaltiger trainiert als Wörter, die nur einmal aufgerufen wurden. Ne-
ben der streng textbezogenen Wortliste verfügt LHQ auch über eine lernerbezogene Ge-
samtliste aller „kritischen“ Wörter, die der Lerner auch systematisch mit dem Wortschatztrai-
ner üben kann.
8.2 eTutoring und Assistenz
In LHQ ist die Option für eine begleitendes eTutoring implementiert. Die Korrespondenz mit
dem eTutor kann dabei direkt aus der konkreten Lernumgebung heraus (d.h. während einer
Übung oder der Bearbeitungsphase des Textes) als auch über den Lernmanager kontextun-
abhängig geführt werden. Bei der kontextbezogenen Kommunikation erhält der Tutor einen
automatisch generierten Hinweis über den Lernkontext, der Lerner wiederum die Antwort des
Tutors anfrage- und damit ebenfalls kontextbezogen. Parallel hierzu wird die Korrespondenz
insgesamt gespeichert.
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Über das eTutoring hinaus kann sich der Studierende in einem kursweit eingerichteten Fo-
rum mit anderen Studierenden austauschen.
8.3 Lernmanager
Um die Handhabung der zahlreichen Hilfen, Protokollfunktionen, Skripte und der darin ver-
zeichneten Texten und Übungen möglichst ergonomisch zu gestalten, werden diese Funkti-
onen – zusätzlich zu ihrer Lokalisierung in der Programmumgebung – in einem Lernmanager
zu einem einheitlichen Funktionsbündel zusammengefasst. Der Lernmanager stellt damit
die personalisierte Sichtweise auf LesenHQ dar und erlaubt für den Studierenden einen
schnellen Zugriff auf seine studienspezifischen Umgebungsdaten. Hierzu gehören im einzel-
nen:
• die persönlichen Daten
• Aktuelle Kursinformationen
• der prospektivische Arbeitsplan (mit Zeitplanung und eMail-Benachrichtigung)
• das Studienprotokoll (tabellarisch und linear)
• die individuelle „kritische“ Wortliste (Gesamtliste)
• der Wortschatztrainer
• die Korrespondenz mit dem eTutor (wenn vorhanden)
• der Zugang zum kursweiten Forum
• eine Notizblockfunktion (mit differenzierten Speicher- und Kommunikationsoptionen)
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III. Inhaltlicher Aufbau von LesenHQ, Sprachenmodule
1. Themenfelder der Sprachmodule in LesenHQ
Sprachenmodul RussischHQ
Das Modul RussischHQ stellt ein Instrument dar, um die Lesekompetenz für fünfzehn aus-
gewählte, kulturwissenschaftlich und philologisch relevante thematische Bereiche des Russi-
schen zu erwerben oder systematisch auszubauen. Die Arbeit an Textinhalten besitzt daher
die gleiche Bedeutung wie der Erwerb hierfür notwendiger grammatikalischer und lexikali-
scher Kompetenzen.
Die Themenfelder werden auf drei Leistungsstufen präsentiert. Auf jeder Stufe wird jede
Themengruppe mit jeweils einer didaktischen Einheit angeboten, so dass den Studierenden
damit drei Kurse (à 15 Einheiten) mit insgesamt 45 didaktischen Einheiten zur Verfügung
stehen. Auf jeder Stufe werden dabei alle 15 Themengebiete einmal durchschritten. Kurse
können auch individuell so konfiguriert werden, dass z.B. ein Thema auf allen drei Stufen
nacheinander vermittelt wird («steile» Progression). Die didaktischen Einheiten einer Stufe
haben dabei grundsätzlich einen vergleichbaren Schwierigkeitsgrad. Die genannten Leitthe-
men (aus kulturwissenschaftlich-philologischer Sicht) sind im einzelnen:
Geschichte, Gesellschaft, Politik, Kunst, Literaturwissenschaft, Literaturgeschichte, Literatur
des 19. und 20. Jahrhunderts, Sprache, Geographie, Theater, Bildung, Architektur, Kultur,
Wirtschaft und Philosophie.
Die folgende Übersicht demonstriert, dass innerhalb der einzelnen Stufen eine thematische
Konkretisierung und Differenzierung des Leitthemas geleistet wird. Dabei sind die Unterthe-
men der einzelnen Stufen eng mit der jeweiligen Kompetenzstufe verbunden. Die themati-
schen Konkretisierungen der Stufen sind als prototypische Beispiele zu verstehen.
