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Impfungen für Beschäftigte
im Gesundheitswesen
PD Dr. med. Annelie Plentz
Deggendorfer Hygienetag 28.5.2019
Schutzwirkung von Impfungen
• Individualschutz
(fast) jeder Geimpfte ist geschützt
• Gemeinschaftsschutz (Herdenimmunität)
innerhalb einer zum größten Teil geimpften Population nimmt die Erkrankungs- und Infektionsfrequenz auch unter Nichtgeimpften ab
Impfungen: Indikationsbereiche gemäß STIKO
• Standardimpfungen Impfungen gegen Infektionen, vor denen jeder geschützt sein sollte
• Auffrischimpfungen bezogen auf Standardimpfungen
• Indikationsimpfungen Impfungen bei bestimmten Grunderkrankungen Impfungen aufgrund besonderer Lebensumstände
• Beruflich bedinge Impfungen Impfungen für Angehörige gewisser Berufsgruppen
• Reiseimpfungen für Reisen in Endemie-/Risikogebiete oder in Länder mit Impfpflicht
• Postexpositionelle Impfungen aktive oder passive Impfung oder beides, zeitnah nach möglicher Infektion
Standardimpfungen für Erwachsene in Deutschland (STIKO, Stand 2018)
Tetanus AI alle 10 Jahre
Diphtherie AI alle 10 Jahre
Pertussis 1 Impfung bei der nächsten AI für Td
Polio nur Nachholimpfung
Masern 1 Impfung für alle nach 1970 Geborenen, wenn in der Kindheit 1 oder keine Impfung
Röteln Ungeimpfte Frauen im gebährfähigen Alter: 2 Impfungen
Varizellen Seronegative Frauen mit Kinderwunsch: 2 Impfungen
Pneumokokken > 60 jährige einmalig, ggf. AI nach 6 Jahren
Influenza > 60 jährige jährlich
Zoster > 60 jährige (2 x)
Spezielle Impfprophylaxe im Gesundheitswesen Empfehlungen der STIKO (2018) und der ArbMedVV (2013)
für alle im Gesundheitsdienst • Hepatitis B • Influenza • Pertussis • Masern • Mumps • VZV
• Röteln Pädiatrie, Geburtshilfe
• Polio Neurologie, Pädiatrie
• Hepatitis A Infektiologie, Gastroenterologie, Pädiatrie
• Schutz für Personal • Schutz für Patienten
Verlauf der Hepatitis B
Akute Infektion
Chronische Infektion
Leberzirrhose
Leberzell-Ca (HCC) Dekompensation
Op / LTX
Tod
CAVE Reaktivierung einer abgelaufenen Hepatitis B unter Immunsuppression!
<10% (Erw.) >90% (Neugeb.)
30%
5-10% 25%
Hepatitis B-Impfstoffe
Drei Generationen
1. Plasma-Impfstoff
2. Rekombinantes HBsAg in Hefen (erster rekombinant hergestellter Impfstoff)
3. Rekombinante HBsAg in Säugerzellen
Hepatitis B-Virus Dane-Partikel
Impfung gegen Hepatitis B bei medizinischem Personal
Grundimmunisierung 0, 1, 6-12 Monate
Titerbestimmung 4-8 Wochen nach 3. Impfung Ziel: Titer ≥ 100 IU/l
Low-Responder weiterimpfen, anschl. Titerkontolle
Auffrischung ? Nur bei hohem Expositionsrisiko: nach 10 Jahren Titerkontrolle, Auffrischung nur bei Titer <100 IU/l
Non-Responder chronische Infektion ausschließen (Anti-HBc), weiterimpfen, anschl. Titerkontolle
Influenza
• asymptomatische Verläufe
• plötzliches (!) hohes Fieber Kopf-, Muskelschmerzen ausgeprägtes Krankheitsgefühl trockener Husten
• häufigste und gefährlichste Komplikation: Pneumonie
Pandemien im 20. Jahrhundert
1918 „Spanische Grippe“ A/H1N1 1957 „Asiatische Grippe“ A/H2N2 1968 „Hongkong Grippe“ A/H3N2 1977 „Russische Grippe“ A/H1N1 2009 „Mexiko-Grippe“ A/H1N1
1918 1957 1968 1977 2009
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Totimpfstoffe (i.m., s.c.) hergestellt in - Hühnereiern - (Zellkultur) - dreifach A/H1N1 A/H3N2 B - vierfach B - ohne Adjuvans - mit Adjuvans
Influenza-Impfstoffe
jede Saison neu zusammengesetzt
Vierfachimpfstoff zugelassen von 2- 17 Jahren
2018/19 A/Michigan/45/2015 (H1N1) pdm09 A/Singapore/INFIMH-16-0019/2016 (H3N2) B/Colorado/06/2017 (B/Victoria/2/87-Linie) Zusätzlich B/Phuket/3073/2013 (B/Yamagata/16/88-Linie)
Lebendimpfstoff (inhalativ)
Impfrate bei Medizinischem Personal: 40%
OKaPII-Studie zur Influenza-Impfung Impfquoten und Impfmotivation bei Klinikpersonal in der Influenza-Saison 2016/2017
Epidemiologisches Bulletin 32/2018
0
2
4
6
8
10
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Influenza-A-Infektionen Influenza-B-Infektionen
Kontrollgruppe (n=179)Influenza-geimpft (n=180)
Wirksamkeit des Influenzaimpfstoffes bei medizinischem Personal
Doppelblindstudie 1992-95
Wilde et al. 1999, JAMA
Wirksamkeit 88%
W. Jilg
Impfrate in %
0 20 40 60 80 100
Mor
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0
10
20
30
40
Impfrate PersonalImpfrate Patienten
AP
Einfluss der Influenza-Impfung von medizin. Personal auf Mortalität der Patienten
(Carman et al. 2000, Lancet)
Symptome Impfstoff (%) Placebo (%)
Fieber 6,2 6,1
Müdigkeit 18,9 19,4
Wetterfühligkeit 16,0 17,5
Muskelschmerzen 6,2 5,7
Kopfschmerzen 10,8 14,4
Schmerzen an der Impfstelle
63,8 24,1
Influenzaimpfung: Nebenwirkungen bei 849 Personen
Nichol et al 1995, NEJM
Pertussis = Keuchhusten
• Erreger Bordetella pertussis
• Übertragung Tröpfcheninfektion
• Klinik Säuglinge: Hustenattacken, Zyanose Erw.: hartnäckiger Husten
• Komplikationen Einblutungen, Pneumonie
• Therapie (Makrolid)
Bilder: wikipedia
Pertussis-Impfraten in Deutschland Impfung innerhalb der letzten 10 Jahre
18-29 J 30-39 J 40-49 J 50-59 J 60-69 J 70-79 J gesamt
28% 11% 12% 8% 8% 7% 13% DEGS1, Bundesgesundheitsblatt 2013
Immunität nach Impfung <<10 Jahre!
