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Research Collection Doctoral Thesis Ueber Kolloide in der Melasse Author(s): Brodowski, Alexander von Publication Date: 1929 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000389707 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library

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  • Research Collection

    Doctoral Thesis

    Ueber Kolloide in der Melasse

    Author(s): Brodowski, Alexander von

    Publication Date: 1929

    Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000389707

    Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted

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  • Oit«. E T H \ Ç.A1! >

    Über Kolloide in der Melasse

    Von der

    Eidgenössischen Technischen Hochschule

    in Zürich

    zur Erlangung der

    Würde eines Doktors der technischen Wissenschaften

    genehmigte

    No 577 Promotionsarbeit

    vorgelegt von

    Alexander v. Brodowski

    dipl. Ing.-Chem.

    ^\ aus Baden (Schweiz)

    Kat.

    Referent: Herr Prof. Dr. G. Wiegner

    Korreferent: Herr Prof. Dr. E. Baur

    DRESDEN und LEIPZIG 1929

    Theodor Steinkopff, Verlagsbuchhandlung

  • Meinen lieben Eltern!

  • Die vorliegende Arbeit wurde vom April 1927 bis zum April 1929

    in den Laboratorien für Technologie der Kohlehydrate am Polytechni¬kum Warschau ausgeführt.

    Es sei mir gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof.

    K. Smoleiiski, Direktor des polnischen Instituts für Zuckerindustrie,

    der diese Arbeit leitete und mir in liebenswürdiger Weise seine Labora¬

    torien zur Verfügung stellte, für sein reges Interesse und seine wertvollen

    Katschläge meinen wärmsten Dank auszusprechen.Ferner möchte ich es nicht unterlassen, an dieser Stelle auch Herrn

    Prof. Dr. G. Wiegner für sein stetes Interesse, das er meiner Arbeit

    entgegenbrachte, verbindlichst zu danken.

  • Inhaltsverzeichnis.Seite

    A. Einleitung . , 2

    B. Die Melasse 5

    1. Herkunft und Analyse 5

    2. Physikalisch-chemische Untersuchungen 8

    a) p„-Bestimmung und elektrometrische Titration 8

    b) Oberflächenspannung 12

    c) Viskosität -18

    d) Farbe 22

    C. Die Kolloide in der Melasse 25

    1. Vorversuch 25

    2. Gewinnung und Trennung der Melassekolloide 31

    3. Beschreibung und Analyse dec einzelnen Fraktionen 33

    4. Physikalisch chemische Untersuchungen 48

    a) Elektrotitration 48

    b) Kataphorese 49

    c) Flockungsversuche 51

    d) Oberflächenspannung 58

    e) Viskosität 60

    f) Farbe 61

    g) Adsorptionsversuche 64

    h) Defekosaturation 65

    i) Dialysierversuch 66

    5. Zusammenfassung der Resultate und Vergleich der Kolloide mit¬einander und mit anderen aus der Melasse isolierten Farbstoffen . 66

    D. Die angewandten Untersuchungsmethoden 72

    1. Die elektrometrische pH-Messung und Titration 722. Die Oberflächenspannungsmessungen 73

    3. Die Viskositätsmessungen 75

    4. Die Farbmessungen 76

    5. Gewinnung und Trennung der Kolloide 76

    a} Die Dialyse 76

    b) Die Trennung 79

    6. Analytisches 85

    E. Zusammenfassung 92

    1

  • 2

    A. Einleitung.

    In den letzten 10 Jahren hat in der Zuckerindustrie neben der

    analytischen und technischen Chemie auch die Kolloidchemie Eingang

    gefunden. Fast auf jeder Stufe der Zuckerfabrikation begegnen wir

    Erscheinungen, die mit der Kolloidchemie eng verknüpft und die ohne

    dieselbe nicht erklärbar sind. Es ist daher nicht zu verwundern, daß

    in den letzten Jahren eine Reihe von Forschern und Zuckertechnologensich die Aufgabe stellten, mehr Licht in die kolloidchemischen Probleme

    der Zuckerfabrikation hineinzubringen.F. W. Zerban1) war wohl einer der ersten, welcher einen Ver¬

    such anstellte, die Kolloide der Rohrzuckerfabrikation näher zu charak¬

    terisieren. Da er die Isolierung und Analyse dieser Kolloide als zu schwie¬

    rig ansah, ging er auf synthetischem Wege vor, indem er Zuckersäfte

    verschiedener Zusammensetzung künstlich herstellte und mit diesen

    dann alle zuckertechnologischen Prozesse durchführte. Die erhaltenen

    Produkte wurden dann auf verschiedene Bestandteile, wie Polyphenole,

    Fe, Invertzucker usw., ebenso auf Farbe untersucht. Zerban gingvon der Annahme aus, daß die meisten Farbkörper der Zuckerfabriks¬

    produkte kolloide Gebilde seien. Es ist klar, daß diese synthetischen

    Produkte nur wenig Ähnlichkeit mitvden natürlichen haben konnten,

    da ja in den Zuckersäften der Praxis ein viel bunteres Gemenge verschie¬

    dener Verbindungen, die miteinander in Reaktion treten können,

    vorliegt.

    Einige Jahre später machte K. R. Lindfors2) wiederum auf die

    Berücksichtigung der Kolloidchemie in der Zuckertechnik aufmerksam.

    Er machte die ersten qualitativen Versuche über Oberflächenspannungs¬

    messungen an Zuckerfabriksprodukten. Diese wurden vor und nach

    der Entfernung der Kolloide mittels aktiver Kohle ausgeführt, wobei

    in letzterem Falle Erhöhung der Oberflächenspannung beobachtet wurde.

    Um die gleiche Zeit erschienen die Arbeiten von R. G.W. Farneil3),welcher zum ersten Male versuchte, die Kolloide von Rohrzucker¬

    säften und -melassen durch Dialyse zu isolieren. Er fand, daß der

    Kolloidgehalt in den untersuchten Melassen 1,17—1,79 Proz. be¬

    trug. In den untersuchten Produkten bestimmte er ferner: gesamte

    Pentosanmenge, kolloides Pentosan, Gesamtstickstoff und Kolloid¬

    stickstoff (Protein! !), Gesamtasche und Kolloidasche. Daneben

    wurde tanninsaures Eisen eines katechinhaltigen Tannins nachgewiesen.

    ») Ind. Eng. Chem. 12, 744 (1920).2) La Sucrerie Belge 44, 111 (1924/25).3) International Sugar Journ. 26, 420 (1924); 27, 254 (1925).

  • 3

    Die zur Dialyse (Kollodiumbeutel) angewandten Mengen Melasse waren

    aber sehr klein, nämlich nur 25—30 g schwer.

    H. S. Paine, M. S. Badollet und J. C. Keane1) führten Unter¬

    suchungen der Kolloide in Rohr- und Rübenzuckerprodukten durch.

    Sie schlugen aber zu deren Isolierung die Ultrafiltration vor, da ihre

    Versuche zur Trennung der Kolloide durch Dialyse und Zentrifugieren

    fehlschlugen. Es wurden 20prozentige Zuckerlösungen ultrafiltriert.

    Die Autoren fanden, daß mit steigendem Kolloidgehalt die Qualität

    der untersuchten Zucker fiel. Sie teilten bereits die isolierten Kolloide

    in wasserlösliche oder reversible und in wasserunlösliche oder ir¬

    reversible ein und fanden bei vier Zuckersorten 17—95 Proz. reversible

    Kolloide, wobei die Qualität der Zucker um so besser war, je wenigerreversible Kolloide sie enthielten. Durch Oberflächenspannungsmes¬

    sungen vor und nach der Ultrafiltration wurde festgestellt, daß die Ober¬

    flächenspannung nach der Ultrafiltration überall gleich hoch war, wäh¬

    rend sie vor der Ultrafiltration proportional zum Kolloidgehalt er¬

    niedrigt wurde. Die aus verschiedenen Rübenzuckerpradukten isolierten

    Kolloide bestanden zu 12—40 Proz. aus Furfurol gebender Substanz.

    M. Badollet und H. S. Paine2) arbeiteten bald darauf eine

    Methode aus zur näherungsweisen quantitativen Bestimmung der Kol¬

    loide in Zuckersäften durch Ausflockung mit basischen Farbstoffen,

    welche aber ihrer Mängel wegen nur mit Vorsicht zu gebrauchen ist.

    Später veröffentlichten L. E. Dawson, J. C. Keane, H. S. Paine

    und M. A. McCalip3) einige Studien über „Beziehung zwischen der

    Alkalität, Farbe, Oberflächenspannung und Kolloidgehalt von Rüben¬

    zuckerprodukten", ferner über den „Einfluß des Phosphat- und Kol¬

    loidgehaltes von Rohsaft auf die Saftreinigung" und zuletzt über den

    „Einfluß des pH-Wertes auf die Kalksalze und den Charakter der Kol¬

    loide in filtriertem Rohsaft".

    Von gewissem Interesse für die Erforschung der Melassekolloide

    können auch diejenigen Arbeiten sein, welche als Zweck die Untersuchung

    der Melassefarbstoffe hatten. Diese datieren aus einer früheren Zeit.

    1916 gewann H. Stoltzenberg4) aus einer Abfallauge nach der Ent-

    zuckerung einen stickstoffhaltigen Farbstoff von der Formel C20H24N2O9.— Wichtiger sind die Untersuchungen VI. Stanëks5), welcher den

    erhaltenen Melassefarbstoff in verschiedene Fraktionen zerlegte. Die

    !) Ind. Eng. Chem. 16, 1252 (1924).

    2) Z. V. D. Zuckerind. 76, 293, 900 (1926).

    3) Z. V. D. Zuckerind. 78, 47, 111, 112 (1928). Ref.

    4) Ber. 49, 2021 (1916).«) Zeitschr. f. Zuckerind, in Böhmen 41, 292, 298 (1916/17).

    1*

  • 4

    eine dieser Fraktionen, welche aus verschiedenen Melassen ziemlichkonstanten Stickstoffgehalt (7,1—7,3 Proz.) aufwies, nannte er Fus-kazinsäure. Später versuchte er die Melassefarbstoffe aus Mono¬

    sacchariden und Aminosäuren synthetisch darzustellen.1) Dabei warendie aus Asparagin und Asparaginsäure hergestellten Farbstoffe derFuskazinsäure sehr ähnlich, sie unterschieden sich von ihr bloß durch

    den kleinen Stickstoffgehalt. — H. Friedrich2) isolierte ebenfalls

    stickstoffhaltige Farbstoffe aus der Melasse, für welche er den NamenKar a melazin Stoffe vorschlug. — Neuerdings verglich H. Simmich3)die Melassefarbstoffe mit Kulörfarbstoffen (Zuckerkulör), währendB. Ripp4) die Farbstoffbildung aus reduzierenden Zuckern und Amino¬säuren auf chemischem und optischem Wege verfolgte.

    Obschon die Untersuchung der Kolloide in Zuckerfabriksproduktensehr verlockend zu sein scheint, so sind bis jetzt doch nur wenige Ar¬beiten auf diesem Gebiete erschienen. Der Grund mag wohl in einer

    gewissen Schwierigkeit liegen, welche mit der Erforschung der Zucker¬

    produktskolloide, wie überhaupt der Kolloide in der Technik, verbunden

    ist. Alle bisherigen Arbeiten haben den Charakter von Vorversuchen.Zudem behandeln die meisten von ihnen Rohrzuckerkolloide, währendRübenzuckerkolloide bedeutend seltener untersucht wurden. Will man

    jedoch den Kampf mit diesen Kolloiden aufnehmen, welche eine lästigeErscheinung im Fabrikationsgange bilden, so muß man deren Natur und

    Eigenschaften zuerst gründlich kennenlernen. Dies ist aber nur möglich,wenn man eine größere Menge Untersuchungsmaterial zur Verfügung hat.

    Es erschien daher wünschenswert, daß einmal ein Versuch indieser Richtung unternommen würde. Es handelte sich nur noch darum,welches Fabrikationsprodukt als Ausgangsmaterial gewählt werden

    sollte, ob der Rohsaft oder das Produkt irgendeiner anderen Fabrika-tionsstufe. Hierfür bot die Melasse ohne Zweifel das geeignetste Ma¬

    terial, und zwar aus folgenden Gründen: Erstens reichern sich in derMelasse sämtliche Kolloide des ganzen Fabrikationsvorganges an, in¬

    folgedessen können aus ihr die größten Mengen erhalten werden; zwei¬tens war man bei Verwendung von Melasse als Ausgangsmaterial nichtan die Zeit der Kampagne gebunden.

    Der Zweck dieser Arbeit war somit folgender:1. sollte eine Melasse analytisch und physikalisch-chemisch unter¬

    sucht werden;2. sollte aus dieser Melasse eine größere Menge Kolloide isoliert werden;

    *) Zeitschr. f. Zuckerind, in Böhmen 41, 607 (1916/17). 2) Ebenda S. 614.3) Z. V. D. Zuckerind. 76, 1 (1926). 4) Ebenda S. 627.

