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Laufstil …
1
Tyson Gay
Michael Johnson
Johnson was noted for his unique running style. His stiff upright stance and very short steps defied the conventional wisdom stating that a high knee lift was essential for maximum speed.http://en.wikipedia.org/wiki/Michael_Johnson_(athlete)
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Stil als Zeichenprozess
Wie Variation bei Verhalten, Artefakten und Texten Information erzeugt
Martin Siefkes
Technische Universität Berlin
Gliederung
1. Vorstellung der Theorie
2. Beispiel
3. Die wichtigsten Neuerungen
4. Ausblick
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Vorstellung der Theorie
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Eine allgemeine Stiltheorie
(1) „Stil“ wird in unterschiedlichen Bereichen gebraucht
• Stiltheorien bisher bereichsspezifisch
(2) Gemeinsamkeiten:
• Identifikation von Personen über ihren Stil
• Stile enthalten Information
Information wird durch Zeichen übermittelt (semantischer Informationsbegriff).
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Vorgehensweise
(1) Stil wird als Phänomen angesehen
(2) Stil ist ein Zeichenphänomen (enthält Information)
(3) Verwendung in der Alltagssprache
(4) Verschiedene Zeichenprozesse werden identifiziert
(5) Konstruktion eines Modells
(6) Formale Darstellung des Modells (Korrektheit)
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Zwei Ansätze
(1) Stil als Auswahl
→ Welche Art von Auswahl?
(2) Stil als Zeichen
→ Wie entstehen diese Zeichen?
Verbindung: Auswahl erzeugt Zeichen
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Vom Schema zur Realisierung
• Verhaltens-, Artefakt- und Textschemata
• Schemaort: beschreibbare Bestandteile von Schemata
• Ergebnis jeder Schemaausführung ist eine Realisierung
• Realisierungen: konkret (eine Autofahrt; ein Text; …)
• Schemata: abstrakt; unterdeterminieren Realisierungen
Bei der Erzeugung einer Realisierung besteht Auswahl
Realisierungen eines Schemas zeigen Variation8
Anwenden und Wahrnehmen von Stilen
Wahrnehmen eines
StilsAnwenden eines
Stils
Interpretations-prozess
Merkmals-prozess
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Merkmalsregeln
Jede Merkmalsregel (= merkmalserzeugende Regel) besteht aus vier Variablen:
1. Anwendungsvoraussetzungen U
2. Verlangte Eigenschaften V
3. Anwendungswahrscheinlichkeit W
4.Priorisierung ij [als Index angegeben]
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Merkmalsregeln (Fs.)
U bestimmt, wann die Regel anzuwenden istBsp. 1 (bei Texten): ‚Substantive‘; Bsp. 2 (bei Gebäuden): ‚Fenster‘
V gibt Eigenschaften an, die das für die Realisierung zu wählende Element haben mussBsp.1: ‚altmodisch‘; Bsp.2: ‚Fensterband‘
W bestimmt Häufigkeit der Anwendung
ij Reihenfolge der Anwendung11
Der Merkmalsprozess
Realisierung
Kombinations-achse
Auswahlachse
– Merkmalsregel 1– Merkmalsregel 2– …
Zeichenträger
Zeicheninhalt
Alternativenklassen
A1
A2
A3
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Einschreiben und Auslesen
Ein Stil wird als Menge von Merkmalsregeln modelliert.
