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Hans Rainer Künzle
Kommentierung von Art. 593-597 ZGB,
in: Kurzkommentar ZGB (KUKO-ZGB),
hrsg. von Andrea Büchler und Dominique Jacob, Basel 2012.
KUKO-ZGB-Künzle, Art. 593-597 ZGB
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Vierter Abschnitt: Die amtliche Liquidation
Art. 593
A. Voraussetzung
I. Begehren eines Erben
1 Jeder Erbe ist befugt, anstatt die Erbschaft auszuschlagen oder unter
öffentlichem Inventar anzunehmen, die amtliche Liquidation zu verlangen.
2 Solange jedoch ein Miterbe die Annahme erklärt, kann dem Begehren keine
Folge gegeben werden.
3 Im Falle der amtlichen Liquidation werden die Erben für die Schulden der
Erbschaft nicht haftbar.
Literatur
DONZALLAZ, Liquidation officielle de la succession et droit de préemption légal des
parents (Art. 593 ss CC et 42 ss LDFR), ZBGR 2003, 65 ff.; HUX, Die Anwendbarkeit
des Auftragsrechts auf die Willensvollstreckung, die Erbschaftsverwaltung, die
Erbschaftsliquidation und die Erbenvertretung, Diss. Zürich 1985; SCHULER-BUCHE, -
L’exécuteur testamentaire, l’administrateur officiel et le liquidateur officiel, Diss.
Lausanne 2003; WEBER, Gerichtliche Vorkehren bei der Nachlassabwicklung, AJP
1997, 550 ff.; vgl. auch die Literaturhinweise zu Art. 554.
I. Erbschaftsliquidation
Die amtliche Liquidation bezieht sich auf den ganzen Nachlass (CHK-ABT, Art. 596 ZGB
N 3), einschliesslich der im Ausland liegenden Vermögen (vgl. ZR 1979, Nr. 4
[Erbschaftsverwalter nach Art. 554]; PKG 1991, 185 E. 4 [Sicherungsinventar nach
Art. 553]), und wird nur bei solventer Erbschaft durchgeführt, während bei Überschuldung
des Nachlasses eine konkursamtliche Liquidation durchzuführen ist (Art. 597; BGer vom
30.7.2001, 5P.182/2001 E. 2). Die amtliche Liquidation wird anhand genommen, wenn die
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Solvenz unklar ist, nicht aber wenn die Überschuldung offensichtlich ist, weil etwa
Verlustscheine gegen den Erblasser vorliegen (PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 593 ZGB
N 18). In der amtlichen Liquidation werden die Schulden getilgt (PraxKomm ErbR-ENGLER,
Art. 593 ZGB N 25; zu Einzelheiten vgl. Art. 596 N 5 ff.) und (nach Abschluss) den Erben
das Liquidationsergebnis (Nettoaktiven in natura) ausgehändigt (PraxKomm ErbR-
ENGLER, vor Art. 593 ff. ZGB N 2; zu Einzelheiten vgl. Art. 596 N 12 ff.).
II. Zweck
Mit der Erbschaftsliquidation wird der Grundsatz der Universalsukzession (Art. 560)
vorübergehend durchbrochen und die Haftung der Erben auf den Nachlass beschränkt
(EGV-SZ 1995, 129; PKG 2003, 87). Dieses Verfahren hat nur geringe Bedeutung erlangt,
weil viele Nachteile damit verbunden sind wie die Publikation des Verfahrens, fehlende
Einflussmöglichkeiten der Erben, rasche Liquidation mit Wertverlusten und erhebliche Kosten
(PraxKomm ErbR-ENGLER, vor Art. 593 ff. ZGB N 3). Es wird insb. bei kleineren Nachlässen
gewählt (weshalb kaum Gerichtspraxis dazu vorhanden ist), bei unübersichtlichen
Vermögensverhältnissen des Erblassers (CHK-ABT, Art. 593 ZGB N 8) oder bei Wohnsitz der
Erben im Ausland. Bei grösseren Nachlassvermögen erfolgt eine allfällige Liquidation eher
durch (privat) beauftragte Liquidatoren.
