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Begründet von Ernst Hösl { Rolf Diernberger Peter Grosse Herausgegeben von Hans-Peter Bantleon, Wien (federführend) Adriano Crismani, Innsbruck (Österreich) Thomas Hofmann, Regensburg Christos Katsaros, Bern (Schweiz) Roland Männchen, Winterthur (Schweiz) Lorenz Moser, Bozen (Italien) Ravindra Nanda, Farmington (Conn.) Ib Leth Nielsen, San Francisco (Calif.) Niko Schepp, Aalen Frank Weiland, Deutschlandsberg (Österr.) Dirk Wiechmann, Bad Essen Verantwortlicher Heftherausgeber Thomas Hofmann, Regensburg Verlag Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14 70469 Stuttgart www.thieme.de/iok www.thieme-connect.de 42. Jahrgang 2010 Sonderdruck © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlages Informationen aus Orthodontie & Kieferorthopädie Informationen aus Orthodontie und Kieferorthopädie Für die Stichwort-Recherche steht unseren Lesern die Online-Datenbank unter www.thieme-connect.de/ ejournals zur Verfügung

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Begründet von

Ernst Hösl{Rolf DiernbergerPeter Grosse

Herausgegeben von

Hans-Peter Bantleon, Wien(federführend)Adriano Crismani, Innsbruck (Österreich)Thomas Hofmann, RegensburgChristos Katsaros, Bern (Schweiz)Roland Männchen, Winterthur (Schweiz)Lorenz Moser, Bozen (Italien)Ravindra Nanda, Farmington (Conn.)Ib Leth Nielsen, San Francisco (Calif.)Niko Schepp, AalenFrank Weiland, Deutschlandsberg (Österr.)Dirk Wiechmann, Bad Essen

Verantwortlicher Heftherausgeber

Thomas Hofmann, Regensburg

Verlag

Georg Thieme Verlag KGRüdigerstraße 1470469 Stuttgartwww.thieme.de/iokwww.thieme-connect.de

42. Jahrgang 2010

Sonderdruck

© Georg Thieme Verlag KGStuttgart · New York

Nachdruck nur mitGenehmigung des Verlages

Informationen aus Orthodontie &KieferorthopädieInformationen aus Orthodontie und Kieferorthopädie

Für die Stichwort-Recherche stehtunseren Lesern die Online-Datenbankunter www.thieme-connect.de/ejournals zur Verfügung

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Erkennen und Behandeln einer maskierten skelettalentransversalen DiskrepanzIdentification and Treatment of a Masked Skeletal Transverse Discrepancy

Autor N. Schepp

Institut Kieferorthopädische Praxis in Aalen

Schlüsselwörterl" transversale Diskrepanzl" maskierte Oberkiefer-

kompressionl" Molarentorque

Key wordsl" transversal discrepancyl" masked maxillary

compressionl" buccolingual molar

inclination

BibliografieDOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0030-1262526Inf Orthod Kieferorthop 2010;42: 187–201© Georg Thieme Verlag KGStuttgart · New York ·ISSN 0022-0336

KorrespondenzadresseDr. Niko ScheppSchubartstr. 373430 AalenTel.: 07361/6741Fax: 07361/[email protected]

Übersicht 187

Eine transversale Diskrepanz zwischen Oberkie-fer und Unterkiefer ist offensichtlich, wenn eineinseitiger oder beidseitiger Kreuzbiss vorliegt.Der Zusammenhang zwischen transversaler Rela-tion und sagittaler Kieferrelation ist ebenfallshinlänglich bekannt: Eine relative transversaleDiskrepanz der Zahnbögen liegt vor, wenn einefehlerhafte transversale Beziehung im Fehlbissvorliegt, aber eine harmonische Beziehung be-steht, wenn die Zahnbögen in Klasse-I-Okklusiongebracht werden. So weisen zum Beispiel mancheKlasse-III-Fehlbisse einen seitlichen Kreuzbissauf, der von selbst verschwindet, wenn die Zahn-bögen in Klasse-I-Okklusion gebracht werden.Dagegen liegt eine absolute tranversale Diskre-panz der Zahnbögen vor, wenn eine fehlerhaftetransversale Beziehung auch dann vorliegt odererst sichtbar wird, wenn die Zahnbögen in Klas-se-I-Okklusion gebracht werden.Die Unterscheidung zwischen einer dentalen undeiner skelettalen Ursache für das Vorliegen einer(absoluten) transversalen Diskrepanz ist eben-falls Standard. Aber die Möglichkeit, dass eineskelettale Diskrepanz durch entsprechendenMolarentorque kompensiert (maskiert) sein kann(l" Abb.1a), bleibt häufig in der Fallbetrachtungunberücksichtigt und damit die skelettale trans-versale Diskrepanz unbemerkt. So ist z.B. fürVanarsdall [7, 8] das Auftreten von Behandlungs-problemen und Rezidiven bei vielen Patienten die

Folge von nicht diagnostizierten oder unzurei-chend behandelten skelettalen transversalen Dis-krepanzen.Sehr häufig wird eine Unterentwicklung des Ober-kiefers durch entsprechendenMolarentorquemas-kiert, typischerweise durch ausgeprägte Bukkal-kippung der OK-Molaren und Lingualkippung derUK-Molaren (l" Abb.1a). Diese maskierte Oberkie-ferkompression ist das Thema dieser Arbeit. DasErkennen und Behandeln einer maskierten OK-Kompression wird beschrieben (l" Abb.1a–c) unddie Vorteile dieser Behandlungsstrategie für diegesamte Therapie dargelegt.