  • 5

    3. sollten die erhaltenen Kolloide in einzelne Körper oder Gruppen

    zerlegt werden, welche analytisch und physikalisch-chemisch zu

    untersuchen wären;

    4. sollte untersucht werden, ob ein Zusammenhang zwischen den Eigen¬schaften der Melasse und denjenigen der aus ihr isolierten Kolloide

    bestehe.

    Es ist vorauszusehen, daß die Kolloide der einzelnen Fabrikations¬

    stufen in ihrer Zusammensetzung alle mehr oder weniger verschieden

    voneinander sind. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als mit der

    Zeit auch die Kolloide aller übrigen Produkte zu isolieren und systema¬tisch zu untersuchen. Diese weitläufige Untersuchung gedenkt Herr

    Professor K. Smolehski im Institut der Polnischen Zuckerindustrie

    durchzuführen, weshalb er mir die Bearbeitung des Anfanges dieser

    Untersuchungsreihe übertrug zwecks Ausführung vorliegender Promo¬

    tionsarbeit.

    B. Die Melasse.

    1. Herkunft und Analyse.

    Zur Untersuchung gelangte eine Melasse aus der Kampagne 1926/27,welche der Zuckerfabrik Ostrowy (Kongreßpolen) entstammte. Da

    die Arbeitsweise einer Fabrik von unbestreitbarem Einfluß auf die Eigen¬schaften und die Zusammensetzung der erhaltenen Melasse ist, so sei in

    kurzen Zügen das Fabrikationsschema der genannten Fabrik angedeutet:Rohsaft + 2,25 bis 2,5 Proz. CaO-—y I. Saturation— II. Sa¬

    turation >• Auskocher—>-Verdampfstation: O-, I-, II-, III-Körper—*

    Schwefelung —>• Auskocher —>- IV-Verdampfkörper —>-Vorwärmer—>

    Dicksaft.

    Weißzucker Grünablauf Weißablauf

    Ablauf II Mittelprodukt —>- Kläre

    Melasse Nachprodukt mit 0,25 Proz. CaO

  • 6

    Dieses Schema ist heute in Kongreßpolen (früher: Russisch-Polen)

    am meisten verbreitet. Für den Fachmann ist sogleich ersichtlich, daß

    dieses vielfache Verkochen und Aufkochen sich in der Zusammensetzung

    der Melasse bemerkbar machen muß.

    Tabelle 1.

    Analyse der Melasse.

    Auf Melasse

    gerechnet

    Proz.

    Auf Trocken¬

    substanz

    gerechnetProz.

    Wasser'

    Wahre Trockensubstanz

    Refraktometrische Trockensubstanz .

    Zucker durch direkte Polarisation

    Zucker durch Inversionspolarisation . . .

    ReinheitsquotientInvertzucker

    Sulfatasche

    Karbonatasche

    Org. NichtzuckerGesamt-N

    Eiweiß- -)- Propepton- -f Pepton-N 1 nachEiweiß + Propeptone -(- Peptone j RumplerEiweiß-NlEiweiß

    Alkalität in Proz. CaO (Phenolphtalein)*)In Wasser unlöslicher Rückstand .

    nach Barnstein

    23,8876,12

    75,3949,648,665,2

    0,929,66

    8,6918,831,650,021

    0,130,059

    0,370,0740,196

    100,0099,0465,263,8

    65,21,21

    12,6811,41

    24,75

    2,17

    0,0270,170,0780,490,097

    0,258

    *) pH = 8,2. Dieser Punkt wurde durch elektrometrische Titration ermittelt.

    Tabelle 1 enthält eine Zusammenstellung der gefundenen Analysen¬

    werte für die untersuchte Melasse. Die Eiweißbestimmung nach Riimp-ler gab niederere Zahlen als diejenige nach Barnstein, was schon

    K. Andlrik und K. Urban1) bei einem Vergleich der RümplerschenMethode mit der Stutzerschen2) beobachteten (die Barnsteinsche

    Methode ist nur eine Vereinfachung der Stutzerschen).Tabelle 2 gibt uns die Analyse des in Wasser unlöslichen, d. h. un-

    filtrierbaren Melasserückstandes an. Die Ausführung dieser Analyse

    wurde deshalb als notwendig erachtet, weil diese Substanz einen Teil

    der später durch Dialyse erhaltenen unlöslichen Kolloide ausmachte.

    (Vgl. Teil C.)

    !) Zeitschr. f. Zuckerind, in Böhmen 23, 629 (1898/99).2) Abderhalden, Handb. d. biochem. Arbeitsmethoden 7, 107 (1913).

  • 7

    Tabelle 2.

    Analyse des in H20 unlöslichen Melasserückstandes.

    Auf 100 Teile Auf 100 Teile Auf 100 Teile

    Melasse Trockensubstanz Rückstand

    Proz. Proz. Proz.

    Unlöslicher Rückstand 0,196 0,258 100,0Glührückstand . 0,116 0,153 59,2Organ. Substanz 0,080 0,105 40,8Atherlöslich

    .... 0,015 0,020 7,6

    Im getrockneten, wie auch im geglühten Rückstand herrschte neben

    weißen Bestandteilen die blaue Farbe von Ultramarin vor. Im Trocken¬

    rückstand war auch ein fettartiger, schmieriger Körper erkennbar. Das

    Ultramarin rührte natürlich vom Decken des Weißzuckers her, während

    die fettartigen Bestandteile von Fettzugaben zwecks Verminderungdes Schäumens in den verschiedenen Apparaten herrühren könnten.

    Der Glührückstand wurde zuerst mit Wasser ausgezogen und hier¬

    auf .der wasserunlösliche Anteil mit Salzsäure behandelt, wobei sich

    nicht alles löste. Diese Auszüge wurden einer qualitativen Analyse

    unterworfen, welche nachfolgendes Ergebnis gab:

    Der Wasserauszug reagierte auf Lackmus deutlich alkalisch. An

    Kationen waren Kalzium, Natrium und Kalium vorhanden. Anionen

    waren abwesend. Dieser Gehalt an freien Metalloxyden in der Asche

    bewies die Anwesenheit von organischen Salzen.

    Der HCl-Auszug enthielt an Metallen Fe, AI, Ca, Mg, Na und K,an Säuren H3P04 und H2S04, letztere sehr wahrscheinlich von der Zer¬

    legung des Ultramarins herrührend. Die Phosphorsäure schien zum

    Teil organisch gebunden zu sein, was sich auch später bestätigte. (Vgl.Teil C.)

    Der in HCl unlösliche Teil war auch in HN03 unlöslich. Er zer¬

    fiel zur Hauptsache in einen grauen Anteil und einen geringeren weißen

    Belag, der an den Wandungen des Platintiegels haftete. Der erstere

    erwies sich als Si02 und der letztere als CaS04.

    An Hand der gewonnenen Resultate können wir zusammenfassend

    sagen, daß der in Wasser unlösliche Melasserückstand ungefähr zur

    Hälfte aus Ultramarin -f- geringe wasserunlösliche Asche besteht. Da¬

    neben haben wir einen reichlichen Gehalt an organischen Salzen, welche

    mindestens ein Drittel der Gesamtsubstanz ausmachen. Der Rest,

    7,6 Proz., sind reine organische Verbindungen.

  • 8

    2. Physikalisch-chemische Untersuchungen.

    Da eine Reihe von physikalisch-chemischen Eigenschaften, wie

    Oberflächenspannung, Viskosität und Farbe der Melasse, durch deren

    Kolloidgehalt beeinflußt werden kann, so wurde für notwendig erachtet,in dieser Richtung einige Messungen vorzunehmen. Dadurch wäre es

    vielleicht möglich, Beziehungen zwischen Melasse und den daraus iso¬

    lierten Kolloiden in physikalisch-chemischer Hinsicht abzuleiten.

    Aus der Kolloidchemie ist uns bekannt, daß die oben erwähnten

    Eigenschaften meistens von einem nicht zu vernachlässigenden Faktor

    abhängig sind, nämlich von der Wasserstoffionenkonzentration der

    untersuchten Lösung. Oberflächenspannung und Viskosität wurden

    deshalb nicht nur bei verschiedener Konzentration gemessen, sondern bei

    verschiedenem pH einer Lösung von konstanter Konzentration (23° Brix).

    Bei dieser Gelegenheit wurde auch die Farbe bei verschiedenem pHbestimmt.

    Diesen Messungen mußte eine elektrometrische Titration der Me¬

    lasse vorausgehen. Aus der erhaltenen Titrationskurve konnten nun

    mit Leichtigkeit die zwecks Erreichung eines bestimmten pH-Wertes der

    Melasselösung benötigten Säure- bzw. Laugenzusätze annähernd be¬

    rechnet werden.

    a) pH-Bestimmung und elektrometrische Titration.

    Bevor ich zur Elektrotitration übergehe, will ich noch einige An¬

    gaben machen über die Ergebnisse von pH-Messungen unter Verwendungverschiedener Bestimmungsmethoden. In erster Linie habe ich mich

    der Tüpfelmethode von F. Tödt1) bedient. Zum Vergleich führte ich

    auch einige elektrometrische Messungen unter Anwendung verschie¬

    dener Elektroden aus.

    Die auf 10° Brix verdünnte (pH des Wassers betrug 7,0) Melasse

    ergab nach der Tüpfelmethode ein pH = 8,2.Nun wurde zu den elektrometrischen Methoden übergegangen.

    L. Michaelis2) empfiehlt für die Technik in allen Fällen, wo pH < etwa

    8,5 ist, die Chinhydronelektrode nach Bijlman. F. Großman3) hat

    in einer längeren Studie vergleichende Messungen mit der Wasserstoff-,

    Chinhydron-, Hydrochinhydron- und Chinochinhydron-Elektrode in

    physiologischen Flüssigkeiten durchgeführt. Dabei kam er zum Schlüsse,

    x) Z. V. D. Zuckerind. 76, 494 (1926).2) Michaelis, Praktikum der physikalischen Chemie (1926), 185.

    3) Großman, Eletrody chinhydronowa, hydrochinhydronowa i chinochin-hydronowa (1927).

  • 9

    daß die Chinhydronelektrode bis zu einem pH < 9,0 verwendet werden

    könne, wenn die zu untersuchende Flüssigkeit keine Eiweißstoffe und

    nicht allzuviel anorganische und organische Salze enthalte. Hingegen

    empfiehlt er für eiweißhaltige Flüssigkeiten und Lösungen von starker

    Salzkonzentration die Anwendung der Hydrochinhydronelektrode bis

    zu einem pH < 7,0, und im Bereiche von pH7,0—9,0 unter Anbringungeiner kleinen Korrektur nach einer von ihm aufgestellten empirischenFormel.

    L. E. Dawson1) führte ebenfalls pH-Messungen mit der Chin-

    hydronelektiode aus, und zwar an Zuckerfabrikprodukten. Seine Aus¬

    führungen zeigen, daß der pH-Wert mit der Verdünnung sich ändert,z. B. bei Melasse von 45 auf 6 Brix um 0,54 pH. Er schlägt daher vor,entweder den pH-Wert bei der ursprünglichen Konzentration zu messen

    oder bei verdünnten Produkten den Einfluß der Verdünnung auf den

    pH-Wert zu berücksichtigen.Zuerst versuchte ich, die Messungen bei der ursprünglichen Kon¬

    zentration der Melasse vorzunehmen, und zwar mit der Chinhydron¬elektrode. Hier zeigten sich aber sehr große Potentialschwankungen,

    es war ganz unmöglich, ein konstantes Potential zu erhalten. Ich glaubte

    nun, in der Hydrochinhydronelektrode die geeignete Elektrode zu fin¬

    den, da nach den Darlegungen Groß mans dieselbe für eiweiß-und stark

    salzhaltige Lösungen sich gut eignen soll. Zudem ist zu bemerken,daß ja die Melasse eiweißartige Stoffe enthalten kann. — Aber auch

    dieser Versuch schlug fehl, denn wiederum stellte sich kein konstantes

    Potential ein. Der pH-Wert der Melasse wäre auf diese Art gemessen>10.

    Nachdem die pH-Messungen in unverdünnter Melasse sich als un¬

    durchführbar erwiesen hatten, wurde nun zu pH-Bestimmungen in we¬

    niger konzentrierten Lösungen geschritten. Hierbei wurde nur noch

    mit der Hydrochinhydronelektrode gearbeitet. Bei den Berechnungenwurde die Korrektur nach der Groß manschen Formel angebracht.Die direkt durch Messung gefundenen pH-Werte sind nach Groß man

    im Gebiete pH7—9 zu klein. Zu dem direkt gefundenen Wert pH' muß

    der Wert A pH addiert werden. Wir hätten somit:

    !) Ph = Ph' + A Ph

    A pH läßt sich aus folgender, von Großman empirisch gefundenenFormel berechnen:

    2) A pH = 0,24 -2ph'-7_ o,21.

    !) Sugar 28, 211 (1926).

