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Kinder - und Jugendbüro der Stadt Kassel Kinder- und jugendfreundliche Stadtgestaltung Fachtag Ergebnisdokumentation vom 25. Mai 2011

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Page 1: Kinder - und Jugendbüro der Stadt Kassel€¦ · Denn für Kinder und Jugendliche ist es wichtig, sich die Welt handelnd zu erschließen. Spiel- und Bewegungsräume bieten ... Zudem

K i n d e r - u n d J u g e n d b ü r o d e r S t a d t K a s s e l

Kinder- und jugendfreundliche Stadtgestaltung

Fachtag

Ergebnisdokumentation vom 25. Mai 2011

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>>> Inhaltsverzeichnis

Einleitung……………………………………………………………………. S. 3

Ablauf des Fachtages…………………………………………………… S. 5

Impulsreferate…………………………………………………………….. S. 6

Referat I – HORST DELP……………………………………………… S. 6

Referat II – MANUELA WENZ………………………………………. S. 7

Referat III – PETER APEL…………………………………………… S. 7

Workshop-Ergebnisse…………………………………………………. S. 9

Ergebnisse der Arbeitsgruppen………………………………….. S. 9

Abschlussdiskussion Strategien…………………………………. S. 11

Abschlussdiskussion Leitbild…………………………………….. S. 12

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>>> Einleitung Freiräume für Kinder und Jugendliche in der Stadt

Für Kinder ist das selbstständige Erkunden der häuslichen Umgebung oder ein gefahrloses

Spielen schwieriger geworden. Natürliche oder gestaltbare Freiflächen sind rar oder weit

entfernt. Jugendliche benötigen Plätze im öffentlichen Raum um sich zu treffen, sich zu

bewegen, aktiv zu sein. Der demografische Wandel stellt Städte und Gemeinden vor neue

Herausforderungen. Die konsequente kinder- und familienfreundliche Entwicklung ist eine

zielführende Strategie, aktiv und gestaltend den neuen Herausforderungen zu begegnen.

Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Spiel- und Erfahrungsräume. Und sie haben

ein Recht auf Freiräume. Denn für Kinder und Jugendliche ist es wichtig, sich die Welt

handelnd zu erschließen. Spiel- und Bewegungsräume bieten ihnen wichtige Risiko- und

Grenzerfahrungen.

Der jährlich stattfindende Fachtag des Kinder- und Jugendbüros der Stadt Kassel hat sich in

2011 dem fach- und ressortübergreifenden Thema der kinder- und jugendfreundlichen

Stadtgestaltung gewidmet. Das Ermöglichen, Weiterentwickeln und Sichern von

Freiräumen für Kinder und Jugendliche und die Förderung von kinder- und

jugendfreundlichen Quartieren sind herausfordernde Aufgaben, die nur in enger

Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure aus Verwaltung, Politik, Planung und

Jugendarbeit erfolgen können.

Wenn von Spielräumen die Rede ist, fällt der Blick zunächst häufig auf Spiel- und

Bolzplätze. Doch Grünflächen, Brachen, Gehwege, öffentliche Plätze, Straßen oder auch

zum Spielen frei gegebene Schulhöfe sind ebenso wichtige Spiel- und Bewegungsräume für

Kinder und Jugendliche. Die urbane Lebenswelt von Kindern hat sich verändert,

Verkehrsflächen und zunehmende Bebauung verdrängen potenzielle Spielräume von

Kindern. Die spielerische oder bewegungsorientierte Aneignung des öffentlichen Raums

durch Jugendliche wird mancherorts als störend und konfliktbeladen wahrgenommen.

Eine kinder- und jugendgerechte Stadt(-entwicklung) bedeutet unter anderem auch, dass

ausreichend wohnortnahe Spiel-, Bewegungs- und Freiräume für Kinder und Jugendliche

vorhanden sind und Wohnquartiere ausreichend Entfaltungsmöglichkeiten bieten. Kinder

und Jugendliche brauchen Platz und Bewegung - zum Lernen und für eine gesunde

körperliche Entwicklung.

