#hrlab: müssen personaler zu experimentier-agents für … · 2015-10-02 · paradigmenwechsel in...
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#HRLab: Müssen Personaler zu
Experimentier-Agents für „arbeiten 4.0“ werden? Und wenn ja, wie?
Inhaltsverzeichnis
Blogparade #HRLab: Müssen Personaler zu Experimentier-Agents f“r „arbeiten . werden? Und wenn ja, wie? .................................................................................................................. 1 Zeit der Entscheidung: Zwischen „Reinventing (R und „Kill (R ...................................... 4
Unternehmenskultur wird messbar. Und damit auch für das (automatisierte)
Matching interessant ............................................................................................................................... 7
Arbeiten 4.0 – Haben New Work Verweigerer am Ende doch Recht? ..............................15
Berufsbild Touchpoint Manager: Brückenbauer zwischen Oben & Unten .....................21
Arbeiten 4.0: Möchten Sie dieses Update jetzt wirklich installieren? #HRlab #ZP15
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Arbeitswelt 4.0 und HR – ein Versuch der Sachlichkeit .........................................................29
Ich bleibe dabei – Personaler: Erst die Pflicht, dann die Kür! ..............................................34 „Arbeiten . – wie gut sind HR-Abteilungen vorbereitet? #FutureTrend
#Arbeitenviernull #HRLab .................................................................................................................37
Arbeiten 4.0 – viel Wirbel, wenig Konkretes ...............................................................................42 „arbeiten . bedeutet auch Digitalisierung der Weiterbildung .......................................46
Schlagwort Industrie 4.0 #HRLab ...................................................................................................52
Das HR-Management der Zukunft ...................................................................................................57
Zukunft Personal: Der Friedhof der ungestellten Fragen ......................................................61
Arbeiten 4.0 und "Die Lizenz zum Experimentieren" .............................................................66
Sehr kritische Gedanken zu Arbeiten 4.0 anlässlich der HR-Fachmesse
Zukunft Personal .....................................................................................................................................69
HR hacken. Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche
gewagt werden ........................................................................................................................................77
Arbeitswelt 4.0: Von Betriebsräten im Silicon Valley und der Rolle der Personaler
#HRlab ........................................................................................................................................................79
Experten oder experimentieren? Was HR-Manager mit der Zukunft der Arbeit zu tun
haben ...........................................................................................................................................................82
Massive Transformative Purpose – #Arbeiten40 #HRLab ...................................................85
HR-Lab: Crowdsourcing und Design als Transformationsstrategien ...............................90
Arbeiten 4.0 ist nicht heute, sondern frühestens übermorgen! ..........................................93
Alle auf Los: Das Personal sortiert sich neu ................................................................................96
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Blogparade #HRLab: Müssen Personaler zu Experimentier-Agents f“r „arbeiten 4.0 werden? Und wenn ja, wie?
Stefanie Hornung „arbeiten . , das diesjährige Motto der Messe Zukunft Personal, ist ein
vielschichtiger gesellschaftlicher Trend: Mit der Digitalisierung der Arbeitswelt
ändern sich der Arbeitsmarkt, die Dynamik der Wirtschaft und nicht zuletzt das
Mindset der Beschäftigten. Müssen wir Arbeit völlig neu denken und bereit sein,
einiges auszuprobieren? Wie können Unternehmen mehr Experimentiergeist entwickeln? Wie werden Personaler und Recruiter dabei zu „Experimentier-
Agents ? Sind sie bereit dazu? Und welche Projekte sind daf“r geeignet?
Wir rufen hiermit auf zur Blogparade #HRLab.
Bereits auf der Zukunft Personal 2014 forderte HR-Vordenker Thomas Sattelberger eine „Lizenz zum Experimentieren f“r F“hrungskräfte. Denn das Projekt „Gute F“hrung , damals noch unter Federführung des inzwischen verstorbenen Prof. Dr.
Peter Kruse von nextpractice, zeigte eine bizarre Situation: Der Untersuchung
zufolge wünschen sich mehr als drei Viertel (77 Prozent) der Führungskräfte einen
Paradigmenwechsel in der Führungskultur – weg von Shareholder Value hin zu
Mitbestimmung und Demokratie oder Teamwork und Netzwerkdynamik. Die
Tatsache, dass offensichtlich viele Führungskräfte wider besseres Wissen eine Art
der Führung vertreten, die sie selbst nicht gut finden, nannte Sattelberger „schizophren . Doch die Ausgangssituation ist eher ernüchternd: Verkrustete Strukturen, träge
Großunternehmen und viele Beschäftigte, die sich in den bisherigen Arbeitswelten
bequem eingerichtet haben – und vermutlich sind darunter auch viele Personaler.
Sie leisten bereits vieles in großartigen Projekten und da soll das Bewährte nun
nichts mehr wert sein? Es kostet Zeit und Geld, Neues zu versuchen und strategisch
einmal einen ganz anderen Weg zu gehen – Risiko inklusive. Das haben Experimente
nun mal so an sich: Man weiß nicht, ob es funktionieren wird. Und last, but not least löst vielleicht der Begriff „Experiment auch bei Personalern Unbehagen aus –
schließlich geht es hier um Menschen!
Brauchen wir da Experimentierlabore und wenn ja, wer soll sie ins Leben
rufen?
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Es ist sicher kein Zufall, dass gerade jetzt das Interesse für Start-ups boomt. Agilität
wird heute zur Basis von Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitgeberattraktivität.
Unternehmen müssen dynamisch sein, sich immer wieder neu den veränderten
Märkten anpassen und flexible und fluide Strukturen ermöglichen. Ganze
Unternehmenszweige haben Start-ups mit ihren agilen Prozessen bereits
aufgemischt. Neue Produkte, eine Kultur der Offenheit, flache Hierarchien und die
Nähe zum Kunden – so erobern sie Märkte. Was können Personalverantwortliche in
etablierten Unternehmen davon lernen?
Beispiel Demokratisierung von Unternehmen: Der Film AUGENHÖHE hat das Thema
aufgegriffen und Beispiele von Unternehmen gezeigt, die sich auf den Weg gemacht
haben – und nun soll der zweite Film bald dazu folgen. Dabei ist die Frage im Raum,
ob in Sachen Partizipation eine Veränderung nur von oben funktioniert. Sven
Franke, einer der Mitinitiatoren, zeigte sich im Interview mit dem job and career
Blog überzeugt, dass jeder Entscheider, der ein Projekt umsetzt, den Hebel selbst in der (and hat. „Wir haben oft Grenzen und einen gewissen vorauseilenden Gehorsam
im Kopf. Aber wenn wir uns auf den Weg machen, merken wir, dass die Grenzen gar
nicht da sind oder zumindest dass wir viel mehr machen können, als wir uns ausgemalt haben.
Auch bei den möglichen Themen ist viel Musik drin – denken wir nur an den
aktuellen Hype um „Candidate Experience oder den 1. HR Hackathon, der die
Programmierer und Personaler im Sinne von mehr Innovation zusammengebracht
hat. Oder Jochen Robes vom Weiterbildungsblog berichtete kürzlich bei uns auf dem
Blog über den neuen frei zugänglichen Online-Kurs MOOC #CL20, bei dem
Unternehmen über die Weiterbildung von morgen diskutieren können. Ist dies die
richtige Plattform f“r „Experimentier-Agents im Corporate Learning? )mmerhin zeigt das Beispiel schön, wie Personaler in der Debatte über Innovation, selbst die
innovativen Tools anwenden.
(inter dem Begriff „arbeiten . steckt letztlich die Frage, wie Unternehmen im
digitalen Zeitalter weiterhin wirtschaftlich erfolgreich sein können und Mitarbeiter bzw. Bewerber „gl“cklich machen der Fachkräftemangel lässt gr“ßen . Das Experimentierfeld ist also grob abgesteckt. Wie würden Sie es konkret mit Ideen
füllen?
Aufruf zur Blogparade
Wir sind gespannt, wie Sie die Rolle von (R als „Experimentier-Agent sehen. Verrückte Ideen, abwegige Ansätze, neue Denkmuster – alles ist hier erlaubt.
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Zur Anregung ein paar Fragen:
Wie wichtig ist Veränderung im Sinne von „arbeiten . aus Ihrer Sicht?
Oder könnte vielleicht doch alles so bleiben, wie es ist?
Gründerspirit und Experimentierfreude in HR – passt das zusammen, und
wenn ja, wie?
Inwiefern sind Personaler bereits Change- und Experimentier-Agents für „arbeiten . ? Was hat anderen Organisationen beim Wandel geholfen
(Vorbilder, Beispiele)?
Wie stellen Sie sich die HR-Experimentierlabore in Zukunft vor?
Wie kann HR die Transformation anstoßen, begleiten und weiterentwickeln?
Welche Organisationsformen und Arbeitskonzepte sind dafür geeignet?
Welche Rolle spielt dabei die Vernetzung, beispielsweise über Social Media?
Wie gehen Personaler mit Veränderungsresistenz um?
Wie können Personaler stärker querdenken, mit anderen
Unternehmensbereichen zusammenarbeiten und von ihnen lernen?
Was können sich Personalmanager von Start-ups abschauen?
Welche kleinen Schritte oder Tools können auf dem Weg zu mehr Innovation
helfen?
Wann läuft diese Blogparade?
24.08.2015 – 25.09.2015
Der Hashtag lautet: #HRLab
Sie möchten einen Beitrag dazu schreiben? Dann sind Sie herzlich eingeladen, an der
Blogparade teilzunehmen! Verlinken Sie einfach diesen Beitrag in Ihrem Artikel und
posten Sie dann einen Link zu Ihrem Blogartikel in unseren Kommentaren.
Nach dem 25.09.2015 veröffentlichen wir hier eine Zusammenfassung der
Blogparade. In einem Flipboard erstellen wir eine Übersicht über alle Beiträge.
Außerdem möchten wir alle Posts der Blogparade als pdf in einem E-Book
veröffentlichen. Wer also einen Beitrag als Kommentar postet, erklärt sich mit der
Nutzung für das E-Book einverstanden, das wir selbstverständlich kostenfrei zum
Download bereitstellen.
Wir wünschen viel Spaß bei der Teilnahme und freuen uns auf
experimentierfreudige, werbefreie Beiträge zum Thema!
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Zeit der Entscheidung: Zwischen „Reinventing HR und „Kill HR
Guido Bosbach
Die „Zukunft Personal hat im gleichnamigen Blog zur Blogparade
#HRlab aufgerufen. Mit „arbeiten . als zentralem Thema bringe ich mich hier natürlich gerne ein.
Die Zeit ist reif f“r „arbeiten . . Nicht weil wir gut vorbereitet sind, sondern weil die bisher so erfolgreiche genutzten Entscheidungs-, Struktur und
Managementprinzipien nicht mehr greifen. Die Gründe kennen wir: Internet,
Automatisierung von geistigen und körperlichen Aufgaben, das neue Denken und
neue Ökonomien junger und jung gebliebener Generationen.
In Produktion, Marketing, Vertrieb, R&D, Finanzen, Strategie, überall wächst die
Informationsmenge und der Wettbewerb. Zugleich schwindet die Sicherheit im
richtigen Moment die richtige Entscheidung zu treffen.
Mitten drin, im Kern dieser Veränderungen der Arbeit, der Rollen & Aufgaben und
der wachsenden Anforderungen an uns, unsere Kommunikation und
Zusammenarbeit steht HR. Zeit für die Gestalter von HR sich zu entscheiden,
welchen Beitrag für ihre Organisation sie in Zukunft leisten wollen.
Die „Zukunft der Arbeit im ganz speziellen und organisationsindividuellen sowie
auch im ihrer Gesamtheit ist auch zentraler Punkt meiner Arbeit. Für jeden sichtbar ist dabei meine )nterviewreihe „ArbeitsVisionen2025 , die in Kürze, zusammen mit
ergänzenden Texten und Impulsen zur Selbstreflexion, auch als Buch erscheint. Hier
habe ich inzwischen 50 Interviewpartnern die Frage gestellt, welche Veränderungen
sie in den nächsten 10 Jahren erwarten.
Die Entwicklungen, die wir in den letzten 20 Jahren zum Beispiel in Bezug auf
Digitalisierung, dem kommunikativen Zusammenschrumpfen der Welt, dem Wunsch
nach mehr Partizipation, Transparenz und damit verbunden der Weiterentwicklung
von Werten erlebt haben, sind ein Vorgeschmack auf das, was bis 2025 erwartet
wird. Die Interviews zeigen ein sehr heterogenes und gleichzeitig in sehr
gleichförmiges Bild. Quintessenz: Es ist Zeit Gas zu geben und mutig neue – vielleicht
auch nur kleine – Schritte zu gehen, um den anstehenden Wandel zu gestalten, statt
von ihm überrollt zu werden.
Der Arbeitsmarkt wird sich verändern. Unabhängig ob der Fachkräftemangel real ist
oder nicht, wir werden froh sein eine möglichst heterogene Belegschaft zu besitzen,
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die ein breites Set an Kompetenzen in die Organisation trägt. Die Vernetzung der
internen und externer Mitarbeiter, die Entwicklung gemeinsamer klarer und vor
allem motivierender Zielsetzungen sind social- & soft-facts auf die es zukünftig
immer mehr ankommt. Insbesondere die Fähigkeit sich generations-, geschlechter-
und herkunftsübergreifend offen auszutauschen, dem anderen zuzuhören und ihn/sie wirklich zu verstehen bringt gegen“ber „one-culture Unternehmen enorme Vorteile. Ohne Frage: Diese Kulturkompetenz sichert die Arbeits- und
Zukunftsfähigkeit. Sie öffnet für neue Zusammenarbeit über alte Denkmuster
hinweg und damit auch für zurzeit neu entstehende Ökonomien. So klar die Theorie
ist, so schwer fällt hier die Umsetzung. HR könnte hier noch viel mehr als bisher mit
gestalten und die geeigneten Impuls setzen.
)mpuls „(R in : Ein Spezialgebiet von (R ist unkonventionelle Kompetenzsets aufzuspüren und die Mitarbeiter so miteinander zu vernetzen, dass in der
Zusammenarbeit neue, valide und werthaltige Ideen entstehen. Ob autonome Koffer
oder interaktive Designberatungskleiderschränke. Ohne branchenübergreifende
Kompetenzverknüpfung wären diese nie entwickelt worden.
Neue Lernkompetenz ist der zweite Schlüsselfaktor den ich hier thematisieren
möchte. Wir wissen: Die Fähigkeit und der Wille zu lernen hängt in hohem Maß vom
Umfeld ab. Auch wenn wir das im Bildungsbereich noch immer negieren, hat
zumindest die Wissenschaft verstanden, dass wir gemeinsam und auf Augenhöhe
motivierter und besser lernen. Neuer Wissenserwerb findet nicht mehr nach einem
klassischen Lehrplan und mit Frontalunterricht statt. Heute geht es um die
Kompetenz sich Wissen selbst anzueignen, zu verstehen wie man selbst lernt, wo
Wissen zu finden und wie es zu verknüpfen ist. Wenn Lehrer sich als Coach, Mentor
und Sparringspartner für Ideen verstehen, wenn Schüler ihre Kompetenz mit
anderen teilen und so die Grenze zwischen Lehrendem und Lernendem
verschwimmen, sind die Chancen optimal, dass Lernen effektiver und effizienter
wird. Dazu brauchen Mitarbeiter Raum, im physischen, zeitlichen und psychischen
Sinne.
)mpuls „(R in : Was fr“her Fort- und Weiterbildung war ist jetzt
betriebsübergreifender Austausch zu Innovationen, Erfahrungen und
Wissensquellen. Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist zu einem wesentlichen
Bestandteil erfolgreicher Geschäftsentwicklung geworden. HR hat HumanRaum
geschaffen.
Allein die Kombination von Vernetzung und Lernen bietet wiederum Raum für HR
die Zukunft der eignen Arbeit zu gestalten. Gerade im Bereich der KMU kann
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interdisziplinäre Zusammenarbeit auch bedeuten, die LernRäume von über
Organisationsgrenzen hinweg bewusst zu konsolidieren. Als kleiner Impuls: Die
Zukunft Personal wäre ein geeigneter Ort um eine Art „Schengener Abkommen zu konstituieren, das die LernReisefreiheit regelt und so vielleicht auch Innovation
über die alten Strukturgrenzen hinaus erleichtert. Doch LernGrenzenFreiheit
funktioniert nur, wenn der Mensch im Fokus steht und sich in den so entstehenden
Gruppen frei äußern und handeln kann. Intransparenz, Geheimniskrämerei und
Misstrauen sind Gift für den benötigten Austausch von Erfahrung und
Wissensquellen.
Wenn sich HR als Grenzöffner statt als Zollbeamter versteht entsteht mittelfristig, was „arbeiten . braucht. Leadership in der Belegschaft, der Wille sich und das Unternehmen gemeinsam nach vorne zu bringen, der Sog, der auch temporäre
Mitarbeitern hilft schnell 100% Unterstützung zu geben.
Es steht den Entscheidern im Personalmanagement frei, sich auf die Managementrolle zu fokussieren, d.h. die Verwaltung von Personal „richtig tun statt das Richtige zu tun. Diese Entscheidung birgt nachhaltige Konsequenzen und sollte
daher ganz bewusst getroffen werden.
In dem Zusammenhang gilt auch für HR eine der in den Interviews häufiger
genannten Prognosen: Sachbearbeiter sind vom Aussterben bedroht. Abrechnungen
und Verträge werden in schnell zunehmend besserer Qualität von Software erstellt
werden. Recruiting lässt sich mit besserer Softwareunterstützung in die
Fachabteilungen auslagern – dann stimmt auch die Chemie im Team. Wenn die
Führungskräfte dann auch noch selbstständig heterogene Teams aufbauen, braucht
es hier auch keine Beratung mehr. Und der Rest – lässt sich auch in immer bessere
und spezialisiertere Unternehmen aussourcen.
Ich übertreibe hier bewusst, dennoch: Wie in vielen Bereichen müssen die
Entscheider und Mitarbeiter in HR jetzt wählen, ob sie sich auf die ganz einfache
Aufgaben beschränken wollen, für die Maschinen und Software noch zu teuer sind,
oder ob sie sich ggf. besser und professioneller aufstellen.
Oftmals klagen wir über die zunehmende Dynamik und Komplexität. Doch gerade
hier liegt die Chance für HR. Komplexität ist Teil der Natur und der Menschen. Jede
Interaktion, insbesondere, wenn sie mehrere Personen und Gruppen einschließt ist
immer Komplex. Hier ist der klassische Bereich, der in vielen Organisationen Raum bietet weitergedacht und „neu erfunden zu werden. (ier kann sich ein „Reinvented (R neu etablieren. Ansonsten fahren Vorstände und Geschäftsf“hrer mit „Kill (R wahrscheinlich besser.
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)mpuls „(R in : Komplexitätsverständnis war der Schl“ssel um von bis das „Beziehungsmanagement zu Menschen fr“her (R aufzubauen, und so neben der Personalarbeit weitere Geschäftsbereiche entscheidend und positiv zu
beeinflussen.
http://blog.bosbach.mobi/2015/08/24/zeit-der-entscheidung-zwischen-
reinventing-hr-und-kill-hr/
Unternehmenskultur wird messbar. Und damit auch für das (automatisierte) Matching interessant
Jo Diercks
Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich hier im Blog mal vorsichtig die These
gewagt, dass Unternehmenswerte und -kultur das nächste große Ding im Employer
Branding werden (könnten). Der Grund: Letztlich läuft so gut wie keine
Personalauswahlentscheidung ohne eine zumindest implizite Beantwortung der Frage, ob der Kandidat „denn ins Unternehmen passt , womit wir letztlich bei der Frage des „Cultural Fit wären. Dies gilt in besonderem Maße f“r die sog. „Positivselektion , das heißt die in der Regel am Ende des Auswahlprozesses stehende Frage, welcher Kandidat, denn nun
wirklich eingestellt wird. Die Negativselektion hingegen, also die Frage, wer nicht in
Betracht kommt – oder etwas salopper: das „Aussortieren – erfolgt oftmals eher auf Basis von (ygienefaktoren z.B. „erforderlicher Schulabschluss vorhanden – ja oder nein? oder verhältnismäßig hart messbarer Kriterien Noten oder noch besser:
gemessenen Testergebnissen, z.B. aus kognitiven Leistungstests).
In der finalen Auswahlentscheidung steht also oft der Cultural Fit über allem.
Viele Forscher argumentieren, dass deshalb auch trotz bescheidener Validitäten das
Auswahlinterview immer noch das zentrale Auswahlinstrument ist und bleibt, stellt
es doch vermeintlich die einzige Möglichkeit dar, die kulturelle Passung (oder auch „Person-Organization-Fit) eines Kandidaten noch irgendwie prüfen zu können (z.B.
Harris, 1989 oder Karren und Graves, …
Ich habe die These vor einem Jahr mit einem Fragezeichen versehen, weil –
zumindest damals – der Status in vielen Unternehmen eher der war, dass zwar
immer vehement mit dem Kopf genickt wird, wenn nach der Bedeutung von
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kultureller Passung gefragt wird, aber dennoch zahlreiche Unternehmen entweder
ihre Werte und kulturellen Merkmale gar nicht kommunizieren oder wenn sie es
denn tun, diese oftmals als Mischung aus Widersprüchen und schönem Agentur-
/Beratersprech daherkommen.
Nun, ein Jahr später sind wir sicherlich noch lange nicht am Ziel, aber mein Eindruck
ist, dass wir auf einem Weg der Besserung sind. Ich mache das zum einen an so
schönen Beispielen wie dem der Rotkreuz-Kliniken Frankfurt fest aber auch daran,
dass wir in zunehmendem Maße Projektanfragen bekommen, Matchingverfahren
auf Basis von Werten und Unternehmenskultur zu entwickeln. Das was uns da dann
als Input von den Unternehmen geliefert wird zeigt oft, dass man sich dieses Themas – der gründlichen Erarbeitung stimmiger Unternehmenswerte – mittlerweile doch
mit der gebotenen Ernsthaftigkeit annimmt.
Ein Beleg für die hohe diesem Thema beigemessene Bedeutung lieferte unlängst die
Deloitte-Studie Global Human Capital Trends 2015, wonach „Culture & Engagement der Talent Trend mit der höchsten globalen Wichtigkeit ist.
Dass hier Handlungsbedarf besteht, hat übrigens auch das letzte Trendence
Graduate Barometer mehr als eindrucksvoll untermauert. Danach würden knapp
2/3 aller Absolventen ein Jobangebot eines Unternehmens ausschlagen, wenn die
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Unternehmenskultur ihnen nicht passt (gilt übrigens für Wiwis und Ings in nahezu gleichem Maße… :
Das große Problem mit der Unternehmenskultur und dem Matching ist ja oft, dass es
eben nicht ganz so trivial ist, etwas per Definition weiches, sehr weiches wie Kultur,
klar und exakt zu profilieren. Schaut man auf die gängigsten Definitionen dessen,
was Unternehmenskultur eigentlich ist, wie z.B. der wahrscheinlich bekanntesten von Edgar Schein…
a pattern of basic assumptions – invented, discovered, or developed by a given group
as it learns to cope with its problems of external adaption and internal integration –
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that has worked well enough to be considered valid and, therefore, to be taught to new
members as the correct way to perceive, think, and feel in relation to those problems ,
… wird erkennbar, wie schwer das zu operationalisieren ist. Wir d“rfen ja nicht vergessen, dass es im Employer Branding darum geht, das „Wesen des Unternehmens Personen möglichst klar zu umreißen, die noch NICHT seit Jahren im
Unternehmen tätig sind und infolgedessen noch keine Chance hatten, eine eigene
Idee von der Beschaffenheit der Kultur des entsprechenden Unternehmens zu
entwickeln.
Die „Definition die ich eigentlich sehr cool finde, weil knackig und kurz von Bright und Parkin…
This is how we do things around here.
… hilft daher nämlich leider auch nicht wirklich weiter. Denn man muss dem
externen Kandidaten ja genau dies irgendwie transparent machen. Das haben in den
letzten Jahren auch viele Unternehmen verstanden, weshalb das Mantra der
Authentizität ja auch das wahrscheinlich dominierendste Schlagwort im Employer
Branding überhaupt geworden ist ob das immer alles „authentisch ist, was einem so aufgetischt wird, das steht auf einem anderen, ganz anderen Blatt… . Aber all diesen Ansätzen wohnt immer noch der Gedanke inne, dass der Kandidat
das Matching, also die Beantwortung der Frage
Passen Unternehmen und ich nun eigentlich zusammen?
letztlich selber beantworten muss. Das geht natürlich umso besser, je authentischer
die vom Unternehmen dargebotene Information ist, aber den Passungsabgleich
muss der Betrachter letztlich selber leisten.
Ein maßgeblicher Grund hinter dem immensen Aufschwung des Themas „Matching in den letzten Jahren ist aber wohl der, dass die (potentiellen) Kandidaten genau
diesen Passungsabgleich gern abgenommen bekommen möchten. Ich möchte keiner
GenY oder Z zu nahe treten, aber die Frage
„Gibt´s da nicht ´ne App f“r?
dürfte sicherlich für die Berufs- und Arbeitgeberwahl inzwischen zu einer weit
verbreiteten Leitmaxime geworden sein.
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Nun, das kann man kulturromantisch kritisch sehen, ist aber so. Die Menschen
suchen sich ja auch ihre (Sexual-)Partner inzwischen nicht mehr über stundenlange
Gespräche und an der Bar ausgegebene Drinks aus, sondern über Swipe nach links
oder rechts bzw. drücken von x oder ♥ bei tinder und Co. Und dass das bei der
Jobsuche nicht viel anders ist, kann man an dem Hype um Apps wie truffls oder
Selfiejobs erkennen bzw. das ist ja auch der Grund, weshalb wir hier im Blog die
Artikelreihe zum Matching gestartet haben.
Also: Unternehmenskultur, gibt´s da nicht ´ne App für?
Kulturmatcher „quantifiziert Unternehmenskultur
Das haben wir uns als Leitgedanken vorgenommen und vor etwa einem Jahr damit
begonnen, ein Messverfahren zu entwickeln, mit dessen Hilfe sich
Unternehmenskultur quantifizieren lässt.
Dabei haben wir uns bzgl. der Bearbeitung stark von mobilen Apps inspirieren lassen. D.h. konkret, dass man „den Test erstens komfortabel mit mobilen Endgeräten bearbeiten kann und dass das zweitens auch vergleichsweise flott geht.
Zudem – auch das ist dem Mobile First Gedanken bei der Entwicklung geschuldet –
kommt das Messverfahren mit sehr wenig Text aus. Das ist insb. deshalb
bemerkenswert, weil Psychologen ja immer so ein wenig die Tendenz haben, ihre
Items sehr wortintensiv zu formulieren, damit diese möglichst keinerlei
Missverständnisse mehr zulassen. Das gilt normalerweise insb. bei der Messung von
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Konstrukten, die wie Persönlichkeitsmerkmale oder eben Kultur – also explizit „weichen Merkmalen – ohnehin schon unscharf genug sind. Hier hingegen wird mit
einer Kombination aus (kurzem) Text und dazu passender Illustration gearbeitet.
