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SKIZZENBUCH

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The documentation of my master thesis, an exhibition about camouflage and invisibility

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Page 1: Invisible by Design

SKIZZENBUCH

Cover

Page 2: Invisible by Design

Rückseite

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Skizzenbuch

Invisible by Design

Teil II – DokumentationMasterthesis im FachVisuelle Kommunikation / Visuelle KulturenBauhaus-Universität WeimarDaniela Schmalfeld

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inhalt

Thema

ZielRecherche

Ausstellungskonzept

AusstellungsgestaltungGrafik

Typo-Inszenierungen

SpiegelDazzleGlasRauschen

Interaktive Ebene

LandschaftSpielplatzSchutzumschläge Resumée

Dank

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DaS thema

New York, 2010: Eine Frau läuft im Zickzack durch Brooklyn, betritt einen Drogeriemarkt, ein Telefonge-schäft, eine Apotheke und noch einmal das Telefon-geschäft. Sie ist Ende zwanzig, weiß, arbeitet in der Online-Immobilienbranche, ist geschieden und zog vor wenigen Jahren von England in die USA. Ihr Eng-lisch ist akzentfrei, ihr Name anglo-amerikanisch, ihr Lebenslauf unauffällig und sie gilt als ausgesprochen attraktiv.

Sie wirft das gerade gekaufte Handy zusammen mit dem Kaufvertrag und Zubehör in einen öffentlichen Mülleimer. Kurz darauf werden diese Objekte vom FBI sichergestellt. Anna Chapman ist nach Annahmen des Federal Bureau of Investigation eine Spionin, die als Anja Kruschtschenko in Russland geboren und ausgebildet wurde und mit einer falschen Identität illegal in New York lebt. (der Spiegel 27/2010, Spione von nebenan, Marc Hujer, Marc Pitzke, Matthias Schepp, Gregor Peter Schmitz)

Meeresbiologen des Brain and Perception Laboratory der Universität von Kalifornien veröffentlichen 1996 einen Bericht über die Fähigkeiten der tropischen Flunder (Bothus Ocellatus), Zeichnung, Helligkeit und Farbe ihrer schuppigen Haut spontan, höchst flexibel und unmittelbar an ihre Umgebung anzupassen. Auf künstlichen Untergründen mit abstrakten schwarz-weißen Mustern gelingt es den Fischen offenbar, das Muster zu erkennen und auf ihrem Rücken fortführend abzubilden, selbst wenn die einzelnen grafischen Elemente des Musters weiter voneinander entfernt sind als die Flunder lang ist. Diese erstaun-liche Eigenschaft gibt stets Rätsel für die Wissen-schaftler auf.

Die polygonistische Oberfläche von Stealth-Flugzeu-gen wie dem F-117A Nighthawk der US Air Force ist aerodynamisch eher nachteilhaft. Die kantigen For-men schützen das Objekt vor der Entdeckung durch Radar, indem die ausgesandten Wellen des Radars abgelenkt anstatt reflektiert werden.

Was haben die Spionin, der Fisch und das Flugzeug gemeinsam? Offensichtlich sind alle daran interes-siert, ihre Anwesenheit an dem jeweiligen Ort oder sogar ihre bloße Existenz vor etwaigen Beobachtern zu verbergen. Und sie alle gehen nach einer be-stimmten Methode vor:

Die Spionin tarnt sich entsprechend gesellschaftlicher Parameter wie Berufsstand, Lebensstil und Aussehen. Sie gibt mit ihrer falschen Identität eine stereotype Erscheinung wieder, die einem Beobachter dadurch entgeht, dass sie keine suchbaren Faktoren enthält.

Die Flunder adaptiert und vervollständigt ein Muster, indem sie dieses selbst beobachtet, kopiert und selbst produziert. Dem Beobachter wird es erschwert, das Objekt vom entsprechenden Hintergrund zu unterscheiden.

Und das Flugzeug entzieht sich bereits der Möglich-keit, überhaupt vom Beobachter wahrgenommen zu werden. Es ist nur gegenüber dem Radargerät unsichtbar und bewegt sich gezielt außerhalb des für den entsprechenden Beobachter wahrnehmbaren Raumes.

In der folgenden Arbeit sollen die Gesetzmäßig-keiten der Tarnung, die diesen drei Beispielen zu Grunde liegen, erläutert werden. Dass sie alle drei versuchen ihre Anwesenheit zu verbergen ist jeweils der Motivation geschuldet, durch das Verborgen-Sein bestimmte Vorteile zu erlangen, die sich allerdings wieder stark voneinander unterscheiden. Ob es um Sicherheit als Grundlage für das Überleben oder als strategischen Vorteil im Angriff geht, ob Unsicht-barkeit der persönlichen Freiheit dient oder diese beschneidet sei dahingestellt. In dieser Arbeit geht es nie um das Motiv, sondern stets um die Methode. Wie in der Literatur, von Mythologie bis Popkultur, ist die Fähigkeit zum visuellen Verschwinden auch in der Natur, der Militärgeschichte oder dem Alltag immer ein Wechselspiel aus Zweck und Nutzen und fast immer ein Kompromiss. Denn die perfekte Tarnung ist unmöglich, aber Design und Technologie versu-chen stets, der Unsichtbarkeit so nahe wie möglich zu kommen.

Alle Methoden die hier vorgestellt werden sind jeweils einer von drei Kategorien zuzuordnen: Nicht erkennbar, nicht unterscheidbar und nicht wahrnehm-bar. Anhand dieser Kategorisierung soll veranschau-licht werden, wie grundsätzlich verschieden die Spionin, die Flunder und das Flugzeug arbeiten, um dennoch das selbe Ziel zu verfolgen.

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Visuelle Nicht-Kommunikation

oder auch Diskretes Design

Die Visuelle Kommunikation beinhaltet in der Praxis das Gestalten mit visuellen Codes und die Ent-wicklung neuer visueller Ausdrucksmöglichkeiten. Diese sind im Allgemeinen visuelle Merkmale oder Eigenschaffen einer medialen Oberfläche, die eine bestimmte Botschaft kommunizieren. Der Begriff “Code” ist so zu verstehen, dass Betrachter*innen diesen Merkmalen und Eigenschaften automatisch, teils auch völlig unbewusst, eine Bedeutung zu-ordnen kann, weil er sie bereits erlernt hat. Pikto-gramme und Icons sind zum Beispiel eine solche Code-Sprache, ebenso Farben und Formen. Sie bedürfen keiner weiteren Erklärung, denn sie lösen bei Betrachter*innen Assoziationen aus, die von den Designer*innen konkret beabsichtig sind.