Kinder- und jugendgerechte Räume entwickeln sich vor allem dort besonders gut, wo

Kinder und Jugendliche in die Planung und Ausgestaltung aktiv einbezogen werden. Denn

Kinder und Jugendliche sind selbst die Experten ihrer eigenen Lebenswelt. Dass Kinder und

Jugendliche an Entscheidungen, die sie und ihr Umfeld betreffen, beteiligt werden, dafür

setzt sich das Kinder- und Jugendbüro in enger Zusammenarbeit mit dem Spiel- und

Beteiligungsmobil Rote Rübe seit nun fast 20 Jahren erfolgreich ein.

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Die Verfügung des Oberbürgermeisters von 1997 sowie ein ergänzender STAVO-Beschluss

von November 2006 regeln die projektorientierte Kinder- und Jugendbeteiligung in Kassel.

Es gibt Beauftragte für Kinder- und Jugendbeteiligung in 11 Fachämtern, viele von ihnen

haben am diesjährigen Fachtag „Bespielbare Stadt“ teilgenommen. Kinder und Jugendliche

werden konsequent an der Umgestaltung von Schulhöfen, Spielplätzen oder Außenanlagen

von Jugendeinrichtungen beteiligt und es gibt hier bereits eine gute Zusammenarbeit der

Fachämter.

Was es bisher noch nicht oder nur in Ansätzen gibt, ist die Bewertung von ganzen

Stadtteilen aus Kinder- und Jugendsicht und eine daraus abgeleitete und von allen

Fachämtern und Akteuren abgestimmte Gesamtplanung. In Rothenditmold wurde im

Nachgang zum Fachtag im Auftrag für das Umwelt- und Gartenamt der Stadt Kassel die

erste Spielleitplanung für einen Kasseler Stadtteil erstellt. Und auch hier zeigt sich: Eine

kinder- und jugendgerechte Stadtentwicklung erfordert eine konsequente und

kontinuierliche fach- und dezernatsübergreifende Zusammenarbeit.

Die vorliegende Ergebnisdokumentation fasst die wesentlichen Aspekte der Impulsreferate

zusammen und dokumentiert die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen – mit den

Erkenntnissen wie auch den offenen Fragen, Bedenken und Anregungen für die Förderung

von kinder- und jugendfreundlichen Quartieren, Plätzen und Orten.

Herzlicher Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen, die den Fachtag unterstützt und

ermöglicht haben.

Daniela Ritter

Jugendamt der Stadt Kassel, Kinder- und Jugendbeauftragte

Der Fachtag wurde organisiert vom Kinder- und Jugendbüro mit Unterstützung des

Umwelt- und Gartenamtes, des Sportamtes und dem Beteiligungsmobil Rote Rübe e.V. Er

richtete sich an alle Kolleg/innen aus den Fachämtern - 40 -,- 51 -,- 52-,-53 -, - 63 -, - 65 -,-

66 - und - 67 - sowie an Akteure aus der Kinder- und Jugendarbeit, aus der Planung, aus

der Politik und aus dem Wohnungsbau sowie an Interessierte. Es haben insgesamt 52

Personen aus unterschiedlichen Fachrichtungen und Ämtern an dem Fachtag

teilgenommen.

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>>> Ablauf des Fachtages

09.15 Uhr Ankommen und Kaffeebuffet

09.30 Uhr Begrüßung und Eröffnung durch Stadträtin Frau Bergholter

09.45 Uhr Bedeutung von Spiel-, Sport- und Bewegungsräumen in der Stadt

Impulsreferat I von Horst Delp, Landessportbund

10.15 Uhr Einführung in das Instrument der Spielleitplanung

Impulsreferat II von Dipl. Ing. Peter Apel, Büro Stadt-Kinder

10.45 Uhr Bedeutung von Naturerfahrungen bei der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen

Impulsreferat III von Manuela Wenz, Dipl. Kulturpädagogin

11.15 Uhr Diskussion und Auswertung Impulsreferate

12.00 Uhr Mittagessen im „Speiseabteil“ im Willi-Seidel-Haus

12.45 Uhr Workshop-Phase - Entwicklung eines Leitbildes auf Stadtteilebene im Hinblick auf

Freiräume für Kinder und Jugendliche

Moderation Dipl. Ing. Peter Apel

14.45 Uhr Kaffeepause

15.00 Uhr Plenum + Abschlussdiskussion Ende ca. 16.15 Uhr

Dipl. Ing. PETER APEL, Planungsbüro Stadt-Kinder, Mitwirkung an der Entwicklung der