  • 10

    Ein Vorversuch zeigte, daß bei einer Verdünnung von 1: 1, also

    von etwa 38 Brix, die Potentialschwankungen sich bedeutend vermin¬

    derten; pH' betrug etwa 9,5. Bei noch größerer Verdünnung, auf 10 Brix,erhielt man eine sehr rasche Potentialeinstellung, welche sich lange kon¬

    stant hielt; pH' berechnete sich hier zu 8,5.Diese Vorversuche wurden gemacht, ohne die hinzugegebene

    Hydrochinon-Chinhydron-Mischung abzuwägen; es wurde nur dafür

    gesorgt, daß das Verhältnis von Chinhydron zu Hydrochinon, wie 1: 10,

    gewahrt wurde. Groß man erhielt die zuverlässigsten Resultate, wenn

    er 0,3 g Hydrochinon + 0,03 g Chinhydron pro 5 ccm Flüssigkeit ver¬

    wendete. Er bemerkt aber, daß dieses Mengenverhältnis nicht streng

    innegehalten werden müsse, wenn nur dafür gesorgt sei, daß ein Teil des

    Gemisches sich auflöse und ein genügender Teil am Platindraht anhafte.

    In einem Versuch, wo vom Elektrodengemisch weniger verwendet

    wurde (0,1 Hydr. : 0,01 Chinh. pro 10 ccm), zeigte das Potential fort¬

    während Schwankungen, was auch einen unsicheren pH-Wert ergab. Bei

    größerer ,,Hydrochinhydron"-Konzentration verschwanden die Poten¬

    tialschwankungen gänzlich (vgl. Tabelle 3). Daraus folgt, daß zur Er¬

    reichung sicherer pH-Werte ein bestimmtes Minimum an „Hydrochin-

    hydron" notwendig ist.

    Tabelle 3.

    pH-Werte der Melasse, gefunden mit der Hydrochinhydron-elektrode.

    Elektrodengemisch Brix Ph Ph Bemerkungen

    10 ccm+0.1 Hydr.+0,01 Chin. 10 8,78 9,39 Potentialschwankungen5

    „ +1,0 „ +0,1 „ 10 8,49 8,96 Konst. Potential, rasche Ein¬

    stellung

    2,5 „ +1,0 „ +0,1 „ 25 8,66 9,21 Konst. Potential, rasche Ein¬

    stellung

    2,5 „ +1,0 „ +0,1 „ 76 >9 — Große Potentialschwankungen

    In Tabelle 3 sind die Versuchsergebnisse mit der Hydrochinhydron-elektrode zusammengestellt. Tabelle 4 gibt uns einige pH-Werte der

    Melasse bei verschiedener Konzentration an, welche mittels der Wasser-

    Tabelle 4.

    Brix Ph

    15

    23

    31

    8,70

    8,788,88

  • 11\

    Stoffelektrode gefunden wurden. Vergleichen wir die beiden Versuchs¬

    reihen miteinander, so sehen wir, daß bei der Hydrochinhydronelektrode

    die pH'-Werte niederer, die pH-Werte aber höher ausfallen, als die pH-Werte bei der Wasserstoffelektrode. Letztere sind sicher die zuverläs¬

    sigen Werte. Jedoch kann man in beiden Tabellen eine Regelmäßigkeit

    beobachten, nämlich, daß mit steigender Konzentration der Lösungenauch das pH steigt. Man könnte hier einwenden, daß die pH-Erniedrigungbei steigender Verdünnung der Melasse durch den sauren Charakter

    des destillierten Wassers hervorgerufen werden könne (im hiesigen Labo¬

    ratorium hatte das destillierte Wasser gewöhnlich ein pH 4,5—5,5).Dies war zwar höchst unwahrscheinlich, da ja die Melasse sehr stark

    gepuffert ist. Um aber diesen Einwand völlig zu widerlegen, habe ich

    zwei Melasselösungen von 15 Brix hergestellt, von denen eine mit ge¬wöhnlichem (saurem) und die andeie mit genau neutralisiertem (mittelsNaOH) destilliertem Wasser hergestellt war. In beiden Fällen fand ich

    genau denselben pH-Wert, nämlich: 8,70. Somit war der Beweis er¬

    bracht, daß der schwach saure Charakter des destillierten Wassers bei

    der Verdünnung der Melasse auf deren pH keinen Einfluß ausübt.

    Der Grund der pH-Erniedrigung bei steigender Verdünnung muß

    also irgendwo anders gesucht werden. Die Änderung des Dissoziations¬

    grades der mannigfaltigen Salze durch die Verdünnung scheint hier

    ziemlich sicher eine große Rolle mitzuspielen.Was den pH-Wert anbelangt, der durch die Tüpfelmethode erhalten

    wurde, so ist die abnormale Abweichung nach unten im Vergleich zu

    den Werten der elektrometrischen Methode in der Wahl des Indikators

    zu suchen. Die in den pH-Bereich der untersuchten Melasse fallenden

    Indikatoren waren Phenolrot (Phenol-sulfophtalein) mit einem pH-Gebiet von 6,8—8,4 (Farbenumschlag gelb-rot), und Kresolrot (o-Kresol-

    sulfophtalein) mit einem pH-Gebiet von 7,2—8,8 (Farbenumschlag gelb¬

    rot). Gerade bei diesen beiden Farbenindikatoren ist es oft sehr schwie¬

    rig, in Zuckerfabriksprodukten die richtige Umschlagsfarbe zu erfassen.

    Es wäre daher wünschenswert, wenn uns die Farbenindustrie für er¬

    wähntes pH-Gebiet bessere Indikatoren liefern könnte, solche mit leicht

    erfaßbarem Farbenumschlag.In Fig. 1 ist die Titrationskurve aufgezeichnet, welche auf elektro-

    metrischem Wege erhalten wurde. Auf der Ordinate sind die pH-Werte

    aufgetragen, auf der Abszisse die hinzugefügten Kubikzentimeter n-HCl.

    Kurve I wurde durch Titration von 6,6 g Melasse, auf 15 Brix verdünnt,

    erhalten. Kurve II zeigt zum Vergleich die Titration von 31,7 ccm „neu¬tralen" destillierten Wasser, entsprechend dem Volumen der an-

  • 12

    gewandten Melasselösungen. A. H. W. Aten und P. J. H. van Gin-

    neken1) haben gezeigt, daß bei der Elektrotitration von Zuckerfabrik¬

    säften der Zuckergehalt von Einfluß ist. Sie haben daher in der Weise

    titriert, daß zu der titrierten Flüssigkeit nebst der Säure ein gleichesVolumen Zuckerlösung hinzugegeben

    wurde, welch letztere von doppelter

    Zuckerkonzentration wie die zu

    titrierende Lösung war. Dadurch

    blieb die Zuckerkonzentration wäh¬

    rend der ganzen Titration konstant.

    Ich habe von einer solchen Art der

    Titration abgesehen, da es sich hier

    lediglich darum handelte, die zwecks

    Erlangung eines gewünschten pH-Wertes benötigte Säuremenge fest¬

    zulegen. Trotzdem ist aus der

    Melassekurve die Pufferwirkung deutlich erkennbar, welche durch den

    Gehalt an verschiedenen organischen Salzen und Basen bedingt wird.

    Es sei hier nur noch in Erwähnung gebracht, daß nach Beendigungder Titration stets ein brauner, flockiger Niederschlag zu beobachten

    war. In einem Falle habe ich denselben quantitativ ermittelt. Er be¬

    trug 0,11 Proz. auf Melasse oder 0,15 Proz. auf Trockensubstanz ge¬rechnet. Dies ist sicher ein Teil der später isolierten unlöslichen Kol¬

    loide (vgl. Teil C).

    pH

    8,00

    7,00

    6,00

    5,00

    4,00

    3,00

    2,00 \ 11

    100~"~—

    ) >. '1 > i 10 12 14 1b 1 8 20

    cm3 n-HCl

    Fig. 1. Titrationskurvenvon Melasse und Wasser.

    b) Oberflächenspannung.

    In den letzten Jahren wurde von verschiedenen Forschern das

    Augenmerk auf die Bestimmung der Oberflächenspannung in Zucker¬

    fabriksprodukten gerichtet. R. K. Lindfors2) war vielleicht der erste,der sich damit befaßte. Seit dieser Publikation ist dann eine ganze Reihe

    von Arbeiten auf diesem Gebiete erschienen. Eine reichhaltige Zusam¬

    menstellung von Literatur und Methodik finden wir in den Veröffent¬

    lichungen von O. Spengler und E. Landt3), ferner von K. Smo-

    lenski und M. Werkenthin.4)Was die verschiedenen Methoden anbelangt, so müssen wir streng

    unterscheiden zwischen solchen, die uns die dynamische und solchen, die

    !) Z. V. D. Zuckerind. 75, 260 (1925).2) La Sucrerie Belge 44, 111 (1924/25).3) Z. V. D. Zuckerind. 77, 429 (1927).4) Gaz. Cukr. 62, 401 (1928).

  • 13

    uns die statische Oberflächenspannung angeben. Ich habe in meiner

    Arbeit stets die statische Oberflächenspannung gemessen, zu deren Be¬

    stimmung ich mich des Du Nouyschen Apparates bediente. Wo nichts

    Spezielles vermerkt ist, sind die angegebenen Werte mit dem alten Modell

    (vor 1927) bestimmt worden. Nur in einem Falle wurde auch die dyna¬mische Oberflächenspannung gemessen, nämlich bei der Verfolgungder Oberflächenspannung in verschieden konzentrierten Melasselösungen.Hierzu wurde das Stalagmometer von Traube benützt.

    Bei der Bestimmung der statischen Oberflächenspannung ist ein

    wichtiger Faktor von großem Einfluß auf die Resultate, nämlich die

    Zeit, nach welcher man die Messung vornimmt. Die Einstellung der

    statischen Oberflächenspannung ist eine Funktion der Zeit. Diesem

    Faktor wurde anfangs viel zu wenig Beachtung geschenkt. Die einzel¬

    nen Autoren machen auch ganz verschiedene Angaben über die Zeit,

    während welcher die Flüssigkeitsoberfläche vor der Messung absolut

    unbewegt bleiben soll. Lindfors1) gibt 20 Minuten, Honig2) 15 Mi¬

    nuten und Albritton und Horton3) geben sogar nur 3 Minuten an.

    Spengler und Landt4) halten eine Zeitdauer von 20 Minuten auch

    noch für zu kurz. Smolehski und Werkenthin5) haben gefunden,daß bei Zuckerfabriksprodukten größter Reinheit (Raffinade) die

    Zeitdauer zur Einstellung der statischen Oberflächenspannung keine

    Rolle spiele, erst bei Produkten niederer Reinheit mache sie sich

    bemerkbar. Auf Grund ihrer Erfahrungen schlagen sie als Norm

    30 Minuten vor.

    Die von genannten Autoren innegehaltenen Zeiten beziehen sich

    auf Lösungen innerhalb gewisser Konzentrationsgrenzen. Es war denk¬

    bar, daß die Zeitdauer zur Erreichung der statischen Oberflächenspan¬

    nung bei verschiedener Konzentration sich ändern könne. In meinem

    Versuche über die Änderung der Oberflächenspannung bei steigenderKonzentration habe ich dies berücksichtigt, indem ich die Ober¬

    flächenspannung bei jeder Konzentration in verschiedenen Zeit¬

    abschnitten bestimmte, nämlich nach: 1, 5, 10, 20, 30 und teilweise

    nach 45 Minuten.

    In Tabelle 5 sind die Versuchsergebnisse dieser Messungen zusam¬

    mengestellt.

    *) La Sucrerie Belge 44, 115 (1924/25).

    2) Intern. Sugar Journ. (1926), 302.

    3) Facts about Sugar (1927), 40.

    4) Z. V. D. Zuckerind. 77, 469 (1927).

    5) Gaz. Cukr. 63, 20 (1928).

  • 14

    Tabelle 5.

    Oberflächenspannung der Melasse bei verschiedener Kon¬

    zentration, gemessen nach verschiedenen Zeitabschnitten.

    Brix Temp.Abgelesene Grade für a nach s in

    Dyn/cmbei 18°

    e in Proz.

    Grad IMin. 5 Min. 10 Min. 20 Min. 30 Min. 45 Min. 6 Wasser

    0 19,0 77,3 73,0 100,05 18,0 65,5 65,4 65,0 66,0 66,0 — 62,3 85,3

    10 19,5 63,9 64,0 64,0 63,9 63,8 — 60,4 82,615 19,5 61,6 63,0 62,0 61,5 61,5 — 58,2 79,720 20,0 62,3 63,7 62,0 61,2 60,9 61,0 57,7 79,025 19,0 58,8 58,5 58,3 58,2 58,2 — 55,0 75,330 18,0 57,7 57,5 — 57,3 56,4 56,9 53,2 72,840 17,0 55,2 55,4 55,0 55,0 55,0 — 51,7 70,850 18,0 54,0 54,1 54,0 54,1 53,4 53,5 50,4 68,960 19,0

    19,0

    55,1

    59,7

    55,3 55,2 55,3

    62,6

    55,0

    63,7

    54,3

    66,4

    52,0

    60,2

    71,2

    76 — 61,0 — 82,4

    70"

    S 65"S

    En

    -S 60"

    -^55°

    50°

    In Fig. 2 sind die a-Werte bei verschiedenem Brix in Funktion der

    Zeit aufgetragen. Wir ersehen sofort, daß sozusagen bei allen Konzen¬

    trationen das Gleichgewicht nach 30 Minuten sich eingestellt hat, nur

    bei 60 und 76,1 Brix (unverdünnte Melasse) ist dies noch nicht der Fall.