Der wunderbare Begleiteffekt: das Auge bekommt auch etwas zu sehen, das eine
oder andere Augenzwinkern ist mit dabei und die Bearbeitung macht Spaß.
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Das Ergebnis ist am Ende dann eine Bestandsaufnahme kultureller Merkmale, z.B.
hinsichtlich Autonomie, Leistungsorientierung, Integrität oder Gemeinschaftlichkeit.
Das kann heißen, dass z.B. ein Nutzer ein konkretes Profil hinsichtlich seiner „Wunschkultur erhält, es kann aber auch heißen, dass ein Unternehmen oder ein Unternehmensbereich oder eine Unternehmensabteilung etc.) eine konkrete
Bestandsaufnahme des aktuellen IST-Kulturprofils erhält.
Und na klar, wenn auf zwei Seiten mit dem gleichen Instrument entlang der gleichen
Dimensionen gemessen wird, dann – Ihr ahnt es – eignet sich das wunderbar zum
Matching.
Von daher heißt das Testverfahren auch Kulturmatcher oder kurz: KuMa.
Der Kulturmatcher ist noch nicht ganz fertig. Der theoriegeleiteten Entwicklung
einer ersten Vorabversion folgte im Frühjahr eine umfangreiche empirische
Testphase, die wir gemeinsam mit der Uni Marburg durchgeführt haben. Aktuell
läuft die zweite empirische Untersuchung (gemeinsam mit der Leuphana Uni
Lüneburg), so dass wir rechtzeitig zur HR-Edge am 10. September eine erste Beta-
Version fertig haben werden, um diese vor Ort vorzustellen. Außerdem kann man
den Test dann auch direkt vor Ort ausprobieren.
Wer da jetzt Blut geleckt hat, der kann zum einen noch an der Studie an der
Leuphana teilnehmen oder sich eines der letzten genau 10 Tickets für die HR-Edge
sichern und den Test vor Ort einmal ausprobieren.
Zu der Forschungsversion des Kulturmatchers geht es hier entlang:
https://ww3.unipark.de/uc/km/unternehmenskultur/
Diese ist technisch noch nicht in der Form aufgesetzt, wie es der eigentliche Test
nachher sein wird, sondern hier wurde ein Befragungstool der Uni eingesetzt. Auch
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umfasst diese Forschungsversion noch eine ganze Menge an Fragen, die nachher im
eigentlichen Test nicht mehr enthalten sein werden. Dadurch dauert das Ganze auch
deutlich länger als es später der Fall sein wird. Wir würden uns aber natürlich
dennoch sehr freuen, wenn Ihr Lust habt, hier mitzumachen!
Für die HR-Edge kann man sich hier anmelden:
http://hr-edge.de/
Auf der Tagung werden dann meine zwei sehr charmanten Kolleginnen Lisa Adler
und Nora Köhler – unterstützt durch den Leiter unserer psychologischen
Verfahrensentwicklung Dr. Kristof Kupka – den Kulturmatcher vorstellen und man
kann diesen dann vor Ort auch auf Tablets selber durchlaufen.
Wir sind sehr gespannt auf die Diskussion. Ich persönlich glaube, dass die
Möglichkeit, unternehmenskulturelle Merkmale bereits in der Anbahnung eines
möglichen Beschäftigungsverhältnisses konkret zu beziffern ganz neue Chancen für
die Personalgewinnung bzw. das dieser innewohnende Matching bietet. Von dahinter ebenfalls am (orizont auftauchenden Möglichkeiten des „Big-Data Matchings auf Basis kultureller Passung ganz zu schweigen…
Weil ich glaube, dass in dem Thema Unternehmenskultur an sich und vor allem in
der Möglichkeit, diese quantifizierbar und für (automatisierte) Matchingprozesse
nutzbar zu machen, eine große Chance für New Work und Arbeiten4.0 steckt, ist
dieser Blogartikel ein Beitrag zur Blogparade #HRLab, die gerade im Blog der
Zukunft Personal läuft.
http://blog.recrutainment.de/2015/08/06/unternehmenskultur-wird-messbar-
und-damit-auch-fuer-das-automatisierte-matching-interessant/
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Arbeiten 4.0 – Haben New Work Verweigerer am Ende doch Recht?
Stefan Scheller
Die HR-Fachmesse Zukunft Personal 2015 hat sich den Titel „arbeiten . gegeben und bereits im Vorfeld eine Blogparade gestartet unter dem etwas sperrigen Motto
„M“ssen Personaler zu Experimentier-Agents f“r „arbeiten 4.0 werden? Und wenn ja, wie? .
Das klingt alles sehr hochtrabend und ist für viele Arbeitnehmer nicht wirklich
greifbar beziehungsweise stark erklärungsbedürftig. In diesem Beitrag möchte ich
einmal bewusst eine provokative Gegenposition zum Arbeiten 4.0, (oft auch:
New Work) beziehen. Zum einen passt das zu meiner Ausrichtung als kritischer HR-
Blog. Zum anderen werden Sie im Rahmen der Blogparade der ZP15 genügend
Lesestoff finden, der Sie dazu veranlassen soll, sich mit Ihrem Unternehmen in Richtung „Arbeit . zu bewegen.
Also wage ich den Versuch und starte mit der Behauptung: Unternehmen und
Personaler, die sich lange genug gegen den Trend der New Work stellen,
werden am Ende als Sieger auf das Podest steigen.
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Klingt völlig daneben? Na, dann kennen Sie mich aber schlecht. Zeit, das zu ändern, indem Sie mich durch meine nachfolgende Argumentation begleiten …
Die Zeiten ändern sich – die Generationen auch
Erinnern Sie sich noch an die vielen Beiträge, die Sie in den letzten Monaten über die
unterschiedlichen Generationen gelesen haben? Also die Baby Boomer, die
Generation X, die Millenials (auch Generation Y genannt) beziehungsweise die
Generation Z?
Wobei es diese Generationen in der beschrieben Art und Weise
wahrscheinlich gar nicht gibt, wie ich in einem offenen Brief an Buchautorin
Kerstin Bund unlängst dargelegt habe. Aber sei es drum.
Haben Sie in diesem Zusammenhang eigentlich schon einmal bemerkt, wie sich
Personalmanager (damit meine ich bewusst die höheren Hierarchieebenen bzw.
Vertreter der Baby Boomer) freuen, wenn sie in ihren Präsentationen über die
Veränderungen aufgrund der vermehrt ins Unternehmen eintretenden Generation Y stolz mit den Begriffen wie „GenY oder „Generation Praktikum um sich werfen? Schön, oder? Das strahlt Kompetenz aus. Deswegen verwende ich diese Begriffe hier
weiter, damit ich auch alle Lesergruppen erreiche und mich nebenbei auf die
Wissenschaft berufen kann.
Die Generation Z – wissenschaftlich erarbeitet
Beim Thema Wissenschaft: Die Generation Z, die Unternehmen derzeit als Azubis
einstellen oder an den Schulen umwerben, wurde inhaltlich stark von Christian
Scholz, BWL-Professor an der Universität des Saarlandes, aufgeladen. Auch
wenn Wikipedia sich noch ziert, eine endgültige Definition der Generation Z
anzuerkennen, was man ja sonst eher selten sieht.
Dennoch gibt es bereits wissenschaftliche Beschreibungen der Anforderungen,
welche die zwischen 1995 und 2010 geborene Generation Z angeblich an einen
Arbeitgeber stellt. Und, wer hätte es gedacht, sie unterscheidet sich in einigen
Punkten stark von der Vorgängergeneration Y.
Neue Arbeitswelten sind alte Arbeitswelten
Was wird derzeit für ein Hype betrieben um das Thema
Arbeitszeitflexibilisierung. Arbeite wo und wann Du willst. Plane frei Deinen
Arbeitsort und die Arbeitszeit. Homeoffice als eine Art Grundrecht der
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Arbeitnehmer. Die Diskussionen dazu sind vielfältig, häufig mit dem Tenor, dass
Mitarbeiter von Unternehmen verlangen, eine Möglichkeit für ein Homeoffice
einzuräumen.
Gesagt, getan, schwenken viele Unternehmen, die sich als Top Arbeitgeber attraktiv
machen möchten, auf diesen Trend ein und vermarkten auf breiter Front die
Möglichkeiten der Nutzung eines Homeoffice. Manche Top-Manager des HR
schreiben dazu sogar Bücher und stellen sich kritischen Stimmen in
Argumentationsduellen, wie z.B. dem Blind HR Battle auf meinem Blog.
Flexible Arbeitszeit? – Der Horror für die Generation Z
Der Generation Y tut man damit wirklich Gutes. Dort sind freie Arbeitsplatzwahl und
freie Zeiteinteilung hoch angesehen und zwei der Attraktivitätskriterien
überhaupt, wenn man zahlreichen Studien dazu folgt.
Aber steht nicht das Unternehmen, welches solche Möglichkeiten für die Generation
Y auf breiter Linie einführt, am Ende als Verlierer da, wenn die Generation Z in
größerer Zahl in die Unternehmen kommt bzw. mit Employer Branding Maßnahmen
angelockt werden soll? Denn die Generation Z freut sich über geregelte
Arbeitszeiten und einen klaren Dienstschluss!
Ja, ehrlich. Ist nach aktueller Studienlage so.
Vom Büro ins Homeoffice zurück ins Büro
Müssen dann also alle vorher aus Kostenoptimierungsgründen verkleinerten
Bürogebäude wieder vergrößert werden, wenn das Homeoffice durch die
Vertreter der Generation Z nicht mehr oder nur noch sporadisch genutzt wird?
Ist es vielleicht sogar noch dramatischer, wenn man eine weitere Studienerkenntnis
von Prof. Scholz mit einbringt, die besagt, dass die Generation Z viel Privatleben will
und die Tendenz besitzt, möglichst eng mit einer kleinen Kollegengruppe aus
Vertretern der eigenen Generation zusammenzuarbeiten? Werden dann die eben
erst für das agile Arbeiten optimierten Großraumbüros bzw. modernen
Arbeitszonen zurückgebaut und neu ummauert mit einer klassischen
Viererbesetzung pro Bürozelle?
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Freiheit des Arbeitsplatzes auf Kosten der Gesundheit?
Gehen wir noch einen Schritt weiter: Ist Ihnen aufgefallen, dass auf den meisten
personalmarketing-optimierten Arbeitgeberprofilen, z.B. im Rahmen von Employer
Branding Profilen auf kununu in den letzten Jahren keine PCs mehr zu sehen sind,
sondern nur noch Laptops und Tablets? Klar, man will ja schließlich zeigen, dass
das Unternehmen auf der Höhe der Zeit ist. Innovativ und modern. Deswegen sitzen
die auf den Marketing-Fotos gezeigten Personen (bestenfalls echte Mitarbeiter, der
Authentizität wegen) ja gar oft im Freien, zum Beispiel auf einer Wiese oder liegen
in einer Hängematte.
Feelgood ist der Tod der Ergonomie
Aber jetzt mal Butter bei die Fisch! Können Sie lange auf einer Picknickdecke
arbeiten (von der Sonneneinstrahlung auf das Display mal ganz zu schweigen)?
Oder auf modernen Designer-Holz-Stühlen sitzen? Oder gar halbliegend auf
Sitzsäcken arbeiten?
Die meisten auf den vermeintlich modernen und innovativen Karriereseiten
gezeigten Arbeitsplätze sind der Tod jeder ergonomischen Erkenntnisse der
letzten Jahrzehnte. Aber hey, völlig egal. Immerhin geht der Feel-Good-Hype durch das Unternehmen. Und da ist doch auf Ergonomie mit Verlaub gesch …! (auptsache es ist cool, sieht nach Startup aus und passt in den Design-Trend.
Es mag jetzt daran liegen, dass ich immerhin schon zur Generation X gehöre
(wenngleich ich mich sehr GenY-nah fühle), aber mir tun schon nach kurzer Zeit die
Finger massiv weh, wenn ich statt der bequemen, ergonomisch für das 10-
Schöne neue mobile Arbeitswelt?
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Fingersystem optimierten Tastatur einen kleinen handtaschengroßen Laptop
verwenden muss. Vom Bildschirm ganz zu schweigen.
Variable Vergütung, mir graut´s vor Dir!
Ein weiteres Thema könnte in die Karten der NewWork-Verweigerer spielen: Dort
wo die Generation Y, die ja angeblich stets viel persönliches Feedback möchte, noch
mit Entlohnungssystemen geködert werden konnte, die einen flexiblen individuellen
Anteil enthält, so dass sich Leistung sprichwörtlich lohnt, scheint die
Nachfolgegeneration Z genau anders herum gepolt zu sein. Dort könnten
Unternehmen laut Prof. Scholz nur mit der Aussage punkten, dass weitgehend auf
variable Entlohnung verzichtet und stattdessen nach Fähigkeiten entlohnt
werde.
Das klingt fast ein wenig wie eine Gewerkschaftsforderung: Gerechtigkeit durch
Gleichheit, oder so. Zumindest bezogen auf Fähigkeiten. Insofern kommen eigentlich
Plattformen, wie die jüngst von mir getestete Skjlls genau zur rechten Zeit. Denn dort
stehen für Gehaltsvergleiche die Skills im Vordergrund und nicht Jobtitel.
Werden also variable Gehaltssysteme auch wieder kassiert und durch neue
Modelle ersetzt?
Auf Generation Z folgt Generation Alpha
Kann es nicht sein, dass die Nachfolgegeneration der Generation Z, die Generation
Alpha, zukünftig nochmal völlig andere Anforderungen hat? Wäre es dann nicht
sogar klüger abzuwarten, als jedem Trend hinterher zu jagen und sich immer wieder
neu auf die unterschiedlichen Generationen einzustellen?
Oder zurück zur Frage der Blogparade der Zukunft Personal: Müssen Personaler
zu Experiementier-Agents werden?
Na, was denken Sie?
Dem Glanz der Trendthemen nicht blind erliegen
Selbstverständlich stehe ich von meiner Grundhaltung weit auf der Seite der
New Work Befürworter. Allerdings hält mich das nicht davon ab, viele
Themen dennoch eher kritisch zu sehen. Und zu hinterfragen. So bin ich
eben. Und deshalb trägt Persoblogger.de ja auch den Untertitel Eine kritischere Stimme des HR .
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Auch wenn ich fest daran glaube, dass HR sich wandeln und Unternehmen sich
sehr intensiv mit den Trends und Hypes des Marktes auseinander setzen
müssen, wollte ich mit diesem Beitrag bewusst aufzeigen, dass verantwortliche
Personaler durchaus kritisch mit dem Thema New Work umgehen sollten. Es gibt
genügend Argumente, warum die eine oder andere Maßnahme nicht in der
propagierten Intensität umgesetzt oder eventuell auf die speziellen Gegebenheiten
im Unternehmen angepasst werden sollte.
Es ist bei Weitem nicht alles Gold was glänzt. Bleiben Sie kritisch, ich tue es auch!
https://persoblogger.wordpress.com/2015/08/27/arbeiten-4-0-haben-new-work-
verweigerer-am-ende-doch-recht/
Anders denken und kritisch bleiben.
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Berufsbild Touchpoint Manager: Brückenbauer zwischen Oben & Unten
Anne M. Schüller
Die Arbeitswelt hat sich unbestreitbar verändert. Sie ist kollaborativer und auch
vernetzter geworden. Das Gestalten einer dementsprechenden Unternehmenskultur
spielt eine zunehmend wichtige Rolle. Zu diesem Zweck wurde ein neues Berufsbild
geschaffen: der interne Touchpoint Manager.
Update Dieser Beitrag wurde zur Blogparade Blogparade #(RLab: M“ssen Personaler zu Experimentier-Agents f“r „arbeiten . werden? Und wenn ja, wie? der Zukunft Personal eingereicht. Zur Blogparade geht es hier.
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Bindeglied im Unternehmen
Als Bindeglied zwischen Organisation, Mitarbeitenden und Führungskreis ist der
interne Touchpoint Manager für unternehmenskulturnahe Themen und das
Wohlergehen der Menschen zuständig.
Er sorgt sich um die körperliche, geistige und seelische Fitness der
Mitarbeiterschaft, damit deren Performance auf Höchststand bleibt.
Strategisch & Operativ
Diese Funktion hat sowohl strategische als auch operative Komponenten. Von daher
ist sie viel mehr als nur ein bisschen Mitarbeiterstreicheln.
In Zeiten von Talente-Knappheit und Social Media-Gerede kann sie über die Zukunft
eines Unternehmens maßgeblich mitentscheiden.
Brückenbauer zwischen Oben und Unten
Insofern benötigt ein interner Touchpoint Manager die absolute Rückendeckung der
Geschäftsleitung, da sein Weg holprig ist und er sich nicht immer nur Freunde
macht.
Denn wer als atmosphärischer Interessenvertreter der Mitarbeiter unterwegs ist,
deckt zwangsläufig auch Missstände auf. Ein interner Touchpoint Manager ist
Advokat der Mitarbeiter und Brückenbauer zwischen Oben und Unten.
Sein mögliches Aufgabenfeld:
Büroorganisation und Büroleben
Mitarbeiterevents und Sozialprojekte
Sportangebote und Gesundheitsprogramme
Imitieren von Mitarbeiterbefragungen
Prävention von Mitarbeiterfluktuation
Involvement bei der Mitarbeiterauswahl
Onboarding- und Offboarding-Begleitung
Exit-Interviews und Ehemaligen-Betreuung
Betreuung von Arbeitgeberbewertungsportalen
Kummerkasten, gute Seele, Mediator
Innerbetriebliches Ideenmanagement
Moderation von internen Touchpoint-Projekten
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Vernetzung aller über Abteilungsgrenzen hinweg
Generalist mit ausgereifter Persönlichkeit
Insofern ist der interne Touchpoint Manager Generalist. Er hat eine ausgereifte
Persönlichkeit, die gleichzeitig verbindlich und feinfühlend, aber auch analytisch
und strukturierend ist.
Der Stelleninhaber sollte interdisziplinär arbeiten können und sich sowohl in
Führungs- also auch HR-Themen auskennen.
Zwischen allen Disziplinen
Er benötigt psychologischen Kenntnisse und Coaching-Kompetenz. Er ist Moderator,
Netzwerker, Kommunikator und Diplomat in einer Person.
Er muss leidenschaftlich vom Nutzen seiner Funktion überzeugt sein, um
überzeugen zu können. Mithilfe des Collaborator Touchpoint Management
Prozesses lässt sich diese Aufgabenstellung systematisieren.
http://berufebilder.de/2014/berufsbild-touchpoint-manager-brueckenbauer-
unten/
Arbeiten 4.0: Möchten Sie dieses Update jetzt wirklich installieren? #HRlab #ZP15
Dr. Bernd Slaghuis
Die Zukunft Personal, Europas größte Fachmesse für Personalmanagement in Köln,
hat zur Blogparade aufgerufen und fragt: »Müssen Personaler zu Experimentier-
Agents für Arbeiten 4.0 werden? Und wenn ja, wie?«
Diese Meldung kam, nachdem ich seit Wochen in der HR-Szene nur noch von
Digitalisierung, Agilität, Big Data, Candidate Experience, Active Sourcing, New Work
und den Generationen X bis Alpha und den daraus resultierenden ach so großen
Herausforderung für HR lese. Mir ist bereits schwindelig und ich möchte mir nicht
vorstellen, wie sich gerade ein HR-Manager in den besten Jahren fühlt.
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Die Messe Zukunft Personal hat sich selbst das Themenmotto »Arbeiten 4.0«
gegeben. Ich bin gespannt, wieviel hiervon in der Praxis bereits bei den Ausstellern
angekommen ist oder ob New Work & Co. nur auf dem Podium in Diskussionen,
Experten-Vorträgen und den neuen HR-Battles eine Rolle spielt. Ich werde am 15.9.
bei einem Rundgang mal genauer hinschauen.
New Work – schöne neue Arbeitswelt? Diese Frage habe ich hier im Blog im April
schon kritisch aufgeworfen. Den momentanen Wirbel um die Digitalisierung der
Arbeitswelt inklusive der Rolle von HR empfinde ich persönlich fast schon als
Panikmache ohne strategische Weitsicht. Und die HR-Experimentier-Agents waren
nun das Sahnehäubchen, mal wieder einen HR-Beitrag zu schreiben.
Arbeiten 4.0: Das Update für Industrie 4.0?
Industrie 4.0 ist der Titel eines Zukunftsprojektes (!) von Bundesregierung und
Industrie, welches 2011 startete. Die Hintergründe sind sehr technisch, die spare ich
hier jetzt mal aus. Sicher ist, dass eine fortschreitende Industrialisierung und
veränderte Mensch-Maschine-Kommunikation auch die Art der Arbeit verändern
wird. In der Konsequenz hat Industrie 4.0 also logischerweise auch ein Update auf
Arbeiten 4.0 zur Folge. Ist das so?
Und wer, wenn nicht HR, ist für Arbeiten 4.0 zuständig und steht in der
Verantwortung, dieses Update im Unternehmen und bei seinen Mitarbeitern zu
installieren. Keine Frage, oder?
New Work oder voll 80er?
Doch mal langsam. Ich kenne Unternehmen aus meiner Beratungspraxis, die
tauschen in Rechenzentren erzeugte Datenbänder per Kurier mit Geschäftspartnern
aus. Ich kenne Recruiter aus HR-Abteilungen großer Konzerne, die drucken jede
Online-Bewerbung auf ihrem Tintenstrahldrucker auf dem eigenen Schreibtisch aus.
Ich kenne Mitarbeiter aus einer Kundenbetreuung, die für die Bearbeitung eines
Vorgangs dreimal das Programm wechseln und sich nebenbei Notizen auf Papier
machen.
Und ich kenne aus meiner Coaching-Praxis auf der anderen Seite viele Angestellte,
die über schlechte Prozesse, Intransparenz, fehlende Kommunikation, mangelnde
Förderung und Entwicklung sowie über ihre Führungskräfte vom alten Schlag à la
»Macht & Kontrolle« klagen.
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Keine Frage, sicherlich gibt es auch Vorzeige-Unternehmen, die Ideen von New
Work und Arbeiten 4.0 heute bereits umgesetzt haben und damit erfolgreich sind.
Mein Eindruck ist, dass es eher die Kleinen mit Start-up- oder Agentur-Charakter
und jungem Management sind.
Wo ist nun bitte dieses Arbeiten 4.0?
Aus meiner Sicht sind wir mitunter weit von diesem Update entfernt und ich habe
meine Zweifel, ob einige Unternehmen schon bei Arbeiten 3.0 angekommen und
damit überhaupt Update fähig sind, oder wie sieht es in Ihrem Unternehmen aus?
Unser menschliches Betriebssystem lässt sich nicht mal eben so ratzfatz
umprogrammieren oder weiterentwickeln wie eine Maschine. Unser Verstand
verbindet insbesondere mit größeren Veränderungen heute immer noch
Unsicherheit und Gefahren.
So attraktiv New Work von außen scheint, wenn es um Veränderungen am eigenen
Arbeitsplatz geht, dann soll doch bitteschön lieber alles so bleiben, wie es heute ist:
Veränderung ja, aber bitte nicht bei mir! Das ist die Überzeugung von vor allem lang
gedienten Angestellten und Managern, die insbesondere in großen Konzernen heute
noch auf breiter Front dafür sorgen, maßgebliche Veränderungen zu verhindern und
ihr Unternehmen zu einem schweren und nahezu unmanövrierbaren Ozeandampfer
machen.
Arbeiten 4.0 = Industrie 4.0 + Mensch 1.0?
Neulich erschien ein Beitrag mit dem Titel Digitalisierung verändert die Ausbildung.
Darin dieses Fazit: »Auch wenn die Ausbildung inhaltlich schon auf Industrie 4.0
umgestellt wurde, hilft es nichts, wenn der Ausbilder noch in Industrie 1.0 denkt. «
Ein zutreffendes Bild.
Egal, ob wir es Arbeiten 4.0 oder New Work nennen, der Transformationsprozess
wird mit Sicherheit zu weiteren Veränderungen in der Arbeitswelt führen: Neue
Berufe, Ausbildungen und Studiengänge entstehen, andere werden wegfallen. Neue
Formen der Zusammenarbeit und Vernetzung werden sich herausbilden. Neue
Führungskulturen und -techniken werden sich durchsetzen. Neue Arbeitszeit- und
auch Lebensmodelle werden sich etablieren, manche Innovationen jedoch vielleicht
auch schnell wieder verworfen werden.
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Doch das alles dauert! Vielleicht sogar eine ganze Generation von Managern,
Führungskräften und Mitarbeitern. Es geht hier nicht um eine neue
Arbeitsanweisung, die mal eben von HR in Word getippt und mit dem Stempel »Ab
jetzt nur noch so! « per Hauspost verteilt wird. Es geht nicht darum, alles Heutige
zügig über den Haufen zu werfen, weil das Neue gerade so verlockend erscheint.
Und da kommt mir der aktuelle Hype manchmal vor wie eine hektische Panikmache
aus dem operativen Geschäft heraus (denn hier werden die Probleme ja zuerst
sichtbar), die ohne den notwendigen Abstand und Weitblick vielleicht am Ende den
positiven Veränderungsprozess sogar behindern wird. Denn dieser Wandel
erfordert ein strategisches Denken.
HR als experimentierfreudige Agents? Viel Spaß!
So, und nun soll HR dieses Problem lösen? Und weil niemand weiß, wie das geht, ja
sogar die Top-Manager hilflos auf neue Führungskulturen schielen, darf jetzt hier
und da ein bisschen herumexperimentiert werden?
Und das, wo doch unsere Personaler für ihren so ausgeprägten Experimentiergeist bekannt sind ups, jetzt hab ich’s mir ganz verscherzt). Heute noch
Personalverwalter und böse Fangfragensteller, morgen schon strategische
Zukunftsforscher und Laboranten? Und die Mitarbeiter sind die Affen in diesem
Experiment? Ich habe gerade viele Bilder im Kopf, die mir gar nicht gefallen.
Wirbeln die Transformation und der Weg hin zu Industrie 4.0 etwa das Bewusstsein
über Strukturen und Zuständigkeiten in Unternehmen nun vollends durcheinander?
Oder sind wir als Folge der Ohnmacht und Ratlosigkeit schon längst im
Experimentierstatus angelangt, in dem jeder im Unternehmen frei rumprobieren
kann, fern ab von Strategie und Management- oder Shareholder-Interessen? Oder ist
das etwa dieser neuartige demokratische Führungsstil? ;-)
Wir brauchen HR und vor allem HR-Strategien!
Ich habe in den letzten Jahren einige HR-Verantwortliche kennengelernt. Sie waren
Profis in aktueller Gesetzgebung mit HR-Bezug, hatten ihren Bereich – soweit ich
das beurteilen konnte – operativ im Griff und kannten ihre Pappenheimer im
Unternehmen.