Wenn Gestalter*innen dieser Fachrichtung nun also daran arbeiten mit Hilfe visueller Stilmittel bestimmte Inhalte vom Sender an den Empfänger zu kommu-nizieren, ist es doch naheliegend, dass das Design möglichst gefällig oder provozierend, besonders hübsch oder störend, in jedem Fall auffällig sein sollte, könnte man meinen. Landläufig weit verbreitet ist die Assoziation von (Grafik-) Design mit Werbung. Diese arbeitet fast ausschließlich mit dem Provozie-ren von Aufmerksamkeit oder dem Hervorrufen posi-tiver Emotionen. Warum also sollten Designer*innen Interesse daran haben Methoden der Unsichtbarkeit kennen zulernen, wenn doch genau das Gegenteil angestrebt wird?

Weil die Visuelle Kommunikation nicht primär zum Ziel hat gefällig oder provozierend zu sein. Gefällig-keit und Provokation sind nur Stilmittel in ihrem Re-pertoire. In der Visuellen Kommunikation stellt man sich zuerst die Frage wie, auf welche Art, kommuni-ziert man einen Inhalt. Und erst die Antwort könnte zum Beispiel “provokativ” sein. Sie könnte aber auch “abschreckend”, “verführerisch”, “plakativ” sein. Oder eben auch: “unzugänglich”, “unscheinbar”, “diskret” oder sogar “möglichst gar nicht”. Diskretion als Absicht hinter gestalterischen

Entscheidungen ist es, worauf sich diese Arbeit be-zieht. Sie soll den Begriff der Visuellen Kommunikati-on erweitern und dem “diskreten Design” einen Platz im fachlichen Diskurs schaffen.

Anwendungsgebiete

Produktdesign: Ein Kieselstein aus Kunststoff im Garten als Versteck für den Haustürschlüssel, eine Konservendose als Behältnis für Wertsachen im Cam-pingurlaub oder das nichtssagende, dezente, blau-graue Muster auf den Einkaufstüten vom Sex-Shop zeigen gestalterische Entscheidungen, die zum Ziel haben etwas zu tarnen. Die Visuelle Nicht-Kommu-nikation beginnt dort, wo jemand (und das müssen auch keine Berufsdesigner*innen sein) das Bedürfnis nach Diskretion damit befriedigt, eine sonst übliche Sehen-und-gesehen-werden-Beziehung zu unterbin-den – mit gestalterischen Mitteln.Ob als Schutz vor Diebstahl, vor Diskriminierung, vor Bloßstellung oder zugunsten des individuellen oder kollektiven ästhetischen Empfindens, im Produktde-sign des Alltags ist die Aufgabe zu Tarnen weit verbreitet.

Natur: Die Natur ist definitionsgemäß kein Design als solches, da dieses von Menschen gemacht wird. Die Evolution, Millionen von Jahren “Trial and Error”, hat aber hervorragende Techniken der Tarnung hervorge-bracht, die sich das Design zunutze machen kann. Die Gesetze des Sehens und Gesehen-werdens spielen eine unbestreitbare Rolle im Kampf ums Überleben in Flora und Fauna. Es macht also durchaus Sinn, die dort vorhandenen Methoden zu untersuchen und eventuell auf Fragestellungen des Designs anzu-wenden. Vor allem die Kategorien Camouflage und Mimesis werden von Pflanzen und Tieren eindrücklich praktiziert und von der Biologie erforscht.

Kunst: Wie im Design, ist die Tarnung und das Un-sichtbare auch in der bildenden Kunst ein Stilmittel, darüber hinaus aber auch häufig ein eigenständiges Motiv. Es wird zum Beispiel als Metapher verwendet und je nach Kontext einer anderen Bedeutung zuge-ordnet. Unsichtbarkeit, Unkenntlichkeit, Verborgen-heit werden thematisch zum Beispiel mit Anonymität

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im Sinne von Identitätsverlust verknüpft oder können eine politische Aussage haben, wie die Arbeiten des chinesischen Künstlers Liu Bolin.

Militär und Spionage: Ein Höchstmaß an Sicherheits-bedürfnis haben natürlich Personen und Einrichtung die mit Krieg, Terrorismus, Personenschutz und Überwachung zu tun haben. Aus Sicht der Visuellen Kommunikation sind Textilmuster, Tarnanstriche und Spionage-Gadgets aus dem Kalten Krieg interes-sant. Die Tarnung durch Grafik- und Produktdesign spielt längst nicht mehr so eine tragende Rolle, denn im modernen Krieg wird eine visuelle Abschottung gegenüber technologischen Rezipienten wie Wär-mebildkameras, Infra-Rot etc. ebenso technologisch bewerkstelligt. Und Geheimdienste müssen ja be-kanntermaßen ihre Schreibtische nicht mehr verlas-sen um zu spionieren – das Zeitalter der angeklebten Bärte und in Lippenstiften versteckten Mikrofilme ist also vorbei.

Anonymität: Tarnung und Täuschung, den Mitteln der Diskretion, kommt in einem Zeitalter, in dem das Recht auf Privatsphäre und Briefgeheimnis automa-tisiert und großflächig untergraben wird, eine neue Bedeutung zu. Zu verschwinden scheint immer un-möglicher zu werden, je dichter sich unsere Kommu-nikationsnetze spannen. Deshalb geht für Menschen mit und ohne Geheimnisse von der Frage, wie man sich oder etwas unsichtbar machen kann, eine große Faszination aus.

Technologie: Materialeigenschaften wie Transparenz, Lichtbrechungseigenschaften, Aggregatszustände etc. entscheiden über Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit von Stoffen. Mit Linsen, Lupen, Spiegeln, Nanotech-nologie, elektromagnetischer Strahlung, Kameras und Projektionen versuchen Forscher aus den Berei-chen Physik und Chemie dem Ziel der perfekten Tar-nung so nahe wie möglich zu kommen und gewinnen dadurch spannende Erkenntnisse über Materialien und das Licht.

Fiktion: Pumuckl, Harry Potter, Frodo Beutlin und Mystique aus der X-Men-Reihe sind nur wenige Beispiele für Tarnung und Unsichtbarkeit. Manche der Figuren haben einen Gegenstand wie einen

Ring oder Umhang, andere sind mit der Fähigkeit zu „verschwinden“ geboren. Der Trope geht auf Platos Ring des Gyges zurück, einen Fingerring der den sa-genumwogenen König Gyges von Lydien unsichtbar machte und ihm so zu seiner Macht verhalf. Unsicht-barkeit in der Fiktion ist eine Superkraft, die sowohl für das Gute als auch das Böse verwendet werden kann, oft aber mit schmerzhaften Kompromissen ein-hergeht. Werke mit diesem Thema werfen, wie auch die Sage um Gyges, häufig die Frage auf, ob diese Fähigkeit zwangsläufig zu schlechten Handlungen verleitet, weil die Figur die sozialen Konventionen unterläuft oder ihrer Bedrohung auf bequeme Art entkommt und dadurch unbesiegbar wird.