Spielleitplanung für das Land Rheinland–Pfalz, Erschließung des Handlungsfeldes

kinderfreundliche Stadtplanung in Nordrhein-Westfalen über Modellprojekte, Vorsitz des

Spielraumbeirats im Deutschen Kinderhilfswerk (DHKW).

HORST DELP, Geschäftsbereichsleiter Sportinfrastruktur des Landessportbundes Hessen,

Mitglied im Landesnaturschutzbeirat und Projektleiter i.R. der Nachhaltigkeitsstrategie des

Landes Hessen, Herausgeber der Handbuchreihe "Zukunftsorientierte

Sportstättenentwicklung", Sportentwicklungs-planung, nachhaltiger Sportstättenbau

einschließlich Räume für Sport, Spiel, Freizeit und Erholung.

MANUELA WENZ, Dipl. Kulturpädagogin, Natur- und Wildnispädagogin. Weitreichende

(Modell-) Projekte mit diversen Zielgruppen rund um Natur und Kultur / Kunst in

Dortmund und NRW.

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>>> Impulsreferate Die für den Fachtag eingeladenen Referenten/innen haben sich in ihren Impulsreferaten aus

unterschiedlichen Perspektiven heraus mit Aspekten kinder- und jugendfreundlicher

Stadtgestaltung beschäftigt. Im Folgenden sind die verschiedenen Aspekte zusammenfassend

dargestellt, die stichwortartige Auflistung sämtlicher Nennungen kann bei Bedarf im Kinder- und

Jugendbüro angefragt werden. Sie wurden während der Vorträge von Gunther Burfeind und

Christiane Plaha auf Moderationskärtchen festgehalten. Zudem haben Horst Delp und Peter Apel

ihre Präsentationen als pdf-Dateien zur Verfügung gestellt. Diese können bei Bedarf zur Verfügung

gestellt werden.

REFEREAT I – HORST DELP Wandel im Sport-/Bewegungsverhalten Verschiedene Untersuchungen belegen, dass innerhalb der letzten 5 - 10 Jahre ein Rückgang der

motorischen Leistungsfähigkeit der 6 - 11jährigen zu verzeichnen ist. Übergewichtigkeit von

Kindern und Jugendlichen ist ein zunehmendes und ein ernsthaftes Problem, dem sich Erziehung

wie auch Kinder- und Jugendarbeit, aber auch Stadtentwicklung zu stellen hat. Traditionelle

Sportanlagen bieten eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten - durch den Wandel der Sportmotive

erfahren viele Sportvereine einen Bedeutungsverlust. Auch wurde mehrfach bewiesen, dass die

Verweildauer auf klassischen „Geräte-Spielplätzen“ sehr gering ist.

Bedeutung von Bewegung und Erholung Erkenntnisse der Hirnforschung verdeutlichen wie wichtig Bewegung für die

Entwicklungsförderung ist und dass Bewegung hilft Konzentrations- und Lernschwierigkeiten zu

mindern. Erholung kann aktiv und ruhig erreicht werden, d.h. dass Bewegung und sportliche

Betätigung zum Stressabbau beiträgt und ein wichtiger Ausgleich im Schulalltag ist.