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LesenHQ – Kompetenz in Fremdsprachen 20
Leitthema Europ. Referenzrahmen
Stufe I (B1 – B2)
Stufe II (B2 – C1)
Stufe III (C1 – C2)
1. Geschichte Historische Landeskunde Geschichtswiss. Texte Geschichtstheorie
2. Gesellschaft Soziale Beziehungen im Alltag
Soziale Problemfelder Sozialwiss. Texte
3. Politik Politische Fragen mit All-tagsbezug
Politische Strukturen und Probleme
Politologische Texte
4. Kunst
Kunstwahrnehmung in All-tagssituationen
Stile, Werke, Künstler, Mu-seen, Kunstentwicklung
Kunstgeschichte, Kunsttheo-rie
5. Literatur l
Literarische Kultur (Lesen, Ausbildung, Themen)
Literarische Stile, Literatur-kritik, Werke und Autoren
Literaturgeschichte und -theorie
6. Literatur II einfache lit. Texte leicht adaptierte Originaltex-te
Originaltexte 19. Jahr-hundert
7. Literatur III einfache lit. Texte leicht adaptierte Originaltex-te
Originaltexte 20. Jahr-hundert
8. Sprache Sprachgebrauch im Alltag Sprache und Kommunikati-on
Sprachgeschichte, und -theorie, -Philosophie
9. Geographie
Landeskunde Russlands
geogr.-historische Originaltexte
Geographie im Kontext der Kulturwissenschaften (Geo-kulturologie)
10. Theater
Theaterleben und Praxis, Musikleben
Theaterinszenierungen, -kritik, Theater- und Musik-landschaft
Theater- und Inszenierungskonzepte, Theorie, Theater- und Mu-sikgeschichte
1 1 . Bildung
Schule und Ausbildung im Alltagsleben
Bildungssysteme und -Probleme, Karriere, Lernen und Beruf
Bildungsreformen, Bildungsideale und -traditionen, neue Methoden der Bildung
12. Architektur
Stadtgeschichte, Denkmäler, Exkursionen
Stadtplanung und -gestaltung, historische Aspekte der russischen Stadt
Tendenzen der russischen Architektur-geschichte, Baustile, Epo-chen etc.
13. Kultur
Alltagskultur, Sitten, Ge-bräuche, Verhaltensformen, traditionelle Kulturen
Stadt und Land, Stereotypen, Eigen- und Fremdbilder, kulturelle Konflikte
Russische Kulturgeschichteund -theorie, kulturelle Entwicklung, „Kampf der Kulturen"
14. Wirtschaft
Wirtschaftliche Probleme im Alltag, Preise, Lebenshal-tung, Beruf
Wirtschaft und Mentalität, Formen des Wirtschaftens, Business
Wirtschaft und Kultur, Kul-turfinanzierung, Wirtschafts-entwicklung
15. Philosophie
Religiöses Leben, Philosophie im Alltag
Sinnfragen, Ethik und Moral
Philosophiegeschichte und Kultur
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LesenHQ – Kompetenz in Fremdsprachen 21
Fachsprachenmodul DeutschHQ
Das Modul DeutschHQ ist strukturell analog zu RussischHQ aufgebaut und verfügt ebenfalls
über 45 didaktische Einheiten in 15 Themenbereichen. Da DeutschHQ in den Internationalen
Master zur russischen Kultur integriert und vor allem für dessen russischsprachige Studie-
renden (in Moskau und Bochum) bestimmt ist, unterscheidet sich teilweise die Themenwahl
und die inhaltliche Ausrichtung der einzelnen Themenfelder. Insgesamt beruht DeutschHQ
auf den kulturwissenschaftlich analogen Texten aus dem Bereich der Germanistik, der
Deutschlandstudien und deutschen Kulturgeschichte.
Leitthema Europ. Referenzrahmen
Stufe I (B1 – B2)
Stufe II (B2 – C1)
Stufe III (C1 – C2)
1. Geschichte
Historische Ereignisse und Persönlichkeiten
Geschichte als Wissen-schaft: Quellen und Fakten
Geschichtstheorie und Erinnerungskultur
2. Gesellschaft
Soziale Beziehungen im Alltag
Soziale Problemfelder
Sozialwiss. Texte
3. Politik
Politik: Alltägliches und Grundsätzliches
Politische Strukturen und Konzepte
Politologische Texte
4. Kunst und Architektur
Stile – Künstler – Meister-werke
Besondere Phänomene der deutschen Kunstgeschichte
Kunst- und Architekturge-schichte, theoretische Kon-zepte
5. Deutsch-Russische Kul-turbeziehungen
Reise- und Erfahrungsbe-richte, historische Fallbei-spiele
Wahrnehmungen und Kommunikationen in Kunst, Literatur, Technik usw.
