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Research Collection Doctoral Thesis Ueber die Herstellung von Aethylen- und Propylenimin Author(s): Aeschbach, Ernst Publication Date: 1945 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000089077 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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Research Collection

Doctoral Thesis

Ueber die Herstellung von Aethylen- und Propylenimin

Author(s): Aeschbach, Ernst

Publication Date: 1945

Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000089077

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Ueber die Herstellung von

Aethylen- und PropyleniminVon der

Eidgenössischen Technischen

Hochschule in Zürich

zur Erlangung der Würde eines Doktors

der technischen Wissenschaften

genehmigte

Promotionsarbeit

vorgelegt von

Ernst Aeschbach

dipl. Ingenieur - Chemiker

aus Aarau und Leutwil

(Aargan)

Referent: Herr Prof. Dr. A. Guyer

Korreferent: Herr Prof. Dr. H. E. Fierz-David

Buchdruckerei Eugen Keller Aarau, 1945

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Meinen lieben Eltern

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Herrn Prof. Dr. A. Guyer,

unter dessen Leitung diese Arbeit entstanden ist,

bin ich für seine wertvollen Ratschläge und für das mir stets

entgegengebrachte wohlwollende Interesse

zu bleibendem Dank

verpflichtet.

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InhaltsverzeichnisAllgemeiner Tell Seite

1. Einleitung 9

2. Ueber die Ringbildung 10

3. Herstellung und EigenschaftenvonMonoäthanolaminund Monopropanolamin 17

4. Herstellung und Eigenschaften von Aminoäthanol- und

Aminopropanolschwefelsäureester 19

5. Herstellung und Eigenschaften von Aethylenimin und Propylenimin ....20

6. Polymerisation von Aethylenimin 23

7. Wirkung von aktiver Tonerde auf Monoäthanolamin 27

Praktischer Teil

I. Herstellung des Aminoäthanol- und Aminopropanolschutefelsäureesters

A. Herstellung des Aminoäthanolschwefelsäureesters 30

1. Sulfurierung mit verdünnter Schwefelsäure 30

2. Sulfurierung mit Chlorsulfonsäure 30

3. Sulfurierung mit Schwefelsäure - Monohydrat 32

4. Sulfurierung mit 90% iger Schwefelsäure 33

B. Herstellung des Aminopropanolschwefelsäureesters 35

IL Herstellung der Alkylenimine

A. Herstellung von Aethylenimin 36

1. Herstellung nach bekannten Verfahren 36

2. Löslichkeit des Aethylenimins 38

3. Polymerisation des Aethylenimins 39

4. Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit 41

5. Gewinnung der Reaktionsprodukte 46

6. Untersuchung der Reaktion an Hand des Stickstoffes 51

7. Identifizierung der Reaktionsprodukte 53

8. Reaktionsverlauf 58

9. Verseifung des Aminoäthanolschwefelsäureesters mit Natronlaugevon verschiedener Konzentration 59

B. Herstellung von Propylenimin 63

1. Ausführung der Versuche 63

2. Identifizierung der Reaktionsprodukte 64

3. Reaktionsverlauf 65

4. Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit 66

III. Katalytische Wirkung von aktiver Tonerde auf Monoäthanolamin

1. Herstellung von aktiver Tonerde 69

2. Ausführung der Versuche 69

3. Aufarbeitung der Reaktionsprodukte 71

4. Resultate der Versuche 72

5. Identifizierung der Reaktionsprodukte 73

6. Reaktionsverlauf 75

Zusammenfassung 78

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Allgemeiner Teil.

1. Einleitung.

Die Alkylenimine zeichnen sich durch eine große Reaktions¬

fähigkeit aus und können daher für die verschiedensten chemischen

Umsetzungen verwendet werden. Sie finden z. B. Verwendung bei

der Herstellung von Farbstoffen und Kunststoffen, ferner als Alte¬

rungsschutzmittel in der Kautschuk-Industrie, als Plastifizierungs-mittel, als Schädlingsbekämpfungsmittel und als Hilfsstoff in der

Textil-Industrie.

Die cyclischen Alkylenimine, zu denen auch Aethylenimin und

Propylenimin gehören, die in dieser Arbeit näher untersucht wer¬

den, können nach verschiedenen Verfahren hergestellt werden. All¬

gemein anwendbar für die Herstellung von cyclischen Alkylenimi-nen ist die Abspaltung von Halogenwasserstoff aus den Halogen-alkylaminen durch Silberoxyd oder Alkalilaugen, unter Umständen

sogar schon durch Wasser oder durch Erhitzen. Ebenso werden

durch Abspaltung von Schwefelsäure aus den Aminoalkanolschwe-

felsäureestem beim Erhitzen mit Alkalilauge cyclische Alkylenimineerhalten. Bei der Abspaltung von Ammoniumchlorid beim Er¬

hitzen der Chlorhydrate der Diamine entstehen nur 4- bis 6-

gliedrige cyclische Alkylenimine. Die Verbindungen mit 3 und mit

7 und mehr Gliedern reagieren nicht normal; es treten Umlage-

rungen auf. Für die Herstellung von 5- und 6-gliedrigen cyclischen

Alkyleniminen können auch die entsprechenden Dicyanide, Halo-

gensäureamide, Ketonitrile oder Aminoketone reduziert werden.

Zur Reduktion wird naszierender Wasserstoff oder molekularer

Wasserstoff unter einem Druck von 200 — 400 at bei 250° mit

Kupfer-Chromoxyd als Katalysator angewendet. Alle diese Syn¬thesen erfolgen durch einen intramolekularen Ringschluß. Bei den

folgenden Verfahren findet der Ringschluß zwischen 2 Molekülen

statt. So werden bei erhöhter Temperatur aus Halogenkohlen¬wasserstoffen und Ammoniak cyclische Alkylenimine gebildet.

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Ebenso entstehen aus Glykolen und Ammoniak oder Aminen unter

einem Druck von 200 — 400 at Wasserstoff bei 250° mit Kupfer-Chromoxyd als Katalysator cyclische Alkylenimine. Weiter ent¬

stehen cyclische Alkylenimine aus Alkylenoxyden mit Ammoniak

über aktiver Tonerde als Katalysator durch gekoppelte Dehydrata-tion. Bei den zwei zuletzt genannten Verfahren werden nur 5- und

6-gliedrige cyclische Alkylenimine gebildet.Zur technischen Herstellung des Aethylenimins und des Pro-

pylenimins kommt in erster Linie die Abspaltung von Schwefel¬

säure aus den entsprechenden Aminoalkanolschwefelsäureestern in

Frage.Da es sich beim Aethylenimin, sowie beim Propylenimin um

einen Dreiring handelt, dessen Herstellung gewisse Schwierigkeitenbietet, wird zunächst die Ringbildung im allgemeinen etwas näher

untersucht.

2. Ueber die Ringbildung.

Nachdem im Jahre 1865 KekuU für die Konstitution von Benzol

einen unverzweigten Ring mit 6 Kohlenstoff-Atomen angenommenhatte, eine Annahme, die sich später als richtig erwies, und nach¬

dem im Laufe der Zeit auch weitere cyclische Verbindungen mit

andern Zahlen von Ringgliedern aufgefunden worden waren, ent¬

wickelte Baeyer1) seine Spannungstheorie. Sie beruht auf zwei Vor¬

aussetzungen:

1. Daß die Ringglieder in einer Ebene liegen und so regelmäßigePolygone bilden.

2. Auf der Anschauung van t'Hoffs, wonach das Kohlenstoff-

Atom im Mittelpunkt eines Tetraeders angeordnet ist und die

im Räume gleichmäßig verteilten vier Valenzkräfte in der

Richtung der Tetraederecken wirken. Diese bilden demnach

untereinander einen Winkel von 109° 28'.

Auf Grund dieser beiden Voraussetzungen stellte nun Baeyerfolgende Hypothese auf:

In den Kohlenstoff-Ringen herrscht eine Spannung, die umso

größer ist, je mehr der Polygonwinkel von 109° 28' abweicht. Die

Größe dieser Spannung ist ein Maß für die relative Leichtigkeitder Ringbildung und für die Beständigkeit der Ringe. Unter den

') Baeyer, B. 18, 2277 (1885), 23, 1272 (1890).

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gleichen Umständen soll sich der beständigere Ring, also der Ring

mit der kleineren Spannung, leichter bilden als der weniger be¬

ständige Ring, d. h. der Ring mit der größeren Spannung.Es zeigte sich aber bald, daß die Baeyer'ache Spannungstheorie

schlecht mit der relativen Bildungsleichtigkeit der Ringe über¬

einstimmt, hingegen besser mit der relativen Beständigkeit der

Ringe. Die Doppelbindung, die Baeyer als Zweiring auffaßt, ist

leicht herzustellen. Schon dieses Beispiel zeigt, daß nicht nur die

Spannung, anders gesagt die Ablenkung der Kohlenstoff-Valenzen

aus der Tetraederlage ausschlaggebend ist für die Bildungsleichtig¬keit eines Ringes. Etwas später stellte Perkin jun.2) fest, daß die

Beständigkeit der Kohlenstoff-Ringe mit der Baeycr'schen Span¬

nungstheorie besser bei den Ringen mit positivem Spannungswinkel

(Ringe mit 2 bis 5 Gliedern) übereinstimmt als bei den Ringen,für welche ein negativer Spannungswinkel (Ringe mit 6 und mehr

Gliedern) in Frage kommt. Aber schon früher hatte Sachse3) die

Baeyer'scfoe Spannungstheorie in dem Sinne abgeändert, daß er für

Ringe mit 6 und mehr Gliedern keinen ebenen Bau mehr ver¬

langte. Das heißt also-, daß alle diese Ringe spannungsfrei sind und

demnach keine Ablenkung der Kohlenstoff-Valenzen aus der Tet¬

raederlage verlangen.

Nold4) und Mohr5) beschrieben solche spannungsfreien Raum-

mcdelle. Daß trotz dem räumlichen Bau keine isomeren Monosub-

stitutionsprodukte aufgefunden werden konnten, bedingt, daß die

Ringatome demnach eine gewisse Beweglichkeit besitzen müssen.

Die große relative Ringbeständigkeit dieser höhergliedrigen Ringe

ist ein Beweis für die Richtigkeit der von Sachse getroffenen Ab¬

änderung der ßaeyer'schen Spannungstheorie, denn auch bei ener¬

gischen Bedingungen konnte bei den höhergliedrigen Ringen nie

eine Ringaufspaltung beobachtet werden. Es trat höchstens eine

Ringverengung oder eine Ringerweiterung auf, aber solche Reak¬

tionen können kein Maß für die Ringbeständigkeit sein.

Ein weiterer Beweis der Spannungslosigkeit der höhern Ringeist die Größe ihrer Verbrennungswärme, die ein Maß ist für ihren

Energie-Inhalt. Die Verbrennungswärmen der 3- bis 7-gliedrigen

') Perkin jun., B. 36, 2103 (1902).

•) Sachse, B. 23, 1363 (1890).

4) Nold, Z. angew. Ch. 29,174 (1905).

5) Mohr, J. pr. (2) 98, 315 (1918).

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Kohlenstoff-Ringe sind der Arbeit von Hückel6) und von den 8-,15- und 17-gliedrigen Kohlenstoff-Ringen derjenigen von Ruzicka

und Schlüpfer ') entnommen. Berechnet man daraus den Verbren¬

nungswert für eine CH2-Gruppe, so wächst er vom 6- bis zum 3-

gliedrigen Ring an und die Doppelbindung zeigt den höchsten Wert.

Dagegen bleibt er für eine CH2-Gruppe von den Ringen mit 6 und

mehr Ringgliedern innerhalb einer kleinen Grenze konstant bei

157 —158 Calorien und entspricht also genau dem Verbrennungs¬wert einer CH2-Gruppe aus einer aliphatischen Verbindung.

Mit der Auffindung von 15- bzw. 17-gliedrigen isocycliscfaenRingen in den Naturstoffen Muscon und Zibeton begründete Ru¬

zicka 8) definitiv die Chemie der vielgliedrigen cyclischen Ver¬

bindungen.Nach Ruzicka und Mitarbeitern9) ist der Verlauf der Ring¬

bildung nicht nur vom Bau, vom Spannungswinkel und von der

Beständigkeit des Ringes abhängig, sondern ebenfalls von der Art

des Ausgangskörpers und von dem Einfluß der Reaktionsbedin¬

gungen auf Ausgangs- und Endprodukt. Die Ringbildung ist nichts

anderes als die Entstehung einer neuen intramolekularen Bindung.Diese Bindung entsteht umso leichter, je näher sich die beiden zu

verbindenden Atome in der Kette des Ausgangskörpers befinden.

Die Ringbildung faßt demnach Ruzicka als Resultante von zwei

Komponenten auf und zwar :

1. Die Bildung von kleinen Ringen wird bevorzugt.2. Die Bildung von spannungsfreien Ringen wird begünstigt.

Er kommt zu den in Figur 1 dargestellten Kurven.

9) Hückel, Fortschritte der Chemie, Physik und physikalischen Chemie.

19, Heft 4 (1927).

') Ruzicka und Schlüpfer, Helv. 16, 162 (1933).8) Ruzicka, Helv. 9, 230, 715, 1008, (1926).

Ruzicka, Schinz und Pfeifer, Helv. 11, 686 (1928).9) Ruzicka, Brugger, Pfeifer, Schinz und Stoll, Helv. 9, 499 (1926).

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Figur 1. Relative Bildungsleichtigkeit von Ringen in Abhängigkeitvon der Kettenlänge.

Zahl der Kohlenstoff-Atome

a) Hypothetische relative Bildungsleichtigkeit einer intramoleku¬

laren Bindung, abgeleitet aus der Entfernung der sich zu ver¬

bindenden Atome in der Kette des Ausgangskörpers.b) Hypothetische relative Bildungsleichtigkeit der Ringe, abge¬

leitet aus dem sich dabei bildenden Polygonwinkel der Kohlen¬

stoff-Valenzen.

c) Tatsächliche relative Bildungsleichtigkeit der Doppelbindungund der Kohlenstoff-Ringe, abgeleitet aus dem Stand der Ring-Chemie.

Die Einheit der Bildungsleichtigkeit der Kurven a und b ist

willkürlich angenommen. Auch das Größenverhältnis der beiden

Kurven ist nicht im absoluten Sinne aufzufassen. Die Kurve c ist

nicht die mathematisch abgeleitete Resultante der beiden Kurven.

Sie ist dem Stand der Ring-Chemie angepaßt. Die mathematische

Ableitung ist schon deshalb nicht möglich, weil man den genauen

Einfluß der Tendenzen a und b auf c nicht kennt. Hingegen ist

ersichtlich, daß von den beiden sich schneidenden Kurven a und b

der Einfluß auf den Hauptoharakter der Resultante c durch ein

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starkes Vorherrschen der Tendenz a gekennzeichnet ist. Es zeigtsich weiter aus der Kurve c, daß bei der Bildungsleichtigkeit beim

Ring mit 4 Ringgliedern ein Minimum vorhanden ist, während der

5-Ring und der spannungsfreie 6-Ring leichter gebildet werden.

Durch die Zunahme der Entfernung der sich verbindenden Atome

in der Kette des Ausgangskörpers sinkt die Bildungsleichtigkeit,trotz dem spannungsfreien Bau, sehr schnell bei den Ringen mit

mehr als 6 Ringgliedern. Beim 3-Ring bewirkt die kleine Ent¬

fernung der sich verbindenden Atome eine größere Bildungsleich¬tigkeit gegenüber dem 4-Ring. Der Einfluß der Spannung tritt hier

ebenfalls deutlich zurück gegenüber dem Einfluß der Entfernung.Ruzicka entwickelte die oben beschriebene Theorie über die

Bildungsleichtigkeit für isocyclische Ringe, also für Ringe, die nur

Kohlenstoff-Atome als Ringglieder enthalten. Freundlich und Salo¬

mon 10) bestätigen an Hand von Angaben über die Ringschlußkon¬stante bei Bromalkylaminen zu cyclischen Iminen und Hückel11)durch theoretische Ueberlegungen, daß die Theorie von Ruzicka

ebenfalls für die Bildungsleichtigkeit von heterocyclischen Ringen

Geltung hat.

Bei einer Kette mit reaktionsfähigen Enden ist nun außer der

intramolekularen Ringschlußreaktion ebenfalls eine extramoleku¬

lare Verkettungsreaktion zweier oder mehrerer Moleküle möglich.Wird ein Ringschluß angestrebt, so müssen bei den einzelnen Mole¬

külen durch eine genügend große Verdünnung Zusammenstöße mitNachbar-Molekülen verhindert werden12). Ebenso besteht die Mög¬lichkeit, daß die reaktionsfähigen Enden der Kette mit dem Lö¬

sungsmittel in Reaktion treten. Diese Reaktion kann ausgeschlossenwerden, wenn ein inertes Lösungsmittel verwendet wird13).

Als Maß für die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen dient

die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante, die eine Funktion zwischen

den Konzentrationen der an der Reaktion beteiligten Stoffe, der

Temperatur und der Reaktionszeit ist.

Die Verseifung des Aminoäthanol- und des Aminopropanöl-schwefelsäureesters ist eine Reaktion erster Ordnung.

,0) Freundlich und Salomon, B. 66, 355 (1933).u) Hückel, Theoretische Grandlagen der org. Chemie, 1, 65 (3. Aufl., 1940).

Hückel, Fortschritte der Chemie, Physik und physikalischen Chemie, 19, Heft 4

(1927).

1S) Ziegler, B. 67 A, 139 (1934).

18) Salomon, Helv. 17, 851 (1934).

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R—CH CHj/ \ R—CH—CH, NaOH R—CH—CH. R—CH—CH,O NH3±^ / \ >. \/ >. \/\ / OSO.H NH2 NH H,S04 NH

S0*-°+ Na,S04

R = H oder CH3

Bei der Verseifung ändert nur eine Molekülart ihre Konzentration

wesentlich. Tatsächlich sind hier zwar zwei Molekülarten an der

Reaktion beteiligt, der Schwefelsäureester und die Natronlauge.Aber wenn die Reaktion mit einem genügend großen Ueberschuß

an Natronlauge ausgeführt wird, ändert sich die Konzentration der

Natronlauge nur unwesentlich und hat daher auf den Reaktionsver¬lauf fast keinen Einfluß.

Zur Berechnung der Geschwindigkeitskonstanten einer Reaktion

erster Ordnung ist die Gleichung

k=i • In*t c

anzuwenden u), wobei k die Geschwindigkeitskonstante, t die Re¬

aktionszeit, c0 die Konzentration des an der Reaktion beteiligtenStoffes zur Zeit 0 und c die Konzentration des an der Reaktion be¬

teiligten Stoffes zur Zeit t bedeuten.

Die Geschwindigkeitskonstanten der Reaktionen erster Ord¬

nung sind sehr stark von der Temperatur abhängig. Diese Ab¬

hängigkeit läßt sich durch die Arrheums'sehe Gleichung

E_k = Z •

e RT

darstellen, wobei k die Geschwindigkeitskonstante, Z die Aktions¬

konstante, E die Aktivierungsenergie, T die absolute Temperaturund R die Gaskonstante bedeuten. Aus zwei Geschwindigkeitskon¬stanten lassen sich die Werte E und Z berechnen16).

Nach Salomon16) ist die Aktivierungsenergie E ein Maß für

den Verbrauch an Energie zur Bildung von Ringen. Die 3- und 4-

gliedrigen Ringe erfordern eine größere Bildungsenergie als die

5- und 6-gliedrigen Ringe. Diese größere Bildungsenergie kommt

in einer erhöhten Aktivierungsenergie E zum Ausdruck. Die gra-

") Eucken, Lehrbuch der ehem. Physik, S. 586 (1. Aufl., 1930).

") Hückel, Theoretische Grundlagen der org. Chemie, 2, 409 (3. Aufl., 1940).

w) Salomon, Helv. 16, 1361 (1933), 17, 851 (1934).

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phische Darstellung der Werte E in Abhängigkeit der Kettenlängeverläuft analog der Kurve b der Figur 1 (Seite 13). Der Einfluß der

Näherungshäufigkeit der sich verbindenden Atome zum Ringkommt in einer Aenderung der Aktionskonstanten Z zum Ausdruck.