Literaturübersicht: Molarentorque(transversale Achsneigung der Molaren)!

Was ist ein adäquater Molarentorque?Für das American Board of Orthodontics [1] ist diekorrekte Achsneigung der Molaren ein Qualitäts-merkmal der KFO-Therapie: „… für eine gute Ver-zahnung und zur Vermeidung von Balancekon-takten während der Funktionsbewegungen ist eserforderlich, dass kein signifikanter Höhenunter-schied zwischen den bukkalen und lingualenHöckern der oberen und unteren Molaren undPrämolaren vorliegt.“ (Übersetzung des Autors).Zur Bestimmung der Höhendifferenz wird dieABO-Messlehre empfohlen (l" Abb.2). Eine Diffe-

Zusammenfassung!

Der Artikel beschreibt den Zusammenhang vonSeitenzahntorque und transversaler skelettalerKieferrelation. Die Bedeutung des Erkennens undadäquaten Behandelns einer maskierten Oberkie-ferkompression wird diskutiert und die Vorteiledieser Behandlungsstrategie für die gesamte The-rapie dargelegt. Drei klinische Fallbeispiele ver-anschaulichen das empfohlene Behandlungspro-tokoll.

Abstract!

The article describes the connection betweenbuccolingual inclination of molars and transverseskeletal jaw relationship. The rationale of identi-fying and treating a masked skeletal transversediscrepancy is discussed and the benefit of thattreatment approach for the whole orthodontictherapy is outlined. Three case presentationsillustrate the recommended treatment proto-col.

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renz von 1mm oder mehr wird als fehlerhaft angesehen. Dabeiberuft man sich u.a. auf die Modellauswertung von kieferortho-pädisch unbehandelten Personen mit Idealokklusionen: Alle Ge-bisse weisen eine flache Wilson-Kurve bzw. annähernd aufrechtstehende Molaren auf [2, 3]. Kokich [4] demonstriert in der Lin-gualansicht der KFO-Modelle (l" Abb.3a, b) den Unterschiedzwischen einer Seitenzahnokklusion bei aufrecht stehenden Mo-laren und einer Seitenzahnokklusion bei gekippten Molaren.

Zwei Studien der Universität von Iowa unterstützen diese Ein-schätzung des Molarentorques: Marshall u. Mitarb. [5, 6] unter-suchten die Veränderungen des Molarentorque und der Zahn-bogenbreite im Zeitraum zwischen dem Durchbruch der erstenMolaren und dem frühen Erwachsenenalter. Sie stellten fest,dass obere Molaren mit bukkalem Kronentorque durchbrechenund sich mit der Zeit nach lingual aufrichten, während untereMolaren mit lingualem Kronentorque durchbrechen und sichnach bukkal aufrichten. Da dies ein normaler Vorgang währendder Gebissentwicklung ist, folgerten sie, dass es sinnvoll ist, imRahmen einer KFO-Behandlung die Molaren aufzurichten.

Inadäquater MolarentorqueBurstone und Marshall [9, 10] demonstrierten, dass eine abnor-male Achsneigung der Molaren ein transversales skelettalesProblem verschleiern kann. In l" Abb.4a haben die Molaren

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Abb.1 Das Behandlungskonzept: Erkennen und Behandeln einer maskierten Oberkieferkompression.

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Abb.2 Die ABO-Mess-lehre zur Bestimmungder Höhendifferenzzwischen bukkalen undlingualen Höckern.

a b

Abb.3 Seitenzahnverzahnung in der Lingual-ansicht [4]. a adäquate Verzahnung, b inadäquateVerzahnung.

Abb.4 a Seitenzähne kompensieren die trans-versale Diskrepanz durch Bukalkippung derOK-Molaren und Lingualkippung der UK-Molaren.b Demaskierung der transversalen Diskrepanznach Richtigstellung der Molaren (Bild aus Marshall[10] bzw. IOK 2007, 39: 225–234).

a b

Übersicht188

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durch entsprechende Kippungen die transversale Diskrepanzkompensiert. Wenn man gedanklich die Molaren richtig stellt,also deren Achsneigung normalisiert, beseitigt man die poste-riore dentale Kompensation und demaskiert das transversaleskelettale Problem (l" Abb.4b). Burstone und Marshall [9, 10]raten dringend dazu, im Rahmen der Modellanalyse auf eine pos-teriore dentale Kompensation zu achten. Das Übersehen einesinsuffizienten Molarentorques kann zu einer Unterbehandlungführen und damit zu einem unzureichenden Behandlungsergeb-nis mit einer verminderten Langzeitstabilität.Man sollte also bei der kieferorthopädischen Diagnostik stetsdaran denken, dass es nicht nur eine dentale Kompensation vonsagittalen skelettalen Diskrepanzen gibt, wie die in l" Abb.5dargestellte typische Achsneigung der Frontzähne zur Kom-pensation einer skelettalen Klasse III, sondern auch eine den-tale Kompensation einer transversalen skelettalen Diskrepanzdurch entsprechende kompensatorische Molarenkippungen(l" Abb.1a, 4). Meistens wird eine transversale Unterentwick-lung des Oberkiefers kompensiert.