Doch strategisches Denken, die Entwicklung von langfristigen Zukunftsszenarien
und die Ableitung strategischer Maßnahmen, etwa vor dem Hintergrund der
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demografischen Entwicklung oder neuen Altersteilzeit- und -ruhestandsregelungen,
gehören eher nicht zu ihren Kernkompetenzen. Ich bin der Meinung, sie müssen
auch selbst keine Strategie-Experten sein, sondern deren Fach-Berater.
Das Ergebnis dieser Studie wird für HR-Insider nicht neu sein: Dreiviertel der
Unternehmen verfügen über keine eigene HR-Strategie oder wenn doch, dann
wurde sie nicht aus der Unternehmensstrategie abgeleitet oder der CEO kennt sie
nicht.
Das finde ich erschreckend und frage mich, wie das zu Industrie 4.0 passt. Ist HR aus
Sicht des Top-Managements etwa doch nur der Personalakten- und Gehälter-
Verwalter und braucht keine Strategie? Warum ist vielen Managern immer noch
nicht bewusst, dass eine ausgeklügelte Geschäfts- und Vertriebsstrategie heute ohne
die stimmige HR-Strategie das Papier nicht wert ist?
Also, wer kann nun die vielen strategischen HR-Themen rund um Arbeiten 4.0
professionell in die Hand nehmen, von denen gerade so viel die Rede ist?
Industrie 4.0 gehört auf die CEO-Agenda!
So fordert es eine Studie von pwc und in der Konsequenz gehört dort aus meiner
Sicht auch Arbeiten 4.0 hin, was die HR-Strategie, die Vorgabe der strategischen
Ziele sowie die Maßnahmen für die Umsetzung durch HR selbst betrifft.
HR als Intrapreneur, so nannte es Stefan Döring, dessen Sichtweisen ich immer sehr
schätze, neulich im Blog von humanressourcesmanager.de und schreibt: »Das
Personalmanagement muss bereits heute die Bedingungen schaffen, damit
Unternehmen morgen bestehen können. «
Das sehe ich kritisch, denn HR kommt mir seit langem in einigen Unternehmen
schon vor als der unabhängige Binnenschiffer im unkontrollierten seichten
Gewässer. Ohne eigene Strategie, aber ausgeprägtem Macht- und Einflussgehabe.
Und genau das birgt aus meiner Sicht die Gefahr, dass die Handlungsempfehlungen
aus Arbeiten 4.0 so nur fix aus dem Boden gestampfte Insellösungen sein werden.
HR muss an die Hand genommen werden – und das meine ich hier sehr liebevoll
wertschätzend – um die Herausforderungen aus Arbeiten 4.0, die das Unternehmen
in Gänze betreffen, gemeinsam strategisch zu lösen.
Keine Panik auf der Titanic!
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Das Update auf Arbeiten 4.0 ist an der Basis vieler Unternehmen bereits in vollem
Gange. Werte der Arbeit, gerade von jungen Menschen, haben sich in den letzten
Jahren schon gewandelt, Karrieren werden neu definiert. Der Anteil der
Angestellten, die sich mehr Flexibilität und Freiräume wünschen, steigt. Als
Reaktion können wir aktuell die Diskussionen rund um das Thema Homeoffice
beobachten. Arbeit und Familie und die Zeit, die wir in beiden Bereichen verbringen,
werden neu bewertet und organisiert. Was für einige Angestellte heute noch Stress
bedeutet, ist für andere die ideale neue Arbeitsform.
Wie bei allen strategisch relevanten Themen halte ich es auch für Industrie und
Arbeiten 4.0 für wichtig, planvoll und zielgerichtet Top-down vorzugehen.
Das Modell »Jeder darf überall ein bisschen mitmischen« wird mit dem Update auf
Industrie 4.0 nicht mehr funktionieren und birgt aus meiner Sicht sogar große
Risiken, denn dafür sind die Prozesse, Strukturen und Schnittstellen in
Unternehmen sowie auch die Märkte und Kunden heute schon viel zu dynamisch
und komplex.
Der Transformationsprozess läuft und es gilt: Industrie verändert Arbeit. Arbeiten
4.0 ist die Folge von Industrie 4.0 und verläuft damit nachgelagert. Manchmal
kommt es mir gerade so vor, als wolle HR den 100-Meter-Spurt krampfhaft allein
gewinnen, um endlich zu beweisen, dass es nicht nur Verwalter, sondern auch
aktiver Gestalter ist.
Ein Denken in strategischen 5-Jahres-Vorstandsamtszeiten und das Ausfüllen von
Kästchen in einer Balanced Scorecard reichen nicht mehr aus, gerade wenn es um
strategische HR-Themen wie die langfristige Gewinnung und Bindung von
Mitarbeitern (Stichworte Demografie, regionaler Fachkräftemangel) oder die
Positionierung als attraktiver Arbeitgeber (Employer Branding, Candidate
Experience, GenY) geht.
Die größte Herausforderung für das Management und damit auch für HR sehe ich
darin, die vielfältigen Entwicklungen, die wir unter Industrie 4.0 subsumieren,
bezogen auf den Entwicklungsstand des eigenen Unternehmens zu bewerten und
der zunehmenden Dynamik mithilfe moderner Managementmethoden der Strategie-
Entwicklung und -Implementierung Herr zu werden.
Ein guter Strategieprozess erfordert Zeit und viele Ressourcen, die nach meiner
Wahrnehmung heute in vielen Unternehmen für diese Aufgaben neben dem
operativen Tagesgeschäft nicht mehr zur Verfügung stehen oder sogar die
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Kompetenz für strategisches Denken in einigen Bereichen sogar vollkommen
verkümmert ist.
Damit das Update auf Arbeiten 4.0 am Ende fehlerfrei im System Unternehmen läuft,
ist das (junge?) Top-Management gefordert. Die Aufgaben für HR leiten sich aus den
Zielen einer Unternehmensstrategie passend zu Industrie 4.0 ab – und nicht
umgekehrt.
Das Management muss die zur Gesamtstrategie passenden HR-Ziele definieren und
daraus Maßnahmen sowie deren priorisierte (!) Umsetzungsplanung ableiten – im
Idealfall gemeinsam mit den HR-Verantwortlichen – und ihnen dann auch die
Verantwortung für die Maßnahmenumsetzung übertragen. Nur so kann aus meiner
Sicht HR im System Unternehmen zum Gestalter werden.
Auch wenn einige schon das Ende von HR nahen sehen, ist und bleibt HR für mich in
der Wertschöpfungskette eines Unternehmens ein wichtiger unterstützender
Dienstleister. Es aber verzweifelt zum verlängerten Arm des Corporate
Developments für Arbeiten 4.0 zu machen, geschweige denn zum Experimentier-
Agent, davon halte ich gar nichts.
Dies ist meine Perspektive und ich vermute, dass einige New-Work-Anhänger oder
HR-Experten eine andere Sichtweise haben. Ich freue mich auf Ihre Meinung unten
in den Kommentaren!
http://www.bernd-slaghuis.de/karriere-blog/arbeiten40/
Arbeitswelt 4.0 und HR – ein Versuch der Sachlichkeit
Stefan Döring
Viel wird aktuell über die Arbeitswelt 4.0 geschrieben. Die Diskussion über
Digitalisierung, Vertrauen, Führung, Eigenverantwortung oder Hierarchieabbau ist
genauso faszinierend, wie die vielen Best Practices. Im Rahmen der Blogparade
#HRLab: Müssen Personaler zu Experimentier-Agents für arbeiten . ″ werden? Und wenn ja, wie? möchte ich etwas näher auf die Rolle von HR eingehen und
darauf, dass die Erwartungen an das Personalmanagement diesbezüglich (zu) hoch
sind. Treiber soll das Personalmanagement sein. Experimentieren und Ausprobieren
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wird gefordert – und das bitte agil. Nicht selten wird dabei ein Idealbild des
Arbeitens skizziert, was in der Praxis schlicht (noch) nicht möglich ist und HR daher
überfordert.
Die Struktur-Realität
HR soll Treiber sein, Ideen und Innovationen nicht nur selber liefern, sondern auch
die Rahmenbedingungen dafür schaffen. In der Realität der Unternehmen werden
Vorschläge gern gesehen, aber bitte immer schön entlang des Dienstweges.
Entscheidungen werden dann innerhalb klar geregelter Hierarchien getroffen. Kein
Vorschlag und kein Konzept, dass nicht von zig Führungskräften gelesen (und im
Sinne von Machtinsignien abgezeichnet) wird, bevor eine Entscheidung fällt. Ist eine
dieser Hierarchien anderer Meinung, ist die Diskussion in der Regel zu Ende. Wehe
dem, der seine Überzeugung lebt und mit Argumenten dagegen hält.
Wie soll das dann funktionieren, wenn Vorschläge gemacht werden, die die Strukturen und das bisherige „F“hren in Frage stellen? F“hrungskraft zu werden, ist in der Regel ein notwendiger Schritt in der Karriere – ob man will oder nicht.
Folge ist, dass der Schritt zurück nicht vorgesehen ist. Aus Führung zurücktreten? Freiwillig? Ohne Gesichtsverlust unmöglich. Wer sich viele Jahre „nach oben gearbeitet hat, wird nur sehr ungern die mit der Position verbundenen Privilegien
aufgeben.
Autor: emdibella Quelle: fotolia.com
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Klar, ist es ureigene Aufgabe von HR, daran etwas zu ändern, aber solange es den
Dienstweg noch gibt, stehen die Chancen schlecht. Eine neue Kultur des Arbeitens lässt sich nicht allein „von unten realisieren. Es bedarf eines glaubwürdigen
Wandels bei den Entscheidern. Der Personalabteilung allein die Verantwortung für
die Veränderung der Arbeitswelt zuzuschieben, ist zu einfach. Genauso wenig
werden Sales oder die Produktentwicklung einen Kulturwandel im Unternehmen erreichen. Ohne das Commitment „von oben kann (R dieses Problem nicht lösen und stößt schnell an seine Grenzen.
Die Business-Realität
Auf dem Personalmanagement-Kongress durfte ich den beeindruckenden Vortrag
über Microsofts Arbeitskultur folgen. Für mich aber ebenso wichtig war die
anschließende Frage aus dem Publikum von der Personaldirektorin der Stadt Wien:
Wie lassen sich solche Arbeitsmodelle in ein Unternehmen wie der öffentlichen
Verwaltung integrieren, in dem eine Vielzahl von Mitarbeitern in Bürgerbüros zu
festen Öffnungszeiten, im ÖPNV auf Schienen oder auf Straßen, in Kanälen und in
Gärten arbeiten? Lassen wir unseren Müll morgen digital durch Heimarbeiter
abholen? Unvorstellbar und nicht verwunderlich, dass man die Antwort schuldig
blieb.
Natürlich ist in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung noch viel Potential zu heben.
Gerade die Verwaltung tut sich noch schwer mit ihrer Öffnung und der
Kundenorientierung in Verbindung mit der Digitalisierung im Sinne des E-
Governments. Dabei sind diese Themen in meiner Wahrnehmung das innovativste,
was der öffentliche Dienst zu bieten hat und eine riesige Chance. Lichtblicke sind da
z.B. die Open Government Tage in München, bei den Interessierte kostenlos
teilnehmen und zu Open Data, Digitalem Engagement, Social Media und Smart City
mit diskutieren können.
Aber das Problem ist doch ein anderes und nicht allein von HR zu lösen: Produkte
und Dienstleistungen sind unterschiedlich und benötigen auch eine differenzierte
Betrachtung. Microsoft hat nun einmal ein ganz anderes Businessmodell als der
öffentlichen Dienst und auch andere Kunden und Mitarbeiter. Die Arbeitswelt 4.0 ist
nicht überall gleichermaßen realisierbar. Die gesamte Diskussion erfolgt aus meiner Sicht zu undifferenziert im Sinne eines „Alles oder Nichts . (R kann so die Anforderungen nicht erfüllen und sollte es auch nicht. Der Beitrag zum
Unternehmenserfolg ist die Richtschnur und nicht eine pauschale Einführung der „New Work .
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Die Kunden-Realität
Angst vor Jobverlust und gefühlte Bedrohung durch die Digitalisierung gibt es.
Ängste vor den eigenen Daten unkontrolliert im Netz sind angesichts aktueller
Berichte und der Sensibilität von Personaldaten nicht ganz von der Hand zu weisen.
Auch sind nicht alle Kunden digitalkompetentbiszumgehtnichtmehr. Schon E-
Recruiting überfordert viele Führungskräfte, die sich die Unterlagen dann bitte noch
ausdrucken lassen und damit den Medienbruch perfekt machen. Das ist die Realität
bei Mitarbeitern und Bewerbern und damit bei den Kunden von HR. Wenn HR
Dienstleister ist, dann wäre es nicht gut, nun einfach mal mit der Arbeitswelt 4.0 los
zulegen, ohne Ängste und Bedürfnisse ernst zu nehmen.
Die Mitarbeiter-Realität
Selbst wenn Entscheider glaubhaft Strukturen aufbrechen oder die Digitalisierung in
einigen Jahren Bürgerbüros überflüssig machen – ein drittes Problem ist aus meiner
Sicht viel schwerwiegender. Die Beiträge Wer motiviert mich, bitte!? auf Hrweb.at
und Haben New Work Verweigerer am Ende doch Recht? von Stefan Scheller im
Rahmen dieser Blogparade zeigen, dass ich nicht allein mit der Meinung bin, dass
nicht nur Führungskräfte, sondern auch Mitarbeiter am arbeiten . ″ einen großen Anteil haben.
Schaut man auf die jährlichen Untersuchungen zum Mitarbeiterengagement, so ist festzustellen, dass ein bedeutender Teil der Beschäftigten ihren Job „ -to- macht. Verantwortung? Demokratie? Nein, danke! Lässt sich dies mit den Ideen der
Arbeitswelt 4.0 vereinbaren? Gelingt es bei aller Demokratie und Eigenverantwortung „Nichtwähler zu akzeptieren? Über die Gr“nde kann spekuliert werden. Bei einem ist es Frust, der zur Aufgabe innovativen Arbeitens
geführt hat. Hier lässt sich ohne Zweifel Potential wiederbeleben. Aber was ist mit dem Teil der Belegschaft, die nicht wollen … oder nicht können? Mitarbeiter, die einfach nur ihren Job machen, sind für das Bestehen eines Unternehmens
überlebenswichtig. Nicht wenige Mitarbeiter brauchen auch schlicht Anleitung, ja
sogar klare Anweisungen, um Arbeiten zu können. Oder was ist mit den Kollegen,
die lieber im stillen Kämmerlein vor sich hin arbeiten, nur damit niemand ihre Ideen und Arbeitsergebnisse „klaut ? Kooperatives Arbeiten an einem gemeinsamen Ziel
wird da schwierig. Und jeder kennt sicherlich Kollegen, die regelmäßig im richtigen Moment die Erledigung ihrer Aufgaben „nach oben melden, um „motiviert zu werden. Wie sollen diese Menschen im Unternehmenssinne eigenverantwortlich
arbeiten und sich selber motivieren, wenn keine Hierarchie mehr da ist? Das Team
übernimmt diese Rolle nur bedingt und Konflikte sind hier vorprogrammiert.
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Ich bin ausdrücklich für hierarchiefreies und eigenverantwortliches Arbeiten, aber
in der aktuellen Diskussion wird so getan, als ob dies die Erlösung der
Mitarbeiterschaft sei und HR bitte nur umzusetzen hat. Dass dann alle glücklich und
zufrieden sind, glaube ich nicht. Die damit verbundenen Arbeitsweisen werden
genauso zu (anderen) Problemen führen, wie die bisherigen. Der Wandel der
Führungskräfte ist daher ebenso wichtig wie die Bereitschaft der
Mitarbeiter, arbeiten . ″ zu leben. Eine Sichtweise, die meiner Ansicht nach zu kurz kommt. Natürlich hat HR in diesem Zusammenhang eine besondere
Verantwortung. Aber auch aus dieser Perspektive wird das Personalmanagement
nicht allein einen Wandel erwirken können.
Die HR-Realität
Personalabteilungen agieren heute in der Regel als Verwalter – ob sie sich nun
Personalreferenten oder Business Partner nennen oder nicht. Untersuchungen
belegen dies vielfach. Natürlich macht HR einen professionellen Job: Lohn, Urlaub,
Teil- und Elternzeit werden rechtlich korrekt abgewickelt,
Stellenbesetzungsverfahren abgeschlossen, Konzepte entwickelt. Aber hat wirklich
die Personalabteilung allein die Deutungshoheit über gute Führung oder die Art und
Weise, wie man miteinander redet ? Dass nicht Mitarbeiter beraten, Bewerber
gewonnen, Trends auf den Mehrwert für die internen Kunden hinterfragt und neue
Arbeitsweisen mit den Beschäftigten zusammen getestet werden, liegt daran, dass
sich das HRM nicht als interner Dienstleister, sondern noch häufig als Bewahrer und
Steuerer versteht. Aus diesem Verständnis heraus, wird HR keinen Beitrag zur
Arbeitswelt 4.0 liefern können.
Abwarten und ein „Weiter so sind keine Alternative. Die Digitalisierung geht nicht
mehr weg. Es bedarf in den Personalabteilungen einer Auseinandersetzung mit den
Trends der Arbeitswelt 4.0 mit Blick auf das eigene Unternehmen und dem
Businessmodell. Dann kann HR Angebote machen und Bedarfe im Sinne des
internen Marketings wecken. In diesem Augenblick ist HR Treiber.
Dafür sind aber auch die richtigen Personaler notwendig: Innovatoren und
Querdenker, die man auch aushalten können muss. Neben der Einstellung braucht
es die richtigen Qualifikationen im Hinblick auf das Internet der Dinge,
Dienstleistungs- und Prozessmanagement, Trendforschung, Big Data, Controlling
oder HR-Qualitätsmanagement. Selten eine Stellenanzeige im Personalmanagement, die ein solches Profil sucht. Und diese „Personaler . m“ssen dann testen d“rfen, inklusive der dafür notwendigen Fehlerkultur.
Nochmals möchte ich klar stellen: Dieser Beitrag ist keine Ablehnung des „Arbeitens . . Ganz im Gegenteil. Und ich bin ausdr“cklich ein Verfechter der Position, dass
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HR dabei eine besondere Rolle einnimmt. Eine Chance, das Personalmanagement als Treiber, Dienstleister und „Mehrwertgenerierer zu etablieren. Aber ich w“nsche mir auch eine differenziertere Diskussion des Themas – gerade, was die Rolle von
HR angeht. Selbst wenn das Personalmanagement seine Hausaufgaben macht, sich
vom Bewahrer zum Treiber wandelt, testet und experimentiert – wenn die
Unternehmensleitung, die obersten Führungskräfte und die Mitarbeiter nicht von
sich heraus bereit sind, die Ideen der Arbeitswelt 4.0 zu leben, wird es bei
Hochglanzbroschüren bleiben.
http://www.personalblogger.net/2015/09/01/arbeitswelt-viernull-und-hr/
Ich bleibe dabei – Personaler: Erst die Pflicht, dann die Kür!
Thomas Eggert
Mann, mann, mann – was f“r eine „heiße Diskussion läuft da gerade wieder mal. Blogparaden (#BeyondDigitalHR vom Talentmanagement Blog der
VEDA oder #HRLab vom Blog der Zukunft Personal), Artikel vom Human Resource
Manager bis zur Huffington Post und eine Vielzahl an Blogs. Alle beschäftigen sich
schon wieder mit der Zukunft des Personalwesens und schreiben meterweise
Artikel über die Zukunft der Personalarbeit, egal ob Redaktionen von HR-
Zeitschriften, HR-Dienstleister, Berater, Software-Hersteller oder wer sich auch
sonst noch alles dazu berufen fühlt. Und wieder hören wir die Beispiele der
Großkonzerne, die massenweise Thesen aufstellen (wer kann sich die alle noch
merken und welchen Nutzen haben sie wirklich) oder die Start-ups, die keine
Führung mehr im Unternehmen haben (ist bei fünf Mitarbeitern auch nicht so
schwer).
Autor: Marco2811 Quelle: fotolia.com
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Noch kommt die Gegenwart vor der Zukunft
Ja, ich weiß, ich überzeichne gerade wieder etwas (stark), aber bevor wir die
Zukunft diskutieren, sollten wir da nicht erst einmal die Gegenwart betrachten? Für
mich hört sich das immer so an: Wir planen bereits das Raumschiff Enterprise aus
Star Trek, sind aber noch nicht einmal zum Mond geflogen. Natürlich ist es richtig,
dass wir mit Big Data alles Mögliche auswerten können und intelligente Systeme
den idealen Mitarbeiter finden können. Natürlich ist es möglich, dass wir alle
administrativen Abläufe an externe Dienstleister auslagern können. Natürlich
können externe Berater das Recruiting für uns übernehmen. Natürlich können wir
alle Feel-Good Manager einstellen und das ideale Betriebsklima herstellen. Aber sind
wir denn selbst dazu bereit?
Sind wir bereit?
Ich war jetzt mehr als 10 Jahre im Bereich HR-Outsourcing tätig und beschäftige
mich nun seit mehreren Jahren bei der BEGIS mit der Digitalisierung von
Personalprozessen – hierbei vor allem im Mittelstand der deutschen Unternehmen.
Meine Erfahrung sagt ganz deutlich: Ja, viele wollen, können sich aber aus
unterschiedlichen Gründen noch nicht dazu durchringen. Dies hat mehrere Gründe,
einige habe ich vor einiger Zeit in dem Artikel 6 Gründe, warum HR selbst nicht
digital wird veröffentlicht und daran hat sich eigentlich nichts geändert. Und ein
wesentlicher Punkt ist nach wie vor, dass die Unternehmen selbst in der Regel nicht f“r solche Themen bereit sind. Da herrscht noch viel zu viel Angst vor den „bösen Dienstleistern, vor der Cloud oder dem „ausgeliefert sein . Und nun bleibe ich bei meiner Kernthese: Es nützt nichts, wenn sich HR nur mit der Digitalisierung oder
arbeiten 4.0 beschäftigt und selbst nichts dazu beiträgt. Hier muss erst einmal die
Pflicht erledigt und saubere Prozesse aufgesetzt werden. Es gibt genügend
Möglichkeiten, als Vorbild die eigene Arbeit zu gestalten. Erst dann darf sich HR
auch der Kür annehmen und diese Themen in das Unternehmen treiben. Vielleicht hilft ja auch einmal eine Diskussion, die da heißt: „Die Zukunft der Arbeit kann „so gestaltet werden und wir als HR machen es selbst vor und zeigen, wie es funktionieren kann . Das halte ich f“r den besseren Weg, als anderen nur zu sagen, wie sie es machen sollen und selbst noch zu überlegen, wie die Rakete zum Mond
entstehen kann.
Wer diskutiert mit?
Natürlich ist es wunderbar, wenn wir alle in unseren Blogs darüber
schreiben, ich vermisse aber immer wieder die Diskussion mit denen, über
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die wir schreiben. Manchmal frage ich mich, schreiben wir das nur für uns und
unsere Kollegen? Woran liegt es, dass wir so wenig (bis gar kein) Feedback direkt
von Personalern bekommen? Sind das doch die falschen Themen oder sehen wir die
Welt aus einer verkehrten Sicht? Daher mein Aufruf auch an alle (R’ler – beteiligt
euch an der Diskussion, nur daraus können wir alle gemeinsam lernen.
Und noch etwas …
… liegt mir zurzeit sehr am Herzen. Ich habe es schon unter der Überschrift
Personaler, jetzt habt ihr wirklich die Chance, Historisches zu tun geschrieben und
auch auf der Huffington Post veröffentlicht (und durfte mich auch schon dafür in den
Kommentaren beschimpfen lassen). Vielleicht liegt mir das Thema am Herzen, da
wir in München gerade eine der großen Flüchtlingsströme erleben und tagtäglich
sehen, wie die Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Eigentlich müsste genau
das das Kernthema sein, mit dem wir uns beschäftigen. Oder tun das gerade die
Personaler sowieso schon und haben deswegen keine Zeit, sich hier überall zu
beteiligen?
http://noch-ein-hr-blog.de/ich-bleibe-dabei-personaler-erst-die-pflicht-dann-die-
kuer/
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„Arbeiten 4.0 – wie gut sind HR-Abteilungen vorbereitet? #FutureTrend #Arbeitenviernull #HRLab
Melanie Vogel
Die „Zukunft Personal hat zu einer Blogparade zum Thema „Arbeiten .
aufgerufen. Da das Thema quasi schon eine Steilvorlage für die Blogparade zum Thema „)ndustrie . ist, die auf diesem Blog ab dem 14. September in Kooperation
mit dem Ingenieurversteher-Blog beginnt, mache ich gern mit – weniger mit einer
Idee, wie das #HRLab der Zukunft aussieht, sondern vielmehr mit einigen Zahlen,
die wir im Rahmen unserer seit vier Jahren jährlich stattfindenden Umfrage „HR
Future-Trends ermittelt haben. Einige Vorab-Ergebnisse aus diesem Jahr werde
ich im Rahmen dieser Blogparade exklusiv vorstellen.
Zunächst jedoch ein paar statistische Daten: Bislang haben am „(R Future-Trends Unternehmen aus Deutschland teilgenommen. Die Umfrage läuft noch bis Ende September, so dass Interessierte ihre Meinung gern noch kundtun können (>>
Link zur Umfrage). Von den 91 teilnehmenden Unternehmen gaben 50% an, über
5.000 MitarbeiterInnen zu haben. Die Belegschaftsgröße bei 37% der Befragten liegt
zwischen 1.000 und 5.000, bei 10% zwischen 500 und 1.000 und bei 3% zwischen
100 bis 500 MitarbeiterInnen. Die teilnehmenden Unternehmen sind in
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verschiedenen Branchen tätig. Schwerpunktmäßig waren jedoch die Branchen „Chemie, Pharma, Biotechnologie und „Dienstleistungen allgemein vertreten. Von den HR-Verantwortlichen, die die Umfrage Future-Trends 2015 beantworteten, waren 87% weiblich, 13% männlich. Der Großteil gab an, jünger als 30 Jahre alt zu
sein (37%), 27% waren zwischen 31 und 40, 19% zwischen 41 und 50 und 17%
zwischen 51 und 60 Jahre alt.
In der diesjährigen Umfrage richteten wir den Schwerpunkt auf das Thema „Change und die Frage, wie gut die Unternehmen auf die kommenden (Arbeitsmarkt-
)Veränderungen – hervorgerufen nicht nur durch „)ndustrie . , sondern auch durch den demografischen Wandel – vorbereitet sind.
Auf unsere Frage, wieviel Prozent der Belegschaft aus den jeweiligen Unternehmen
in den kommenden fünf Jahren in den Ruhestand gehen würden, ergab sich
folgendes Bild:
Deutlich wird, dass ein Großteil der Unternehmen in den kommenden Jahren
verstärkte Abgänge verzeichnen werden. Erschreckend ist, dass immerhin 17% der
befragten Unternehmen angaben, keine Ahnung zu haben, wie sich ihre Belegschaft
in den kommenden fünf Jahren verändern wird.