„Einschreiben“: Anwendung der Merkmalsregeln bei der Erzeugung der Realisierung entsprechend ihrer Priorität
„Auslesen“: Rekonstruktion der Merkmalsregeln aus den Spuren ihrer Anwendung („stilistische Merkmale“)
Regelanwendungsspuren werden zum Anzeichen für die angewandten Regeln
Wirkung verweist auf Ursache
Spezialfall eines indexikalischen Zeichenprozesses 13
function Merkmalsregeln_einschreiben (A, Ab, B)
for i := 1 to | A |
A'i := Ai
B' := B
for j := 1 to | B |
while | B'j | > 0
k := randomℕ (1, | B'j |)
A'i := Merkmalsregel_anwenden (Ai, A'i, Abi, Bj k)
B'j := B'j \ {Bj k}
end
end
end
A' := {A'1, …, A'|A|}
return A'
end function
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Der Interpretationsprozess
Input:
• Merkmalsregeln B1, … , B|B|
• Hintergrundwissen H1, H2, …
• frühere Ergebnisse der Interpretation: Er1, Er2, …
Operationen: Deduktion, Induktion, Abduktion, Assoziation, Bedeutungssuche, Eindrucksreaktion, Gefühlsreaktion
Beispiel einer Erzeugungsformel:
Bi ∧ Erj ∧ Hk ↝Ded Ern
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Definition von Stil
• Stila bezeichnet einen bestimmten Zeichenprozesstyp: Bei der Ausführung eines Schemas auftretende Regelmäßigkeiten der Auswahl führen zu stilistischen Merkmalen an der erzeugten Realisierung. Diese können wahrgenommen und zum Anzeichen für die Regelmäßigkeiten der Auswahl werden.
(In der Modellierung: das ganze entwickelte Stilmodell.)
• Stilb bezeichnet den Inhalt eines bestimmten Zeichens, das beim Zeichenprozesstyp Stila auftreten kann, also eine bestimmte Menge von Regelmäßigkeiten der Auswahl.
(In der Modellierung: eine Menge von Merkmalsregeln.)
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Wesentliche Neuerungen
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Ein allgemeines Modell von Stil
• Beschreibung für alle Bereiche, in denen der Begriff im Alltag angewandt wird
• Wird durch Schemata möglich
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Unterschiede beim Anwenden und Wahrnehmen
(a) Unterschiede zwischen angewandtem und wahrgenommenem Stil
(b) Unterschiede zwischen verschiedenen Stilwahrnehmungen
– im Schema
– bei den kontextuellen, funktionalen und inhaltlichen Bedingungen
– kulturspezifische Eigenschaften von Elementen (z.B. Konnotationen)
– beim hinzugezogenen Hintergrundwissen
– usw.19
Stil
Realisierung
‚Doppelnatur‘ stilistischer Merkmale
(1) abstrakt: Bestandteile eines Stils
(2) konkret: (unterschiedlich) ausgeprägt an Realisierungen
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Merkmals-regeln
Stilistische Merkmale
Zweifache Komprimierung der Information
• Wie kommt die Information in eine Realisierung?
Anwenden eines Stils:
(1) diverse Zeicheninhalte → Merkmalsregeln
(2) Merkmalsregeln → stilistische Merkmale
Wahrnehmen eines Stils:
(1) stilistische Merkmale → Merkmalsregeln
(2) Merkmalsregeln → diverse Zeicheninhalte
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Präzise, aber nicht normative Beschreibung
• Präzise Darstellung mit Hilfe von Algorithmen
• Natürlichsprachliche Funktionen, wo keine Formalisierung möglich
• Alle kognitiven und emotionalen Prozesse möglich (z.B. „Gefühlswahrnehmung“, …)
• Weitere Operationen können definiert werden, z.B. „ästhetische Wahrnehmung“, …)
• Verbindung zu Psychologie, Kognitionswissenschaft, formaler Logik usw. herstellbar
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Praktische Anwendbarkeit
• Nachvollzug tatsächlicher Stilinterpretationen möglich