In dieser Arbeit geht es aber nicht um gut oder schlecht, darum ob Tarnung dem Schutz oder dem Angriff dient. Konkret heißt meine Forschungsfrage also: Wie entwirft man unsichtbar? Nach welchen Methoden kann ich ein Objekt, Gegenstand, Kör-per der Wahrnehmung über das Auge entziehen? Wie kann ich mich in welchem Kontext unsichtbar, vielleicht sogar unaufspürbar machen – ungeachtet dessen, wem das nützlich sein kann.

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Eine unsichtbare Ausstellung?

Eine Ausstellung ist traditionell das Medium dafür, Fachwissen einem breiten Publikum zu präsentieren. Meine richtet sich an interessiertes Laufpublikum, größtenteils Studierende und Mitarbeiter*innen der Universität mit vermischten Interessen und Vorkennt-nissen.

Um die Prinzipien der Unsichtbarkeit darzustellen werden Beispiele recherchiert, Exponate hergestellt und Prinzipien illustriert. Da diese Inhalte sowohl aus der Naturwissenschaft als auch aus der Gestaltung stammen, ist ein Ausstellungskonzept zu erarbeiten, das beide (vermeintlich gegensätzliche) Richtungen in den selben Kontext führen kann. Schließlich unter-scheidet sich z.B. eine Kunstausstellung sehr wesent-lich von einer z.B. naturwissenschaftlichen Ausstel-lung, hinsichtlich ihrer Konzeption und Gestaltung.

Traditionell wird erstere sehr zurückgenommen kuratiert und gestaltet, die Inhalte sprechen ja für sich selbst und unterstützt werden sie am besten, wenn ihre Umgebung dezent zurücktritt. Inhalte natur- oder kulturwissenschaftlicher Art dagegen müssen erklärt, inszeniert und illustriert werden. Beide Ansätze zu vereinen ist das Ziel der Ausstellungskonzeption und ihrer Umsetzung. Es wird also ein Konzept erarbeitet, das mit künstlerischen Mitteln hilft, naturwissen-schaftliche Themen verständlich zu machen und umgekehrt.

Ich habe mich bewusst für ein Ausstellungsformat entschieden, welches ich alleine komplett ausar-beiten und umsetzen kann. Im Gegensatz zu einem Entwurf der lediglich als Modell Gestalt annehmen würde, dafür aber größer, komplexer und gewagter sein könnte, finde ich es spannend und sehr lehrreich, meine Ausstellung von der Idee über den Entwurf bis zur Umsetzung in den Werkstätten und dem Aufbau vor Ort in der Hand zu haben und die direkten Reak-tionen vom Publikum beobachten zu können.

Meine zentralen Aufgaben waren: Organisation, Recherche, Konzeption – inhaltlich und gestalte-risch, Gestaltung, Fertigung, Werbung, Aufbau und Dokumentation. Alle diese Bereiche sind unerlässlich für das Projekt und die Bewältigung aller Aufga-

DaS ziel

ben simultan stellt die große Herausforderung dar. Allerdings ist als Schwerpunkt der Arbeit die gestal-terische Konzeption zu nennen. Das Thema Wer-bung dagegen wird vernachlässigt, da die meisten Besucher*innen spontan und zufällig vor Ort sind, statt sich im Vorfeld für einen Besuch zu entscheiden.

Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden, HG Merz Architekten Museumsgestalter, Ein Vorbild für Kuration und Gestaltung

Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz, Atelier Brückner, Ein Vorbild für Gestaltung und Didaktik

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konzept i – GlieDerunG

Ordnung und Rekontextualisierung

Bei der Erarbeitung eines Ausstellungskonzeptes stellt sich zunächst einmal die Frage nach einer grundlegenden Struktur um entscheiden zu können, welche Inhalte wichtig und welche zu vernachlässigen sind. Da es die Aufgabe war, Themen aus verschie-denen wissenschaftlichen Disziplinen, zum Beispiel Produktdesign und Biologie, zu verknüpfen, ergibt sich die Frage, ob man nach diesen herkömmlichen Klassifizierungen sortiert oder eine neue Form findet.

Nachdem die erste Phase der Recherche abgeschlos-sen war, hatten sich sechs Kategorien von Tarnungs-methoden herauskristallisiert. Sie sind im Bezug auf ihre visuelle Wahrnehmung definiert, statt über den Wissenschafts- oder Anwendungsbereich, in dem sie normalerweise zu finden sind. Zum Besipiel ist der Begriff Mimesis zwar aus der Biologie entliehen, hier beschreibt er aber eine Methode die auch im Produktdesign zu finden ist.

Die erste Gliederung erschien naheliegend weil sie leicht verständlich ist. Allerdings ist sie nicht auf die visuelle Kommunikation bezogen, sondern behandelt andere Fachgebiete seperat voneinander.

Die zweite Gliederung dagegen bedarf viel Erklärung und würde die Inhalte komplizierter verpacken als notwendig.

Deshalb habe ich eine Gliederung entwickelt die vom Betrachtungsstandpunkt ausgeht und den Prozess des Sehens in Wahrnehmen, Unterscheiden und Erkennen unterteilt. Eine Tarnungsmethode ist daher entweder dem Nicht-Wahrnehmen (Steganographie oder Stealth), dem Nicht-Unterscheiden (Camoufla-ge) und dem Nicht-Erkennen (Mimesis) zuzuordnen.

Um die Ausstellung übersichtlich zu halten und keine Wiederholungen aufkommen zu lassen, habe ich dann die inhaltliche Gliederung grob diesen drei Kategorien zugeordnet, also zum Beispiel Natur zu Camouflage oder Technologie zu Stealth.

Natur

Camouflage

Militär &Spionage

Stegano-graphie

Nicht Unterscheiden

Nicht Wahr-nehmen

Alltags kultur

Mimesis

Nicht Erkennen

Anonymität

Maskierung

Kunst

Rauschen

Technologie

Smokescreen

Ordnung nach Anwendungsbereichen:

Ordnung nach Tarnungsmethoden:

Ordnung nach Wahrnehmungsbereichen:

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Natur

Spionage

Militär

Stegano-graphy

Alltags kultur

Anonymität

Maskierung

Kunst

Rauschen

Smokescreen

Stealth

Mimesis

Camouflage

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Übersetzungen in die VK

Die Wissenschaft der Visuellen Kommunikation ist zu diesem Thema relativ überschaubar. Mit Ausnah-me der Gestalttheorie gibt es kaum nennenswerte Literatur zu dem Thema, die wirklich praktisch ist und nicht sehr weit ins Metaphorische abschweift. Meine Vorgehensweise bestand darin, aus den angespro-chenen fachfremden Wissenschaften wie Krypto-graphie oder Biologie nützliche Erkenntnisse in den Fachtenor der VK zu importieren. Dazu mussten die Beispiele lediglich auf Leicht-über-Wikipedia-Niveau recherchiert werden.

