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DEUTSCHES INSTITUT FÜR ERNÄHRUNGSFORSCHUNG POTSDAM-REHBRÜCKE ABTEILUNG GASTROINTESTINALE MIKROBIOLOGIE Identifizierung und Charakterisierung der Isoflavon-umsetzenden Enzyme aus dem humanen Darmbakterium Slackia isoflavoniconvertens DISSERTATION zur Erlangung des akademischen Grades „doctor rerum naturalium“ (Dr. rer. nat.) eingereicht an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam von Diplom-Biochemikerin CHRISTINE SCHRÖDER geboren am 15.08.1984 in Magdeburg Potsdam, im Februar 2015

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  • DEUTSCHES INSTITUT FÜR ERNÄHRUNGSFORSCHUNG POTSDAM-REHBRÜCKEABTEILUNG GASTROINTESTINALE MIKROBIOLOGIE

    Identifizierung und Charakterisierung derIsoflavon-umsetzenden Enzyme

    aus dem humanen DarmbakteriumSlackia isoflavoniconvertens

    DISSERTATIONzur Erlangung des akademischen Grades

    „doctor rerum naturalium“(Dr. rer. nat.)

    eingereicht an derMathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät

    der Universität Potsdam

    vonDiplom-Biochemikerin

    CHRISTINE SCHRÖDER

    geboren am 15.08.1984 in Magdeburg

    Potsdam, im Februar 2015

  • Ein Teil dieser Arbeit wurde in Applied and Environmental Microbiology veröffentlicht: Schröder, C.; Matthies, A.; Engst, W.; Blaut, M.; Braune, A. „Identification and expression of genes involved in the conversion of daidzein and genistein by the equol-forming bacterium Slackia isoflavoniconvertens.“ Appl. Environ. Microbiol. June 2013 79(11):3494-502; published ahead of print 29 March 2013, doi: 10.1128/AEM.03693-12 Online veröffentlicht auf dem Publikationsserver der Universität Potsdam: URN urn:nbn:de:kobv:517-opus4-80065 http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:kobv:517-opus4-80065

  • Zusammenfassung

    Aufgrund ihrer potenziell gesundheitsfördernden Wirkung sind die polyphenolischen Iso-flavone für die menschliche Ernährung von großem Interesse. Eine Vielzahl an experi-mentellen und epidemiologischen Studien zeigen für die in Soja enthaltenen IsoflavoneDaidzein und Genistein eine präventive Wirkung bezüglich hormon-abhängiger und al-tersbedingter Erkrankungen, wie Brust- und Prostatakrebs, Osteoporose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie des menopausalen Syndroms. Die Metabolisierung und Bioaktivie-rung dieser sekundären Pflanzenstoffe durch die humane intestinale Darmmikrobiota istindividuell unterschiedlich. Nur in einem geringen Teil der westlichen Bevölkerung wirdder Daidzein-Metabolit Equol durch spezifische Darmbakterien gebildet. Ein isoliertesEquol-produzierendes Bakterium des menschlichen Darmtrakts ist Slackia isoflavonicon-vertens. Anhand dieser Spezies sollten die bislang unbekannten, an der Umsetzung vonDaidzein und Genistein beteiligten Enzyme identifiziert und charakterisiert werden.

    Fermentationsexperimente mit S. isoflavoniconvertens zeigten, dass die Gene der Daid-zein und Genistein-umsetzenden Enzyme nicht konstitutiv exprimiert werden, sondern in-duziert werden müssen. Mit Hilfe der zweidimensionalen differentiellen Gelelektrophoresewurden sechs Proteine detektiert, welche in einer S. isoflavoniconvertens-Kultur in Anwe-senheit von Daidzein induziert wurden. Auf Grundlage einzelner Peptidsequenzen erfolg-te die Sequenzierung eines Genkomplexes mit den in gleicher Orientierung angeordnetenGenen der durch Daidzein induzierten Proteine. Sequenzvergleiche identifizierten zudemäquivalente Genprodukte zu den Proteinen von S. isoflavoniconvertens in anderen Equol-produzierenden Bakterien. Nach der heterologen Expression in Escherichia coli wurdendrei dieser Gene durch enzymatische Aktivitätstests als Daidzein-Reduktase (DZNR),Dihydrodaidzein-Reduktase (DHDR) und Tetrahydrodaidzein-Reduktase (THDR) iden-tifiziert. Die Kombination der E. coli-Zellextrakte führte zur vollständigen Umsetzung vonDaidzein über Dihydrodaidzein zu Equol. Neben Daidzein setzte die DZNR auch Genisteinzu Dihydrogenistein um. Dies erfolgte mit einer größeren Umsatzgeschwindigkeit im Ver-gleich zur Reduktion von Daidzein zu Dihydrodaidzein. Enzymatische Aktivitätstests mitdem Zellextrakt von S. isoflavoniconvertens zeigten ebenfalls eine schnellere Umsetzungvon Genistein. Die Kombination der rekombinanten DHDR und THDR führte zur Um-setzung von Dihydrodaidzein zu Equol. Der korrespondierende Metabolit 5-Hydroxyequol

  • konnte als Endprodukt des Genistein-Metabolismus nicht detektiert werden. Zur Reini-gung der drei identifizierten Reduktasen wurden diese genetisch an ein Strep-tag fusioniertund mittels Affinitätschromatographie gereinigt. Die übrigen durch Daidzein induzier-ten Proteine IfcA, IfcBC und IfcE wurden ebenfalls in E. coli exprimiert und als Strep-Fusionsproteine gereinigt. Vergleichende Aktivitätstests identifizierten das induzierte Pro-tein IfcA als Dihydrodaidzein-Racemase. Diese katalysierte die Umsetzung des (R)- und(S)-Enantiomers von Dihydrodaidzein und Dihydrogenistein zum korrespondierenden Ra-cemat. Neben dem Elektronentransfer-Flavoprotein IfcBC wurden auch die THDR, DZNRund IfcE als FAD-haltige Flavoproteine identifiziert. Zudem handelte es sich bei IfcE umein Eisen-Schwefel-Protein. Nach Induktion der für die Daidzein-Umsetzung kodierendenGene wurden mehrere verschieden lange mRNA-Transkripte gebildet. Dies zeigte, dassdie Transkription des durch Daidzein induzierten Genkomplexes in S. isoflavoniconver-tens nicht in Form eines einzelnen Operonsystems erfolgte.

    Auf Grundlage der identifizierten Daidzein-umsetzenden Enzyme kann der Mechanis-mus der bakteriellen Umsetzung von Isoflavonen durch S. isoflavoniconvertens eingehenderforscht werden. Die ermittelten Gensequenzen der durch Daidzein induzierten Prote-ine sowie die korrespondierenden Gene weiterer Equol-produzierender Bakterien bietenzudem die Möglichkeit der mikrobiellen Metagenomanalyse im humanen Darmtrakt.

  • Summary

    Gut bacteria play a crucial role in the metabolism of dietary isoflavones which have beenimplicated in the prevention of hormone-dependent and age-related diseases. Only theintestinal bacteria are able to catalyze the bioactivation of the main soybean isoflavonesdaidzein and genistein to equol and 5-hydroxy-equol, respectively. Although several equol-forming gut bacteria have been isolated in recent years, the knowledge on the involvedenzymes is still scarce. Slackia isoflavoniconvertens represents one of the few equol-forminggut bacteria isolated from humans.

    Growth experiments with S. isoflavoniconvertens indicated that the enzymes cataly-zing the conversion of daidzein and genistein were inducible by these isoflavones. Usingtwo-dimensional difference gel electrophoresis (2D-DIGE), several proteins were found tobe upregulated in S. isoflavoniconvertens cells grown in the presence of daidzein. Based onselected protein sequences, a cluster of eight genes was identified encoding the daidzein-induced proteins. Sequence analysis revealed also similarities of daidzein-induced proteinsto corresponding enzymes from other equol-forming human gut bacteria. The heterolo-gous expression of three of those proteins in Escherichia coli and enzyme activity testsidentified them as a daidzein reductase (DZNR), a dihydrodaidzein reductase (DHDR)and a tetrahydrodaidzein reductase (THDR). The combined cell extracts catalyzed thecomplete conversion of daidzein to equol. The recombinant DZNR also converted genisteinto the intermediate dihydrogenistein at higher rates than observed for the conversion ofdaidzein to dihydrodaidzein. Higher rates were also observed with S. isoflavoniconvertenscell extracts. In combination, the recombinant DHDR and THDR catalyzed the reductionof dihydrodaidzein to equol, while the corresponding formation product 5-hydroxy-equolwas not observed.

    The three reductases were functionally expressed as Strep-tag fusion proteins and pu-rified by a one-step affinity chromatography. In addition, the remaining daidzein-inducedproteins IfcA, IfcBC and IfcE were successfully expressed in E. coli and purified. In a com-parative enzyme activity test, IfcA was identified as a dihydrodaidzein racemase, whichconverts the (R)- and (S)-enantiomers of dihydrodaidzein and dihydrogenistein to the cor-responding racemate. Flavin analysis revealed flavin adenine dinucleotide (FAD) as thecofactor of THDR, DZNR, IfcE and also of the putative heterodimeric electron tansfer

  • flavoprotein IfcBC. In addition, IfcE was identified as iron-sulfur enzyme. The analy-sis of intergenic regions and gene expression indicated a non-operon genetic structure ofdaidzein-induced proteins, because mRNA expression occurs at different transcriptionalunits. Furthermore, the transcription start site was determined for ifcA as the first geneof daidzein-induced gene cluster.

    In summary, the identification and incipient characterization of the daidzein-inducedenzymes provides the basis for detection corresponding genes in other equol-forming gutbacteria within the microbial metagenome of the human gut. The results enable also fur-ther studies to elucidate the catalytic mechanism underlying the isoflavone bioactivationby S. isoflavoniconvertens and to clarify the regulation of enzyme induction.

  • Inhaltsverzeichnis

    1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 Isoflavone - eine Substanzklasse der Flavonoide . . . . . . . . . . . 11.2 Bioverfügbarkeit und Metabolismus der Isoflavone im Menschen . . 31.3 Wirkung von Isoflavonen im Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . 41.4 Der mikrobielle Metabolit Equol als ein nicht steroidales Estrogen . 61.5 Umsetzung von Daidzein und Genistein durch die intestinale Mi-

    krobiota . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91.5.1 Slackia isoflavoniconvertens, eine Equol-synthetisierende

    Spezies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111.5.2 Die enzymatische Umsetzung von Daidzein und Genistein

    durch Equol-produzierende Bakterien . . . . . . . . . . . . 121.6 Zielstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

    2 Material und Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162.1 Stammhaltung und Kultivierung von Bakterien . . . . . . . . . . . 162.2 Molekularbiologische Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

    2.2.1 Isolierung genomischer DNA aus Slackia isoflavoniconver-tens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

    2.2.2 Amplifizierung von Genfragmenten mittels PCR . . . . . . 182.2.3 Reinigung von PCR-Produkten . . . . . . . . . . . . . . . 202.2.4 Herstellung von Escherichia coli-Klonen . . . . . . . . . . 202.2.5 Plasmid-Präparation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212.2.6 Inverse PCR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212.2.7 Isolation der Gesamt-RNA aus Slackia

    isoflavoniconvertens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222.2.8 RNA-Gelelektrophorese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232.2.9 Subklonierung von Daidzein-induzierten-Genen in Esche-

    richia coli . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242.2.10 Heterologe Genexpression in Escherichia coli . . . . . . . 252.2.11 Reverse-Transkriptase-PCR-Analyse . . . . . . . . . . . . 262.2.12 Bestimmung der Position von Transkriptionsstarts . . . . 26

    I

  • INHALTSVERZEICHNIS II

    2.2.13 Northern-Blot-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272.3 Proteinbiochemische Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

    2.3.1 Herstellung von bakteriellen Zellextrakten . . . . . . . . . 312.3.2 Reinigung von Strep(II)-Fusionsproteinen . . . . . . . . . 322.3.3 Bestimmung der Proteinkonzentration . . . . . . . . . . . 322.3.4 Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) . . . . . . . . . 33

    2.4 Enzymkinetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362.4.1 Bestimmung der Enzymaktivitäten bei der Umsetzung von

    Isoflavonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362.4.2 NAD(P)H-Dehydrogenase-Assay . . . . . . . . . . . . . . 37

    2.5 Chemisch-Analytische Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382.5.1 Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) . . . . . 382.5.2 Dünnschichtchromatographie . . . . . . . . . . . . . . . . 392.5.3 Aufnahme von Absorptionsspektren . . . . . . . . . . . . . 402.5.4 Bestimmung von Nicht-Häm-Eisen . . . . . . . . . . . . . 402.5.5 Bestimmung von säurelabilem Schwefel . . . . . . . . . . . 40

    2.6 Computerbasierte Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412.6.1 Primerdesign und DNA-Sequenzierung . . . . . . . . . . . 412.6.2 Sequenzanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

    3 Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433.1 Identifizierung der durch Daidzein induzierten Proteine von Slackia

    isoflavoniconvertens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433.2 Computergestützte Analysen zur Charakterisierung des mit Daid-

    zein induzierten Genkomplexes von Slackia isoflavoniconvertens . . 463.2.1 Homologie-Analyse der identifizierten Genprodukte . . . . 463.2.2 Vergleich der Genanordnung Daidzein umwandelnder Pro-

    teine in Equol-produzierenden Bakterien . . . . . . . . . . 503.2.3 Untersuchungen zur transkriptionellen Regulation . . . . . 52