Kulturkritik des ‚Eigenen’ und ‚Fremden’; zur Bewer-tung der Kulturkontakte
6. Kulturelle Kontakte
Stereotype und interkultu-relle Beziehungen
Deutsche Erkundungen des Fremden – Deutschland als Fremde
Theorie und Praxis der Stereotypenforschung und Imagologie
7. Literatur 1
Epochen, Institutionen und Dichter
Literaturkritik und Kulturge-schichte der Literatur
Literaturwissenschaftliche und poetologische Texte
8. Literatur 2
Prosa und Lyrik (Alltag und Geschichte)
Mythen und Metaphern – Dichtung für Fortgeschritte-ne
Texte des „Kanons“ von Goethe bis Jelinek
9. Sprache
Sprache als alltägliches Phänomen (Mundart, „Denglisch“ usw.)
Sprache zwischen Kultur und Wissenschaft
Sprache als Erkenntnisme-dium – Sprache und Welter-fahrung
10. Religion Religiöse Bräuche, Festta-ge und Leitbilder in Deutschland
Religion und Kirche in Poli-tik, Gesellschaft und Ge-schichte
Theologische und religions-wissenschaftliche Positio-nen
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11. Theater, Musik und Film
Künstler, Genres und Insti-tutionen
Vorbilder und Abgründe: Künstlerische Grenzgänge in Theater und Film
Theoretische Positionen zu Film und Theater in Ge-schichte und Gegenwart
12. Bildung
Schule, Bildung und Ausbil-dung im Alltag
Bildungssysteme und Bil-dungsprobleme – Karriere, Lernen, Beruf
Bildungsreformen: Ideale, Traditionen und Methoden in der Diskussion
13. Kultur und Medien
Alltagskultur: Jahreszeiten und regional geprägte Sitten und Gebräuche
Kultur als Ware, soziale, medienkundliche und wirt-schaftliche Aspekte, Kultur und Freizeit, Kultur und Identität
Aktuelle und theoretische Aspekte der Kultur und Medien in Deutschland
14. Wirtschaft
Wirtschaftliche Probleme im Alltag: Preise, Lebenshal-tung, Beruf, Waren, Institu-tionen
Felder ökonomischer Praxis: Marketing, Business, Mittel-stand, Globalisierung
Theoretische, ethische und historische Aspekte der deutschen Wirtschaft
15. Philosophie
Moralische Werthaltungen und alltägliche Orientie-rungspunkte
„Große Denker“ und „deut-sche Probleme“ in Philoso-phie und Alltagsmoral
Klassische philosophische Positionen von Kant bis Odo Marquardt
2. Textkorpora
Das Textkorpus von LesenHQ basiert (in jedem Modul) auf 450 Texten zur Kultur Deutsch-
lands, v.a. im europäischen Kontext, speziell zu den deutsch-russischen Kulturbeziehungen,
literarischen Texten und Essays, Fachtexten der Kulturwissenschaft bzw. fachwissenschaftli-
cher Publizistik.
Neben Texten mit aktuellem Bezug finden auch ausgewählte wichtige Texte aus dem 19. und
20. Jahrhundert Verwendung, um einerseits der themen- und sprachgeschichtlichen Breite
der Kulturwissenschaften und andererseits den realen Studiengegebenheiten gerecht zu wer-
den. Das Korpus der Originaltexte (für RussischHQ und DeutschHQ) wurde aus einer Ge-
samtzahl von ca. 6.000 Texten ausgesucht und aufbereitet.
Zu den wichtigsten Auswahlkriterien gehören neben dem funktionalen und inhaltlichen Bezug
zum Leitthema
a) die didaktische Qualität des Textes im Kontext der didaktischen Einheit (DE),
b) der sprachliche Schwierigkeitsgrad,
c) die von dem Text ausgehende Motivationsleistung und
d) die Anschließbarkeit an andere Texte der DE und des Leitthemas.