Die Recherche erfolgte sehr bild-basiert. Wenn ich auf eine mögliche Tarnungsmethode stieß, probier-te ich sie einfach selbst aus. Ein Beispiel: Auf dem Blog eines Meeresbiologen fand ich ein Bild eines Bäumchen-Lippfisches, Novaculichthys taeniou-rus. Wie andere tropische Arten auch hat er lange, fransige Flossen die zunächst ein wenig unpraktisch erscheinen. Ob sie evolutionsbiologisch zum Zweck der Tarnung dienen oder nicht, ist zunächst irrelevant. Fakt ist, dass eine stachelige, ausgefranste Kontur eines Objektes, das ein disruptives Muster aufweist, eine optische Verschmelzung mit dem Hintergrund erleichtert. Eine vereinfachte grafische Darstellung zeigt: Die sternförmige Figur ist auf dem Schachbrett-muster schwieriger zu identifizieren als der Kreis.

Man kann solche Phänomene teilweise mit der Ge-stalttheorie und anderen Forschungen zum Thema Visuelle Wahrnehmung (zum Beispiel „Theories of Visual Perception“ von Ian E. Gordon) erklären. Ich fand es aber im Hinblick auf die kurze Zeit und den Umfang der Ausstellung sinnvoller, unterhaltsame und spannende Einzelbeispiele zu recherchieren und die Besucher*innen zu einem Einblick in diese Forschungsrichtung einzuladen.

recherche

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konzept ii – DiDaktik

Staunen – Lernen – Lachen

Die Ausstellung hat drei Ebenen: Information, Illustra-tion und Anwendung.Die Infotafeln erklären das Prinzip der Tarnung mit Bild und Text. Es werden Recherche-Ergebnisse vor-gestellt und die Prinzipien definiert.Die Illustrationen stellen die Tarnungsmethoden dar, indem sie ein immer gleich bleibendes Motiv (Typo) jeweils unterschiedlich „unsichtbar“ machen.Die interaktive Ebene soll dazu anregen, selbst zu suchen und zu finden. So soll das Wissen aus der Info-Ebene angewendet oder erweitert werden, vor allem aber soll der interaktive Teil Spaß machen.

Verworfene Ideen für typografische Inszenierung „Schwarm“, die Präsentation militärischer Textilmus-ter auf Ostereiern (besser versteckt), oder Jagdmus-ter als Umhang für Wild, damit es nicht erschossen wird.

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auSStellunGSGeStaltunG

Der Ort

Das Hauptgebäude der Unversitätsbibliothek wurde 2005 eröffnet und von Architekturbüro Meck aus München realisiert. Das Foyer ist lichtdurchflutet und groß. Ich habe mich für diesen Ort entschieden, weil er schlicht, modern und prominent ist. Es sind immer potentielle Besucher*innen da, die zum Beispiel auf etwas warten und Zeit haben – ein dankbares Publikum also. Von den Ideen für das Bespielen des Ortes haben sich die auf der Brüstung zum Unterge-schoss angebrachten Tafelhalterungen durchgesetzt. Sie schaffen viel Platz, erlauben einen barrierefreien Zugang und versperren keine Flucht- und Rettungs-wege.

Anordnungsskizze:Wieder nur grob geschätzt. Zeigt die Teile der Brüstung die bespielt werden sollen.

FahrstuhlBüroräume

Eingang zur Bibliothek

Treppe

Säule

1. Unter-geschoss

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auSStellunGSGeStaltunG

Ausstellungstafeln und -träger

Ein Prozess der Tarnung wird, wenn überhaupt, erst auf den zweiten Blick erkannt. Vordergründig erscheint eine andere Botschaft als die, die sich dahinter verbirgt. Um das zu symbolisieren sind die Ausstellungstafeln in zwei Ebenen aufgebaut, einem Vorder- und einem Hintergrund. Die Überlappung verdeckt und legt frei, genau wie eine Tarnung.Die Tafeln sind aus transluzentem Material um das Nebulöse und Undurchsichtige darzustellen und damit sich das natürliche Licht der Räumlichkeiten in der Oberfläche der Tafeln fängt. Die Formsprache ist auf die Architektur abgestimmt und soll diese so wenig wie möglich stören.Die inselhafte Anordnung der Themenbereiche gibt keine klare Reihenfolge der Betrachtung vor, sondern lädt die Besucher*innen dazu ein, selbst auf Entde-ckungsreise zu gehen.

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Maßstab

1:10Brüstung

ABereich:Stegano- graphie

Thementafel TTA1„Spielplatz a“

Infotafel ITA2„Nicht wahrnehmen“

Infotafel ITA1 „Einleitung“

Aquarium

Thementafel TTA2„Spielplatz b“

Maßstab

1:10Brüstung

BBereich:Camou-flage

Infotafel ITB1 „Camouflage“

Bildtafeltafel BTB1 „Spiegel“

Bildtafeltafel BTB2 „Dazzle“

Thementafeltafel TTB1 „Landschaft A“

Thementafeltafel TTB2 „Landschaft B“

Thementafel TTC1 „Rauschen“

Maßstab

1:10Brüstung

CBereich:Mimikry

Infotafel ITC1 „Mimikry“

OHC2Schutzumschlag 2„Gardening“

OHC1Schutzumschlag 1 „50 S O Grey“

OHC3Schutzumschlag 3„Hacken-Lexikon“

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Auf der Innenseite des Stahlbandes ist ein Streifen Schaum- gummi angeklebt um die Oberfläche der Brüstung nicht zu beschädigen.

(Band-) Stahl / Flachstahl:20mm breit, ca. 4mm stark

Zum Format des Acrylglas‘ (und entsprechend auch die Höhe der Stahlkonstruktion):Wünschenswert wäre eine maximale Höhe von 1m und Breite 70 cm. Allerdings sind hier auch noch Einschrängungen möglich: Mindestens 80 cm hoch und 60 cm breit (falls es notwendig ist).

Acrylglas: 2,5 - 3mm stark

Backlightfolie (PVC), selbstklebend

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FertiGunG

Metall- und Kunststoffwerkstatt

67 Einzelteile aus Flachstahl (5mm dick und 20mm breit) und Plexiglas (3mm und 5mm dick) wurden gesägt, gebohrt, gefräst, geschliffen, gebogen, mit Filz beklebt und aufgebaut. Insgesamt tragen ca. 68m Flachstahl, 19m2 Plaxiglas und ca. 60 Schrauben und Muttern die Ausstellung.Der Stahl ist zum Schutz vor Rost beschichtet, was ihm ein anthrazitfarbenes, leicht marmoriertes Aus-sehen gibt, das sehr gut in das Gebäude passt und deshalb nicht verändert wurde.