    3.3 Funktionelle Expression der Daidzein-umsetzenden Enzyme vonSlackia isoflavoniconvertens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533.3.1 Heterologe Expression in Escherichia coli . . . . . . . . . 533.3.2 Nachweis der Daidzein-umsetzenden Aktivität heterologer

    Proteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553.4 Reinigung der rekombinanten, durch Daidzein induzierten Proteine

    unter nativen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583.4.1 Fusion der Daidzein-umsetzenden Enzyme an verschiedene

    Affinitäts-tags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

  • INHALTSVERZEICHNIS III

    3.4.2 Reinigung der Daidzein-induzierten Proteine als Strep-Fusionsproteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

    3.5 Untersuchungen zur enzymatischen Aktivität der Daidzein-induzierten Proteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633.5.1 Bestimmung der Km- und Vmax-Werte für die Daidzein-

    Reduktase bei Umsetzung von Daidzein und Genistein . . 633.5.2 Identifizierung einer Dihydrodaidzein-Racemase . . . . . . 643.5.3 Nachweis der NAD(P)H-Dehydrogenase-Aktivität der

    Elektronentransfer-Flavoproteine von Slackia isoflavoni-convertens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

    3.5.4 Verwendung aller rekombinanten, durch Daidzein indu-zierten Proteine bei der Umsetzung von Daidzein . . . . . 66

    3.6 Identifizierung von enzymspezifischen Kofaktoren der durch Daidzeininduzierten Proteine von S. isoflavoniconvertens . . . . . . . . . . . 663.6.1 Charakterisierung der Flavinkofaktoren . . . . . . . . . . . 663.6.2 Untersuchungen zu Eisen-Schwefel-Zentren . . . . . . . . . 68

    3.7 Untersuchungen zur nativen Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . 693.8 Experimentelle Analysen zur transkriptionellen Regulation der durch

    Daidzein induzierten Gene in Slackia isoflavoniconvertens . . . . . . 703.8.1 Identifizierung von koexprimierten Genen . . . . . . . . . 703.8.2 Ermittlung der Startposition einzelner Transkripte . . . . 74

    4 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 764.1 Vergleich des Genkomplexes Daidzein-metabolisierender Enzyme in

    verschiedenen Equol-bildenden Darmbakterien . . . . . . . . . . . . 764.2 Enzymatische Umsetzung von Daidzein und Genistein im zellfreien

    System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 784.3 Vergleich der durch Daidzein induzierten Proteine mit Proteinen

    ähnlicher bakterieller Stoffwechselwege . . . . . . . . . . . . . . . . 824.4 Regulation der Genexpression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 894.5 Abschließende Betrachtung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . 93

    5 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

  • Abbildungsverzeichnis

    1 Grundkörper von Flavanen und Isoflavonen sowie Struktur ausgewählterIsoflavonglucoside. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

    2 Strukturelle Ähnlichkeit des Isoflavonmetaboliten Equol zum Steroidhor-mon 17β-Estradiol. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

    3 Umsetzungen von Daidzein und Genistein durch die intestinale Darmmi-krobiota. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

    4 Umsetzung von Daidzein und Genistein durch S. isoflavoniconvertens. . . . 125 Enzymatische Umsetzung von Daidzein über Dihydrodaidzein und (3S,4R)-

    Tetrahydrodaidzein zu (3S)-Equol durch Eggerthella sp. Stamm Julong. . . 146 2D-DIGE-Dualbild der zytoplasmatischen Proteine von S. isoflavonicon-

    vertens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 Genorganisation der durch Daidzein induzierten Proteine im 12 kb großen

    DNA-Fragment von S. isoflavoniconvertens. . . . . . . . . . . . . . . . . . 448 Vergleich der Genorganisation innerhalb des durch Daidzein induzierten

    Genkomplexes von S. isoflavoniconvertens mit korrespondierenden GenenEquol-produzierender Bakterien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

    9 Genorganisation des durch Daidzein induzierten Genkomplexes von S. iso-flavoniconvertens mit den potenziellen Promotoren und Transkriptionster-minatoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

    10 SDS-PAGE-Analyse von Zellextrakten der tdr-, ddr- und dzr-exprimieren-den E. coli-Klone. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

    11 Zeitlicher Verlauf der Umsetzung von Daidzein und Genistein unter anoxi-schen Bedingungen in Anwesenheit von NADPH. . . . . . . . . . . . . . . 55

    12 SDS-PAGE-Analyse der aus E. coli-Zellextrakten gereinigten Strep(II)-Fusionsproteine DZNR, DHDR und THDR. . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

    13 SDS-PAGE der aus E. coli-Zellextrakten gereinigten Strep(II)-Fusionsprote-ine IfcA, IfcB, IfcC und IfcE. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

    14 SDS-PAGE-Analyse des aus E. coli-Zellextrakt gereinigten HeterodimersIfcBC. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

    IV

  • ABBILDUNGSVERZEICHNIS V

    15 SDS-PAGE-Analyse der aus E. coli-Zellextrakt gereinigten Proteine Orf1-Val und Orf1-Leu. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

    16 Michaelis-Menten-Kinetik der gereinigten Daidzein-Reduktase für die Sub-strate Daidzein und Genistein. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

    17 Postulierte Umsetzungsreaktion von Daidzein zu (S)-Equol in S. isoflavo-niconvertens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

    18 Nachweis der Flavinkofaktoren von THDR, IfcBC, DZNR und IfcE. . . . . 6719 RT-PCR-Analysen der intergenen Bereiche des durch Daidzein induzierten

    Genkomplexes von S. isoflavoniconvertens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7020 RT-PCR-Analyse der Gene orf1, ifcD und ifcE. . . . . . . . . . . . . . . . 7121 Exemplarischer Northern-Blot zum Nachweis der bei der Induktion mit

    Daidzein in S. isoflavoniconvertens gebildeten Transkripte. . . . . . . . . . 7222 Schematische Darstellung des durch Daidzein induzierten Genkomplexes

    von S. isoflavoniconvertens mit den mittels Northern-Blot-Analyse identi-fizierten Transkripten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

    23 Identifizierter Transkriptionsstart des durch Daidzein induzierten Gens if-cA in S. isoflavoniconvertens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

    24 Vergleich der Genorganisation genabwärts von ifcBC/fixAB gelegener Genein drei Equol-produzierenden Bakterien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

  • Tabellenverzeichnis

    1 Ausgewählte Daidzein- und Genistein-umsetzende Darmbakterien. . . . . . 92 Verwendete Oligonukleotidprimer, deren Ableitung aus Peptidsequenzen

    der durch Daidzein induzierten Proteine erfolgte. . . . . . . . . . . . . . . 193 Charakteristische Eigenschaften der neun identifizierten Gene und ihrer

    korrespondierenden Genprodukte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 Identitätsvergleich von Aminosäuresequenzen der identifizierten S. isofla-

    voniconvertens-Genprodukte mit äquivalenten Proteinen Equol-produzie-render Bakterien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

    5 Mögliche Quartärstruktur der gereinigten, durch Daidzein induzierten Pro-teine nach nativer Gelelektrophorese. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

    6 Mittels Northern-Blot-Analyse nachgewiesene Transkripte durch Verwen-dung spezifischer DNA-Sonden für die mit Daidzein induzierten Gene vonS. isoflavoniconvertens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

    7 Verwendete Primer und Primerkombinationen. . . . . . . . . . . . . . . . . 948 Nachgewiesene Peptidsequenzen der sichtbar induzierten Daidzein-umwan-

    delnden Proteine von S. isoflavoniconvertens. . . . . . . . . . . . . . . . . 97

    VI

  • Abkürzungsverzeichnis

    aa AminosäurenACP Acyl-Carrier-ProteinA. equolifaciens Adlercreutzia equolifaciensAP Alkalische PhosphataseAPS AmmoniumperoxodisulfatARF-TSS Adaptor- and radioactivity-free identification

    of transcription start sitesATP AdenosintriphosphatBHI Brain heart infusionBLAST Basic local alignment search toolbp BasenpaarBSA Rinderserumalbuminbzw. beziehungsweiseca. circacDNA komplementäre DNACoA Coenzym ACSPD Dinatrium-3-(4-methoxyspiro{1,2-dioxetane-3,2’-

    (5’-chloro)tricyclo [3.3.1.13,7]decan}-4-yl)phenyl-phosphat2D-DIGE Zweidimensionale differentielle GelelektrophoreseDAI DaidzeindATP DesoxyadenosintriphosphatDC DünnschichtchromatographieDCPIP 2,6-DichlorphenolindophenoldCTP Desoxycytosintriphosphatddr Dihydrodaidzein-Reduktase-GenDEPC DiethyldicarbonatdGTP DesoxyguanosintriphosphatDHD DihydrodaidzeinDHDR Dihydrodaidzein-Reduktase

    VII

  • ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS VIII

    DHG DihydrogenisteinDIfE Deutsches Institut für ErnährungsforschungDIG DigoxygeninDMPD N,N -Dimethyl-1,4-phenylendiaminDMSO DimethylsulfoxidDNA DesoxyribonukleinsäuredNTP DesoxynukleosidtriphosphatDSM Deutsche Sammlung von MikroorganismendTTP DesoxythymidintriphosphatdUTP DesoxyuridintriphosphatsDZNR Daidzein-Reduktasedzr Daidzein-Reduktase-GenE. coli Escherichia coliE. mucosicola Enterorhabdus mucosicolaEDTA Ethylendiamintetraessigsäureengl. englischEQ EquolER EstrogenrezeptorESI-MS/MS Elektrospray-Ionisation-MassenspektrometrieETF Elektronentransfer-FlavoproteinFAD FlavinadenindinukleotidFBEB Flavin-based electron bifurcationFMN Flavinmononukleotidg ZentrifugalkraftGAM Gifu anaerobic mediumG-Protein Guaninnukleotid-bindendes ProteinGEN GenisteinGST Glutathion-S-TransferaseHABA 4-Hydroxyazobenzen-2-CarboxylsäureHDL High density lipoproteinHMW High molecular weightHTH Helix-Turn-Helix-MotivIfcA Dihydrodaidzein-RacemaseIPTG Isopropyl-β-d-thiogalactopyranosidkb KilobasekDa KilodaltonKm Michaelis-KonstanteKPP Kaliumphosphatpuffer

  • ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS IX

    LB Lysogeny brothLDL Low density lipoprotein5-OHEQ 5-HydroxyequolLPH Lactase-Phlorizin-HydrolaseMOPS 3-(N -Morpholino)-propansulfonsäure-LösungmRNA Messenger RNAMW MolekulargewichtNADH Nicotinamid-Adenin-DinukleotidNADPH Nicotinsäureamid-Adenin-Dinukleotid-PhosphatOD600 Optische Dichte bei 600 NanometerORF Offenes LeserasterOYE Old yellow enzymePAGE PolyacrylamidgelelektrophoresePAPS 3’-Phosphoadenosin-5’-phosphosulfatRBA Relative BindungsaffinitätPCR Polymeraseketten-ReaktionpI Isoelektrischer PunktPPAR Peroxisom-Proliferator-aktivierter Rezeptorppm Parts per millionRf RetentionsfaktorRt RetentionszeitRNA RibonukleinsäureRnf Rhodobacter nitrogen fixationRP-HPLC Umkehrphasen-Hochleistungsflüssigkeitschromatographierpm Umdrehungen pro MinuterRNA Ribosomale RibonukleinsäureRT-PCR Reverse-Transkriptase-PCR-AnalyseSAM S -AdenosylmethioninSDR Short chain dehydrogenases/reductasesSDS NatriumdodecylsulfatSEM StandardfehlerSERM Selektiver EstrogenrezeptormodulatorS. isoflavoniconvertens Slackia isoflavoniconvertensSOC Super optimal brothsp. SpeziesSSC Saline-sodium citrate-LösungTAE Tris-Acetat-EDTATB Terrific Broth

  • ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS X

    TCA Trichloressigsäuretdr Tetrahydrodaidzein-Reduktase-GenTEMED N,N,N’,N’-TetramethylethylendiaminTHD TetrahydrodaidzeinTHDR Tetrahydrodaidzein-ReduktaseTris Tris(hydroxymethyl)-aminomethanT3 TriiodthyroninT4 TetraiodthyroninU UnitUV UltraviolettUDP UridindiphosphatV Voltv VolumenVmax MaximalgeschwindigkeitVOC Vicinal Oxygen Chelatew GewichtX-Gal 5-Brom-4-chlor-3-indoxyl-β-d-galactopyranosidz.B. zum Beispiel

  • 1. EINLEITUNG 1

    1 Einleitung

    1.1 Isoflavone - eine Substanzklasse der Flavonoide

    Mit dem Begriff Flavonoid werden im Allgemeinen polyphenolische sekundäre Pflan-zenstoffe mit einem C6-C3-C6-Atom-Kohlenstoffgerüst bezeichnet. Flavonoide sind Phe-nylchromanderivate und werden, abhängig von der Substitution des aromatischen B-Rings,in die biogenetisch verwandten Verbindungen der Flavane (2-Phenyl-chromane), Isoflava-ne (3-Phenyl-chromane) und Neoflavane (4-Phenyl-chromane) eingeteilt (Abbildung 1).Eine weitere Unterteilung der Isoflavane in Isoflavone, Isoflavanone und Isoflavanole er-folgt anhand des Oxidationszustands am C2-, C3- und C4-Atom [103, 216]. Die Synthe-se der Flavonoide findet über einen separaten Zweig des Phenylpropan-Stoffwechselwegsstatt. Katalysiert durch einen Multienzymkomplex reagieren drei Moleküle Malonyl-Co-enzym A mit einem Phenylacryloyl-Coenzym A-Derivat. Durch Arylwanderung gehenIsoflavane anschließend aus Flavanen hervor, ein Schritt, der durch das Cytochrom-P450-Enzym Isoflavon-Synthase katalysiert wird [103,216]. Dieses Enzym kommt hauptsächlichin Leguminosen (auch bezeichnet als Hülsenfrüchtler oder Fabaceae) und einigen anderenPflanzenspezies vor. Dementsprechend sind Isoflavone im Pflanzenreich nicht weit ver-breitet [120, 230, 256]. In Form von 6”-O-Malonyl-7-O-β-glykosiden werden Isoflavone aneinen Zuckerrest konjugiert und in der Pflanzenvakuole gespeichert [13,238].