Die Abhängigkeit des Wertes Z von der Kettenlänge ist aber nicht

so einfach, wie dies nach der Kurve a der Figur 1 (Seite 13) anzu¬

nehmen wäre. Das dem Ringschluß vorgelagerte Gleichgewicht:

„Ringstellung" ~*~~^~ „Kettenstellung"

zwischen den geometrischen Formen der Kette ist mitbestimmend

für die Ringschlußgeschwindigkeit. Dieses Gleichgewicht wird ins¬

besondere vom Lösungsmittel beeinflußt. Nur diejenigen Mole¬

küle, die sich in „Ringstellung" befinden und zudem genügendaktiviert sind, können Ringe bilden.

Bei der Bestimmung der Geschwindigkeitskonstanten wird nur

die Geschwindigkeit der Abspaltung der Sulfo-Gruppe bestimmt

und nicht eigentlich die Geschwindigkeit des Ringschlusses. Die

Festigkeit der Bindung der Sulfo-Gruppe an das Kohlenstoff-Atom

ist demnach von großer Bedeutung für die Geschwindigkeitskon¬stante. Sehr oft zeigt es sich, daß ein sekundär gebundenes Halo¬

gen-Atom viel reaktionsfähiger ist als ein primär gebundenes17).Dies trifft wohl auch zu einem gewissen Teil für die gebundeneSulfo-Gruppe zu. Immerhin wird die Reaktionsgeschwindigkeits-konstante auch sehr von der Biegsamkeit der Kette beeinflußt,die ihrerseits wiederum stark von den sterischen Einflüssen ab¬

hängt. Die beiden reagierenden Atome müssen sich ja vorerst ge¬

nügend nähern, bevor sie überhaupt zur Reaktion kommen können.

In Tabelle 1 sind die Geschwindigkeitskonstanten k bei 78, 97

und 114,5°, die Aktivierungsenergie E, die Aktionskonstante Z und

der Temperaturkoeffizient zwischen 100 und 110° der Verseifungdes Aminoäthanol- und des Aminopropanolschwefelsäureesters zu¬

sammengestellt. Die Beschreibung dieser Werte ist im „PraktischenTeil" (Seite 41 und 66) enthalten.

r) Braun, B. 43, 1350 (1910).

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Tabelle 1. Konstanten der Verseifung des Aminoäthanol- und des

Aminopropanolschwefelsäureesters.

KonstantenAminoäthanol-

schwefelsäureesterAminopropanol-

schwefelsäureester

k78. 0,00279 0,0028

k97„ 0,01312 0,0145

k114 5° 0,0480 0,0592

E 21,1 kcal 23,0 kcal

Z 2,62 • 108 sec-1 3,98 • 109 sec-1

kT+10kT (100-110») 2,10 2,29

Die Geschwindigkeitskonstante der Verseifung des Aminopro'panolschwefelsäureesters ist nun tatsächlich größer als diejenigedes Aminoäthanolschwefelsäureesters. Es ist zwar bekanntlich nicht

durchaus zuverlässig, nur die Geschwindigkeitskonstanten zu ver¬

gleichen. Um ein genaues Bild zu erhalten, ist es vielmehr not¬

wendig, die Werte der Aktionskonstanten Z und der Aktivierungs¬energie E heranzuziehen. Daraus geht hervor, daß beim Amino-

propanolschwefelsäureester die Aktivierungsenergie E und die

Aktionskonstante Z größer sind als beim Aminoäthanolschwefel-

säureester. Diese beiden Konstanten haben sich durch Einführungeiner Methyl-Gruppe so verändert, daß ihre Wirkung auf die Ge¬

schwindigkeitskonstante teilweise kompensiert wird. Das vorge¬

lagerte Gleichgewicht der Kette „Ringstellung" ~*~^~ „Kettenstel¬

lung" ist beim Aminopropanolschwefelsäureester für den Ring¬schluß günstiger, hingegen wird zum Ringschluß selber eine größereEnergie benötigt als beim Aminoäthanolschwefelsäureester.

3. Herstellung und Eigenschaftenvon Monoäthanolamin und Monopropanolamin.

Da in dieser Arbeit die Aminoalkohole, Monoäthanolamin und

Monopropanolamin, als Ausgangsprodukte verwendet werden, wird

ihre Herstellung kurz beschrieben. Sie erfolgt nach folgenden Re¬

aktionsgleichungen :

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R—CH—CH,viel | |

R—CH—CHS —H,0 +H0C1 OH CI

I >- R—CH=CH, >»„ „„

OH R—CH—CH,

wenig | |CI OH

R—CH—CH,viel | |

—HCl R—CH—CH, +NH3 OH NH,\/ y

O R—CH—CH,wenig | |

NH, OH

R = H oder CH,

Der Aethylalkohol oder der Isopropylalkohol werden über ak¬

tiver Tonerde zu den entsprechenden Olefinen dehydratisiert. Diese

werden in eine wässerige Lösung von unterchloriger Säure einge¬

leitet, wobei Chlorhydrinlösungen mit einem Gehalt von 5 — 10o/0erhalten werden. Beim Versuch, eine größere Konzentration der

Chlorhydrinlösung zu erzeugen, tritt eine starke Dichlorid-Bildungauf. Die Chlorhydrinlösungen läßt man in siedende Kalkmilch

tropfen, wobei die sich bildenden Alkylenoxyde wegdestillieren.Diese werden bei tiefen Temperaturen in überschüssige, konzen¬

trierte wässerige Ammoniaklösung eingeleitet und durch fraktio¬

nierte Destillation werden daraus Monoäthanolamin oder Mono-

propanolamin gewonnen.

Monoäthanolamin ist ein farbloses, basisches, dickflüssiges Oel

mit einem Siedepunkt von 171 —172° bei 760 mm Hg1S). Es ist

mit Wasser und Alkohol mischbar. Aus einer konzentrierten wässe¬

rigen Lösung von Kaliumhydroxyd wird es nicht abgeschieden.In Aether, Benzol und Ligroin ist es nur wenig löslich. Es ist flüch¬

tiger mit Aether- als mit Wasserdämpfen. Der Gehalt einer wässe¬

rigen Lösung von Monoäthanolamin kann durch Titration mit

Salz- oder Schwefelsäure auf Methylorange bestimmt werden.

Monopropanolamin ist in allen seinen Eigenschaften dem Mono¬

äthanolamin sehr ähnlich. Der Siedepunkt des Monopropanolaminsbeträgt bei 750 mm Hg 160 —161° »).

18) Guggenheim, Die biogenen Amine, S. 154 (1. Aufl., 1940) .

19) Henry, B. 33, 3169 (1900).

18

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4. Herstellung und Eigenschaften von

Aminoäthanol- und Aminopropanolschwefelsäureester.

Die Aminoalkanolschwefelsäureester werden durch Sulfurie-

rung der Aminoalkohole mit Oleum, Dimethylsulfat, Chlorsulfon-

säure oder Schwefelsäure nach folgender Reaktionsgleichung er¬

halten :

R-ÇH-CH, +HjSO< R-CH-CH,I I > I IOH NHS OH NH2 • H„S04

Nach Fränkel und Cornelius20) wird aus Aminoäthylalkohol undOleum oder Dimethylsulfat Aminoäthanolschwefelsäureester gebil¬det, der schon früher von Gabriel aus Schwefelsäure und Aethylen-imin21) und aus bromwasserstoffsaurem Bromämylamin mit Sil¬

bersulfat 22) hergestellt wurde. Wenker23) stellte denAminoäthanol¬

schwefelsäureester durch thermische Dehydratation von Monoätha-nolamin-Schwefelsäure bei einer Temperatur von 270 ° mit einer

Ausbeute von ungefähr 70o/0 her. Diese Methode wurde von Rollins

und Calderwood u) so verbessert, daß die Ausbeute an Aminoätha¬

nolschwefelsäureester auf nahezu 100 o/0 anstieg. Beim Erhitzen von

aequivalenten Mengen Monoäthanolamin und 90o/oiger Schwefel¬

säure auf 150° wird der Aminoäthanolschwefelsäureester gebildet,der durch Zugabe von Aethylalkohol abgeschieden wird.

Die Monoäthanolamin-Schwefelsäure ist in Wasser leicht lös¬

lich. Mit Aethylalkohol wird sie als viskoses Oel abgeschieden.Der Aminoäthanolschwefelsäureester ist in Wasser ebenfalls1

leicht löslich und fast unlöslich in absolutem Aethylalkohol. Er

kristallisiert in weißen Rhomboedern. Die Molekulargewichtsbe¬stimmung in der wässerigen Lösung zeigt, daß der Aminoäthanol¬

schwefelsäureester als einfaches Molekül vorhanden ist. Die sehr

schwach saure Reaktion der Lösung deutet aber doch auf eine ge¬

wisse Ionisation hin, die aber so klein ist, daß sie auf die Mole¬

kulargewichtsbestimmung keinen Einfluß ausübt. In schwach saurer

Lösung wird der Aminoäthanolschwefelsäureester auch bei länge-

so) Fränkel und Cornelius, B. 51, 1660 (1918).

21) Gabriel, B. 21, 1049 (1888).

**) Gabriel, B. 21, 2666 (1888).

S8) Wenker, Am. Soc. 57, 2328 (1935).

") Rollins und Calderwood, Am. Soc. 60, 2312 (1938).

R—CH—CH,—HsO /

O\NHS

so2-o

19

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rem Erhitzen auf dem Wasserbade nicht hydrolisiert. In alkalischer

Lösung tritt bei Zimmertemperatur erst nach längerem Stehen eine

schwache Hydrolyse ein, die aber bei erhöhter Temperatur viel

stärker ist. Es scheint, daß die beiden stark polaren Gruppeneine Ionisation der Ester-Bindung verhindern, woraus der großeWiderstand des Esters gegenüber der Hydrolyse zu erklären ist.

Im weitern entstehen mit Reagenzien zum Nachweis von Amino-

gruppen beim Aminoäthanolschwefelsäureester keine unlöslichen

Verbindungen. Alle diese Eigenschaften deuten darauf hin, daß es

sich beim Aminoäthanolschwefelsäureester um eine Ring-Ketten-Isomerie handelt, bei der die Ringform stark vorherrscht.

CHg— Cxig/ \ ^ Cxig— CHgo nh3 .: ^ | |\ / OH NHS08Hso„— o

Der Aminopropanolschwefelsäureester hat ähnliche Eigenschaf¬ten wie der Aminoäthanolschwefelsäureester.

Die Aminoalkanolschwefelsäureester haben keinen scharfen

Schmelzpunkt. Sie werden zuerst braun, beginnen hierauf zu sin¬

tern und verkohlen dann vollständig, ohne richtig zu schmelzen.

5. Herstellung und Eigenschaftenvon Aethylenimin und Propylenimin.

Für die Herstellung von Aethylenimin und Propylenimin sind

nur zwei Verfahren bekannt. Gabriel fand, daß durch Destillation

aus bromwasserstoffsaurem Bromäthylamin mit Silberoxyd2'-) oder

mit überschüssiger Kalilauge26) Aetylenimin gebildet wird. Ebenso

wird nach Knorr27) Aethylenimin in beträchtlicher Menge als Ne¬

benprodukt bei der Herstellung von Aminoäthyläther aus salz¬

saurem Chloräthylamin mit Natriumäthylat bei 150 — 160D erhal¬

ten. Dementsprechend wird aus bromwasserstoffsaurem #-Brom-

propylamin mit 33<>/oiger Kalilauge28), aus ß-Brompropylamin-

25) Gabriel, B. 21, 1049 (1888).

M) Gabriel, B. 21, 2664 (1888).Gabriel und Stelzner, B. 28, 2929 (1895).

2?) Knorr und Meyer, B. 38, 3129 (1905).28) Gabriel und Hirsch, B. 29, 2747 (1896).

20

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Pikrat mit verdünnter Natronlauge29) und aus salzsaurem ß-Chlor-

propylamin durch Destillation30) Propylenimin gebildet. Nach die¬

sem Verfahren arbeiten 2 Patente31), die die Herstellung von Al-

kyleniminen, besonders von Aethylenimin, aus den /5-Chloralkyl-aminhydrochloriden durch Erwärmen mit Natronlauge beschreiben.

Das andere Verfahren zur Herstellung von dreigliedrigen cycli-schen Iminen besteht in dem Erhitzen der entsprechenden Amino-

alkanolschwefelsäureester mit wässerigem Alkali oder Erdalkali.

Wenker32) erhält so aus dem Aminoäthanolschwefelsäureester durch

Destillation mit 40o/oiger Natronlauge Aethylenimin mit einer Aus¬

beute von 26,5o/o. Drei Patente der /. G. Farbenindustrie A.G.33)beschreiben ebenfalls die Herstellung von Alkyleniminen aus den

Aminoalkanolschwefelsäureestern mit Alkalien oder Erdalkalien bei

erhöhter Temperatur. Bei den meisten Beispielen fehlen genaue

Angaben über die Ausbeute. Im allgemeinen wird die Ausbeute

aber als gut bezeichnet.

Aethylenimin und Propylenimin sind gegen Kaliumpermanga¬nat und Brom beständig. Mit Benzolsulfochlorid und Alkali behan¬

delt, geben sie ein in Alkali unlösliches Sulfamid. Das beweist, daß

Aethylenimin und Propylenimin in der Imin-Form R—CH—CH2

NH

vorhanden sind34) und nicht etwa in der Vinylamin - Form

R—CH = CH—NH2, wie zuerst von Gabriel und Stelzner36) an¬

genommen worden war.

Aethylenimin ist eine wasserklare, nach Ammoniak riechende,basische Flüssigkeit mit einem Siedepunkt von 55 — 56 °35). Mit

Wasser und Aethylalkohol ist Aethylenimin mischbar und in Aether

ist es löslich. Es raucht an der Luft.

Propylenimin hat sehr ähnliche Eigenschaften wie Aethylenimin.Der Siedepunkt von Propylenimin beträgt 65 — 66 °36).

29) Gabriel und Ohle, B. 50, 816 (1917).

80) Meisenheimer und Chou, A. 539, 70 (1939).

81) E. I. du Pont de Nemours & Co., A. P. 2 212 146 (1939).G. I. Bras und Je. I. Morobjewa UdSSR, Russ. P. 60 202 (1939).

3S) Wenker, Am. Soc. 57, 2328 (1935).

3S) J. G. Farbenindustrie A. G., E. P. 460 888 (1937), F. P. 807 146 (1937),D. R. P. 665 790 (1938).

**) Richter-Anschütz, Chemie der Kohlenstoffverbindungen, 1, 423 (1928).

S5) Gabriel und Stelzner, B. 28, 2929 (1895).

88) Gabriel und Hirsch, B. 29, 2747 (1896).

21

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Bei der Reaktion des Aminoäthanolschwefelsäureesters mit

überschüssiger Natronlauge bei erhöhter Temperatur ist nach eini¬

ger Zeit fast aller Ester verseift. Dabei wird aber trotzdem Aethy-lenimin nur mit einer Ausbeute von ungefähr 35 o/0 erhalten. Die

restlichen Reaktionsprodukte werden in anderen Verbindungen auf¬

gefunden. Theoretisch können 3 verschiedene Umsetzungen er¬

folgen:CHo— CHq

/ \O NH3 + 2 NaOH

. \ /SO.—o

(—CH,—CH»—NH—) (—O—CH,—CH,—) OH—CH,—CH2—NHj

+ Na,S04 + 2H.0 + Na,S04 + NH8 + H,0 + Na,S04 + H,0

Außer Monoäthanolamin c werden keine Verbindungen aufgefun¬den, die Sauerstoff enthalten. Demnach erfolgt die Umsetzung b

in den praktischen Versuchen nicht. Das Radikal a wird zum Teil

in Aemylenimin und zum Teil in polymère Produkte von Aethy-lenimin umgelagert, die in den Reaktionsprodukten enthalten sind.

Der Aminopropanolschwefelsäureester verhält sich bei der Ver¬

seifung sehr ähnlich wie der Aminoäthanolschwefelsäureester.

Auffallend ist aber, daß unter den gleichen BedingungenAethylenimin nur mit einer Ausbeute von 35 o/o erhalten wird,während die Ausbeute an Propylenimin 78 o/o beträgt. Durch die

Einführung der Methyl-Gruppe werden die sterischen Einflüsse

geändert. Das vorgelagerte Gleichgewicht der Kette „Ringstel¬lung<<-f- „Kettenstellung" ist beim Aminopropanolschwefelsäure-ester für den Ringschluß günstiger als beim Aminoäthanolschwefel¬

säureester. Die Möglichkeit des Ringschlusses des bei der Ver¬

seifung des Aminopropanolschwefelsäureesters entstehenden Di¬

radikals ist größer und die Möglichkeit der Verkettung von zwei

und mehr Diradikalen zu Polypropylenimin, sowie die der Reaktion

des Diradikals mit Wasser zu Monopropanolamin kleiner, als beim

Diradikal, das bei der Verseifung des Aminoäthanolschwefelsäure-

22

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esters entsteht. Weil die Verseifungen bei Siedetemperatur aus¬

geführt werden, ist die notwendige Energie zum Ringschluß auch

beim Propylenimin, das eine größere Aktivierungsenergie als

Aethylenimin besitzt, in genügender Menge vorhanden.

6. Polymerisation von Aethylenimin.

Auf die Polymerisation des Aethylenimins wird im „Prak¬tischen Teil" dieser Arbeit nicht näher eingetreten. Da aber bei

der Herstellung von Aethylenimin durch Nebenreaktionen uner¬

wünschte Polymerisationsprodukte von Aethylenimin entstehen, ist

es notwendig, einiges über den Mechanismus der Polymerisationzu erläutern.

Ladenburg und Abel3*) beobachteten schon früh die Poly¬merisationsfähigkeit des Aethylenimins. Eine größere Anzahl von

Patenten der /. G. Farbenindustrie A.G.39) beschreibt die Poly¬merisation des Aethylenimins und die erhaltenen Produkte.

Für die Polymerisationsprodukte des Aethylenimins scheint ein

kettenförmiger Bau von folgender Konstitution

—CHS—CHä—NH—CHa—CH,—NH—CH,—CH,—NH—

vorzuliegen, analog den Polyäthylenoxydketten, deren Bau von

Staudinger, Schweitzer und Lohmann40), sowie von Sauter u) fest¬

gestellt wurde. Das Polybenzoyläthylenimin ergab aber bei der

Analyse nicht die erwarteten Resultate. Es müssen neben den

benzoylierbaren sekundären Stickstoff-Atomen auch noch nicht

benzoylierbare tertiäre Stickstoff-Atome vorhanden sein. Das Poly-

äthylenimin besitzt demnach nicht den einfachen kettenförmigenBau, sondern bei der Polymerisation des Aethylenimins lagert sich

S8) Ladenburg und Abel, B. 21, 758 (1888).

s9) I. G. Farbenindustrie A. G.,

E.P.461 354 (1937) D.R.P. 665 711 (1938) D.R.P. 672 855 (1939)

E.P.466 270 (1937) D.R.P. 665 791 (1938) E. P. 509 334 (1940)F.P.808 310 (1937) E. P. 501 595 (1939) A. P. 2 182 306 (1940)E.P.495 964 (1938) E. P. 501 653 (1939)F.P.831 554 (1938) F. P. 840 709 (1939)

i0) Staudinger und Schweitzer, B. 62, 2395 (1929).

Staudinger nnd Lohmann, A. 505, 41 (1933).

") Sauter, Z. physikal. Ch. Abt. B. 21, 161 (1933).

23

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an einige Imino-Gruppen der bereits gebildeten Kette Aethyleniminan, wodurch Verzweigungen entstehen42).

—CH,—CH2—NH—CHj—CH2—NH—CH,,—CH2—NH—

CiHo— CHa

+ \ /NH

y

—CH2-CH2—N—CH2—CH2—NH—CH2—CHt—NH—ICH2

ICHa

INH2

Nach der Konstitution des monomeren Aethylenimins gibt es

3 verschiedene Möglichkeiten von Polymerisationsmechanismen 42) :

a) Polykondensation:

Säuren, wie z. B. Halogenwasserstoffsäuren, spalten das Aethy-lenimin-Molekül auf und bilden Aminoäthylhalogenide, die sich

leicht kondensieren.