    Vergleichen wir die einzelnen Kurven untereinander, so sehen wir, daß

    nicht alle den gleichen Charakter haben.

    Theoretisch wäre zu erwarten, daß alle

    von links nach rechts einen Abfall

    zeigen würden, da ja uns die Anfangs¬

    punkte der Kurven die dynamischeOber-flächenspannung angeben, welche in Lö¬

    sungen mit oberflächenaktiven Stoffen

    stets größer sein muß als die statische.

    Die 5-Brix-Kurve zeigt wirklich

    zuerst ein Fallen, das aber nachher in

    ein Steigen übergeht. Das Steigen der

    Oberflächenspannung könnte vielleicht

    dadurch erklärt werden, daß ein Teil

    der an der Oberfläche adsorbierten

    10

    76, Bx^

    10 Bx

    ?0 FW

    XN2(

    76,lBv-

    Bx

    15 B'

    25_E "v

    Bx-,

    J0_t x.

    40 Bx 60 Bx=60

    60 rix 40 Bx

    4020 3ff

    Zeit in Minuten

    Fig. 2.

    Änderung der Oberflächenspannungim Laufe der Zeit bei verschiedener Kolloide den Dispersitätsgrad ändert,

    Konzentration. koaguliert und sich dann absetzt, wo¬

    durch die Konzentration an der Oberfläche verringert wird, was wieder

    mit einer Erhöhung der Oberflächenspannung verbunden ist.1) —

    !) K. Smolenski, Gaz. Cukr. 63, 3 (1928).

  • 15

    Die 10-Brix-Kurve verläuft fast geradlinig und horizontal. — Auf¬

    fallend sind die 15- und 20-Brix-Kurve. Beide zeigen am Anfangeine Knickung nach oben, eine Erscheinung, die noch auf Er¬

    klärung wartet. Hier sehen wir auch deutlich, zu was für einem Fehler

    in der ö-c-Kurve die or-Werte führen können, wenn man die 1- oder

    5-Minuten-Werte auf der Ordinate abtragen würde. Bei 15 Brix hätten

    wir dann eine niederere Oberflächenspannung als bei 20 Brix. — Die

    nächstfolgenden Kurven für 25, 30, 40, 50 und 60 Brix zeigen alle mehr

    oder weniger starken Abfall. — Auffallend ist die Kurve bei der un¬

    verdünnten Melasse (76,1 Brix). Hier haben wir im Laufe der Zeit

    ein starkes Ansteigen der Oberflächenspannung. Die Ursache ist viel¬

    leicht in der hohen Zuckerkonzentration zu suchen. Die oberflächen¬

    inaktive Saccharose würde demnach einen Teil der oberflächenaktiven

    Stoffe von der Oberfläche verdrängen, was mit einer Erhöhung der

    Oberflächenspannung verbunden wäre. Es sei hier nur an die Tatsache

    erinnert, daß die Adsorption der Nichtzuckerstoffe (Kolloide) an aktiver

    Kohle in verdünnten Zuckerlösungen besser vonstatten geht1), als in

    konzentrierten.

    Fig. 3 stellt zwei ff-c-Kurven dar, von denen die obere (Traube)die dynamischen a-Werte, die untere (Du Nouy) die statischen mit¬

    einander verbindet. Die Oberflächenspannung ist in Prozenten der

    Oberflächenspannung des Wassers

    angegeben. Die statischen ö-Werte

    sind aus den nach 30 Minuten be¬

    stimmten Messungen berechnet,

    die dynamischen sind der Tabelle 6

    entnommen. Wie zu erwarten

    war, sind die dynamischen a-

    Werte höher als die statischen.

    Man ersieht aus beiden Kurven

    deutlich den abfallenden Charakter bei steigender Konzentration und

    somit auch den anwachsenden Kolloidgehalt. Die Trau be sehe Kurve

    fällt stufenförmig ab. Die Du Nouysehe Kurve fällt anfangs steil,dann wird sie flacher, erreicht bei 50 Brix ein Minimum und steigt

    dann wiedei rasch an. Die Erhöhung der Oberflächenspannung in

    starker Konzentration kann nach dem oben schon Gesagtenerklärt werden. Der Grund kann aber vielleicht auch in der Methode

    selber gesucht werden, indem Adhäsionskräfte in größerem Maßv, zwi¬

    schen Ring und Flüssigkeit sich geltend machen können.

    l) A. Linsbauer, Zeitschr. d. Zuckerind. d. Cechoslov. Rep. 51, 483 (1927).

    » « » »

    Konzentration in nix

    Fig. 3. c-c-Kurven von Melasse.

  • 16

    Tabelle 6.

    Dynamische Oberflächenspannung der Melasse bei ver¬

    schiedener Konzentration.

    Brix Tropfenzahlö in Proz.

    VOn «Wasser

    0 56,7 100,05 60,4 95,7 •

    10 62,3 94,715 63,8 94,420 67,1 91,725 71,4 87,930 74,7 85,740 76,3 87,950 84,3 82,9

    Ein interessantes Resultat ergaben die Oberflächenspannungs¬

    messungen einer Melasselösung bei verschiedenem pH. Die Versuche

    wurden mit einei Melasselösung von 22,8 Brix (30 g Melasse von 76,1 Brix

    auf 100 ccm verdünnt) ausgeführt. Die Änderung des pH wurde durch

    entsprechende Mengen 2n-HCl bzw. 2n-NaOH herbeigeführt. Für

    weitere Angaben verweise ich auf den Teil D.

    In Tabelle 7 sind die Ergebnisse zusammengestellt und in Fig 4

    graphisch dargestellt. Die zwischen den beiden Linien befindlichen

    Zahlen beziehen sich auf die ursprüngliche Melasselösung. In der Figursind auf der Abszisse die pH-Werte, auf der Ordinate die ff-Werte in

    Prozenten von ffWasser aufgetragen.

    Tabelle 7.

    Oberflächenspannung einer Melasselösung von 22,8 Brix

    bei verschiedenem pH.

    PhTemperatur a

    fl bei 18°6 in Proz.

    Grad Grad VOn «'Wasser

    1,84 17 56,3 53,3 73,14,45 17 57,1 54,1 74,25,14 17 60,7 57,5 78,86,71 18 63,4 60,2 82,57,60 17 63,1 59,8 81,9

    8,78 17 61,1 57,9 81,9

    8,79 17 60,9 57,7 79,19,14 17 59,9 56,8 77,8

    9,59 17 58,8 55,7 76,410,81 17 54,4 51,5 70,611,69 17 55,4 52,5 72,013,04 17 46,8 44,3 60,8

  • 17

    180

    1

    Ic /

    ^ 70\

    fiO

    >

    () > 1 t !i 10 L> 14

    —~pH

    Fig. 4.

    Änderung der Oberflächenspannungeiner Melasse von 22,8 Brix mit

    steigendem pH.Punkt • = ursprüngliche Melasse.

    Aus der Kurve sehen wir, daß das Maximum der Oberflächen¬

    spannung sich im Neutralgebiet befindet. Von diesem Punkte aus haben

    wir auf beiden Seiten einen Abfall der Oberflächenspannung. Auf der

    sauren Seite fällt sie bis pH 4,5 und von da an ändert sie sich nicht mehr.

    Auf der alkalischen Seite ist die Erniedrigung größer. Zwischen pH 11

    und 12 durchläuft die Kurve ein zweites Maximum. Den Grund dieser

    auffälligen Knickung glaubte ich

    anfänglich auf einen Versuchs¬

    fehler zurückführen zu können,

    deshalb wurden die o-Messungenin diesem pH-Bereich nochmals

    gründlich geprüft unter Herstel¬

    lung frischer Lösungen. Diese

    nachträglichen Versuche haben

    jedoch die Richtigkeit dieser Ab¬

    weichung bestätigt. Worin der

    Grund zur Erhöhung der Ober¬

    flächenspannung in diesem pH-Gebiete liegt, ist sehr schwierig zu sagen.Vielleicht spielt hier die Hydrolyse der Mg-Salze, welche gerade in

    diesem pH-Bereich erfolgt, eine Rolle.1) Dei beidseitige Abfall der Ober¬

    flächenspannung vom Neutralpunkte aus läßt sich sehr gut erklären.

    Es ist uns bekannt, daß viele organische Säuren in freiem Zustande

    sehr stark oberflächenaktiv sind, währenddem ihre Salze gar nieht oder

    nur sehr schwach.2) Das gleiche gilt auch für organische Basen und deren

    Salze; letztere sind auch mehr oberflächeninaktiv als die freien Basen.

    Wir haben nun in der Melasse ein reichliches Gemisch von organischenSäuren und Basen bzw. deren Salze. Es ist nun klar, daß im Neutral¬

    punkt ein Minimum an freien organischen Säuren und Basen vorliegen

    muß; demzufolge muß auch die Oberflächenspannung am wenigsten

    erniedrigt werden. Säuren wir nun die Melasse an, so werden die orga¬nischen Säuren freigemacht und die Oberflächenspannung wird dadurch

    erniedrigt. Die Erniedrigung erfolgt bis zu einem pH 4,5. Bis zu diesem

    Punkt haben sich offenbar alle oberflächenaktiven Säuren abgeschiedenund bei weiterem Ansäuren bleibt die Oberflächenspannung der Lösung

    konstant. Die bei kleinerem pH als 4,5 ausgeschiedenen Oxysäuren er¬

    niedrigen ja die Oberflächenspannung nicht ! — Versetzen wir die Melasse

    mit Na OH, so werden die organischen Basen freigemacht, welche wie¬

    derum die Oberflächenspannung der Melasselösung erniedrigen. Wir

    *) Eine private Mitteilung von Herrn Prof. Dr. G. Wiegner.2) Freundlich, Kapillarchemie (1923), 82.

    2

  • 18

    sehen auch, daß die Oberflächenspannung mit steigendem pH bedeutend

    mehr erniedrigt wird als auf der sauren Seite. Dies kann verschieden¬

    artig ausgelegt werden: Erstens kann auf alkalischer Seite die Konzen¬

    tration der oberflächenaktiven Stoffe eine größere sein, vorausgesetzt,daß diese gleich stark kapillaraktiv wirken wie diejenigen auf saurer

    Seite. Zweitens können die basischen Komponenten der Melasse als

    solche stärker oberflächenaktiv sein als die sauren. Drittens kann diese

    starke Erniedrigung der Oberflächenspannung von einem Kolloid (A3)

    herrühren, welches die Eigenschaft besitzt, in saurer Lösung nur sehr

    schwach kapillaraktiv zu wirken, während es dies in alkalischer Lösungsehr stark tut. Im Teil C dieser Arbeit wird noch die Rede davon sein.

    Es sei am Schluß dieses Abschnittes noch auf eine Erscheinung

    aufmerksam gemacht, die ich immer wieder beobachten konnte. Be¬

    trachtet man nämlich die Schaumfähigkeit der sauren und alkalischen

    Melasselösungen, so neigen die ersteren zu starker Schaumbildung, die

    letzteren hingegen nicht. Bei der alkalischen Lösung mit der kleineren

    Oberflächenspannung sollte doch logischerweise die Schaumfähigkeit

    noch größer sein. Dies ist aber nicht der Fall. Ein ähnliches symbates

    Verhalten zwischen Oberflächenspannung und Schaumfähigkeit haben

    schon Wo. Ostwald und A.Steiner1) an Humussolen entdeckt. Im

    Teil C werde ich nochmals darauf zu sprechen kommen.

    c) Viskosität.

    Viskositätsmessungen an Zuckerfabrikprodukten datieren schon

    ziemlich weit zurück. Schon im Jahre 1872 hat Scheibler2) auf die

    Bedeutung von Viskositätsbestimmungen hingewiesen. H. Ciaaßen3)hat in seinen „Versuchen über praktische Kristallisation des Zuckers"

    Studien über den Einfluß von Nichtzuckerstoffen auf die Viskosität

    von reinen Zuckerlösungen gemacht. Nach ihm wirken alle Salze mit

    wenigen Ausnahmen (KN03, KCl, KHS04) viskositätserhöhend; er

    hat natürlich nur solche Salze studiert, die in Zuckerfabriksprodukten

    vorkommen können. Ciaaßen arbeitete auch mit Sirupen und Melassen

    und stellte fest, daß die Nichtzuckerstoffe die Viskosität der gesättigten

    Zuckerlösungen bedeutend mehr erhöhen als die in seinen Versuchen

    angewendeten anorganischen und organischen Salze. A. Gröger1)fand in seinen Viskositätsstudien, daß unreinere Lösungen eine geringereViskosität besitzen als die gleich dichte reine Zuckerlösung.