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GraFikDeSiGn i

Ausstellungsgrafik

Das Layout der Infotafeln ist sehr zurückhaltend, damit es neben den typografischen Inszenierungen und den interaktiven Tafeln möglichst nicht zu dick aufträgt. Die Texte sind in drei Hierarchien angeord-net: Themenbeschreibung, Unterkategorien und Bild-unterschriften. Die Themenbeschreibungen befinden sich immer an der selben Stelle. Die Unterkategorien, Bilder und Bildunterschriften sind inselartig angeord-net und sind zum Überfliegen gedacht. Das Konzept sieht vor, dass Betrachter*innen anhand der Bilder entscheiden, welche Texte sie lesen wollen. Englisch und deutsch sind durch normalen und kursiven Satz voneinander zu unterscheiden. Die fast überall verwendete Schriftart ist die Avenir und Avenir Next in Regular, Italic, Bold, Bold Italic, Semibold und Semibold Italic. Die Schrift wurde ge-wählt, weil die Großbuchstaben durch ihre schlichte Konstruktion einfach zu „bauen“ sind und sie sich durch ihre großzügige Breite bei der Benutzung in verschiedenen Größen und Textmengen bewährt hat. Ihr sachlicher Charakter und die zeitlose Konstruktion machen Frutigers 1988 veröffentlichte Grotesk zu einem sinnvollen Medium für das Thema Unsichtbar-keit und die sich harmonisch mit der Architektur der Bibliothek verträgt.

Disruptive Muster Dem Subjekt wird das Erkennen der Umrisse durch eine kontrastreiche Grafik erschwert. Der sog. Dazzle-Effekt, funktioniert bei Bewegung und in einer Umgebung mit ebenso starken Hell-Dunkel-Kontrasten.

Adaptive Muster Visuelle Merkmale wie Farbe, Helligkeit, Umriss, Plastische Form, grafische Form und Rhythmus wer-den auf der Oberfläche des Objekts nachgebildet. Je detaillierter die Nachahmung, desto weniger flexibel ist die Tarnung.

Adaptive Patterns Visual features like color, brightness, outlines, plas-tic forms and rhythm are being emulated on the object‘s surface. The more detailled this imitation is, the less flexible is the camouflage.

Werbefoto des Jagdbedarfsanbieters Soundso, Kollektion „Herbst-Winter, Buchenmischwald“

Advertisment fotograph of hunting equippment seller Soandso, model Winter, Oak

Die Haut der tropische Flunder kann sich mit verschie-denen Mustern individuell anpassen.

The skin of the tropical flounder can assimilate to a wide range of background patterns.

Disruptive Patterns Strong graphical contrasts make it hard to destin-guish the outline of the object. The so called dazzle-effect occurs in motion and within surroundings with equally strong contrasts.

In einer sich bewegenden Herde von Zebras ist das ein-zelne Tier für Fressfeinde schwer auszumachen.

For predators a single zebra is hard to pick out from the moving flock.

Der Dazzle-Effekt verhalf im ersten Weltkrieg zur Tarnung: Das Muster erschwerte die genaue Ortung und Feststel-lung der Geschwindigkeit der britischen Kriegsschiffe.

The Dazzle-Effekt was used for camouflage in WW1: The Pattern prohibited the exact detection of the position and velocity of the british combat vessels.

Nicht Unterscheidbar Die Sichtbarkeit eines Objekts kann dadurch be-einträchtigt werden, dass charakteristische visuel-le Merkmale der Umgebung auf der Oberfläche des Objekts imitiert werden. Oft geschieht das mit bestimmten Grafiken, die je nach Anlass der Tarnung unterschiedliche Grade der Abstraktion erreichen.Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Typen solcher Muster: Adaptive, disruptive und Gegen-Muster. Die meisten Tarnmethoden die in der Natur, zu militärischen oder zivilen Zwecken ver-wendet werden sind eine Mischung aus den drei Grundformen.

Not distinctuable An object‘s visibility can be inhibited by imitating certain characteristic visual features of the sur-roundings onto the surface of the object. This is often achieved by certain graphics which—condi-tional to the inducement—can be more or less ab-stract.There are three basic types of camouflage me-thods: adaptive, disruptive and counter-patter-ning. Most techniques found in nature, military or civilian use are a mixture of those.

Camouflage

Gegen-Muster Gegenschattierung und Gegenbeleuchtung ver-hindern die Sichtbarkeit eines Objekts aufgrund von Licht und Schatten. Mit einer hellen Unter- und dunklen Oberseite hebt sich die Wirkung der Licht-einstrahlung von oben auf.

Counter Patterns Counter Patterning and Counter Illumination prohi-bit an object‘s exposure due to light and shadow. The dark topside and bright underside override the expected sculpturing through light from above.

Spiegelung Besonders anpassungsfähig ist die direkte Spiege-lung visueller Merkmale. Bei einer diffusen Spiege-lung werden Farbe und Helligkeit adaptiert. Spitzes Licht und starke Kontraste in der Umgebung ma-chen diese Tarnung schwierig.

Reflectation Extraordinary flexible is the direct mirroring of vitu-al features. A diffuse Reflectation adapts Color and brightness. Sharp Light and strong contrasts in the surroundings are a challenge to this camouflaging method.

Die Raupe soundso hängt normalerweise an der Unterseite des Zweiges, wo sie den Effect de-monstriert.

The caterpillar soandso, usually hanging from the branch, demonstrates the effect.

Fahrender Kamera-Roboter zur Bärenbeobachtung

Robot-camera vehicle for observing bears

Der Fisch Soundso ist wie viele Fische silbern glänzend und nimmt die Farbe jeder beliebigen Umgebung an.

The Fisch Soundso, as many fish, has a silver shiny surface that adapts the colors of any environment.

Prinzipien der Unsicht-

barkeit

Prinziplesof Invisibility

Design verfolgt nicht immer das Ziel aufzufallen. Manch-mal kann es nützlich sein, ein Objekt der visuellen Wahr-nehmung möglicher Beob-achter zu entziehen. In De-sign und Technologie hat man Strategien entwickelt sich selbst oder ein Objekt mög-lichst unsichtbar zu machen und auch in der Natur lassen sich verschiedene Prinzipien der Tarnung und Täuschung finden.

Diese Ausstellung ist eine Masterthesis im Fach Visuelle Kommunikation und zeigt grafische Experimente entlang der Grenzen von Sichtbarem zu Unsichtbaren.

Der Vorgang des Sehens lässt sich in wahrnehmen, unter-scheiden und erkennen unterteilen. Für eine möglichst gute Tarnung genügt es oft schon, nur einen dieser drei Teilvorgän-ge zu unterbinden und eine visuelle Kommunikation zwischen Objekt und Subjekt findet nicht statt.