CHo—CH«\ / + HBr > Br—CH,—CH2—NH2NH

+Br-CHa—CH2—N H2-CH2—CH2—NH,

Br

etc.

Polykondensationen geben nur hemikolloide Moleküle, da die

Reaktionsmöglichkeit der endständigen Gruppen mit zunehmender

Molekülgröße abnimmt.

b) Kondensierende Polymerisation:

Das unter a) gebildete Aminoäthylhalogenid lagert durch Wan¬

derung des Halogenatoms fortlaufend Aethylenimin-Moleküle an.

*a) Kern und Brenneisen, J. pr. (2) 159, 193 (1941).

24

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Br—CH2—CHj—NH, + \V*

Br-CHj-CHj-NH-CHj-CH^NH,NH I

Y

etc.

Kondensierende Polymerisationen geben ebenfalls nur hemi-

kclloide Moleküle. Die Reaktionsmöglichkeit für die endständigen

Gruppen nimmt auch hier mit zunehmender Molekülgröße ab.

c) Kettenpolymerisation:

Durch Katalysatoren können die Aethylenimin-Moleküle akti¬

viert werden. Die Aktivierung kann eine bloße Anregung oder

Bildung eines energiereicheren Isomeren von Aethylenimin sein;

sie kann aber auch aus der Bildung von Diradikalen durch Spreng¬

ung des Aethylenimin-Ringes bestehen. Diese aktivierten Moleküle

lagern sich gegenseitig an oder verbinden sich auch mit unaktivier-

ten Aethylenimin-Molekülen.

CH2—CH2 *-*H2 —CH2

\ / >- -CH2-CH2-NH h \ /NH NH

I—CH2—CH2—NH—CH2—CH2—NH— ....

Y

etc.

Kettenpolymerisationen geben sehr hochmolekulare Produkte.

Unbekannte Reaktionen, vermutlich aber die Bildung einer Doppel¬

bindung, brechen die Polymerisation ab.

Als Katalysatoren für die Polymerisation von Aethyleniminwirken Säuren43). Natrium, Kalium, Natriumamid, Kalilauge, ak¬

tive Tonerde, die alle die Polymerisation von Aethylenoxyd kata¬

lysieren, haben keinen Einfluß auf die Polymerisation von Aethy¬lenimin. Cfainon, Hydrochinon und Phenol, die die Vinylverbindun-

gen stabilisieren, zeigen bei der durch Säuren eingeleiteten Poly¬merisation von Aethylenimin keine Einwirkung; die Polymerisationverläuft unverändert weiter, wie bei Abwesenheit der Stoffe. Die

4S) Meerwein und Pannwitz, J. pr. (2) 141, 123 (1934).LG. Farbenindustrie A.G., E. P. 461 354 (1937), F.P. 808 310 (1937),

D.R.P. 665 791 (1940).

25

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Polymerisation von Vinylverbindungen wird durch Säuren nicht

beeinflußt, hingegen wird sie durch Peroxyde ausgelöst und ge¬

fördert46). Auf die Polymerisation von Aethylenimin sind die Per¬

oxyde aber ohne Einfluß. Alle diese Tatsachen sprechen für eine

Polykondensation oder eine kondensierende Polymerisation von

Aethylenimin, im Gegensatz zu der Polymerisation von Aethylen-oxyd und von Vinylverbindungen, die eine Kettenpolymerisationist46). Diese Annahme wird dadurch bestärkt, daß bei der Poly¬merisation von Aethylenimin relativ niedermolekulare Produkte

gebildet werden, während bei der Polymerisation des Aethylen-oxyds sehr hochmolekulare Produkte entstehen. Sehr oft verlaufen

die Polymerisationen von Aethylenimin explosionsartig. Dies ist

die einzige Beobachtung, die für eine Kettenpolymerisation von

Aethylenimin spricht, denn ein solcher explosionsartiger Verlauf

wurde bis jetzt nur bei Kettenpolymerisationen beobachtet ").Reines Aethylenimin bleibt auch bei längerem Erwärmen un¬

verändert; es wird nicht oder doch nur in ganz geringem Maße

polymerisiert. Beim Stehen während einiger Monate werden geringeMengen Aethylenimin polymerisiert4S). In wässeriger Lösung tritt

die Polymerisation von Aethylenimin stärker auf49).Die Herstellung des Aethylenimins aus dem Aminoäthanol-

schwefelsäureester mit überschüssiger Natronlauge beruht auf der

intermediären Bildung des Diradikals (—CH2—CH2—NH—), das

sich unter intramolekularem Ringschluß zu Aethylenimin umla¬

gert. Eine Polymerisation des gebildeten Aethylenimins kommt

nur in kleinerem Maße vor, denn es fehlen dazu die nötigen Kata¬

lysatoren. Nur die hohe Temperatur wirkt hier fördernd auf die

Polymerisation. Durch rasches Entfernen des gebildeten Aethylen¬imins aus dem heißen Reaktionsraum kann daher seine Polymeri¬sation weitgehend zurückgedrängt werden. Die größte Menge der

*5) /. G. Farbenindustrie A. G., E. P. 461 354 (1937).*•) Staudinger und Frost, B. 68, 2351 (1935).

Staudinger, Die hochmolekularen org. Verbindungen, S. 289 (1932).Schulz, Ergebn. der exakt. Naturw. 17, 367 (1938).Perry und Hibbert, Am. Soc. 62, 2599 (1940).

") Staudinger und Kohlschütter, B. 64, 2091 (1931)-Staudinger, Die hochmolekularen org. Verbindungen, S. 290 (1932).

48) Kern und Brenneisen, J. pr. (2) 159, 193 (1941).*9) Gabriel und Stelzner, B. 28, 2929 (1895).

Freundlich und Salomon, B. 66, 355 (1933).

26

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erhaltenen Polymerisationsprodukte wird daher vermutlich direkt

aus dem Diradikal allein oder aus dem Diradikal mit Aethylen-imin gebildet. Um die Näherungshäufigkeit der Diradikale und

somit die Polymerisation herabzusetzen, wäre es nötig, den Schwe¬

felsäureester in größerer Verdünnung zur Reaktion zu bringen.Dadurch würde aber das Imin in einer sehr verdünnten wässerigenLösung erhalten und könnte nur schwer daraus gewonnen werden.

Zudem würde bei dieser großen Verdünnung eine vermehrte Re¬

aktion des Diradikals mit Wasser zu Monoäthanolamin eintreten.

7. Wirkung von aktiver Tonerde auf Monoäthanolamin.

Bei der oben beschriebenen Herstellung des Aethylenimins aus

Monoäthanolamin dient die Reaktion über den Schwefelsäureester

zur Abspaltung eines Mols Wasser. Es lag nun nahe, zu versuchen,das Wasser direkt aus dem Monoäthanolamin katalytisch abzu¬

spalten.Jurjew50) erhält bei der gemeinsamen katalytischen Dehydra-

tation von Furan und Ammoniak über aktiver Tonerde bei 450°

26,4 o/o Pyrrol. Als Reaktionsmechanismus nimmt er die inter¬

mediäre Bildung von l-Oxy-4-aminobutadien(-l,3), an, das sich

augenblicklich zu Pyrrol dehydratbiert.

CH—CH

II IICH CH + NH3\/O

CH—CH

II IICH CH

I IOH NH,

CH—CH

-> CH CH + H20\ /NH

In weiteren Arbeiten beschreibt Jurjew61) die Synthese von

anderen cyclischen Iminen aus Oxyden und Ammoniak oder

Aminen. Er erhält aber immer nur 5- oder 6-gliedrige Ringe.Auf den ersten iBlick scheint es nun, daß es möglich sein sollte,

nach dem gleichen Mechanismus aus Aethylenoxyd und Ammoniak

Aethylenimin zu erhalten, gemäß folgender Reaktionsgleichung:

CH«—CHo

\ /O

NH»CH«—CHo

ii.OH NH2.

CH«—CH2 .

\ / +NH

HsO

M) Jurjew und Rakitin, B. 69, 2492 (1936).

M) Jurjew, B. 69, 1002, 1944 (1936)-B.U88. Journ. allg. Chem. 7, 1868, 2945 (1937), 8, 116, 1934 (1938),

9, 153, 590 (1939).

27

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Nach Ipatjew und Leontowitsch62) erleidet aber Aethylenoxydschon bei 200° über aktiver Tonerde eine Umlagerung in Acetal-

dehyd. Die katalytischen Dehydratationen werden bei 300 — 500°

ausgeführt. Bevor also Monoäthanolamin entstehen könnte, wird

alles Aethylenoxyd in Acetaldehyd umgewandelt. Der Acetaldehydwird dann zu Furan kondensiert, welches hierauf mit Ammoniak

Pyrrol bildet63).

CH-CH CH-CHCH2-CH2 || || || ||\ / > CH3 • CHO V CH CH + NH3 —> CH CH + H20O \ / \ /

O NH

Dagegen besteht die Möglichkeit, durch katalytische Dehydra-tation von Monoäthanolamin, das auf anderem Wege gewonnen

wurde, Aethylenimin zu erhalten.

Bei der katalytischen Wirkung von aktiver Tonerde auf Mono¬

äthanolamin bei einer Temperatur von 300 — 450° tritt neben der

Abspaltung von Wasser auch eine Abspaltung von Ammoniak ein,so daß theoretisch 3 Radikale nebeneinander gebildet werden.

HO—CH,—CH2—NH,

NH,— NHa

(—CH2—CH2—NH—) (—O—CH2—CH2—) (—CH=CH—)

Bei der Aufarbeitung der Produkte wird aber nie eine Ver¬

bindung aufgefunden, die Sauerstoff enthält, außer dem unver¬

änderten Monoäthanolamin. Es tritt also nie nur eine Abspaltungvon Ammoniak allein auf. Vielmehr findet primär immer eine

Dehydratation statt und bei einem gewissen Teil des erhaltenen

Diradikals wird dann noch Ammoniak abgespalten. Diese Annahme

wird durch die Arbeiten von Jurjew bestärkt, denn er lagert im

gleichen Augenblick Ammoniak an die Oxyde an, wo er Wasser

abspaltet. Unter diesen Bedingungen hat also das Ammoniak eine

viel größere Affinität zu diesen Verbindungen als das Wasser.

Durch Umlagerungen und Kondensationen der beiden ent¬

stehenden Diradikale werden eine große Zahl von Verbindungengebildet.

S2) Ipatjew und Leontowitsch, B. 36, 2017 (1903).83) Jurjew, B. 69, 440 (1936).

28

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Die erwartete Bildung von Aethylenimin aus dem Diradikal

(—CH2—CH2—NH—) konnte nicht beobachtet werden. Die hohe

Temperatur und das Wasser wirken auf unter Umständen gebilde¬tes Aethylenimin so stark polymerisierend ein, daß es sofort in

Polymerisationsprodukte umgewandelt würde. Daß aber dieses Di-

radikal wirklich auftritt, beweist die Bildung von Piperazin, das

ebenfalls bei der Herstellung von Aethylenimin aus dem Amino-

äthanolschwefelsäureester entsteht. Daneben werden aber auch ket¬

tenförmige Polymerisationsprodukte dieses Diradikals gebildet.Bei dem Diradikal (—CH=CH—) tritt eine Umlagerung in Ace¬

tylen auf, das in den Reaktionsgasen nachgewiesen werden kann.

Die Näherungshäufigkeit der sich verbindenden Atome zum „Zwei¬

ring" ist viel größer als zum Dreiring beim Aethylenimin. Zu¬

dem ist auch die Polymerisation des gebildeten Acetylens unter die¬

sen Umständen geringer als beim Aethylenimin, sodaß es verständ¬

lich ist, daß Acetylen gebildet wird. Daneben tritt aber auch eine

Polymerisation zu Kohlenwasserstoffen mit 4 und mehr Kohlen¬

stoff-Atomen auf.

Eine weitere Möglichkeit der Polymerisation besteht darin,

daß sich beide Diradikale miteinander verbinden. Auf diese Weise

entsteht das Pyrrolin, das in den Reaktionsprodukten nachgewiesenwerden kann. Ebenso werden natürlich auch kettenförmige Poly¬

merisationsprodukte, die aus den beiden Diradikalen aufgebautsind, gebildet. Die Reaktionsprodukte bestehen zum größten Teil

aus diesen „gemischt" polymerisierten Verbindungen.Bei den hohen Temperaturen, die zur Reaktion notwendig sind,

tritt eine gewisse Zersetzung des Monoäthanolamins in Ammoniak,

Kohlenmonoxyd und Methan auf. Die Zersetzung nimmt mit stei¬

gender Reaktionstemperatur zu. Ebenso erleiden alle Reaktions¬

produkte zum Teil eine totale Zersetzung in Kohlenstoff und

Wasserstoff.

Aus dieser vielfältigen Wirkung der aktiven Tonerde auf Mono-

äthanolamin ist es zu erklären, daß eine so große Zahl verschie¬

dener Reaktionsprodukte erhalten werden.

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Praktischer Teil.

I. Herstellung des Aminoäthanol-

und des Aminopropanolschwefelsäureesters.

A. Herstellungdes Aminoäthanolschwefelsäureesters.

1. Sulfurierung mit verdünnter Schwefelsäure.

61 g Monoäthanolamin (1 Mol) wurden mit 40 g Wasser ver¬

mischt und unter starkem Rühren in 172 g 58<>/oige Schwefelsäure

(1 Mol) in ungefähr 15 Minuten zugetropft. Die Reaktionstempera¬tur stieg schnell bis gegen 100° und das Reaktionsgemisch wurde

durch leichte Verkohlung bräunlich gefärbt. Mit offener Flamme

wurde dann im Laufe von ungefähr 40 Minuten auf 250°, bis zum

Beginn einer stärkeren Verkohlung, erhitzt. Das im Reaktionsgefäßvorhandene Wasser destillierte dabei zum größten Teil weg. Beim

Erkalten erstarrte die braune Reaktionsmasse bei 120 —130° zu

einem festen Kristallkuchen, der mit 60o/oigem wässerigem Aethyl-alkohol gut gewaschen und bei 105° getrocknet wurde. Die Aus¬

beute betrug 70 — 75o/o. Auf diese Weise konnten 70 — 80o/o des

nach der Reaktionsgleichung entstehenden Wassers ausgetriebenwerden.

Durch Herabsetzen der hohen Erhitzungstemperatur, die die

Verkohlung verursacht, sinkt die Ausbeute an Schwefelsäureesterbeträchtlich. Um eine niedrigere Erhitzungstemperatur anwenden

zu können und trotzdem eine gute Ausbeute an Schwefelsäureester

zu erhalten, ist es notwendig, ein stärkeres Sulfurierungsmittel zu

gebrauchen._

2. Sulfurierung mit Chlorsulfonsäure.

In 116,5 g Chlorsulfonsäure (1 Mol) wurden unter kräftigemRühren 61 g Monoäthanolamin (1 Mol) in ungefähr 2 Stunden zu-

30

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getropft. Die Temperatur im Reaktionsgefäß stieg dabei auf

125 —130° und das Reaktionsgemisch wurde durch Verkohlungziemlich stark braun gefärbt. Zur vollständigen Umsetzung wurde

e3 während 45 Minuten im Oelbad auf 140 —150° erhitzt. Beim

Erkalten erstarrte die zähflüssige Masse zu einem festen braunen

Kristallkuchen, der mit 60<>/oigem wässerigem Aethylalkohol gut

gewaschen und bei 105° getrocknet wurde. Die Ausbeute betrug75 — 780/0."

Der auf diese Weise hergestellte Schwefelsäureester ist aber

durch sehr feine verkohlte Teile verunreinigt, die beim Zutropfendes Monoäthanolamins entstehen. Die relativ großen Tropfen gebenbei der Reaktion mit der Chlorsulfonsäure eine lokale große Erwär¬

mung, die genügt, um eine teilweise Verkohlung herbeizuführen.

Ein Zutropfen von Chlorsulfonsäure zu Monoäthanolamin zeigtedasselbe Resultat.

Um einen reineren Schwefelsäureester zu erhalten, ist es also

notwendig, Monoäthanolamin in ganz kleinen Tropfen zuzugebenund, um der Erwärmung entgegenzutreten, den Reaktionskolben

gut zu kühlen.

In 116,5 g Chlorsulfonsäure (1 Mol) wurden unter kräftigemRühren und unter Kühlung mit einer Eis-Kochsalz-Mischung 61 g

Mcnoäthanolamin (1 Mol) in kleinen Tropfen so zugegeben, daß

die Temperatur im Reaktionsgefäß nie über 20° stieg. Es entstand

dabei eine breiige weiße Masse, die zur weiteren Umsetzung wäh¬

rend 45 Minuten im Oelbad auf 140 —150° erhitzt wurde. Nach

dem Erkalten erstarrte die zähflüssig gewordene Masse zu einem

festen Kristallkuchen, der mit 60o/oigem wässerigem Aethylalkohol

gewaschen und bei 105° getrocknet wurde. Die Ausbeute betrug80 — 82 o/o schön weißen Schwefelsäureester. Auf diese Weise wur¬

den 98 —100 o/o der nach der Reaktionsgleichung entstehenden

Salzsäure aus der Chlorsulfonsäure in Freiheit gesetzt.Bei Anwendung der Chlorsulfonsäure als Sulfurierungs-

mittel kann nach den angegebenen Bedingungen die Ausbeute an

Aminoäthanolschwefelsäureester auf 80 — 82o/0 erhöht werden. Der

entstehende Schwefelsäureester wird genügend rein erhalten, um

nach der Waschung mit 60o/oigem wässerigem Aethylalkohol, ohne

Umkristallisation, weiter verarbeitet werden zu können. Die Sul-

furierung mit Chlorsulfonsäure ist kostspielig, weshalb die An¬

wendung eines billigeren, starken Sulfurierungsmittels anzustre¬

ben ist.

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3. Sulfurierung mit Schwefelsäure - Monohydrat.

Bei der Sulfurierung mit Schwefelsäure-Monohydrat unter den¬

selben Bedingungen wie mit Chlorsulfonsäure ist der erstarrte

Kristallkuchen des Schwefelsäureesters immer stark mit verkohl¬

ten Teilen durchsetzt, die nicht durch Waschen mit 60o/0igemwässerigem Aethylalkohol entfernt werden können. Die Verun¬

reinigungen sind in den Kristallen eingeschlossen, so daß der Ester

nur durch Umkristallisieren gereinigt werden kann. Um die Um-

kristallisation zu vermeiden, ist es notwendig, den noch nicht aus¬

kristallisierten Ester mit Aethylalkohol auszufällen. Der größte Teil

der Verunreinigungen bleibt so im Alkohol gelöst.Es ist daher wichtig, die Löslichkeit des Aminoäthanolschwefel-

säureesters in Wasser, 60o/0igem und 96<>/oigem wässerigem Aethyl¬alkohol zu kennen. Sie wird in Figur 2 gezeigt. Der Aminoäthanol-

schwefelsäureester ist in 96o/oigem Aethylalkohol bei Zimmer¬

temperatur praktisch unlöslich.

Figur 2. Löslichkeit des Aminoäthanolschwefelsäureesters

in Wasser, 60"/oigem und 96o/oigem Aethylalkohol.40 g

deS3

Wasser

60%igerAlkohol

96%igerAlkohol

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In 98 g Schwefelsäure-Monohydrat (1 Mol) wurden unter kräf¬

tigem Rühren und unter Kühlung mit einer Eis-Kochsalz-Mischung61 g Monoäthanolamin (1 Mol) in kleinen Tropfen so zugegeben,daß die Temperatur im Reaktionskolben nie über 20° stieg. Hieraufwurden noch weitere 9,8 g Schwefelsäure-Monohydrat (0,1 Mol)tropfenweise zugegeben. Die weiße breiige Masse wurde zur wei¬

teren Umsetzung während 60 Minuten im Oelbad auf 130° erhitzt.