Interessiert hat uns weiterhin, wie hoch der durchschnittliche Krankenstand in den
Unternehmen ist, denn bei vielen Menschen bleiben Change Management-Prozesse
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und eine VUCA (volatil, ungewiss, komplex und mehrdeutig) gewordene Welt nicht
ohne Nebenwirkungen. Auch bei dieser Frage ergab sich ein eindeutiges Bild: in
40% der befragten Unternehmen liegt der Krankenstand unter 5%, bei 50% der
befragten Unternehmen liegt er jedoch zwischen 5 und 10% und auch hier gaben
immerhin 10% der Unternehmen an, über die Höhe der durchschnittlichen
Krankenstände nicht informiert zu sein.
In unserer diesjährigen Umfrage baten wir die HR-Verantwortlichen darüber hinaus,
anzugeben, welche fünf Kompetenzen ihrer Meinung nach in Zukunft an Bedeutung
und Relevanz im Arbeitsleben gewinnen werden. Fünf Kompetenzen konnten aus
einer vorgegebenen List von insgesamt 17 Kompetenzen ausgewählt werden. Die
Top 3 der wichtigsten Kompetenzen sind:
Wenig überraschend führt die Veränderungskompetenz mit 87% die Liste der
Zukunftskompetenzen an, gefolgt von interkultureller Kompetenz (77%) und
Kooperationsfähigkeit (60%).
Ganz “berraschend unwichtig sind jedoch auf der anderen Seite die körperliche Fitness % , aber auch die „geistige Fitness wurde nur von % der Befragten als wichtige Kompetenz angesehen. „Mens sana in corpore sano – in einem gesunden
Körper steckt ein gesunder Geist – spielt offensichtlich in den Unternehmen keine
Rolle. Ist der Krankenstand von 5-10% damit erklärbar?
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Aber auch Neugier wurde nur von 6% der befragten als wichtige
Zukunftskompetenz angesehen. Wer jedoch Veränderungsbereitschaft verlangt,
müsste konsequenterweise der Neugier eine höhere Wichtigkeit einräumen. Denn
wer nicht in einem gewissen Maße neugierig bleibt, wird sich mit Veränderungen
schwer tun, ihnen vielleicht sogar mit Widerstand begegnen. Neugier ist ein
elementarer Treiber menschlichen Explorationsverhaltens und
Grundvoraussetzung, um überhaupt querdenken zu können (Querdenken wurde
von 57% der Unternehmen als wichtig erachtet).
Doch ein weiterer Punkt gibt zu denken: Wir haben nämlich auch gefragt, welche
Eigenschaften den Unternehmen bei Führungskräften wichtig sind. Und wenn als
wichtigste Zukunftskompetenz die Veränderungsbereitschaft ganz oben steht, hätte
man annehmen können, dass sich das auch in den gewünschten und erwarteten
Eigenschaften der Führungskräfte wiederspiegeln müsste. Doch dem ist nicht so. Veränderungsbereitschaft landet in der Liste der Eigenschaften, die als „sehr wichtig erachtet werden, auf Platz . Hier die Top 5:
Flexibilität und Belastbarkeit, die wichtige Fähigkeiten darstellen, um überhaupt veränderungsbereit sein zu können, sind nur % bzw. % der Befragten „sehr wichtig . Und „Kreativität – eine der Kernkompetenzen der „Kreativwirtschaft und
eine elementare Voraussetzung für Innovationsfähigkeit in einer
wettbewerbsorientierten VUCA-Welt – ist übrigens auf dem 19. und damit auf dem
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letzten Platz gelandet. Das darf an der Stelle erschrecken, denn in einem Beitrag vor
wenigen Tagen habe ich bereits dargelegt, dass wir es in einer VUCA gewordenen
Welt zunehmend mehr mit unstrukturierten Problemen zu tun haben, die sich
dadurch auszeichnen, dass wir sie mit unserem vorhandenen Know-how nicht
sofort lösen können, weil es zu viele Lösungswege gibt oder die Lösungswege erst
noch gefunden werden müssen. Unstrukturierten Problemen kann man in vielen
Bereichen nur mit Kreativität, Neugier und Querdenken begegnen. Loyalität,
Verantwortungsbewusstsein und Zielorientierung sind hier nicht die richtigen
Antworten, sondern scheinen mir echte Überbleibsel aus der Denkhaltung des
klassischen Industriezeitalters zu sein.
Dass „)ndustrie . noch nicht flächendeckend in den HR-Abteilungen angekommen
ist, darauf lassen die Antworten auf eine weitere Frage schließen. Wir wollten nämlich wissen, wie die Befragten persönlich das Thema „)ndustrie . bewerten. Die Antwort:
Ein Drittel der Befragten stuft „)ndustrie . als bedrohlich ein bzw. hat von dem Thema noch nie etwas gehört. Das darf angesichts der rasanten Entwicklung, die
Industrie 4.0 bereits im Ausland nimmt, Anlass zur Sorge sein. Die
Personalabteilungen können entscheidenden Einfluss darauf nehmen, wie human
die kommenden Change Prozesse ablaufen, wie langfristig Mitarbeitende und
Führungskräfte auf den Shift vorbereitet werden und mit welchen Maßnahmen den
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Menschen in den Unternehmen Angst und Sorge vor den kommenden
Veränderungen genommen werden. Nicht wissen schützt nicht vor Verantwortung!
Ich glaube, dass hier noch ein großer Informationsbedarf von Nöten ist, um Chancen
und Risiken der neuen Arbeitswelt in die Unternehmen zu transportieren. Denn die
Unternehmen, die diesen Wandel verschlafen, dürften in wenigen Jahren nicht mehr
wettbewerbsfähig sein und unter massivem Veränderungs- und Innovationsdruck
leiden.
https://futability.wordpress.com/2015/09/07/arbeiten-4-0-wie-gut-sind-hr-
abteilungen-vorbereitet-futuretrend-arbeitenviernull-hrlab/#more-503
Arbeiten 4.0 – viel Wirbel, wenig Konkretes
Silke Glüsenkamp
Wieder so ein Modethema? Die Messe Zukunft Personal in Köln hat das
Schwerpunktthema Arbeiten 4.0 und passend gibt es im Vorfeld den Aufruf, sich an
der entsprechenden Blogparade zu eben diesem Thema zu beteiligen. #HRLab –
Müssen Personaler zu Experimentier-Agents f“r „arbeiten . werden? Und wenn ja, wie?
Der Gedanke ruft bei mir mehr negative als positive Assoziationen hervor. HR´ler in
weißen Kitteln stehen an ihren Controlpanels und steuern digital das Wohlbefinden
ihrer Mitarbeiter, die verängstigt in Käfigen hocken und wimmern? Ich sehe schon die Demonstrationen vor den Personalb“ros: Stoppt die Mitarbeiterversuche! … Ok, Fantasiegeschichten liegen mir.
Experimentieren hat auch etwas Positives: im geschützten Rahmen einfach mal
etwas Neues testen, um zu sehen, was gut funktioniert und was nicht. Erst durch die Anwendung wird unser Wissen wertvoll, denn…
Kennen heißt nicht können.
So ist auch all unser Wissen “ber „Arbeiten . . wertlos, wenn wir nicht etwas Praktisches daraus ableiten.
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Wieder so ein Trend?
Was eigentlich ist denn Arbeiten 4.0?
Da tauchen Stichworte wie Automatisierung, Digitalisierung, Crowd- und
Clickworking, Big Data, Agilität und fluide Strukturen auf. Und jetzt? Ich bin ganz
ehrlich: mich macht das alles etwas müde. So viele Modeworte, so viel Wischiwaschi
und wenig Greifbares über die Zukunft der Arbeit.
Ich liebe Diskussionen über Trends. Ich lese gerne die Blogs meiner Bloggerkollegen
und freue mich ehrlich über so viel wertvollen Input. Am Ende bleibt trotzdem oft
die Frage, wie ich damit im täglichen Arbeitsleben umgehen darf. Viel Theorie, keine
praktische Lösung.
Was kann ein Personaler in seinem Arbeitsalltag damit konkret anfangen?
Ich komme aus der Praxis. Wer nicht gerade als Personaler im Vorstand oder in der
Geschäftsleitung vertreten ist, der liest diese Themen am Rande mit. Und das nicht
aus mangelndem Interesse, sondern weil ganz einfach die Zeit fehlt, um sich mit
Strategien zu beschäftigen. Und die Kompetenz! Wie viele Personaler werden bei
ihrem Arbeitgeber gehört, wenn sie Empowerment der Mitarbeiter praktisch
umsetzen wollen oder gar Umstrukturierungen im Sinne der Agilität vorschlagen?
Meine Kunden sind erfolgreiche Unternehmen im Mittelstand und manchmal
staunen sie nahezu ehrfürchtig über innovative HR-Ansätze in großen Konzernen.
Die finanzstarken Unternehmensgruppen können sich eine größere Mannschaft
leisten, sich mit vielen Beratern und Strategen umgeben und große
Softwarelösungen einführen. Doch das hat für mich wenig mit Arbeiten 4.0 zu tun,
wenn ich sehe dass selbst Recruiter in internationalen Konzernen jede Online-
Bewerbung ausdrucken, um das geliebte Papier wieder in der Hand zu halten. Von
außen mit Arbeiten 4.0 beschriften und nach innen Arbeiten 1.2 zu leben – das
hat mit Gestalten, Querdenken und Experimentierlabor wenig zu tun. Diese
Mogelpackungen bringen auch keinen Fortschritt.
Die Arbeitswelt ändert sich, garantiert.
In dem Punkt wird es wohl die größte Zustimmung geben: die Arbeitswelt ändert
sich. Das ist im täglichen Leben präsent und auch in jedem Personalbüro
angekommen. Es gibt nur noch wenige Unternehmen, wo die Bewerber Schlange
stehen für einen Arbeitsplatz. Im Schnitt brauchen die Arbeitgeber 3-6 Monate, um
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die richtigen Mitarbeiter zu finden. Die Bewerbungswege ändern sich und
Augenhöhe oder Wertschätzung sind die aktuellen Stichworte zum
Beziehungsaufbau mit potenziellen Mitarbeitern. Auch die Digitalisierung ist unser
Alltag.
Schritt für Schritt ändert sich dadurch unsere Welt.
Wo können wir konkret ansetzen, um Arbeiten 4.0 zu ermöglichen? Was heißt es für
das Arbeitsleben? Gunter Dueck gibt ein paar Antworten:
Die drei Fragen zum Arbeiten 4.0
1. Was ist die Arbeit in der Zukunft? Wie sieht sie für jede Stelle aus, wenn
Roboter und PCs die Routinearbeiten erledigen?
2. Wie passen die Menschen in dieses Arbeitskonzept?
3. Was brauchen die Menschen, um die neuen Rollen gut wahrnehmen zu
können?
An erster Stelle geht es darum, zu prüfen, welche Routinearbeiten zukünftig nicht
mehr durch Menschen erledigt werden. Das fängt an beim Vergleichen von
Kreditmöglichkeiten und geht hin bis zu selbstfahrenden Bussen oder PKW. Es
entfallen nicht nur Aufgabenbereiche, sondern ganze Berufsbilder werden
verschwinden. In seinem Vortrag zum BarCamp Arbeiten 4.0 bringt Gunter Dueck
einige Beispiele dazu.
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Was bleibt, ist der Arbeitsanteil, der jeden Mitarbeiter zum Spezialisten in
seinem Fach macht. Der Teil, den Maschinen nicht für uns übernehmen können; im
Grunde also der Kontakt und das Vernetzen mit anderen Menschen.
An dieser Stelle ist klar, dass Personaler für ihren eigenen Bereich die Arbeit 4.0
definieren können, aber nicht unternehmensweit. Fach- und Führungskräfte sind
gefragt, die einzelnen Stellen im Sinne von Arbeiten 4.0 zu gestalten.
Bei der Frage, wie Menschen in das neue Arbeitskonzept passen, sind die Personaler
angesprochen. Und was benötigt wird, um das Arbeiten 4.0 zu realisieren. HR hat
hier die Chance, Unternehmenskulturen entscheidend mitzugestalten. Welche
Rolle spielt der Mensch in Zukunft? Wie können sich die Menschen im Unternehmen
entwickeln, damit Arbeiten 4.0 möglich wird?
Welche Einflussmöglichkeiten die Personaler letztlich haben, hängt davon ab,
welche Rolle HR im Unternehmen einnimmt. Weg vom Verwalten, hin zum
Gestalten. Das ist die Minimalforderung an die Praxis. So klein der Schritt
erscheinen mag, er wird nicht in jedem Unternehmen gemacht. Stefan Döring geht
auf die verschiedenen Sichtweisen in seinem Artikel „Arbeitswelt . und (R – ein
Versuch der Sachlichkeit ein.
HR in der Vorreiterrolle
Natürlich ist Arbeiten 4.0 (auch) ein HR-Thema. Für mich keines, das auf der
Prioritätenliste ganz oben stehen muss, denn die kreative Gestaltung und
Umsetzung von Arbeiten 4.0 ist ein unternehmensweites Thema, dessen Antreiber
an anderer Stelle sitzen.
Sich zurücklehnen und Däumchen drehen ist auch nicht zielführend. Ich wünsche
mir von den Personalern, dass sie hier ihre Chance sehen und ergreifen,
entscheidend mitzugestalten. Wie? Im eigenen Bereich starten und die
Vorreiterrolle übernehmen. Anfangen, Schritt für Schritt machen und auf den
Erfolg vertrauen.
Thomas Eggert schreibt knackig über diesen Gedanken: „Personaler: Erst die Pflicht, dann die Kür. Es nützt nichts, wenn sich HR nur mit der Digitalisierung oder arbeiten . beschäftigt und selbst nichts dazu beiträgt. Die ganze HR-Szene
diskutiert über das Thema. Die einzigen, von denen nichts zu hören ist, sind die Personaler. „Woran liegt es, dass wir so wenig bis gar kein Feedback
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direkt von Personalern bekommen? Sind das doch die falschen Themen oder sehen wir die Welt aus einer verkehrten Sicht?
Dem schließe ich mich an. Und jetzt ganz konkret: Lieber Personaler, was sagst
DU zu dem Thema? Trau Dich mal einen Schritt aus Deinem HR-
Schattendasein raus und schreib im Kommentar, ob das Ganze für Dich
überhaupt relevant ist. Oder welche Themen alle Berater und Dienstleister auf
dem Schirm haben sollten, damit Du erfolgreich Deine Aufgaben erledigen kannst.
Arbeiten 4.0 – klar, mit Unterstützung durch HR
Rund um Arbeiten 4.0 wird ein Wirbel gemacht, den ich nicht nachvollziehen kann.
Wie konkret ist das Ganze denn?
HR wird selbstverständlich bei der Realisierung von neuen Arbeitswelten
mitwirken. Wer sonst ist zuständig für die Menschen im Unternehmen?
Und, liebe Personaler, seht das als Eure Chance, Unternehmenswelten
mitzugestalten. Startet im eigenen Bereich und zeigt den anderen, was möglich ist.
Anfangen und auf den Erfolg vertrauen.
http://silkegluesenkamp.at/arbeiten-4-0-viel-wirbel-wenig-konkretes/
„arbeiten 4.0 bedeutet auch Digitalisierung der Weiterbildung
Wolfgang Hanfstein
Die Digitalisierung der Weiterbildung hat für die Bereiche HR und
Personalentwicklung weitreichende Folgen. Warum, welche und was die 5
wichtigsten Punkte sind, die es für die HR im Bereich digitale Weiterbildung
zu beachten gilt – darum geht es in diesem Blog-Artikel.
Es gibt ein schönes Bonmot des Zukunftsforschers John Naisbitt: Demnach
verändert sich nicht so sehr, WAS wir tun, sondern WIE wir es tun. Und auf das „Wie hat die Digitalisierung großen Einfluss. Die Veränderungen gehen so rasant von statten, dass wir inzwischen vom Web 4.0, von Industrie 4.0 und jetzt auch
vom „arbeiten . reden – so auch das Motto der nächsten Woche beginnenden
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Zukunft Personal, und auch das Thema der ZP-Blogparade #HRLab, an der wir
uns mit diesem Blog-Beitrag beteiligen.
Aber was genau bedeutet eigentlich „arbeiten 4.0 ? Oder besser: Was kann es
für die Personalentwicklung und für die HR bedeuten? Zur Begriffsklärung mag
die Analogisierung zum Begriff Web 1.0 bis Web 4.0 hilfreich sein:
Eine kurze – und natürlich verkürzte – Geschichte vom Web 1.0 bis zum Web
4.0, nebst einigen Implikationen für die Personalentwicklung
Web 1.0 – Das Internet weiß viel
Es funktioniert als Katalog und Nachschlagwerk mit ersten Webshops. Folgen für die
HR: der Stellenmarkt wanderte ins Internet (zunächst völlig unbemerkt von den
Platzhirschen, die weiterhin einige Zeit lang weitere teure Zeitungsanzeigen verkauften, bis dieses Geschäftsmodell „plötzlich verschwunden war . Web 2.0 – Das Internet gibt Feedback
Interaktive Formate und Optionen gewinnen an Bedeutung. Folgen für die HR: Zaghaft wanderte das CBT f“r die J“ngeren: das steht f“r „Computer Based Training als WBT ins Netz. Und unternehmenseigene Webauftritte wie auch der Bereich Social Media wurden zunehmend wichtiger als Recruitinginstrumente.
Web 3.0 – Das Internet wird schlau
Auf die Frage „Wie wird das Wetter? erhalte ich keine Treffer zu Texten, die aus den Worten „wie wird das Wetter? bestehen, sondern die konkrete Wettervorhersage f“r meinen Ort. Daf“r reicht schon der Suchbegriff „Wetter . Folgen für die HR:
Mitarbeiter erwarten jetzt auch von den Unternehmensnetzen (Intranet, IT, LMS),
dass sie gute Antworten auf ihre Fragen liefern – mit den entsprechenden Folgen für
das Corporate Learning und die Organisation des Wissens.
Web 4.0 – Das Internet geht nach draußen
Vom QR-Code über den Einkaufszettel, den der Kühlschrank schreibt, bis zum
selbstfahrenden Auto – vernetzte Datenströme greifen in das reale Leben ein. Folgen
für die HR: Performance Support, also „Unterst“tzung in Moment des Bedarfs, ist möglich. Learning Analytics zeigen Bedarf, noch bevor er entsteht. Kompetenz- und
Mitarbeiterprofile werden crowdbasiert entwickelt.
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Aber wird für die Personalentwicklung denn jetzt alles anders? Die Technik
wird erst dann zum Treiber, wenn zumindest einzelne Menschen oder
Gruppen irgendeinen Nutzen davon haben (nicht immer zum Vorteil der
Menschheit).
Für die HR und die Personalentwicklung sind vor allem zwei Einflussgruppen
entscheidend:
1. Die derzeitigen und die künftigen Mitarbeiter
Vor allem die junge Generation ist im Umgang mit digitalen Medien bestens vertraut.
Sie kennt die Vorzüge und nutzt sie. Mehr noch, sie erwartet die digitalen
Serviceleistungen auch von den Unternehmen, also von ihren Arbeitgebern. Wurden
bis vor kurzer Zeit die Mitarbeiter noch innerhalb des Unternehmens fit für den
Umgang mit IT gemacht, ist es heute eher umgekehrt. Vor allem die jungen Mitarbeiter kommen mit einem „digitalen Vorsprung in die Unternehmen. Sie erwarten On-Demand Support, digitale Kommunikations- und Feedbackkanäle und
eine moderne IT-Umgebung.
Gleichzeitig gilt, dass gerade die über 40-jährigen in großen Unternehmen im Laufe
der Zeit ein gewisses Beharrungsvermögen erworben haben. Zu viele Change-
An der Art und Weise, wie Weiterbildung realisiert wird, hat sich im Laufe der
Zeit einiges geändert – zum Glück!
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Prozesse, Neuorganisationen und strategische Ausrichtungen (viele davon verpufft),
als dass die Älteren mit wehenden Fahnen neuen Methoden hinterherrennen
würden. Sie sind froh, wenn irgendwas auch mal bleibt wie es ist.
Die Personalentwicklung muss beiden Gruppen gerecht werden. Das heißt:
– Schrittweiser Aufbau einer modernen Lern-Infrastruktur – in einem Tempo, das
alle im Unternehmen mittragen können
– „Vorleben der neuen Lernkultur
– Junge Mitarbeiter als „Ratgeber f“r die Digitalisierung nutzen oder von ihnen
zumindest systematisch Feedback einholen
– Die Vorteile schnell auffindbarer Wissensressourcen erlebbar machen
– Nicht auf die eine große Lösung warten, eher kleine, schnelle Lösungen
ausprobieren
Der Veränderungsdruck ist also da, sollte aber nicht in Veränderungspanik münden.
Auch hier gilt der evolutionsbiologische Grundsatz, wonach nicht die Stärksten
überleben und auch nicht die schnellsten, sondern diejenigen, die es schaffen, sich
an die neuen Umweltbedingungen anzupassen.
Es geht um die sinnvolle Integration neuer und die schrittweise Abschaffung
veralteter Methoden. Schnelles Feedback, iterative Vorgehensweisen oder das aus
der IT-stammende Scrum-Prinzip schlagen dabei statische Vorgehensweisen vor
(viele ehemals mit großem Aufwand implementierte Projekte stehen heute da, wie
Dinosaurier – weil sie unempfänglich gegen Rückkopplungen aus dem System
waren).
2. Der Markt
Der Markt befeuert die Digitalisierung der Aus- und Weiterbildung inhaltlich und
ökonomisch:
Inhaltlich
Digitale Medien eignen sich in besonderem Maß als Selbstlernmedien (siehe dazu
auch die Theorien des Multimedialen Lernens). Es gehört zu den wenigen
gesicherten wissenschaftlichen Fakten, dass das Lernen im eigenen Tempo, zur
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selbstbestimmten Zeit und mit multimedialen Lernformaten dem klassischen
Präsenzlernen überlegen ist.
Präsenzseminare werden dadurch nicht überflüssig – sie können aber jetzt
wesentlich produktiver für Übungen, Aufgaben und Feedback genutzt werden. Das
mündet in eine Effizienzsteigerung des Lernens, wovon die „First Mover profitieren. F“r die „Beharrer baut sich dagegen nach und nach ein immer größerer Veränderungsdruck auf. Und hier beginnen die ökonomischen Implikationen.
Die Personalentwicklung kann aber nicht morgen auf „arbeiten . umschalten. Vielmehr gilt es, …
– praktische Online-Lernerfahrungen zu sammeln an so vielen Orten wie möglich –
und das auch introspektiv, also durch eigenes Üben und Erleben
– nicht in Lernmanagement zu denken, sondern in Lernwelt bzw. Lernumgebung
– die „User Experience in den Mittelpunkt zu stellen, nicht die „Administrierbarkeit
– Arbeitswelten zu schaffen, in denen (Online-)Lernen kein Fremdkörper ist,
sondern Selbstverständlichkeit
– von den Märkten zu lernen: Nicht der Verkäufer entscheidet, was der Kunde kauft,
sondern der Kunde entscheidet, was der Verkäufer (ein)kauft. Übersetzt: die „Lerner wissen am besten, was sie brauchen. Die Lehrer m“ssen es „nur liefern. Ökonomisch
Waren neue Lernformen und die Digitalisierung des Wissens und der Weiterbildung
bis vor kurzem noch die Steckenpferde innovativer Personaler und der sogenannten „Learning Evangelists , so ist das Thema heute ganz oben auf der Agenda der klassischen HR angelangt. Grund sind auch die Kostenvorteile. Schließlich ist nicht
einzusehen, warum ein wesentlicher Teil der Weiterbildungsaufwendungen von insgesamt ca. Milliarden Euro jährlich in Deutschland de facto „Kollateralkosten sind, also als Kosten für Reisen, Übernachtung, Spesen anfallen. Nicht eingerechnet
die Kosten, die durch Abwesenheit am Arbeitsplatz entstehen. Die Digitalisierung
zeigt: Es geht auch anders.
Gänzlich alternativlos wird die Digitalisierung der Weiterbildung für Unternehmen,
die an mehreren Standorten agieren, sei es national oder weltweit. Um deren
Mitarbeiter auf neue Verhaltensregeln zu schulen oder für eine neue IT-Umgebung
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fit zu machen, stellen digitale Weiterbildungsangebote heute schon keine
Wettbewerbsvorteile mehr dar – sie sind pure Notwendigkeit.
Für die HR lassen sich aus all diesen Überlegungen 5 Punkte ableiten, die es zu bedenken
und umzusetzen gilt:
1. Die Digitalisierung der Weiterbildung schafft Effizienz und
Kostenvorteile, die es zu nutzen gilt.
2. Da die technischen Möglichkeiten cloudbasierte Software, Bandbreiten … sich rasant entwickeln, sind langfristige Systemfestlegungen
kontraproduktiv – wichtig sind smarte und agile Systeme.
3. Die Ausstattung der Mitarbeiter mit geeigneter IT-Hard- und Software
(etwa digital abrufbares Wissen) ist nicht nur Sache der IT-Abteilung,
sondern auch zentrale Aufgabe der HR!
4. Das anonyme Feedback des Nutzerverhaltens ist der beste Prädiktor für
den weiteren Ausbau eines Systems.
5. Es gilt aber auch: Nicht nur in Bezug auf die Learning Analytics ist die HR
gefordert, die Datenströme zu kanalisieren. Nicht alles was möglich ist,
muss und darf erfasst werden – Stichwort Datenschutz!
Digitale Weiterbildung wird den Anforderungen der heutigen, weitgehend
digitalisierten Arbeitswelt gerecht
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Fazit: Die Digitalisierung der Weiterbildung schafft neue Möglichkeiten
Die Digitalisierung bietet im Bereich der betrieblichen Aus- und Weiterbildung
zahlreiche inhaltliche und ökonomische Vorteile. Diese nutzbar zu machen,
geschieht nicht von heute auf morgen, sondern ist ein Prozess, der sowohl durch die
neue Generation der Mitarbeiter als auch durch den Wettbewerb getrieben wird.
Der Kern der Personalarbeit ändert sich dadurch nicht. Was sich verändert, sind die
Methoden – sie sind heute vielfältiger und effektiver denn je. Die Kunst ist und bleibt
es, sie richtig zu nutzen.
http://www.pinkuniversity.de/video-learning-blog/arbeiten-4-0-bedeutet-auch-
digitalisierung-der-weiterbildung/
Schlagwort Industrie 4.0 #HRLab
Ilona Orthwein
Die „Zukunft Personal hat zu einer Blogparade zum Thema „Arbeiten 4.0 aufgerufen.
Da ich mich seit langem mit den Bereichen Digitalisierung, Arbeitswelt 2.0 bzw. 4.0
und VUCA-Kompetenz beschäftige, nehme ich gerne an der Blogparade teil.