    !) Koll.-Zeitschr. 36, 342 (1925).2) Wohryzek, Chemie der Zuckerindustrie (1928), 510 und (1914), 506.

    3) Z. V. D. Zuckerind. 48, 535 (1898).4) Wohryzek, Chemie der Zuckerindustrie (1928), 510.

  • 19

    Aus der ganzen Literatur über dieses Gebiet ist ersichtlich, daß bis

    heute alle Versuche zur praktischen Anwendung der Viskosimetrie in

    der Zuckerindustrie scheiterten.

    Obschon vorauszusehen war, daß die Viskositätsmessungen an

    Melasse kein Licht in die Kolloidforschung bringen könnten, so wurden

    doch einige Versuche in dieser Richtung angestellt. In der Ermittlungder relativen Viskosität haben wir ein Mittel in der Hand, die verschie¬

    denen Lösungen untereinander zu vergleichen. Die Resultate H. Claa-

    ßens, A. Grögers und 0. Wohryzeks1) konnten zum Vergleichenicht herangezogen werden, da genannte Autoren mit mehr oder we¬

    niger gröberen Methoden und bei verschiedenen Temperaturen arbei¬

    teten, ebenso finden sich dort keine Angaben über relative Viskosität.

    Ich habe deshalb die Viskosität der untersuchten Melasse sowie von

    reiner Saccharose (Bureau of Standards U.S.A.) mit dem Ostwald-

    schen Viskosimeter gemessen. Es sei hier gleich bemerkt, daß alle Vis-

    kositätsmessungen in dieser Arbeit bei 35° C ausgeführt wurden, sie

    sind also ohne weiteres untereinander vergleichbar.Die innere Reibung für Melasse und Saccharose wurde bei ver¬

    schiedener Konzentration verfolgt. Die Resultate sind in Tabelle 8 zu¬

    sammengestellt und in Fig. 5 aufgezeichnet.

    Tabelle 8.

    Viskosität von Melasse und reiner Saccharose in ver¬

    schiedener Konzentration bei 35° C.

    Konzentration Durchlaufszeit in Sekunden Relative Viskosität

    Brix Melasse Saccharose Melasse Saccharose

    0 81,2 81,2 1,00 1,005 91,6 91,8 1,15 1,15

    10 102,8 — 1,32 —

    15 117,6 — 1,54 —

    20 138,6 138,8 1,85 1,8525 161,6 —> 2,20 —

    30 204,8 212,0 2,85 2,95

    40 340,4 371,8 4,94 5,40

    Aus den Kurvenbildern ersehen wir, daß die innere Reibung von

    Melasse und Saccharose von 0 bis 20 Brix identisch verläuft; erst von

    dieser Konzentration an wird sie für Melasse geringer, was den Befund

    Grögers bestätigt. Werden die^-Werte der Melasse nicht als Funktion

    !) Siehe Fußnote 4 auf S. 18.

  • 20

    5,50

    5,00

    4#)

    4,00

    I 3,50!

    3,00

    2,50

    2,00

    1,50

    1,00

    von Trockensubstanz, sondern als

    Funktion von Saccharose im Diagramm

    eingetragen, so resultiert eine steilere

    Kurve (gestrichelt), welche eine größereViskosität anzeigt. Diese Kurve wäre

    dann eine Bestätigung für Claaßens

    Aussagen.

    Ein weiterer Versuch wurde an¬

    gestellt über den Einfluß des pH auf

    die Viskosität. Zu diesem Zwecke wur¬

    den dieselben Lösungen angewendet, die

    zur Messung der Oberflächenspannungbei verschiedenem pH dienten. Die Ver¬

    suchslösungen hatten also eine Kon¬

    zentration von 22,8 Brix. Bei der Be¬

    rechnung der relativen Viskosität wurde

    stets dasselbe spezifische Gewicht, ent¬

    sprechend 22,8 Brix, angenommen; die

    ganz geringe Erhöhung, die es durch

    die Säure- bzw. Laugenzusätze erfuhr,

    konnte ruhig vernachlässigt werden. In Tabelle 9 sind die Resultate

    zusammengestellt :

    Tabelle 9.

    Viskosität einer Melasselösung von 22,8 Brix bei ver¬

    schiedenem pH bei 35° C.

    /1

    11 //

    i //4'

    < //

    /

    I/

    *

    / //

    /

    //

    s.

    /s

    ) 10 20 30 40

    Konzentration in Brix

    Fig. 5.

    Tj-c- Kurven von Melasse

    und reiner Saccharose.

    Durchlaufszeit RelativePh Sekunden Viskosität

    1,84 139,0 1,90

    4,45 139,6 1,915,14 139,4 1,906,71 139,0 1,907,60 142,2 1,94

    8,78 138.2 1,898,79 139,0 1,909,14 140,0 1,91

    9,59 139,0 1,9010,81 141,8 1,9411,59 145,2 1,9813,04 169,8 2,32

    Die in Fig. 6 wiedergegebenen Resultate zeigen uns nichts beson¬

    deres. pH-Erniedrigung bzw. Säurezugabe wirkt nicht viskositäts-

  • 21

    4

    Ta 2,00a:

    1

    . y1R0

    I) i t (i 10 12 14

    verändernd, ebenso nicht pH-Erhöhung bis etwa pH 11. Erst höheres

    pH bzw. größere Laugenzusätze bewirken Erhöhung der inneren Rei¬

    bung. Diese Erhöhung könnte vielleicht durch Bildung eines Saccharates

    erklärt werden. Deshalb wurde noch ein kurzer Versuch mit neutraler

    saurer und alkalischer Zuckerlösung angestellt, um zu prüfen, wie stark

    die Viskosität einer reinen Zucker¬

    lösung durch Säure bzw. Laugeverändert wird. Es wurde mit

    einer 30prozentigen Raffinade¬

    lösung (Dobrzelin), entsprechend27 Brix, gearbeitet, und so viel

    Säure und Lauge hinzugegeben,als der Melasselösung von pH 1,8bzw. 13,0 entsprach. Um jeglichen

    Fehler zu vermeiden, wurden die

    spezifischen Gewichte der sauren und alkalischen Zuckerlösung be¬

    stimmt.

    Aus den Versuchsergebnissen (Tabelle 10) folgt wirklich, daß NaOH

    die Viskosität einer Zuckerlösung stark erhöht, und zwar in einer 30pro-

    zentigen Raffinadelösung mit 3,6 Proz. NaOH (Volumenprozent) um

    etwa 50 Proz. Die Erhöhung der Viskosität einer stark alkalischen Me¬

    lasselösung scheint somit ihre Ursache in der Bildung von Alkali-

    saccharaten zu haben, welch letztere nach Ciaaßen1) viskose Lösungen

    geben sollen. Der Einfluß der hohen Alkalität auf die Viskosität der

    in der Melasse enthaltenen Nichtzuckerstoffe scheint hier von unter¬

    geordneter Bedeutung zu sein.

    —pH

    Fig. 6.Relative Viskosität einer Melasse¬

    lösung bei verschiedenem pH.Punkt • = ursprüngliche Melasse.

    Tabelle 10.

    Viskosität einer neutralen, sauren und alkalischen Saccha¬

    roselösung von 27 Brix bei 35°.

    Zusammensetzung der Lösungin Vol.-Proz.

    d15*/4°Durch¬

    laufszeit

    Sek.

    Relative

    Viskosität

    30 Proz. Saccharose

    30„

    30„

    Wasser

    + 3,3 Proz. HCl .

    + 3,6 „ NaOH

    1,1144

    1,13581,15170,9991

    174,4

    187,6

    253,081.4

    2,38

    2,583,591,00

    x) Wohryzek, Chemie der Zuckerindustrie (1928), 511.

  • 22

    d) Farbe.

    Alle Farbmessungen in dieser Arbeit wurden mittels des Farb-

    meßapparates von Stammer1) ausgeführt. Erst kurz vor Abschluß

    meiner Arbeit stand mir ein Spektral-Polarisationsphotometer nach

    F. Herzfeld-Hoffmann2) zur Verfügung, welches genauere und ein¬

    gehendere Messungen ergibt, als der S tarn mer sehe Apparat. Ich habe

    deshalb die Aufnahme der Absorptionskurve der untersuchten Melasse

    noch nachgeholt.Besondere Aufmerksamkeit schenkte ich der Farbmessung bei ver¬

    schiedenem pH. Es wurde in der Praxis oft beobachtet und in der Lite¬

    ratur an verschiedenen Stellen darauf hingedeutet, daß die Verfärbungvon Zuckersäften von deren pH abhängig sei.

    Dieser Versuch ging parallel den a- und ij-Messungen bei verschie¬

    denem pH einher. Von den auf ein bestimmtes pH eingestellten Me¬

    lasselösungen wurde eine entsprechende Menge abpipettiert, so daß wir

    eine Lösung von 1,5 g Melasse in 100 cem erhielten. Da zu vermuten

    war, daß bei dieser starken Verdünnung das pH sich ebenfalls ändern

    würde, so wurde das pH dieser verdünnten Lösungen nochmals elektro-

    metrisch bestimmt.

    Tabelle 11.

    Farbe der Melasse bei verschiedenem pH.

    GradePh Stammer

    1,90 3024,12 312

    4,83 351

    6,47 393

    7,06 389

    7,91 391

    7,80 406

    8,37 409

    8,55 421

    9,73 437

    10,27 448

    12,20 448

    Die Kurve in Fig. 7 zeigt uns deutlich die Farbzunahme mit stei¬

    gendem pH, sie beträgt von der stark sauren bis zur stark alkalischen

    Lösung fast 50 Proz. Woher mag dieser starke Farbunterschied

    x) Frühling, Rohstoffe der Zuckerindustrie (1919), 164.2) Z. V. D. Zuckerind. 76, 153 (1926).

  • 23

    i '*

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    u I

    3001 —1-—*

    I

    () ) i1 t ii 10 u 14

    rühren? Am besten läßt er sich erklären, wenn wir den Melassefarb¬

    stoffen Säurecharakter zuschreiben und annehmen, daß die Lösungder Alkalisalze dunkler gefärbt ist als die der freien Säure, d. h. daß

    die kolloiden Anionen dunkler sind als die sehr schwach dissoziierte,

    praktisch unlösliche Säure. Lösen wir also die Säure in Alkalien, so ent¬

    stehen die stärker dissoziierten Alkalisalze, wodurch die dunkelgefärb¬ten Anionen vermehrt werden. Um diese Hypothese noch glaublicherzu machen, will ich hier etwas vorgreifen und zu deren Unterstützung

    einige Ergebnisse und Beobachtungen aus dem Teil C heranziehen.

    In erster Linie wissen wir, daß die Melassekolloide den größten Teil

    der Melassefarbstoffe ausmachen (vgl. S. 64). Wenn wir aber die Eigen¬schaften dieser Kolloide als Farb¬

    körper kennen, so können wir

    dieselben auch auf die Melasse

    als Farbstofflösung übertragen.Tatsächlich zeigen auch die Ver¬

    suche (S. 41 und 62), daß die

    isolierten Melassekolloide in al¬

    kalischer Lösung dunkler sind,wie in saurer. In Fig. 7 verläuft

    die Kurve anfangs von pH 2 bis

    pH 4 beinahe flach, dann steigtsie plötzlich steil auf bis pH 5, von hier an neigt sie sich ein wenig und

    steigt noch bis pH 10, von da an verläuft sie wieder flach. Dieser Cha¬

    rakter der Kurve läßt sich mit den Eigenschaften der Melassekolloide

    gut in Einklang bringen. Das irreversible Kolloid A3, welches den stärk¬

    sten Farbkörper darstellt, koaguliert nämlich von p^ etwa 4 an und ist

    nun nicht mehr von Einfluß auf die Farbe der Melasse. Von pH 4 bis

    etwas über pH 5 hat sich A3 schon ganz aufgelöst unter Bildung einer

    dunklen, fast schwarzen Lösung, daher der steile Aufstieg der Kurve.

    Vergleichen wir die Titrationskurve von A3 (Fig. 9), so sehen wir, daß

    zwischen pH 10 und 11 ein letzter Sprung stattfindet. Nehmen wir an,daß hier die Absättigung der letzten Säureradikale erfolge, so müßte

    weitere Alkalizugabe nicht mehr farbvertiefend wirken. Tatsächlich

    verläuft auch die Kurve in Fig. 7 von pH 10,3 an flach. Das reversible

    Kolloid C4 spielt natürlich bei dieser Farbverschiebung von sauer nach

    alkalisch auch mit, ist aber wahrscheinlich nur von untergeordneter

    Bedeutung.Im Polarisationsspektralphotometer haben wir ein Mittel in der

    Hand, genauere und besser vergleichbare Farbmessungen auszuführen,

    -pH

    Fig. 7.