Nachdem die Reaktionsmasse auf 100° abgekühlt war, wurden

400 ccm 96o/oiger Aethylalkohol unter starkem Rühren schnell

zugegossen. Der ausgefallene Ester wurde abfiltriert und bei 105Q

getrocknet. Die Ausbeute betrug 65 — 70o/o. Aus dem Filtrat wurde

der Aethylalkohol abgedampft und regeneriert.Der ölige, braune Rückstand wurde während 2 Stunden auf

160° erhitzt und dann mit 100 ccm 96<>/oigem Aethylalkohol ver¬

setzt. Es schieden sich weitere 18 — 20o/0 Ester ab. Bei einer noch¬

maligen Aufarbeitung des Filtrates konnte kein Ester mehr ge¬wonnen werden, so daß die Gesamt-Ausbeute 85 — 880/0 betrug.

Der Ester ist aber trotz der Fällung mit Alkohol immer noch

durch kleine verkohlte Teile verunreinigt. Bei einer weiteren Er¬

niedrigung der Erhitzungstemperatur, um die Verkohlung zu ver¬

mindern, sinkt die Ausbeute an Ester bei der ersten Fällung schon

sehr beträchtlich. Bei einer Erhitzungstemperatur von 60°, bei der

aber immer noch schwache Verkohlung eintritt, beträgt die Aus¬

beute bei der ersten Fällung nur mehr 40 0/0 Ester. Es ist aber

anzustreben, daß möglichst viel Ester bereits in der ersten Fällungohne Verkohlung erhalten wird. Das ist durch eine kleine Erhöhungder Erhitzungstemperatur zu erreichen. Um aber der Verkohlungentgegen zu arbeiten, wird die Sulfurierung mit verdünnter Schwe¬

felsäure ausgeführt.

4. Sulfurierung mit 90%ige* Schwefelsaure.

In 109 g 90o/oige Schwefelsäure (1 Mol) ließ man unter kräf¬

tigem Rühren und unter Kühlung mit einer Eis-Kochsalz-Mischung61 g Monoäthanolamin (1 Mol) so zutropfen, daß die Temperaturim Reaktionskolben nicht über 20° stieg. Hierauf wurden noch

10,9 g 90o/oige Schwefelsäure (0,1 Mol) tropfenweise zugegeben.Bei offenem Reaktionskolben wurde die weiße breiige Masse im

Oelbad auf 150° erhitzt. Sobald das Reaktionsprodukt zähe wurde

und sich am Rande des Kolbens weiße Kristallschüppchen bil-

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deten, was nach etwa 2 Stunden der Fall war, ließ man erkalten.

Nachdem der Kolbeninhalt auf 100° abgekühlt war, wurden 400 ccm

96o/oiger Aethylalkohol unter weiterem raschem Rühren schnell

zugegossen. Nach dem vollständigen Erkalten konnte der ausge¬

fallene Ester abfiltriert und bei 105° getrocknet werden. Die Aus¬

beute bei der ersten Fällung betrug 86 — 90o/0.Aus dem Filtrat wurde der Aethylalkohol abgedampft und re¬

generiert. Der ölige Rückstand wurde in einem offenen Gefäß wäh¬

rend 2 Stunden auf 160 —170° erhitzt und nach dem Abkühlen

auf 100° mit 100 ccm 96o/oigem Aethylalkohol versetzt. Das Ganze

wurde während 12 Stunden bei 0' stehen gelassen und hierauf wurde

der ausgefallene Ester abfiltriert und bei 105° getrocknet. Die Aus¬

beute der zweiten Fällung war 7 — 9o/o.Die Gesamt-Ausbeute an Aminoäthanolschwefelsäureester be¬

trug somit 95 — 98 o/0.

Eine Erhöhung der Erhitzungstemperatur, oder eine längere

Erwärmung der Reaktionsmasse, um die Reaktion in einem Pro¬

zesse 'zu Ende zu führen, ergibt immer kleinere Ausbeuten an Ester.

Die Verkohlung tritt in diesen Fällen in vermehrtem Maße ein.

Schmelzpunkt und Analyse des Aminoäthanolschwefelsäurecsters.

Der rohe Aminoäthanolschwefelsäureester wurde in wässerigem

Aethylakohol umkristallisiert. Er kristallisiert in schönen Rhombo-

edern. Nach 5-maligem Umkristallisieren begann der Ester bei

274 — 275° (korr.) zu sintern und war bei 278 — 280° (korr.) ganz

verkohlt, ohne zu schmelzen. Nach Rollins und Calderwood1) be¬

ginnt der Aminoäthanolschwefelsäureester bei 275° zu sintern und

wird bei 280° braun, ohne zu schmelzen.

Analyse:*)

22,45 mg Substanz gaben 14,04 mg C02 und 10,16 mg H20.17,56 mg Substanz gaben 1,58 ccm N2 (20°, 717 mm)

Gel C 17,07o/o H 5,06 o/0 N 9,89 o/o

C2H7N04S Ber. C 17,02 o/„ H 5,00 o/0 N 9,93 o/0

l) Rollins und Calderwood, Am. Soc. 60, 2312 (1938).

*) Sämtliche in dieser Arbeit angeführten Elementaranalysen wurden im Mikro¬

Laboratorium der Technisch-Chemischen Abteilung der ETH (Leiterin: Frl. Dr.

E. Pfanner) ausgeführt.

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B. Herstellungdes Aminopropanolschwefelsäureesters.

Die Sulfurierung von Monopropanolamin wurde ebenfalls mit

90o/oiger Schwefelsäure ausgeführt, ähnlich wie bei den Versuchen

über die Herstellung des Aminoäthanolschwefelsäureesters mit

95 — 98o/oiger Ausbeute.

In 109 g 90o/oige Schwefelsäure (1 Mol) ließ man unter kräf¬

tigem Rühren und unter Kühlung mit einer Eis-Kochsalz-Mischung75 g Monopropanolamin (1 Mol) so zutropfen, daß die Temperaturim Reaktionskolben nicht über 20° stieg. Hierauf wurden noch

10,9 g 90o/oige Schwefelsäure (0,1 Mol) tropfenweise zugegeben.Bei offenem Reaktionsgefäß wurde die weiße breiige Masse im

Oelbad auf 150° erhitzt. Sobald das Reaktionsprodukt zähe wurde

und sich am Rande des Kolbens weiße Kristallschüppchen bil¬

deten, was nach ungefähr 2 Stunden der Fall war, ließ man er¬

kalten. Hatte sich der Kolbeninhalt auf 100° abgekühlt, so wur¬

den 400 ccm 96o/oiger Aethylalkohol unter weiterem starkem Rüh¬

ren schnell zugegossen. Nach dem vollständigen Erkalten konnte

der ausgefallene Ester abfiltriert und bei 105° getrocknet werden.

Die Ausbeute bei der ersten Fällung betrug 40 — 45o/o.Aus dem Filtrat wurde der Aethylalkohol abgedampft und re¬

generiert. Der ölige Rückstand wurde in einem offenen Gefäß

während 2 Stunden auf 160 —170° erhitzt und nach dem Ab¬

kühlen auf 100° mit 100 ccm 96o/oigem Aethylalkohol versetzt.

Das Ganze wurde während 12 Stunden bei 0° stehen gelassen und

hierauf der ausgefallene Ester abfiltriert und bei 105° getrocknet.Die Ausbeute der zweiten Fällung betrug 10 —15o/o.

Das Filtrat wurde hierauf noch ein zweites und ein, drittes Mal

aufgearbeitet. Die Ausbeute der dritten Fällung betrug 7— 10 o/o

und die der vierten Fällung 5 — 8o/o.Die Gesamt-Ausbeute an Aminopropanolschwefelsäureester be¬

trug somit 75 — 78o/o.

Schmelzpunkt des Aminopropanolschwefelsäureesters.

Der rohe Aminopropanolschwefelsäureester wurde in wässeri¬

gem Aethylalkohol umkristallisiert. Nach 5-maligem Umkristalli¬

sieren begann der Ester bei 248 — 250° (korr.) zu sintern und war

bei 225 — 257° verkohlt, ohne zu schmelzen.

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II. Herstellung der Alkylenimine.

A. Herstellung von Aethylenimin.

1. Herstellung nach bekannten Verfahren.

In Anlehnung an das Verfahren nach Wenker2) wurden 70,5 gAminoäthanolschwefelsäureester (0,5 Mol), 80 g Natriumhydroxyd$00 o/o der theoretischen Menge) unofl50 g Wasser in einem Kol¬

ben zusammen erhitzt. Kurz vor dem Siedepunkt begann das Ge¬

misch zu reagieren. Bei der weiteren Erwärmung wurden 100 ccm

Flüssigkeit abdestilliert. Das wässerige Destillat wurde mit Na¬

triumhydroxyd gesättigt, wobei sich, zwei Schichten bildeten. Zur

Trocknung wurde die obere Schicht, in der sich das Aethyleniminbefand, mit Kaliumhydroxyd gesättigt. Zur vollständigen Trock¬

nung wurde das Rohprodukt noch nut metallischem Natrium be¬

handelt und dann fraktioniert destilliert. Die Ausbeute an Rohpro¬dukt betrug 11,4 —12,0 g entspr. 53 —56 o/0 und an reinem Aethy¬lenimin vom Siedepunkt 57—60° 4,6—5,0 g entspr. 21,4—23,2 o/„,

was ungefähr den Angaben in der Literatur entspricht.In Anlehnung an das Verfahren der /. G. Farbenindustrie A.G.3)

(4. Beispiel) wurden 35 g Calciumoxyd (125 o/o der theoretischen

Menge) und 400 g Wasser unter starkem Rühren zum Sieden er¬

hitzt und hierauf 70,5 g Aminoäthanolschwefelsäureester (0,5 Mol)zugegeben. Es wurden zweimal 100 ccm Flüssigkeit abdestilliert.

Die einzelnen, wässerigen Destillate wurden mit Natriumhydroxydgesättigt. Im ersten, sowie im zweiten Destillat wurden nur SpurenAethylenimin gefunden. Nach dem Patent wäre eine gute Ausbeute

an Aethylenimin zu erwarten gewesen.

Analog dem 6. Beispiel des Patentes wurden 51 g Kaliumhydro¬xyd (91 o/o der theoretischen Menge) und 130 g Wasser unter star¬

kem Rühren in einem Kolben zum Sieden erhitzt und hierauf

70,5 g Aminoäthanolschwefelsäureester (0,5 Mol) zugegeben. Nach¬

dem 100 ccm Flüssigkeit abdestilliert waren, wurden nochmals

100 ccm Wasser zum Reaktionsgemisch gegossen und von neuem

80 ccm Flüssigkeit abdestilliert. Die einzelnen, wässerigen De-

») Wenker, Am. Soe. 57, 2328 (1935).') /. G. Farbenindustrie A.G., D.R.P. 665 790 (1938).

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stillate wurden mit Natriumhydroxyd gesättigt, wobei sich zwei

Schichten bildeten. Zur Trocknung wurden die abgeschiedenen Pro¬

dukte mit KaHumhydroxyd versetzt und hierauf fraktioniert de¬

stilliert. Die Ausbeute an Rohprodukt betrug im ersten Destillat

3,6 g entspr. 16,7 o/0 und an reinem Aethylenimin vom Siedepunkt57 — 60° 2,3 g entspr. 10,7o/o. Im zweiten Destillat wurden nur

Spuren Rohprodukt abgeschieden. Nach dem Patent hätte eine Aus¬

beute von 70 — 80 o/o Aethylenimin erhalten werden sollen.

Analog dem 8. Reispiel des Patentes wurden 64 g Natrium¬

hydroxyd (160 o/o der theoretischen Menge) und 120 g Wasser unter

starkem Rühren zum Sieden erhitzt und hierauf 70,5 g Amino-

äthanolschwefelsäureester (0,5 Mol) zugegeben. Während der De¬

stillation wurden allmählich 300 g Wasser, im gleichen Verhält¬

nis wie Flüssigkeit abdestillierte, zugetropft. Die einzelnen, wässe¬

rigen Destillate von 100 ccm Flüssigkeit wurden mit Natrium¬

hydroxyd gesättigt, wobei sich zwei Schichten bildeten. Zur Trock¬

nung wurde jeweils die obere Schicht mit Kaliumhydroxyd ver¬

setzt. Die Ausbeute an Rohprodukt betrug im ersten Destillat

4,1 g entspr. 19,Oo/0, im zweiten Destillat 3,8 g entspr. 17,7o/0, im

dritten Destillat 1,5 g entspr. 7,0 o/o und im vierten Destillat nur

noch Spuren. Die Ausbeute an Rohprodukt betrug somit im ganzen

9,4 g entspr. 43,7 o/0. Das trockene Rohprodukt wurde hierauf

fraktioniert destilliert. Die Ausbeute an Aethylenimin vom Siede¬

punkt 57 — 60 °

betrug 4,9 g entspr. 22,8 o/0. Nach dem Patent wäre

eine fast quantitative Ausbeute an Aethyläthylenimin aus 2-Amino-

1-butanolschwefelsäureester zu erhalten.

Aenderungen der Bedingungen der bekannten Verfahren:

An den oben beschriebenen Verfahren wurden folgende Aen¬

derungen vorgenommen:

a) Die vorgelegte Wassermenge im Reaktionsgefäß wurde ver¬

mehrt, um die Näherungshäufigkeit und somit die Polymeri¬sation des Aethylenimins herabzusetzen.

b)Der Aminoäthanolschwefelsäureester wurde in fester Form,sowie in 250 ccm Wasser gelöst, allmählich in das Reaktions¬

gefäß gegeben. Dadurch wurde die Näherungshäufigkeit und

somit die Polymerisation des Aethylenimins ebenfalls herab¬

gesetzt.

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c) Die vorgelegte Wassermenge im Reaktionsgefäß wurde vermin¬

dert, wodurch die Möglichkeit der Reaktion des Aethyleniminsmit Wasser zu Monoäthanolamin verringert wurde.

Alle diese Aenderungen zeigten gegenüber den oben beschrie¬

benen Verfahren nur geringe Unterschiede in der Ausbeute an

Rohprodukt und an reinem Aethyleriirnin.Immerhin konnte aber festgestellt werden, daß mit der Zu¬

nahme der abdestillierenden Flüssigkeitsmenge die Ausbeute an

Rohprodukt ebenfalls bis auf ungefähr 50 — 55 o/o anstieg. Die Aus¬

beute an reinem Aethylenimin war aber trotzdem nicht über 23 o/o

zu steigern.Um ein klares Bild über die Zusammenhänge bei der Einwir¬

kung von Natronlauge auf den Aminoäthanolschwefelsäureester zu

erhalten, müssen die verschiedenen Reaktionen und die dabei ge¬

bildeten Reaktionsprodukte näher untersucht werden.

2. Löslichkeit des Aethylenimins.

Bei der Verseifung des Aminoäthanolschwefelsäureesters wurde

das Rohprodukt, aus dem das Aethylenimin durch fraktionierte

Destillation gewonnen wurde, beim Sättigen mit Natrium- und

Kaliumhydroxyd abgeschieden. Es ist daher wichtig, zu prüfen, in

welchem Maße die Abscheidung des Aethylenimins erfolgt. Sie

wurde mit Hilfe der Löslichkeit des Aethylenimins in Wasser und

in Natronlauge von verschiedener Konzentration bestimmt.

Mit Wasser ist Aethylenimin in jedem Verhältnis unter be¬

trächtlicher Wärmeentwicklung mischbar.

Die Löslichkeit von Aethylenimin in Natronlauge wurde auf

folgende Weise bestimmt: In einem Scheidetrichter wurden Na¬

tronlauge von bestimmter Konzentration und Aethylenimin 30 Mi¬

nuten lang kräftig geschüttelt. Es wurde soviel Aethylenimin zu¬

gegeben, daß am Ende noch ungelöstes Aethylenimin auf der Na¬

tronlauge zurückblieb. Hierauf wurde eine bestimmte Menge der

Lösung einer Destillation unterworfen und zwar so lange, bis die

abdestillierende Flüssigkeit nicht mehr alkalisch war. Mit dem

abdestillierenden Wasserdampf entwich dann das gelöste Aethylen¬imin vollständig, das in einer Vorlage in n-Schwefelsäure aufge¬fangen wurde. Aus dem Verbrauch an Säure konnte die Mengedes gelösten Aethylenimins berechnet werden. Der Verbrauch an

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Säure war gleich groß, auch wenn sich ein Teil des ursprünglich

gelösten Aethylenimins während der Destillation in Polymerisa¬

tionsprodukte des Aethylenimins oder mit Wasser in Aethanolamin

umgewandelt hatte. Beide Verbindungen sind ebenfalls wasser¬

dampfflüchtig.Die Löslichkeit wird in Gramm des gelösten Aethylenimins in

100 g Lösung angegeben. Die Resultate sind in Tabelle 2 zusam¬

mengestellt.

Tabelle 2. Löslichkeit des Aethylenimins in Natronlaugeverschiedener Konzentration bei 23 — 24°.

Konzentration der Natronlauge g Aethylenimin in 100 g Lösung

30» Bé

35» Bé

40» Bé

45» Bé

3,25 g

1,67 g

0,61 g

0,28 g

Die Löslichkeit von Aethylenimin in Natronlauge von 45° Bé,

die ungefähr der Konzentration der mit Natronlauge gesättigtenDestillate entspricht, ist also sehr klein, aber doch noch so groß,daß versucht werden muß, durch Extraktion auch das gelöste

Aethylenimin noch zu gewinnen. Durch dreimaliges gutes Aus¬

schütteln von 100 g mit Aethylenimin gesättigter Natronlauge von

45° Bé mit 100 ccm Aether konnten weitere 0,25 g Aethylenimin

gewonnen werden.

Aus den Destillaten, die bei der Verseifung des Aminoäthanol-

schwefelsäureesters entstehen, kann das Aethylenimin quantitativisoliert werden, indem die Destillate mit Natriumhydroxyd gesät¬

tigt, hierauf die Rohprodukte abgetrennt und die Natronlauge-Schichten mit dem gleichen Volumen Aether dreimal ausgeschüt¬telt werden. >

3. Polymerisation des Aethylenimins.

Bei der fraktionierten Destillation des Rohproduktes erhält man

neben Aethylenimin beträchtliche Mengen höhersiedende Reak¬

tionsprodukte. Diese bestehen aus Polymerisationsprodukten des

Aethylenimins und werden später (Seite 53) untersucht.

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Die folgenden Versuche wurden ausgeführt, um den Einfluß

von Wasser, von Kaliumhydroxyd und der Versuchstemperatur auf

die Polymerisation des Aethylenimins zu bestimmen.

Bei allen Versuchen wurden 4,25 g Aethylenimin verwendet,das über metallischem Natrium getrocknet und zweimal über me¬

tallischem Natrium destilliert war.

Bei den Versuchen, die bei einer Temperatur von 70 °

ausge¬führt wurden, wurde das Aethylenimin in einem Schliffkolben mit

Rückflußkühler, der oben mit einem Chlorcalcium-Rohr versehen

war, erhitzt und bei den Versuchen, die bei Zimmertemperaturausgeführt wurden, befand sich das Aethylenimin in einer gutschließenden Flasche.

Die Resultate sind in Tabelle 3 zusammengestellt.

Tabelle 3. Polymerisation von Aethylenimin mit Zusätzen.

Ver- Versuchs¬ Versuchs¬ Polymerisiertessuch dauer temperatur Aethylenimin

a) _ 5 Stunden 70° 0,8 —1,3 %b) 0,25 g KOH 5

„70° 1,0 —1,6 %

c) 0,25 g H20 5„

70° 8,5 — 9,4%i) 0,1 g Hydrocbinon 5

„70° 9,3 —10,2%

e) 0,25 g H20 10„

20° 0,7 —1,9 %f) 0,25 g H20 3 Monate 20° 13 — 15 °/og) — 3

„ 20° 2,5-3,0%

Bei der Versuchstemperatur von 70°, bei der das Aethyleniminsiedet, wurde es als reines Produkt, sowie bei Zusatz von Kalium¬

hydroxyd in 5 Stunden nicht oder nur in sehr geringem Maße poly¬merisiert. Hingegen bewirkte ein Zusatz von Wasser oder Hydro-chinon eine Polymerisation von ungefähr 10o/o. Hydrocbinon, das

nach Guyer und Schütze1) Vinylbromid stabilisiert, begünstigtesogar die Polymerisation des Aethylenimins. Es liegt beim Aethy¬lenimin im Gegensatz zu,Vinylbromid allerdings ein Dreiring vor.