Seitdem der Begriff Industrie 4.0 auf der Hannover Messe 2011 erstmals
Erwähnung fand, wird er uns von Marktforschern, politischen und wirtschaftlichen
Entscheidern, Wirtschaftsverbänden und nicht zuletzt den Medien immer wieder
regelrecht um die Ohren gehauen. Dabei ist das (Er-)Schlagwort Industrie 4.0 für
viele Zeitgenossen nichts als eine Worthülse, die sie je nach Informationsstand mit
diffusem oder gar keinem Inhalt selbst füllen. Kein Wunder eigentlich, denn als im
Jahr 2011 der Begriff auftauchte, hatte ich selbst Gelegenheit auf dem Fachkongress
"WoMenPower", der alljährlich im Rahmen der Hannover Messe stattfindet, für über
100 interessierten Fach- und Führungskräften über das Thema Web 2.0 und neue
Medien zu referieren und konnte dabei wieder einmal hautnah erfahren, wie groß
der Informationsbedarf selbst in diesem Bereich noch ist!
Die "Industrie-4.0-Studie" des IT-Dienstleisters CSC aus dem Januar d. J. befragte
500 Unternehmensentscheider und brachte - für mich als Unternehmensberaterin
nicht wirklich erstaunlich - folgendes Ergebnis zu Tage: 40 Prozent der Befragten
hatten von dem Begriff noch nichts gehört, 29 Prozent konnten sich konkret nicht
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viel darunter vorstellen. Bleiben schlappe 31 Prozent, die tatsächlich wissen, worum
es bei Industrie 4.0 geht. Zwar sehen alle die "digitale Revolution" als wichtig für
unsere Wirtschaft an, aber nur die Hälfte aller Befragten sieht sich auf den Wandel
vorbereitet und zwei Drittel sind der Ansicht, dass es gar nicht genügend Fachkräfte
gibt, um den Übergang zur Industrie 4.0 zu meistern.
Was ist "Industrie 4.0"?
Ich wage mal eine Definition: Industrie 4.0 steht für eine neue Stufe der Organisation
und Prozesssteuerung. Diese erstreckt sich über den Lebenszyklus von Produkten.
Es beginnt mit der Idee, dem Angebot geht über die Bestellung und die Fertigung bis
hin zur Auslieferung und - streng genommen sogar bis zu Recycling von Produkten.
Ausgangspunkt ist - das wird bei all der Fokussierung auf die Technik leicht
übersehen - der KUNDE, seine Bedürfnisse und Wünsche! Wertschöpfungsketten
werden nachhaltig beeinflusst, so werden Konsumenten zu Prosumenten, die über
- zunehmend individualisierte - Produkte und Angebote mit bestimmen. Industrie
4.0 bleibt nämlich nicht in der Fabrik und im produzierenden Gewerbe stehen,
sondern schließt den Dienstleistungsbereich mit ein. Hier spricht man jedoch
weniger von "Industrie 4.0" sondern von Smart Services.
Durch die Verbindung von Menschen, Objekten und Systemen, wie sie uns schon im
Bereich Web 3.0 begegnen, bringt die Smart Factory das "Internet der Dinge und
Dienste" (= Web 3.0) in die Produktion. Das Netzwerk der Smart Factory aus
Menschen, Maschinen und materiellen Ressourcen hat Schnittstellen zu Smart
Logisitics und Smart Grid. Bei Smart Logisitics steuern digitale Systeme,
vollautomatisch ganze Arbeitsgänge im Bereich Logistik; das geht bis zu
"fahrerlosen" Transportmitteln (Smart Mobility). Smart Grid steht für die digitale
die Verzahnung und Steuerung von Energienetzen bis hin zum Endverbraucher.
Müssen wir Arbeit 4.0 völlig neu denken?
Ja! Und zwar nicht nur unsere Arbeit, unsere gesamte Lebenswelt ändert sich bzw.
hat sich schon dramatisch verändert im Rahmen der Digitalisierung. Der
Arbeitskreis Industrie 4.0 von dem die obige Grafik stammt, formuliert seine
Ideal-Vision so: "Die Produktion wird hoch-flexibel, hoch-produktiv (bis zu +50%),
ressourcenschonend (bis zu -50%) und urban-verträglich. Wertschöpfungsprozesse
werden bedarfsorientiert in Echtzeit optimiert: Es kommt zur Bildung virtueller Ad-
hoc-Organisationen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert sich - mit
Rücksichtnahme auf die individuelle Verfügbarkeit der Mitarbeiter. Ältere
Mitarbeiter profitieren von intelligenten Assistenzsystemen. Die bestehende
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Infrastruktur kann schrittweise nachgerüstet werden."
Dies ist ein
Idealbild. Doch
kann es
erreicht
werden? In der
Realität
regieren oft
verkrustete
Strukturen.
Führungskräfte
verhalten sich
mitnichten so,
wie sie es
eigentlich gut fänden: Weg von Shareholder Value hin zu Mitbestimmung und
Demokratie oder Teamwork und Netzwerkdynamik. Diese scheinbare
Schizophrenie hat meiner Ansicht nach mehrere Ursachen:
1. Der rasche volatile Wandel durch die Digitalisierung überfordert viele.
2. In Führungsetagen regieren ohnedies schon seit zwei Jahrzehnten immer
mehr Angst und Unsicherheit. Fehlertoleranz ist Mangelware. Profit-Center
Modelle und ähnliche Konstrukte haben den Gewinnmaximierung und
Shareholder Value selbst in die unteren Etagen der Verantwortung
befördert.
3. Die Komplexität ist durch zergliederte Prozesse, umfangreiches Reporting,
überfrachtete Regelwerke und eine oft unsinnige Aufteilung von
Entscheidungsbefugnissen ist vielfach anzutreffen. Das verlangsamt
Entscheidungen, frustriert ambitionierte und clevere Mitarbeiter und macht
Entscheider leider oft betriebsblind.Missverständnisse und Vieldeutigkeit
(Ambiguität) mehren sich dort, wo wenig direkt bzw. nicht offen und
ehrlich miteinander kommuniziert wird. Die virtuelle Kommunikation hat in
den letzten Jahren erheblich zugenommen und damit die Flut von - häufig
redundanten - zuweilen missverständlichen Informationen. Die permanente
Erreichbarkeit durch neue Technologien schränkt Führungskräfte bei der
Wahrnehmung ihrer eigentlichen Aufgaben ein wie dieses Schaubild aus
einer Accenture-Studie von diesem Jahr zeigt.
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4. Diese VUCA (volatil, ungewiss, komplex und mehrdeutig) gewordene
Arbeitswelt erschwert nicht nur den Übergang zur erfolgreichen
Digitalisierung, sie bleibt nicht auch sonst nicht ohne Nebenwirkungen. Die jährlich stattfindende Umfrage „HR Future-Trends der AoN ermittelte bislang für 2015 : in 40% der befragten Unternehmen liegt der
Krankenstand unter 5%, bei 50% der befragten Unternehmen liegt er jedoch
zwischen 5 und 10% und immerhin 10% der befragten Unternehmen gaben
an, über die Höhe der durchschnittlichen Krankenstände nicht informiert zu
sein...
Müssen Unternehmen mehr Experimentiergeist entwickeln?
Ja! Wenn Sie in der digitalisierten Welt von heute und morgen dauerhaft überleben
wollen, müssen sie sich mit den Herausforderungen auseinandersetzen. "In der
Wirtschaft wird kein Stein mehr auf dem anderen bleiben", warnte BITKOM-
Präsident Prof. Dieter Kempf auf der diesjährigen CeBIT.
Um sich der neuen Verantwortung proaktiv zu stellen, genügt es nicht,
die innovativen Technologien heranzuschaffen und die Muster analoger Prozesse in
die digitale Welt zu übertragen. Entscheider müssen eingefahrene Bahnen verlassen.
Wir brauchen neue Handlungsspielräume, Kreativität, müssen uns mehr Offenheit
und gelegentlich auch ein bisschen Anarchie erlauben. Der Shareholder Value wird
sich nicht verbessern, wenn wir weiterhin veraltete schwere Tanker durch den
Ozean der Arbeitswelt 4.0 zu steuern versuchen. Statt Angst brauchen wir Mut,
Zuversicht und eine beherzte Auseinandersetzung der VUCA-Problematik.
"Aufgrund seiner Fähigkeit zum flexiblen Handeln wird der Mensch künftig als
zentraler Entscheider und Problemlöser in einer hochkomplexen und vernetzten
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Produktionsumgebung agieren," erläutert Matthias Loskyll vom "Deutschen
Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz".
Im Fokus aller unternehmerischen Entscheidungen in der Arbeitswelt 4.0
muss folglich der "Unternehmenswert Mensch" stehen.
http://www.orthwein-beratung.info/2015/09/schlagwort-industrie-40-hrlab.html
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Das HR-Management der Zukunft
Uwe Sunkel
Als aktiver HR-Blogger beobachte ich nun schon seit einigen Jahren, was sich in der
Personalwelt so tut. Dabei ist mir aufgefallen, dass sich die Personaler und deren
Fachbereiche in einem regelmäßigen Zyklus immer wieder neu entdecken. Dieser
Prozess der Identitätsfindung geht einher mit einer ebenso regelmäßigen Häutung.
Doch wenn sich eine Schlange häutet, dann bleibt es trotzdem das gleiche Tier. Was
meine ich damit?
Der Trend ist Dein Freund
Sie werden bestätigen, dass wir im HR-Portfolio in den letzten Jahren auffallend
viele Modethemen gesehen haben. Und wir tun es noch immer. Active Sourcing, Big
Data, HR-Transformation und so weiter. Als moderner, vorausschauender und
innovativ denkender HR-Manager muss man natürlich zu jedem dieser Themen
aussagefähig sein. Besser noch - jede neue Methode gehört im eigenen Unternehmen
implementiert oder zumindest auf irgendeiner überflüssigen Personaler-Tagung
diskutiert. Ich wage mal zu behaupten, dass die meisten Personaler nicht einmal
erklären können, was z. B. HR-Transformation überhaupt bedeutet. Und schlimmer
noch: halbwissende Personalentscheider lassen sich bei der Umsetzung solcher
Themen von nicht minder ahnungslosen Beratern unterstützen - und glauben, damit
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blieben sie im Rennen. Minus mal Minus ergibt nur leider nicht in allen
Wissenschaften ein Plus.
Innovation ist per se nichts Schlechtes. Nur habe ich in mehr als 20 Jahren aktiver
Personalarbeit gelernt, dass jede HR-Abteilung erst einmal ihre Hausaufgaben
machen muss, bevor sie sich bei einem Beauty-Contest anmelden kann. Wenn Sie ein
Haus bauen, dann fangen Sie auch nicht mit den Gardinen an sondern Sie errichten
zunächst ein solides Fundament. Dann werden tragfähige Mauern und Wände
hochgezogen und ein sturmsicheres Dach darauf gesetzt. Um kurz in diesem Bild zu
bleiben: ich erlebe regelmäßig Personalabteilungen, die in abrissreifen Ruinen
hausen, die beim nächsten Sturm zusammenfallen werden. Und in diese Bruchbuden
werden dann mitunter die schönsten Edelholzböden eingezogen. Mit Verlaub - das
ist einfach dumm. Wirklich innovativ wäre eine Grundsanierung oder besser noch,
ein Neubau.
Manager mit Rückgrat? Mangelware!
Und genau da liegt der Hund begraben. Um eine Organisation umzubauen, braucht
es HR-Manager mit Rückgrat, Konfliktbereitschaft und massiver Rückendeckung von
ganz oben. Wir haben gerade im Human Resources Manager gelesen, wie Roland
Hehn den Personalbereich von Heraeus umgebaut hat. Ich hatte das Glück, diese
Organisation vor ein paar Jahren von innen kennenzulernen und kann mir bildhaft
vorstellen, welche Kraftanstrengung dafür erforderlich war. Nicht weniger als 37
Projekte, die teilweise noch immer laufen, waren dafür notwendig. 37-mal Kosten,
Aufwand und Veränderungswiderstand. Das muss man wollen und durchhalten
können. Ich bin fest davon überzeugt, dass es dafür einen bestimmten Typ von HR-
Manager braucht. Gestatten Sie mir die vielleicht etwas antiquierte
Charakterisierung - aber hierfür braucht es Manager von echtem Schrot und Korn,
keine weichgespülten Talentmanager. Einer meiner früheren Chefs hat mir einen Leitsatz mitgegeben, den ich hier gerne einbringen möchte. „Ein guter HR-Manager
sollte auch ein guter Mensch sein - aber in der Sache hart. Damit bin ich immer gut gefahren.
Fünf Forderungen an das Personalmanagement der Zukunft
Meine Zentralforderungen an das HR-Management der Zukunft sind eher eine
Rückbesinnung auf das Wesentliche. Ich kann diese in den folgenden fünf Punkten
zusammenfassen:
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1. Beiträge zur Wertsteigerung liefern: Ich denke, dass HR-Abteilungen sich
zunächst um ihr Fundament kümmern müssen. Dazu gehören die richtigen
Manager, die kommunikationsfähig, durchsetzungsstark und Unternehmer
im Unternehmen sind. Ein HR-Manager sollte nicht zuerst an seine
Betreuungsfunktion denken, sondern sich überlegen, wie er den Gewinn
seines Unternehmens steigern kann. Das wird den meisten Personaler nicht
gefallen. Die haben nämlich ein anderes Bild von sich und ihrer Aufgabe.
Aber das ist für mich einfach eine Zentralforderung. Wenn das HR-
Management keinen Wertbeitrag liefert, dann stelle ich dessen
Daseinsberechtigung in diesem Unternehmen in Frage. Dieser Forderung
gerecht zu werden ist umso schwieriger, je hierarchischer ein Unternehmen
aufgebaut ist. Je mehr Entscheidungswege zu überbrücken sind, desto
großer ist die Wahrscheinlichkeit, dass gute Ideen aus der Basis überhaupt
nicht bis zum Entscheider durchdringen. Und wenn das doch einmal gelingt,
dann hat dieser entweder keine Ahnung vom Thema (Kennedy-Prinzip) und
trifft daher die falschen Entscheidungen. Oder er macht sich vor Angst in die
Hosen, dass er eventuell angreifbar wird, wenn er eine unpopuläre
Entscheidung trifft. Das endet dann im vollständigen Stillstand.
2. Die richtigen Manager verpflichten: Daraus leite ich direkt eine Forderung
an die Vorstände, Geschäftsführer und Unternehmensinhaber ab. Diese ist
radikal und ganz einfach: Trennt Euch von den Angsthasen, Politikern und
Ja-Sagern. Messt den Wertbeitrag von HR. Und wenn der Beitrag weder
sichtbar noch messbar ist, dann schmeißt die ganze Bande bitte raus. Sucht
Euch neue HR-Manager, die Euch bei der Erreichung Eurer Ziele wirklich
unterstützen. ABER: Gebt diesen Managern dann bitte auch Eure
uneingeschränkte Unterstützung. Ein Geschäftsführer, der seinem
Personalleiter keine Freiräume gibt bzw. sich alle strategischen Maßnahmen
bis ins kleinste Detail hinein begründen lässt, erstickt jede
unternehmerische Initiative im Keim. Scheut zudem nicht die
Auseinandersetzung mit Euren Betriebsräten und Gewerkschaften. Letztere
gehören für mich zu den schlimmsten Geißeln der Menschheit, zumindest
jedoch zu den einflussreichsten Verhinderern leistungsfähiger
Organisationen. Leider dürfen sich die Mitbestimmer hierzulande hinter
geltendem Recht verstecken, was Veränderung nicht immer einfach macht.
Gerade deshalb fordere ich auch eine gelebte Streitkultur mit klaren
Zielvorgaben.
3. Effiziente Prozesse gestalten: Jedes Industrieunternehmen braucht
effiziente Prozesse. Die gleiche Forderung stelle ich an einen Zentralbereich.
Wenn Leistungen mehr kosten als sie nutzen, gehört der Prozess
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überarbeitet oder darf ggf. sogar komplett an einen Dienstleister übergeben
werden. Die meisten Personalabteilungen, die ich kennengelernt habe,
glänzen durch eine unfassbare Komplexität in ihren Prozessen. Da werden
alle noch so selten vorkommenden Ausnahmen vom Standard in den
Workflow eingebaut, damit man ja nichts vergisst. Die so entstehende
Dokumentation - wenn sie denn überhaupt vorhanden ist - füllt nicht selten Schrankwände. F“r mich ist das ein erbärmlicher „Cover-your-ass -Ansatz.
Regeln sind zwar notwendig, schränken aber auch die Kreativität ein. Und
darüber hinaus erziehen stark reglementierte Unternehmen ihre Mitarbeiter
zu abgestumpften Bürokraten. Das hat mit Effizienz nichts mehr zu tun. Ein
effizienter Prozess ist schlank und dort angesiedelt, wo er mit der besten
Kosten-/Nutzen-Relation erledigt werden kann. Das muss nicht immer der
HR-Bereich sein. Die Einbindung von Dienstleistern, Interim Manager und
des Fachbereichs sind für mich nicht nur legitim sondern absolut notwendig.
4. Automatisieren und digitalisieren: Automation und digitale
Transformation sind nicht mehr aufzuhalten. Diese Entwicklungen werden
in allen Bereichen der Unternehmen Einzug halten. Natürlich auch im HR-
Bereich. Workflow-Management-Systeme sind ein gutes Beispiel dafür. Mit
welcher Berechtigung drucken Personalabteilungen noch Formulare,
Anträge oder Verträge auf Papier aus? Das ist nicht nur unnötig und teuer
sondern zudem auch noch vollkommen überflüssig. Alle administrativen
Aufgaben innerhalb eines Unternehmens können bereits heute in
elektronischer Form abgebildet werden. Das persönliche Gespräch mit
unseren Mitarbeitern werden wir zwar auch in Zukunft nicht digitalisieren
können (und das ist auch gut so), für die meisten Kernaufgaben gibt es aber
bereits leistungsfähige Tools, die uns in der Arbeit unterstützen. Um sich
diese Vorteile zu verschaffen, muss man natürlich Geld in die Hand nehmen,
die ewig Besserwissenden überzeugen und etwas von Change Management
verstehen - leider sind das Hürden, an denen viele Unternehmen scheitern
werden. Nichtsdestotrotz ist die Forderung richtig.
5. Nicht jedem Trend folgen: Und schließlich sollten wir aufhören, jedem
neuen Rattenfänger gutgläubig hinterher zu laufen. Wir wissen doch seit
unseren Kindertagen, was hinter der Klippe auf uns wartet. Denken Sie
nochmals an das Haus, dass Sie bauen müssen. Sie können sich natürlich das
beste Werkzeug kaufen. Wenn Sie aber nichts von Statik verstehen, wird
Ihnen das absolut nichts nutzen. Im schlimmsten Fall begraben Sie Ihre
ganze Mannschaft, wenn Ihr Gebäude über Ihnen zusammenstürzt.
Beauftragen Sie besser einen Architekten mit viel Erfahrung und guten
Referenzen. Der bringt Sie sicherer an Ihr Ziel, als die ewig jammernde
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Gemeinde der anderen HR-Manager. Die sitzen nämlich im gleichen Boot wie
Sie und zitieren auch nur halbverdautes Wissen aus irgendwelchen
Fachzeitschriften. Lösungen sind immer individuell. Glauben Sie bitte nichts
Anderes. Gäbe es ein Patent-Rezept, dann würde ich ein Buch darüber
schreiben und von den Tantiemen glücklich bis an mein Lebensende leben.
Es geht um unsere Leistung
Es geht in Zukunft um unsere Leistung. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Wir
können lang über neue Beschäftigungsformen und den digitalen Wandel diskutieren
- das sind alles nur Rahmenbedingungen, innerhalb derer individuelle
Spitzenleistungen erbracht werden müssen. Diese Anforderung passt weder zum
traditionellen Rollenverständnis des Verwalters noch zur selbstverliebten Attitüde
der Early Adopter im HR-Bereich. Was wir zukünftig brauchen, sind bodenständige
Gestalter mit einer professionellen Ausbildung, viel Erfahrung und natürlich auch
der Bereitschaft, sich Neuem zu öffnen, wenn das Sinn macht. Und so werden wir in
Zukunft zum einen HR-Bereiche sehen, die sich auf die neuen Umweltbedingungen
angepasst und deshalb überlebt haben. In allen anderen Unternehmen wird sich die
Trennung zwischen HR und dem Fachbereich immer weiter auflösen und schließlich
ganz verschwinden. Warum das so kommen wird, können Sie bei Charles Darwin
nachlesen.
http://www.consultnet-ir.com/blog/entry/das-hr-management-der-zukunft
Zukunft Personal: Der Friedhof der ungestellten Fragen
Prof. Dr. Christian Scholz
Auf der Reise durch das unendliche Universum unserer Arbeitswelt stößt man
regelmäßig auf unregelmäßig-spiralförmige Ansammlungen von Energie, die sich
jeglicher Beschreibung entziehen. Auch wenn die uneingeschränkte Bewunderung
des Autors dieses kleinen Beitrags all denen gilt, die mit apodiktisch-präzisem
Anspruch auf Treffsicherheit unseren aktuellen Spiralnebel deuten, bleibt dies
letztlich genauso unmöglich, wie man – Werner Heisenberg folgend – nie gleichzeitig
den exakten Ort und die exakte Geschwindigkeit eines Objektes anzugeben vermag.
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Ein solches Ereignis ist die „Zukunft Personal , nach eigener Aussage Europas größte Fachmesse für das Personalmanagement. Da will selbstredend auch der Reisef“hrer „Per Anhalter durch die Arbeitswelt hilfsbereit einspringen und versuchen, etwas Struktur in die 450 Programmpunkte zu bringen.
Exklusiv und als Premium-Content ohne Bezahlung wird hier deshalb eine Prognose
von fünf Themen präsentiert, bei denen wir alle mehr oder weniger jubeln werden.
Und passend dazu gibt es – als ein noch tiefergehender Service – eine exklusive
Auflistung von all den Fragen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit niemand stellen
wird, die also die Kongressteilnehmer überhaupt nicht hören werden.
Prognose #1: Unter tobendem Applaus wird das Zeitalter der Digitalisierung
ausgerufen, allerdings rasch auf die Forderung nach wirklich großem Big Data
verkürzt.
Das passt in unsere Welt. Nur: Wird man nach dem dahinterliegenden
fundamentalen Paradigmenwechsel fragen? Also danach, dass wir unsere
betriebswirtschaftliche Forschung, die auf theoriegeleiteter Wissenschaftlichkeit
und normativ-verantwortlicher Ethik basiert, durch eine Trivial-Informatik des
Datenwühlens ersetzen? Dass wir statt Konsumentenforschung, Personalforschung,
Handelsforschung und vielen anderen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte
lediglich in einer pseudo-digitalen BWL auf mehr oder weniger bedenkliche
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Datenspuren starren werden? Und dass wir damit der NSA Konkurrenz machen?
Wird die Personalabteilung zur Geheimdienstzentrale? Was genau steckt hinter der
Telekom-Forderung in einer aktuellen Studie, „Algorithmus zur Mitarbeiterbindung entwickeln ? Kann man dann, nachdem man aus welchen Quellen??? die geheimen Faktoren zur Mitarbeiterbindung kennt, durch Zurückfahren dieser Faktoren
unliebsame Mitarbeiter zur Eigenkündigung bewegen? Warum machen wir das?
Weil es die Industrie in falscher Bewertung von Wettbewerbsperspektiven so fordert und das Messemotto „arbeiten . allenfalls zu einer Feigenblattdiskussion macht – streng nach dem Lied „)ch bau mir meine Welt das ja bekanntlich Frau Nahles gerne singt)?
Um nicht missverstanden zu werden: Ja, Digitalisierung ist wichtig und richtig. Nur die
Art und Weise, wie uns die Industrie und ihre Berater plus Propagandisten im Kern
eine menschenverachtende Arbeitswelt aufbauen, gilt es fundamental zu hinterfragen
und durch alternative Denkrichtungen anzureichern. Aber wie gesagt: Das gehört alles
zu den ungestellten Fragen, die aber – und das ist die gute Nachricht – sicherlich an
anderen Orten gestellt werden.
Prognose #2: Unter tobendem Applaus wird man eine Demokratisierung der
Arbeitswelt fordern oder – je nach Redner – als unausweichlich ankündigen.
Wer wagt es schon zu widersprechen, wenn von der Kanzel herab „Demokratie verordnet wird? Deshalb bleiben selbst naheliegende Fragen ungefragt: Warum
haben die Protagonisten dieser Forderung demokratische Pflänzchen nicht schon
damals eingeführt, als sie Führungsverantwortung trugen? Wie soll – abgesehen von
der plumpen Forderung nach Netzwerken – diese Demokratie aussehen? Denn die
viel gelobten peer-to-peer-Netzwerke haben definitiv keinerlei
demokratiefördernde Automatik. Im Gegenteil: Diese Netzwerke liefern völlig
undemokratisch den Netzwerkknoten Vorteile wie Beratungsaufträge,
Ehrendoktorwürden oder Medienauftritte frei Haus. Und woher wissen wir
eigentlich, wer in dieser Demokratie Verantwortung übernehmen will? Bedeutet „Mitreden wollen auch „Verantwortung “bernehmen ? Und entspricht „Demokratie dem gelebten Zeitgeist unserer Politiker? Man denke nur daran, wie der Bundestag gegen die Mehrheit der Deutschen eine sehr spezielle Form der
Griechenlandhilfe abgenickt hat, die primär Banken, Reichen und Politikern hilft?
Und haben sich nicht lange in Europa die Regierungen gegen Flüchtlingshilfe entschieden, während „wir, das Volk schon ganz anders dachten und handelten?
Um nicht missverstanden zu werden: Ja, Demokratisierung ist wichtig und richtig. Nur
die Art und Weise, wie uns Politiker und „Spitzen -Manager zum eigenen Nutzen
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Demokratisierungsscheibchen gewähren, trifft nicht den Punkt. Und daher die gute
Nachricht: Es werden sich andere Wege eröffnen, um die feudalistischen
(errschaftsstrukturen tatsächlich „aufzulockern .
Prognose #3: Unter tobendem Applaus wird (in einem kleinen Saal)
beruhigend verkündet, dass die Generation Z weder existiert noch sich
irgendwie anders verhält als alle anderen Generationen davor.
Das Thema läuft auf einem Spartenkanal. Trotzdem: Wer erkennt eigentlich, dass
hinter dieser Haltung in Wirklichkeit ein plump-doppeltes Wunschdenken steckt?
Wenn wir uns nicht mit Generation Z und auch nicht differenziert mit allen anderen
Generationen beschäftigen müssen, dann reichen die personalwirtschaftlichen
Instrumente der Steinzeit aus und niemand braucht umzudenken. Deshalb tun
personalwirtschaftliche Medien auch gut daran, die Existenz der Generation Z
herunterzuspielen, wollen sie weiterhin ihre Leser so richtig glücklich machen. Zum
anderen braucht man bei dieser Beruhigungsstrategie nicht zu thematisieren, dass
die Generation Z definitiv nicht zur Industrie 4.0 passt – und umgekehrt.