    Flavone wie auch Isoflavone sind essentiell für die Rhizobien-vermittelte Ausbildungvon Wurzelknöllchen in Leguminosen, durch die molekularer Stickstoff aus der Luft fi-xiert und in Form von Ammonium für die Pflanze verfügbar gemacht wird [210, 213].Als wirtsspezifische Substanzen aktivieren sie die Nodulations(nod)-Gene des kompati-blen Rhizobium-Stamms und wirken zusätzlich als Chemoattraktantien [182, 212, 213].Weiterhin besitzen Isoflavone antimikrobielle Eigenschaften und sind als Phytoalexine ander Abwehr von Pflanzenpathogenen beteiligt [45].

    Im Vergleich zu anderen Leguminosen ist der Gehalt an Isoflavonen in der Sojaboh-ne (Glycine max) und den daraus hergestellten Lebensmitteln hoch [103]. Die für diemenschliche Ernährung relevanten Isoflavone sind die Glucoside Genistin, Daidzin undGlycitin aus der Sojabohne sowie Sissostrin und Ononin aus der Kichererbse (Cicer arieti-num) [50,76,143] (Abbildung 1). Je nach Anbaubedingungen, Erntejahr, klimatischen Be-dingungen, Genetik und Reifestadium variiert die Gesamtisoflavonmenge von 0,1 bis 3 mg(Aglyka und Glucoside) pro Gramm an Sojabohnen [120,143,196,208,238]. Durch die un-

  • 1. EINLEITUNG 2

    terschiedliche Verarbeitung von Sojabohnen verändert sich der Gehalt und die Strukturder Isoflavone. So enthalten fermentierte Produkte wie Tempeh, Sojasoße, Miso und Nattohauptsächlich Isoflavonaglyka, während nicht fermentierte Sojanahrungsmittel wie Tofuund Soja-Milch fast ausschließlich die entsprechenden β-Glucoside beinhalten [14, 120].In asiatischen Ländern wie Japan, China und Korea werden im Durchschnitt täglichzwischen 15 und 50 mg Isoflavone durch den Verzehr von traditionell hergestellten So-jalebensmitteln aufgenommen. Der hauptsächliche Konsum von Soja in den westlichenLändern erfolgt durch Sojaprotein mit einer durchschnittlichen täglichen Aufnahme vonbis zu 5 mg Isoflavonen [103,120].

    Abbildung 1: Grundkörper von Flavanen und Isoflavonen sowie Struktur ausgewähl-ter Isoflavonglucoside.

    Aufgrund ihrer estrogenen Wirkung (siehe auch Kapitel 1.3) werden Isoflavone ausder Sojabohne und dem Rotklee (Trifolium pratense) als Bestandteil von Nahrungsergän-zungsmitteln und diätetischen Lebensmitteln angeboten. Längere Zeit galten die Isoflavon-Präparate als pflanzliche Alternative zur Hormontherapie bei Behandlung von klimakteri-schen Beschwerden in der Peri- und Postmenopause von Frauen [54,166]. Inzwischen wirdjedoch von der Einnahme zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden abgeraten, dadie positive Wirkung als auch die Sicherheit von hoch konzentrierten Isoflavonen nichtausreichend belegt ist [20,54].

  • 1. EINLEITUNG 3

    1.2 Bioverfügbarkeit und Metabolismus der Isoflavone im Men-schen

    Die Bioverfügbarkeit der Isoflavone ist im Menschen individuell verschieden. Mit dem Be-griff der Bioverfügbarkeit wird im Allgemeinen die Menge einer Verbindung bezeichnet,die nach Aufnahme direkt im Blut nachweisbar ist und im Gewebe des Organismus einephysiologische Wirkungen ausübt [120]. Die individuellen Unterschiede in der Bioverfüg-barkeit von Isoflavonen sind abhängig von Faktoren wie dem Geschlecht, der Darmpas-sagezeit und der Darmmikrobiota sowie vom aufgenommenen Lebensmittel und der Artder Ballaststoffe [20].

    Nach dem Verzehr von Sojalebensmitteln werden Isoflavonaglyka im Vergleich zu denhydrophilen Isoflavonglucosiden direkt durch passive Diffusion im mittleren Teil des Dünn-darms resorbiert [88,195,251]. Die Hydrolyse von Isoflavonglucosiden erfolgt durch wirts-eigene β-Glucosidasen in der Darmmukosa oder durch bakterielle bzw. in der Nahrungenthaltene Enzyme [46,120,186]. Im Dünndarm von Säugern identifizierte β-Glucosidasenumfassen u. a. eine zytosolische β-Glucosidase mit breiter Substratspezifität und die mem-brangebundene Lactase-Phlorizin-Hydrolase (LPH). Neben ihrer primären Funktion alsLaktose-spaltendes Enzym katalysiert die LPH auch die Hydrolyse von Daidzin und Genis-tin an der apikalen Seite der Dünndarm-Epithelzellen [46,47,120]. Die Hydrolyse durch diezytosolische β-Glucosidase erfordert die Aufnahme der Glucoside in die Zelle. Puerarin, einC -Glucosid des Daidzeins, wird vermutlich wie das Flavonol Quercetin-4’-β-glucosid di-rekt über einen Natrium/Glucose-Transporter in die Epithelzelle aufgenommen [174,235].Ähnliche zelluläre Aufnahmesysteme für Isoflavon-O-glucoside wie Daidzin und Genistinsind bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt.

    Aufgrund ihrer unpolaren Struktur werden Isoflavonaglyka durch Konjugationsreaktio-nen in ausscheidbare Stoffe umgewandelt (Phase II des Biotransformations-Stoffwechsels).So liegen Isoflavone im Plasma zum Großteil in Form von glucuronidierten, sulfatier-ten als auch sulfoglucuronidierten Konjugaten vor [160, 202]. Die Konjugation der Iso-flavone erfolgt an der C7-und/oder C4’-Hydroxygruppe durch Uridindiphosphat (UDP)-Glucuronosyltransferasen und 3’-Phosphoadenosin-5’-phosphosulfat (PAPS)-Sulfotransfe-rasen, welche in der Leber und der Darmwand lokalisiert sind [120, 193, 202, 252]. DieIsoflavon-Konjugate gelangen durch den enterohepatischen Kreislauf von der Leber überdie Gallenblase erneut in den Darmtrakt oder werden zur Niere transportiert und darüberausgeschieden [120,251]. Nicht resorbierte Isoflavonglucoside und -konjugate erreichen denDickdarm und werden durch bakterielle Enzyme deglycosyliert bzw. dekonjugiert [120].Zudem können Isoflavonaglyka durch geeignete Darmbakterien weiter umgesetzt werden(siehe auch Kapitel 1.5). Die entsprechenden Umsetzungsmetaboliten werden ebenfallsresorbiert und sind in Blutplasma, Urin und Fäzes nachweisbar [103].

  • 1. EINLEITUNG 4

    Die Gesamtkonzentration der Soja-Isoflavone im Plasma wird bei Asiaten nach Verzehrvon sojahaltigen Lebensmitteln mit 870 nmol/l angegeben. Europäer mit einem niedrige-ren Isoflavon-Konsum weisen im Vergleich dazu durchschnittlich 10 nmol/l Gesamtisofla-von im Plasma auf [3, 20]. Nur 10–60 % der aufgenommenen Isoflavone werden über denUrin ausgeschieden, zumeist in Form von konjugierten Verbindungen [34,120,201]. In Fä-zes beträgt der Anteil der ausgeschiedenen Isoflavone, hauptsächlich in nicht konjugierterForm, weniger als 5 % [2, 103, 120, 242, 251, 252]. Neben der zusätzlichen Ausscheidungüber die Galle können Isoflavone auch durch mikrosomale Cytochrome P450 oxidiert wer-den [80,103,114,120].

    1.3 Wirkung von Isoflavonen im Menschen

    Aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit zum endogenen Estrogen 17β-Estradiol bindenIsoflavone an Estrogenrezeptoren (ER) [196] (Abbildung 2). Natürlich vorkommende,nicht steroidale Pflanzeninhaltsstoffe, die gering estrogen (agonistisch) als auch anti-estrogen (antagonistisch) wirken, werden als Phytoestrogene oder auch selektive Estro-genrezeptormodulatoren (SERM) bezeichnet [120,192]. Die bekannten Phytoestrogene ge-hören den Klassen der Isoflavone (z.B. Daidzein, Genistein, Biochanin A, Formononetin),Lignane (z.B. Secoisolariciresinol-Diglucosid), Coumestane (z.B. Coumestrol) und Stilbe-ne (z.B. Resveratrol) an [171]. Abhängig vom ER-Subtyp, dem Gewebe und der endogenenEstrogenkonzentration besitzen Isoflavone entweder agonistische oder antagonistische Ei-genschaften [113, 120, 196, 236]. Sojakonsum führt dabei zu einer Isoflavonkonzentration,welche dem normalen Plasmaspiegel an 17β-Estradiol um einen bis zu 104-fachen Wertübersteigt [196]. Im Vergleich zum Hormon 17β-Estradiol besitzen Isoflavone aber eine100-fach geringere Affinität zu den Estrogenrezeptoren [113]. Humane Estrogenrezeptorenwerden in die Subtypen ERα und ERβ unterteilt und wirken als DNA-bindende Tran-skriptionsfaktoren [112,113]. Im Uterus, dem Hypothalamus/Hypophyse, den Nieren unddem Skelett wird die Estrogenwirkung vor allem durch ERα vermittelt, während ERβvorrangig in den Eierstöcken, den Blutgefäßen, der Prostata, der Lunge und im Gehirnlokalisiert ist [111, 171, 196]. Kompetitive Bindestudien zeigen, dass Isoflavone eine stär-kere Affinität zum ERβ besitzen als zu ERα [113,158].

    Zudem wird vermutet, dass Isoflavone neben ihrer estrogenen Wirkung und dem dar-aus resultierenden Einfluss auf die Genexpression auch über membranständige ERs wir-ken [170, 171, 243]. Die Aktivierung von membranständigen ERs initiiert intrazelluläreSignalkaskaden, welche die Aktivität von G-Proteinen, Adenylatzyklasen, Phospholipa-sen oder Kinasen regulieren können und damit Änderungen in der Ionenkonzentrati-on, Membranpermeabilität oder Stickstoffmonoxid-Produktion hervorrufen [171,211]. Ne-ben der ER-bindenden Aktivität interagieren Isoflavone mit den Peroxisom-Proliferator-

  • 1. EINLEITUNG 5

    aktivierten Rezeptoren (PPARα/γ) und sind Inhibitoren verschiedener Enzyme [229]. Soinhibiert Genistein spezifisch die vor allem in Krebszellen stark überexprimierte Protein-Tyrosinkinase [4, 83]. Ein weiteres Zielenzym ist die in follikulären Schilddrüsenzellenenthaltene Thyreoperoxidase. Durch Daidzein und Genistein wird das Enzym in vitro beiKonzentrationen von 1–10 µM kompetitiv gehemmt und die Bildung der Schilddrüsen-hormone Triiodthyronin (T3) und Tetraiodthyronin (Thyroxin, T4) aus Thyrosin inhi-biert [49]. Die Hemmung ist in Anwesenheit von Iod reversibel. Bezüglich der physiologi-schen Relevanz scheint es jedoch keinen Zusammenhang zwischen einer Schilddrüsenun-terfunktion und dem Konsum von Soja oder isolierten Isoflavonen zu geben [35,146].

    Aufgrund ihrer estrogenen, antioxidativen und antikanzerogenen Aktivität wurdenIsoflavone in zahlreichen Studien auf potenzielle gesundheitsfördernde Effekte untersucht.Epidemiologische Studien belegen, dass in der asiatischen Bevölkerungen mit einem hohenKonsum an Sojalebensmitteln Hormon-abhängige Krankheiten wie Brust- und Prosta-takrebs sowie postmenopausale Symptome (vasomotorische Beschwerden, Osteoporose)und Herz-Kreislauf-Erkrankungen seltener auftreten als in Ländern mit geringem Soja-konsum [1, 120]. Ein Großteil der Fall-Kontroll-Studien und prospektiven Studien bele-gen einen präventiven Effekt der Isoflavone bezüglich der Entwicklung von endokrinemProstata- und Brustkrebs. So korreliert in verschiedenen Studien mit asiatischen als aucheuropäischen Männern der Konsum von sojahaltigen Lebensmitteln oder isolierten Iso-flavonen mit einem reduzierten Risiko für Prostatakrebs [150, 169, 221, 253]. Die Datenaktueller Analysen und Studien belegen einen möglichen Zusammenhang zwischen demverringerten Risiko für Brustkrebs und der verstärkten Aufnahme von Soja-Isoflavonen.Korrelationen lassen sich jedoch häufig nur für postmenopausale asiatische Frauen beob-achten [52,159,233,248,250]. Grund hierfür wird der hohe Konsum von Sojalebensmittelnin den asiatischen Ländern sein [250]. Weitere Studien zeigen zudem eine Korrelation zwi-schen der Aufnahme von Soja in jungen Lebensjahren (Kindheit und Adoleszenz) undeinem verringerten Risiko für Brustkrebs im Erwachsenenalter [108,122,206].