Effektivität der Gaumennahterweiterung!

Die Gaumennahterweiterung (GNE) ist ein kieferorthopädischesVerfahren zur Verbreiterung des Oberkiefers [11]. Über Veranke-rungszähne im Oberkiefer wird eine Kraft ausgeübt, die großgenug ist, um die Sutura palatina mediana zu öffnen. Traditionellwird eine Hyrax-Schraube an 4 Zähnen befestigt (über Bänderzementiert oder direkt geklebt).Weiterhinwird die GNE-Appara-tur auch gerne um Kunststoffschilder am Gaumen oder einenKunststoffaufbiss erweitert.Systematische Übersichtsarbeiten (Reviews) zur Sofort- undLangzeitwirkung der nicht chirurgisch unterstützten, konservati-ven Gaumennahterweiterung bescheinigen der GNE eine zuver-lässige Verbreiterung des oberen Zahnbogens und eine quan-titativ etwas geringere skelettale Expansion des Oberkiefers.Allerdings erlauben die bisher vorliegenden Studien keine defini-tive Aussage zum Verhältnis von skelettalen und dentalen Lang-zeiteffekten. Bessere Studiendesigns sind notwendig, um Aus-sagen mit einem höheren Evidenzgrad zu ermöglichen [12–14].In der Zusammenfassung der vorliegenden Studien kann mandennoch folgende Aussagen machen:" Die Gaumennahterweiterung ermöglicht eine signifikante

Expansion innerhalb einer kurzen Zeit und nahezu ohnePatientenmitarbeit.

" Die Gaumennahterweiterung funktioniert bei allen PatientenimWachstum. Allerdings steigt der Widerstand der kranio-fazialen Knochen gegen die GNE-Kräfte mit zunehmendemAlter an. Dadurch ist die GNE-Wirkung bei jüngeren Kindernbesser als bei älteren Jugendlichen.

" Die Gaumennahterweiterung ist das Expansionsgerät mitdem größten skelettalen Effekt.

" Die Expansion durch Gaumennahterweiterung ist stabilerals eine dentale Expansion.

" Die Gaumennahterweiterung hat keine Auswirkung aufdie vertikale Kieferrelation, d.h. sie hat keine bissöffnendeWirkung.

" Die Gaumennahterweiterung ist das effektivste und effizien-teste Expansionsgerät.

Positive Nebeneffekte der Gaumennahterweiterung!

1. Die Gaumennahterweiterung entschlüsseltdie OkklusionKim u. Mitarb. [15] sowie You u. Mitarb. [16] untersuchten dieUnterschiede im Sagittalwachstum von Oberkiefer und Unterkie-fer bei kieferorthopädisch unbehandelten Personen. Zusätzlichuntersuchten sie die dentoalveolären Veränderungen im Zusam-menhang mit dem Ventralwachstum des Unterkiefers bei diesenProbanden. Beide kommen zu dem Ergebnis, dass ein Großteilder Klasse-II-Patienten genetisch determiniert mehr Wachstumim Unterkiefer erleben als im Oberkiefer. Trotzdem sieht mankeine Selbstkorrektur der Bisslage, da mit dem Unterkiefer-wachstum eine Vorverlagerung der OK-Dentition und eine Rück-verlagerung der UK-Dentition einhergeht. Diese unerwünschtenVerschiebungen der Dentitionen werden von den bestehendenZahnkontakten ausgelöst und verhindern die positive Wirkungdes UK-Wachstums auf die Bisslage. You und Kim folgern daraus,dass die „Entschlüsselung der Okklusion“ ein bedeutender Be-handlungsfaktor für die erfolgreiche Therapie der KlasseII ist.Da die Gaumennahterweiterung zu einer Entschlüsselung derOkklusion führt, sollte sie die erwähnten unerwünschten Ver-schiebungen der Dentitionen minimieren und damit den Über-gang von einer Klasse-II-Okklusion in eine Klasse-I-Okklusionwährend der Distalbissbehandlung erleichtern.