Bei der Gestaltung von Tarnung kommt es hauptsäch-lich auf folgende Faktoren an: Der Wahrnehmungsraum des Subjektes — was kann der Beobachter überhaupt wahrneh-men, unterscheiden und erkennen, biologisch und technolo-gisch? Die Zeit — wie lange muss die Tarnung aufrecht erhalten werden? Und die Flexibilität — Soll die Tarnung für einen oder mehrere Beobachter und vor einem oder mehren Hintergrün-den funktionieren?

Design does not always aim to be noticable. Sometimes it can be beneficial to with-draw an object from the visual perception of a possible ob-server. Through design and technology people have de-

veloped different Strategies to become as invisible as possib-le and also nature features different prinziples of camouflage and disguise.

This exhibition is a masterthesis in the field of visual com-munication. It shows graphical explorations along the line bet-ween the visible and the invisible.

The process of seeing can be split into three subprocesses: cognition, differentiation and identifying. For a good conceal-ment it is often yet sufficient to prohibit one of these aspects of seeing so that a visual communication between object and subject can not occur.

When designing visual concealment mainly the following aspects need to be taken into account: the subject‘s range of cognition—what is the subject even able to percieve, diffe-rentiate or identify, biologically or technologically? The time—how long does the concealment have to last? And the flexi-bility—Is the cncealment meant for one or many observers or backgrounds?

InvIsIble by DesIgn

Page 23: Invisible by Design

Unsichtbar und trotzdem gut zu erkennen: Die Überschriften sind weiß auf weißem Grund und heben sich durch unterschiedliche Transparenzeigenschaften ab.

Disruptive Muster Dem Subjekt wird das Erkennen der Umrisse durch eine kontrastreiche Grafik erschwert. Der sog. Dazzle-Effekt, funktioniert bei Bewegung und in einer Umgebung mit ebenso starken Hell-Dunkel-Kontrasten.

Disruptive Patterns Strong graphical contrasts make it hard to destinguish the outline of the object. The so called dazzle-effect occurs in motion and within surroundings with equally strong contrasts.

Adaptive Muster Visuelle Merkmale wie Farbe, Hel-ligkeit, Umriss, Plastische Form, gra-fische Form und Rhythmus werden auf der Oberfläche des Objekts nachgebildet. Je detaillierter die Nachahmung, desto weniger flexi-bel ist die Tarnung.

Adaptive Patterns Visual features like color, brightness, outlines, plastic forms and rhythm are being emulated on the object‘s surface. The more detailled this imi-tation is, the less flexible is the ca-mouflage.

Werbefoto des Jagdbedarfshersteller Outfox (UK), mit Realtree® AP™ Tarndruck

Advertisment fotograph of hunting equippment manufacturer Out-fox with Realtree® AP™ Camouflage pattern

Der Dazzle-Effekt verhalf im ersten Weltkrieg zur Tarnung: Das Muster erschwerte die genaue Ortung und Feststellung der Geschwindigkeit der britischen Kriegsschiffe.

The Dazzle-Effekt was used for camouflage in WW1: The Pattern prohibited the exact detection of the position and velocity of the british combat vessels.

Die Haut der tropische Flunder kann sich mit verschiedenen Mustern individuell anpassen.

The skin of the tropical flounder can assimi-late to a wide range of background patterns. Photo: Moondigger

Ost-Kreischeule, USA

Eastern Screech Owl, USA, Photo: Graham McGeorge

In einer sich bewegenden Herde von Zebras ist das einzelne Tier für Fressfeinde schwer auszumachen.

For predators a single zebra is hard to pick out from the moving flock. Photo: Moonga-teclimber

Nicht Unterscheidbar Die Sichtbarkeit eines Objekts kann dadurch beeinträchtigt werden, dass charakteristische visuelle Merkmale der Umgebung auf der Ober-fläche des Objekts imitiert werden. Oft geschieht das mit bestimmten Grafiken, die je nach Anlass der Tarnung unterschiedliche Grade der Abstrak-tion erreichen.Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Typen solcher Muster: Adaptive, disruptive und Gegen-Muster. Die meisten Tarnmethoden die in der Natur, zu militärischen oder zivilen Zwecken ver-wendet werden sind eine Mischung aus den drei Grundformen.

Not distinctuableAn object‘s visibility can be inhibited by imitating certain characteristic visual features of the sur-roundings onto the surface of the object. This is often achieved by certain graphics which—condi-tional to the inducement—can be more or less ab-stract.There are three basic types of camouflage me-thods: adaptive, disruptive and counter-patter-ning. Most techniques found in nature, military or civilian use are a mixture of those.

Gegen-Muster Gegenschattierung und Gegenbe-leuchtung verhindern die Sichtbar-keit eines Objekts aufgrund von Licht und Schatten. Mit einer hellen Unter- und dunklen Oberseite hebt sich die Wirkung der Lichteinstrah-lung von oben auf.

Counter PatternsCounter Patterning and Counter Illu-mination prohibit an object‘s expo-sure due to light and shadow. The dark topside and bright underside override the expected sculpturing through light from above.

Spiegelung Besonders anpassungsfähig ist die direkte Spiegelung visueller Merk-male. Bei einer diffusen Spiegelung werden Farbe und Helligkeit adap-tiert. Spitzes Licht und starke Kon-traste in der Umgebung machen diese Tarnung schwierig.

Reflectation Extraordinary flexible is the direct mirroring of vitual features. A dif-fuse Reflectation adapts Color and brightness. Sharp Light and strong contrasts in the surroundings are a challenge to this camouflaging me-thod.

Die Raupe des Nagelspinners hängt norma-lerweise an der Unterseite des Zweiges, wo sie den Effekt demonstriert

The Aglia tau caterpillar, usually hanging from the branch, demonstrates the effect. Photo: Gopp pi

Die Gelbflossen-Stachelmakrele ist wie viele Fische silbern glänzend und nimmt die Far-be jeder beliebigen Umgebung an.

The silver trevally, as many fish, has a silver shiny surface that adapts the colors of any environment.

Fahrender Kamera-Roboter zur Bären-beobachtung

Robot-camera ve-hicle for observing bears

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GraFikDeSiGn ii

Erscheinungsbild

Der „Smokescreen“ ist eine Taktik der Verwirrung, sowohl praktisch (bei Tintenfischen und der histo-rischen Marine) als auch methaphorisch. Der Rauch dient als Wiedererkennungsmerkmal auf dem Werbe-plakat, Flyer und dem Cover des Katalogs.

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Kategorien

Zunächst war angedacht die drei Themenbereiche Camouflage, Stealth und Mimese durch grafische Elemente wie Muster oder Piktogramme von einan-der abzugrenzen und damit eine visuelle Verbindung von der Ausstellung zum Katalog herzustellen.Die Icons, ein Chamäleon für Anpassung (Camoufla-ge), ein Schlüssel für visuelle Verschlüsselung (Stealth) und eine Maske für Verkleidung (Mimesis), sollten nicht nur ein Bindeglied sein, sondern auch zum Ver-ständnis der jeweiligen Methode verhelfen. Letztlich waren sie für die Ausstellung überflüssig und kamen nur noch im Katalog zum Einsatz.