Impfpflicht für Masern?
• Nachweis durch Impfausweis oder bei durchgemachter Infektion: ärztliches Attest
• Nicht-Impfen: Ordnungswidrigkeit -> Ausschluss von Kita Strafen bis zu 2500 Euro
Plan: 2 Masernimpfungen Pflicht für • alle Kinder in Kita, Schule • alle Erzieher, Lehrer und im Medizinischen Bereich Tätige
„Alle Eltern sollen sicher sein können, dass ihre Kinder nicht von anderen mit Masern angesteckt und gefährdet werden.“ Gesundheitsminister Spahn
Masernkomplikationen
Masern-Enzephalitis
Erkrankung Häufigkeit
Otitis media 7-9 %
Masernpneumonie 1-6 %
Enzephalitis (akut, SSPE) 0.1 %
Todesfälle (0.01-)0,1%
• Masern sind extrem kontagiös!
• Um die Zirkulation zu unterbrechen, müssen 95% der Bevölkerung geimpft sein (2 Impfungen).
• Die Masern sind unter Kontrolle, wenn in einem Land maximal 1 Erkrankung pro 1 Mio Einwohner auftritt.
Masern
www.impfbrief.de
Deutschland hat sich gegenüber der WHO verpflichtet, die Masern bis zum Jahr 2010 zu eliminieren. Um dieses Ziel zu erreichen, dürfen jährlich maximal 83 Masernfälle (rote Linie) auftreten….
543
Masern-Impfraten nach GKV-Daten
hier Jahrgang 2013 Alter Dosen Rgb Bay D
a 15 M 1 91% 88% 87%
b 24 M 1 96% 96% 96%
c 24 M 2 77% 75% 74%
www.vacmap.de
a b c Impfempfehlung:
1. 11-14 Mon 2. 15-23 Mon
Impfraten bei Schuleingangsuntersuchung
1. Impfung 2. Impfung
97,1% 92,8%
Masernimpfung 2017
Epidemiologisches Bulletin 18/2019
1. Impfung 2. Impfung Impfausweis
97,1% 92,8% 91,6%
88,9% 85,0% falls die fehlenden 8,4% ungeimpft sind
97,3% 93,4% falls die fehlenden 8,4% geimpft sind
Masernimpfung 2017
Impfraten bei Schuleingangsuntersuchung
Masern Impfraten
DEGS1-Studie, 2008-2011 (2013)
Große Impflücken in der
erwachsenen Bevölkerung!! Jahrgänge 1979-1993 1969-1981
Masernerkrankungen 2017 in Deutschland nach Altersgruppe
0-9 10-19 20-29 30-39 40-49 >=50 Alter/Jahre
40 % aller Masernfälle bei Erwachsenen ! % a
ller F
älle
Erhöht die MMR-Impfung das Autismus-Risiko? Hintergrund
• 1998 Publikation im Lancet von Wakefield et al. 12 Kinder mit Darmerkrankungen und autistischen Verhaltensauffälligkeiten, 8 davon zuvor MMR-geimpft Schlussfolgerung: Zusammenhang zwischen MMR-Impfung und Autismus
Kritik: - geringe Fallzahl - keine zufällige Auswahl der Kinder - Daten über zeitlichen Zusammenhang gefälscht - Interessenskonflikt: Wakefield wurde von Eltern von Kindern mit Autismus bezahlt, einen Zusammenhang zur Impfung herzustellen Fakten • Autismus-Zahlen sind seit den 1980er Jahren angestiegen • Diagnose „Autismus“ gibt es erst seit 1980 (DSMIII) • Bekanntheit des Krankheitsbildes in den 1990er Jahren gestiegen • Fazit: kein echter Anstieg der Autismus-Fälle, nur der Diagnosen • Nach 1998 10 große Studien (jeweils 6-stellige Fallzahlen),
die keinen Zusammenhang zwischen Impfung und Autismus zeigen
WHO: 10 Bedrohungen der globalen Gesundheit 2019
1. Luftverschmutzung und Klimawandel
2. Nicht ansteckende Erkrankungen
3. Bedrohung durch Influenza-Pandemie
4. Dürre- und Kriegs-Regionen
5. Antibiotika-Resistenzen
6. Ebola und andere hochpathogene Erreger
7. Schlechte medizinische Primärversorgung
8. Impfmüdigkeit
9. Dengue
10. HIV