    Änderung der Farbe einer Melassemit steigendem pH.

    Punkt • = ursprüngliche Melasse.

  • 24

    als es mit dem Stammer sehen Apparat möglich war. Über die Hand¬

    habung des Apparates sei auf die Literatur1) verwiesen. Wir messen

    bei dieser Methode die Absorption des Lichtes verschiedener Wellen¬

    länge. Die Absorption wird durch den Extinktionskoeffizienten a ge¬

    kennzeichnet, der definiert ist durch die Gleichung:

    J = J0io-a;d.

    J0 bedeutet die auffallende Lichtenergie, J die von der d cm dicken

    Schicht der zu untersuchenden Substanz durchgelassenen Lichtenergie.Für die Bestimmung der Absorptionskurve berechnet man den Ex¬

    tinktionskoeffizienten für die lOOprozentige (Volumenprozent) Lösung.Der Berechnung liegen folgende Formeln zugrunde:

    1\ „' -log tg ft - log tg_g_8

    2) a =100

    Nach Formel 1) erhalten wir den Extinktionskoeffizienten a' einer

    beliebig konzentrierten Lösung für die Schichtdicke 1 cm. d bedeutet

    die Schichtdicke in Zentimetern. Aus Formel 2) ergibt sich dann der

    Koeffizient a für 100 g Substanz in 100 ccm. „g" in der Formel bedeutet

    Gramm Trockensubstanz in 100 ccm Lösung.

    2,5 g Melasse, entsprechend 1,9 g Trockensubstanz, wurden auf

    100 ccm verdünnt, durch ein grobesMembranfilter filtriert und die Absorptionder Lösung in einer Schicht von 1 cm

    gemessen.

    Tabelle 12.

    Extinktionskoeffizienten der

    Melasse; pH der Lösung: 7,5.

    44,0

    Ü36,0c

    iE

    J28.0Co

    Extink "o

    12,0

    4,0

    440 5.>0 «JO 6!J0 7 jO

    Wellenlänge in p. jj.

    Fig 8.

    Absorptionskurve der Melasse.

    Wellen¬ Extinktions¬ Wellen¬ Extinktions¬

    länge koeffizient länge koeffizientin /ifi a in fiji a

    440 50,39 620 10,18480 34,90 660 . 7,85500 28,23 700 6,00540 18,88 740 4,50580 13,17 770 4,06

    !) F. Hoffmann, Z. V. D. Zuckerind. 76, 153 (1926); O.Spengler u.E. Landt, Z. V. D. Zuckerind. 77, 431 (1927).

  • 25

    C. Die Kolloide in der Melasse.

    Die Untersuchung der Melassekolloide zeigte gleich am Anfang ge¬wisse Schwierigkeiten bei der Gewinnung einer größeren Menge, welche

    es erlauben wurde, die Kolloide eingehender studieren zu können. Von

    allen Methoden, die hier in Betracht kamen, wie Ultrafiltration, Zentri¬

    fugleren, Ausfüllung mit gewissen Reagenzien oder Dialyse, schien letz¬

    tere die geeignetste zu sein. Bevor aber an eine Dialyse in größeremMaßstabe herangetreten werden konnte, mußte man sich durch einen

    Vorversuch überzeugen, ob überhaupt dieser eingeschlagene Weg der

    richtige sei oder nicht. Ferner sollte dieser Vorversuch nicht allein

    dazu dienen, einen Einblick in die zu erwartende Ausbeute an Kolloiden

    zu bekommen, sondern es sollten durch ihn zugleich einige Eigenschaftender Kolloide ermittelt werden, an Hand deren man Mittel und Wege

    fur eine Weiterverarbeitung finden konnte.

    1. Vorversuch.

    In einem selbsterdachten und selbstkonstruierten Dialysator (vgl.Teil D) wurden 203 g Melasse wahrend 103 Stunden der Dialyse unter¬

    worfen Es wurde warm dialysiert. Anfangs betrug die Temperaturim Dialysator 40—50° C, nach 32 Stunden wurde sie auf 60—70° er¬

    höht, die gesamte verbrauchte Menge destilliertes Wasser betrug

    etwa 60 1 Der Endpunkt der Dialyse, d. h. das gänzliche Verschwinden

    der Saccharose, war sehr schwierig festzustellen. Prüfung der dialy-

    sierten Losung auf Zucker mit a-Naphthol + konz Schwefelsaure

    konnte nicht vorgenommen werden, da vermutlich auch ein Teil der

    Kolloide mit diesem reagieren konnte, zudem ist a-Naphthol ein zu

    empfindliches Reagens Als einzige einigermaßen brauchbare Kontrolle

    konnte die Fähigkeit des Dialysates, Fehhngsche Losung zu reduzieren,

    herangezogen werden. Diese Proben liefen immer auf eine Doppel¬

    bestimmung hinaus, es mußte namhch stets die Reduktionsfahigkeitdes Dialysates vor und nach dessen gelinder Hydrolyse geprüft werden,

    da ja gewisse Karamelkorper des Zuckers, wie Karamelan und Karamelen,

    schon als solche reduzierend wirken. Es sei aber gleich bemerkt, daß-

    Reduktion vor der Hydrolyse des Dialysates nie stattfand. Nachdem

    Fehhngsche Losung nach längerer Zeit immer noch geringe Mengen

    von Cu gab, wurde die Dialyse ganz empirisch abgebrochen.

    Der Dialysierruckstand stellte eine dunkelbraune, stark trübe

    Losung dar, welche auf Lackmus sauer reagierte. Eine kleine Probe

    davon zeigte beim Ansäuern mit verdünnter HCl leichte Aufhellung,

    wobei die Trübung starker wurde und nach einigei Zeit als flockiger

  • 26

    Niederschlag sich absetzte. Da aber die ausdialysierte Lösung sich gutfiltrieren ließ, so wurde sie, ohne sie anzusäuern, vom unlöslichen An¬

    teil abfiltriert. Letzterer wurde mit warmem destilliertem Wasser aus¬

    gewaschen, bis nahezu ein farbloses Filtrat ablief, dann getrocknet

    und gewogen. Die vereinigten Filtrate wurden auf dem Wasserbade in

    einem sehr weiten Kristallisator auf ein kleines Volumen eingeengt, in

    ein 100-ccm-Kölbchen gegossen, welches bis Zur Marke mit destilliertem

    Wasser aufgefüllt wurde. In dieser Lösung wurden Trockensubstanz

    und deren Asche bestimmt, sowie einige Reaktionen ausgeführt.Im Vorversuch will ich den wasserunlöslichen Teil mit A und den

    wasserlöslichen mit B bezeichnen. Die quantitative Bestimimfng ergab:

    wasserunlösliche Kolloide A: 0,5083 g = 0,25 Proz. auf Melasse oder

    0,33 Proz. auf Trockensubstanz

    wasserlösliche Kolloide B: 2,6460 g = 1,30 Proz. auf Melasse oder

    1,74 Proz. auf Trockensubstanz

    Gesamtgehalt an Kolloiden: 3,1543 g = 1,55 Proz. auf Melasse oder

    2,07 Proz. auf Trockensubstanz

    a) Untersuchung von A.

    Diese Substanz, welche ein graubraunes Pulver darstellte, enthielt

    reichlich Asche, nämlich 27,42 Proz. Diese war in HCl wie auch in

    HN03 nicht vollständig löslich; die qualitative Untersuchung ergabim HCl-Auszug: H3P04 (reichlich), ferner Fe, AI, Ca, Mg, Na (Spuren),Kalium konnte nicht nachgewiesen werden; im unlöslichen Rest: Si02.

    Der übriggebliebene Teil wurde nun 3 Stunden lang mit Äther

    extrahiert. Nach Eindunsten der ätherischen Lösung blieb eine gelbe,

    schmierige und eklig riechende Substanz zurück, welche einen niederen

    Schmelzpunkt zu haben schien. Ein Teil dieser fettartigen Substanz

    löste sich in 2n-Sodalösung, welche beim Ansäuern den gelösten Körperwieder als Trübung ausschied. Dieser in Äther aufgenommen und ein¬

    gedunstet ergab einen festen, etwas schmierigen Körper, der unter dem

    Mikroskop als kristallinisch sich erwies. Dies schien eine wasserunlös¬

    liche, ätherlösliche Säure zu sein. Der von der Ätherextraktion zurück¬

    gebliebene Teil war in verdünnter Sodalösung unter dunkelbrauner

    Farbe löslich bis auf einen bräunlich-grauen Rückstand. Beim Ansäuern

    der alkalischen Lösung fiel ein flockiger Niederschlag aus, welcher ab-

    genutscht und mit kaltem Wasser bis zum Verschwinden der Cl-Reaktion

    ausgewaschen .wurde. Dieses dunkelbraune Pulver reichte nur dazu aus,um es auf Stickstoff zu prüfen, welcher auch anwesend war. Aus dem

    klaren, rotbraunen Filtrat wurde versucht, den Farbkörper mit über-

  • 27

    schüssigem Alkohol auszufällen, allein ohne Erfolg. Hingegen fällte

    Bleinitrat aus dem zuvor neutralisierten Filtrat sämtliche farbigeSubstanz.

    b) Untersuchung von B.

    Dieser Teil war bedeutend ärmer an Asche wie A; der Aschegehalt

    betrug nämlich 6,50 Proz. Sie war in HCl vollständig löslich und die

    qualitative Analyse ergab: H3P04 (wenig), Fe (Spuren), Ca, Mg, Na

    und K (Spuren).Die Farbe dieser Substanz betrug 11 115° Stammer (auf 100g Sub¬

    stanz in 100 ccm).1) Sie machte somit 49,5 Proz. der gesamten Melasse¬

    farbe aus.

    Die nach den quantitativen Bestimmungen übriggebliebene Lösungwurde nun auf dem Wasserbade bis zur Sirupdicke eingedampft und im

    festverschlossenen Exsikkator über CaCl2 und Äther (zwecks Verhütung

    von Fermentation) bis zur Trockene aufbewahrt.

    Im getrockneten Zustande stellte die Substanz B eine amorphe,

    spröde und glänzende Masse von schwarzbrauner Farbe dar. Sie ent¬

    hielt Stickstoff, hatte einen brenzlichen Geruch, war aber völlig ge¬schmacklos. Ihre wässerige Lösung reagierte auf Lackmus sauer.

    Fehlingsche Lösung wurde reduziert; nach der Hydrolyse des Pro¬

    duktes trat aber noch stärkere Reduktion ein. a-Naphthol gab Violett¬

    färbung.Eine Probe der getrockneten Substanz wurde nun eine Stunde

    lang mit Alkohol extrahiert, dabei schien sich nichts aufzulösen; erst

    nachdem der Alkohol des farblosen Extraktes abgedunstet war, kam ein

    gelblich-weißer Rückstand zum Vorschein. Dieser war klebrig, von

    süßem Geschmack und karamelartigem Geruch. Nachdem dieser Körper

    im Exsikkator über CaCl2 getrocknet war, zeigte er unter dem Mikro¬

    skop spießartige Kristalle. Ihre wässerige Lösung reduzierte Fehling¬

    sche Lösung nicht, hingegen nach deren Hydrolyse mit zweiprozentiger

    H2S04 bei 70° trat Reduktion ein. a-Naphthol gab Violettfärbung.

    Aus allem dem konnte man mit ziemlicher Sicherheit schließen, daß dieser

    Alkoholauszug zum größten Teil aus Saccharose bestand. Der in Alkohol

    unlösliche Teil war in Wasser leicht löslich bis auf eine ganz schwache

    Trübung. Wurde diese wässerige Lösung nochmals zur Trockene ein¬

    gedampft und wiederum gelöst, so löste sie sich gleich rasch, nur war

    diesmal die Trübung stärker. Daraus folgt, daß ein geringer Teil der

    J) Alle Farbzahlen in dieser Arbeit beziehen sich auf 100 g Substanz in

    100 ccm, wenn nichts anderes angegeben ist.