2. Die Gaumennahterweiterung erleichtertdas PlatzmanagementDas Demaskieren einer transversalen skelettalen Diskrepanzdurch orthodontisches Aufrichten der Molaren – also das Erzeu-gen eines posterioren Kreuzbisses – macht die Notwendigkeiteiner Gaumennahterweiterung sichtbar. Die GNE-Behandlungvergrößert den oberen Zahnbogen und erzeugt somit zusätz-lichen Platz zur Stellungskorrektur der Zähne. Zur Vorhersagedes Platzgewinns wurden verschiedene Regressionsgleichungenentwickelt [17, 18].Allerdings muss man berücksichtigen, dass der UK-Zahnbogenals Schablone angesehen werden muss, über dessen Breite derOberkieferzahnbogen nicht expandiert werden sollte. Die ach-sengerechte (aufrechte) Position der unteren Molaren bestimmtdie Grenzen der Oberkieferexpansion. Auch der untere Intereck-zahnabstand darf nicht verändert werden [19]. Gianelly [20] wiesdie verbreiteten Expansionstheorien zur Platzgewinnung undzur Vermeidung von Extraktionen als wissenschaftlich schlechtbegründet zurück. Besonders wies er auf die schlechte Langzeit-stabilität hin, die mit hohem Evidenzgrad nachgewiesen ist.

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Abb.5 Typischedentale Kompensa-tion einer Klasse III:Labialinkination derOK-Front, Retro-inklination der UK-Front.

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3. Die Gaumennahterweiterung verbessertdie NasenatmungDie Literatur von den späten 60er-Jahren des vergangenen Jahr-hunderts bis zur heutigen Zeit ist voll mit anekdotischen Berich-ten und Studien bezüglich dieses Effektes. Sehr wahrscheinlichsind die meisten Effekte real, aber es gibt noch keinen endgülti-gen evidenzbasierten Beweis.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen!

Fasst man die wesentlichen Punkte aus der Literaturübersichtzusammen, lassen sich folgende Aussagen festhalten:" Molaren sollten annähernd aufrecht stehen (flache Wilson-

kurve)." Ein inadäquater Molarentorque maskiert häufig eine trans-

versale skelettale Diskrepanz, typischerweise einen zuschmalen Oberkiefer.

" Übersieht man eine transversale Diskrepanz oder lässt derenKorrektur im Therapieplan unberücksichtigt, kann dies dieBehandlung erschweren oder zu unbefriedigenden Behand-lungsergebnissen führen.

" Die Gaumennahterweiterung ist die effektivste und effizien-teste Methode zur Behandlung einer maxillären Defizienz.

" Die Gaumennahterweiterung hat positive Nebeneffekte, wel-che die Behandlung einer Klasse II, das Platzmanagement unddie Koordination der Zahnbögen erleichtern.

Hieraus folgt für die kieferorthopädische Behandlung, dass manbei der Befunderhebung stets auf posteriore dentale Kompensa-tionen achten und die Beseitigung der posterioren dentalenKompensation und die Behandlung der zu Grunde liegendentransversalen maxillären Defizienz erwägen sollte.

Folgendes Behandlungsvorgehen bietet sich an:" Zunächst Demaskieren der transversalen maxillären Defi-

zienz durch Aufrichten der OK-Molaren nach palatinal(l" Abb.6a–c) und Aufrichten der UK-Molaren nach bukkal.

" Dann Behandlung der transversalen Unterentwicklung desOberkiefers mithilfe einer GNE-Apparatur (l" Abb.7a, b).

" Sofort nach Beendigung der GNE-Aktivierung Ausnutzender positiven Effekte der GNE-Therapie zur Behandlung einerKlasse II oder eines Platzproblems.

Fallbeispiel #1: Klasse-II-Korrektur!

Patient #1 wurde ausschließlich mit der beschriebenen Behand-lungssequenz aus Palatinalbogen, GNE und HG im Rahmen einerFrühbehandlung behandelt. Er hatte keine MB-Apparatur. Somitist das Behandlungsergebnis das Resultat der beschriebenenBehandlungsstrategie in Kombination mit normalem genetischdeterminierten Kieferwachstum. Keine weiteren kieferortho-pädischen Maßnahmen haben das Behandlungsergebnis beein-flusst.Die Anfangsmodelle inl" Abb.8a–e zeigen die Ausgangsposition:Klasse II,1 im Wechselgebiss mit 1PB-Distalokklusion im Mola-renbereich beidseits und 11mm Frontzahnstufe.Im Fernröntgenbild (l" Abb.9) misst man eine distobasale Kie-ferrelation (ANB=5°) und eine Labialkippung der oberen Front-zähne (+1–ANS-PNS=121°).In der Rückansicht der Modelle erkennt man eine deutlicheBukkalkippung der oberen Molaren und eine deutliche Lingual-kippung der unteren Molaren. Die l" Abb.10b macht diesenBefund sichtbar. Es handelt sich um einen computertechnischenQuerschnitt durch das digitalisierte Anfangsmodell auf Höhe der

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Abb.6 a Demaskieren der transversalen maxillären Defizienz durch Aufrichten der Molaren nachpalatinal b mit thermoelastischem Palatinalbogen bei zusätzlich ausgeprägter Mesialrotation, c mit Stahl-Paltinalbogen.

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Abb.7 Beseitigen der demaskierten transver-salen maxillären Defizienz durch Gaumennaht-erweiterung.