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typo-inSzenierunG i

Spiegel

Um die Methoden der Tarnung zu illustrieren wird der widererkennbare Satz „Wie Sie sehen, sehen Sie nichts“ auf eine jeweils passende Art typografisch und fotografisch inszeniert. Dazu habe ich diese 25 Buchstaben gebastelt und in einen jeweiligen Kon-text geführt.Für die Camouflage-Methode „Spiegelung“ wie sie zum Beispiel bei silbernen Fischen oder in der Kunst der Illusion verwendet wird, wird der Effekt auf Un-tergründen deutlich, die rythmisch gleichmäßig und kontrastreich sind.

Page 27: Invisible by Design
Page 28: Invisible by Design

typo-inSzenierunG ii

Dazzle-Muster

Um den Effekt disruptiver (Dazzle-) Muster zu präsen-tieren wurden die Buchstaben aus Papier mit dem Effekt irreführender Dreidimensionalität gefertigt und auf einer Hohlkehle mit dem selben Muster angeord-net. Die hohen Kontraste und die Illusion von Pers-pektive im Muster erschweren die Unterscheidung vom Untergrund.

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typo-inSzenierunG iii

Borosilicatglas

Um den Effekt von Unsichtbarkeit bei transparenten Stoffen mit dem selben Lichtbrechungsindex zu demonstrieren sollte eine wasserstrahl-gefräste, typo-grafische Form aus Borosilicatglas (bei den Versuchen hat sich Borofloat® von Schott als besonders wirksam erwiesen) in Glycerin „verschwinden“. Die Form ist leider bei der Bearbeitung gesprungen. Plan B: Eine Platte aus feuerfestem Glas mit Gravur.

Oben gut zu beobachten: Die Tabasco-Flasche links ist gut zu erkennen weil sie aus normalem Glas ge-macht ist, die Spitze des Trichters aus Borosilicatglas dagegen ist annähernd unsichtbar.

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Die Gravur auf der Glasplatte ist auch im Glycerin zu erkennen, damit die Betrachter*innen sehen, dass die Platte nicht abgesägt ist, sondern wirklich bis zum Boden des Glaszylinders reicht.

184mm

194mm

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typo-inSzenierunG iV

Schwarm

Das Prinzip „Visuelles Rauschen“ wird illustriert in-dem der Beispielsatz in einer Masse von Buchstaben „verschwindet“.

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interaktiVe elemente i

Jagdrevier

Die Vielfalt der in der Militärgeschichte und im Jadbedarf vorkommenden Textilmuster wird auf der interaktiven Landschaft vorgestellt. In der unüber-sichtlichen Collage aus 110 solcher Muster können Besucher*innen fünf verschiedene Mustertypen entdecken.

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Textil-Muster In der Landschaft sind 110 verschiede-ne Bekleidungsstoffe aus der Geschich-te des Militärs und für die Jagd im Ge-lände versteckt. Finden Sie diese fünf Beispiele?

Textile PatternsThere are 110 different clothing fabrics from military history and for hunting in open terrain hidden in the landscape. Can you spot those five examples?

Schneetarn für Gebirgsjäger der deutschen Bundeswehr, 1960er – 90er Jahre.

Snow camouflage for mountain troops of german Bundeswehr, 1960s – 90s.

Field Shadow by King‘s, USA, 2008, speziell für Sumpf, Feld, Weiden

Field Shadow by King‘s, USA, 2008, especially for marsh land, field, meadows

Obsession von Mossy Oak, USA, 2004, speziell für die Truthahnjagd im Frühjahr

Obsession by Mossy Oak, USA, 2004, especially for hunting turkeys in spring

Universal Camouflage Pattern (UCP), Gefechtsuniform der United States Army, 2004 – 2014

Universal Camouflage Pattern (UCP), combat uniform of US Army, 2004 – 2014

M90, Textil- und Fahrzeugmuster der schwedischen Armee Försvarsmakten, späte 1970er – heute

M90, textile and vehicle pattern by swe-dish armed Forces Försvarsmakten, late 1970s – today

Textil-Muster In der Landschaft sind 110 verschiede-ne Bekleidungsstoffe aus der Geschich-te des Militärs und für die Jagd im Ge-lände versteckt. Finden Sie diese fünf Beispiele?

Textile PatternsThere are 110 different clothing fabrics from military history and for hunting in open terrain hidden in the landscape. Can you spot those five examples?

Schneetarn für Gebirgsjäger der deutschen Bundeswehr, 1960er – 90er Jahre.

Snow camouflage for mountain troops of german Bundeswehr, 1960s – 90s.

Field Shadow by King‘s, USA, 2008, speziell für Sumpf, Feld, Weiden

Field Shadow by King‘s, USA, 2008, especially for marsh land, field, meadows

Obsession von Mossy Oak, USA, 2004, speziell für die Truthahnjagd im Frühjahr

Obsession by Mossy Oak, USA, 2004, especially for hunting turkeys in spring

Universal Camouflage Pattern (UCP), Gefechtsuniform der United States Army, 2004 – 2014

Universal Camouflage Pattern (UCP), combat uniform of US Army, 2004 – 2014

M90, Textil- und Fahrzeugmuster der schwedischen Armee Försvarsmakten, späte 1970er – heute

M90, textile and vehicle pattern by swe-dish armed Forces Försvarsmakten, late 1970s – today

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interaktiVe elemente ii

Schatzkarte

Die Schatzkarte macht drei grafische Methoden der Steganografie sichtbar. Besucher*innen können mit zwei verschiedenen Lupen und einer UV-Taschenlam-pe einen Klartext aufspüren. Stilistisch ist die Karte an die polygonistische Struktur militärischer Stealth-Oberflächen angelehnt.

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G

F

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1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

L

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Page 39: Invisible by Design
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interaktiVe elemente iii

Schutzumschläge

Inspiriert von den sog. Tarnschriften, einer Erschei-nung aus der kommunistischen Szene während der nationalsozialistischen Diktatur, entstanden die Schutzumschläge. Statt eines politischen Inhalts schützen sie Bücher mit peinlichem oder halb-legalem Inhalt.Sie verdeutlichen dem Besucher drei verschiedene Arten der „Mimesis“: Unauffälligkeit (50 verschiedene Graustufen), Harmlosigkeit (Lexikon der Hacken) und Abschreckung (The Joy of Gardening).