III. Antrag (Abs. 1)
Die Erbschaftsliquidation erfolgt auf (1) (unwiderruflichen) Antrag eines einzelnen
(tatsächlichen) Erben (Abs. 1) oder (2) Antrag der Gläubiger des Erblassers (Art. 594
Abs. 1) oder (3) durch Anfechtung der Ausschlagung durch die Gläubiger des Erben
(Art. 578 Abs. 2). Kein Antragsrecht nach Art. 594 Abs. 1 haben Erbengläubiger,
Erbgangsgläubiger und Vermächtnisnehmer (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 594 N 1).
Der Antrag eines Erben ist eine besondere Form der Annahme der Erbschaft. Mit der
Anordnung der amtlichen Liquidation (N 7) muss allerdings so lange zugewartet werden, bis
alle antragsberechtigten Erben die amtliche Liquidation verlangt haben, weil die Annahme
eines einzigen Erben diese verhindert (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 593 N 3; N 6).
An der amtlichen Liquidation nicht beteiligt sind erfolgreich ausschlagende Erben (CHK-
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ABT, Art. 593 ZGB N 1) ebenso wie verzichtende (Erbvertrag) und unwürdige Erben (ABOW
1986/87 Nr. 3 = SJZ 1989, 192 Nr. 32; CHK-ABT, Art. 593 ZGB N 10).
Zum Inhalt des Antrags gehören (in Anlehnung an Art. 570 und Art. 580 Abs. 2): (1) Tod des
Erblassers, (2) allenfalls getroffene Sicherungsmassregeln (Fristenlauf), (3) seine
Erbenstellung und (4) die fehlende Annahme durch einen Miterben (N 6) (BSK ZGB II-
KARRER/VOGT/LEU, Art. 593 N 6). Nicht notwendig sind eine Begründung und Angaben über
die Solvenz des Nachlasses (ZK-ESCHER, Art. 593 ZGB N 4 und 6). Darüber hinaus kann der
Erbe vorsorglich für den Fall, dass die amtliche Liquidation nicht zustandekommt, seine
Annahme oder Ausschlagung erklären (PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 593 ZGB N 15) oder
eine Fristverlängerung für die Aussxchlagung beantragen (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU,
Art. 593 N 6).
Die Frist für den Antrag beträgt i.d.R. mindestens drei Monate, weil die Frist für die
Ausschlagung (drei Monate) und allenfalls die Annahme unter öffentlichem Inventar (ein
Monat) abgewartet werden muss. Diese Fristen beginnen mit der Kenntnis vom Erbfall bzw.
mit der amtlichen Mitteilung nach Art. 558 (Art. 567), mit der Kenntnisnahme vom Inventar
nach Art. 553 (Art. 568) bzw. mit dem Abschluss des öffentlichen Inventars (Art. 587). Zur
Möglichkeit der Fristverlängerung s. Art. 576.
IV. Annahme der Erbschaft (Abs. 2)
Die Erbschaftsliquidation kann nicht durchgeführt werden, wenn auch nur ein Erbe die
Annahme erklärt (TC VD, JdT 1969 III, 106). Dabei ist die Form der Annahme
unerheblich, sei es durch Verstreichenlassen der Frist (Art. 571 Abs. 1), durch Einmischung
(Art. 571 Abs. 2) oder durch Annahme unter öffentlichem Inventar (Art. 588 Abs. 1; WEBER,
559). Wenn die Erbeneigenschaft eines annehmenden Erben bestritten ist oder Anzeichen für
seine Erbunwürdigkeit bestehen, kann die Erbschaftsliquidation nicht angeordnet werden,
sondern muss das Urteil des Richters abgewartet werden (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU,
Art. 593 N 3; a.M. BK-TUOR/PICENONI, Art. 593 ZGB N 1: Durchführung; PraxKomm ErbR-
ENGLER, Art. 593 ZGB N 4: Durchführung nach summarischer Prüfung der Behörde). Wurde
die Erbschaftsliquidation bereits angeordnet, hindert eine darauf folgende Annahme eines
Erben die Durchführung nicht mehr (BGE 54 II 416 E. 1; 52 II 195; ZK-ESCHER, Art. 593
ZGB N 8 und 12; a.M. HUX, 159).
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V. Beginn und Ende
Die amtliche Liquidation wird durch die zuständige Behörde (N 14) bewilligt oder vom
Richter in einem Urteil nach Art. 578 Abs. 2 angeordnet (PraxKomm ErbR-ENGLER, vor
Art. 593 ff. ZGB N 5). Abgelehnt wird die amtliche Liquidation, wenn eine Vermischung mit
Erbenvermögen sie verunmöglicht (PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 593 ZGB N 18) oder
wenn der Nachlass überschuldet ist (Art. 597; ZK-ESCHER, Art. 594 ZGB N 14). Zu den
Friktionen, welche das bäuerliche Bodenrecht mit sich bringen kann vgl. DONZALLAZ, 65 ff.