Sportentwicklungsplanung Die Erfahrungen und vielfältigen Untersuchungen haben dazu geführt, dass es neue

Anforderungen an bedarfsgerechte Sportstätten/ Sportanlagen geben muss und diese für

vielfältige Nutzungen geeignet sein sollten. Damit einher geht die grundsätzliche Erkenntnis, dass

Sportentwicklung Stadtentwicklung ist und dass es eine Vielfalt an unterschiedlichen Sport- und

Bewegungsräumen bedarf - reguläre Sportanlagen ebenso wie informelle Bewegungsräume im

Wohnumfeld / Quartier. Ziel sollte sein ein engmaschiges und hochwertiges Angebotsnetz mit

vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten zu schaffen. Dabei sollten auch sichere Anlagen geschaffen

werden, die soziale Kontrolle ermöglichen und zudem öffentlich zugänglich sind. Wenn sich

Sportvereine beispielsweise für Jugendparks öffnen, können die Vereine auch Mitglieder werden.

Als beispielgebend wird der familienfreundliche und generationsübergreifende „Jahnpark“ in Bad

Hersfeld genannt.

Strategien Ziel sollte sein die Stadt als vernetzten Sport- und Bewegungsraum für alle Altersgruppen zu

entwickeln und gezielte Angebote für Bewegung / Sport / Spiel zu fördern. Die Außenbereiche von

Kinder- und Jugendeinrichtungen (Schulen, Kitas etc.) sollten durch die Gestaltung Bewegungs-

und Sinnesförderung stimulieren. Hierfür ist die Kooperation aller Betroffenen Voraussetzung - die

Planung sollte in partizipativen Netzwerken erfolgen, wobei Nutzer/innen und Beteiligte

zusammen mit Planung und Verwaltung an einen Tisch gehören.

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REFERAT II – MANUELA WENZ Was Kinder brauchen Kinder „begreifen“ Welt über Bewegung / Aneignung / Spielen. Die Erlangung von

Selbstkompetenz muss ermöglicht werden. Kinder brauchen dafür selbstbestimmbare Spielorte /-

Zeiten. Sinneserfahrungen lassen Nervenbahnen entwickeln, die Glückshormone ausschütten.

Bedeutung von Naturerfahrung Die Natur bietet viele Reize, wirkt aber gleichzeitig beruhigend auf Menschen (d.h. genau die

richtige Dosis an Reizen, keine Reizüberflutung). Naturerfahrung ist wichtig für die Entwicklung der

Sinne: Kinder verkümmern ohne Naturerfahrung/-Erlebnisse. Kinder, die wenige

Naturerfahrungen machen, brauchen Zeit und Möglichkeiten, um sich ihr anzunähern. Je mehr

sich Kinder von der Natur entfremden, desto mehr psychische Auffälligkeiten weisen sie auf.

‚Falscher’ Naturschutz Naturschutz ist gut und wichtig, aber er muss auch den Menschen mit einbeziehen, darf ihn nicht

aussperren. Kinder verstehen sich heutzutage oftmals nicht als Teil der Natur. „Falscher“

Naturschutz hatte jahrelang Naturentfremdung zur Folge.

Naturerfahrung in der Stadt Eine Stadt braucht Brachen und nicht funktionalisierte Räume als Naturerfahrungsraum. Kinder,

die in Städten aufwachsen, erleben zu viele Reize der Urbanität (Verkehr, Konsum …) und

gleichzeitig zu wenig Naturreize. Doch Artenreichtum gibt es auch in der Stadt und sollte von

Kindern erlebt und erfahren werden können. Hinzu kommt, dass der Bewegungsradius von

Kindern immer geringer wird und Naturräume oftmals nicht erreichbar sind.

REFERAT III – PETER APEL Gesellschaftliche Tendenzen Kindheit findet in Binnenräumen statt und ist zunehmend durch das Phänomen der

„Verhäuslichung“ oder auch „Verinselung“ geprägt. Es gibt einzelne und in der Stadt verstreute

Spielinseln, die größtenteils nur in Begleitung von Erwachsenen aufgesucht werden.