Ideenskizze: Medikamenten-schachtel als Behälter für ein Christal-Meth-Rezept

Logo-skizzen:

Ideen-skizzen:

RandomLogo

RandomLogo

RandomLogo

Singultus Convalescentikum®

Wirkstoff: Saccharose40 mg N3

RandomLogo

RandomLogo

RandomLogo

Singultus Convalescentikum®

Wirkstoff: Saccharose40 mg N3

RandomLogo

RandomLogo

RandomLogo

Singultus Convalescentikum®

Wirkstoff: Saccharose40 mg N3

Page 41: Invisible by Design

Zweck und Gebrauch

des Schutz- umschlags

Zur Analyse und Praxis der Diskretion im Kontext

tabuisierter Literaturformen

S. O. Grey

Zweck und Gebrauch

des Schutz- umschlags

50

Fiktiver Verlag

Zweck und Gebrauch

des Schutz- umschlags

Zur Analyse und Praxis der Diskretion im Kontext

tabuisierter Literaturformen

S. O. Grey

Zweck und Gebrauch

des Schutz- umschlags

50

Fiktiver Verlag

Zweck und Gebrauch

des Schutz- umschlags

Zur Analyse und Praxis der Diskretion im Kontext

tabuisierter Literaturformen

S. O. Grey

Zweck und Gebrauch

des Schutz- umschlags

50

Fiktiver Verlag

The Joy of GardeningTipps and tricks for a relaxing time with your homegrown

Tammy McCarthy

in this issue:the calming power

of herbs plus: how to find the perfect

pot for you

spring 2015

The Joy of GardeningTipps and tricks for a relaxing time with your homegrown

Tammy McCarthy

in this issue:the calming power

of herbs plus: how to find the perfect

pot for you

spring 2015

Fiktive Publisher Fiktiver

Verlag

Natürliche Entspannung mit Kräutern und welches Gras am besten zu Ihnen passt

Ausgabe 7, Frühling 2015Marie-Johanna Bauer

KleingartenvereinWeimarKleingartenvereinWeimar

Das große Lexikon der

HackenÜber Geschichte und Gebrauch von Spitzhacken, Feldhacken und anderen spitzen Gegenständen

Fiktiver Verlag

Ein Katalog der schönsten Töne von Aschgrau bis Zementgrau

E L James

50verschiedene

Graustufen

50verschiedene

Graustufen

The Joy of GardeningTipps and tricks for a relaxing time with your homegrownspring 2015

Discover the calming power of herbs and how to fi nd

the perfectpot for you!

HackenDas Große Lexikon der

Page 42: Invisible by Design

The Joy of GardeningTipps and tricks for a relaxing time with your homegrown

spring 2015

Discover the calming power of herbs and how to fi nd

the perfect pot for you!

Wissenswertes und Nützliches zum bewährten Arbeitsutensil

Ein Katalog der schönsten Töne von Aschgrau bis Zementgrau

Daniela Schmalfeld

Fünfzigverschiedene Graustufen

Page 43: Invisible by Design

reSumÉe

Klartext

Falls Sie sich fragen, liebe Leserin, lieber Leser, welche Botschaft denn nun in der Schatzkarte ver-steckt ist und Sie nicht die Möglichkeit hatten, es selbst heraus zu finden, hier ist der Text. Er ist eine Botschaft von mir an die Besucher*innen und eignet sich gut als Schlusswort. Die Ausstellung hatte nicht zum Ziel die Motivationen für Tarnung und Täuschung zu diskutieren, aber zuletzt möchte ich doch noch kurz politisch werden. Bitteschön:

Ich bin ein Klartext. Glückwunsch, Du hast mich gefunden. Die Verwendung geheimer Botschaften nennt man im Allgemeinen Kryptografie. Stegano-grafie ist eine Methode der Kryptografie, bei der ein Klartext oder eine Bildinformation im Geheimen ge-speichert oder kommuniziert wird und man nur dann darauf stößt, wenn man überhaupt weiß, dass es eine versteckte Botschaft gibt. Am besten funktioniert das, wenn andere gar nicht wissen, dass ich, der Klartext, überhaupt existiere und mich in einem trivial ausse-henden Medium verstecke. Warum bin ich geheim? Ich habe doch nichts zu verbergen? Wer nichts zu ver-bergen hat, muss sich ja auch nicht verstecken, oder doch? Nun, ich bin tatsächlich unschuldig, schließlich erkläre ich ja nur, was Steganografie ist. Aber das muss ja schließlich niemand wissen. Das Recht auf Geheimhaltung steht jedem zu, auch dir. Und warum solltest du nicht davon Gebrauch machen? Jeder hat etwas zu verbergen, ob es etwas

Verbotenes, etwas Peinliches, etwas sehr Intimes ist oder nichts davon. In einer Welt, die jeden Menschen mit all seinen Charakterzügen, Lieb- und Leidenschaften, Meinungen und Veranlagun-gen akzeptieren würde, wäre das vielleicht anders. Aber so eine Welt hat es noch nie gegeben. Moral, Religion, Gesetz, gesellschaftliche Normen und Konventionen haben stets Diskriminierung angestiftet. In Europa mögen wir uns einbilden sehr tolerant zu sein, doch es gibt viele Tabus. Der Arbeitsmarkt, der Immobilienmarkt, die Versi-cherungen, die Polizei, die Geheimdienste, die Religion, der Journalismus etc., etc. haben auch in Deutschland eine Tendenz aus einzelnen Informa-tionen Zusammenhänge abzuleiten, die zu einer Benachteiligung einzelner Menschen führen, ob gerechtfertigt oder nicht. Und so lange das so ist, hast du das Recht auf Geheimhaltung. So wie ich, dein Klartext.

Page 44: Invisible by Design

Dank

Während der Arbeit an dem umfangreichen Projekt war ich auf viel Hilfe und Zuarbeit angewiesen. Be-sonderen Dank schulde ich:

Lea Kutz, Lena Haubner, Melissa Fiebig, Jan Dittrich, Lisa Rost für Bastelarbeiten, Aufbau, Feedback und moralische Unterstützung

Brigitte Schmalfeld (deutsch) und Daphne Seemann (englisch) für die Textkorrekturen

Reiner Reisner, Patrick Joppien-Stern und Uwe Kirmse für die Betreuung in den Werkstätten

Heike Sander und den Mitarbeiter*innen der Univer-sitätsbibliothek für den Raum

Prof. Markus Weisbeck als Prüfer und Jana Fröhlich als Betreuerin

Und natürlich meiner Familie für die bedingungslose Unterstützung und Rücksichtnahme die sie mir immer entgegengebracht hat.

Page 45: Invisible by Design

Impressum

Teil II – DokumentationMasterthesis im Fach

Visuelle Kommunikation / Visuelle Kulturenvon Daniela Schmalfeld

Alle Texte und entsprechend gekennzeichneten Bilder sind unter der Creative Commons Lizenz

freigegeben. Daniela Schmalfeld, 2015

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