    Aufgrund der nachlassenden Estrogenproduktion und der damit einhergehenden hor-monellen Umstellung leiden viele Frauen in den Wechseljahren unter klimakterischen Be-schwerden. So sind vasomotorische Symptome (Hitzewallungen, Schweißausbrüche) unddie Abnahme der Knochendichte (Osteoporose) typisch für peri- und postmenopausaleFrauen [166]. Eine Vielzahl von Studien belegt, dass die Einnahme von Soja-Isoflavoneneinen positiven Effekt auf die Knochenmineraldichte hat [133, 172, 173, 214, 258]. Im Ver-gleich dazu ist der Einfluss von Isoflavonen auf die Reduktion von vasomotorischen Sym-ptomen wahrscheinlich gering [24, 92, 215]. Derzeitige Metaanalysen schlussfolgern sogar,dass Isoflavone und weitere Phytoestrogene keine therapeutische Wirksamkeit in Bezugauf Wechseljahresbeschwerden haben und demzufolge nicht zur Linderung von Hitzewal-lungen und anderen Symptomen empfohlen werden können [53,123].

  • 1. EINLEITUNG 6

    Neben Krebs gehören Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu den häufigsten Erkrankungen beimMenschen. Interessanterweise treten kardiovaskuläre Todesfälle in westlichen Industriena-tionen bis zu acht mal häufiger auf als in asiatischen Ländern [16,171]. Eine Metaanalysezeigt, dass der durchschnittliche Verzehr von 47 g Soja-Protein/Tag zu einer Reduktiondes Serum-LDL-Cholesterols führt [6]. Dieser Effekt war abhängig von einer anfänglicherhöhten Konzentration an Cholesterol im Serum [6]. Gegenwärtige Metastudien bestäti-gen gleichfalls einen positiven Zusammenhang zwischen einer isoflavonhaltigen Diät undder Abnahme der Gesamtcholesterol-, Low density lipoprotein (LDL)-Cholesterol- undTriglyceridkonzentration im Serum [5, 257]. Wahrscheinlich üben Isoflavone auch einenpositiven Effekt auf die arterielle Endothelfunktion aus und wirken blutdrucksenkend beiHypertonie-Patienten [17,126].

    1.4 Der mikrobielle Metabolit Equol als ein nicht steroidalesEstrogen

    Das Isoflavan Equol [7-Hydroxy-3-(4´-Hydroxyphenyl)-chroman] wurde 1932 erstmalig imUrin einer trächtigen Stute nachgewiesen [137]. Fünfzig Jahre später wurde beobachtet,dass Equol auch im Urin des Menschen nach Verzehr von Soja ausgeschieden wird [11].Vorläuferstudien in Tieren hatten zudem gezeigt, dass Equol nicht mit der Nahrung auf-genommen wird, sondern ein bakterieller Daidzein-Metabolit der gastrointestinalen Mi-krobiota ist [12,207].

    Aufgrund eines chiralen Zentrums am C3-Atom kann Equol in der Konformation des(S)- und (R)-Enantiomers vorliegen. Die bakterielle Umsetzung von Daidzein ist enan-tiospezifisch und führt ausschließlich zur Bildung von (S)-Equol [28, 199]. Im Vergleichzum (R)-Enantiomer ist (S)-Equol eher planar und ähnelt der Konformation von 17β-Estradiol [198] (Abbildung 2).

    Abbildung 2: Strukturelle Ähnlichkeit des Isoflavonmetaboliten Equol zum Stero-idhormon 17β-Estradiol [196].

  • 1. EINLEITUNG 7

    Aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit bindet (S)-Equol an Estrogen-spezifische Rezep-toren und wirkt als SERM [198]. Während 17β-Estradiol nicht selektiv an ERα undERβ bindet, besitzt das schwächer bindende (S)-Equol eine größere Affinität für ERβ[154, 156, 158, 199]. In einem kompetitiven Bindungsassay wurde die relative Bindungs-affinität (RBA) auf die Affinität von 17β-Estradiol bezogen. Der Vergleich der Equol-Enantiomere zeigt, dass (S)-Equol stärker an ERβ (RBA: 32 %) bindet als an ERα(RBA: 0,1 %), während (R)-Equol stärker an ERα bindet (RBA: 0,4 %) [154,158]. Auchist die Bindeaffinität der Equol-Isomere zu ERβ stärker im Vergleich zu den IsoflavonenDaidzein (RBA: 0,04 %) und Genistein (RBA: 7,4 %) [158].

    Weiter besitzt Equol anti-androgene Eigenschaften, ohne an den Androgenrezeptorzu binden. Durch die spezifische Bindung von 5α-Dihydrotestosteron an Equol wird dasAndocken des Hormons an den Androgenrezeptor verhindert, so dass ein vermindertesWachstum der Prostata in Ratten beobachtet werden konnte [130].

    Außer in Menschen und Pferden wurde Equol in einer Vielzahl von weiteren Säu-getieren (z.B. Schaf, Affe, Hund, Maus, Ratte, Schwein) im Urin und/oder im Plasmanachgewiesen [12, 29, 74, 97, 131, 151, 161]. Vor allem Nager sind im Vergleich zum Men-schen und dem Schwein sehr effiziente Equolbildner [74, 194]. Interessanterweise sind nur20–25 % der nordamerikanischen und europäischen Bevölkerung in der Lage, (S)-Equolnach Verzehr von isoflavonhaltiger Nahrung zu bilden [10,118,183]. In Japan, Korea undChina sind dagegen bis zu 80 % der Bevölkerung Equolbildner, wie auch 59 % der Vege-tarier [69, 155, 200]. Ungeklärt ist, wie es zu den Populationsunterschieden in Bezug aufEquol-produzierende Darmbakterien kommt. Versuche an keimfreien Ratten zeigen, dasssich der Status eines guten bzw. schlechten Equolbildners durch den Transfer von huma-nen Fäzesproben auch auf keimfreie Ratten übertragen lässt [25]. Dies verdeutlicht denEinfluss individuellen Darmmikrobiota auf die Bildung von Equol. Eine weitere möglicheErklärung bietet die verschiedenartige Zusammensetzung der konsumierten Sojaproduktein den Bevölkerungsgruppen [197]. Da ein Drittel der in Asien verzehrten Sojaproduktefermentiert sind, nehmen weite Teile dieser Bevölkerungsgruppe große Mengen an Iso-flavonaglyka auf [209, 234]. Diese werden im Vergleich zu den Isoflavonglucosiden vomKörper schneller resorbiert, wodurch eine raschere Umwandlung des Aglykons Daidzeinzu Equol erfolgen kann [89, 197, 242]. Dass ein Equolbildner auch über einen Zeitraumvon 1–3 Jahren bleibend Equol produziert, wurde lange Zeit als stabile Eigenschaft an-gesehen [61, 119, 201]. Studien an prä- und postmenopausalen Frauen zeigen allerdings,dass ein Wechsel vom Equolbildner zum Nicht-Equol-produzierenden Individuum nachVerzehr von Sojaprotein erfolgen kann und umgekehrt (Crossers) [58, 59,61,107,129].

    Die Unterscheidung zwischen Equol-produzierenden und Nicht-Equol-produzierendenIndividuen erfolgt anhand der Equol-Konzentration im Blut oder Urin nach Verzehr vonSoja-Isoflavonen [118, 183, 194]. Eine von Setchell und Cole durchgeführte Studie defi-

  • 1. EINLEITUNG 8

    nierte Individuen als Equolbildner mit einer Serum-Equol-Konzentration von > 20 nM(> 5 ng/ml) bzw. einer Urin-Equol-Konzentration von > 82 nM (> 20 ng/ml) [200].

    Die Fähigkeit von Subpopulationen, das Soja-Isoflavon Daidzein in das biologisch akti-vere (S)-Equol umzuwandeln, könnte für die gesundheitsfördernden Effekte von Daidzeinin Bezug auf hormon-abhängige Erkrankungen verantwortlich sein (Equol-Hypothese).Gleichzeitig wären die teils widersprüchlichen Ergebnisse zur Wirkung von Isoflavonenauf die menschliche Gesundheit erklärbar, da in den wenigsten Studien zwischen Equol-bildnern und Nichtbildnern unterschieden wurde [194]. In den folgenden vorgestellten hu-manen Studien wurde der Equolstatus der Teilnehmer in Hinblick auf potenziell gesund-heitsfördernde Effekte bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Wechseljahresbeschwerden, Os-teoporose und Prostatakrebs bestimmt. So zeigen vier Studien mit europäischen als auchasiatischen Teilnehmern keine inverse Korrelation zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungenund der Bildung von Equol. Weder die Konzentration der Plasma-Lipide (LDL-, HDL- undGesamtcholesterol) noch verschiedene Entzündungsmarker unterschieden sich zwischenEquolbildnern und Nicht-Equolbildnern [75, 109, 125, 218]. Dagegen führte der Verzehreiner mit Isoflavonaglyka angereicherten Sojakeim-Pasta bei Equolbildner mit Hypercho-lesterinämie zu verringerten Konzentrationen an LDL- und Gesamtcholesterol sowie desC-reaktiven Proteins [41].

    Hinsichtlich von klimakterischen Stimmungsschwankungen und vasomotorischen Sym-ptomen bewirkte die direkte Verabreichung von 10–30 mg (S)-Equol pro Tag eine Ver-besserung des Befindens von japanischen Frauen in der peri- und postmenopausalen Pha-se [8,87]. Die Studienlage zur Osteoporose bei postmenopausalen Frauen ist in Bezug aufdie positive Wirkung von Equol widersprüchlich. Eine in den Niederlanden durchgeführteStudie an 202 postmenopausalen Frauen zeigte keine Wirkung von Sojaprotein (99 mg Iso-flavone/Tag) auf die Knochendichte im Vergleich zur Kontrollgruppe oder in Abhängigkeitvom Equolstatus [109]. Andere Studien mit peri- und postmenopausalen Frauen zeigtendagegen, dass die tägliche Aufnahme von 40–76 mg Isoflavonen den Abbau der Knochen-substanz in Equolbildnern verringert [132,225,249]. Vor allem menopausale Frauen unter60 Jahren schienen auf den reduzierten Knochenabbau durch Equol anzusprechen [91,101].

    Der Einfluss des Equolstatus auf die Entwicklung von Prostatakrebs wurde bisher inzwei Fall-Kontroll-Studien untersucht. Im Vergleich zu Nicht-Equolbildnern korrelierteeine hohe Equolkonzentration im Plasma/Urin von Equolbildnern mit einem geringerenRisiko für Prostatakrebs [90,115].

  • 1. EINLEITUNG 9

    1.5 Umsetzung von Daidzein und Genistein durch die intestina-le Mikrobiota

    Der Nachweis, dass Equol ein Metabolit der Säugerdarmmikrobiota ist, wurde in verschie-denen Studien erbracht. So scheiden keimfreie Ratten nach Fütterung einer isoflavonhal-tigen Diät Daidzein und Genistein über den Urin aus, jedoch kein Equol [25]. Versuchemit resuspendierten Fäzesproben humaner Equolbildner zeigten außerdem, dass die Inku-bation mit Daidzein zur Bildung von Equol führt [9,36,199]. Durch die Gabe bestimmterAntibiotika ließ sich die Bildung von Equol in Langschwanzmakaken deutlich reduzierenoder auch, wie in vitro-Versuche mit humanen Fäzesproben zeigen, vollständig inhibie-ren [9, 23].

    In den letzten Jahren wurden mehrere Equol-produzierende Bakterien aus dem Darm-trakt des Menschen und von Nagern isoliert und beschrieben. Eine für diese Arbeit rele-vante Auswahl an Spezies und ihrer katalysierenden Reaktionen ist in Tabelle 1 zusam-mengefasst. Die bakterielle Umsetzung von Daidzein zu Equol erfolgt in allen Stämmenaußer Eggerthella sp. Julong 732 über Dihydrodaidzein (Abbildung 3) [239].

    Tabelle 1: Ausgewählte Daidzein- und Genistein-umsetzende Darmbakterien.

    Spezies Familie Umsetzunga Quelle Referenz

    Adlercreutzia equolifaciens Coriobacteriaceae DAI → EQ Mensch [138]Asaccharobacter celatus Coriobacteriaceae DAI → EQ Ratte [148,149]Eggerthella sp. Stamm Julong 732 Coriobacteriaceae DHD → EQ Mensch [239]Eggerthella sp. Stamm YY7918 Coriobacteriaceae DAI → EQ Mensch [255]Enterorhabdus mucosicola Coriobacteriaceae DAI → EQ Maus [40,141]

    GEN → 5-OHEQLactococcus sp. Stamm 20-92 Streptococcaceae DAI → EQ Mensch [205]Slackia equolifaciens Coriobacteriaceae DAI → EQ Mensch [93,94]

    GEN → 5-OHEQSlackia isoflavoniconvertens Coriobacteriaceae DAI → EQ Mensch [140]

    GEN → 5-OHEQSlackia sp. Stamm NATTS Coriobacteriaceae DAI → EQ Mensch [224]

    a DAI, Daidzein; DHD, Dihydrodaidzein; EQ, Equol; GEN, Genistein; 5-OHEQ, 5-Hydroxyequol.