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Molaren (l" Abb.10a) mithilfe der OrthoCad-Software von Cana-dent.Der Gesamtbefund lautete somit: Klasse II,1 bei sehr großer sagit-taler Frontzahnstufe und maskierter Oberkieferkompression.Der Patient hatte einen Palatinalbogen in Kombinationmit einemHeadgear für 6 Monate zum Aufrichten und Distorotieren derMolaren. Danach eine GNE-Apparatur und einen Headgear fürweitere 6Monate. Die Gesamtbehandlungszeit betrug 12Monate.Der Patient hatte nie Retentionsgeräte.Die intraoralen Fotos und die Dokumentationsmodelle inl" Abb.11, 12 zeigen das Ergebnis zum Zeitpunkt der Nachunter-suchung 5Jahre nach Beendigung der Frühbehandlung: Klasse Imit regelrechtem Overjet und Overbite. Da der Patient keineMB-Behandlung hatte, findet man minimale Zahnfehlstellungen,z.B. einen leichten Engstand in der Unterkieferfront und eine ge-ringe Mittenverschiebung. Die Fernröntgenaufnahme zum Zeit-punkt der Nachuntersuchung (l" Abb.13) zeigt eine neutrale Kie-ferrelation und eine regelrechte Frontzahnneigung (ANB=2°,

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Abb.8 Behandlungsfall #1: digitalisierteAnfangsmodelle.

Abb.9 Behand-lungsfall #1: Fern-röntgenbild mitDurchzeichnung.

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Abb.10 Behandlungsfall #1: Querschnitt (b) aufHöhe der Molaren (a) durch das Anfangsmodellmithilfe der OrthoCad-Software: Man erkennt einedeutliche Bukkalkippung der OK-Molaren und eineLingualkippung der UK-Molaren.

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WITS=–1, Mx1–Mx=110°, Md1–MPA=99°). In der Überlage-rung von Anfangsaufnahme und Nachuntersuchungsaufnahmeauf der Schädelbasis (l" Abb.14) erkennt man, dass der Unterkie-fer in der Sagittalebene mehr gewachsen ist als der Oberkiefer.Die SO-Analyse [21] (l" Abb.15) ergibt, dass das Sagittalwachs-tum des Unterkiefers das des Oberkiefers um 8mm übertraf.Die Veränderungen in der Transversalebene sind im Vergleichder Querschnitte von Anfangs- und Nachuntersuchungsmodellsichtbar: Die l" Abb.16 zeigt oben den Anfangsbefund und untenden Nachuntersuchungsbefund. Man erkennt deutlich, dass die

Molaren am Ende der Behandlung aufrechter stehen. Die Mess-werte mit der ABO-Messlehre bestätigen diese Verbesserung(l" Tab.1).Gleichzeitig vergrößerte sich der obere Intermolarenabstand von46mm auf 52mm (l" Abb.17). Ohne ein therapeutisches Ein-greifen im Unterkiefer vergrößerte sich auch der untere Mola-renabstand, während der untere Eckzahnabstand unverändertblieb.Zusammengefasst kann man feststellen, dass die transversaleUnterentwicklung des Oberkiefers, welche durch eine posteriore

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Abb.11 Intraorale Fotos von Behandlungsfall #1zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung 5 Jahre nachBehandlungsende.

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Abb.12 Behandlungsfall #1: DigitalisierteModelle (Zeitpunkt Nachuntersuchung).

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dentale Kompensation maskiert war, erfolgreich behandelt wurde.Am Ende der Behandlung ist der Zahnbogen breiter und die Mola-ren aufrechter. Zusätzlich erleichterte das Behandlungsprotokolldie Korrektur der Klasse II, welche bei dem günstig wachsendenPatienten ganz ohne Stimulation des Unterkieferwachstums aus-kam.

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Abb.13 Behandlungsfall #1: Fernröntgenbildmit Durchzeichnung zum Zeitpunkt der Nach-untersuchung.

Abb.14 Behandlungsfall #1: Überlagerungder Fernröntgenbilder von Behandlungsanfangund Nachuntersuchung auf der Schädelbasis.

Abb.15 Behandlungsfall #1: SO-Analyse [21]zeigt, dass das Sagittalwachstum des Unter-kiefers das des Oberkiefers um 8mm übertraf.

Abb.16 Behandlungsfall #1: Vergleich der Querschnitte von Anfangs-und Nachuntersuchungsmodell. Die Molaren stehen am Ende der Behand-lung aufrechter.

Abb.17 Behandlungsfall #1: Vergleich der Zahnbogenbreiten vonAnfangs- und Nachuntersuchungsmodell. Der obere Intermolarenabstandvergrößerte sich von 46mm auf 52mm.

Anfang Ende Tab. 1 Messwerte mit derABO-Messlehre (Behandlungs-fall # 1).