Vgl. auch Art. 595 N 2.
Den Abschluss findet die amtliche Liquidation mit der formellen Entlassung des
Erbschaftsliquidators durch die zuständige Behörde und der Aushändigung des Überschusses
an die Erben bzw. der Einleitung der konkursamtlichen Liquidation nach Art. 597 (BK-
TUOR/PICENONI, Art. 593 ZGB N 13a); vgl. auch Art. 595 N 3.
VI. Erbschaftsliquidator
Der Erbschaftsliquidator ist ein rein privatrechtliches Institut (ZK-ESCHER, Art. 595 ZGB
N 21), obwohl die Ernennung durch eine Behörde erfolgt bzw. eine Behörde selbst tätig wird
(Art. 595 N 1). Wegen der grossen Verwandtschaft zum Liquidator einer Kollektivgesellschaft
werden die Art. 582 ff. OR analog angewendet, subsidiär das Auftragsrecht (Art. 394 ff. OR;
HUX, 179 ff.). Er wird ausschliesslich vom Bundeszivilrecht geregelt, davon abweichende
kantonale Bestimmungen verletzten die derogatorische Kraft des Bundesrechts (BGE 130 III
97 E. 2.1). Er ist abzugrenzen vom Erbschaftsverwalter (Art. 554) und vom
Willensvollstrecker (Art. 517 f.).
Der Erbschaftsliquidator handelt für den Nachlass aus eigenem Recht (er ist nicht
weisungsgebunden; HUX, 164) und im Interesse der Erbschaftsgläubiger (Art. 594 N 1) und
Erben (Art. 593 N 2; BGE 130 III 97 E. 2.2), und er handelt im eigenen Namen («als
Erbschaftsliquidator im Nachlass X.»); zu den Einzelheiten vgl. Art. 596 N 2 f.
Seine Aufgabe ist es, die Schulden zu bereinigen und die verbleibenden Aktiven der
Erbengemeinschaft zu übergeben, nicht aber die Erbteilung durchzuführen (BSK ZGB II-
KARRER/VOGT/LEU, vor Art. 593–597 N 2 f.); zu den Einzelheiten vgl. Art. 596 N 5 ff.
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VII. Wirkungen (Abs. 3)
Durch die Anordnung der amtlichen Liquidation (N 7) wird der Nachlass zu einem
Sondervermögen, ähnlich der Konkursmasse (ZK-ESCHER, Art. 596 ZGB N 1). Das
Sondervermögen bildet keine Rechtspersönlichkeit, ist aber geschäftsfähig und wird durch
den Erbschaftsliquidator vertreten (N 10). Es kann (für Erbschaftsschulden) nicht betrieben
werden (BGE 47 III 10 E. 1), was vom Betreibungsamt von Amtes wegen zu beachten ist
(BGE 99 III 51). Die amtliche Liquidation hat keinen Einfluss auf Verjährungs- oder
Verwirkungsfristen (PraxKomm ErbR-ENGLER, vor Art. 593 ff. ZGB N 7).
Die Erben bleiben in ihren Rechten (BGE 67 III 177 E. 5), diese sind aber während der
amtlichen Liquidation sistiert (CHK-ABT, Art. 593 ZGB N 2), ebenso der Willensvollstrecker
(HUX, 158). Für die Erbschaftsgläubiger ist die Wirkung beinahe wie diejenige einer
Ausschlagung, haftet doch nur noch der Nachlass (ZK-ESCHER, vor Art. 593–597 ZGB
N 3 f.). Der Ausschluss der persönlichen Haftung aller Erben tritt unabhängig vom Grund
für die Anordnung der amtlichen Liquidation (N 3) ein (BGE 50 II 453 E. 2; BSK ZGB II-
KARRER/VOGT/LEU, Art. 593 N 8). Tauchen allerdings nach Abschluss des Verfahrens
(Aushändigung des Liquidationsergebnisses, vgl. N 1) Erbschaftsschulden auf, haften die
Erben (analog nach Art. 640) solidarisch mit gegenseitigem Regressrecht bis zum Betrag der
noch vorhandenen Bereicherung (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 593 N 10).