Um nicht missverstanden zu werden: Ja, wir müssen natürlich auch
Generationskonzepte hinterfragen und wir müssen sie weiterentwickeln. Nur die Art
und Weise, wie uns Berater und Medien von der internationalen Diskussion abkoppeln,
ist problematisch. Aber – und das ist wieder die gute Nachricht: Es wird andere Wege
geben, auf denen sich dieses Thema sein Forum schaffen wird.
Prognose #4: Unter nicht ganz so tobendem Applaus wird man sich mit dem
Thema „Candidate Experience mit seinen vielen Ablegern beschäftigen und es vor allem als ein Beratungsthema propagieren.
Unbestritten: Ja, wir müssen uns in völlig neuer Weise mit zukünftigen Mitarbeitern
auseinandersetzen, wenngleich Grundregeln (wie die CUBE-Formel) weiterhin
gelten. Aber: Warum ist das primär ein Beraterthema? Ein Thema für viele neue
Start-ups, die alle Recruiting im Profil haben? Kommen wir nicht in eine fatale
Deprofessionalisierung der Personalabteilung, die auch bei diesem Thema nur noch
als ein entkernter Rest übrigbleibt? Und wo sind eigentlich jenseits der schönen
Erfolgsgeschichten die wissenschaftlich haltbaren Hinweise auf wirklich-wirksame
Gestaltungsregeln?
Um nicht missverstanden zu werden: Es spricht nichts gegen die vielen Berater, die alle
stolz berichten, wie sie das Recruiting in Unternehmen optimiert haben: Was aber
passiert, wenn es im Unternehmen niemanden mehr gibt, der bei den Beratern die
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laute Spreu vom leisen Weizen trennen kann? Die gute Nachricht: Die „Candidates werden entscheiden!
Prognose #5: Unter tobendem Applaus wird das Zeitalter von New Work
ausgerufen, in dem Mitarbeiter glücklich und mit sinnstiftenden Tätigkeiten
ein geregeltes Aus- und Einkommen haben.
Diese Welt, in der – wie in einem Bild aus der aktuellen Telekomstudie – der
Mitarbeiter aus der Hängematte am Strand sein Geld verdient, ist nicht neu. Nur das
wird nicht der Regelfall sein: Wir bekommen eher Cloud-Worker und andere
Strukturen der lockeren Mitarbeit. Oder wie in der Sprache der Telekomstudie heißt: „Beauftragen statt Einstellen . Was wird das f“r Unternehmen bedeuten? Was bedeutet eine Unternehmenslandschaft, bei der Unternehmen keine Mitarbeiter
mehr haben? Sicher: Diese Diskussion ist nicht neu, hat doch der Autor dieser Zeilen schon vor vielen Jahren darauf hingewiesen, dass bald alle Mitarbeiter „Spieler ohne Stammplatzgarantie sind – egal, ob man das gut oder schlecht findet. Trotzdem:
Wenn man den Satz des aktuellen Telekom-Personalvorstandes Christian Illek – „Arbeit muss im Ökosystem Digitalisierung neu organisiert werden – nimmt, dann
drängen sich mehr Fragen auf, als Platz in diesem Blog ist. Und natürlich müssen die
Fragen auch an einen seiner Vorgänger gehen, der zu seiner aktiven Zeit den
Einstieg in diese Entwicklung propagierte.
Um nicht missverstanden zu werden: Es geht nicht darum, irgendwelche
Rückwärtsbewegungen einzuleiten. Aber müssen wir wirklich allen scheinbar
schnellen und alternativlosen Schienen in die (von wem eigentlich?) vorgeschriebene
Richtung folgen? Aber auch hier wieder die gute Nachricht: Zumindest einige von uns
werden erfolgreich andere Gleise wählen.
Diese fünf Prognosen zu Aussagen, für die Applaus die Messehallen in Köln füllen
wird, führen uns in eine einfarbige Arbeitswelt: Hier kommen Menschen allenfalls
als gesteuerte Objekte und Datenspuren vor. Zudem zerfällt das betriebliche
Personalmanagement. Paradox: Alle fünf Themen würden andere
Entwicklungspfade zulassen, auf denen das Personalmanagement zum Wohle von
Menschen und Unternehmen strategisch gestalten könnte. Nur müsste man dann
anfangen, die falschen Propheten zu entlarven und dafür die richtigen Fragen zu
stellen.
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P.S. Leider wird der Autor dieses Reiseführers
nicht mitbekommen, ob es tatsächlich den
prognostizierten Applaus und die ungestellten
Fragen geben wird. Er wird noch am ersten
Messetag nach Moskau auf den roten Platz zu
einer Medientagung fahren. Auch dort wird es
ungestelllte Fragen geben. Und im Übrigen
sind – wie schon Douglas Adams in seinem „Reisef“hrer durch die Galaxis so treffend bemerkte – unsere „Schaltkreise unwiderruflich mit der Formulierung der
Antwort auf die Letzte der Fragen nach dem Leben, dem Universum und allem beschäftigt . Denn diese Frage gehört nicht in die Rubrik der ungestellten Fragen.
http://per-anhalter-durch-die-arbeitswelt.de/zukunft-personal-der-friedhof-der-
ungestellten-fragen/
Arbeiten 4.0 und "Die Lizenz zum Experimentieren"
Holger Antz
"Die Lizenz zum Experimentieren" unser Beitrag zur Blogparade #HRLab: Müssen
Personaler zu Experimentier-Agents f“r arbeiten . &# ; werden? Und wenn ja, wie?
Die Lizenz zum Experimentieren – vielleicht
hat auch Thomas Sattelberger an einen
bekannten britischen Schriftsteller gedacht,
als er diesen Wunsch im Rahmen der
letztjährigen Zukunft Personal formulierte.
Während Ian Fleming seine Romanhelden mit
der Lizenz zum Töten ausstattet, dient die
Lizenz zum Experimentieren konstruktiven
Zielen. Sie soll uns einen Raum schaffen. Einen
Raum, in dem wir etwas wagen, neue
Konzepte erproben und neue
Lösungsvarianten ersinnen können. In denen
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wir Experimentier-Agents sein können.
Warum es dafür einer Lizenz bedarf, hat verschiedene Gründe. So könnten die
Bürostühle der Führungskräfte heute auch durchaus auf Ideen von Q zurückgehen,
hat man doch manchmal das Gefühl, sie wären mit Treibladungen versehen.
Passieren Fehler, werden Führungskräfte schnell ausgetauscht. Die Geduld ist
durchaus begrenzt. Problematisch dabei ist, dass viele Situationen, in denen Fehler
geschehen, nicht erprobt werden können. Die zur Bewältigung von besonders
anspruchsvollen Aufgaben nötigen Routinen können nicht verinnerlicht werden. Die
Entwicklung der Mikro- und Makroumwelt ist ebenfalls problematisch. Dabei ist es
nicht die Veränderung an sich, sondern ihre Geschwindigkeit, die selbst die meisten
Gefährte aus den Bond-Romanen langsam erscheinen lässt.
Diese und weitere Rahmenbedingungen betreffen das gesamte Unternehmen, mit
ihm aber natürlich auch und besonders den Personalbereich. Hier kann viel bewegt
werden. Die Zukunft des Unternehmens, nach klassischem Verständnis eine Bastion
des strategischen Managements, liegt auch in den Händen der Personaler. Unsere
Entscheidungen können ebenso folgenreich sein wie jene, die die beispielsweise die
Distributionspolitik betreffen und Vertriebswege und damit Einnahmen für Jahre
eröffnen oder für immer verschließen können. Sie sind so wirkungsstark wie die
Entscheidung über die Ausstattungsvarianten des neuen automobilen Topmodels,
das im kommenden Jahr präsentiert wird. Und doch bleiben sie meist verborgen.
Der Bereich der Human Resources ist im Bewusstsein noch immer nicht im
Management-Olymp angekommen. Wir sollen für einen reibungslosen Ablauf
sorgen, bekommen jedoch nur selten entsprechende Kompetenzen zugesprochen.
Und jetzt gibt es auch noch einen neuen Dienst, den wir Ihrer Majestät erfüllen
dürfen: einen „gewaltigen Umbruch in der Arbeitswelt bewältigen, wie )G-Metall-
Chef Detlef Wetzel die unter Arbeit 4.0 subsummierten Veränderungen in der
Gesellschaft und vor Allem am Arbeitsplatz einmal beschrieb. Ihre Majestät, Andrea
Nahles, hat mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bereits festgestellt,
dass die seit Beginn des 21. Jahrhunderts laufende Entwicklung mannigfaltige
Veränderungen beinhaltet.
Die Produktionsweise hat sich grundlegend verändert und Vernetzung und
Digitalität verändern die Arbeitswelt vollständig und nachhaltig. In der Folge wird
die sogenannte Digital Literacy immer bedeutsamer für die Arbeitnehmer. Diese
Digitalkompetenz, also die basalen Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Medien und
Endgeräten, ist uns Menschen jedoch nicht in die Wiege gelegt. Und während die
Bereiche Bildung und Ausbildung weitestgehend dezidiert geregelt sind, sind es
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Fort- und Weiterbildung, also bei heutigen Arbeitgebern genau die Bereiche, in
denen die Digital Literacy erworben werden müsste, die oft unstrukturiert daherkommen. Schnell ist die Leitfrage formuliert „Wie können betriebliche sowie tarifpolitische Instrumente und Formen einer allgemeinen staatlichen
Weiterbildungsförderung systematisch ineinander greifen und eine neue
Weiterbildungskultur in Deutschland etablieren? und uns direkt in die Pflicht genommen. Der Schlüssel liegt also in der Verbesserung der Weiterbildung,
bekannter Weise eine Kernaufgabe der Personalentwicklung.
Wir erinnern uns: mit Kompetenzen nicht gerade überhäuft, fristen wir bis dato ein
Dasein im Schatten des Strategischen Managements. Und jetzt ist es an uns, die Welt – oder zumindest die Arbeitswelt - zu retten, einsam wie Flemings Bond. Auf der
Suche nach Lösungsmöglichkeiten wirkt Sattelbergers Forderung nach der Lizenz
zum Experimentieren spannender denn je. Es könnte so beruhigend sein, ungestört
auf die Suche nach Strategien für gänzlich neue und unbekannte Situationen zu
gehen. Und führte eine Idee nicht direkt zum gewünschten Erfolg, würde uns der
Rücken freigehalten, um im nächsten Versuch die einstige Idee zu einer probaten
Lösung weiterzuentwickeln. Leider findet weder in Der Spion, der mich liebte noch
in Der Morgen stirbt nie oder in sonst einem der Bücher und Agentenfilme um James
Bond der Konjunktiv Verwendung. Uns hilft er auch nicht sonderlich, wird uns diese
Lizenz doch verwehrt.
Wir haben sehr begrenzte Möglichkeiten und große Ziele. Und genau diese
Feststellung könnte sich als wichtiger Denkanstoß erweisen. Mit eben diesem
Ungleichgewicht mussten schon andere vor uns umgehen, allen voran: Startup-
Unternehmen. Vielleicht können die Vordenker unter den Gründern unser Q
werden, der Quell toller Erfindungen, die uns in größter Not retten. Was können wir
von ihnen lernen? Erst einmal natürlich, dass wir knappe Ressourcen nicht
verschwenden dürfen. Reibungsverluste müssen minimiert werden. Hierbei dürfen
wir ruhig Tools vertrauen, die die Kommunikation erleichtern. Geschüttelt, mit
flachen Hierarchien serviert, schmeckt der Cocktail direkt nach einem verbesserten
Verhältnis zwischen den Mitarbeitern und einer gehobenen Arbeitsmoral und
gesteigerter Effektivität.
Auch wenn das bekömmlich wie ein guter Vodka Martini erscheint, fehlt uns bis jetzt
noch die wichtigste Ingredienz zum Erfolg. Startups können und müssen ganz auf
Flexibilität setzten, was in großen Unternehmen per se schwierig wird. Eine Lösung
hierfür ist noch nicht in Sicht. Und wir versuchen weiter, möglichst abseits der
großen Bühne unsere Mission erfolgreich zu bewältigen. Dabei sollten wir vor allem
ein wachsames Auge haben. Schließlich hatte Q bis jetzt für jede noch so brenzlige
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Situation eine wirkungsvolle Erfindung parat. Und die Lizenz zum Experimentieren -
wo sonst könnten wir sie uns besser verdienen als bei dieser Herausforderung?
http://www.perview.de/de/news-events/arbeiten-4-0-und-die-lizenz-zum-
experimentieren.html
Sehr kritische Gedanken zu Arbeiten 4.0 anlässlich der HR-Fachmesse Zukunft Personal
Stefan Scheller
Ein Warnhinweis vorab: Dieser Beitrag enthält zum Teil massive Kritik an Thesen
und Aussagen zur Arbeit 4.0 anlässlich der HRM-Expo Zukunft Personal in Köln
vom 15.09.-17.09. – diese bezieht sich ausdrücklich nicht auf den Veranstalter,
sondern in der Hauptsache auf die inhaltlich verantwortlichen Akteure und
Aussteller. Allergiker-Hinweis: Dieser Beitrag kann Spuren von Ironie enthalten.
Ein Weiterlesen erfolgt auf eigene Gefahr.
Ok, dann folgen Sie mir mal bei meinen Gedanken zum diesjährigen Leitmotto der Messe „Arbeiten . .
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Die Digitalisierung ist unumkehrbar und nicht abzuwenden! – Tatsächlich?
Mein erstes Erlebnis suchte mich gleich beim Betreten der Messehallen heim: Nach
analogen Gespräche wurde mir schon Wochen zuvor ein digitaler Ticketcode
zugesandt. Nach Eingabe in das Online-Registrierungsformular erzeugt mein heimischer Drucker einen analogen Ausdruck mit dem wichtigen (inweis „Bitte nicht knicken! . Diesen Ausdruck musste ich am Eingang der Messe dann am Barcode erneut scannen, woraufhin ein neuer Print-Ausdruck erfolgte, der sich
Referententicket nannte.
Als ich dann diesen neuen Barcode am Drehkreuz
unter den Scanner halten wollte, schrie mir der
Security-Mann entgegen: „Nicht scannen!!! Bitte mir nur Ticket vorzeigen und dann einfach durchgehen. . Ahja. Mein, zugegebenermaßen Persoblogger-typischer, Gedanke: Vielleicht heißt es ja deswegen „Arbeit . , weil ich die vierfache Arbeit habe, um digital in analog in digital in analog zu verwandeln.
Analoge Gespräche statt digitaler Powerpoint-
Schlachten
Vor meiner Abreise zuhause hatte ich mir in zweieinhalbstündiger kleinteiliger
Arbeit am PC einen Plan der für mich interessanten und relevanten Vorträge via
Excel zusammengestellt und (natürlich) analog ausgedruckt für die Jackettasche.
Allerdings bestand der gesamte erste Tag der Messe dann doch nur in persönlichen
Gesprächen mit anderen Messeteilnehmern sowie Ausstellern. Quasi
Kommunikation 1.0. Und ich habe tatsächlich eine Menge relevanter Informationen
erhalten und einiges gelernt.
Ja, ich habe viel geredet, aber auch gut zugehört. Was heutzutage unter dem Stichwort „Arbeit . nicht mehr ganz so selbstverständlich ist. Die digitale Weiterverbreitung unverarbeiteter Informationen
Die Arbeit von 4.0-Kommunikatoren besteht heute darin, Informationen digital an
eine große Menge von Adressaten mobil weiterzuverbreiten. Wo Journalisten früher
mit Block und Stift aufmerksam zuhörten und sich Notizen für das Schreiben Ihres
Das Print-Wunderwerk nach
mehrmaliger Digitalisierung -
Analogisierung
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Beitrags am heimischen PC machten, regiert heute Twitter. Mit erheblichen
Auswirkungen:
In der irrtümlichen Annahme, Menschen seien multitaskingfähig, werden bei
Vorträgen gehörte Zitate heute Sekunden später auf 140 Zeichen verkürzt in die
Welt hinausgespiehen, als ob es kein Morgen mehr gäbe. Tags dran für die Twitter-
eigene Suchmaschine, weitere Kommunikatoren mit rein in den Text und ab dafür.
Dann ein Feuerwerk an Favorisierungen (die Twitter-eigenen Likes), Retweets,
Antworten und ein zum Bersten gefülltes Postfach mit Infomails über all diese
Vorgänge.
Die früher voll dem präsentierenden Referenten geltende Aufmerksamkeit kann
dieser sich heute nur noch bruchstückhaft erkämpfen und verliert sie immer
häufiger gegen die Macht des digitalen Molochs Twitter. Sind das die Auswirkungen
digitaler Kommunikation 4.0?
Aus Sicht von Referenten finde das fragwürdig. Warum sich eigentlich noch die
Mühe machen und persönlich anwesend sein beim Vortrag, wenn doch eine
Zusammenstellung zitierenswerter 140-Zeichen-Snippets für die
Weiterverbreitung ausreichen würde. Statt Arbeit 4.0 eher Aufmerksamkeit 0.4.
Virtuelle Realität als „next big thing im HR ?
Das führt uns gleich zum nächsten Thema, das auch mit zahlreichen Vorträgen und
Präsentationen auf der Zukunft Personal bedient wurde: Virtual Reality als
Ausprägung der New Work, wie die Arbeit 4.0 auch oft genannt wird. HR wird
digital und virtuell.
Damit meine ich jetzt nicht die rein virtuelle Anwesenheit von Kolleginnen und
Kollegen im Homeoffice oder bei mobiler Außenarbeit. Es geht vielmehr um Themen
wie die Augmented Reality Brille Oculus aus dem Facebook-Imperium. Auch diese
Technologien sollen laut Aussagen zahlreicher technikbegeisterter Referenten in
Kürze Einzug halten in deutschen Personalabteilungen.
Virtual Reality – wieder mehr Chance auf schönen Schein?
Zum Beispiel mit virtuell abgebildeten Unternehmensgebäuden, in denen man sich
mittels solcher Technologie digital bewegen kann. Das Einsatzszenario von Virtual
Reality im HR zukünftig sei angeblich vielfältig, weil sich Bewerber beispielsweise
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schon vor Arbeitsantritt die Bürogebäude und Arbeitsplätze von innen
anschauen können.
Es besteht also in Zukunft wieder vermehrt die Chance, die eigene
Arbeitgebermarke virtuell aufzuhübschen. OK, kostet ein bissel was, aber wer
Innovation als Markenwert verkörpern will, der darf hier doch nicht knauserig sein,
oder?
Wenn ich solche Aussagen höre, frage mich allerdings immer, wie viele
Unternehmen denn tatsächlich so überzeugend tolle moderne Arbeitswelten haben,
dass ein virtueller Blick einen Bewerber derart rockt, dass er sich sofort bewirbt.
Und ganz ehrlich: Warum laden Unternehmen diese Bewerber dann nicht gleich ein
und zeigen ihnen alles live? Wegen der teuren Reisekosten?
Soso, dann sollten Sie jetzt mal nachdenken, wo Sie als Personaler Ihr Geld
besser investieren. In den persönlichen Kontakt 1.0 mit den Bewerbern oder in virtuelle (ochglanzwelten…?
Arbeit 4.0 ist durch – wann kommt Arbeiten 5.0?
Es ist schon erstaunlich, wie kurzlebig Themen in der heutigen Zeit geworden
sind. Vorgestern ging es noch um den Sinn und Zweck von Employer Branding,
Virtuelle Realität kann reale Realität schönen.
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gestern um Mobile und Social Recruiting und heute reden alle über Arbeiten 4.0. Ist
mir da was entgangen? Wann war denn eigentlich Arbeiten 2.0 oder 3.1?
Ja, schon klar: Der Markt versucht mit Begriffen, die wie die Versionierungen von
Software klingen, disruptive Innovationen bzw. Veränderungen greifbar und
diskutierbar zu machen.
Aber dann höre ich Sätze wie „Wenn ich als Journalist etwas geschickt bekomme zur
Generation Y, dann lösche ich das sofort. Das Thema ist durch. . Aha. Und Mobile Recruiting auch. Und zur Messe nächste Jahr auch „Arbeiten . , wollen wir wetten?
Innovationsthemen kommen bei der HR-Basis nicht an
Das muss man sich schon mal auf der Zunge zergehen lassen: „Diese Themen sind durch. . Ich weiß zwar was damit gemeint ist: Jeder, der sich für einen
Marktexperten hält oder etwas verkaufen möchte, hat sich dazu bereits geäußert
und alle großen HR-Magazine und Plattformen haben darüber berichtet. Aber „durch sind diese Themen in der Realität, also der echten jetzt, die tagtäglich am Schreibtisch Millionen deutscher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer passiert,
doch noch lange nicht!
Im Gegenteil. Dort kämpfen zum Beispiel Recruiter noch mit 1.0. – Wobei es eine weitere spannende Frage ist, ob der sogenannte „Recruiter . “berhaupt mit einer „Arbeit . aufnehmen kann, ohne Recruiter . zu sein…
Jetzt aber mal ganz im Ernst und ohne Ironie:
Warum werden Themen (oder gerne auch Säue) mit einer solch kurzen
Haltbarkeitszeit durch das globale HR-Dorf getrieben? Warum werden von
Anbietern technische Highend-Szenarien entwickelt, die 95% der
Unternehmen, insbesondere der Mittelstand niemals einsetzen kann oder
will? Wieso will die Recruiting-Industrie uns fortwährend neue Themen verkaufen, wenn (R auf der anderen Seite heerscharenweise noch in Vorträgen zur „Candidate Experience sitzt.
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Candidate Experience – alter Wein in neuen Schläuchen
In der Tat stand ein Tag der Messe ganz im Zeichen dieses Themas – unter das im
Übrigen auch das gesamte Jahr als „Jahr der Kandidaten gestellt wurde.
Das muss man sich schon ein wenig auf der Zunge zergehen lassen: Personaler
entdecken für sich, dass es einen Unterschied macht, ob ich Bewerbungen nach 3
Tagen oder überhaupt nicht beantworte. Und ob Bewerbern die Kontaktaufnahme
mit dem Unternehmen tendenziell eher erschwert oder vielleicht doch besser
erleichtert werden soll?!
Klingt so, als ob man einem Metzger sagt: „Pass auf, räume mal die Transportkisten vor der Theke weg, damit die Kunden besser ran kommen und putze Deine Auslage
täglich, da bilden sich sonst Bakterien, die die Wurstwaren befallen können! .
Hausaufgaben 1.0 machen statt Arbeit 4.0 diskutieren!
Liebe HR-Gemeinde, und wir reden neben Candidate Experience gleichzeitig
über Arbeiten 4.0, wo die einfachsten Hausaufgaben im Unternehmen noch nicht
gemacht sind? Komplett den Glauben an Themen wie Digitalisierung und Arbeit 4.0
verliere ich immer dann, wenn einem HR-Referenten die Powerpoint-Präsentation
abbricht, weil er auf seinem Presenter den falschen Knopf drückt und er sich
verzweifelt nach einem Techniker umschaut, der ihm mit einem Klick auf das
korrekte Icon alles wieder zu Laufen bringt.
Oft kämpfen die Recruiter in einem Unternehmen noch mit Basics
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Und )hr sprecht “ber Arbeiten . …?
Schreckensszenario? Computer leitet Mensch bei der Arbeit an
Ein weiteres Thema in diesem munteren Reigen ist die neue Kooperation von
Mensch und Maschine bei der Arbeit 4.0. Da wird ein Szenario an die Wand
gemalt, bei der eine Vielzahl von Arbeitnehmern (m/w) zukünftig gezwungen wird,
nur noch Anweisungen vom Computer anzunehmen und diese zu befolgen,
beispielsweise bei der Bedienung hochkomplexer Anlagen. Und was das an
Veränderung für diese Menschen mit sich bringt.
Aus meiner Sicht verliert das Szenario sehr schnell an Schrecken, wenn man sich
klarmacht, über welche Mitarbeiter hier konkret geredet wird. Das sind natürlich
nicht diejenigen, die sich mehr Mitbestimmung oder unternehmerische
Verantwortung wünschen, sondern oftmals Fachkräfte, die schon heute eng mit
Maschinen zusammenarbeiten. Mal ganz abgesehen davon, dass nach den
unterschiedlichsten wissenschaftlichen Theorien (z.B. dem situativen Führen) sowie
Menschen gibt, die viel lieber eng geführt bzw. angeleitet werden wollen und die das
sogar glücklich stimmt.
Und genau betrachtet ist die Entwicklung alles andere als 4.0 oder neu: Denn seit es
Computer gibt, sagen sie uns wann sie Strom brauchen, wann wir ein Update
machen und den PC nicht ausschalten sollen und vieles mehr.
Digitale Abstimmung zum 23. Personalwirtschaftsaward
Und dann gab es im Rahmen der Zukunft Personal noch zahlreiche
Abendveranstaltungen, die ebenfalls kritische Ansatzpunkte für die vermeintlich
glücklich machende Digitalisierung lieferten. Die Abstimmung über den finalen
Gewinn des 23. Personalwirtschaftsawards (die übrigens die Personaler von
Vodafone für sich entschieden) sollte beispielsweise über ein digitales Voting
erfolgen.
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Mittels einer verteilten (analogen) Wahlkarte, mussten die Gäste einen QR-Code
scannen, um dann online ihre Stimme abzugeben. Wie erwartet funktionierte zwar
das Scannen des QR-Codes perfekt, allerdings brachen die Internetverbindungen
beim gleichzeitigen Zugriff der Teilnehmer ab, so dass nicht alle Inhaber einer
Wahlkarte teilnehmen konnten.
Statt auf die Wahlkarte einen QR-Code aufzudrucken, hätte man alternativ
auch drei Kreise zum Ankreuzen aufdrucken können. Das hätte den Vorteil
gehabt, dass am Ende alle Anwesenden hätten am Voting teilnehmen können
und zudem nicht hinterher an jedem Tisch 10 Smartphones auf dem
Tischtuch liegenbleiben. – Früher hätte man uns als Prolls bezeichnet in solch
edlem Ambiente im KölnSKY sein Handy auf den Tisch zu legen. Heute läuft
das unter Mitbestimmung 4.0.
Viel heiße Luft – raus aus der 4.0-Blase!
Es wurde also allerorts viel geredet, diskutiert, gescannt, gevotet, getwittert und
verkauft. Aber diesmal hat es bei mir oft einen fahlen Beigeschmack hinterlassen. Beim Thema „Geschmack : Es wurde auch lecker gegessen. Irgendwas mit Espuma
Vodafone gewinnt den 23. Personalwirtschaftsaward im KölnSKY 2015
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(Schaum) von Schoko-Dingens (4.0), was auch schon mal Grand Dessert (3.0)
geheißen hat oder davor Mousse au Chocolat (2.0) und letztlich trotzdem immer
sowas war wie der Schokopudding, den Oma uns als Kind gemacht hat (1.0).