Aethylenimin wurde unter Zusatz von Wasser in 10 Stunden bei

einer Temperatur von 20° nur in geringem Maße polymerisiert. Bei

der Lagerung während 3 Monaten wurde aber die Polymerisationauf 13 —15 o/o gesteigert. Bei der Lagerung von reinem Aethylen¬imin während 3 Monaten betrug die Polymerisation nur 1,5—3,0 o/0.

4) Guyer und Schütze, Helr. 17, 1544 (1934).

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Die Polymerisation des in Wasser gelösten Aethylenimins wird

also durch die Temperatur stark beeinflußt und zwar ist sie bei

höherer Temperatur viel größer.Das Aethylenimin wird bei seiner Herstellung in einer wässe¬

rigen Lösung erhalten. Die Menge der Polymerisationsprodukteaus dem gebildeten Aethylenimin ist demnach weitgehend von der

Dauer und der Temperatur des Versuches abhängig.

4. Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit.

Aethylenimin polymerisiert bei tiefen Temperaturen, auch wenn

Wasser dabei ist, äußerst langsam. Durch Verseifung des Amino-

äthanolschwefelsäureesters mit wässeriger Natronlauge bei Zimmer¬

temperatur würde also das gebildete Aethylenimin nicht poly¬

merisiert, sofern die Reaktion in wenigen Stunden beendet werden

könnte. Daher wurde die Geschwindigkeit dieser Reaktion in Ab¬

hängigkeit von der Temperatur bestimmt.

Nach der Reaktionsgleichung

/ 2~\2 NaOH CH2-CH2 NaOH CH2-CH2O NHS > \ / >~ \ / + NajSO« + 2 H20\ / NH • H2S04 NH

^ * ^

S02-0

werden aus 1 Mol Aminoäthanolschwefelsäureester 1 Mol Aethy¬

lenimin, das zum Teil in Nebenreaktionen zu anderen Produkten

umgewandelt wird, und 1 Mol Natriumsulfat gebildet. An Hand

der Bildung von Natriumsulfat konnte die Reaktionsgeschwindig¬keit bestimmt werden.

In Wasser gelöster reiner Aminoäthanolschwefelsäureester gabmit Bariumchlorid keine Fällung. Auch nach 5-stündigem Erwär¬

men auf dem Wasserbad entstand keine sichtbare Trübung. Der

Aminoäthanolschwefelsäureester wird in wässeriger und saurer Lö¬

sung auch bei längerem Erwärmen nicht verseift.

Durch schwaches Ansäuern des Reaktionsgemisches konnte die

Verseifung des Aminoäthanolschwefelsäureesters augenblicklich un¬

terbrochen werden und durch Fällung des freigewordenen Sulfat-

Ions konnte der jeweilige Umsetzungsgrad bestimmt werden.

Da sich auf Grund der Versuchsresultate ergab, daß die Ver¬

seifung des Aminoäthanolschwefelsäureesters mit Natronlauge im

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Ueberschuß eine Reaktion erster Ordnung ist, wurde die Geschwin¬

digkeitskonstante k nach der Gleichung

t c

berechnet.

Aus zwei bei verschiedenen Temperaturen gemessenen Ge¬

schwindigkeitskonstanten k, kann aus der Arrhenius'sehen Glei¬

chungE_

k = Z e RT

die Temperaturabhängikeit bestimmt werden.

Ausführung der Versuche:

In einem Rundkolben mit eingeschliffenem Rückflußkühlerwurden zu 1,000 g Aminoäthanolschwefelsäureester 4,0 g 30,5<yoigeNatronlauge (214,9 o/o, der theoretischen Menge) gegeben und in

ein auf die Versuchstemperatur vorgewärmtes Oelbad gebracht.Die Lösung im Innern des Kolbens mußte zuerst durch die Wärme

des Oelbades die Versuchstemperatur erreichen. Während dieserZeit geht die Umsetzung langsamer vor sich, so daß als Nullpunkt(Zeit t0 mit der Konzentration c0) nicht der Beginn der Reaktion,sondern ein späterer Zeitpunkt gewählt wurde. Nach einer be¬

stimmten Reaktionszeit wurde zur Unterbrechung der Reaktion

die heiße Lösung schwach angesäuert und das Oelbad entfernt.

Die Lösung wurde hierauf in einem Becherglase zum Sieden er¬

hitzt, mit 14,7 cem 10o/oiger Bariumchloridlösung (200 o/o der theo¬

retischen Menge) unter Umrühren in einem Gusse versetzt und

in der Wärme stehen gelassen, bis sich der Niederschlag gesetzthatte. Der Niederschlag wurde heiß abfiltriert und mit heissem

Wasser gewaschen. Das Filter wurde noch feucht verbrannt und

der Niederschlag bis zur Gewichtskonstanz mäßig geglüht5).

1. Versuchsreihe:

Die Reaktionstemperatur betrug 78°. Der Verseifungsgrad unddie berechneten Werte für die Geschwindigkeitskonstante k sindin Tabelle 4 zusammengestellt. Der Verlauf der Verseifung ist in

Figur 3 dargestellt.

6) Treadtvell, Lehrbuch der analytischen Chemie, 2, 398 (11. Aufl., 1930).

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Tabelle 4. Verlauf der Verseifungdes Aminoäthanolschwefelsäureesters bei 78°.

Reaktionszeit Verseifter Ester Geschwindigkeitskonstante

20 Minuten 5,08 °/o

40„

10,04 °/o 0,002648

60 14,93 °/o 0,002694

80„

19,83 % 0,002763

100„

24,84 °/o 0,002855

120„ 28,42 °/o 0,002786

140„ 32,73 % 0,002832

160„ 37,37 % 0,002924

k 0,002786Mittel

2. Versuchsreihe:

Die Reaktionstemperatur betrug 97°. Der Verseifungsgrad und

die berechneten Werte für die Geschwindigkeitskonstante k sind

in Tabelle 5 zusammengestellt. Der Verlauf der Verseifung ist in

Figur 3 dargestellt.

Tabelle 5. Verlauf der Verseifungdes Aminoäthanolschwefelsäureesters bei 97°.

Reaktionszeit Verseifter Ester GeBchwindigkeitskonstante

15 Minuten 17,56 % —

30„ 32,16 % 0,01294

45„

44,26 °/o 0,01299

60„ 54,70 > 0,01319

75„ 62,68 % 0,01315

90„

69,69 °/o 0,01326

105„

74,80% 0,01312

120„

79,53 % 0,01322

k 0,01312Mittel

3. Versuchsreihe:

Die Reaktionstemperatur betrug 114,5°. Der Verseifungsgradund die berechneten Werte für die Geschwindigkeitskonstante k

sind in Tabelle 6 zusammengestellt. Der Verlauf der Verseifung

ist in Figur 3 dargestellt.

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Tabelle 6. Verlauf der Verseifungdes Aminoäthanolschwefelsäureesters bei 114,5°.

Reaktionszeit Verseifter Ester Geschwindigkeitskonstante

10 Minuten 37,80 % —

20„ 61,45 % 0,04766

30„ 76,10 °/o 0,04771

40„ 85,36 °/o 0,04803

50„ 90,91 % 0,04796

60„ 94,43 °/o 0,04812

70„ 96,59 7» 0,04826

80„ 97,90 °/o 0,04831

k 0,04801Mittel

Figur 3. Verlauf der Verseifungdes Aminoätihanolschwefelsäureesters bei 78, 97 und 114,5°

100"/.

80'A

60 V«

40%

20>

0»/o

114£0

97«

78«

20 40 60 80

Reaktionszeit in Minuten

100 120

Bei der Verseifung des Aminoätbanolschwefelsäureesters mit

20,1 o/oiger Natronlauge an Stelle der 30,5p/oigen Natronlauge wurdedie Geschwindigkeitskonstante k nur 4 p/o, kleiner. Sie ist also von

der Konzentration der Natronlauge nur unwesentlich abhängig, wiees von einer Reaktion erster Ordnung verlangt wird.

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Bei der Verseifung des Aminoäthanolschwefelsäureesters mit

20,lo/oiger Natronlauge, aber nur mit 181,3o/o der theoretischen

Menge, wurde die Geschwindigkeitskonstante k um fast 28o/0 klei¬

ner. Der Ueberschuß an Natronlauge war hier zu gering, so daß

diese Reaktion nicht mehr erster Ordnung war.

Temperaturabhängigkeit der Geschwindigkeitskonstanten:

Aus den Geschwindigkeitskonstanten der ersten und der zwei¬

ten Versuchsreihe wurde mit Hilfe der Arrhenius'achen Gleichung

E_k = Z • e RT

die Temperaturabhängigkeit bestimmt. Die berechneten Werte be¬

tragen für E 21062 cal und für Z 1,57 .1010 min-1 entspr.

2,62 .108 sec -1.

Aus der nun gegebenen Gleichung

21062

k = 1,57 • 1010 • e ~"~RT~

wurde die Geschwindigkeitskonstante k bei einer absoluten Tem¬

peratur von 387,7° zu 0,04793 berechnet. Sie stimmt also gut mit

dem experimentell in der dritten Versuchsreihe gefundenen Wertevon k = 0,04801 überein.

Berechnung des Temperatur-Koeffizienten:k

Der Temperatur-Koeffizient —r zwischen 100 und 110°kT

beträgt 2,10. Eine Temperatur-Erhöhung von 100 auf 110° bewirkt,daß die Verseifung des Aminoäthanolschwefelsäureesters 2,1 mal

schneller verläuft. Der Einfluß der Temperatur ist also groß, wie

es übrigens von einer Reaktion erster Ordnung verlangt wird.

Reaktionstemperatur für praktische Versuche:

Die Reaktionsgeschwindigkeit der Verseifung des Aminoätha-

nolschwefelsäureesters bei Zimmertemperatur ist so klein, daß sie

für praktische Versuche nicht in Frage kommt. Um die Verseifunginnert nützlicher Frist zu Ende führen zu können, muß eine Re¬

aktionstemperatur von über 100° angewendet werden.

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5. Gewinnung der Reaktionsprodukte.

Um die Polymerisation des frisch gebildeten Aethylenimins bei

der Verseifung des Aminoäthanolschwefelsäureesters bei Siede¬

temperatur möglichst zu vermindern, wurden die abdestillierenden

Reaktionsprodukte durch einen Luftstrom schnell aus dem heißen

Reaktionsraum herausgeblasen und abgekühlt. Das sich bildende

Aethylenimin bleibt auf diese Weise nicht lange mit dem Wasser¬

dampf in Berührung und wird dadurch weniger polymerisiert.

Ausführung der Versuche:

In einem Dreihalsrundkolben von 1000 ccm Inhalt wurden

70,5 g Aminoäthanolschwefelsäureester (0,5 Mol) mit 80 g Natrium¬

hydroxyd (200 o/o der theoretischen Menge) und mit 150 g Wasser

unter kräftigem Rühren erhitzt. Durch die Apparatur wurde ein

Luftstrom von 18 — 20 1/h gesogen. Die abdestillierende Flüssig¬keit wurde kondensiert und in einem Meßgefäß in Mengen von

50 ccm aufgefangen. Nachher wurden die Destillate mit Natrium¬

hydroxyd gesättigt und die abgeschiedenen Produkte zur Trock¬

nung mit Kaliumhydroxyd versetzt. Das Rohprodukt wurde unter

einem Druck von 70 — 75 mm Hg fraktioniert destilliert. Die Aus¬

beute an Rohprodukt betrug in den ersten 50 ccm des Destillates

6,9 — 7,0 g und in den zweiten 50 ccm des Destillates 3,9 — 4,0 g.Nach Zugabe von weiteren 50 ccm Wasser zum Reaktionsgemischwurden aus den erneut erhaltenen 50 ccm Destillat 0,0 — 0,3 g

Rohprodukt erhalten. Die Gesamt-Ausbeute an Rohprodukt betrugsomit 10,9 —11,2 g entspr. 50,6 — 52,1 o/0 und an reinem Aethy¬lenimin 5,2 — 5,5 g entspr. 24,2 — 25,6 o/0.

Auch bei einer allmählichen Zugabe des Aminoäthanolschwefel-

säureesters in fester Form oder in 200 ccm Wasser von 60° gelöstbetrug die Ausbeute an Rohprodukt nur 35 — 52o/0 und an reinem

Aethylenimin 15 — 25 o/o.

Durch rasches Entfernen des gebildeten Aethylenimins aus dem

Reaktionsraum, mit Hilfe des Durchsaugens von Luft, wurde die

Ausbeute an Rohprodukt nicht größer, hingegen wurde die Aus¬

beute an Aethylenimin etwas erhöht. Die größere Ausbeute an

Aethylenimin wurde somit auf Kosten der Polymerisationsprodukteerreicht.

Die erhaltenen 50 — 52 o/0 Rohprodukte bestehen aus Aethylen¬imin und dessen Polymerisationsprodukten und enthalten demnach

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50 — 52 o/o des Stickstoffes, die an den vorgelegten 70,5 g Amino-

äthanolschwefelsäureester gebunden sind. Der größte Teil der rest¬

lichen Stickstoff-Menge, nämlich 30,9 — 33.6 o/0, blieb in Verbin¬

dungen im Reaktionsrückstand zurück.

Der Stickstoff-Gehalt im Reaktionsrückstand wurde nach der

Methode von Kjeldahl6) bestimmt. Der dickflüssige Rückstand

wurde vorsichtig mit konzentrierter Schwefelsäure neutralisiert,auf dem Wasserbade zur Trockene verdampft und dann fein pul¬verisiert. Ungefähr 1 g des trockenen Pulvers wurde mit 0,5 g

Selen und mit 25 ccm 22o/oigem Oleum in einem Kjeldahl-Kolbenwährend 7 bis 14 Stunden erhitzt. Nach dem Erkalten wurde die

klare Lösung mit 200 ccm Wasser verdünnt und in einen 3 Liter

Erlenmeyer-Kolben mit Destillations-Aufsatz gegeben. Nach Zu¬

gabe von 100 ccm Natronlauge von 40° Bé wurden 100 ccm Flüssig¬keit abdestilliert, wobei das flüchtige Ammoniak einen Teil der

vorgelegten 0,1 n-Schwefelsäure neutralisierte. Aus dem Verbrauch

an 0,1 n-Schwefelsäure konnte der Stickstoff-Gehalt berechnet

werden.

Die Verseifung des Aminoäthanolschwefelsäureesters der eben

beschriebenen Versuche wurde bei Siedetemperatur ausgeführt unddauerte immer länger als 1 Stunde. Auf Grund der Reaktionsge¬schwindigkeit (Figur 3, Seite 44) mußten also mindestens 95 o/0

des vorgelegten Schwefelsäureesters verseift sein. Die im Reaktions-

Rückstand verbliebenen Produkte, die noch 30,9 — 33,6 o/o des Stick¬

stoffes enthielten, bestehen demnach zum größten Teil aus schwer

wasserdampfflüchtigen Reaktionsprodukten.Um die im Reaktions-Rückstand verbliebenen Reaktionspro¬

dukte ebenfalls im Destillat zu erhalten, war es notwendig, das

Reaktions-Gemisch länger und höher zu erhitzen. Da aber die zur

Verseifung notwendige überschüssige Natronlauge das Glas stark

angreift, wurde an Stelle des Glaskolbens ein Eisenkessel ver¬

wendet.

Die folgenden Versuche wurden in der in Figur 4 dargestelltenApparatur ausgeführt.

*) Treadwell, Lehrbuch der analytischen Chemie, 2, 54 (11. Aufl., 1930).

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Figur 4. Apparatur zur Verseifung des

Aminoäthanolschwefelsäureesters.

Die Ausgangsprodukte wurden im Eisenkessel E von 650 ccm

Inhalt unter kräftigem Rühren im Oelbad O erhitzt. Während der

Reaktion wurde ein Luftstrom von 18 — 201/h durch die Apparaturgesogen. Das Destillat wurde im Schlangenkühler S kondensiert

und im Meßgefäß M mit Hahn aufgefangen. Zur Kondensation

mitgerissener Teile wurde der Luftstrom hierauf durch die Kühl¬

vorlage K geleitet, die in einem Dewar-Gefäß stand, das mit

Trockeneis-Methylalkohol gekühlt war. Zur vollständigen Entfer¬

nung der basischen Produkte aus dem Luftstrom wurde dieser

zuletzt noch durch die Absorptionsflasche F gesogen, in der n-

Schwefelsäure vorgelegt war.

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Die einzelnen Destillate, als a, b, c etc. bezeichnet, wurden mit

Kaliumhydroxyd gesättigt. Das Destillat, das in der Kühlvorlage K

kondensierte, betrug immer 0,5 — 2,0 g. Es wurde zur Aufarbeitungzum Destillat a gegeben. Die zwei sich bildenden Schichten wurden

voneinander getrennt. Alle unteren Schichten zusammen wurden

zur Extraktion des nicht abgeschiedenen Aethylenimins mit Aether

ausgeschüttelt. Der Aetherauszug wurde über Kaliumhydroxyd und

wasserfreiem Natriumsulfat getrocknet, der Aether auf dem Was¬

serbade abgedampft und der Rückstand A als Rohprodukt weiter

verarbeitet.

Alle Rohprodukte zusammen wurden aus einem Claisenkolben

unter einem Druck von 10 —12 mm Hg fraktioniert destilliert.

Zur Kondensation der tief siedenden Fraktionen wurde eine Kühl¬

vorlage vorgelegt, die in einem Dewar-Gefäß stand, das mit

Trockeneis-Methylalkohol gekühlt war.

Der Rückstand im Reaktionsgefäß E war eine hellgelbe, feste

Masse. Zur Bestimmung des Stickstoff-Gehaltes nach Kjeldahlwurde der ganze Rückstand herausgekratzt und um ein Durch¬

schnittsresultat zu erhalten, fein pulverisiert. Ungefähr 1 g des

Pulvers wurde mit 0,5 g Selen und 25 ccm 22o/0igem Oleum in ei¬

nem Kjeldahl-Kolben während 7 bis 14 Stunden erhitzt. Nach dem

Erkalten wurde die durch etwas ausgefallenes Natriumsulfat ge¬

trübte Losung mit 200 ccm Wasser verdünnt und in einen 3 Liter

großen Erlenmeyer-Kolben gegeben. Nach der Zugabe von 100 ccm

Natronlauge von 40° Bé wurden 100 ccm Flüssigkeit abdestilliert,wobei das flüchtige Ammoniak einen Teil der vorgelegten 0,1 n-

Schwefelsäure neutralisierte. Aus dem Verbrauch an 0,1 n-Schwe-

felsäure konnte der Stickstoff-Gehalt des Reaktions-Rückstandes

berechnet werden.

Die in die Absorptionsflasche F vorgelegte n-Schwefelsäure

wurde mit Natronlauge zurücktitriert. Aus der während des Ver¬

suches verbrauchten n-Schwefelsäure konnte der Stickstoff-Gehalt

der leicht flüchtigen basischen Reaktionsprodukte berechnet werden.

Ausfährung der Versuche:

Ansatz: 70,5 g Aminoäthanolschwefelsäureester (0,5 Mol)80 g Natriumhydroxyd (200 o/o der theoretischen

Menge)200 g Wasser

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Reaktionsbedingungen: Die Ausgangsprodukte wurden im Ei¬

senkessel E zusammen unter starkem Rühren im Oelbad erhitzt.

Die Steigerung der Temperatur im Oelbad und die Menge der De¬

stillate sind in Tabelle 7 in Abhängigkeit von der Reaktionszeit

zusammengestellt.

Tabelle 7. Temperatur des Oelbades und Menge der Destillate in

Abhängigkeit von der Reaktionszeit.