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Die ausgesuchten Texte stellen nahezu ausnahmslos Auszüge dar und haben in der Regel
2.500 bis 6.000 Zeichen. Diese formale Begrenzung erlaubt eine arbeitsökonomische Bear-
beitung durch die Studierenden und auch eine flexible Verwendung in den jeweiligen didakti-
schen Einheiten.
Der technische Aufbau von LesenHQ gestattet selbstverständlich die Ersetzung einzelner
Texte, didaktischer Einheiten oder sogar Themenbereiche. So kann die Anwendung ohne
größeren zeitlichen bzw. finanziellen Aufwand aktualisiert werden.
3. Die didaktische Einheit (DE)
Die didaktische Einheit stellt die zentrale Organisationseinheit des Lernens dar. Jeder Einheit
besteht aus zehn einzelnen Bausteinen, wobei jeder Baustein auf einem Text basiert,
sprachliche Vor- und Nachtext-Übungen, Übungen zum Textverständnis und zu Lesestrate-
gien sowie Testfragen aufweisen kann. Die Ausstattung der einzelnen Elemente eines Bau-
steins hängt dabei von seinem Status (Bereich) in einer DE ab. Daraus ergibt sich folgender
Aufbau: 10 Bausteine x 15 thematisch bestimmte DE x 3 Leistungs-/Kompetenzstufen.
Eine DE besteht dabei aus den folgenden Bereichen, denen die Bausteine zugeordnet sind:
a) Einleitungsbereich (Präsentation)
Jede DE enthält einen für den Themenbereich repräsentativen Schlüsseltext (Baustein 1),
bei dessen Schwierigkeitsgrad auch das Leistungsniveau der jeweils niedrigeren Kompe-
tenzstufe berücksichtigt wird. Der Schlüsseltext verfügt über sprachliche Vor- und Nachtext-
Übungen, Übungen zum inhaltlichen Textverständnis sowie alle Ansichtsmodi.
b) Vermittlungsbereich
Im weiteren folgen fünf zentrale Texte, denen innerhalb der DE eine didaktische Kernbedeu-
tung zukommt (Baustein 2 – 6). Dabei soll es sich um für das Thema prototypische Texte
handeln, die sowohl fachwissenschaftlich, grammatisch und lexikalisch das bearbeitete
Themenfeld und dessen sprachliche Besonderheiten vermitteln. Die Zentraltexte verfügen
über inhaltliche Textverständnisübungen sowie alle Ansichtsmodi.
c) Ergänzungsbereich
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Im dritten Teil der Einheit (Baustein 7 – 9) werden drei ergänzende (optionale) Texte bereit
gehalten, die das Thema fachlich erweitern, deren Bearbeitung aber für die Studierenden je
nach Kenntnisstand und Zeit fakultativ ist. Die ergänzenden Texte verfügen über keine
Übungen, sondern nur über die Ansichtsform Wörterbuch.
d) Testbereich
Ein Text am Ende jeder didaktischen Einheit (Baustein 10) fungiert als Test-Text. An ihm
können die Studierenden überprüfen, ob sie die sprachlichen Lernleistungen für das konkre-
te Thema auf dieser Leistungsstufe erreicht haben. Die hier vorhandenen Textverständnis-
übungen stellen Testfragen dar. Zusatzhilfen (mit Ausnahme eines begrenzten Einsatz der
Wörterbuchfunktion) werden nicht bereitgestellt.
Übungsausstattung und Workload
Die Funktion der ca. zwei bis vier vor- und –nachbereitenden, sprachlichen Übungen des
Bausteins 1 besteht in der Einführung und dem Training themenspezifischer Lexik und Struk-
turen. Die Bausteine 1 – 6 verfügen pro Text über ca. 5 – 6 inhaltsorientierte Übungen (mit
insgesamt ca. 25 –35 Übungssets) zum Textverständnis, mit denen die Studierenden das
Textverständnis üben und kontrollieren können. Die Übungen sind im Hinblick auf die geziel-
te Entwicklung von Lesestrategien (kursorisch, selektiv, analytisch) ausgerichtet.
Für die Bearbeitung jeder DE (ausgehend von sechs Texten und dem Test) durch die Studie-
renden ist eine Workload von 8 – 10 Arbeitsstunden in der Regel ausreichend. Dies ent-
spricht in etwa dem Workload einer Übungseinheit im Präsenzunterricht. Für die vollständige
Absolvierung von LesenHQ ergibt sich (pro Sprachmodul) somit insgesamt ein Workload von
ca. 360 – 450 Arbeitsstunden.
Bochum, September 2010