Spielräume in der Stadt Grundsätzlich gilt, dass die gesamte Stadt ein „Spielraum“ für Kinder und Jugendliche ist, nicht nur

die „klassische“ Spiel-Infrastruktur. Straßen und Gehwege bspw. haben als Spiel- und

Bewegungsraum eine große Bedeutung – die Ermöglichung von temporären Straßensperrungen

sollte daher Ziel jeder Kommune sein. Auch das Wohnumfeld ist kindlicher Erlebnisraum -

unabhängig davon, ob spezielle Spielmöglichkeiten vorhanden sind oder nicht. Wichtig ist es

naturnahe Spielräume zu schaffen, denn Naturerfahrung ermöglicht Gestalterfahrung. Um sich

entwickeln zu können, benötigen Kinder die Erfahrung gestalten und mitgestalten zu können. Eine

kinderfreundliche Stadt lässt sich an ihrer Bespielbarkeit messen, wobei Mehrfachnutzung von

Flächen ermöglicht werden sollten. Kinderspiel und ökologische Ausgleichsflächen vertragen sich

gut, Kinderspiel und Naturschutz sind kein Widerspruch.

Strategie der Spielleitplanung Die Spielleitplanung ist eine strategische Planung für und mit Kindern und Jugendlichen. Das

bedeutet, dass vorhandene öffentliche Mittel unter dem Fokus der Spielleitplanung verplant

werden. Hierbei sollte das Miteinander und der Dialog der Generationen gefördert werden. Denn

die Aufgaben für Freiraumplanung sind generationsübergreifend. Wesentliches Kennzeichen der

Spielleitplanung ist, dass sie auf gleicher Augenhöhe, wie z. B. Verkehrsleitplanung steht bzw.

stehen sollte. Eine Spielleitplanung führt Menschen zusammen (unterschiedliche Professionen und

BürgerInnen).

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Spielleitplan = Planung mit Maßnahmen Für den Spielleitplan gibt e eine eigene Symbolik, mit der u.a. die Freiflächen und

Wegevernetzungen visualisiert werden, aber auch informelle Treffpunkte, Jugendparks

(Trendsportarten), Generationenparks etc. Dem Spielleitplan geht ein Bestandsplan voraus. Die

Ergebnisse der Streifzüge, die mit Kindern und Jugendlichen durchgeführt werden, fließen sowohl

in den Bestands- als auch in den Spielleitplan ein.

Starterprojekte Im Zusammenhang mit der Erstellung eines Spielleitplans gilt besonderes Augenmerk den sog.

„Starterprojekten“, d.h. dass erste Ideen und Verbesserungen mit Beteiligung von Kindern und

Jugendlichen umgesetzt werden. Die Zusammenarbeit mit Künstler/innen eignet sich

erfahrungsgemäß besonders gut für solche Starterprojekte und Mitmachaktionen.

Beteiligung Die Beteiligung der Nutzer/innen ist eine zentrale Säule in der Stadtplanung. Die Spielleitplanung

ist angewiesen auf das Expertenwissen von Kindern und Jugendlichen, methodisch erfolgt dies in

Form von Streifzügen in (unsichtbare) Stadträume. Das heißt, dass Erwachsene (Planer/innen,

Multiplikator/innen) sich von Kindern und Jugendlichen durch ihren jeweiligen Stadtteil oder ihr

Quartier führen lassen.

Kooperation Auf Grundlage des Ansatzes der kooperativen Planung ist Grundvoraussetzung die

ämterübergreifende Zusammenarbeit und Abgleichung der Daten und Schwerpunktsetzung.

Öffentlichkeitsarbeit Spielleitplanung darf nicht im Verborgenen stattfinden.

Umgang mit Brachen Brachflächen sollten langfristig planungsrechtlich gesichert werden, möglichst im

Flächennutzungsplan, z. B. durch Pachtverträge der Stadt Kassel mit privaten Eigentümern,

temporäre Nutzung oder auch Ankauf. Zudem sollte der Reaktivierung von urbanen Plätzen eine

große Bedeutung beigemessen werden.