OK: Distanz bukkaler Höcker zu Okklusionsebene OK: Distanz bukkaler Höcker zu Okklusionsebene

rechts links rechts links

0,8mm 0,8mm 0,3mm 0,4mm

UK: Distanz lingualer Höcker zu Okklusionsebene UK: Distanz lingualer Höcker zu Okklusionsebene

rechts links rechts links

1,2mm 1,4mm 0,3mm 0,2mm

Übersicht 193

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Fallbeispiel #2: Klasse-II-Korrekturund Platzmanagement!

Der Behandlungsfall #2 ist ein Beispiel dafür, wie das beschrie-bene Behandlungsprotokoll die Korrektur einer KlasseII und dasPlatzmanagement unterstützt.Die intraoralen Fotos (l" Abb.18) und die Modellfotos (l" Abb.19)zeigen den Anfangsbefund eines fast 9 Jahre alten Jungen: Klasse-II mit 1PB-Molarenokklusion beidseits und einem Platzmangelfür den verlagerten Zahn11. Die Beurteilung der Molarenneigungoffenbart, dass die Molaren eine transversale skelettale Diskre-

panz kompensieren. Inl" Abb.20 sieht man die ausgeprägte Buk-kalkippung der OK-Molaren und eine Lingualkippung der UK-Molaren. Im Fernröntgenbild (l" Abb.21) erkennt man den hori-zontal verlagerten Schneidezahn und die Messwerte zeigen einedistobasale Kieferrelation an (ANB=3°, WITS=2,5mm) sowieeine Retroinklination des anderen mittleren Schneidezahns(+1–ANS-PNS=103°).Der kieferorthopädische Hauptbefund lautete somit Klasse II mitmaskierter Oberkieferkompression und Platzmangel für den ver-lagerten Zahn11.

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Abb.18 Behandlungsfall #2: Intraorale Fotos derAnfangssituation.

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Abb.19 Behandlungsfall #2: digitalisierteAnfangsmodelle.

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Auch dieser Patient hatte einen Palatinalbogen in Kombinationmit einem Headgear zum Aufrichten und Distorotieren der obe-ren Molaren. Danach eine Gaumennahterweiterung und wäh-rend der GNE-Stabilisierung weiterhin den HG. Im Anschluss andiese initiale Behandlungsphase folgte in Phase2 eine MB-Be-handlung.

l" Abb.22, 23 zeigen den Befund 5Jahre nach Behandlungsendeund ungefähr 3 Jahre nach Retentionsende: Klasse-I-Okklusionmit regelrechtem Overjet und Overbite. Der ehemals verlagerteZahn11 weist weniger Gingiva auf, da er nach Freilegung in derbeweglichenMundschleimhaut durchbrach. Das Fernröntgenbildzum Behandlungsende (l" Abb.24) bestätigt die nun neutro-basale Kieferrelation (ANB=0°, WITS=0mm) und eine regelrechteFrontzahninklination (+1–ANS-PNS=115°, -1–Go-Gn=95°).Die Überlagerung der Fernröntgenbilder auf der Schädelbasis(l" Abb.25) sowie die SO-Analyse (l" Abb.26) [21] zeigen, dassdas Sagittalwachstum des Unterkiefers 6mm größer war als dasdes Oberkiefers.Im Vergleich der Querschnitte von Anfangs- und Nachunter-suchungsmodell (l" Abb.27) erkennt man deutlich, dass die Mo-laren am Ende der Behandlung aufrechter stehen. Der Vergleichder ABO-Messwerte bestätigt dieses Bild (l" Tab.2).In der Schlussbeurteilung des Behandlungsfalls kann man somitkonstatieren, dass die transversale Unterentwicklung des Ober-kiefers, welche durch eine posteriore dentale Kompensationmaskiert war, erfolgreich behandelt wurde. Am Ende der Be-handlung ist der Zahnbogen breiter (l" Abb.28) und die Molarenstehen aufrechter. Gleichzeitig wurde ein klinisch signifikanterPlatzgewinn erzeugt, der auch 3Jahre nach Retentionsende nochstabil war. Zusätzlich unterstützte die Behandlung die Klasse-II-Korrektur.

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Abb.20 Behandlungsfall #2: Querschnitt (b) aufHöhe der Molaren (a) durch das Anfangsmodell.Man erkennt eine Bukkalkippung der OK-Molarenund eine Lingualkippung der UK-Molaren.

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Abb.22 Intraorale Fotos von Behandlungsfall #2zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung 5 Jahre nachBehandlungsende.

Abb.21 Behand-lungsfall #2: Fern-röntgenbild vor Be-handlung mit Durch-zeichnung.

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Abb.23 Behandlungsfall #2: DigitalisierteModelle (Zeitpunkt: Nachuntersuchung).

Abb.24 Behandlungsfall #2: Fernröntgenbildmit Durchzeichnung angefertigt am Behand-lungsende.

Abb.25 Behandlungsfall #2: Überlagerung derFernröntgenbilder von Behandlungsanfang undBehandlungsende auf der Schädelbasis.

Abb.26 Behandlungsfall #2: SO-Analyse [21]zeigt, dass das Sagittalwachstum des Unter-kiefers das des Oberkiefers um 6mm übertraf.