• Detailliertheitsgrad kann gewählt werden
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Beispiele
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Beispiel 1:
Fensterbänder bei Richard MeierEr1: ‚Das Gebäude ist postmodern‘
U(B1): ‚Fenster (in geschwungenen Wänden)‘,U(B1): ‚Fensterbänder‘
H1: ‚Fensterbänder sind charakteristischfür die Moderne‘
H2: ‚Geschwungene Wände sindcharakteristisch für die Postmoderne‘
B1 ∧ H1 ∧ H2 ∧ H1 ∧ H2 ↝Ded Er2
Er2: ‚Moderne Elemente werden mit postmodernen Elementen kombiniert‘
H3: ‚Der Einbau von Fensterbändern in geschwungene Wände ist weniger funktional angemessen als in gerade Wände‘
H4: ‚Freie, nicht funktionale Gestaltung ist ein Prinzip der Postmoderne‘
H5: ‚Strenge, funktionale Gestaltung ist ein Prinzip der Postmoderne‘
Er2 ∧ H3 ∧ H2 ∧ H5 ↝Ded Er1
Er3: ‚Die Moderne eignet sich die Postmoderne an‘
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Beispiel 1:
Mehrere Gebäude ergeben den Individualstil
The Atheneum Des Moines Art Center
Douglas House
Beispiel 2:
Bret Easton EllisBret Easton Ellis, American Psycho & Glamorama
B1: U: ‚Verben der Redewiedergabe‘; V: ‚farbige, wechselnde Ausdrücke‘, z.B. “I whipser […] Daisy murmurs […] I sigh” (AP: 195), “I whisper […] she warns […] Jamie purrs” (G: 303).
B2: U: ‚persönliche Gespräche‘; V: ‚Charaktere sprechen wie Werbetexte (AP: 135f) oder Modeberater (AP: 149)‘
B3: U: ‚Ausdruck negativer Emotionen’; V: ‚Gebrauch von Klischees aus dem Horrogenre‘; z.B. “fills me with a nameless dread” (AP: 137), “my life is a living hell” (AP: 136).
B4: U: ‚Grüßen und Erkennen‘, V: ‚Figuren verwechseln sich ständig miteinander‘
H1: ‚Häufig wechselnde und farbige Verben der Redewiedergabe sind typisch für Unterhaltungsliteratur‘
B1, B2, B3, H1 → M1: ‚Figuren werden durch Unterhaltungsliteratur, Werbung und das Horrogenre beeinflusst‘
B4 → M2: ‚Alle passen sich an; es herrscht Konformität; Individualität und Identität spielen keine Rolle‘
M1, M2 → M3: ‚Die beschrieben Gesellschaft ist oberflächlich, von der Populärkultur beeinflusst, konformistisch; Individualität und sogar Identität gehen verloren‘
Zusammenfassung: Die Interpretation zeigt eine im Stil enthaltene Kulturkritik.27
Beispiel 2:
Bret Easton EllisB5: U: Inhalt x1 [‘tägliche Aktivitäten’], V: Ausdruck y1
R1: Gegensatz R2: Identität
B6: U: Inhalt x2 [‘Folterszenen’], V: Ausdruck y1
B5, R(R1, R2) → M4: ‘Für den Erzähler scheint alles gleich wichtig zu sein. Er kann nicht zwischen täglichen Aktivitäten und extrem brutalem Verhalten unterscheiden.’
H2: ‘Jemand, der nicht zwischen täglichen Aktivitäten und extrem brutalem Verhalten unterscheiden kann, wird medizinisch als „Psychopath“ bezeichnet.’
M4, H2 → M5
M5: ‘Der Erzähler ist ein Psychopath.’
Zusammenfassung: Die Stilinterpretation stützt die These, dass der Erzähler ein Psychopath ist. [vgl. Inhalt und Titel]
Gegensatz
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Ausblick
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Zukünftige Forschung
• Anschluss an bereichsspezifische Theorien
• Auswirkungen auf bereichsspezifische Phänomene (z.B. Textsorten, Stil als ästhetisches Mittel)?
• Operationen sollten genauer untersucht werden: Weitere Forschung über Denkprozesse erforderlich
• Verallgemeinerung des Interpretationsprozesses zu einer allgemeinen Interpretationstheorie
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Ein Stil mit Stil …
Danke fürs Zuschauen!