    Der überwiegende Teil der isolierten Equol-produzierenden Bakterienspezies gehört derFamilie der Coriobacteriaceae an. Diese Familie scheint demzufolge eine zentrale Rolle imEquol-Metabolismus bei Säugern einzunehmen [255]. Die Bildung von 5-Hydroxyequol alsEndprodukt der bakteriellen Genistein-Umsetzung wurde bisher in drei isolierten Stäm-men nachgewiesen. Die humanen Darmbakterien Slackia isoflavoniconvertens und Slackiaequolifaciens sowie das Maus-Isolat Enterorhabdus mucosicola setzen Genistein über Dihy-drogenistein zu 5-Hydroxyequol um [40,94,140,141] (Abbildung 3).

  • 1. EINLEITUNG 10

    Abb

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    durchdieintestinaleDarmmikrobiota.

  • 1. EINLEITUNG 11

    Neben Equol und 5-Hydroxyequol können alternative Abbauprodukte von Daidzein undGenistein durch einen zweiten bakteriellen Stoffwechselweg entstehen. Die Spaltung desheterozyklischen C-Rings führt zur Bildung von O-Desmethylangolensin bei der Daidzein-Umsetzung und zu 6’-Hydroxy-O-desmethylangolensin bei der Genistein-Umsetzung [95](Abbildung 3). Durch die Abspaltung des dreiwertigen Phenols Phloroglucin wird das In-termediat 6’-Hydroxy-O-desmethylangolensin zu 4-Hydroxyphenyl-2-propionsäure abge-baut [43,44,95] (Abbildung 3). Die Ansicht, dassO-Desmethylangolensin aufgrund der feh-lenden C6’-Hydroxygruppe nicht weiter abbaubar ist, wurde inzwischen widerlegt. Als ein-zig bekannte Spezies setzt der Bakterienstamm CG19-1 sowohlO-Desmethylangolensin alsauch 6’-Hydroxy-O-desmethylangolensin um. Außerdem katalysiert der Stamm CG19-1die Freisetzung von Daidzein aus Puerarin ohne den weiteren Abbau zu Dihydrodaidzein,Equol oder O-Desmethylangolensin [26].

    Beim Abbau von Daidzein bzw. Genistein zu den korrespondierenden Endproduk-ten ist in den bisher isolierten Bakterienstämmen immer nur ein Abbauweg möglich. Soproduzieren Equol-bildende Bakterien kein O-Desmethylangolensin und umgekehrt. Iden-tifizierte O-Desmethylangolensin-produzierende Bakterien sind Eubacterium ramulus undClostridium sp. Stamm HGH 136 [84,188]. Der Abbau von Genistein zu 4-Hydroxyphenyl-2-propionsäure wird gleichfalls von E. ramulus katalysiert [188].

    Studien zeigen, dass ungefähr 80–95 % der Menschen O-Desmethylangolensin-produ-zierende Bakterien besitzen [7, 60, 100]. Abhängig von der individuellen Mikrobiota kannein Mensch sowohl Equol- als auch O-Desmethylangolensin-Bildner sein [7,9,85]. Auch istes möglich, nach sojareicher Ernährung ausschließlich Equol oder O-Desmethylangolensinauszuscheiden, oder keines von beiden [9, 62,63,183].

    1.5.1 Slackia isoflavoniconvertens, eine Equol-synthetisierende Spezies

    Das Equol-bildende Darmbakterium S. isoflavoniconvertens wurde aus der Fäzesprobeeiner gesunden Frau isoliert. Es ist ein strikt anaerobes, stäbchenförmiges, nicht Sporen-bildendes Bakterium. Die Gram-positiven Zellen der zur Familie der Coriobacteriaceae ge-hörenden Spezies sind paarweise oder in Ketten angeordnet. S. isoflavoniconvertens weisteine Arginin-Dihydrolase-Aktivität auf, welche zur Erhöhung der Zelldichte nach Zugabevon 1 % Arginin führt. Hinsichtlich der Verwertung von Zuckern weist S. isoflavoniconver-tens asaccharolytische Eigenschaften auf [139, 140]. Unter anoxischen Wachstumsbedin-gungen setzt S. isoflavoniconvertens Daidzein zu Equol und Genistein zu 5-Hydroxyequolum. Innerhalb der exponentiellen Wachstumsphase wird Daidzein in Abhängigkeit vonder Ausgangskonzentration vollständig über das Intermediat Dihydrodaidzein zu Equolumgesetzt (Abbildung 4 A).

  • 1. EINLEITUNG 12

    Der Abbau von Genistein beginnt verzögert in der späten exponentiellen Wachstumspha-se. Innerhalb kurzer Zeit wird Genistein zu Dihydrogenistein umgesetzt und anschließend5-Hydroxyequol gebildet (Abbildung 4B). Dabei erfolgt die Anreicherung des Intermedi-ats Dihydrogenistein [139, 140]. Auch wurde die Umsetzung von Daidzein und Genisteinzu Equol und 5-Hydroxyequol in vivo beobachtet. Dazu wurden keimfreie Ratten mitS. isoflavoniconvertens und einer vereinfachten humanen Darmmikrobiota besiedelt undmit sojahaltiger Nahrung gefüttert. Die Umsetzungsprodukte Equol und 5-Hydroxyequolwurden anschließend in den Darminhalten, in Fäzes und im Urin detektiert [142]. Dieswar der erste Nachweis, dass 5-Hydroxyequol durch ein Darmbakterium in vivo gebildetwerden kann.

    Abbildung 4: Umsetzung von Daidzein und Genistein durch S. isoflavoniconver-tens [139].(A) Daidzein, schwarze Quadrate; Dihydrodaidzein, schwarze Dreiecke; Equol, schwarze Krei-se. (B) Genistein, schwarze Quadrate; Dihydrogenistein, schwarze Dreiecke; 5-Hydroxyequol(5-OH-Equol), schwarze Kreise (Peakflächen). Das bakterielle Wachstum (leere Dreiecke) ist alsOD600 an der rechten y-Achse dargestellt. Die Symbole repräsentieren die Mittelwerte aus dreiunabhängigen Experimenten. Die Fehlerbalken kennzeichnen den Standardfehler (SEM).

    1.5.2 Die enzymatische Umsetzung von Daidzein und Genistein durch Equol-produzierende Bakterien

    Die Umsetzung von Daidzein und Genistein durch Zellextrakte von S. isoflavoniconvertensoder E. mucosicola erfolgt nur unter strikt anoxischen Bedingungen. Ein in Gegenwart vonLuftsauerstoff hergestellter Zellextrakt von S. isoflavoniconvertens katalysiert die Umset-zung von Daidzein zu Dihydrodaidzein nicht [139]. Die Umsetzung der beiden Isoflavoneist sowohl im zellfreien System von S. isoflavoniconvertens als auch von E. mucosicolaNADPH-abhängig [139]. Dass NADPH im Vergleich zu NADH der bevorzugte Elektro-nendonor ist, zeigt auch die schnellere Umsetzung von Tetrahydrodaidzein zu Equol durchden Zellextrakt von Eggerthella sp. Stamm Julong 732 in Anwesenheit von NADPH [104].Enzymatische Tests im zellfreien System von A. celatus AHU1763 zeigen ebenfalls die

  • 1. EINLEITUNG 13

    Sauerstoffsensitivität und NADPH-Abhängigkeit der Enzyme mit Daidzein-umsetzenderAktivität [217]. Von großer Bedeutung für den bakteriellen Daidzein-Metabolismus scheintmolekularer Wasserstoff zu sein. So führt die Inkubation einer Equol-bildenden Mischkul-tur aus vier Stämmen nur in Anwesenheit von mikrobiellem Wasserstoff zur Bildung vonEquol. Enthält der Inkubationsansatz durch Zugabe von Palladium keinen molekularenWasserstoff, ist die Umsetzung von Daidzein nicht mehr möglich, ohne dass das Zell-wachstum beeinträchtigt wird [48]. Die Bildung von Equol durch S. isoflavoniconvertenswird gleichfalls durch Wasserstoff begünstigt. Zwar erfolgt die Umsetzung zu Equol auchunter einer Stickstoffatmosphäre, jedoch verschiebt sich das Verhältnis der Metabolite zu-gunsten von Equol bei steigender Wasserstoffkonzentration [139]. Neben den kurzkettigenFettsäuren als Hauptprodukt wird Wasserstoff beim Abbau von Kohlenhydraten gebildet.Diese werden durch die gastrointestinale Mikrobiota im Dickdarm fermentiert [134]. DerZusatz der kurzkettigen Fettsäuren Propionat und Butyrat erhöht in Anwesenheit vonWasserstoff die Bildung von Equol in einer Daidzein-umsetzenden Mischkultur [48]. Fer-mentationsexperimente mit der aus der Ratte isolierten Spezies A. celatus zeigen ebenfallsden positiven Effekt von Butyrat. So verbessern Butyrat als auch Arginin das bakterielleWachstum und erhöhen dadurch die Bildungsrate von Equol um den fünffachenWert [149].

    Fermentationsexperimente mit S. isoflavoniconvertens und E. mucosicola zeigen, dassdie Umsatzraten von Daidzein und Genistein in der stationären Wachstumsphase bis zu12-fach bzw. 54-fach erhöht sind, wenn die Kulturen zuvor mit dem entsprechenden Iso-flavon inkubiert werden [140, 141]. Dies verdeutlicht, dass die beteiligten Enzyme nichtkonstitutiv exprimiert sind, sondern durch die Substrate induziert werden müssen. In-teressanterweise erfolgt die Umsetzung von Genistein oder Dihydrogenistein auch nachVorinkubation mit Daidzein. Demnach könnten die Umsetzungsreaktionen von Daidzeinund Genistein durch die gleichen Enzyme katalysiert werden [141]. Weiter wurde die In-duzierbarkeit eines Dihydrodaidzein reduzierenden Enzyms für Eggerthella sp. StammJulong 732 nachgewiesen. Nur nach Vorinkubation des Stammes mit Dihydrodaidzein ka-talysierte der Zellextrakt die Reduktion von Dihydrodaidzein zu (S)-Equol [104].

    Wie in Abbildung 5 dargestellt, erfolgt die Umsetzung von Daidzein zu Equol in dreireduktiven Schritten. Aufgrund des asymmetrischen C3-Atoms können zwei Stereoiso-mere des Metaboliten Dihydrodaidzein bei der Umsetzung von Daidzein entstehen. Deraus Rinderpansen isolierte anaerobe Bakterienstamm Niu-O16 setzt sowohl Daidzein alsauch Genistein zu einer racemischen Gemisch aus (S)- und (R)-Dihydrodaidzein bzw.Dihydrogenistein um [241]. Die Bildung des (S)-Enantiomers von Equol durch isolierteBakterien wurde bis zum Beginn der vorliegenden Arbeit für Eggerthella sp. Stamm Ju-long 732, Eggerthella sp. Stamm YY7918 und S. equolifaciens (Stamm DZE) nachgewie-sen [93,94,239,255]. Anhand der Spezies Eggerthella sp. Stamm Julong 732 wurde die ste-reospezifische Umsetzung von Dihydrodaidzein zu (S)-Equol aufgeklärt [104,105]. Durch

  • 1. EINLEITUNG 14

    die Reduktion von Dihydrodaidzein entsteht ausschließlich (3S,4R)-Tetrahydrodaidzeinals eines von vier möglichen Stereoisomeren. In einem weiteren Reaktionsschritt wirddas Intermediat (3S,4R)-Tetrahydrodaidzein anschließend zu (3S)-Equol umgesetzt [105](Abbildung 5).

    Abbildung 5: Enzymatische Umsetzung von Daidzein über Dihydrodaidzein und(3S,4R)-Tetrahydrodaidzein zu (3S)-Equol durch Eggerthella sp. Stamm Julong732 [105].

  • 1. EINLEITUNG 15

    1.6 Zielstellung

    Die Metabolisierung der Isoflavone Daidzein und Genistein durch die intestinale Mikro-biota als auch die damit einhergehende Bioaktivierung war lange unzureichend erforscht.Während der letzten Jahre wurden mehrere Daidzein-metabolisierende und damit auchEquol-produzierende Bakterien aus dem Darmtrakt von Mensch und Tier isoliert undidentifiziert. Die Enzymologie der bakteriellen Reduktion von Daidzein und Genistein istbisher jedoch noch wenig erforscht.

    Ziel dieser Arbeit war daher die Identifizierung und Charakterisierung der unbekann-ten Isoflavon-reduzierenden Enzyme. Dazu wurde das humane Darmbakterium Slackiaisoflavoniconvertens verwendet, welches im Rahmen einer früheren Doktorarbeit in derArbeitsgruppe der Gastrointestinalen Mikrobiologie isoliert wurde. Im Zuge der Identifi-zierung Daidzein-umsetzender Enzyme sollte gleichfalls die Organisation der kodierendenGene aufgeklärt werden. Auf dieser Grundlage erfolgte die funktionelle Expression deridentifizierten Enzyme in Escherichia coli und die Reinigung der rekombinanten Enzymemittels Affinitätschromatographie. Die gereinigten Daidzein-umsetzenden Proteine solltenchemisch-analytisch charakterisiert werden unter Bestimmung der möglichen Kofaktoren.Weiter sollten experimentelle Analysen zur Aufklärung der Genexpression in Bezug aufdie transkriptionelle Genregulation Daidzein-umsetzender Enzyme erfolgen.