Anfang Ende Tab. 2 Messwerte mit derABO-Messlehre (Behandlungs-fall # 2).

OK: Distanz bukkaler Höcker zu Okklusionsebene OK: Distanz bukkaler Höcker zu Okklusionsebene

rechts links rechts links

1,1mm 1,2mm 0,3mm 0,5mm

UK: Distanz lingualer Höcker zu Okklusionsebene UK: Distanz lingualer Höcker zu Okklusionsebene

rechts links rechts links

1,3mm 1,5mm 0,3mm 0,2mm

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Fallbeispiel #3: Offener Biss!

Fall #3 soll aufzeigen, dass ein offener Biss keine Kontraindika-tion für das beschriebene Behandlungsprotokoll darstellt. Viel-mehr entspricht der Behandlungsverlauf den Resultaten von La-gravères systematischer Übersicht [14], die aufzeigt, dass eineGNE-Behandlung keine Auswirkung auf die vertikale Kieferrela-tion hat.l" Abb.29, 30 zeigen den Befund eines 13-jährigen Mädchens:Frontal offener Biss, schmaler Oberkiefer und Mesiorotation der

Molaren. Auf den ersten Blick scheinen die persistierendenMilchzähne den offenen Biss zu verstärken, die digitalisiertenArtikulatormodelle zeigen jedoch, dass Frühkontakte auf den ers-ten Molaren bestehen.Die Molaren haben teilweise die Oberkieferkompression kom-pensiert. In l" Abb.31 erkennt man deutlich die Bukkalkip-pung.In der Fernröntgenaufnahme (l" Abb.32) erkennt man eben-falls den frontal offenen Biss. Die Messwerte zeigen einen hyper-divergenten Schädelaufbau an (S-N/Go-Gn=38°, ANS-PNS/Go-Gn=32°).Der kieferorthopädische Hauptbefund lautet: HyperdivergenterPatient mit frontal offenem Biss und maskierter Oberkieferkom-pression.Wieder wurden zunächst mithilfe eines Palatinalbogens dieMolaren aufgerichtet. Danach folgte eine Gaumennahterweite-rung und in Phase2 eine MB-Behandlung.

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Abb.27 Behandlungsfall #2: Vergleich der Querschnitte von Anfangs-und Nachuntersuchungsmodell. Die Molaren stehen am Ende der Behand-lung aufrechter.

Abb.28 Behandlungsfall #2: Vergleich der Zahnbogenbreiten vonAnfangs- und Nachuntersuchungsmodell.

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Abb.29 Behandlungsfall #3: Intraorale Fotosder Anfangssituation.

Übersicht 197

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Die Behandlung dauerte knapp 2Jahre. Die l" Abb.33, 34 zeigendas Behandlungsergebnis im Anschluss an die 18-monatige Re-tentionszeit: KlasseI mit akzeptablem Overbite und regelrech-tem Overjet.Im Fernröntgenbild (l" Abb.35) erkennt man keine negativeVeränderung der vertikalen Parameter. Die Fernröntgenüber-lagerung auf der Schädelbasis (l" Abb.36), sowie die Unterkie-fer-Überlagerung (l" Abb.37) deuten stattdessen auf ein leichtesWachstum gegen den Uhrzeigersinn hin. Außerdem zeigt die SO-Analyse (l" Abb.38) [21], dass das Sagittalwachstum des Unter-kiefers größer war als das des Oberkiefers.Auch die Auswertung der transversalen Dimension zeigt ein er-folgreiches Aufrichten der Molaren (l" Abb.39) und eine Vergrö-ßerung der Zahnbogenbreite (l" Abb.40).Auch in diesem Fall ergibt die Schlussbeurteilung des Behand-lungsfalls, dass die transversale Unterentwicklung des Oberkie-fers, welche durch eine posteriore dentale Kompensation mas-kiert war, erfolgreich behandelt wurde. Am Ende der Behandlung

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Abb.30 Behandlungsfall #3: digitalisierteAnfangsmodelle.

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Abb.31 Behandlungsfall #3: Querschnitt (b) aufHöhe der Molaren (a) durch das Anfangsmodell.Man erkennt eine Bukkalkippung der OK-Molarenund eine Lingualkippung der UK-Molaren.

Abb.32 Behand-lungsfall #3:Fernröntgenbild vorBehandlung mitDurchzeichnung.

Übersicht198

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Abb.33 Intraorale Fotos von Behandlungsfall #3zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung 18Monatenach Behandlungsende.

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Abb.34 Behandlungsfall #3: DigitalisierteModelle (Zeitpunkt: Nachuntersuchung).

Anfang Ende Tab. 3 Messwerte mit derABO-Messlehre (Behandlungs-fall # 3).