VIII. Zuständigkeit und Verfahren
Zuständig ist die Behörde am letzten Wohnsitz des Erblassers (Art. 28ZPO; AGVE 1971,
40; CHK-ABT, Art. 593 ZGB N 9). Die Behördenorganisation und das Verfahren sind
kantonal geregelt. Üblicherweise wird die gleiche Behörde tätig, welche das öffentliche
Inventar aufnimmt und es wird ein Verfahren der freiwilligen, nichtstreitigen Gerichtsbarkeit
durchgeführt (PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 593 ZGB N 21). Während der Dauer der
Erbschaftsliquidation kann der Erbe für Erbschafts- und Erbgangsschulden nicht eingeklagt
werden (BK-TUOR/PICENONI, Art. 593 ZGB N 7). Im internationalen Verhältnis richtet sich
die Anordnung der amtlichen Liquidation nach dem Eröffnungsstatut, auf den in der Schweiz
verstorbenen Erblasser kommt somit schweizerisches Recht zur Anwendung (PKG 2003, 85).
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Art. 594
II. Begehren der Gläubiger des Erblassers
1 Haben die Gläubiger des Erblassers begründete Besorgnis, dass ihre
Forderungen nicht bezahlt werden, und werden sie auf ihr Begehren nicht befriedigt
oder sichergestellt, so können sie binnen drei Monaten, vom Tode des Erblassers oder
der Eröffnung der Verfügung an gerechnet, die amtliche Liquidation der Erbschaft
verlangen.
2 Die Vermächtnisnehmer können unter der gleichen Voraussetzung zu ihrer
Sicherstellung vorsorgliche Massregeln verlangen.
Literatur
HUX, Die Anwendbarkeit des Auftragsrechts auf die Willensvollstreckung, die
Erbschaftsverwaltung, die Erbschaftsliquidation und die Erbenvertretung, Diss. Zürich
1985; SCHULER-BUCHE, L’exécuteur testamentaire, l’administrateur officiel et le
liquidateur officiel, Diss. Lausanne 2003.
I. Zweck
Während Art. 593 den Erben schützt, geht es in Art. 594 um den Schutz des
Erbschaftsgläubigers vor der Vermischung der Erbschaft mit dem Vermögen des/der
überschuldeten Erben (ZK-ESCHER, Art. 594 ZGB N 1). Die Erbschaftsgläubiger haben
Vorrang vor den Vermächtnisnehmern (welche in Abs. 2 einen schwächeren Schutz erhalten,
N 9–10) und den Erbengläubigern (welche in Art. 578 wenigstens die Ausschlagung
anfechten können; Art. 593 N 3) (BK-TUOR/PICENONI, Art. 594 ZGB N 1).
II. Antragsberechtigte Personen
Antragsberechtigt ist jeder einzelne Erbschaftsgläubiger und zwar unabhängig davon, ob er
gleichzeitig noch Erbe oder Vermächtnisnehmer ist (HUX, 160). Er muss eine (obligatorische)
Forderung gegen die Erben (-gemeinschaft) haben (dingliche Rechte genügen nicht), diese
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muss aber nicht fällig sein (BGE 55 II 18). Nicht antragsberechtigt nach Art. 594 sind die
Erbgangsgläubiger (ABOW 1986/87 Nr. 3 = SJZ 1989, 192 Nr. 32; CHK-ABT, Art. 594 ZGB
N 1), die Erbengläubiger (welche stattdessen die Ausschlagung anfechten können [Art. 593
N 3]) und die Vermächtnisnehmer (welche stattdessen Sicherstellungsmassnahmen verlangen
können [N 9 f.]).
III. Antrag
Zum Inhalt des Antrags gehören – ähnlich wie in Art. 593 (Art. 593 N 3) – (1) der Tod des
Erblassers, (2) die Stellung als Erbschaftsgläubiger (N 2), (3) die begründete Besorgnis, dass
die Forderung nicht bezahlt wird (N 4) und (4) die fehlende Bezahlung oder Sicherstellung
(N 5).
Begründete Besorgnis ist etwa gegeben, wenn die Erben zahlungsunfähig oder im Ausland
abwesend sind, nicht aber, wenn nur einer von mehreren (solidarisch haftbaren) Erben nicht in
der Lage ist, die Erbschaftsschulden zu bezahlen (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 594
N 5).