Abschließend appelliere ich erneut an meine Leser und Gesamt-HR, zwar stets
offen für neue und innovative Themen zu sein, diese gleichzeitig aber höchst
kritisch zu hinterfragen. Gerade im Rausch einer solchen Messe kann das jedoch
schnell verloren gehen.
Vielleicht ist es ganz gut, dass Sie erst jetzt meinen Beitrag dazu lesen. In diesem
Zusammenhang vielen Dank für Ihre volle Aufmerksamkeit!
https://persoblogger.wordpress.com/2015/09/17/sehr-kritische-gedanken-zu-
arbeiten-4-0-anlaesslich-der-hr-fachmesse-zukunft-personal/
HR hacken. Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche gewagt werden
Stefan Bleses
Die Zukunft Personal, Europas
größte Fachmesse für
Personalmanagement in Köln, hat
im gleichnamigen Blog zur
Blogparade #HRLab aufgerufen und fragt: „M“ssen Personaler zu Experimentier-Agents für
Arbeiten 4.0 werden? Und wenn ja, wie?
Digitalisierung, Big Data und die
Industrie 4.0 werden die Arbeitswelt bis hin zu der Auflösung von Organisationen
verändern. Human Relations müssen darauf reagieren.
Die neue Arbeitswelt wird durch Netzwerke und Projektarbeit geprägt sein. In
dieser Projektwirtschaft erbringen hochqualifizierte Spezialisten – Digital Worker –
im Rahmen von Projektarbeit, Arbeitsleistung rund um die Welt.
Bildquelle: Fotolia.com [Urheber: Rawpixel]
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Für Digital Worker wird Lernen und Selbstmanagement zur Metakompetenz. Lernen
und Selbstmanagement entscheiden fortan über die Employability der Digital
Worker. Wobei Employability noch ein Begriff aus Arbeiten 2.0 ist. Uniquability ist in Zukunft vermutlich der bessere Begriff um die „Marktfähigkeit von Digital Worker unter den Rahmenbedingungen von Arbeit 4.0 und Internet 4.0 zu
beschreiben.
Denn Digital Worker werden sich immer wieder neu erfinden indem sie immer
wieder etwas Neues lernen, Beziehungen aufbauen und pflegen, Wissen
weitergeben und erweitern, unabhängig bleiben und sich somit selbst als immer gut
verkaufsfähiges Produkt erhalten. Digital Worker arbeiteten überall. An die Stelle
von Arbeitsverträgen treten Projektverträge.
Es entstehen Arbeitsplätze ohne eindeutige organisatorische Zugehörigkeit. Die
traditionellen Arbeitsorte und -zeiten lösen sich auf. Nicht mehr die
Organisationszugehörigkeit, sondern nur noch die fachliche Expertise wird
Loyalitäten leiten. Die gelösten Bindungen führen auch zum Ende der
Organisierbarkeit.
Organisationen werden sich nicht mehr entlang von Organigrammen strukturieren.
Es wird einen Wandel von der Präsenz- zur Ergebniskultur geben. Organisationen
mutieren zu Plattformen. Nicht nur für die Organisation bringt das
Herausforderungen, sondern auch für Führung und für die HR.
Holacracy macht Entscheidungsprozesse schlank und Führungskräfte überflüssig.
Netzwerke treten an die Stelle von Hierarchien. Wenn Büros nur noch zum
Netzwerken dienen, löst sich die Bindung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber
auf. Systematische Personalentwicklung wird so erschwert. Gleichzeitig steigen
Erwartungen und Ansprüche der Mitarbeiter an unmittelbar nutzbare
Qualifizierungen.
Externes Know-how zu integrieren wird zu einer wichtigen Aufgabe für HR. Die
meisten Unternehmen stecken auch heute noch in ihren traditionellen
hierarchischen Unternehmensstrukturen aus dem 20. Jahrhundert fest. Deshalb mein Aufruf an alle Organisationen: „Gr“ndet schnell ein HRLab um die
Rahmenbedingung für HR4.0 zu schaffen, sonst kommt ihr eines Morgens zur Arbeit und eure (R gibt es nicht mehr . http://motif.institute/hr-hacken-damit-das-moegliche-entsteht-muss-immer-
wieder-das-unmoegliche-gewagt-werden/
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Arbeitswelt 4.0: Von Betriebsräten im Silicon Valley und der Rolle der Personaler #HRlab
Dagmar Dörner
Schon eine ganze Weile wird sie
euphorisch angek“ndigt: „Die Arbeitswelt . ″. Schuld sind der demografische Wandel, die Globalisierung „ . und die Digitalisierung – drei
Megatrends, die zu einem
immensem Innovationsdruck
führen und damit neue, agilere
Organisationsformen nötig machen. Von Hierarchieabbau ist die Rede und mancherorts auch von Demokratisierung im Unternehmen. Und von „einfach mal was ausprobieren , schließlich könne man viel von Start-Ups lernen. Und so wird
seit Jahren überall aufs Silicon Valley geschielt, auf der Suche nach Erfolgsrezepten,
die man aufs eigene Unternehmen übertragen kann. Kann das klappen? Und wenn
ja, wie?
Das Team der Zukunft Personal fragt sich, welche Rolle denn die Personaler bei der
Entwicklung von mehr Experimentiergeist spielen sollten – und hat eine Blogparade
dazu ausgerufen. Vorab: Ich denke, dass die Personalbereiche hier gefragt sind und
auch echte Gestaltungsmöglichkeiten haben, sofern es dem Topmanagement nicht
nur um Kosmetik, sondern um einen wirklichen Kulturwandel geht. Ich denke aber
auch, dass der Experimentierlust – gerade hierzulande – diverse Grenzen im Wege
stehen. Doch der Reihe nach.
Ein Chef in Turnschuhen macht noch kein innovatives Unternehmen
Ausgerechnet Kai Diekmann machte es vor einigen Jahren vor: Ein Jahr ins Silicon
Valley auswandern, um dann mit neuem Image als digitaler Vorreiter seine
Wirkungsstätte umzukrempeln. Seitdem kann man auch in anderen
Großunternehmen Ähnliches beobachten. Sogar der Telekom-CEO heißt auf einmal nicht mehr Timotheus, sondern „Tim (öttges und macht so lockeres Zeug. Soviel
zum Offensichtlichen und Schnell-Kopierbaren. Schwieriger wird es, wenn man nach
Erfolgsrezepten für die eigene Unternehmenspraxis sucht, denn hier liegt schon ein
erster Denkfehler verborgen: Mit einer Best-Practice-Logik lassen sich schlecht
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ausgetretene Pfade verlassen. Nach Rezepten suchen, die man per copy & paste in
die bestehende Struktur einfügen kann, ist so ziemlich das Gegenteil von Innovation.
Hilfreicher ist es, zunächst mal die eigene Organisationsstruktur zu analysieren. Und
hier sollte der Personaler ins Spiel kommen: Wie ist das Unternehmen strukturiert?
Aufbauorganisation? Ablauforganisation? Sind die Organigramme nach Bereichen,
Produktlinien oder Standorten aufgeteilt? Wie sind Teams zusammengesetzt, nach
gemeinsamen Themen oder nach Linie? Arbeiten Teammitglieder an gemeinsamen
Zielen oder stehen sie im Wettbewerb zueinander? Alles Fragen, die darüber
Auskunft geben, wie erfolgversprechend das Ausprobieren neuer Arbeitsformen
überhaupt ist.
„Frollein Rottenmeier, jetzt “berlegen Sie sich doch mal was Cooles! Die Kennzahlen und die Deadlines habe ich Ihnen aber schon mal vorbereitet..
Eine weitere Personaler-Aufgabe: Die vorherrschende Unternehmenskultur auf
Innovationstauglichkeit scannen. Es ist anzunehmen, dass gerade Unternehmen mit
großem Erneuerungsbedarf bislang nicht als lernende Organisation mit hoher
Fehlertoleranz gelten können – sonst wären sie vermutlich nicht auf der Suche nach
neuen Ansätzen. Und selbst wenn Experimentierlaune und Pioniergeist im
Unternehmen vorhanden sind, stehen oft Eigentümerinteressen dagegen: Private-
Equity-Konstellationen nehmen weiter zu und mit ihnen die Anforderung, für jedes
neue Projekt vorab den Nutzen prognostizieren zu können. Bis der Business Case
fertig gerechnet ist, ist die Idee dann womöglich gar nicht mehr so frisch. Bleibt dem
umtriebigen Personaler also nur, nach passenden Inseln im Unternehmen Ausschau
zu halten, auf denen man kleinere Tests im Schatten der großen Scheinwerfer
vornehmen kann. Das führt dann mitunter leider zu einem weiteren Problem.
„Moaaar, die Personaler! Noch nicht mal Business Partner und jetzt einen auf
Start-up machen?
Viele HR-Organisationen sind heute noch damit beschäftigt, den „(R Business Partner zu etablieren: Auf Augenhöhe mit den Fachbereichen kommen und den
Wertbeitrag fürs Kerngeschäft sichtbar machen sind da die Aufgaben. Für die Zukunft im Sinne der „Arbeitswelt . ″ ist das zwar nicht die richtige Rolle, aber wenn dieses Standing noch nicht einmal erarbeitet ist – wer soll die Personaler dann
mit irgendwelchen Experimenten ernst nehmen? Erst Recht, wenn es sich um
Themen handelt, die keine erkennbare Relevanz fürs Geschäft haben.
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Die Personaler-Aufgaben auf dem Weg zur „Arbeitswelt 4.0″: Unspektakulär,
aber hilfreich
Das heißt nicht, dass die Personaler nichts dazu tun können. Nur geht es (zunächst)
eher darum, den Rahmen zu schaffen. Das können passende Strukturen sein oder
sinnvolle Interventionen wie zum Beispiel die Umgestaltung von Bonus-Regeln.
Und auch die zukünftigen Herausforderungen wie z.B. die Digitalisierung bringen
Themen mit sich, die ziemlich unsexy klingen. Da ist zum Beispiel das leidige Thema Datenschutz: Das „)nternet der Dinge entwickelt sich schnell, schon 2020 werden
mehr Alltagsgegenstände miteinander vernetzt sein als Smartphones und PCs. Das
erfordert eine hohe Datensicherheit, auch im Hinblick auf den Schutz der
Mitarbeiter. Letzteres dürfte insbesondere für Betriebsräte von großem Interesse
sein – und Betriebsratsarbeit ist auch nicht dafür bekannt, experimentelle Züge
aufzuweisen. Ich habe zumindest noch keinen Betriebsrat erlebt, der sich (von kleinen Pilotprojekten mal abgesehen auf halbfertige Konzepte à la „Wir wissen auch noch nicht, wo das hinf“hrt eingelassen hätte. Stattdessen gibt es sehr konkrete Fragen in der Richtung „Wie stellen Sie sicher, dass niemand jemals aus Versehen … und so weiter. Und damit setzt er einen ähnlich engen Rahmen wie der Eigentümer mit seinem Business Case.
Die gute (Personaler-)Nachricht: Ohne Kultur ist alles nichts
Wenn die Transparenz nach außen steigt, weil Kunden sich in den Social Media
Kanälen tummeln und Social Media sich in Unternehmenssoftware eingliedert, dann
ist auch intern Transparenz nötig. Und wenn Mitarbeiter aller Ebenen schnell
reagieren sollen, ohne sich vorher 3fach absichern zu müssen, dann geht das nur
über gemeinsame Werte und Haltungen – nicht mit mehr Regeln und Checklisten
und Arbeitsanweisungen. Insofern könnte man sagen: Der schlaue Personaler 4.0
arbeitet an der Kultur. Indem er eine Art Rückbau betreibt, nach und nach
entrümpelt. Erst wenn das passiert, können Experimente gedeihen.
http://www.innenhui.de/2015/09/arbeitswelt-4-0-von-betriebsraeten-im-silicon-
valley-und-der-rolle-der-personaler-hrlab/
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Experten oder experimentieren? Was HR-Manager mit der Zukunft der Arbeit zu tun haben
Sven Hennige
Stehen wir vor dem Umbruch zum „Arbeiten . , sind wir mitten drin oder hinken wir hinterher? Eine spannende Frage, die die Zukunft Personal in einer Blogparade
in den Raum stellt. Wie auch immer die Antwort lauten wird: Die HR-Abteilung hat
daran einen wesentlichen Anteil – und entscheidet damit vielleicht über Wohl und
Wehe des Unternehmens.
Die Generation Y, die aktuell auf
den Arbeitsmarkt drängt, hat ihre
ganze eigene Vorstellung von
Karriere, Beruf und Vorgesetzten,
das ist nichts Neues.
Neben einer ausgeglichenen Work-
Life-Balance und dem Hang zum
mobilen Arbeiten sagt man den
Managern der Zukunft vor allem
ein neues Verständnis von
Hierarchien und Führung nach. „Mitbestimmung lautet das Credo, der Chef hat ausgedient,
Entscheidungen trifft das Kollektiv.
So wie beispielsweise bei der Kreativagentur „Dark (orse aus Berlin.
Die 30 Gründerinnen und Gründer arbeiten mehr oder weniger selbstbestimmt und
gleichberechtigt, ohne feste Hierarchie. Es gibt keine feste Arbeitszeiten Aufgaben
werden nach dem Lustprinzip verteilt – zumindest theoretisch. „)rgendwann mussten wir uns aber eingestehen, dass es nicht ganz ohne Chef geht , gesteht
Patrick Kenzler, einer der Gr“nder von Dark (orse. „Es m“ssen ja Fragen geklärt werden. Wie bilden wir uns weiter, was ist mit Urlaub oder wenn jemand länger krank ist?
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Flache Hierarchien – oder besser gar keine?
Nun sind 30 gleichberechtigte Gründer noch relativ leicht unter einen Hut zu
bringen. Wie aber sieht es bei 300 Mitarbeitern aus. Oder bei 1.500? Tony Hsieh,
Chef des Online-Händlers Zappos, hat es auch hier versucht – mit mehr oder weniger
großem Erfolg. Seit der innovative Chef seine Mitarbeiter dazu aufgefordert hat, die
Hierarchien zu verflachen und sich selbst an Entscheidungen zu beteiligen, sei es als
Pförtner oder als Executive, sackte das Unternehmen in der Liste der beliebtesten
Arbeitgeber von Platz sechs auf Platz 86 ab. Zugegebenermaßen ist der direkte
Zusammenhang nicht nachgewiesen und der Abstieg zog sich über vier Jahre hin.
Aber dennoch.
So ganz ohne Chef wollen Mitarbeiter offenbar doch nicht sein. Aber es muss ja auch
nicht gleich die Kehrtwende in Sachen Führung sein. Innovative Konzepte für die
Arbeit 4.0, also das was, wo und wie wir in Zukunft unserer Tätigkeit nachgehen,
sind durchaus hilfreich und auch gefordert, um im internationalen Wettbewerb zu
bestehen. Meiner Meinung nach entscheidenden Anteil an der Strategie eines
Unternehmens hat dabei die HR-Abteilung.
Informationen von höchster Relevanz
Hier laufen die Fäden zusammen, hier entscheidet sich, ob ein Unternehmen
Innovationspotenziale nutzt oder lieber weitermacht, wie bisher. Wieso?
Keine andere Abteilung hat die
Möglichkeit, so grundlegend
Veränderungsprozesse anzustoßen und
zu begleiten, wie die Personalabteilung.
Denn nur hier landen Informationen, die
für ein Miteinander höchst relevant
sind: Wie zufrieden sind die Mitarbeiter?
Was erwarten Sie von Ihren Chefs?
Welche Erwartungen an ihre berufliche
Zukunft haben sie? Voraussetzung dafür
ist allerdings, dass auch die HR-
Abteilung ihr Innovationspotenzial
freisetzt, und diese Informationen
auch nutzt.
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Eine Mitarbeiterbefragung etwa ist ein starkes Tool, um Stimmungen zu erkennen
und auch Entwicklungen vorherzusagen. Werden die Daten glaubhaft ausgewertet
und analysiert, entsteht daraus oft die Grundlage für wirksame Maßnahmen, die
Herausforderungen beseitigen: echte Innovationen.
Innovationspotenziale nutzen – auch im HR
In regelmäßigen Feedback-Gesprächen fließen Informationen, die für das
Unternehmen von höchster Relevanz sind. Allein: Zu häufig versanden die Daten in
irgendwelchen (elektronischen) Akten, eine Weiternutzung oder konsequente
Umsetzung findet oft nicht statt, weil das Tagesgeschäft schon zu viele Ressourcen
beansprucht oder auch Resistenz seitens Veränderungsprozesse besteht.
Exit-Gespräche, also die kritische Auseinandersetzung mit Mitarbeitern, die bereits
gekündigt haben, sind für viele Unternehmen noch absolutes Neuland. Dabei bieten
gerade diese Gespräche sehr wichtige Einblicke für Verbesserungspotenzial.
Innovative Konzepte für die Arbeit 4.0 zu entwickeln, ist für die meisten
Unternehmen zweifellos eine Mammutaufgabe, für die es zudem keine Blaupause
gibt. Schritt für Schritt zu individuellen Lösungen zu gelangen, fällt da vermutlich
leichter. Die HR-Abteilung kann dafür die Grundlage schaffen. Mit Konzepten, die
das Feedback der Mitarbeiter strukturieren und der Führungsetage den Weg ebnen,
die gewünschten und richtigen Veränderungen voranzutreiben. Und die
Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass der Veränderungsprozess kein Experiment zum „Arbeiten . bleibt, sondern genau dorthin f“hrt, wo die Unternehmen f“r die Herausforderungen der Zukunft bestens gewappnet sind.
https://blog.roberthalf.de/fuhrungskrafte/arbeitswelt/was-hr-mit-der-zukunft-
der-arbeit-zu-tun-hat/
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Massive Transformative Purpose – #Arbeiten40 #HRLab
Michael Rajiv Shah
Persönliche Einleitung: Treffender konnte Rudy de Waele den Purpose meiner Reise
nach Köln in seinem Vortrag Reshaping the work in the digital Age nicht
bezeichnen. Ich war eingeladen in der Bloggerlounge der Zukunft Personal zu
sprechen. Nach weit mehr als einem Jahr persönlicher Transformationsarbeit, sah
ich in der Einladung eine hervorragende Gelegenheit, für die Keynote bei der
Personal Austria im November zu üben. Aber nun zur Sache:
Gl“ckliche Mitarbeiter UND wirtschaftlichen Erfolg zusammen bringen
Die als Feststellung formulierte These der offiziellen Zukunft Personal Blogparade
zum Schwerpunktthema #Arbeiten4.0 bildet den Teppich auf dem ich durch die größte (uman Resources Messe, Europas flog . Denn der Fokus mit dem ich die Messe besuchte war die Frage, wie weit Unternehmen das auch hinter #Arbeiten4.0
steckende Thema (digitaler) Transformation im Bewusstsein des Arbeitsalltags
integriert haben.
In der Zukunft wird alles digitali- (und robotisiert) was repetitiv ist
Zwei Vorträge reichten mir um meine Wahrnehmung, aber auch Glauben an die
Entwicklung der Zukunft zu bekräftigen. Die Transformation unserer Arbeitswelt ist
in vollem Gange. Das Besondere daran, die Transformation bzw. der Wandel
vollzieht sich auch ohne, dass der Einzelne gestaltet. Es steht uns frei uns dagegen zu
sträuben oder mit dem Wandel der durch die Quantentechnologien (siehe
Interview), die durch Halbleiter möglich wurden mitzugehen, besser noch zu
gestalten.
Ausblick 2020: Die Digitalisierung des Recruitings
Schon die Saalumfrage Gero Hesses (Saatkorn.com) wer glaube, dass alles was
digitalisierbar ist auch digitalisiert werde ergab bei 70% der ZuhörerInnen ein JA.
Die benötigten Kompetenzen für die Arbeitswelt der Human Resourcer der Zukunft
beschrieb Herr Hesse mit folgenden Stichpunkten:
Zeitraumbezogenes Denken statt Zeitpunktbezug
Social- und Netzwerk-Kompetenzen
IT Kompetenzen
Lernfähigkeit und Neugier
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grundlegendes Businessverständnis*
Vertriebsgen*
Um zu skizzieren, was mit *Businessverständnis und *Vertriebsgen gemeint
ist, schwenke ich kurz in eine Blogger-Session von Jan Kirchner (Wollmilchsau)
zu dessen Beginn Jan sein Personalerpublikum fragte, wie viele Karriereseitenbesucher)nnen die teilnehmenden Unternehmen hätten. Sind es mehr als . Besucher, mehr als . , weniger als . ? (ammer!!! Nicht
eine/r konnte eine Antwort geben!!!
Wären Sie Vertriebler und ich Ihr Chef müsste ich Sie spätestens jetzt kündigen. Wenn
es Ihr Job ist Stellen im Unternehmen zu besetzen, dann ist Ihre Karrierewebseite Ihr
Zalando- oder Amazon Shop. Sie m“ssen mit den Kennzahlen arbeiten.
Aber keine Sorge, der Wandel vollzieht sich auch ohne Sie. Denn er wird vor allem
von den Unternehmen gestaltet, die solche (Basis-) Hausaufgaben gemacht haben.
#Arbeiten4.0 heißt auch Bewusstsein für vernetztes Denken & Handeln zu
entwickeln
Es reicht also nicht nur Technik einzukaufen, deren Nutzen uns Verkäufer mit Ihren
Argumenten als unentbehrlich zu beschreiben. Es ist viel wichtiger ein Bewusstsein
MTP = Massive Transformative Purpose
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für die eigentliche Transformation, die hinter den technologischen Entwicklungen
stecken zu bekommen. Kaum jemand weiß, dass die Technologien, die wir mit auf
Quantenphysik beruhenden Halbleitern in unsere Leben hineinließen langfristig
Transformation in jeden Winkel unser Lebensbereiche bringen. Denn nunmehr ist Alles mit Allem verbunden . Die Basis hechelt mangels Bewusstsein dem Wandel hinterher
Persoblogger Stefan Scheller hat es mit seinen sehr kritischen Gedanken zu Arbeiten4.0
bereits wunderbar beschrieben: )nnovationsthemen kommen bei der (R-Basis nicht
an und werden als Säue mit solch kurzen (altbarkeitsdaten durch das (R-Dorf
getrieben .
Aber was hat das Ganze mit meinem Eingangsstatement und der These über den
Ausgleich zwischen glücklichen MitarbeiterInnen und wirtschaftlichem Erfolg
zu tun? Sehr viel, wie nicht nur Gero Hesse klarmachte. Der schon eingangs
erwähnte in Großbritannien lebende Start-up Tausendsassa Rudy de Waele
(shift2020) führte eindrücklich vor, welche technischen Trends nach der mobilen
(R)evolution, die binnen der letzten 5 Jahre Einzug in nahezu jede Hosen- und
Handtasche hielt vor uns liegen. Er prophezeit uns die Robotisierung unseres
Alltagslebens binnen der kommenden 5-10 Jahre.
Everything which is repetitive will be digitalized and workforce will be robotized!
Rudy de Waele
Bei den Konsequenzen daraus stützt er sich auf vielerlei Studien. Und er ist nicht
alleine mit der Meinung, dass viele Berufsbilder aus der industriellen Revolution
zukünftig komplett automatisiert ablaufen werden. Eine der wichtigsten Folgen ist,
dass sich die Aufgaben von uns Menschen in der nahen Zukunft noch weiter
wandeln werden.
Laut einer Studie von Deloitte geht es der so genannten Gen-Y schon heute mehr um
den Purpose Sinn & Zweck )hres Tuns, als dem reinen Profit.
Während die einen den Fachkräftemangel titulieren, wird aus den Möglichkeiten der
technologischen Entwicklungen ein Gegentrend zum heutigen linearen Handeln
erkennbar.
es bleibt mehr Zeit für Sinnvolles
wir Menschen sind herausgefordert unsere Einzigartigkeit zu nutzen
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Arbeitgeber sind gefordert Ihre Mitarbeiter ins Zentrum zu stellen.
Unternehmen wie Apple, Google & Co. bauen ganze Lebensräume für Ihre
Creative Forces. (Anm. erinnert mich an alte Industriefamilien Krupp aus
dem Ruhrgebiet)
Arbeitgeber, die sich um das Well-Being Ihrer Mitarbeiter kümmern, haben
die Chance an der Zukunft mit zu partizipieren
Nur kreatives (nicht repetitives) Denken und Handeln von MitarbeiterInnen wird
das entstehen lassen können, was den wirtschaftlichen Erfolg der heute
erfolgreichsten Unternehmen ausmacht. Denn die heute wertvollsten Unternehmen
der Informationsära haben alle eine Gemeinsamkeit. Das Potential die Welt wie sie
zuvor war, zu transformieren.
Die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen hängt am transformativen Purpose
Die Frage an uns Menschen und damit auch an die Unternehmen, die zukunftsfähig
sein wollen, lautet:
Wofür bist Du da? Welchen Beitrag für die Welt möchtest Du wirklich leisten? Und in
wie fern wird dieser Beitrag in Unternehmen dazu führen wirtschaftlich erfolgreich zu
sein?
Die größte Transformationskraft liegt im Gesamtorganismus eines jeden
Unternehmens, der aus Menschen besteht. Unternehmen, denen es gelingt ihren
Purpose bestmöglich mit denen der Mitarbeiter zu synchronisieren werden am
meisten aus der wahren Human-Re-Source schöpfen können.
Wie passen Glücklichsein & wirtschaftlicher Erfolg im Unternehmen
zusammen?
Um in meinem #MeetTheBlogger Vortrag den gewünschten Drahtseilakt zwischen
Quantenphysik (Digital Transformation) auf der Einen und Employer- vs. Employee
Branding (Human Transformation) zu meistern, nutzte ich wie seit 2 Jahren die
maslowsche Bedürfnispyramide als Simplifizierungswerkzeug. Vor 70 Jahren
klassifizierte Abraham Maslow aufeinander aufbauende menschliche
Bedürfnisgruppen, die auch heute bestens geeignet sind, um Entwicklungen
durchzudeklinieren. Er ging davon aus, dass damals lediglich die erste
Bedürfnisstufe nämlich die Existenz gesichert sei.
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Die Wissenschaft, die zur zweiten maslowschen Sicherheitsebene zählt, brachte
uns sowohl newtonsche Linearität, als auch einsteinsche Relativität. Durch die
Digitalisierung bis in jede Hosentasche (Mobilgeräte) ist es möglich geworden, dass
die dritte Ebene, die Maslow Liebe nannte (Soziale Ebene) in jedem Augenblick in
den digitalen Arbeitsalltag sickert.
Glück ist der neue Return on Investment für Ihre Mitarbeiter: Investieren Sie in
Kreativität, Sinn und Achtsamkeit Rudy de Waele shift2020
In Zeiten, da wir Menschen fast alles haben und unsere Kinder das Wort Haben fast
aus dem Wortschatz verloren haben, stehen Liebe (Verbundenheit), Wertschätzung
und Selbstverwirklichung als Bedürfnisse hoch im Kurs. Wer seine MitarbeiterInnen
so wertschätzend fördert, dass im beruflichen Rahmen jeder seinen eigenen Weg gehen darf und sein Potential im Sinne von werde was Du bist ausschöpfen kann, steigert unweigerlich das betriebliche Ergebnis.