  • 2. MATERIAL UND METHODEN 16

    2 Material und Methoden

    2.1 Stammhaltung und Kultivierung von Bakterien

    Die Anzucht und Handhabung anaerober Bakterienkulturen erfolgte in sauerstofffreien16 ml-Hungate-Röhrchen (Ochs, Bovenden) und 100–1000 ml Septumflaschen (Ochs, Bo-venden). Als gasdichte Verschlüsse dienten Stopfen und Septen aus Kautschuk oder Bu-tylgummi. Mittels einer Vakuumpumpe (Vakubrand, Wertheim) und 1–2 Kanülen wurdendie nur bis zur Hälfte mit Medium gefüllten Gefäße mit einem sauerstofffreien Gasgemischunter Schütteln evakuiert und anschließend begast. Dieser Vorgang erfolgte dreimal. An-schließend wurden alle Gefäße 15 min bei 121 °C autoklaviert. Das Wachstum der bei 37 °Cstehend inkubierten Kulturen wurde photometrisch bei 600 nm verfolgt (SmartSpec PlusSpectrophotometer, Bio-Rad, München).

    Slackia isoflavoniconvertens

    Die Stammhaltung von S. isoflavoniconvertens (DSM 22006) erfolgte in 16 ml-Hungate-Röhrchen mit reduziertem BHI-Medium und einer Atmosphäre aus H2/CO2 (80:20, v/v).Wöchentlich wurde die Stammkultur überimpft, maximal 24 h bei 37 °C inkubiert und an-schließend bei Raumtemperatur gelagert. Die Identität und Reinheit des Stammes wurdein regelmäßigen Abständen durch eine mikroskopische Untersuchung nach Gram-Färbungüberprüft sowie durch 16S rRNA-Gensequenzierung.

    Zur Kultivierung von S. isoflavoniconvertens wurden 500 ml-Septumflaschen mit BHI-Medium oder GAM-Medium mit 1 % Arginin verwendet. Das Beimpfen der Hauptkulturerfolgte 2%ig mit einer über Nacht in BHI-Medium gewachsenen Vorkultur. Zusätzlichenthielten induzierte Kulturen eine in Dimethylsulfoxid (DMSO; Merck, Darmstadt) ge-löste Stammlösung (40 mM) an Daidzein (600 µl; Acros Organics, Geel, Belgien). Nichtinduzierte Kulturen wurden mit der äquivalenten Menge an DMSO versetzt. Die Zellernteerfolgte nach einer Inkubationszeit von ca. 20 h (OD600-Wert 0,1–0,2).

    BHI-Medium (reduziert)Brain heart infusion broth (Roth, Karlsruhe) 37 gl-Cysteinhydrochlorid-Monohydrat (Roth) 0,5 gResazurin-Natriumsalz-Stammlösung (1 mg/ml) (Roth) 1 mlAqua bidest ad 1000 ml

  • 2. MATERIAL UND METHODEN 17

    GAM-Medium (reduziert)Gifu anaerobic medium broth 41,7 g(Nissui Pharmaceutical, Tokio, Japan)l-Cysteinhydrochlorid-Monohydrat (Roth) 0,5 gResazurin-Natriumsalz-Stammlösung (1 mg/ml) (Roth) 1 mlAqua bidest ad 1000 ml

    Escherichia coli JM109

    Die Kultivierung transformierter E. coli JM109-Zellen (Promega, Mannheim) erfolgtein LB-Medium (Lennox) mit Carbenicillin (100 µg/ml; Roth, Karlsruhe). Für die an-aerobe Kultivierung enthielt das Medium zusätzlich l-Cysteinhydrochlorid-Monohydrat(0,5 g/l) und Resazurin-Natriumsalz-Stammlösung (1 ml/l). Als Atmosphäre diente einGasgemisch aus N2/CO2 (80:20, v/v). Eine kurzfristige Lagerung (ca. 4 Wochen) derE. coli-Klone erfolgte auf LB-Agarplatten. Dazu wurde LB-Agar (Lennox) mit Carbenicil-lin (100 µg/ml; Roth, Karlsruhe), Isopropyl-β-d-thiogalactopyranosid (IPTG) (120 µg/ml;Roth) und 5-Brom-4-chlor-3-indoxyl-β-d-galactopyranosid (X-Gal) (80 µg/ml; GeneOn,Ludwigshafen) versetzt. Die Platten wurden 20 h bei 37 °C inkubiert und anschließendbei 4 °C aufbewahrt. Zur dauerhaften Lagerung der Klone wurde 1 ml einer frischenLB-Kultur mit 600 µl Glycerin (80 %, v/v) in Stammhaltungsröhrchen vermischt undanschließend bei -80 °C gelagert.

    Escherichia coli KRX

    Transformierte E. coli KRX-Zellen (Promega, Mannheim) wurden in TB-Medium mitCarbenicillin (50 µg/ml; Roth) angezogen. Für die anaerobe Kultivierung enthielt dasMedium zusätzlich l-Cysteinhydrochlorid-Monohydrat (0,5 g/l) und ein Gasgemisch ausN2/CO2 (80:20, v/v). Die Stammhaltungsbedingungen erfolgten wie für Escherichia co-li JM109 beschrieben. Davon abweichend enthielten die LB-Agarplatten Carbenicillin(50 µg/ml), IPTG (120 µg/ml; Roth) und X-Gal (40 µg/ml; GeneOn, Ludwigshafen).

    4,45 M KaliumphosphatKH2PO4 (Roth) 23,1 gK2HPO4 (Merck) 125,4 gAqua bidest ad 1000 mlSteril filtriert (0,2 µm; Millipore, Billerica, USA)

  • 2. MATERIAL UND METHODEN 18

    Terrific Broth (TB)-MediumTrypton (Merck, Darmstadt) 12 gHefeextrakt (Merck) 24 gGlycerin (Roth, Karlsruhe) 4 mlAqua bidest ad 980 mlNach dem Autoklavieren:4,45 M Kaliumphosphat 20 ml

    2.2 Molekularbiologische Methoden

    2.2.1 Isolierung genomischer DNA aus Slackia isoflavoniconvertens

    Desoxyribonukleinsäure (deoxyribonucleic acid, DNA) wurde aus 10 ml einer Über-Nacht-Kultur mit dem RTP Bacteria Mini Kit (Invitek, Berlin) gemäß Herstellerangaben ex-trahiert. Nach Elution der genomischen DNA mit 50 µl PCR-Wasser (Fisher Scientific,Schwerte) wurde die Konzentration spektrophotometrisch bei 260 nm bestimmt (Nano-Drop ND-1000, Peqlab Biotechnologie, Erlangen). Die isolierte DNA lagerte bei 4–8 °C.

    2.2.2 Amplifizierung von Genfragmenten mittels PCR

    Auf der Basis von ermittelten Peptidsequenzen der durch Daidzein induzierten Protei-ne wurden zehn degenerierte Oligonukleotidprimer abgeleitet (Tabelle 2). Dies erfolgtejeweils in beiden Orientierungen als Forward (F) und Reverse Primer (R) mittels destypischen Codongebrauchs von Slackia heliotrinireducens (DSM 20476). Die Amplifizie-rung spezifischer DNA-Bereiche erfolgte mit der Polymeraseketten-Reaktion (Polymerasechain reaction, PCR). Dazu wurden alle degenerierten Primer in verschiedenen Ansät-zen miteinander kombiniert und die optimale Temperatur für die Primerhybridisierungermittelt. Ein PCR-Ansatz (25 µl) enthielt 1 x DreamTaq Green Buffer, 0,5 mM MgCl2,0,2 mM jedes Desoxynukleosidtriphosphats (dNTP), 0,2 µM von jedem Primer, 2,5 UDreamTaq DNA Polymerase (Fermentas, St. Leon-Rot) und 0,5 µl genomische DNA (ca.25 ng) von S. isoflavoniconvertens. Die Amplifizierung erfolgte im Thermocycler (MBS0.2G; Fisher Scientific, Schwerte) mit folgendem Programm: Denaturierung bei 95 °C für3 min; 30 Zyklen aus Denaturierung bei 95 °C für 1 min, Primeranlagerung für 1 min,Polymerisation bei 72 °C für 5 min; Polymerisation bei 72 °C für 10 min.

  • 2. MATERIAL UND METHODEN 19

    Tabelle 2: Verwendete Oligonukleotidprimer, deren Ableitung aus Peptidsequenzender durch Daidzein induzierten Proteine erfolgte.

    Protein-Spota

    Peptidsequenz Primer Sequenz (5’ → 3’)b

    5YADELKAK

    DR1F TACGCSGACGARCTSAAGGCSAADR1R CTTSGCCTTSAGYTCGTCSGCGTA

    PEEDRQKDR2F CCSGARGARGACCGBCAGAADR2R CTTCTGVCGGTCYTCYTCSGG

    3VNNDPE

    DR3F GTSAACAACGACCCSGARGCDR3R GCYTCSGGGTCGTTGTTSAC

    TNAEGEGDR4F ACSAACGCSGARGGCGARGGDR4R GCCYTCGCCYTCSGCGTTSGT

    2 DVQKCCLNVDR5F GACGTSCAGAAGTGCTGCCTSAACGTDR5R ACGTTSAGGCAGCACTTCTGSACGTC

    a Die Zahlen entsprechen den nummerierten Proteinen im 2D-DIGE-Gel (Abbildung 6).b Die Synthese der Oligonukleotidprimer erfolgte durch Eurofins MWG Operon (Ebersberg).

    Zur Größenbestimmung wurden die Amplifikate und ein DNA-Größenstandard (1 kbLadder, Life Technologies, Darmstadt) auf ein 1%iges (w/v) Agarosegel aufgetragen. Zu-vor wurden die Ansätze 4:1 mit Probenladungspuffer vermengt. Die Auftrennung derDNA erfolgte in einer Gelelektrophorese-Laufkammer (Agagel Mini, Biometra, Göttin-gen) bei 85 V für ca. 1 h. Zum Sichtbarmachen der DNA wurde das Gel 30 min in einemEthidiumbromid-Bad angefärbt. Dieses wurde mit 200 ml 1 x TAE-Puffer und 60 µlEthidiumbromid-Lösung (1 mg/ml; Roth, Karlsruhe) angesetzt. Die Detektion erfolgtemittels UV-Licht (UV-Transilluminator Chemi Doc, Bio-Rad, München).

    1 x TAE (Tris-Acetat-EDTA)-PufferTris (Roth, Karlsruhe) 40 mMEssigsäure (Roth) 20 mMEDTA Dinatriumsalz Dihydrat (Roth) 1 mM

    Probenladungspuffer für AgarosegeleBromphenolblau (Sigma-Aldrich, Steinheim) 0,1 % (w/v)EDTA Dinatriumsalz Dihydrat (Roth) 100 mMTris (Roth) 10 mMGlycerin (Roth) 50 % (v/v)

  • 2. MATERIAL UND METHODEN 20

    2.2.3 Reinigung von PCR-Produkten

    Für die Isolierung amplifizierter DNA wurde der PCR-Ansatz auf ein 1%iges Low Mel-ting Agarosegel (Agarose Super LM, Roth, Karlsruhe) aufgetragen. Nach der gelelektro-phoretischen Trennung bei 50 V für 2 h wurde das Gel in Ethidiumbromid angefärbt(Kapitel 2.2.2) und die DNA-Bande ausgeschnitten. Die Extraktion der DNA aus demGelstück erfolgte mit dem innuPREP Doublepure Kit (Biometra, Göttingen) gemäß Her-stellerangaben. Die eluierte DNA gleicher PCR-Ansätze wurde vereinigt und in einemzweiten Reinigungsschritt mit dem innuPREP Doublepure Kit konzentriert. Die DNA-Konzentration wurde spektrophotometrisch bei 260 nm ermittelt (NanoDrop ND-1000,Peqlab Biotechnologie, Erlangen).

    2.2.4 Herstellung von Escherichia coli-Klonen

    DNA-Ligation

    Die Ligation des PCR-Produkts in einen Plasmid-Vektor wurde mit dem pGEM-T EasyVector System (Promega, Madison, USA) durchgeführt. Dazu wurden 3 µl PCR-Produktmit 5 µl 2 x Rapid Ligation Buffer, 1 µl pGEM-T Easy Vector (50 ng) und 1 µl T4 DNALigase (3 Weiss units) vermischt. Der Ligationsansatz wurde 4 h bei Raumtemperaturinkubiert.