Reaktionszeit Temperatur im Oelbad Destillat

0 Minuten 20°

10„

115°

20„

140°

30„

154° lOccm

40„

165° 50„

a

49„

173° 50„

b

50„

175° 5„

58„

180° 50„

c

60„

182° 10„

70„

198° 50„

d

80„

220° 20„

90„

240° 30„

100„

255° 32„

120„

145° 37„

e

Rohprodukt: Aus den einzelnen Destillaten und dem Rückstand

aus dem Aetherauszug wurden folgende Mengen Rohprodukt er¬

halten:

a: 5,5 — 5,7 g

b: 3,2- 3,3 g

c: 2,5- 2,6 g

d: 1,4- 1,5 g

e: 0,0- 0,1 g

^.•0,7- 1,0 g

Total: 13,0 —13,6 g entspr. 60,5 — 63,3o/0.

Destillation: Das Rohprodukt wurde bei 10 —11 mm Hg de¬

stilliert. Es wurden folgende Fraktionen erhalten:

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Fraktion I Sdp. < 20° : 7,7— 7,9 g entspr. 35,8— 36,7 o/0

Fraktion II Sdp. ~ 30°: 2,0 — 2,2 g entspr. 9,3 —10,2 o/0

Fraktion III Sdp. ~ 55°: 0,2 —0,3 g entspr. 0,9— 1,4 o/0

Fraktion IV Sdp. ~ 70°: 0,4 — 0,6 g entspr. 1,9— 2,8o/0Rückstand : 2,0 — 2,2 g entspr. 9,3 —10,2 o/0

Verlust : 0,2 — 0,3 g entspr. 0,9— 1,4 o/0

Die Angaben in Prozenten beziehen sich auf die Ausbeute aus

70,5 g Aminoäthanolschwefelsäureester.

StickstoffgeJw.lt im Reaktions-Rückstand: Der Stickstoff-Ge¬

halt in dem 110 —115 g wiegenden Reaktions-Rückstand betrug0,2 — 0,4o/o. Dieser Gehalt entspricht 3,1 — 6,2p/0, des Stickstoffes

von der Stickstoff-Menge, die in den vorgelegten 70,5 g Amino¬

äthanolschwefelsäureester enthalten sind.

Stickstoffgeholt der leicht flüchtigen Reaktionsprodukte: In

der Absorptionsflasche F wurden 0,8 —1,6 ccm n-Schwefelsäure

neutralisiert. Sie entsprechen 0,16 — 0,32 o/0 der Stickstoff-Menge,die in den vorgelegten 70,5 g Aminoäthanolschwefelsäureester

enthalten sind.

Durch diese Versuchsanordnung konnten nun 60,5 — 63,3 o/o,

Rohprodukt gewonnen werden. Auch die Ausbeute an Aethyleniminstieg um rund 10 o/o auf 35,8 — 36,7 o/0. Die Steigerung der Aus¬

beute an Aethylenimin war zum größten Teil auf die apparativ be¬

dingte bessere Entfernung des gebildeten Aethylenimins aus dem

heißen Reaktionsraum zurückzuführen. Die Stickstoff-Menge im

Reaktions-Rückstand sank um rund 27 o/o auf 3,1 — 6,2 o/0. Die Re¬

aktionsprodukte, die in der Absorptionsflasche in n-Schwefelsäure

absorbiert wurde, enthielten 0,1—0,3 o/0 des Stickstoffes.

6. Untersuchung der Reaktion an Hand des Stickstoffes.

Die zur Reaktion verwendeten 70,5 g Aminoäthanolschwefel¬

säureester (0,5 Mol) enthalten 7 g Stickstoff (0,5 Mol), der als Ge-

samt-Stickstoff bezeichnet wird. Diese Stickstoff-Menge erscheint

nach der Reaktion wieder auf die verschiedenen Reaktionsprodukteverteilt. Durch die quantitative Bestimmung des Stickstoffes

in diesen verschiedenen Produkten ergaben sich Anhaltspunkteüber den Verlauf der Reaktion.

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Bestimmung des Stickstoff-Gehaltes:

Im Destillat: Durch Titration mit n-Schwefelsäure war es mög¬lich, den Stickstoff-Gehalt der Destillate zu bestimmen. 1 ccm ver¬

brauchte n-Schwefelsäure zeigt 0,014 g Stickstoff an, gleichgültigob er als Amin, Imin oder Ammoniak vorliegt. Der Stickstoff war

auf folgende Weise verteilt :

Destillat a: 1,7 — 1,9 g

Destillat b: 1,1 — 1,2 g

Destillat c: 1,0 — 1,1 g

Destillat d: 1,2 — 1,4 g

Destillat e: 1,0 — 1,2 g

Total: 6,4 —6,7 g entspr. 91,4—95,7<y0 des Gesamt-

Stickstoffes.

Durch Sättigung der Destillate wurden 13,0 —13,6 g Roh¬

produkt abgeschieden. Da das Rohprodukt aus Aethylenimin und

dessen Polymerisationsprodukten besteht, enthält es demnach 60,5bis 63,5 o/o des Gesamt-Stickstoffes. 31 — 34o/0 des Gesamt-Stick-

stoffes lagen als Monoäthanolamin vor. Das Monoäthanolamin be¬

fand sich nach der Sättigung der Destillate mit Kaliumhydroxydgelöst in der Kalilaugen-Schicht.

Der leicht flüchtigen Reaktionsprodukte: Durch die leicht

flüchtigen Reaktionsprodukte, die aus Ammoniak und Spuren von

nicht kondensiertem Aethylenimin bestehen, wurden 0,8 —1,6 ccm

n-Schwefelsäure neutralisiert. Diese entsprechen 0,16 — 0,32 o/o des

Gesamt-Stickstoffes.

Im Reaktions-Rückstand: Der Stickstoff-Gehalt wurde wie auf

Seite 49 nach der Methode von Kjeldahl bestimmt. Im Reaktions-

Rückstand waren 3,1 — 6,2 o/0 des Gesamt-Stickstoffes vorhanden.

Aus den Destillaten konnten 91,4 — 95,7 o/o der Reaktionspro¬dukte gewonnen werden und 3,1 — 6,2 o/0 blieben im Reaktions-

Rückstand zurück. Die Tabelle 8 zeigt, daß in den ersten Destillaten

a, b und c zur Hauptsache die leicht wasserdampfflüchtigen Pro¬

dukte Aethylenimin und Polyäthylenimme vorhanden waren, wäh¬

rend die letzten Destillate d und e fast nur Monoäthanolamin, das

weniger wasserdampfflüchtig ist, enthielten.

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Tabelle 8. Ausbeute an Reaktionsprodukten in den Destillaten.

Destillat Aethylenimin +

Polyäthylenimine

Monoäthanol-

aminTotal

a

b

c

d

e

Total

25,6—26,5 7o14,9—15,4 °/o

11,6—12,1 °/o

6,5— 7,0 7o

0,0— 0,5 7o

60,5—63,3 7o

0— l7o2— 3 7o3— 4 7o10—13 7o14—17 7o

31—34 7o

24,3—27,1 7o15,7—17,17o

14,3—15,7 7o17,l—20,0 7o

14,3—17,17o

91,4-95,7 7o

7. Identifizierung der Reaktionsprodukte.

Da nun feststeht, wo die einzelnen Reaktionsprodukte isoliert

werden können, ist es möglich, sie zu identifizieren.

Untersuchung auf Ammoniak:

Während des Aufarbeitens der Destillate könnte aus den wässe¬

rigen Lösungen Ammoniak entweichen. Das Ammoniak wurde da¬

her schon anschließend an die Verseifung bestimmt.

Die Bestimmung des Ammoniaks in den Destillaten wurde nach

François'1) ausgeführt. Durch Titration wurde die Gesamt-Alkali-

tät der Destillate bestimmt. Das Ammoniak wurde hierauf durch

Schütteln mit gelbem Quecksilberoxyd zu der unlöslichen Miüon-

schen Base umgesetzt, die abfiltriert wurde. Nach nochmaliger

Bestimmung der Alkalität in den von Ammoniak befreiten Lö¬

sungen konnte der Ammoniak-Gehalt berechnet werden.

Auf Grund von Blindproben wurde festgestellt, daß weder das

Aethylenimin, noch die Polyäthylenimine oder das Monoäthanol-

amin an das gelbe Quecksilberoxyd angelagert werden.

Die Destillate enthielten folgende Mengen Ammoniak:

Destillat a: 0,0 g Ammoniak

Destillat b: 0,0 g Ammoniak

Destillat c: 0,0 g Ammoniak

Destillat d: 0,0 g Ammoniak

Destillat e: 0,01 — 0,025 g Ammoniak

Total: 0,01 — 0,025 g Ammoniak entspr. 0,008— 0,02 g

Stickstoff.

7) François, C. r. 144, 567 (1907).

53

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Diese 0,008 — 0,02 g Stickstoff, entsprechend 0,1 — 0,3 o/0 des

Gesamt-Stickstoffes, lagen als Ammoniak in den Destillaten vor.

Aufarbeitung der Destillate :

Bei der Sättigung der Destillate mit Kaliumhydroxyd bildeten

sich zwei Schichten. Diese wurden getrennt aufgearbeitet.

Aufarbeitung der oberen Schicht:

Die obere Schicht wurde unter einem Druck von 10 mm Hgfraktioniert destilliert, wobei die auf Seite 51 beschriebenen Frak¬

tionen erhalten wurden.

Fraktion I:

Die Fraktion I, Siedepunkt < 20° bei 10 mm Hg, wurde über

metallischem Natrium getrocknet und destilliert.

Eigenschaften: Der Siedepunkt beträgt 55 — 56° bei 720mmHg.Nach Wenker8) siedet Aethylenimin bei 55 — 56,5°. Die Fraktion I

ist mischbar mit Wasser und mit Alkohol und löslich in Aether.

Sie ist eine stark nach Ammoniak riechende, basische, wasser¬

klare Flüssigkeit, die an der Luft raucht.

Derivat: Zur reinen Fraktion I wurde bis zur neutralen Reak¬

tion eine gesättigte, wässerige Pikrinsäure-Lösung gegeben und

während 24 Stunden bei —10° stehen gelassen. Das auskristallisiertePikrat wurde abfiltriert und nach 5-maligem Umkristallisieren in

Methylalkohol-Wasser 1 :1 betrug der Schmelzpunkt 141,5° (korr.).Nach Gabriel9) liegt der Schmelzpunkt des Pikrates von Aethylen¬imin bei 142°.

Analyse des Pikrates:

19,07 mg Substanz gaben 24,59 mg C02 und 5,12 mg H2011,51 mg Substanz gaben 2,16 ccm N2 (23°, 726 mm)

Gef. C 35,19 o/o H3,00o/0 N 20,67 o/0

C8H8NA Ber. C 35,30 o/0 H 2,96 o/0, N 20,59 o/0

Die Fraktion I besteht also aus Aethylenimin.

8) Wenker, Am. Soc. 57, 2328 (1935).•) Gabriel, B. 21, 1049 (1888).

54

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Fraktion II:

Die Fraktion II, Siedepunkt ~ 30° bei 10 mm Hg, wurde über

metallischem Natrium getrocknet und destilliert.

Eigenschaften: Der Siedepunkt beträgt 30 — 30,5° bei 10 mm

Hg. Die Fraktion II ist sehr gut löslich in Wasser und in Alkohol

und löslich in Aether. Sie ist eine amin-artig riechende, wasserklare,

basische Flüssigkeit, die an der Luft raucht. Da Bromwasser ent¬

färbt wird und Tetranitromethan eine orange-rote Färbung gibt,besitzt sie eine Doppelbindung.

Derivat: Zur reinen Fraktion II wurde bis zur neutralen Reak¬

tion eine 3p/0ige Pikrinsäure-Lösung in Methylalkohol gegeben. Das

ausgefallene Pikrat wurde abfiltriert und nach 3-maligem Umkri¬

stallisieren in Wasser-Methylalkohol 1 :1 betrug der Schmelzpunkt219,5° (korr.).

Analyse des Pikrates:

23,20 mg Substanz gaben 29,24 mg C02 und 6,76 mg H2010,00 mg Substanz gaben 1,76 ccm N2 (19°, 723 mm)

Gef. C 34,39 <V0 H 3,26 o/0 N 19,82 o/0

C16H16N8014.1 H20 Ber.C 34,17o/o H 3,23o/0 N19,93o/0

Die Fraktion II besteht also aus dem Polymerisationsproduktdes Aemylenimins und zwar vermutlich mit dem Polymerisations¬

grad zwei.

FraktionHI:

Die Fraktion III besteht aus weißen Kristallen.

Eigenschaften: Der Schmelzpunkt der Kristalle beträgt 102°

(korr.) und der Siedepunkt bei 720 mm Hg 150 —152°. Nach Haf-

mann10) schmilzt Piperazin bei 104° und siedet bei 145°. Die Kri¬

stalle sind leicht löslich in Wasser und in Alkohol, schwer löslich

in Aether. Die wässerige Lösung reagiert alkalisch.

Derivat: Zur wässerigen Lösung der Fraktion III wurde bis zur

neutralen Reaktion eine 3<>/oige Pikrinsäure-Lösung in Methylalko¬hol gegeben. Das ausgefallene Pikrat wurde abfiltriert und nach 4-

maligem Umkristallisieren in Wasser-Methylalkohol 1 :1 wurde das

Pikrat bei ungefähr 250° braun und bei 290° (korr.) schwarz ohne

10) Hofmann, B. 23, 3300 (1890).

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zu schmelzen. Nach Gabriel11) wird das Pikrat des Piperazins bei

250° braun und bei 280° schwarz ohne zu schmelzen.

Analyse des Pikrates:

21,14 mg Substanz gaben 27,41 mg C02 und 5,84 mg H20

Gef. C 35,39o/o H 3,09 o/0

C16H16N8Ou Ber. C 35,30 o/0 H 2,96 o/0

Die Fraktion III besteht also aus Piperazin.

Fraktion IV:

Die Fraktion IV, Siedepunkt ~ 70° bei 10 mm Hg, wurde über

metallischem Natrium getrocknet und destilliert.

Eigenschaften: Der Siedepunkt beträgt 71° bei 10 mm Hg. Die

Fraktion IV ist sehr gut löslich in Wasser und in Alkohol und etwas

löslich in Aether. Sie ist eine amin-artig riechende, wasserklare,basische Flüssigkeit, die etwas viskoser ist als Wasser. Da Brom¬

wasser entfärbt wird und Tetranitromethan eine orange-rote Fär¬

bung gibt, besitzt sie eine Doppelbindung.Derivat: Zur reinen Fraktion IV wurde bis zur neutralen Reak¬

tion eine 3<>/oige Pikrinsäure-Lösung in Methylalkohol gegeben.Das ausgefallene Pikrat wurde abfiltriert und nach 4-maligem Um¬kristallisieren in Methylalkohol betrug der Schmelzpunkt 235°

(korr.).

Analyse des Pikrales:

23,28 mg Substanz gaben 29,25 mg C02 und 6,84 mg H2010,88 mg Substanz gaben 1,91 ccm N2" (18°, 732 mm)

Gef. C 34,19o/o H 3,29 o/„ N 19,83 o/0

C24H24N12021.li/2H20 Ber. C 34,17o/0 H 3,23o/0 N 19,93o/0

Die Fraktion IV besteht also aus dem Polymerisationsproduktdes Aethylenimins und zwar vermutlich mit dem Polymerisations¬grad drei.

Rückstand :

Der Rückstand, Siedepunkt > 70° bei 10 mm Hg, wurde über

metallischem Natrium getrocknet und destilliert.

") Gabriel, B. 38, 3412 (1905).

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Eigenschaften: Der Siedepunkt steigt von ~ 70° auf ~ 200° bei

10 mm Hg. Gegen den Schluß der Destillation erfolgt starke Zer¬

setzung und Bildung von weißen Dämpfen. Der Rückstand ist gut

löslich in Wasser und in Alkohol. Er ist eine amin-artig riechende,

schwach gelbliche, basische Flüssigkeit, die ziemlich stärker vis¬

kos ist als Wasser. Da Bromwasser entfärbt wird und Tetranitro-

methan eine orange-rote Färbung gibt, sind im Rückstand Verbin¬

dungen enthalten, die eine Doppelbindung besitzen.

Derivat: Zum destillierten Rückstand wurde bis zur neutralen

Reaktion eine 3o/oige Pikrinsäure-Lösung in Methylalkohol ge¬

geben. Das ausgefallene Pikrat wurde abfiltriert und in Methylal¬kohol umkristallisiert. Infolge der Uneinheitlichkeit des Rückstan¬

des wurde kein scharfer Schmelzpunkt beim Pikrat erhalten. Der

Schmelzpunkt ändert nach jeder Umkristallisation wegen der ver¬

schiedenen Löslichkeit der Pikrate.

Analyse des Pikrates :

21,22 mg Substanz gaben 27,02 mg C02 und 6,24 mg H20

10,12 mg Substanz gaben 1,82 ccm N2 (19°, 727 mm)

Gef. C 34,75% H 3.29% N 20,11%x. C8H8N407.1/2 H20 Ber. C 34,17 o/0 H 3,23 o/0 N 19,93 o/0

Der Rückstand besteht also aus den Polymerisationsproduktendes Aethylenimins und zwar vermutlich mit dem Polymerisations¬

grad vier und höher als vier.

Aufarbeitung der unteren Schicht:

Die mit Kaliumhydroxyd gesättigte, wässerige, untere Schicht

wurde mit Wasser verdünnt und hierauf einer Destillation unter¬

worfen. Mit dem Wasserdampf destillierten auch die basischen

Verbindungen weg.

Eigenschaften: Die wässerige Lösung ist stark alkalisch, aus der

durch Zugabe von Kaliumhydroxyd nichts abgeschieden wird. Nach

Guggenheim12) ist Monoäthanolamin in konzentrierter Kalilaugelöslich.

Derivat: Zu der wässerigen Lösung wurde bis zur neutralen

Reaktion eine 3<>/oige Pikrinsäure-Lösung in Methylalkohol gege-

,2) Guggenheim, Die biogenen Amine, S. 154 (1. Aufl., 1940).

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ben. Es entstand dabei eine kleine Fällung von schwerlöslichen Pi¬

kraten, herrührend von den Polymerisationsprodukten des Aethy-lemmins. Der Niederschlag wurde nach einiger Zeit abfiltriert unddas Filtrat zur Trockene eingedampft. Nach dreimaligem Um¬

kristallisieren des Trockenrückstandes in Methylalkohol betrug der

Schmelzpunkt 159° (korr.). Nach Guggenheim1S) schmilzt das Pi¬

krat von Monoäthanolamin bei 159,5°.

Analyse des Pikrates:

21,70 mg Substanz gaben 26,45 mg C02 und 6,76 mg H2010,01 mg Substanz gaben 1,76 ccm N2 (23°, 726 mm)

Gef. C 33,26o/o H 3,49o/0, N 19,37o/0Ber. C 33,llo/o H 3,47o/0. N 19,31 o/0

In der unteren Schicht ist also Monoäthanolamin gelöst.

C8H10N,O8

8. Reaktionsverlauf.

An Hand der erhaltenen Resultate können die wichtigsten Re¬

aktionen der Verseifung des Aminoäthanolschwefelsäureesters mit

28,6o/oiger Natronlauge (200.o/o der theoretischen Menge) in einem

Schema zusammengestellt werden.

Reaktionsschema:

CHo—CH«/ \O NHa\ /

so2—o

(—CH8—CH8—NH-)

(—CH8—CH2—NH—) NH/ \

i2

iCHo CIl«

\8 /*

NH

-> HO—CH2—CH2—NH2

CH«—CHq

\* /2

NH

") Guggenheim, Die biogenen Amine, S. 154 (1. Aufl., 1940).