OK: Distanz bukkaler Höcker zu Okklusionsebene OK: Distanz bukkaler Höcker zu Okklusionsebene

rechts links rechts links

1,4mm 1,1mm 0,8mm 0,7mm

UK: Distanz lingualer Höcker zu Okklusionsebene UK: Distanz lingualer Höcker zu Okklusionsebene

rechts links rechts links

1,1mm 1,4mm 1,0mm 0,7mm

Übersicht 199

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ist der Zahnbogen breiter und die Molaren aufrechter. Die ge-samte Behandlung hat keine negative Auswirkung auf die ver-tikale Kieferrelation. Im Gegenteil, das Aufrichten der Molarenerlaubte eine adäquate Positionierung der Höcker in den dazuge-hörenden Fossae und trug damit zur Bisssenkung bei.

Diskussion!

In jedem der vorgestellten Fälle wäre eine Behandlungsalterna-tive gewesen die Molaren so aufzurichten, dass kein Kreuzbissbzw. keine Kreuzbissneigung entsteht, indem man statt einerKronenbewegung nach palatinal die Molarenwurzeln nach buk-kal bringt. Dies hätte ein Drehmoment-zu-Kraft-Verhältnis erfor-dert, welches das Widerstandszentrum auf Höhe der Molaren-krone positioniert (l" Abb.41). Der Nachteil dieses Vorgehensist, dass dabei die Wurzeln an den Rand des Knochens bewegtwerden und man die positiven Effekte der Gaumennahterweite-

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Abb.35 Behand-lungsfall #3: Fern-röntgenbild mitDurchzeichnungangefertigt bei derNachuntersuchung.

Abb.36 Behandlungsfall #3: Überlagerung derFernröntgenbilder auf der Schädelbasis.

Abb.38 Behandlungsfall #3: Die SO-Analyse[21] zeigt, dass das Sagittalwachstum des Unter-kiefers das des Oberkiefers übertraf.

Abb.37 Behandlungsfall #3: Die Überlagerungder Fernröntgenbilder von Anfang und Nach-untersuchung auf dem Unterkiefer weist auf einleichtes Wachstum gegen den Uhrzeigersinn hin.

Abb.39 Behandlungsfall #3: Vergleich der Querschnitte von Anfangs- und Nachuntersuchungsmodell. Die oberen Molaren stehen am Ende der Behandlungaufrechter.

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rung auf die Klasse-II-Korrektur, das Platzmanagement und dieNasenatmung nicht ausnutzen kann.Die sofortige Durchführung der Gaumennahterweiterung ohnevorheriges Aufrichten der Molaren hat den Nachteil, dass maneine bukkale Nonokklusion erzeugt und das richtige Ausmaßder Expansion schwer abschätzen kann. Außerdem ist das Einset-zen der GNE-Apparatur für den Behandler schwierig und für denPatienten beschwerlich, wenn bei ausgeprägter Bukkalkippungder OK-Molaren keine vernünftige Einschubrichtung zur Inser-tion der GNE-Apparatur vorhanden ist. Der Behandlungsbeginnmit dem kleineren Palatinalbogen erleichtert zudem die Gewöh-nung des Patienten an eine Gaumenapparatur.Gleichzeitig zum Aufrichten der OK-Molaren nach palatinal ist essinnvoll, die Lingualkippung der UK-Molaren zu beseitigen. DerIntereckzahnabstand darf dabei aber nicht verändert werden.

Schlussbetrachtung!

Die Ausführungen sind kein Plädoyer für Überexpansion, umExtraktionen zu vermeiden oder ein breites Lächeln zu erzeugen.Aber das Beseitigen einer posterioren dentalen Kompensation,also das Demaskieren einer transversalen skelettalen Diskrepanzund die nachfolgende Behandlung der transversalen Unterent-wicklung des Oberkiefers, ist ein Behandlungsansatz, der die ske-lettale Ursache der Dysgnathie therapiert anstatt ihrer dentalenAuswirkungen. Aus klinischer Sicht vereinfacht dieses Behand-lungsvorgehen die Korrektur einer KlasseII, das Platzmanage-ment und die Koordination der Zahnbögen.

Literatur1 American Board of Orthodontics. Grading system for dental casts and

panoramic radiographs. St. Louis: American Board of Orthodonitcs1999

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3 Andrews LF. Straight wire, The concept and appliance. L.A.: Wells Inc.;1989

4 Kokich V. Buccolingual inclination. Lecture5 Marshall S, Dawson D, Southard KA et al. Transverse molar movements

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toalveolar changes during growth. Am J Orthod Dentofac Orthop 2006;130: 721–731

7 Vanarsdall RL. Transverse dimension and stability. Semin Orthod 1999;5: 171–180

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10 Marshall SD, Southard KA, Southard TE. Early transverse treatment.Semin Orthod 2005; 11: 130–139

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13 Lagravère MO, Major PE, Flores-Mir C. Long-term dental arch changesafter rapid maxillary expansion treatment: a systematic review. AngleOrthod 2005; 75: 155–161

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Abb.40 Behandlungsfall #3: Vergleich der Zahnbogenbreiten vonAnfangs- und Nachuntersuchungsmodell.

Abb.41 Ein Dreh-moment-zu-Kraft-Ver-hältnis, welches dasWiderstandszentrumauf Höhe der Molaren-krone positioniert (a)bewegt die Molaren-wurzeln nach bukkal (b).

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