  • 28

    wasserlöslichen oder reversiblen Kolloide bei wiederholtem Eindampfenirreversibel wird, eine Erscheinung, welche schon M. S. B ado lie t und

    H. S. Paine1) beobachteten. Wurde die Kolloidlösung mit Alkohol

    im Überschusse versetzt, so flockte nach einiger Zeit der größte Teil

    des Farbkörpers aus. Noch besser und rascher erfolgte die Fallung, wenn

    man die wässerige Kolloidlösung in 96prozentigen Alkohol goß. Das

    schwach gelbliche, alkoholische Filtrat wurde mit a-Naphthol ge¬

    prüft, dabei entstand aber keine charakteristische Farbe. Der durch

    Alkoholfällung erhaltene Niederschlag war in "Wasser leicht wieder

    löslich; diese Lösung gab mit a-Naphthol -+- konz. H2S04 starke

    Violettfärbung.Mit der wässerigen Kolloidlösung wurde alsdann die Wirkung ver¬

    schiedener Eiweiß- und Alkaloidfällungsmittel ausprobiert. Gesättigte

    Ammonsulfatlösung gab reichlichere Flockung, während gesättigte Zink¬

    sulfatlösung nur eine Trübung hervorrief. Alkohol und Aceton bewirkten

    beide Fällung, der erstere gab einen bedeutend voluminöseren Nieder¬

    schlag; Aceton wirkte aber schon in geringerer Konzentration als

    Alkohol fällend. Beim bloßen Erhitzen der Lösung trat keine Ände¬

    rung ein, erst bei Zugabe von 2—3 Tropfen verd. HN03 entstand

    beim Kochen bald eine deutliche Trübung. — Schwermetallsalze

    wirkten mehr oder weniger fällend, deren Verhalten ist in Tabelle 13

    zusammengestellt.Auffallend ist, daß HgCl2 nichts ausfällte, was sich in späteren

    Versuchen wieder bestätigte. (Vgl. Tab. 18) — Organische Säuren und

    Alkaloidfällungsmittel verhielten sich ebenfalls ganz verschiedenartig,wie aus Tabelle 14 ersichtlich ist.

    Verschiedene Farbenreaktionen auf Eiweißkörper wie die Biuret-

    reaktion, die Reaktion nach Arnold2) und die Reaktion mit Millons'

    Reagenz fielen negativ aus.

    Einige Reaktionen, die auf Pektinstoffe und deren Abbauprodukte

    hinweisen, wurden ebenfalls ausgeführt. So gab die Destillation mit

    12prozentiger HCl Furfurol, das durch Rotfärbung von Anilinazetat¬

    papier und Bildung des grünen Furfurolphloroglucids nachgewiesenwurde. Dies ließ auf anwesende Pentosen bzw. Pentosane schließen. —

    Die Naphthoresorcinreaktion von To lien s auf Aldo- und Ketosäuren3)fiel negativ aus. Demnach wäre hier Galakturonsäure bzw. Polygalaktu-ronsäure nicht mehr vorhanden.

    *) The International Sugar Journ. 28, 23 (1926).2) Rosenthaler (1924), 904.3) Rosenthaler (1914), 388.

  • Tabelle

    13.

    Fällung

    derwasserlöslichen

    KolloidedurchMetallsalze.

    Niederschlags¬

    SchwermetallsalzeBeobachtungen unmittelbar

    n

    a

    c

    h

    N

    a

    c

    h

    menge,bezogen

    Farbe

    derFlüssigkeit

    Zugabe

    derSalzlösung

    24

    Stunden

    aufdiejenige

    von

    Pb(N0312,verd.=

    l

    Pb(N03)2{vk-dz-;

    Fällungsofort

    _

    1,0

    1hellbraun

    Fällungsofort

    0,8

    )

    etwas

    dunkler

    Pb(CH3C02)2.

    ..

    Fällungsofort

    1,5

    gelb

    rcn

    (

    verd.

    ..

    .

    CuSOMkonz.

    ..

    .

    SchwacheTrübung

    Fällung

    0,4

    |Kompensierung

    SchwacheTrübung

    Fällung

    0,4

    Cu(CH3C02)2.

    ..

    Trübungsofort,d

    a

    n

    nFlocken¬

    bildung

    und

    Fällung

    1,0

    Kompensierung

    AgN03n/10

    ..

    .

    SchwacheTrübung,n

    a

    c

    h

    e

    t

    w

    a

    1/4

    Stunde

    Trübung,n

    a

    c

    h

    1

    StundeFällung

    0,5

    dunkelgelb

    HgCl2

    Keine'Fällung

    Fällung

    GeringeS

    p

    u

    r

    braun

    Hg(CH3C02)2

    ..

    .

    Fällung tadellos—

    3,0

    farblos

    Cd(CH3C02)2

    ..

    .

    Trübung,n

    a

    c

    h

    1StundeFlok-

    k

    u

    n

    g

    und

    n

    a

    c

    h

    2

    Stunden

    Fällung

    0,2

    hellbraun

    FeS04

    KeineFällung,n

    a

    c

    h

    4Stunden

    Trübung

    Fällung

    0,1

    hellbraun

    und

    trübe

    FeCl3

    KeineFällung,n

    a

    c

    h

    1/i

    Stunde

    Trübung,n

    a

    c

    h

    3

    Stunden

    Fällung

    0.2

    Kompensierung

    Ni(CH3C02)2

    ..

    .

    Keine

    Fällung,n

    a

    c

    h

    e

    t

    w

    a

    1/2

    StundeTrübung

    Fällung

    0,1

    Kompensierung

    NiS04

    Keine

    Fällung

    Fällung

    Spuren

    Kompensierung

    Co(N03)2.

    .

    .

    .

    Keine

    Fällung

    Fällung

    Spuren

    Kompensierung

    MnS04

    KeineFällung

    Keine

    Fällung—

    braun

    und

    k

    l

    a

    r

    SnCl4

    Keine

    Fällung,n

    a

    c

    h

    e

    t

    w

    a

    lji

    Stundeschw.Trübung

    Fällung

    Spuren

    braun

  • Tabelle

    14.

    Fällung

    der

    wasserlöslichenKo

    lloidedurch

    organischeS

    äuren

    und

    Alkaloidfällungsmittel.

    Fällungsmittel

    Beobachtungenunmittelbar

    n

    a

    c

    h

    Zugabe

    des

    Fällungs¬mittels

    N

    a

    c

    h

    24

    Stunden

    Niederschlags¬menge,bezogen

    auf

    diejenige

    von

    Tannin

    =1

    Aufschlämmung

    des

    Nieder¬

    schlages

    in

    Wasser

    Verhalten

    des

    Niederschlagesgegen

    NH3

    Verhalten

    der

    ammoniaka-

    lischenLösung

    gegen

    Alkohol

    Trübung

    Fällung

    1,0

    Zum

    großen

    Vollständig

    Nicht

    wieder

    und

    Trübung

    T

    e

    i

    l

    löslich

    löslich

    fällbar

    Gerbsäure.

    .

    .

    .

    Fällung

    1,2

    UnlöslichLöslichm

    it

    r

    o

    t

    ¬

    braunerFarbe

    Nicht

    wieder

    fällbar

    konz.

    Schwache

    Fällung

    Spuren

    Löslich

    Nicht

    wieder

    Trichloressig-säure

    f

    e

    s

    t

    Trübung

    KeineFällungKeineFällung

    __

    .

    fällbar

    verd.

    Flockung

    Fällung

    0,5

    Zum

    großen

    Löslich

    Nicht

    wieder

    T

    e

    i

    l

    löslich

    fällbar

    Pikrinsäure,2prozentig

    Schwache

    Trübung

    Fällung

    0,8

    Löslichb

    isauf

    eine

    S

    p

    u

    r

    L,öslich

    Nicht

    wieder

    fällbar

    Ferrozyanwasserstoff-

    säure

    KeineFällungKeineFällung

    .—

    Phosphorwolframsäure

    KeineFällungFällung

    Spuren

    Löslich

    Nitroprussidna5prozentig

    trium.

    KeineFällungFällung

    Spuren

    ——

  • 31

    Der Übersicht halber sei hier das Trennungsschema des Vorversuches

    angegeben :Melasse

    Dialyse -

    IDialysierrückstand

    ->• Dialysat

    In H20 unlösl. Teil A In H20 lösl. Teil B

    Ätherlösl. Atherunlösl. Alkohollösl. Alkoholunlösl.Teil Teil Teil Teil

    S^ ^^N. (Saccharose) !Sodalösl. Sodaunlösl. Sodalösl. Sodaunlösl. Verschiedene

    Teil Teil Teil Teil Reagenzien

    1wirken mehr

    */^^N.l oder wenigerMit Mineral¬ Mit HCl Mit HCl fällend

    säure fällbar fällbar unfällbar

    J JAtherlösliche Mit Pb(N03)

    Säuren fällbar

    2. Gewinnung und Trennung der Melassekolloide.

    Der Vorversuch hatte gezeigt, daß die Isolierung der Kolloide aus

    der Melasse durch Dialyse zu ganz befriedigenden Resultaten führen

    kann. Es galt nun nur, einen geeigneten Dialysator zu finden, der es

    erlauben würde, größere Mengen Melasse auf einmal und rasch aus-

    dialysieren zu können. Diesem Zwecke am meisten gewachsen- war

    wohl das neue Modell des Gutbiersehen Schnelldialysators1), Type III,mit einem Fassungsvermögen von 3000 ccm. Bevor ich jedoch in dessen

    Besitze war, arbeitete ich anfangs, um keine Zeit zu verlieren, mit einem

    Sterndialysator von Zsigmondy2), welcher ein Fassungsvermögenvon 2500 ccm hatte.

    Im ganzen wurden 10,13 kg Melasse verarbeitet, welche in fünf

    Portionen ausdialysiert wurden. Diese Teildialysen wurden nur solange

    durchgeführt, bis die refraktometrisch bestimmte Trockensubstanz

    ungefähr 4 Brix auf das abgeschätzte ursprüngliche Melassevolumen

    betrug (während der Dialyse diffundiert Wasser in die Melasse, wodurch

    ») Zeitschr. f. anorg. u. allg. Chemie 154, 345 (1926).2) Zeitschr. f. anorg. Chem. 68, 169 (1910) oder Koll.-Zeitschr. 8, 123 (1911)-

  • 32

    das Volumen sich ändert). Die Dialysierrückstände wurden dann ver¬

    einigt, vom unlöslichen Teil abfiltriert und hierauf der Schlußdialyse

    unterworfen. Während dieser fiel noch ein Teil der Kolloide aus, welche

    ebenfalls vom löslichen Teil durch Filtration getrennt wurden. Die un¬

    löslichen Kolloide der Schlußdialyse wurden mit denen der Teildialysen

    nicht vereinigt, sondern getrennt aufbewahrt als irreversible Kolloide B,

    während jene als Fraktion A bezeichnet wurden. Das Filtrat von B

    wurde auf dem Wasserbade bis zur Sirupdicke eingedampft und hierauf

    im Vakuumtrockenschrank bei 30 bis 40° über CaCl2 vorsichtig ge¬trocknet. Die Gruppe der löslichen oder reversiblen Kolloide wurde

    mit C bezeichnet.

    Die Fraktion A war ein gräulich-braunes, geschmackloses Pulver,

    welches sich von den beiden anderen Fraktionen durch seinen spezifi¬

    schen Geruch unterschied, der erdig und etwas ranzig war. Das Präparathatte eine Feuchtigkeit von 7,23 Proz. und enthielt 29,82 Proz. Asche.

    (Auf Trockensubstanz.)1) Letztere hatte ein graues und gelbes Aus¬

    sehen, inre qualitative Analyse, wie auch jene der Aschen von B und C

    sind aus Tabelle 15 ersichtlich.

    Die Fraktion B, von der verhältnismäßig wenig erhalten wurde,

    war ein schwarzbraunes, geschmack- und geruchloses Pulver. Die

    Feuchtigkeit betrug 8,89 Proz., der Aschegehalt 16,44 Proz. Die Asche

    war von rostbrauner und weißlicher Farbe.

    Die Fraktion C stellte die größte Menge dar und bildete amorphe,

    schwarzbraune, glänzende und spröde Blättchen; im zerriebenen Zu¬

    stande aber ein braunes Pulver, welches völlig geruchlos und von etwas

    bitterem Geschmacke war. Die Feuchtigkeit betrug 8,48 Proz., der

    Aschegehalt 6,43 Proz. Die Asche hatte ein dunkelgelbes, etwas weißes

    und grünliches Aussehen.

    Die gesamte Menge der isolierten Kolloide verteilt sich auf die drei

    Hauptfraktionen wie folgt:Fraktion A: 42,4 g mit 7,23 Proz. Feuchtigkeit = 39,3 g = 0,39 Proz.

    auf Melasse — 0,51 Proz. auf Trockensubstanz in der Melasse;

    Fraktion B: 5,8 g mit 8,89 Proz. Feuchtigkeit = 5,3 g = 0,05 Proz.

    auf Melasse = 0,07 Proz.« auf Trockensubstanz in der Melasse;

    Fraktion C: 69,3 g mit 8,48 Proz. Feuchtigkeit == 63,5 g = 0,63 Proz.

    auf Melasse = 0,83 Proz. auf Trockensubstanz in der Melasse;

    gesamter Kolloidgehalt der Melasse: 108,1 g = 1,07 Proz. auf Melasse

    = 1,41 Proz. auf Trockensubstanz in der Melasse.

    *) Die Prozentangaben beziehen sich in dieser Arbeit stets auf wasser¬freie Substanz, wenn nichts Spezielles bemerkt ist.