58

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Die Hauptreaktion (a) verlief mit einer Ausbeute von 60,5 bis

61,7o/o. Das gebildete Diradikal setzte sich zu 35,8 — 36,7o/o in

Aethylenimin (b) und zu 23,2—26,1 o/o in Polymerisationsproduktedes Aethylenimins um, und zwar gaben 10,2 —10,7 o/0 das Produkt

mit dem Polymerisationsgrad x = 2 (c), 1,9—2,8 o/0 das Produkt mit

dem Polymerisationsgrad x = 3(c), 11,2—12,6o/o das Produkt mit

dem Polymerisationsgrad x = 4 und höher als 4 (c) und 0,9—1,4 o/o

Piperazin (d).Die Nebenreaktion (e) verlief mit einer Ausbeute von ungefähr

32o/o. Allerdings besteht hier die Möglichkeit, daß das Monoätha-

nolamin aus dem Diradikal der Hauptreaktion (f) oder aus dem

Aethylenimin (g) durch Anlagerung von Wasser gebildet wird. Das

würde aber verlangen, daß bei der Hauptreaktion (a) das Diradikal

und bei der Reaktion (b) das Aethylenimin in größerem Maße ge¬

bildet würde.

Im weitern entstanden 0.2—0,5 o/o Ammoniak durch Abspaltungaus Aethylenimin oder aus den Polyäthyleniminen oder schon aus

dem Diradikal der Reaktion (a). Die dabei sich bildende Gruppe

(—CH=CH—) setzt sich entweder zu Acetylen um oder polymeri-siert mit Aethylenimin zusammen zu „gemischten" Polymerisa¬

tionsprodukten.Die restlichen 3 — 5 o/o der Reaktionsprodukte blieben im Reak¬

tions-Rückstand zurück. Sie bestehen vermutlich aus Polymeri¬

sationsprodukten des Aethylenimins mit hohen Polymerisations¬

graden und im weitern aus kleinen Mengen Monoäthanolamin und

unverseiftem Aminoäthanolschwefelsäureester.

9. Verseifung des Aminoäthanolschwefelsäureesters

mit Natronlauge von verschiedener Konzentration.

Bei der Verseifung des Aminoäthanolschwefelsäureesters wird

durch Anwendung von Natronlauge verschiedener Konzentration

die Bildung der Reaktionsprodukte beeinflußt.

Ausführung der Versuche:

Die Versuche wurden unter den auf Seite 48 ff. angegebenen

Bedingungen und in der in Figur 4 (Seite 48) beschriebenen Appa¬

ratur ausgeführt.

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Ansatz: 70,5 g Aminoäthanolschwefelsäureester (0,5 Mol)80 g Natriumhydroxyd (200 o/0 der theoretischen

Menge)Eine bestimmte Menge Wasser.

Reaktionsbedingungen: Die Ausgangsprodukte wurden im Ei¬

senkessel unter starkem Rühren im Oelbad erhitzt. Die Steigerungder Temperatur im Oelbad in Abhängigkeit von der Reaktionszeit

ist in Tabelle 9 zusammengestellt.

Tabelle 9. Temperatur des Oelbades in Abhängigkeitvon der Reaktionszeit.

Reaktionszeit Temperatur im Oelbad

0 Minuten 18— 20°

10 110 — 120°

20 130 —140 °

30 145 — 155°

40 160 — 170°

50 170 — 180°

60 180 — 190°

70 195 — 205°

80 220— 230°

90 240 — 245°

100 255— 260°

120 145 — 155°

Resultate: Die erhaltenen Resultate der Verseifung des

Aminoäthanolschwefelsäureesters mit Natronlauge von verschie¬

dener Konzentration sind in Tabelle 10 zusammengestellt.

60

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19

•uapuBjsjuauopBJjuazuo^jjauapaiqosjaAaSniînioijB|<jjtuisiaisa

-»jngsppAupsjouBq^BoinuiysapSimjpsjaAJrappqatp'uaqaSaSue

uajuazojjinuappnpojdsuofpprajjiraajnaqsnyatpjetgjnSt^juj

Monoäthanolamin:

Reaktionsrückstand:

Rohprodukte:

a b c d e A

Tota

Destillation: Aetbylenimin Fraktion

II

Piperazin FraktionIV

Rückstand VerlustDestillationsdauer:

a b c d e

Destillate:

a b c d e

Konz.der

NaOH:Versuchsreihe

30—35„

3-6

8,9-9,1g

2,2-2,3g

0,2-0,3g

54,9—56,77o 21,8-22,37o 10,7—11,1„

13,0—14,0,, 7,9-8,4„

0,9-1,4„

50

min70

30

ccm25

000

0

^«©~

k-k

30-35„

3-6

9,9-10,1g

1,0-1,1g

0,2-0,4g

54,9—56,77o 25,l—26,17o 10,2-10,7„

Spuren 9,8-10,2„

8,4—8,8„

0,9-1,4„

50

min70

40

ccm50

enk-k

ct

0

to

"

9-8

"

98—088,8-9,2g

2,2-2,4g

0,0-0,1g

0,3—0,5g

55,8—57,67o 28.4—29,37o 10,2-10,7„

0,9-1,4„

4,6—5,6„

9,3-10,2„

0,9-1,4„

50

min10

60

40

ccm40

58

*-

**k,

0

OS

30—35„

3-5

7,9-8,2g

2,3-2,4g

0,8-1,0g

0,0-0,1g

0,5-0,7g

56,3—58,17o 31,7—32,67o

9,8—10,2„

0,9-1,4„

2,8-3,7„

9,3-10,2,, 0,9-1,4„

tfc.h-kk-kCT

1CDtotOO

.....

B*

B"

COCTCTCT

1OOOO

O3S3O

B

OS*k.

00

0

tfk.

30—35„

3-5

osen

ppj-1ppp\pop»MMw

co'os'cdcoos'&o'enVi0tp»'s»Istw

111M1M1MMKKMWK«05k-kO»-*tOOSCT

VP00"*.PPPO"m-CTOSOS"-Jtoto-JOS

33533-^-^09OBCBOBOBOB

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OSOCD000

3333i.B

OSCTCTCTCT

OOOOO

O3333OB

to00

Oi

0

CT

39—44 3-5OSCT

OCiGSO(O**J-kOpj-kJOJOjh-to'CT'co'cD'bo'Vi'î-k'coo'os"to'ciO

11MMII111II)-*-J^h-fch*COCn(-*©M-l>3fc$jfc.

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OSl-k00000

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lT33p?T§uBqqyinudrppipojdsuoxppîajjxreTia^noqsny'oy,^ipfpx

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Figur 5. Abhängigkeit der Menge der Reaktionsproduktevon der Konzentration der Natronlauge.

100°/'

807

.3

1

60%

Reaktions-Rückstand+ Verlast

- -Monoüthanolamin

40°/'

20 •/(

Rüdotand

Fraktion IV

PiperazinFraktion II

- 'Aethylenimin

80°/o 61,5 7» 44,4 7. 34,87» 24^7»

Konzentration der Natronlauge28,67«

Es ergab sich folgendes Bild :

Aethylenimin und dessen Polymerisationsprodukte:

Das Rohprodukt, das durch Sättigung der wässerigen Destillatemit Kaliumhydroxyd abgeschieden wurde, bestand aus Aethylen¬imin und dessen Polymerisationsprodukten. Die Menge des Rohpro¬duktes nahm bei Anwendung von 28,6<>/oiger gegenüber 80<>/oigerNatronlauge nur unwesentlich von 55,6 ?/o auf 61,9 0/0 zu. Bei der

weiteren Verdünnung der Natronlauge auf 24,2 o/0 sank die Mengedes Rohproduktes auf 52,5 0/0.

Hingegen stieg die Menge des Aethylenimins mit der Ver¬

dünnung der Natronlauge stark an, währenddem die Menge derhöher siedenden Bestandteile, also der Polymerisationsproduktedes Aemylenimins, kleiner wurde. Dies steht gut im Einklang mitdem im „Allgemeinen Teil" (Seite 27) besprochenen Verdünnungs¬prinzip. Durch die Verdünnung wird die intramolekulare Ring¬schlußreaktion zu Aethylenimin, gegenüber der extramolekularen

Verkettung von zwei und mehr Molekülen, gefördert. Bei Ver¬

dünnung der Natronlauge von 80 0/0 auf 24,2 0/0 stieg die Ausbeute

62

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an Aethylenimin von 39,6 o/o auf 61,1 o/0 (bezogen auf die Menge des

Rohproduktes). Die effektive Ausbeute an Aethylenimin (bezogenauf die Menge des Aminoäthanolschwefelsäureesters), stieg von

22,1 o/0 auf 36,3 o/o bei Verdünnung der Natronlauge von 80 o/o auf

28,6 o/o und sank bei Anwendung der 24,2o/0igen Natronlauge auf

32,1 o/o, da hier die Ausbeute des Rohproduktes geringer war.

Monoäthanolamin :

Das Monoäthanolamin blieb bei Sättigung der wässerigen De¬

stillate mit Kaliumhydroxyd in der Kalilauge gelöst. Bei der Ver¬

dünnung der Natronlauge von 80o/o auf 28,6o/o betrug die Mengedes Monoäthanolamins 30 — 35o/o. Bei der weiteren Verdünnungder Natronlauge auf 24,2 o/o nahm sie auf ungefähr 42 o/o zu, denn

durch die größere Menge Lösungsmittel würde die Möglichkeit der

Reaktion des Wassers mit den reaktionsfähigen Enden der Ketten

zu Monoäthanolamin vergrößert.

Reaktions-Rückstand:

Infolge der immer gleich langen und gleich hohen Erhitzungdes Reaktionsgemisches blieb die Menge der Reaktionsprodukte imReaktions-Rückstand immer ungefähr gleich bei 3,1 — 6,2o/o.

Ausbeute an Aethylenimin:

Die höchste Ausbeute an Aethylenimin wurde bei der Anwen¬

dung der 28,6p/oigen Natronlauge mit 35,8 — 36,7 o/o erhalten. Be¬

rücksichtigt man, daß der AminoäthanolschwefelsäuTeester aus

Monoäthanolamin hergestellt wird und bei der Verseifung mit der

28,6o/oigen Natronlauge noch ungefähr 32 o/o Monoäthanolamin zu¬

rückerhalten wurden, so erhöht sich die Ausbeute an Aethyleniminauf 52,7 — 54,lp/o.

B. Herstellung von Propylenimin.

1. Ausführung der Versuche.

Die Verseifung des Aminopropanolschwefelsäureesters wurde

unter denselben Bedingungen ausgeführt, wie in der 5. Versuchs¬

reihe bei der Verseifung des Aminoäthanolschwefelsäureesters

(Seite 61), die die höchste Ausbeute an Aethylenimin ergeben hatte.

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Ansatz: 78 g Aminoäthanolschwefelsäureester (0,5 Mol)80 g Natriumhydroxyd (200 o/o der theoretischen Menge)

200 g Wasser

Reaktionsbedingungen: Die Ausgangsprodukte wurden im Ei¬

senkessel zusammen unter starkem Rühren im Oelbad erhitzt. Die

Steigerung der Temperatur in Abhängigkeit von der Reaktionszeit

ist in der Tabelle 9 (Seite 60) zusammengestellt.

Destülat: 250 — 255 ccm nach 120 Minuten.

Rohprodukt: 25,0 — 25,9 g entspr. 87,8 — 90,9o/0.

Destillation: Druck: 10 mm HgFraktion 1 Sdp. < 20° : 21,7 — 22,8 g entspr. 76,2— 80,0 o/0Rückstand Sdp. > 20° : 3,1 — 3,9 g entspr. 10,7 —13,5 o/0|Verlust : 0,2— 0,4 g entspr. 0,7— 1,4 o/0

2. Identifizierung der Reaktionsprodukte.

Fraktion 1 :

Die Fraktion 1, Siedepunkt < 20° bei 10 mm Hg, wurde über

metallischem Natrium getrocknet,und destilliert.

Eigenschaften: Der Siedepunkt beträgt 65 — 66° bei 725 mm

Hg. Nach Gabrielw) siedet Propylenimin bei 66—67°. DieFraktion1

ist mischbar mit Wasser und mit Alkohol und löslich in Aether. Sie

ist eine stark nach Ammoniak riechende, basische, wasserklare

Flüssigkeit, die an der Luft raucht.

Derivat: Zur reinen Fraktion 1 wurde bis zur neutralen Reak¬

tion eine lo/oige alkoholische Pikrolonsäure-Lösung gegeben und

während 10 Stunden bei 0° stehen gelassen. Das ausgeschiedenePikrolonat wurde abfiltriert. Nach' zweimaligem Umkristallisierenin Methylalkohol-Wasser 1 :1 betrug der Schmelzpunkt 157° (korr.).

Analyse des Pikrolonates :

21,18 mg Substanz gaben 37,73 mg C02 und 8,90 mg H2010,80 mg Substanz gaben 2,10 ccm N2 (20°, 730 mm)

Gef. C 48,61 o/o H 4,70o/0 N 21,76«ybC13H15N505 Rer. C 48,59o/0 H 4,71 o/0 N 21,80o/0

Die Fraktion 1 besteht also aus Propylenimin.

") Gabriel, B. 29, 2747 (1896).

64

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Rückstand :

Der Rückstand, Siedepunkt > 20° bei 10 mm Hg, besteht aus

Polvmerisationsprodukten des Propylenimins. Die Polymerisations¬produkte wurden nicht näher untersucht, denn die Resultate der

Untersuchung der einzelnen Fraktionen bei der Herstellung von

Aethylenünin (Seite 53 ff.) können ohne Bedenken auf die Frak¬

tionen, die bei der Herstellung von Propylenimin entstehen, über¬

tragen werden.

Kalilaug en-Schi cht :

Das Propanolamin, das während der Verseifung des Amino-

propanolschwefelsäureesters gebildet wurde, war in der wässerigenKaHlaugen-Schicht gelöst. Durch eine Destillation wurde es abge¬trennt und mit Hilfe einer Titration mit n-Schwefelsäure quantita¬tiv bestimmt. Während der Reaktion wurden aus dem Aminopro-panolschwefelsäureester 4,5— 7,0 o/o Monopropanolamin gebildet.

3. Reaktionsverlauf.

Im allgemeinen verläuft die Verseifung des Aminopropanol-»chwefelsäureesters analog derjenigen des Aminoäthanolschwe-

felsäureesters. Die quantitative Ausbeute der entsprechenden Re¬

aktionsprodukte war aber verschieden, je nachdem ob Aminopro-panol- oder Aminoäthanolschwefelsäureester verwendet wurde. Die

dem Piperazin entsprechende Verbindung, also ein mit zwei Me¬

thylgruppen substituiertes Piperazin, konnte nicht aufgefundenwerden.

Reaktions-Schema :

CHa—CH--CH2/ \O NH„\ /

so2--0

(—CH—CH2—NH—)

CHS

(—CH—CH8—NH—)ICH.

-> CHS—CH—CH2

OH NH24-

CH8—CH—CH2

NH

65

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Die Hauptreaktion (a) verlief mit einer Ausbeute von 87,8 bis

90,9.0/0,. Das gebildete Diradikal setzte sich zu 76,2 — 80,0 o/0 in

Propylenimin (b) und zu 10,7—13,5 o/0 in Polymerisationsproduktedes Propylenimins (c) um.

Die Nebenreaktion (e) verlief mit einer Ausbeute von4,5—7,0o/0 f

Es besteht hier allerdings wieder die Möglichkeit, daß das Mono-

propanolamin auch aus dem Diradikal der Hauptreaktion (f) oder

aus dem Propylenimin (g) durch Anlagerung von Wasser gebildetwurde.

Im Reaktions-Rückstand wurden die restlichen 3 — 5 o/o der

Reaktionsprodukte aufgefunden. Sie bestehen vermutlich auch aus

Polymerisationsprodukten des Propylenimins mit hohem Polymeri¬sationsgrad und aus kleinen Mengen Monopropanolamin und unver-

seiftem Aminopropanolschwefelsäureester.

Ausbeute an Propylenimin:

Bei der Verseifung des Aminopropanolschwefelsäureesters mit

28,6o/oiger Natronlauge entstanden 76,2 — 80,0 o/o Propylenimin.Berücksichtigt man, daß der Aminopropanolschwefelsäureester aus

Monopropanolamin hergestellt wird und bei der Verseifung noch

ungefähr 6 o/o Monopropanolamin zurück erhalten wurden, so er¬

höht sich die Ausbeute an Propylenimin auf 80,6 — 85,1 o/o.

4. Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit.

Die Bestimmung der Geschwindigkeitskonstanten der Ver¬

seifung des Aminopropanolschwefelsäureesters erfolgte analog wie

bei der Verseifung des Aminoäthanolschwefelsäureesters (Seite 41).

1. Versuchsreihe:

Die Reaktionstemperatur betrug 95°. Der Verseifungsgrad undder berechnete Mittelwert für die Geschwindigkeitskonstante k

sind in Tabelle 11 zusammengestellt. Der Verlauf der Verseifungist in Figur 6 dargestellt.

66

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Tabelle 11. Verlauf der Verseifung

des Aminopropanolschwefelsäureesters bei 95°.

Reaktionszeit Verseifter Ester Geschwindigkeitskonstante

15 Minuten 19,54 %

25„

26,41 °/o

30 32,22% 0,012745

„ 40,64 %50 47,50%

60 52,24 °/o

2. Versuchsreihe:

Die Reaktionstemperatur betrug 113°. Der Verseifungsgrad und

der berechnete Mittelwert für die Geschwindigkeitskonstante k

sind in Tabelle 12 zusammengestellt. Der Verlauf der Verseifungist in Figur 6 dargestellt.

Tabelle 12. Verlauf der Verseifung

des Aminopropanolschwefelsäureesters bei 113°.

Reaktionszeit Verseifter Ester Geschwindigkeitskonstante

20 Minuten 69,64%25

„75,21 °/o

35 84,16 % 0,055045

„91,31 %

50 91,70 %

60 91,03 %

67

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Figur 6. Verlauf der Verseifungdes Aminopropanolschwefelsäureesters bei 95 und 113°.

100%

80%

I60»/«

5

I 40»/.

>

20%

0%

113°

20 40 60 80

Reaktionszeit in Minuten

95°

100

Tenvperaturabhähgigkeit der Geschwindigkeitskonstanten:

Aus den Geschwindigkeitskonstanten der ersten und zweiten

Versuchsreihe wurde mit Hilfe der Arrhenitis'schen Gleichung

k = Z • e

E

RT

die Temperaturabhängigkeit bestimmt. Die berechneten Werte be¬

tragen für E 23010 cal und für Z 2,39 . 10u min -1 entsprechend3,98 . 109 sec -1.

Die Arrhenius'sehe Gleichung zur Berechnung der Geschwindig¬keitskonstanten k bei einer beliebigen Temperatur lautet nun:

23010

Berechnung des Temperatur-Koeffizienten:

Der Temperatur-Koeffizient ^+1° zwischen 100 und 110°

beträgt 2,29. Eine Temperatur-Erhöhung von 100 auf 110° bewirkt,

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daß die Verseifung des Amjjnopropanolschwefelsäureesters 2,29mal schneller verläuft.

III. Katalytische Wirkung von aktiver Tonerde

auf Monoäthanolamin.

Die Herstellung des Aethylenimins aus Monoäthanolamin, wie

sie im Abschnitt II beschrieben ist, geschah durch Abspaltungeines Mols Wasser mit Hilfe der Reaktion über den Schwefelsäure¬

ester. In den folgenden Versuchen wurde die Abspaltung des Was¬

sers aus dem Monoäthanolamin auf katalytischem Wege untersucht.

1. Herstellung von aktiver Tonerde.

Die hier verwendete aktive Tonerde wurde durch Fällen des

Aluminiumhydroxyds mit Kohlendioxyd aus einer Natriumalumi-

nat-Lösung und durch nachfolgendes Auswaschen und Trocknen

des Niederschlages hergestellt.In einem Becherglase wurden 1500 ccm Natronlauge von 40°

Bé zum Sieden erhitzt. Unter Rühren wurde hierauf 1 kg Alu¬

miniumoxyd in kleinen Portionen zugegeben und so lange im Sie¬

den erhalten, bis eine gelblich-trübe, durchschimmernde Lösungentstand. In die auf 40° gekühlte Lösung wurden während 40 Stun¬

den 15 — 20 1/h Kohlendioxyd eingeleitet, also ungefähr 150 o/o

der theoretischen Menge. Nachdem sich der Niederschlag abgesetzthatte, wurde die überstehende Flüssigkeit abdekantiert und der

Niederschlag zuerst mit gewöhnlichem Brunnenwasser und dann

mit destilliertem Wasser so lange gewaschen, bis die Waschflüssig¬keit vollständig neutral war. Der Niederschlag wurde nun ab-

filtriert, mit 300 at Druck abgepreßt und bei 150° getrocknet. Der

feste Kuchen wurde zerkleinert und ausgesiebt, wobei die Fraktion

mit 3 — 4 mm Korn-Durchmesser verwendet wurde.