Einbindung der Politik Die Flächensicherung von Brachen und Naturerfahrungsräumen steht meist im Widerspruch zu

wirtschaftlichen Interessen. Das bedeutet, dass die Stadt sich (politisch) positionieren muss. Die

Thematik sollte daher im Bauausschuss diskutiert werden und im Falle von Verschlechterung sollte

die Stadt einen Ausgleich schaffen (müssen). Ein Ratsbeschluss (bzw. STAVO-Beschluss) ist sehr

wichtig, um die Umsetzung von kinderfreundlicher Stadtgestaltung zu verankern.

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>>> Workshop-Ergebnisse Die Teilnehmer/innen des Fachtages haben in insgesamt vier Arbeitsgruppen zu folgenden

Fragestellungen gearbeitet und am Beispiel eines Stadtplanes einer anderen Kommune Ideen und

Hinweise gesammelt. Planungsaufgabe für die Gruppen:

Mehr als nur Spiel- und Bolzplätze: Planen Sie ein kinder- und jugendfreundliches Quartier –

kreativ und konsequent aus Sicht von Kindern und Jugendlichen und ohne Scheren im Kopf.

Was braucht es zur Umsetzung: Strategien Verfahren, Ressourcen

ERGEBNISSE DER ARBEITSGRUPPEN

Die Nennungen der vier Arbeitsgruppen sind im Folgenden thematisch zusammengefasst. Hierbei

handelt es sich sowohl um Anregungen, Hinweise und Ideen als auch um grundsätzliche

Anmerkungen zu den Aspekten einer kinder- und jugendfreundlichen Stadtgestaltung

(Stadtplanung, Verkehr, Sport, Wasser in der Stadt, Innenstadtgestaltung, Jugendkultur,

Treffpunkte, Spiel- und Aufenthaltsflächen und Natur).

Stadtplanung

− Wohnortnahe attraktive Spiel- und

Aufenthaltsräume

− Vernetzung herstellen und erlebbar

machen

− Dezentrale Spiel- und Bewegungsräume

− Grünflächen/Freiräume durchgängig

zugänglich

− Multifunktionale Flächen

− Einzelne Spiel- und Bewegungsstationen

− Offene Gestaltung

− Orte speziell für Kinder/Jugendliche

− Vorhandene Kinderorte/Jugendorte

erhalten

− Zwischennutzung Gebäude/Flächen

Verkehr

− ÖPNV in der Nähe

− Jugendl. mit Fahrrad überall hinkommen!

− Straße zum Rollerfahren

− Mit Rad zur Schule fahren können ohne

Gefahr

− Sichere Verkehrswege, Überwege

− Temporäre Spielstraßen

− Bahnüberquerungsmöglichkeiten

− Flussquerungsmöglichkeiten

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Sport

− Sportlich durch die Stadt bewegen

− Sportanlagen öffnen.

− Freiräume für jugendrelevante Sportarten

(Skaten, BMX, Dirtbike, Parcour etc.)

− Skatepark-Lonboard-Strecken

− Zentrale Skatemöglichkeiten

− Stadtplätze mit gutem Skateuntergrund

− Bolzplatz

− Klettermöglichkeiten

− Sport-Tobeplätze

− Spiel-Sport-Freizeit-Flächen

multifunktional nutzbar (Konzerte,

Fussball, Grillen, Treffen)

− Dirtbike/Sandgruben

− Legale Parkourmöglichkeiten

− Jugendpark/-flächen

Wasser in der Stadt

− Freizeitangebot (Schwimmbäder, …)

− Jugendl. Schwimmbad/Badeteich in der

Nähe

− Wasser (Sport- und Liegefläche ohne

Kinder)

− Flussbad

− Spielen am Fluss/Aktionen am Fluss

− Schiff als mobiler Veranstaltungsort für

Jung und Alt

− Fluss- und wassernahe offene

Erlebnisräume

− Wassersport

Innenstadtgestaltung

− Platz in der Innenstadt für Alt und Jung

− Verkehrsberuhigte Straßen/Zonen

− Temporäre „Highlights“

Jugendkultur

− Jugendcafé (mit fairen Preisen)