  • 33

    Die Fraktionen A und C wurden nun der Reihe nach mit Äther,Alkohol und Benzol extrahiert und die erhaltenen Extrakte und Ex¬

    traktionsrückstände durch verschiedene Lösungs- und Fällungsmittelin Gruppen getrennt. Die Aufarbeitung der Fraktion B wurde erst

    dann durchgeführt, nachdem bereits die beiden anderen Fraktionen

    so weit untersucht waren, daß man hierbei die gemachten Erfahrungenverwerten konnte. Demzufolge wurde die Fraktion B nicht mit organi¬schen Lösungsmitteln extrahiert, da anzunehmen war, daß nur SpurenÄther- und Alkohöllösliches vorhanden seien, denn die ätherlöslichen

    Bestandteile sind hauptsächlich von A zurückgehalten worden, während

    die alkohollöslichen Anteile zum größten Teil wasserlöslich waren und

    somit zu C übergingen.Der ganze Irennungsvorgang ist im Teil D beschrieben, es sei

    deshalb hier nur der Übersicht halber das Trennungsschema angegeben.Rechts von den Buchstaben im Schema sind die erhaltenen Mengen

    in Prozent der Melasse angegeben. Die hier angeführten Prozentzahlen

    machen jedoch keinerlei Anspruch auf absolute Genauigkeit, sondern

    sie sollen nur eine allgemeine Orientierung ermöglichen.

    3. Beschreibung und Analyse der einzelnen Fraktionen.

    In diesem Abschnitt werden zuerst die durch Extraktion der Me¬

    lassekolloide mit verschiedenen Lösungsmitteln erhaltenen Fraktionen

    besprochen, um die verschiedenen Gruppen det eigentlichen Melasse-

    kolloide nicht allzu sehr auseinanderzureißen. Die Untersuchung der

    verschiedenen Extrakte bot insofern ein gewisses Interesse, als durch

    sie vielleicht etwas Licht für die spätere Untersuchung geschaffenwerden könnte.

    a) Fraktion aj. Sie stellte eine gelbe, dickflüssige Substanz dar,welche von Kristallen durchsetzt war; der Geruch war fettähnlich.

    In Alkohol war sie sehr schwer, dagegen in Äther und Chloroform leicht

    löslich. Die ätherische Lösung zeigte Fluoreszenz. Beim Verbrennen

    auf dem Platinblech trat nur geringe Verkohlung ein, wobei keine Asche

    zurückblieb. Die Substanz war frei von Stickstoff, enthielt aber orga¬nisch gebundenen Phosphor. Die quantitative Bestimmung des Phos¬

    phors nach der Mikromethode von A. P. Briggs1) ergab etwa 0,0035

    Proz., also sehr wenig. Da diese Fraktion sehr fettähnliches Aussehen

    hatte, wurden die Säure-, Ester- und Verseifungszahl bestimmt. Die

    Analyse ergab: S.-Z. 14,4; E.-Z. 26,8 und V.-Z. 41,2. Die Verseifungs-

    produkte, Säuren und übrige Körper, wurden voneinandär getrennt.

    l) Journ. of Biol. Chem. 07, 13 (1922).

    3

  • 34

    Säuren wurden sehr wenig erhalten, während zum größten Teil Neutral¬

    körper gewonnen wurden; Basen waren keine vorhanden, worauf eigent¬lich schon die Abwesenheit von Stickstoff hindeutete.

    Aus all dem ging hervor, daß die Fraktion ax ein Gemisch von meh¬

    reren Körpern darstellte. Die niedere Säure- und Verseifungszahl ließ

    auf wenig Säuren bzw. auf wenig pflanzliche Fette schließen. Der Phos¬

    phorgehalt konnte vielleicht von Abbauprodukten des Lecithins herrüh¬

    ren, deren Vorkommen Lippmann1) in der Rübe nachwies. Da das

    Produkt frei von Stickstoff war, so hätte vielleicht eine Verbindungvom Typus der a-Distearyl-Glyzerinphosphorsäure vorliegen können,welche durch Abspaltung der an Lecithin gebundenen Base (z. B. Cholin,

    Betain) entstand, welche leichter abspaltbar ist als die an Glyzerin

    gebundenen Säuren. Diese Verbindung wäre durch folgende Formel

    wiedergegeben:

    CHg—0—Rx

    CH — O- R2

    CH2 —0 — PO = (OH)s

    Rj und R2 brauchen nicht gleich zu sein und können auch durch

    andere Säuren als nur Stearinsäure ersetzt werden. Diesen Körpera us

    ax zu isolieren, war undenkbar, da das vorhandene Untersuchungs¬material zu knapp war. Es wurden daher nur noch das neutrale (gj)und saure (hj) Verseifungsprodukt untersucht.

    b) Fraktion gv Die gelbe Substanz war leichtflüssiger wie ajund war ebenfalls von Kristallen durchsetzt. Sie war in Alkohol sehr

    schwer, in Äther und Chloroform aber leicht löslich. Phosphor war ab¬

    wesend. Es lag- nun die Vermutung nahe, daß die Fraktion ein Gemisch

    von Kohlenwasserstoffen sein könnte, welche in Form von Mineralölen

    während des Betriebes in die Zuckerfabrikprodukte gelangten und sich

    in der Melasse angereichert hatten. Es wurde daher eine Elementar¬

    analyse ausgeführt, welche folgende Werte ergab:

    Gefunden: 85,16 Proz. C; 10,88 Proz. H.

    Berechnet für: C^H^O: 84,85 Proz. C; 11,11 Proz. H.

    Aus der Analyse folgte, daß die vorliegende Substanz keine reinen

    Kohlenwasserstoffe enthalten konnte, da sie noch Sauerstoff enthielt.

    Auffallend war die Ähnlichkeit in der Zusammensetzung im Vergleichzu den Sterinen. Für die meisten von ihnen gilt die Formel C27H460oder auch C27H460. Lippmann2) fand Phytosterin von der Zusammen-

    J) Z. V. D. Zuckerind. 38, 71 (1888).2) Z. V. D. Zuckerind. 34, 645 (1884); 88, 68 (1888).

  • • VORLAGE-GROSS-ETH*

    Vorlage > A3

    * V 0 RLAGE-GROSS-ETH*

  • 35

    Setzung C2itiuO in den Rübenfetten und in der Schaumdecke von in

    „Schaumgärung" geratenen Nachprodukten.

    Die Substanz wurde daher auf Phytosterin geprüft. Nach Hager -

    Salkowsky1) soll eine Lösung von Phytosterin in Chloroform beim

    Schütteln mit H2S04 sich blutrot färben. Bei Ausführung dieser Re¬

    aktion wurde die Schwefelsäure rot gefärbt,' während das Chloroform

    nur grünliche Fluoreszenz zeigte. — Die Reaktion nach Liebermann-

    Burchard1) fiel negativ aus. — Nach Tschugajeff a) soll eine Lösungvon Phytosterin in Eisessig beim Erhitzen mit Azetylchlorid und wasser¬

    freiem ZnCl2 eine eosinrote Färbung geben. Mit der zu untersuchenden

    Substanz wurde wohl eine Rotfärbung erhalten, welche aber von gelb¬brauner und grünlicher Fluoreszenz begleitet war. — Durch die

    Digitoninreaktion1), welche sehr empfindlich ist, wurden sehr wenigefarblose Nadelbüschel erhalten, welche gleiche Lösungsverhältnisse

    zeigten wie das Phytosterindigitonid, deren Schmelzpunkt aber

    unmöglich zu bestimmen war. An Hand dieser Reaktioren konnte

    nicht mit Sicherheit die Gegenwart von Phytosterin nachgewiesenwerden.

    Eine Probe von gx wurde zuletzt noch auf ihren Siedepunkt ge¬

    prüft. Es zeigte sich, daß ein Teil in den Grenzen von 162° bis 185°

    siedete, der Rest hatte noch höhere Siedepunkte. Die Tröpfchen,die sich am Thermometer kondensierten, hatten mineralölähnlichen

    Geruch.

    Aus diesen Untersuchungen konnte mit Sicherheit festgestellt

    werden, daß die Fraktion gj auch noch ein Gemisch von verschiedenen

    Körpern darstellte. Wahrscheinlich waren es in der Hauptsache verschie¬

    dene höhere Kohlenwasserstoffe, die durch eine sauerstoffhaltige Ver¬

    bindung verunreinigt waren. Phytosterin, wenn überhaupt vorhanden,konnte nur in Spuren sich vorfinden. Diese Annahme läßt sich auch

    mit den Löslichkeitsverhältnissen von g! gut in Einklang bringen, näm¬

    lich die schwere Löslichkeit in 96prozentigem Alkohol und die leichte

    Löslichkeit in Chloroform und Äther (Kohlenwasserstoffe).

    c) Fraktion hv Diese Fraktion, welche in NaOH löslich und

    durch Mineralsäuren wieder fällbar war, konnte eine oder mehrere

    Säuren enthalten. Die grünlich-gelbe Substanz war fest und kristalli¬

    nisch und von schwach fettartigem Geruch. Brom wurde etwas addiert

    und alkalische Permanganatlösung reduziert. Es lag also ein unge¬

    sättigter Körper vor. Da von dieser Fraktion sehr wenig vorhanden

    !) Rosenthaler (1914), 88.

    3*

  • 36

    war, so konnten, außer einer Mikroanalyse, keine weiteren Reaktionen

    mehr ausgeführt werden. Die Analyse ergab folgende Werte:

    Gefunden: 76,77 Proz. C; 10,55 Proz. H

    Berechnet für C16H27Oa 76,49 Proz. C; 10,76 Proz. H

    Da in der Literatur keine ähnliche Verbindung zu finden ist, so

    kann angenommen werden, daß ein Gemisch von Säuren vorlag. Leider

    konnte nicht mehr untersucht werden, ob die Substanz P-haltig war

    oder nicht.

    d) Fraktion b^ Die Untersuchung des Alkoholextraktes von

    A hatte weniger Interesse, da nach seiner Trennung in die Fraktionen

    Cj, dj (kj -J- lj), ij und f1 jede derselben zu wenig Stoff zur Untersuchungbot. Ich begnügte mich daher mit der Beschreibung dieser Körper;

    einzig von der Fraktion cx wurde eine Elementaranalyse gemacht.

    e) Fraktion cv Die braune, schmierige Masse wies einen eigen¬tümlichen Geruch auf, der übrigens bei allen Alkoholfraktionen mehr

    oder weniger stark auftrat. Dieser war durch eine gewisse Schärfe und

    Würzigkeit (an Maggi erinnernd) gekennzeichnet, welche aber nicht

    stechend wirkte. Die Substanz war asche-, S- und N-frei, enthielt aber

    P (scheinbar wenig). Beim Verbrennen auf dem Platinblech brannte

    die Substanz selber nicht, es trat aber starke Kohlenstoffausscheidungein. In Alkohol und Äther ist cx löslich. Um einen Einblick in die ele¬

    mentare Zusammensetzung zu gewinnen, wurde eine Analyse ausgeführt,welche folgende Werte ergab:

    Gefunden: 76,95 Proz. C; 10,21 Proz. H.

    Demnach hätte cx eine ähnliche Zusammensetzung wie hv (Leiderkonnte nicht untersucht werden, ob h± auch P enthielt.)

    f) Fraktionen d1; ix und fx. Die Substanz dx war alkohol- und

    wasserlöslich. Sie wurde in einen alkoholleichtlöslichen Teil kj und

    einen alkoholschwerlöslichen Teil lx geteilt, kj war eine feste, amorphe

    Masse, welche weich und klebrig anzufühlen war. Die Farbe war dunkel¬

    gelb und etwas rotstichig, der Geschmack bitter und der Geruch etwas

    aromatisch. — lx stellte eine feste, amorphe Masse dar, von dunkelgelber,etwas grünstichiger Farbe, von bitterem und herbem Geschmack und

    ähnlichem, aber schwächerem Geruch wie kr — ix bildete amorphe,

    spröde und glänzende Schuppen von brauner Farbe, welche in Alkohol

    löslich waren. In Äther und Wasser war der Körper unlöslich. Der Ge¬

    ruch war den Nebenfraktionen ähnlich, nur war die Substanz völlig

    geschmacklos. — f2 war ein schwarzbrauner Rückstand, der in Äther,Alkohol und Wasser unlöslich war (Verunreinigungen).

  • 37

    g) Fraktion er Der geringe Anteil, welcher durch Extraktion

    von A mit Benzol erhalten wurde, war fest, amorph und dunkelbraun.

    h) Fraktion b3. Der atherlosliche Teil von a3 war sehr gering.Er bildete eine amorphe, feste Masse, von gelblich-gruner Farbe und

    aromatischem Geruch. Die Substanz war klebrig anzufühlen und völlig

    geschmacklos. Sie mußte ein Gemisch mindestens zweier Korper sein,denn nahm man mit Äther auf, so loste sich der farbige Teil sehr leicht

    unter Bildung einer grünlich fluoreszierenden Losung, wahrend ein

    weißer Korper zuruckblieb. Dieser gelbe, atherlosliche Farbstoff ist

    vielleicht mit dem von Simmich1) aus der Zuckercouleur „Defka"isolierten gelben, atherloslichen Farbsto