    Transformation kompetenter Zellen mit Plasmid-DNA

    Zur Transformation kompetenter E. coli JM109-Zellen bzw. E. coli KRX-Zellen (Prome-ga, Madison, USA) wurden 2 µl des pGEM-T Easy Vector-Ligationsansatzes mit 50 µlder kompetenten Zellen vermischt. Im Anschluss wurden die Zellen 20 min auf Eis inku-biert und durch einen Hitzeschock bei 42 °C transformiert (45–50 s für E. coli JM109,15–20 s für E. coli KRX). Nach einem weiteren Inkubationsschritt auf Eis für 2 minwurde die Zellsuspension mit SOC-Medium (900 µl für E. coli JM109, 450 µl für E. coliKRX) versetzt und 90 min bei 37 °C schüttelnd inkubiert. Anschließend wurden die Zel-len auf LB (Lennox)-Agarplatten (Kapitel 2.1) unverdünnt sowie 1:10 und 1:100 verdünntausplattiert. Die Inkubation der Platten erfolgte 20 h bei 37 °C. Positiv transformierteE. coli-Zellen wurden anhand der Blau-Weiß-Selektion identifiziert. Dabei enthalten nurweiß eingefärbte Klone das gewünschte Insert. Wurde der Klonierungsvektor ohne Insertaufgenommen, kann der Farbstoff X-Gal durch eine im Vektor kodierte Galactosidaseumgesetzt werden und die Klone erscheinen blau.

  • 2. MATERIAL UND METHODEN 21

    SOC-Medium, pH 7,0Trypton (Merck, Darmstadt) 8 gHefeextrakt (Merck) 2 g1 M NaCl (Roth, Karlsruhe) 4 ml1 M KCl (Roth) 1 mlAqua bidest ad 380 ml, autoklavieren2 M Mg2+-Stammlösung, sterilfiltriert 4 ml2 M d-Glucose (Roth), sterilfiltriert 4 mlAqua bidest (steril) ad 400 ml

    2 M Mg2+-StammlösungMgCl2 Hexahydrat (Roth) 20,3 gMgSO4 Heptahydrat (Roth) 24,7 gAqua bidest ad 100 ml

    2.2.5 Plasmid-Präparation

    Rekombinante E. coli-Klone wurden über Nacht in 5 ml LB-Medium (Lennox) mit Carbe-nicillin (100 µg/ml für E. coli JM109, 50 µg/ml für E. coli KRX) bei 37 °C inkubiert. DiePräparation erfolgte mit dem innuPREP Plasmid Mini Kit (Biometra, Göttingen) nachHerstellerangaben. Die Konzentration der Plasmid-DNA wurde spektrophotometrisch bei260 nm bestimmt (NanoDrop ND-1000, Peqlab Biotechnologie, Erlangen).

    2.2.6 Inverse PCR

    Die flankierenden Bereiche von bereits bekannten Genfragmenten wurden durch die in-verse PCR identifiziert [162]. Dabei waren die zur DNA-Sequenz homologen Oligonukleo-tidprimer in entgegengesetzte Richtung orientiert. Die genomische DNA von S. isofla-voniconvertens wurde mit dem Restriktionsenzym SphI nach Herstellerangaben verdaut(FastDigest; Fermentas, St. Leon-Rot). Die verdaute DNA wurde mit dem innuPREPPCR Pure Kit (Biometra, Göttingen) gereinigt und die DNA-Konzentration photome-trisch bei 260 nm bestimmt. Für die Zirkularisierung der Restriktionsfragmente wurden400 ng DNA in einem 40 µl-Ansatz nach Herstellerangaben mit einer T4 DNA Ligase(NEB, Frankfurt am Main) über Nacht bei 16 °C inkubiert. Zur Reinigung wurde dieDNA durch Zugabe von 4 µl 3 M Natriumacetat und 100 µl eiskaltem Ethanol gefällt,bei −20 °C für 20 min inkubiert und abzentrifugiert (16.000 g, 4 °C, 20 min). Die präzi-

  • 2. MATERIAL UND METHODEN 22

    pitierte DNA wurde in 500 µl 70%igem Ethanol gewaschen, luftgetrocknet und in 20 µlPCR-Wasser aufgenommen. Der PCR-Ansatz (25 µl) enthielt 1 x LongAmp Taq reactionbuffer, 0,3 mM jedes Desoxynukleosidtriphosphats (dNTPs), 0,4 µM von jedem Primer,2,5 U LongAmp Taq DNA Polymerase (NEB, Frankfurt am Main) und 4 µl des gereinigtenLigationsansatzes. Für die Amplifizierung wurde das Primerpaar 4 (Tabelle 7, Anhang)eingesetzt. Die Amplifizierung erfolgte in einem PCR-Thermocycler mit folgendem Pro-gramm: Denaturierung bei 94 °C für 30 s; 30 Zyklen aus Denaturierung bei 94 °C für 30 s,Primeranlagerung bei 55 °C für 1 min, Polymerisation bei 65 °C für 7 min; Polymerisationbei 65 °C für 10 min. Die PCR-Produkte wurden aus dem Agarosegel gereinigt, mit dempGEM-T Easy Vector System in E. coli JM109 kloniert und sequenziert (Kapitel 2.2.3–2.2.5). Sich anschließende inverse PCR-Experimente erfolgten mit den Restriktionsenzy-men FspI, SalI, SapI, EcoRI, PstI (FastDigest; Fermentas, St. Leon-Rot) und BsgI (NEB,Frankfurt am Main). Die Sequenzen der dafür genutzten Oligonukleotid-Primerpaare 5–10(Tabelle 7, Anhang) basierten auf den jeweils zuvor identifizierten DNA-Bereichen.

    2.2.7 Isolation der Gesamt-RNA aus Slackia isoflavoniconvertens

    Die Extraktion der Ribonukleinsäure (ribonucleic acid, RNA) wurde mit dem Nucleo SpinRNA II Kit (Macherey-Nagel, Düren) nach Herstellerangaben mit einigen Modifizierun-gen durchgeführt. Um einen Verdau der RNA durch RNasen zu verhindern, wurden alleSchritte auf Eis durchgeführt, RNase-freie Lösungen verwendet und selbst hergestellteLösungen mit 0,1 % (v/v) DEPC (Diethyldicarbonat; Roth, Karlsruhe) angesetzt. Zu-sätzlich wurden RNase-freie Reaktionsgefäße und Spitzen verwendet. Die Inaktivierungvon RNasen auf zusätzlichen Materialien und genutzten Geräten erfolgte durch Behand-lung mit RNase away (Roth, Karlsruhe). Für die Kultivierung von S. isoflavoniconvertenswurde eine Septumflasche mit 50 ml BHI-Medium verwendet, die mit 3,5 ml einer Über-Nacht-Kultur angeimpft wurde. Zusätzlich enthielt das Medium 500 µl 20 mM Daidzein(induzierte Kultur) oder 500 µl DMSO (nicht induzierte Kultur). Die Zellernte erfolgte inder exponentiellen Wachstumsphase nach 10 h Inkubation bei 37 °C. Die Kultur wurdebei 11.300 g für 5 min bei 4 °C abzentrifugiert und das Zellpellet eines halben Inkubati-onsansatzes in 500 µl Lysis-Puffer resuspendiert. Der Aufschluss der Zellen wurde wie inKapitel 2.3.1 beschrieben durchgeführt. Zur Erhöhung der Reinheit und Ausbeute wurdebeim zweiten Waschschritt das Volumen von 200 µl auf 600 µl erhöht. Zusätzlich wur-de ein zweiter Elutionsschritt eingeführt, wobei das erste Eluat ein weiteres Mal auf dieSäule aufgetragen wurde. Die Inkubationszeit wurde von 5 min auf 10 min verlängert.Zudem entfiel der DNA-Verdau mit der im Kit enthaltenen rDNase, da der vollständigeVerdau von genomischer DNA nicht erzielt wurde. Alternativ erfolgte der DNA-Verdau

  • 2. MATERIAL UND METHODEN 23

    im Anschluss an die RNA-Isolation mit dem Ambion Turbo DNA-free Kit (Life Techno-logies, Darmstadt) nach Herstellerangaben. Mittels PCR (Kapitel 2.2.2) und spezifischenPrimern für ein beliebiges, durch Daidzein induziertes Gen von S. isoflavoniconvertens(Tabelle 7, Anhang) wurde die isolierte RNA auf Kontamination durch genomische DNAüberprüft. Die Konzentration der RNA wurde spektrophotometrisch bei 260 nm bestimmt(NanoDrop ND-1000, Peqlab Biotechnologie, Erlangen). Die Lagerung der isolierten RNAerfolgte bei -80 °C.

    2.2.8 RNA-Gelelektrophorese

    Die Kontrolle der RNA-Qualität erfolgte anhand der 16S und 23S rRNA-Banden, welchebei Intaktheit der RNA deutlich im Gel erkennbar waren. Dazu wurde ein RNA-Aliquot(1 µg) mit dem gleichen Volumen an RNA 2 x Loading Dye (Fisher Scientific, Schwerte)versetzt, 15 min bei 70 °C denaturiert und auf ein 1%iges (w/v) denaturierendes Agaro-segel aufgetragen. Als Laufpuffer diente mit 0,1 % (v/v) DEPC hergestellter 1 x MOPS-Puffer. Die Trennung der RNA erfolgte in einer Gelelektrophorese-Laufkammer (AgagelMini, Biometra, Göttingen) bei 32 V für ca. 4 h. Zum Sichtbarmachen der RNA wurde dasGel 30 min in einem Ethidiumbromid-Bad gefärbt. Dieses wurde aus 200 ml 0,1 % (v/v)DEPC und 60 µl Ethidiumbromid-Lösung (1 mg/ml, Roth, Karlsruhe) angesetzt. Die De-tektion erfolgte mittels UV-Licht (UV-Transilluminator Chemi Doc, Bio-Rad, München).

    10 x MOPS-Puffer, pH 7,0MOPS (Roth) 200 mMNatriumacetat (Roth) 50 mMEDTA (Roth) 20 mM

    Denaturierendes Agarosegel (1 %, w/v)Top Vision Agarose (Fisher Scientific, Schwerte) 0,5 g0,1 % (v/v) DEPC (Roth) 42,5 ml10 x MOPS-Puffer 5 ml37 % (v/v) Formaldehyd (Roth) 2,5 ml

  • 2. MATERIAL UND METHODEN 24

    2.2.9 Subklonierung von Daidzein-induzierten-Genen in Escherichia coli

    pGEM-T Easy-Expressionsplasmide

    Zur Funktionsaufklärung identifizierter Gene wurden diese mit dem pGEM-T Easy VectorSystem in E. coli als Expressionssystem kloniert. Die Amplifizierung der zu untersuchen-den Gene erfolgte durch PCR mit der LongAmp Taq DNA Polymerase (NEB, Frankfurtam Main) (Kapitel 2.2.6) und 1 µl genomischer DNA von S. isoflavoniconvertens. DieSequenzen der verwendeten Oligonukleotid-Primerpaare 11–13 sind in Tabelle 7 aufge-führt (Anhang). Nach gelelektrophoretischer Trennung wurden die PCR-Produkte ausdem Agarosegel isoliert, in den pGEM-T Easy Vector ligiert und die kompetenten E. co-li-Zellen mit der Plasmid-DNA transformiert (Kapitel 2.2.3–2.2.5).

    Affinitäts-tag-Expressionsplasmide

    Um heterolog exprimierte Proteine mittels Affinitätschromatographie reinigen zu können,wurden diese genetisch an das Strep(II)-Peptid (bestehend aus den Aminosäuren WSH-PQFEK, auch Strep-tag) fusioniert. Die verwendeten pPSG-Expressionsplasmide wurdennach dem Prinzip des kombinatorischen Klonierens mit Hilfe des StarGate-Systems (Star-Gate Combi Entry Reagent Set und StarGate Transfer Reagent Set; IBA, Göttingen)erzeugt. Mit Hilfe der Software StartPrimer D’Signer wurden die entsprechenden Primer-sequenzen ausgewählt. Die PCR-Reaktionsansätze mit der LongAmp Taq DNA Polyme-rase (NEB, Frankfurt am Main) wurden gemäß Herstellerangaben durchgeführt (Kapitel2.2.6). Als Matrize diente dabei die genomische DNA von S. isoflavoniconvertens oderein genspezifisches pGEM-T Easy-Expressionsplasmid (5 ng). Die für die einzelnen Geneeingesetzten Oligonukleotid-Primerpaare 14–26 sind in Tabelle 7 (Anhang) aufgeführt.Das PCR-Programm war: Denaturierung bei 94 °C für 30 s; 30 Zyklen aus Denaturierungbei 94 °C für 30 s, Primeranlagerung für 1 min, Polymerisation bei 65 °C für 5 min;Polymerisation bei 65 °C für 10 min. Bei Verwendung von Plasmiden als Matrize wurdedie Zyklenzahl auf 20 herabgesetzt. Die resultierenden PCR-Produkte wurden aus einem1%igen (w/v) Agarosegel gereinigt (Kapitel 2.2.3) und zur Generierung von Donorvek-toren mit dem Vektor pENTRY-IBA51 ligiert. Nach Transformation von kompetentenE. coli Top10-Zellen wurde der Donorvektor extrahiert (Kapitel 2.2.5) und zur Generie-rung des spezifischen Zielvektors verwendet. Dabei wurde das Insert kombinatorisch vomDonorvektor zum Strep-tag-kodierenden (C -terminal) Akzeptorvektor pPSG-IBA3 trans-feriert. Der so entstandene Zielvektor wurde in den Expressionswirt E. coli KRX transfor-miert (Kapitel 2.2.4). Zusätzlich zum C -terminalen Strep-tag erfolgte die Fusion der Genean ein His-tag (bestehend aus sechs Histidinresten), GST (Glutathion-S-Transferase)-tagund FLAG-tag (bestehend aus den Aminosäuren DYKDDDDDK). Die verwendeten Ak-

  • 2. MATERIAL UND METHODEN 25

    zeptorvektoren waren pPSG-IBA25 (N -terminales GST-tag), pPSG-IBA35 (N -terminalesHis-tag), pPSG-IBA65 (N -terminales FLAG-tag) und pPSG-IBA5 (N -terminales Strep-tag).