− Jugendcafé – Jugendtreffpunkt

− Konzerte

− Legale Graffitiflächen im Stadtraum

− Straßenkunst

Treffpunkte

− Bereiche zum „Chillen“ + Grillen

− Treffpunkt in der Nähe zur Wohnung

− Rückzugsräume

Selbstbestimmter Raum

− Brachfläche zum Selbstgestalten

− Hütten bauen können

− Alleine rausgehen können

− Unbeaufsichtigt erkunden

Unter sich sein

− Keine meckernden Erwachsenen

− Platz zum „Abhängen“

− Orte ohne Pädagogik

− Flächen/Räume ohne Kontrolle

− „freie Flächen“

Kinderspiel

− Flächen zum Spielen in Siedlungen

zwischen Häusern (die allein erreicht

werden können) und einsehbar sind

− Ebene Flächen zum Ballspielen

− Bolzplatz in der Nähe

− Platz zum Spielen (Toben, Rennen … ohne

ein ständiges Achtung!)

− Andere Kinder in der Nähe

− Spielräume multifunktional, Sand,

Wasser, Steine, Schaukel, Erde, klettern,

matschen, bauen

− Am Wasser spielen

− Wasserspielplätze

− Wasser (Schwimmbad, Wasserspielplatz)

− Zugang zu Wasser

− Verstecke

− Kinder dürfen Kinder sein!

− Bespielbare Kunstobjekte

Schulhöfe

− Schulhöfe wochenends öffnen

Freizeit- und Lernorte

− Kinder- und Jugendbauernhof

Natur

− Natur-Erlebnis (Kletterwald, Verstecke …)

− Treffpunkte in der Natur

− Bäume

− Kletterbaum

− Brachen

Sicherheit

− Schutz vor großen Kindern

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ABSCHLUSSDISKUSSION ZU DEN STRATEGIEN Die Strategien für eine kinder- und jugendfreundliche Stadtgestaltung wurden auf Basis der in den

Arbeitsgruppen erarbeiteten Hinweise und Empfehlungen gemeinsam diskutiert. Hierbei gab es

Nennungen zu verschiedenen Themenschwerpunkten, die im Folgenden thematisch

zusammengefasst und stichwortartig aufgeführt sind.

Politische Absicherung

− Dezernatsebene gewinnen für Spielleitplanung

− Offizielles Mandat für Arbeitsgruppe von Dezernatsebene

− Stabsstelle Spielleitplanung

Kooperation der Fachämter

− Steuerungsgruppe – dezernatsübergreifend: kann Beschlüsse herbeiführen und Umsetzungen

voranbringen

− Alle Bereiche/Fachämter/Akteure gemeinsam an einen Tisch

− „Jour Fix“ mit Entscheidungsträgern aus unterschiedlichen Bereichen

− Denken in Kategorien aufgeben, vernetzter denken

− Enge Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft

Überregionale Unterstützung

− Kassel als Modellkommune für Hessen?! � Kontakt zu Ministerien

− Umweltministerium, Bauministerium, Jugendministerium als Unterstützer gewinnen

− Förderkulisse „Soziale Stadt“ erschließen für Umsetzungen (+ andere

Städtebauförderungstöpfe)

Stadtweite Bedeutung

− Rothenditmold als Experimentierfeld, um Thema zu befördern.

− „Generalplan“ gesamtstädtischer Sport- und Spielentwicklungsplanung

Beteiligung/Bürgerdialog

− Vorhandene Flächen aus Kinder- und Jugendsicht bewerten

− Anwohner/innen einbeziehen

− Nachbarschaftsverträgliche Standortwahl gemeinsam mit Jugendlichen (Transparenz)

− (Konflikt-) Moderation beim Dialog der Generationen

Realistisch bleiben

− Stadtteilweites Vorgehen, um zeitnah Ergebnisse zu haben

− Kleinschrittiges Vorgehen aufgrund finanzieller Grenzen

− Dafür „nahe“ Realität im Blick behalten

− Ideen runterbrechen auf das Machbare

− Potentiale für einfache/günstige Umsetzungen im Blick haben

− Im Prozess vermitteln, dass Lösungen nachhaltig/wirtschaftlich sein müssen (Pflege und

Wartung)

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Jugendarbeit

− Aufsuchende Arbeit für Jugendtreffpunkte

− Jugendliche einbinden in Verantwortung und Pflege von Orten (BSB, GWG-OSW)

Beachten

− Woher nehme ich Daten? Welche Versorgung braucht es wo? Welche Entwicklungen stehen

an?