2. Ausführung der Versuche.

Die Versuche wurden in der in Figur 7 dargestellten Apparaturausgeführt.

69

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Figur 7. Apparatur zur Untersuchung der Einwirkung von aktiver

Tonerde auf Monoäthanolanün.

AT-S ft

70

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61 g Monoäthanolamin (1 Mol) wurden im Laufe von 6 Stun¬

den aus dem Tropftrichter T gleichmäßig in das Reaktionsrohr R

getropft. Das Rohr wurde durch den elektrischen Röhrenofen O

geheizt und die Temperatur mit Hilfe des Thermoelementes Th

bestimmt. Der Katalysator AT war auf einer Länge von 45 cm im

Supremax-Glasrohr R eingefüllt und wurde vor den Versuchen bei

der jeweiligen Versuchstemperatur entwässert und aktiviert. Als

Trägergas wurde ein Strom von 111/h Stickstoff durch die Appara¬tur geleitet. Die Menge des Stickstoffes wurde mit dem Strömungs¬messer St gemessen. Die leicht kondensierbaren Produkte wurden

in einem dem Reaktionsrohr folgenden Schlangenkühler S kon¬

densiert und im Meßgefäß M aufgefangen. Die flüchtigeren Pro¬

dukte wurden in den beiden Kondensationsgefäßen K kondensiert,

die mit einer Kältemischung von Trockeneis-Methylalkohol ge¬

kühlt waren. Die restlichen basischen Produkte wurden in den zwei

Absorptionsflaschen A mit n-Schwefelsäure absorbiert. Die rest¬

lichen Reaktionsprodukte, die nur noch aus gasförmigen Verbin¬

dungen bestanden, wurden im Gasometer G aufgefangen und in

einem Orsat-Gasanalysenapparat analysiert.

3. Aufarbeitung der Reaktionsprodukte.

Flüssige Reaktionsprodukte:

Die Reaktionsprodukte in den beiden Kondensationsgefäßen K

wurden vorsichtig auf Zimmertemperatur erwärmt, wobei das ent¬

weichende Ammoniak in den Absorptionsflaschen A aufgefangenwurde. Die restlichen Produkte wurden zusammen mit den Reak¬

tionsprodukten aus dem Meßgefäß M mit Kaliumhydroxyd ge¬

sättigt, wobei sich zwei Schichten bildeten. Die untere Schicht be¬

stand aus konzentrierter wässeriger Kalilauge und dem darin ge¬

lösten Monoäthanolamin, das nicht umgesetzt wurde. Die obere

Schicht, aus den flüssigen Reaktionsprodukten bestehend, wurde

nochmals mit Kaliumhydroxyd getrocknet und hierauf unter einem

Druck von 10 —12 mm Hg fraktioniert destilliert.

Absorbierte gasförmige Reaktionsprodukte:

Die basischen Produkte, die in den Absorptionsflaschen A ab¬

sorbiert wurden, bestanden aus Ammoniak und vermutlich aus ge¬

ringen Mengen flüssiger, durch den Stickstoff-Strom mitgerissener

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Reaktionsprodukte. Die Menge wurde aus dem Verbrauch an 2 n-

Schwefelsäure berechnet.

Gasförmige Reaktionsprodukte:Das im Gasometer G aufgefangene Gas wurde im Orsat-Appa-

rat auf Acetylen, Kohlenmonoxyd, Wasserstoff und Methan analy¬siert. Da die gesamte Gasmenge, eingeleiteter Stickstoff und ent¬

standene Gase, bekannt war, konnte die ungefähre effektive Mengeder gasförmigen Reaktionsprodukte berechnet werden.

4. Resultate der Versuche.

Die erhaltenen Resultate sind in Tabelle 13 zusammengestellt.Wegen der großen Zahl der entstandenen Verbindungen war es

nicht möglich, einheitliche Fraktionen zu erhalten. Bei der Destil¬

lation stieg die Siedetemperatur allmählich an. Immerhin konnten

die einzelnen Fraktionen innerhalb einem Temperatur-Bereich von

4— 6° isoliert werden. Die in der Tabelle angegebenen Siedepunktesind diejenigen Temperaturen, bei denen die Hauptmenge der ent¬

sprechenden Fraktion überdestillierte.

Der Siedepunkt der Fraktion A bezieht sich auf einen Druck

von 725 mm Hg, derjenige der Fraktionen B bis G auf einen Druck

von 10 —12 mm Hg.

Tabelle 13. Ausbeuten der Reaktionsprodukte aus 61 g Monoätha¬

nolamin (1 Mol) in Abhängigkeit von der Reaktionstemperatur.

Versuchsreihe 1. 2. 3. 4.

Versuchstemperatur :

Flüssige Produkte:

Fraktion A Sdp. ~ 90»

B„

~ 30«

C„

- 40«

D„

~ 48 »

„E

„~ 53»

F„

~60»

G„

~ 70»

RficksUnd„

> 70»

Gasförmige Produkte:

Ammoniak....

Kohlenmonoxyd . .

Wasserstoff....

Monoäthanolamin :

300»

10,7-11,9 g

0,6-0,8 g

} 0,4-0,6 g

0,9-1,2 g

0,9-1,3 g

} 7,3-8,1 g

2,1-2,4 g

0,5-0,7 g

0,02—0,05 g

0,3—0,5 g

31,2—32,8 g

350»

21,4-22,7 g

0,2-0,3 g

1,6-1,9 g

1,4-1,7 g

1,6-1,8 g

1,5-1,8 g

0,9-1,2 g

0,8-1,1 g

12,0-13,1 g

6,7-7,1 g

0,2-0,3 g

1,2-1,4 g

0,05—0,08 g

1,0-1,2 g

5,8-7,2 g

400»

25,3—26,2 g

1,3-1,6 g

1,2-1,5 g

} 3,6-4,1 g

0,0-0,1 g

2,7-3,2 g

0,7-0,9 g

13,5-14,9 g

7,8-8,3 g

1,0-1,1 g

1,2-1,4 g

0,06—0,09 g

1,6-1,9 g

4,2-5,8 g

450«

22,0—23,6 g

1,9-2,4 g

1,8-2,1 g

} 2,4-3,0 g

} 1,3-1,6 g

13,3-14,6 g

7,9-8,5 g

1,6-1,8 g

0,8-1,0 g

0,28-0,35 g

2,6-2,9 g

4,2-5,7 g

72

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Bei den Versuchen unter 300° erlitt das Monoäthanolamin noch

fast keine Umwandlung. Bei den Temperaturen über 450° wurde

die Zersetzung des Monoäthanolamins in gasförmige Produkte stär¬

ker und dadurch die Ausbeute an flüssigen Produkten geringer.Ebenfalls stieg der prozentuale Anteil des Rückstandes gegenüberden tiefer siedenden Produkten.

5. Identifizierung der Reaktionsprodukte.

Wegen der großen Zahl von Verbindungen, die im Reaktions¬

produkt vorhanden waren, konnten keine reinen Fraktionen erhal¬

ten werden. Einzig aus der Fraktion  und der Fraktion E konnten

einheitliche Verbindungen isoliert werden. Bei allen andern Frak¬

tionen konnte nur festgestellt werden, welche ungefähre chemische

Zusammensetzung die Substanz der betreffenden Fraktion besitzt.

Fraktion A :

Die Fraktion A, Siedepunkt ~ 90° bei 725 mm Hg, wurde über

Kaliumhydroxyd getrocknet und destilliert.

Eigenschaften: Der Siedepunkt beträgt 89 — 90° bei 725 mm

Hg. Nach Knorr und Rabe1B) siedet Pyrrolin bei 90°. Die Fraktion

A ist in Wasser löslich.

Derivat: Zur reinen Fraktion A wurde bis zur neutralen Reak¬

tion eine 3<>/oige Pikrinsäure-Lösung in Methylalkohol gegeben.Das ausgefallene Pikrat wurde abfiltriert und nach 3-maligem Um¬kristallisieren in Wasser betrug der Schmelzpunkt 155° (korr.).Nach Anderlini16) liegt der Schmelzpunkt des Pikrates von Pyrro¬lin bei 156°.

Analyse des Pikrates:

15,78 mg Substanz gaben 23,37 mg C02 und 4,78 mg H20 >

8,87 mg Substanz gaben 1,50 ccm N2 (18°, 725 mm)

Gef. C 40,42o/o H3,39o/0, N18,92o/0

C10H10N4O7 Ber. C40,42o/0 H3,38o/0, N18,79o/0

Die Fraktion A besteht also aus Pyrrolin.

") Knorr und Rabe, B. 34, 3497 (1901).

16) Anderlini, B. 22, 2512 (1889).

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Fraktion E:

Die Fraktion E bestand aus weißen Kristallen.

Eigenschaften: Der Schmelzpunkt der Kristalle beträgt 103°

(korr.) und der Siedepunkt 146 —147° bei 725 mm Hg. Nach

Hofmann1,1) schmilzt Piperazin bei 104° und siedet bei 145°. Die

Kristalle sind leicht löslich in Wasser und in Alkohol. Die wässerigeLösung reagiert alkalisch.

Derivat: Zur wässerigen Lösung der Kristalle wurde bis zur

neutralen Reaktion eine 3o/oige Pikrinsäure-Lösung in Methylalko¬hol gegeben. Das ausgefallene Pikrat wurde abfiltriert und nach

4-maligem Umkristallisieren in Methylalkohol-Wasser 1 :1 wurde

das Pikrat bei ungefähr 250° braun und bei 290° (korr.) schwarz

ohne zu schmelzen. Nach Gabriel18) wird das Pikrat des Piperazinsbei 250° braun und bei 280° schwarz ohne zu schmelzen. Eine Be¬

stimmung des Mischschmelzpunktes mit Piperazin-Pikrat ergabkeine Depression der Schmelztemperatur.

Die Fraktion E besteht also aus Piperazin.

Fraktionen B, C, D, F, G und Rückstand :

Alle diese Fraktionen wurden über Kaliumhydroxyd getrocknetund destilliert.

Eigenschaften: Diese Fraktionen sind wasserklare, basische

Flüssigkeiten, die sich nach kurzer Zeit an der Luft gelb und dann

braun färben. Die Löslichkeit in Wasser nimmt mit steigendemSiedepunkt ab. Die Fraktion G ist in Wasser schon sehr schwer

löslich und der Rückstand ist fast unlöslich.

Derivate: Zu den destillierten Fraktionen wurde bis zur neu¬

tralen Reaktion eine 3<>/oige Pikrinsäure-Lösung in Methylalkoholgegeben. Die ausgefallenen Pikrate wurden abfiltriert und in Was¬

ser-Methylalkohol-Gemischen umkristallisiert. Aus dem Rückstand

wurde weder ein schönes Pikrat, noch ein schönes Pikrolonat er¬

halten. Beim Umkristallisieren wurden sie immer zu einer harzigenMasse.

,7) Hofmann, B. 23, 3300 (1890).

18) Gabriel, B. 38, 3412 (1905).

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Analyse der Pikrate:

Fraktion mg Substanz mg CO, mgHgO 7oC 7oH

B 23,55 31,19 6,74 36,14 3,20

C 20,15 26,87 5,92 36,39 3,29

D 22,16 30,14 6,93 37,12 3,50

F 21,22 28,95 6,76 37,23 3,56

G 20,73 29,06 6,94 38,26 3,74

Analyse des Rückstandes:

21,70 mg Substanz gaben 59,29 mg C02 und 18,78 mg H20

9,63 mg Substanz gaben 1,38 ccm N2 (20°, 727 mm)

Gel C 74,56o/o H 9,68o/0 N 15,97o/0

Die berechneten Analysenwerte betragen :

Verbindung C H N

C2H6N 55,8 7» 11,6 »/o 32,6 7o

Cj;H6N • Pikrat 35,30 7o 2,96 °/o 20,59 7o

C2H6N • CgH2 69,6 7o 10,1 7o 20,3 °/o

CjHjN • CjHs • Pikrat 40,42 7o 3,38 7o 18,79 7o

CjH^ 92,3 7o 7,7 •/.

Die Fraktionen B, C, D, F und G und der Rückstand bestehen

also aus Polymerisationsprodukten, die aus den beiden Gruppen

(—CH2—CH2—NH—) und (—CH=CH—) aufgebaut sind. Die

tiefer siedenden Fraktionen enthalten noch mehrheitlich die

Gruppe (—CH2—CH2—NH—), während im Rückstand die Gruppe

(—CH=CH—) vorherrscht.

6. Reaktionsverlauf.

Die aktive Tonerde wirkt auf Monoäthanolamin folgender¬maßen ein:

Durch Abspaltung von Wasser allein, bzw. von Wasser 4-Am¬

moniak, entstehen zwei Diradikale, und durch Zersetzung wurden

Ammoniak, Methan und Kohlenmonoxyd gebildet. Diese Diradikale

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und Verbindungen erlitten zum Teil weitere Umsetzungen, so daß

sich folgendes Reaktionsschema ergab:

HO—CH2—CH2—NH2

b

(—CH2-CH2-NH—) (—CH=CH-)

NH/\

CO + CH4 + NH3

CH=CH

GH« CHoii*CHo CHo

\V*

NH

CH=CH PolymerisateI

CH2 CH2

NH

C + H2

Bei 250° erfolgte noch keine Umsetzung des Monoäthanolamins,bei 300° betrug sie ungefähr 47 o/o und bei den höheren Tempera¬turen rund 90p/o.

Die Untersuchung der quantitativen Mengen der einzelnen Re¬

aktionsprodukte zeigte folgendes Ergebnis:Aemylenimin wurde nicht gebildet, obwohl das Diradikal der

Reaktion (a) entstand ; bei einer Reaktionstemperatur von 350° ent¬

standen aus diesem Diradikal 3,5 — 4,2 o/0 Piperazin (d). Infolgeder äußeren Einflüsse (hohe Temperatur und hohe Konzentration)wurde der Dreiring nicht gebildet. Bei 300° sank die Ausbeute an

Piperazin auf 2,1—2,8 o/o und bei den Temperaturen über 400°

wurde kein Piperazin mehr gebildet. Die Ammoniak-Abspaltungwar bei diesen Temperaturen schon sehr viel größer und daherdie Bildung zum Diradikal der Reaktion (a) viel kleiner.

Die beiden Diradikale der Reaktionen (a) und (b) bildeten zu¬

sammen bei 350° 0,3 — 0,4o/0 Pyrrolin (e). Bei 300° wurde noch

kein Pyrrolin gebildet, hingegen stieg die Ausbeute mit steigenderReaktionstemperatur, so daß bei 450° 2,8 — 3,5 o/^ Pyrrolin ge¬bildet wurden.

Alle anderen flüssigen Reaktionsprodukte sind nicht genau de¬finierte Polymerisationsprodukte (f) aus den beiden Diradikalen der

Reaktionen (a) und (b). Setzt man voraus,, daß sie im Durchschnitt

ungefähr aus gleichen Teilen der beiden Diradikale aufgebaut sind,so ergeben sich folgende Ausbeuten: Bei 300° 28,4—,31,Op/o, bei

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350° 57,l — 59,7o/o, bei 400° 69,6 — 71,0 o/0 und bei 450° 58,2—

61,4o/o. An Hand der Analysen-Resultate der verschiedenen Frak¬

tionen zeigte es sich, daß die Gruppe (—CH=CH—) etwas vor¬

herrscht, so daß die Ausbeuten eher noch etwas höher angegebenwerden könnten.

Die Zersetzung des Monoäthanolamins nahm mit steigender Re¬

aktionstemperatur zu. Als Zersetzungsprodukte traten Ammoniak,Methan und Kohlenmonoxyd (c) auf. Zwischen 350 und 450° betrugdiese Zersetzung ungefähr 5o/o. Die Abspaltung von Ammoniak

dagegen war viel größer, da nicht nur bei der Reaktion (c), sondern

ebenfalls bei der Reaktion (b) Ammoniak frei wurde. Die Ausbeute

wuchs von 10 o/o bei 300° auf 45 — 50o/0, bei 450°. Acetylen wurde

mit einer Ausbeute von 1 o/0 erst bei einer Reaktionstemperaturvon 350° gebildet (g), und stieg bei einer Temperatur von 450°

auf ungefähr 6o/o. Die Zersetzung in Kohlenstoff und Wasser¬

stoff (h) und (i) nahm ebenfalls mit steigenderReaktionstemperaturzu. Nach' der Menge des Wasserstoffes betrug sie 4 — 5 o/o bei

450°. Der Kohlenstoff schlug sich zum größten Teil auf der aktiven

Tonerde nieder.

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Zusammenfassung.A. Eis wurde die Verseifung des Aminoäthanol- und des Amino-

propanolschwefelsäureesters zu Aethylenimin und zu Propyleniminuntersucht.

l.Die Herstellung der Schwefelsäureester erfolgte aus den ent¬

sprechenden Monoalkanolaminen mit Schwefelsäure.

2. Der Reaktionsverlauf der Verseifung des Aminoäthanol- und

des Aminopropanolschwefelsäureesters mit Natronlauge wurde

abgeklärt. Neben der Bildung des Imins entstanden auch das

Monoalkanolamin und Polymerisationsprodukte des Imins.

3. Die Verseifung des Aminoäthanolschwefelsäureesters wurde mit

Natronlauge von verschiedener Konzentration ausgeführt. Die

erhaltenen Reaktionsprodukte wurden quantitativ und qualita¬tiv bestimmt und in Abhängigkeit von der Konzentration der

Natronlauge graphisch dargestellt.4. Es wurden die Polymerisation von Aethylenimin unter ver¬

schiedenen Bedingungen und die Löslichkeit des Aethyleniminsin Natronlauge untersucht.

5. Es wurden die Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten der Ver¬

seifung des Aminoäthanol- und des Aminopropanolschwefel-säureesters bestimmt und daraus die Aktionskonstante und die

Aktivierungsenergie mit Hilfe der Arrhenius'sehen Gleichungund der Temperatur-Koeffizient zwischen 100 und 110° be¬

rechnet. Dabei konnte festgestellt werden, daß die Verseifungder Schwefelsäureester mit überschüssiger Natronlauge eine

Reaktion erster Ordnung ist.

B. Es wurde die katalytische Wirkung von aktiver Tonerde auf

Monoäthanolamin untersucht, in der Annahme, die Bildung von

Aethylenimin erfolge durch Wasserabspaltung aus Monoäthanol¬

amin.

l.Der Reaktionsverlauf bei der katalytischen Einwirkung von

aktiver Tonerde auf Monoäthanolamin wurde abgeklärt. Neben

der Abspaltung von Wasser erfolgte auch eine teilweise Ab¬

spaltung von Ammoniak. Es wurde kein Aethylenimin erhalten,

dagegen entstanden Polymerisationsprodukte aus den beiden

Gruppen (—CH2—CH2—NH—) und (—CH=CH—).2. Die Reaktionsprodukte wurden quantitativ und qualitativ be¬

stimmt.

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Lebenslauf.

Ich wurde am 12. Mai 1918 in meinem Bürgerort Aarau gebo¬

ren, wo ich die Gemeinde-, Bezirks- und Oberrealschule besuchte.

Nach bestandener Maturität im Herbst 1937 trat ich in die Che¬

mische Abteilung der Eidg. Techn. Hochschule in Zürich ein. Im

Frühling 1942 erwarb ich daselbst das Diplom als Ingenieur-

Chemiker. Unterbrochen durch Militärdienst und neben einjähriger

Tätigkeit als Assistent an der ETH führte ich unter der Leitung

von Herrn Prof. Dr. A. Guyer im Technisch-Chemischen Labora¬

torium die vorliegende Promotionsarbeit aus.

Zürich, im Dezember 1944.

79