    2.2.10 Heterologe Genexpression in Escherichia coli

    Escherichia coli JM109

    Die Kultivierung von E. coli JM109-Klonen erfolgte aerob als auch anaerob (Kapitel2.1). Eine aerobe Vorkultur wurde in 5 ml LB-Medium (Lennox) mit 100 µg/ml Carbe-nicillin schüttelnd über Nacht bei 37 °C inkubiert. Die Hauptkultur wurde 1%ig mitder Vorkultur beimpft. Bei anaerober Kultivierung erfolgte die Anzucht der Vorkul-tur im 10 ml-Hungate-Röhrchen. Die in Septumflaschen inkubierte Hauptkultur wurdemit der Vorkultur 2%ig beimpft und bei 37 °C bzw. 25 °C kultiviert. Nach der Zuga-be von 0,5 mM IPTG wurde die Expression der klonierten Gene induziert. Zur Über-prüfung der Expressionsstärke wurden Kulturen parallel mit und ohne IPTG-Induktioninkubiert. Die Induktion erfolgte bei aeroben Kulturen nach Erreichen der OD600 von0,6 und bei anaerober Kultivierung 3 h nach Inokulation der Hauptkultur. Das Erntender Zellen sowie der Zellaufschluss fand unter oxischen als auch anoxischen Bedingun-gen statt (Kapitel 2.3.1). Zur Überprüfung der heterologen Genexpression wurden dieZellextrakte nach Bestimmung der Proteinkonzentration mittels Natriumdodecylsulfat-Polyacrylamidgelelektrophorese (SDS-PAGE) analysiert.

    Escherichia coli KRX

    Die Anzuchtsbedingungen von E. coli KRX-Zellen zur heterologen Genexpression ähnel-ten denen der E. coli JM109-Klone. Für die aerob oder anaerob inkubierten Ansätzewurde jedoch TB-Medium mit 50 µg/ml Carbenicillin und 87 mM Kaliumphosphat ver-wendet (Kapitel 2.1). Die heterologe Genexpression begann nach Induktion des T7 RNAPolymerase-Gens mit 0,1 % l-Rhamnose (w/v; Promega, Madison, USA). Die Induktionerfolgte bei aeroben Kulturen nach Erreichen der OD600 von 0,8–1,0 und bei anaeroberKultivierung 3 h nach Inokulation der Hauptkultur. Für die weitere Kultivierung derHauptkultur wurde die Inkubationstemperatur von 37 °C auf 20–25 °C gesenkt. NachAufschluss der geernteten Zellen und Bestimmung der Proteinkonzentration wurde dieheterologe Genexpression mittels SDS-PAGE überprüft.

  • 2. MATERIAL UND METHODEN 26

    2.2.11 Reverse-Transkriptase-PCR-Analyse

    Die Synthese von komplementärer DNA (complementary DNA, cDNA) wurde mit demRevertAid H Minus First Strand cDNA Synthesis Kit (Fisher Scientific, Schwerte) nachHerstellerangaben durchgeführt. Zur Herstellung des Reaktionsansatzes wurden 1 µg deraus S. isoflavoniconvertens isolierten RNA, 1 µl Random Hexamer Primer (100 µM) undRNase-freies Wasser zu einem Gesamtvolumen von 12 µl vereinigt. Aufgrund des hohenGC-Gehalts des RNA-Templates und zur Denaturierung eventuell gebildeter Sekundär-strukturen wurde der Reaktionsansatz für 5 min auf 65 °C erhitzt und im Anschluss auf Eisgekühlt. Der Reaktionsansatz wurde durch das Hinzugeben folgender Kit-Komponentenvervollständigt: 4 µl 5 x Reaction Buffer, 1 µl RiboLock RNase Inhibitor (20 U/µl),2 µl dNTP Mix (10 mM), 1 µl RevertAid H Minus M-MuLV Reverse-Transkriptase(200 U/ µl). Im Folgenden wurde der Ansatz nacheinander 5 min bei 25 °C, 60 minbei 45 °C und 5 min bei 70 °C im Thermoblock inkubiert. Die synthetisierte cDNA dienteals Matrize für die Amplifizierung intergener cDNA-Bereiche durch PCR (Primerpaare37–52, Tabelle 7, Anhang). Die Amplifizierung mit der LongAmp Taq DNA Polymerase(NEB, Frankfurt am Main) wurde in Abhängigkeit von der Länge des zu erwartendenPCR-Produkts und der spezifischen Hybridisierungstemperatur des verwendeten Primer-paares durchgeführt (Kapitel 2.2.6). Die gelelektrophoretische Analyse der PCR-Ansätzesowie Färbung des Gels und Detektion erfolgte wie unter Kapitel 2.2.2 beschrieben.

    2.2.12 Bestimmung der Position von Transkriptionsstarts

    Zur Identifizierung des 5’-Endes eines bakteriellen mRNA-Transkripts wurde die MethodeARF-TSS (engl. Adaptor- and radioactivity-free identification of transcription start sites)angewandt [237]. Im ersten Schritt, der cDNA-Synthese, wurde ein für das zu untersuchen-de Gen spezifischer Oligonukleotidprimer verwendet, welcher am 5’-Ende phosphoryliertwar. Die Synthese der cDNA (Kapitel 2.2.11) erfolgte unter Verwendung eines phospho-rylierten Reverse Primers (20 pmol/µl) statt des im Kit enthaltenen Random HexamerPrimers. Der cDNA-Ansatz wurde nach Zugabe aller Komponenten nacheinander 60 minbei 45 °C und 5 min bei 70 °C im Thermoblock inkubiert. Zur Reinigung der cDNA wur-de der Ansatz mit 20 µl 1 M NaOH versetzt, für 30 min bei 65 °C inkubiert und erneutmit 20 µl 1 M NaOH verdünnt. Nach Bindung an eine Säule (innuPREP DoublepureKit, Biometra, Göttingen) wurde die cDNA mit 40 µl Elutionspuffer eluiert. Die Ligationder cDNA-Enden fand durch Inkubation mit der T4 RNA Ligase 1 (NEB, Frankfurt amMain) über Nacht bei 16 °C gemäß Herstellerangaben statt. Die Amplifizierung mit derLongAmp Taq DNA Polymerase (NEB, Frankfurt am Main) erfolgte mit den Primerpaa-

  • 2. MATERIAL UND METHODEN 27

    ren 33–36 (Tabelle 7, Anhang) mit folgendem Thermocycler-Programm: Denaturierungbei 94 °C für 30 s; 30 Zyklen aus Denaturierung bei 94 °C für 30 s, Primeranlagerungfür 60 s, Polymerisation bei 65 °C für 60 s; Polymerisation bei 65 °C für 10 min. Dieverwendeten PCR-Komponenten wurden in Kapitel 2.2.6 beschrieben. Nach gelelektro-phoretischer Trennung und Anfärbung des Agarosegels wurde das PCR-Produkt aus demGel extrahiert und mittels des pGEM-T Easy Vector Systems in E. coli JM109 kloniert(Kapitel 2.2.3 und 2.2.4). Nach Extraktion der Plasmid-DNA (Kapitel 2.2.5) wurden dieInserts von mindestens zehn verschiedenen Klonen sequenziert.

    2.2.13 Northern-Blot-Analyse

    Herstellung von Digoxygenin-markierten DNA-Sonden

    Für die Detektion von spezifischen mRNA-Transkipten wurden DNA-Sonden mit einerLänge zwischen 404 und 471 bp amplifiziert. Die Markierung der Sonden erfolgte durchden Einbau eines Desoxyuridintriphosphats (dUTP), welches an das Steroid Digoxygenin(DIG) gekoppelt war. Zur Herstellung der DIG-dUTP-markierten Sonden wurde das PCRDIG Probe Synthesis Kit nach Herstellerangaben verwendet (Roche, Mannheim). Für diegenspezifischen PCR-Ansätze wurden die Primerpaare 26–32 verwendet (Tabelle 7, An-hang). Ein PCR-Ansatz (25 µl) enthielt 1 x PCR Buffer (mit MgCl2), je 200 µM vondCTP, dGTP und dATP, 165 µM dTTP, 35 µM DIG-dUTP, 500 µM von jedem Primer,1,4 U Enzyme Mix und 0,5 µl genomische DNA von S. isoflavoniconvertens. Die Amplifi-zierung erfolgte mit folgendem Programm: Denaturierung bei 95 °C für 2 min; 30 Zyklenaus Denaturierung bei 95 °C für 30 s, Primeranlagerung bei 60 °C für 30 s, Polymerisationbei 72 °C für 40 s; Polymerisation bei 72 °C für 7 min. Die gelelektrophoretische Trennungder amplifizierten DIG-dUTP-markierten DNA-Sonden erfolgte in einem 2,5%igen (w/v)Agarosegel. Das Anfärben und die Detektion von DNA-Banden wurde in Kapitel 2.2.2beschrieben. Die Konzentration der DNA-Sonden von ca. 450 ng/µl wurde spektrophoto-metrisch bei 260 nm bestimmt (NanoDrop ND-1000, Peqlab Biotechnologie, Erlangen).

    Blotting

    Die für die Northern-Blot-Analyse benötigte RNA-Menge von 5 µg wurde auf ein 1%iges(w/v) denaturierendes Agarosegel aufgetragen (Kapitel 2.2.8). Dazu wurden die RNA-Proben mit dem 2-fachen Volumen an RNA-Ladungspuffer bei 65 °C für 10 min denatu-riert. Zur späteren Bestimmung der Transkriptgröße wurde zusätzlich ein Digoxygenin-markierter Größenstandard aufgetragen (RNA Molecular Weight Marker I; Roche, Mann-heim), welcher mit dem 4-fachen Volumen an RNA-Ladungspuffer vermischt und bei 65 °C

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    für 15 min denaturiert wurde. Zur Vermeidung von Kontaminationen durch nicht RNase-freies Glycerin wurde der RNA-Ladungspuffer ohne Glycerin hergestellt. Dazu wurdendie Proben auf ein noch nicht mit 1 x MOPS-Puffer bedecktes Agarosegel gegeben (tro-ckene Beladung). Nachdem die Laufkammer bis zum oberen Rand des Agarosegels befülltworden war, liefen die Proben für 10 min bei 78 V in das Gel. Im Anschluss wurde dasGel vollständig mit Puffer bedeckt und die RNA bei 32 V für ca. 4 h gelelektrophore-tisch getrennt. Die Färbung und Detektion erfolgte wie unter Kapitel 2.2.8 beschrieben.Um den im Gel enthaltenen Formaldehyd zu entfernen, wurde das Gel für 2 x 15 min in100 ml 20 x SSC-Puffer (saline-sodium citrate, SSC) schüttelnd äquilibriert. Durch Kapil-lartransfer wurde die RNA auf eine positiv geladene Nylonmembran (Boehringer Mann-heim, Mannheim) übertragen. Dazu wurde die auf Gelgröße (6,6 x 8 cm) zugeschnitteneMembran für 10 min schüttelnd in 2 x SSC-Puffer äquilibriert. In einer RNase-freien Plas-tikwanne wurde ein Reservoir an 20 x SSC-Puffer angelegt und die Enden eines auf einerBrücke liegenden Filterpapiers (Gel-Blotting-Papier; Whatman 3 MM, Roth, Karlsruhe)im Puffer getränkt. Mit der Oberseite wurde das Agarosegel auf das getränkte Filterpa-pier gelegt und die Membran auf dem Gel platziert. Auf die Membran wurden zusätzlichzwei auf Gelgröße zugeschnittene trockene Filterpapiere gelegt sowie ein Stapel aus Pa-piertüchern. Den Abschluss des Blot-Aufbaus bildete eine Glasplatte mit einem Gewichtvon ca. 230 g. Der Kapillartransferblot erfolgte über Nacht. Nach Beendigung des Blotswurde die Position der Geltaschen auf der Membran mittels einer Kanüle markiert unddie RNA auf der Membran fixiert (Auto Cross Linking; UV-Stratalinker 2400, Stratage-ne, Kirchzarten). Dazu wurde die Membran auf ein in 2 x SSC-Puffer getränktes BlattFilterpapier gelegt. Die Membran-Seite, auf der die RNA lokalisiert war, wurde dabei demUV-Licht exponiert. Zur Entfernung ungebundener RNA wurde die Membran in 0,1 %(v/v) DEPC gewaschen. Abschließend erfolgte die Trocknung der Membran an der Luft.

    20 x SSC-Puffer, pH 7,0Natriumchlorid (Roth, Karlsruhe) 3,0 MNatriumcitrat (Roth) 0,3 M

    RNA-LadungspufferFormamid (deionisiert) (Roth) 125,0 µl37 % Formaldehyd (Roth) 41,5 µl10 x MOPS-Puffer (Kapitel 2.2.8) 25,0 µl2,5 % (w/v) Bromphenolblau (Sigma-Aldrich, Steinheim) 5,0 µl0,1 % (v/v) DEPC (Roth) 28,5 µl

  • 2. MATERIAL UND METHODEN 29

    Prähybridisierung

    Die Prähybridisierung erfolgte schüttelnd für 30 min bei 50 °C und 40 rpm (CertomatU und Certomat H, Sartorius AG, Göttingen). Dazu wurde die Membran mit 15 mldes vorgewärmten Prähybridisierungspuffers (DIG Easy Hyb, Roche,