− Wer hat Federführung für Umsetzung? des Spielleitplanes

− Kriterien festlegen, die überprüft werden (Evaluation)

− Formelle Hürden wie Immissionsgesetz bedenken/Naturschutz

Im Hinblick auf die Strategien für eine kinder- und jugendgerechte Stadtentwicklung wurde

deutlich, dass es sich hierbei um ein Querschnittsthema und eine Querschnittsaufgabe handelt,

die nur in enger Kooperation der Fachämter gelingen kann. Das Bündeln von Interessen und die

Initiierung von ämter- und dezernatsübergreifenden Arbeitsgruppen sind zielführend, wobei nicht

nach intern/extern getrennt werden sollte, sondern Wohnungswirtschaft, freie Träger etc.

einbezogen werden sollten. Idealerweise gibt es eine Steuerungsgruppe „Spielraum“ (oder

ähnliches), in der Vertreter/innen aus allen Fachrichtungen vertreten sind. Die Beteiligung der

verschiedenen Zielgruppen und Generationen mit ihren jeweiligen Interessen und Bedürfnissen ist

dabei unabdingbar.

ABSCHLUSSDISKUSSION ZUM LEITBILD Die Frage nach dem Leitbild einer kinder- und jugendgerechten Stadt(-entwicklung) konnte aus

Zeitgründen lediglich ansatzweise diskutiert werden. Hierbei wurden im Wesentlichen vier Aspekte

genannt.

Orte für Kinder und Jugendliche müssen dezentral und gut erreichbar sein. Es bedarf eines gut

vernetzten Systems, bei dem die Wegebeziehungen zwischen verschiedenen Orte und Plätzen

kinder- und jugendgerecht gestaltet sind. Das heißt, dass nicht nur Plätze und Flächen den

Bedarfen entsprechend gestaltet werden, sondern auch die Erreichbarkeit und die Wege dahin

von großer Bedeutung sind. Die Wege zwischen den Aktions- und Aufenthaltsflächen

(Spielflächen, Sportflächen, Treffpunkte, …) müssen attraktiv und sicher sein. Zudem sollten Orte

und Plätze für multifunktionale Nutzungen geschaffen werden. Auch die Sicherung von

vorhandenen genutzten Flächen ist hierbei wichtig, wobei es sich auch um informelle Treffpunkte

oder umgenutzte Orte/Plätze handeln kann.

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Beteiligung und Dialog fördern | Bei sämtlichen Planungsvorhaben und Projekten sollte der

Austausch zwischen den Generationen gefördert werden, dies betrifft beispielsweise auch

Nutzungskonflikte im Zusammenhang mit Sport- und Spielflächen oder Jugendtreffpunkten.

Projekte wie „Wir kümmern uns selbst“ sind beispielgebend und sollten verstärkt initiiert und

gefördert werden. Denn die Lösungskompetenz liegt bei den Menschen vor Ort - auch wenn die

Bedürfnisse und Interessen zunächst gegenläufig sind bzw. erscheinen.

Ortsbezogenes Vorgehen | Trotz aller Kriterien und Leitbilder, ist jeder Stadtteil bzw. jedes

Quartier anders und erfordert eine individuelle Herangehensweise. Vorgehensweisen lassen sich

nicht ohne weiteres von einem auf den anderen Stadtteil übertragen. So kann der Prozess der

Spielleitplanung nicht eins zu eins von Rothenditmold auf Niederzwehren übertragen werden.

Lobbyarbeit | Lobby für Recht auf Spiel und Bewegung schaffen sollte Ziel einer kinder- und

jugendgerechten Kommune sein. Beitragen können hierzu Akteure aus der Kinder- und

Jugendarbeit ebenso wie Politik und Verwaltung.