Verdoppelung des Umsatzes durch Corporate Happiness
Corporate Happiness ist die Antwort auf die großen Fragen der Zukunft, die durch
inneres Wachstum und Stärkung der Qualitäten von ArbeitnehmerInnen durch
Arbeitgeber entsteht. Überzeugen Sie sich selbst. Das Unternehmen im folgenden
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Video z.B. hat durch Investitionen in die Kreativität, Sinn und Achtsamkeit seiner
MitarbeiterInnen nicht nur Fehlzeiten reduzieren können, sondern
auch exponentielles Wachstum ermöglicht.
https://hrfuture.wordpress.com/2015/09/22/massive-transformative-purpose-
arbeiten40-hrlab/
HR-Lab: Crowdsourcing und Design als Transformationsstrategien
Patrick Hofer
Crowdsourcing und Design. Innovations- und Transformationsfähigkeit ist heute der
wichtigste Schlüsselfaktor für den unternehmerischen Erfolg. Der Fokus bei der
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Geschäftserneuerung verschiebt sich zu Ideen und Talent – dem einzig echten
Wettbewerbsvorteil im kollaborativen Wirtschaftssystem, wo der Zugang zu Wissen
und Technologie nur einen Klick weit entfernt sind. Mit dem kurzen Anriss der Methoden des „Design Thinking und „Crowdsourcing als Transformationsstrategien, beteiligen wir uns an der Blogparade des #HR-Lab:
Müssen Personaler zu Experimentier-Agents f“r „arbeiten . werden? Und wenn ja, wie?
Neben der Erneuerung geschäftlicher Ökosysteme und der Digitalisierung des
Kundenerlebnisses, stehen Organisationen heute vor der Herausforderung ihre
Personalwirtschaft den gesellschaftlichen Trends anzugleichen. Es stellt sich die
Frage, wie sich Unternehmen in einer Welt wo Zutrittsbarrieren wegbrechen und
sich eine Veränderung bei den Management-Techniken anbahnt, komparative
Vorteile erarbeiten lassen?
Die Gewinner von Morgen werden diejenigen Organisationen sein, die es schaffen, ihre
Managementmodelle schneller, als die der Konkurrenz anzupassen.
Dem HR kommt dabei eine zentrale Führungsrolle zu, die operative Umsetzung der
Transformation zu gewährleisten. Und die Evolution hin zum vernetzten
Unternehmen zu gestalten: Weg vom „Management von Ressourcen hin zur „Gestaltung des sozialen Betriebssystems . Als Transformationsstrategien auf dem Weg dorthin, beschäftigen mich als Social Business Engineer die Methoden des „Design Thinking und des „Crowdsourcing : Design als Strategie
Design Thinking definiert die grundlegende Art und Weise, wie Organisationen
funktionieren, wie diese mit Kunden, Partnern und Mitarbeitern umgehen, wie
Dienstleistungen entwickelt und Risiken bewertet werden. Design kann dabei
helfen, komplexe Systeme zu vereinfachen und Probleme menschlicher zu lösen. Die
größte Transformation durch Design findet gerade bei IBM statt, wo weltweit
tausende Designer teilweise direkt von den Universitäten rekrutiert werden, um
Design Fähigkeiten aufzubauen. Durch eigene Methoden und Frameworks wurden
Schulungsprogramme entwickelt, die neue Art und Weise wie bei IBM gedacht wird,
zu verankern mit dem Ziel, sich zur reaktiven Organisation mit flexibler
Unternehmenskultur zu entwickeln.
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Wer mit dem Gedanken spielt Design als Transformationsstrategie zu wählen,
empfehle ich den Besuch der Idean Design Leadership Academy.
Crowdsourcing als Strategie
Crowdsourcing hat sich etabliert durch die „Weisheit der Masse Lösungen auf Herausforderungen zu finden. Unternehmen delegieren Wertschöpfungsprozesse an
eine undefinierte Masse zur Problemlösung. Aktuelle Anwendungsbeispiele
verdeutlichen nun, dass sich vermehrt die Organisations- und Personalentwicklung
den Möglichkeiten des Crowdsourcing bedienen. Zur Entwicklung der
Unternehmenskultur und Führungsstruktur, fürs Innovationsmanagement, der
Neustrukturierung der Organisation und Personalwirtschaft sowie zur
Strategieausarbeitung und -kommunikation.
Sozial-induzierte Veränderung
Erste Erfahrungswerte zeigen, dass gerade bei den Themen der
Organisationsentwicklung die Masse der Mitarbeitenden besser dazu geeignet ist,
kreative Lösungsvorschläge auf operative Herausforderungen zu finden. Sie kennen
die gelebten Managementmethoden, Strukturen und Prozesse besser als externe
Fachexperten oder klassische Berater. Es liegt auf der Hand, dass die Mitarbeitenden
die Einladung noch so gerne annehmen, die erwünschte Zukunft ihres eigenen
Unternehmens mitzugestalten. Wenn Sie die Chance erhalten ihre
Managementprozesse und die Unternehmenskultur mitzugestalten, die ihr tägliches
Arbeitsumfeld bestimmen.
Design und Crowdsourcing als Strategie zur Organisationsentwicklung sind als
vielversprechende Ansätze für HRler zu betrachten, wie durch sozial-induzierte
Veränderung die digitale Transformation auf der operativen Ebene gewährleistet
werden kann.
Wie Crowdsourcing zur Transformationsfähigkeit beiträgt, wird in einem
Artikel in der ZOE – Zeitschrift für OrganisationsEntwicklung detailliert
beschrieben.
http://www.media-interface.ch/de/crowdsourcing/
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Arbeiten 4.0 ist nicht heute, sondern frühestens übermorgen!
Jannis Tsalikis
Meinung zur Blogparade des HRM EXPO BLOG:
Arbeiten 4.0? Arbeiten 4.0 hat wohl eher noch 10 bis 15 Jahre Zeit.
Noch immer sind ganze Landstriche von Internet und Mobilfunk quasi
ausgenommen und schlichtweg nicht erreichbar (es sei denn es ist zufällig noch ein
Postbote vor Ort). Und selbst wenn es so ist, wie im Video, und ein Großteil der
(potentiell) erwerbsfähigen Menschen sind heute auf irgendwelchen Netzwerken
zugegen, was bedeutet das für die Nutzung dieser Social Networks? Die Wahrheit
ist: Auf XING sind gerade mal 10% der Nutzer wirklich aktiv
(Quelle: absatzwirtschaft). Und die Personaler? Licht und Schatten. Viele Personaler
sind auf sehr gutem Weg. Sie organisieren ihr internes Enterprise 2.0 und kümmern
sich um schnelle, digitale Recruitingprozesse. Die Mehrheit befindet sich jedoch
immer noch völlig im digitalen Schatten. „Ello, ello?
Bei allem Mut und Interesse an den neuen Möglichkeiten, wie zum Beispiel dem Thema „Augmented Reality oder jetzt aktuell in aller Munde, dem Thema „Virtual Reality stellt sich die Frage: Wozu das alles? Bringen diese Tools uns die Bewerber? Machen diese Tools aus Kandidaten, Mitarbeiter? Wohl kaum!
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Fazit: Digitalisierung ist nicht alles und nur eine von vielen Treibern die unsere Welt
laaaangsam verändern. Das alles geht so langsam von statten, dass hier niemand Angst haben muss, den Zug zu verpassen. Don’t worry! Das gleiche gilt meines Erachtens f“r den im Rahmen „Arbeiten . verk“ndeten Wertewandel. Übrigens mehrfach in seiner ganzen epischen Breite im
Zusammenhang mit der Gen-Y- und Gen-Z-Debatte diskutiert. Der Wertewandel
findet jedoch nicht singulär in einem Jahrgang statt oder so. In der Gesellschaft
bewegt sich was. Aber auch nur gaaaanz langsam. Die damit verbundene immer
wieder betonte Work-Life-Balance ist hier nicht das Allheilmittel für die
Attraktivität eines Arbeitgebers, noch für das Retainment. Längst ist klar, auch
Home-Office wird sich weder kurzfristig noch mittelfristig flächendeckend
durchsetzen (Quelle: Welt).
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Fazit: Der demographische Wandel findet statt und ein spürbarer Wertewandel hält
Einzug. Aber kein Grund zur Panik, sondern zum Pragmatismus. Zeit für eine
vernünftig geplante kurzfristige, mittelfristige und langfristige Strategie für die
Personalarbeit.
Die vermeintlich für unser HR-Business relevanten Trends klaffen mit der Realität deutlich auseinander. )st „Arbeiten . also wieder nur eine neue Sau, die zu
Unrecht durch das Dorf getrieben wird? Nein, wir brauchen immer weiter neue
Anregungen und HR soll und muss sich weiter inspirieren lassen. Wer, wenn nicht
wir? HR?
Das heißt jedoch nicht, dass wir uns verrückt machen müssen.
Arbeitgebermarkenfreunde halten es mit Thomas Eggert, der zu Recht behauptet,
erst sei die Kür und dann die Pflicht zu tun.
http://arbeitgebermarkenfreunde.de/arbeiten-4-0-ist-nicht-heute-sondern-
fruehestens-uebermorgen/
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Alle auf Los: Das Personal sortiert sich neu
Anja C. Wagner
Die Zukunft Personal 2015 liegt hinter uns. Drei Tage dichtes Programm und die
Politik schreitet tapfer voran.
Grosse, bis vorgestern noch als sicher geltende, deutsche Marken ächzen unter der
wachsenden Last, die auf sie einwirkt aufgrund der digitalisierten, globalen Märkte.
Zirka zwei Drittel der DAX-Firmen arbeiten massiv an ihrer digitalen
Transformation – sie kämpfen gegen den Verfall in die Bedeutungslosigkeit. Dem
Mittelstand droht eine ähnliche Entwicklung angesichts der Automatisierung. Und die Personaler suchen eine neue Daseinsberechtigung; Arbeiten . könnte ihre Chance sein. Dies und noch vieles mehr gab es auf der Zukunft Personal 2015 zu
hören.
Warum ist das wichtig? Unternehmen müssen neben der Digitalisierung auch eine
Vermischung des Personals durch verschiedene Generationen bewältigen.
2014 gab es einen Wendepunkt in Deutschland: Die Digitalisierung ist angekommen
in den Unternehmen – es lässt sich beim besten Willen nicht mehr wegdiskutieren.
Pilgerströme aus deutschen Institutionen reisen seitdem ins Silicon Valley, um sich
ein Bild zu machen von deren Dynamik und Arbeitskultur. Es gibt viele Aha’s und Oho’s. Derweil fehlt es noch an neuen Geschäftsmodellen und disruptiven Entwicklungen
in diesem Land. Welche Hebel gilt es zu betätigen?
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Smart Products & Services
Andreas Boes vom ISF München brachte es gut auf den Punkt. Es habe sich
mittlerweile herum gesprochen: Selbst die deutsche Automobil-Industrie ahne, die
durchgehende Digitalisierung könnte ihnen den Boden unter den Füßen entreissen.
Zentrale Fragen kämen plötzlich auf, die kaum jemand zu beantworten wisse:
Was bedeutet heute Mobilität?
Was ist das Produkt?
Was ist der Wert des Produktes in Zeiten der Digitalisierung?
Das Produkt, so Volker Steuer von der Deutschen Bank in einer anderen
Podiumsdiskussion, habe kaum noch einen Wert für sie. Entwickle man heute ein
neues Angebot, das gut vom Markt angenommen werde, ziehe dies in kürzester Zeit
zig Copycats hinter sich her. Zentrales Merkmal ihres Alleinstellungsmerkmal sei
von daher auch zukünftig die fundierte Qualität ihrer Beratungsleistung. Egal ob
Crowdfunding, Bitcoins oder Aktienmarkt – bei ihnen erhalte man auch weiterhin
den besten Überblick, so muntert er sich selbst auf. Und baut zugleich eine
Bedrohungswand auf: Deutschland wisse hoffentlich ob der gesellschaftspolitischen
Bedeutung der Deutschen Bank zur Finanzierung des Mittelstands?! Deshalb habe er
keine Angst vor einem Bedeutungsverlust seines Arbeitgebers.
Dann man tau, möchte man ihm zurufen – hoffentlich untergräbt die
gesellschaftliche Entwicklung nicht diese Selbstgewissheit.
Auftritt der starken Frauen Denn es herrsche schon ein gehöriger Talking-Action-Gap in den Unternehmen, so Jutta Rump von der Hochschule Ludwigshafen und INQA-Themenbotschafterin für
Chancengleichheit und Diversity. Viele hätten die Zeichen der Zeit erkannt, derweil
geschehe kaum etwas. Sowohl auf Seiten der Arbeitgeber_innen, als auch auf Seiten
der Arbeitnehmer_innen. Letztere gäben ihre durchaus vorhandene, private
Medienkompetenz an den Werktoren ab, so dass viele Berufe ihre digitalen
Potenziale noch nicht einmal ansatzweise nutzten.
Auch bildeten wir munter weiter Berufsbilder aus, die es bald nicht mehr geben
werde. Zum Beispiel den Beruf des Bankkaufmanns in der dualen Ausbildung, der
vor allem für die Filialarbeit qualifiziert würde. Gleichzeitig wickeln die Banken
derzeit im grossen Stil ihre Filialen ab. Der Beruf als solcher transformiert sich so
massiv, vielleicht wird er gar obsolet. Auf all diese Fragen habe die Wissenschaft
bislang noch nicht einmal ansatzweise Antworten für die zukünftige Aus- und
Weiterbildung gefunden.
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Eine deutliche Anpassung der Aus- und Weiterbildungen sei nötig, meint auch
Josephine Hofmann vom Fraunhofer IAO, auch wenn gut geordnete Berufsbilder
durchaus ihren Wert hätten. Den ewigen Fokus auf die nachrückenden Generationen und deren Goldfischteiche könne sich heute kein Unternehmen mehr leisten. + Beschäftigte hätten noch 15-20 Jahre Berufsleben vor sich und jede Menge
Erfahrung. Galten sie früher in dem Alter als auf dem Sinkflug in den Ruhestand
befindlich und somit nicht mehr als förderungswürdig innerhalb der Unternehmen,
so müsste hier schnellstmöglich nachjustiert werden.
Weg da: GenY is coming
Allerdings müssten sich auch die Babyboomer, der größte Aktivposten in der
aktuellen Beschäftigungskultur, schneller bewegen in einer immer komplexeren
Gesellschaft, so flankiert Jutta Rump diese Forderung. Und skizziert in einem
kurzweiligen Ritt die groben Unterscheidungslinien hinsichtlich des
Arbeitsverständnisses bei Babyboomern (1955-1970), Generation X, (1970-1985),
GenY (1985-2000) und GenZ (>2000):
Das derzeit zu beobachtende, veränderte Führungsverständnis und die
erforderlichen Anpassungen in den Unternehmen leitet sie von den demokratischen
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Strukturen innerhalb der Familien ab, die dort von den Babyboomern gegenüber
ihren Kindern vorgelebt würden. Es waren nämlich die Werte der Babyboomer, die
GenY aufgezogen haben mit transparenten Familienstrukturen, Abstimmung der
Urlaubspläne, Demokratisierung des Alltags etc. pp. Heute wundern sie sich auf der
Arbeit„, warum diese Generation so respektlos sei und mitentscheiden wolle im Unternehmen.
Babyboomer, wie sie auch einer sei, seien aufgewachsen ohne Wahlmöglichkeiten.
So gab es in ihrem Elternhaus nur einen Fernseher. Samstag abends um 18 Uhr
wurde dort Sportschau geguckt. Ohne Diskussion. Als fussball-desinteressiertes
Kind habe man alternativ die Wahl gehabt, ins eigene Zimmer zu gehen. Heute
dagegen seien die Wahlmöglichkeiten sehr viel ausgeprägter. Entsprechend
unterschiedlich seien auch die Erwartungen an den Job.
Babyboomer gehen aufgrund der sozialisierten Alternativlosigkeit davon aus, in
einem bestimmten Beruf mindestens 5-10 Jahre durchhalten zu müssen.
Entsprechend anspruchsvoll sind sie an ihren ausgeübten Job. Die GenY rechnet
dagegen mit durchschnittlich 18 Monate in einem Job, Generation X immerhin mit 3-
4 Jahre. Sie sind also flexibler und schneller veränderungswillig. Daraus folgt eine
qualitative Ökonomisierung ihrer Loyalität: Während der Tätigkeit ist man dem
Unternehmen gegenüber loyal, zu gegebener Zeit und bei wechselndem Interesse
zieht man einfach weiter. Freude, Sinn und Perspektive sind zunehmend die
definierenden Elemente des Berufslebens.
Angesichts dieser Dynamik gelten für GenY die Familie, Freund_innen, Partnerschaft
als stabilisierende Elemente in einer unsicheren Arbeitswelt. Das brauchen sie für
ihre Work-Life-Balance und das entspricht auch rationalem Verhalten. Da es rational
erscheint, lässt sich heute auch ein Übersprungeffekt von jung auf alt beobachten:
Die GenY-Ethik springt auf die Babyboomer über. Diese wollen jetzt auch so leben
und ihren letzten 15-20 Arbeitsjahren einen Sinn geben. Für Unternehmen bedeutet
dies: Das Generationen-Management wird immer schwieriger, da sie bald vier
äußerst unterschiedliche Werte-Gerüste in ihrem Unternehmen vereinen müssten.
So gelten für GenY ein grosses Büro oder ein eigener Parkplatz nicht als
Statussymbol, weil sie als erste Generation im großen materiellem Wohlstand
aufgewachsen seien, so Steffi Burkhardt von gedankentanken. Sinn hingegen
entwickelt sich zum immateriellen Statussymbol, mit Geld könne man nur wenige
ihrer Altersgenoss_innen locken. Entsprechend sei es auch keine Respektlosigkeit,
wie die GenY den Chefs entgegen träte, sie praktizierten vielmehr gleich die
Kommunikation auf Augenhöhe. Wolle man diese Generation als Führungskraft
betreuen, bräuchte es einer neuen Organisationsstruktur, weil eine qualitative
Führung in dieser Art nur von 10-15 Menschen möglich sei. Die GenY wünsche sich
eine viel individuellere Weiterbildung und Weiterentwicklung als die gängigen
Angebote per Giesskannen-Prinzip.
Wer jetzt denkt, dies sei eine Wohlstandsdebatte in Europa, täusche sich, ergänzt
Jutta Rump. Man kann weltweit ähnliche Entwicklungen hinsichtlich der GenY
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beobachten. Jedoch habe jeder Jahrgang ca. 20 Prozent Bildungsverlierer_innen, die
äußerst aggressiv reagierten, da sie bei den anderen sehen, was möglich gewesen
wäre. In dieser Vehemenz wäre dies vor der GenY noch nie sichtbar gewesen. Und
diese Diskrepanz werde sich ausdehnen bei der GenZ. Aufgrund der hohen
Jugendarbeitslosigkeit und der aktuellen politischen Instabilitäten in ihrer
wichtigsten Sozialisationsphase werde sich diese Generation in reicheren,
europäischen Staaten anders entwickeln als in südeuropäischen oder sonstigen
Ländern. Hier entstehe gerade ein grosses, zukünftiges Konfliktpotenzial.
Hilfe für arme Unternehmen
Was also tun als armes, gebeuteltes Unternehmen? Thomas Sattelberger, INQA-
Themenbotschafter für Personalführung, liest dem Auditorium die Leviten. Deutschland befinde sich in einer Sandwichposition zwischen dem Digital House
USA und dem Maschinenhaus China . Statt sich dieser (erausforderung zu stellen,
sei Deutschland gefangen in der Mystifizierung des Normalarbeitsverhältnisses. Es
herrsche kein Unternehmerdenken, sondern Industriedenken vor.
Allerdings wäre eine Kombination aus Industrie 4.0 und Smart Services wichtig. Ein
Auslutschen des alten Erfolgsmodells ‚)ndustrie & Maschine’ sei auch in der Aus- und Weiterbildung sichtbar. Es gäbe eine zu starke Dominanz von M)NT’lern und Ökonomen in den Talentpools der Unternehmen. Personal würde als Maschine
gedacht, statt als kreatives Modell, das Bildung, Arbeit und Führung geschickt
verbände. Um dies aber denken zu können, bräuchte es mehr Diversity in den
Unternehmen, ein Aufbrechen der alten, homogenen Arbeitskulturen.
Aber wie solle dies umgesetzt werden angesichts des vorherrschenden
Beamtentums und der pseudo-seriösen Seniorität in den sicherheits- und
stabilitätsorientierten Bürokratien? Es bräuchte die gesamte Palette der neuen
Arbeitskulturen: Von vielfältigen Experimenten über den Abbau von Hierarchien
und der Demokratisierung bis hin zu selbstverantwortlichen Teams, die die Vorteile
dritter Orte außerhalb des Unternehmens übergangsweise nutzten und ein Biotop
rund um die Unternehmen schafften, das fortschrittlich nach vorne scheitern
könnte, statt in verkrusteten Strukturen zu überleben.
Gesundheit für alle
Hier brauche es vielfältiger Erneuerungsroutinen, die sich auch
gesundheitsförderlich auswirkten, so unterstützt Natalie Lotzmann von SAP und
INQA-Themenbotschaftern für Gesundheit diesen Gedankengang. Es sei ein enges
Zusammenspiel von betrieblicher Förderung und individueller Eigenverantwortung
erforderlich, um einen gesundheitsförderlichen Arbeitsplatz zu schaffen.
Homeoffices und flexible Arbeitszeiten könnten z.B. diesen Aspekt gut unterstützen.
Denn Freude in der Arbeit sei eine globale Kategorie, die für alle Menschen weltweit
wichtig ist. Und Freude empfinde man, wenn Sinn, Vertrauen, Wertschätzung und
Respekt gegeben seien. Allerdings sei hier bei den Angestellten ein gehöriges Maß
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an Selbstorganisation vonnöten. Gegebenenfalls bräuchte es hier seitens des
Unternehmens ein gewisses Coaching, um Menschen zu helfen, nach dem 80:20-
Paretoprinzip zu verfahren.
Um die Führungskräfte für dieses Thema zu sensibilisieren, haben sie bei SAP einen Business (ealth Future )ndex entwickelt, der den Zusammenhang aufzuzeigen
vermag, wie förderlich sich eine gesundheitsbewusste Arbeitskultur auf die
geschäftliche Entwicklung auswirke. Es herrsche nämlich ein signifikanter
Zusammenhang zwischen dem Wohlbefinden der Mitarbeiter_innen und dem
Geschäftserfolg.
Entsprechend hat SAP für seine Führungskräfte ein schlankes Führungsraster
entwickelt, wie sie auf die Gesundheit ihrer Mitarbeiter_innen achten können.
Lotzmann selbst vertritt konsequenter Weise die Ansicht, Führungskräfte müssten
entlang der Qualifizierung und Weiterentwicklung ihrer jeweiligen Teammitglieder
bezahlt werden, nicht entlang kurzfristiger Sales oder Gewinnmargen. Dies sei die
primäre Aufgabe von heutigen Führungskräften: Das kollektive Wissen zu
orchestrieren und auch zu ertragen, dass hochgradig kompetente
Wissensarbeiter_innen eventuell sogar mehr verdienten als man selbst. Dies sei eine
Herausforderung unserer Zeit.
Das Label „Arbeiten 4.0″
Alles in allem behandelten v.a. die zwei Thementage der Initiative Neue Qualität der
Arbeit (INQA) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf der Zukunft Personal sehr interessante Punkte der neuen Marschroute in Richtung Arbeiten . und glänzten weitestgehend durch inhaltliche Kompetenz. Es erschloss sich ein breites Panoptikum der notwendigen Entwicklungen für Unternehmen, die im Zuge
der Digitalisierung heute anstehen.
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Auch wenn Stefan Kühl, Soziologe der Uni Bielefeld in der Pressekonferenz
anmerkte, es seien aktuell die gleichen Fragen der Organisationsentwicklung wie eh
und je und deshalb seien neue Begriffe wenig hilfreich, weil sie den Erkenntnissen
der Vergangenheit im Wege stünden. Zudem erforderten flache Hierarchien eine
stärkere Fokussierung auf informelle Hierachien und relevante Netzwerkknoten
und insofern entwickelten sich dort indirektere Machtbeziehungen. Das alles werde
derzeit ignoriert.
Der Ideologisierung einer verkitschten, neuen Arbeitskultur sehr frühzeitig kritisch
entgegen zu treten, sei sicherlich sinnvoll. Gleichwohl markiere das neue Label Arbeiten . eine Zäsur, unsere Zukunftsfähigkeit zu “berdenken, so Jutta Rump abschliessend. Und Stefan Ries, Personalchef bei SAP, ergänzt, der Kapitalismus sei
der evolutionäre Treiber, der börsennotierte Unternehmen treibe. So mache sich
derzeit die schnelle Entwicklung in einer Reorganisation ihrer Arbeitsprozesse
bemerkbar. Heute arbeite auch SAP nicht mehr nach dem Wasserfall-Modell,
sondern agil im Scrum-Format. Nicht weil sie das toll fänden, sondern weil sie
ansonsten vom Markt verschwinden würden. Um die Mitarbeiter_innen auf dem
Weg mitzunehmen, planen sie insofern ein Investment in Höhe von 100 Millionen
Euro, die sie in deren Weiterentwicklung stecken wollen.
Lessons Learned: Ein kurzes Fazit
Die Konferenz bot viele Möglichkeiten der Reflexion des Bestehenden in
traditionellen Institutionen. Auch konnte man sich auf den Foren einige Fallbeispiele
im Sinne von Best Practices anhören.
Zwar folgten die Messe-Stände weitestgehend noch dem alten Dogma von Karriere,
Recruiting und Weiterbildung, gleichwohl geht die Politik hier erstaunlich positiv
voran. Es ist schon rührig zu sehen, wie sich fortgeschrittene Ministeriumsbeamte
bemühten, die Zeichen der Zeit aufzugreifen und zur Diskussion zu stellen.
Dem ansonsten sehr konservativen Publikum steht allerdings noch deutlich sichtbar ein weiter Weg in die Zukunft bevor. Auch die Personaler kämpfen an allen Ecken und Enden um ihre Daseinsberechtigung. Hier ist in Auftreten wie Diversity noch
viel Gestaltungspotenzial gegeben.
P.S. Ich habe derzeit eine Einladung zur Next:Economy Konferenz in San Francisco
im November 2015 vorliegen. Eintritt und Reisekosten muss ich selbst zahlen. Mag
das jemand sponsern? Einen Teil der Erkenntnisse publiziere ich dann öffentlich.
Den ausführlichen Bericht reiche ich exklusiv an meine Gönner_innen weiter.
Anyone? Bitte melden unter acwagner.info.
http://www.netzpiloten.de/zukunft-personal-2015/