Fehlende Bezahlung oder Sicherstellung kann nachgewiesen werden, wenn der
Erbschaftsgläubiger allen bekannten Erben (1) eine Aufforderung zur Zahlung (oder
Sicherstellung) (2) innert einer angemessenen Frist zustellt, (3) verbunden mit der
Androhung, dass ansonsten die amtliche Liquidation verlangt werde (CHK-ABT, Art. 594
ZGB N 3) und die Zahlung oder Sicherstellung ausbleibt. Die Zustellung eines
Zahlungsbefehls erfüllt die hervor beschriebenen Anforderungen nicht. Ob die Erben die
Sicherstellung selbst oder durch einen Dritten stellen, ist nicht relevant, die zuständige
Behörde prüft allerdings die Angemessenheit (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 594
N 6).
Der Antrag hat innert einer Frist von drei Monaten seit dem Tod des Erblassers bzw. der
Eröffnung der Verfügung (Art. 558) zu erfolgen (Abs. 1), welche nicht erstreckbar ist
(SCHULER-BUCHE, 45). Daher wird er nicht selten gleichzeitig mit der Aufforderung an die
Erben (N 5) der zuständigen Behörde zugestellt.
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IV. Wirkung
Die amtliche Liquidation wirkt für alle Gläubiger und Erben (ZK-ESCHER, Art. 594 ZGB
N 4). Obwohl in Art. 594 nicht eigens erwähnt, gilt der Ausschluss der Erbenhaftung
(Art. 593 N 14) auch hier (BK-TUOR/PICENONI, Art. 594 ZGB N 27 ff.).
Anders als in Art. 593 verhindert die Annahme durch einen Erben die amtliche Liquidation
nicht (ZK-ESCHER, Art. 594 ZGB N 4), wohl aber die Ausschlagung durch alle Erben, weil
dann die konkursamtliche Liquidation zum Zug kommt (BGE 55 II 18 E. 4). Wenn ein Erbe
gleichzeitig Erbschaftsgläubiger ist, wird er wegen der grösseren Erfolgsaussicht ein Interesse
haben, den Antrag in seiner Eigenschaft als Gläubiger einzureichen (ZK-ESCHER, Art. 594
ZGB N 7).
V. Sicherungsmassregeln (Abs. 2)
Jeder einzelne Vermächtnisnehmer kann ein Begehren um Sicherungsmassregeln stellen und
zwar unabhängig davon, ob die amtliche Liquidation durchgeführt wird (BSK ZGB II-
KARRER/VOGT/LEU, Art. 594 N 12). Die Sicherstellung betrifft nur sein Vermächtnis. Der
Antrag entspricht inhaltlich demjenigen der Erbschaftsgläubiger (N 3–6).
Als Sicherungsmassregeln in Frage kommen (1) die Aufnahme eines Inventars, (2) ein
Veräusserungsverbot an die Erben oder den Erbschaftsliquidator, (3) eine Grundbuchsperre
oder amtliche Verwahrung, (4) ein Verbot an Erbschaftsschuldner zur Zahlung an die Erben
oder den Erbschaftsliquidator oder (5) die Begründung eines Pfandrechts an
Nachlassgegenständen zugunsten des Vermächtnisnehmers (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU,
Art. 594 N 14). Nicht in Frage kommt die Erbschaftsverwaltung nach Art. 554 (SCHULER-
BUCHE, 29).
VI. Zuständigkeit und Verfahren
Vgl. dazu Art. 593 N 14. Die Anordnung erfolgt in gleicher Weise wie nach Art. 593 (Art. 593
N 7). Die Gläubigereigenschaft (N 2) und die begründete Besorgnis (N 4) müssen nur
glaubhaft gemacht (nicht streng bewiesen) werden (CHK-ABT, Art. 594 ZGB N 2). Die
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Sicherungsmassregeln (N 9 f.) betreffen keine Zivilrechtsstreitigkeit und konnten deshalb
bisher nicht mit der Berufung angefochten werden (BGE 104 II 136 E. 3 f.), die Beschwerde
in Zivilsachen (Art. 72 BGG) steht nun aber zur Verfügung, weil damit auch die nicht-
streitigen Zivilsachen erfasst werden (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 5).
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Art. 595
B. Verfahren
I. Verwaltung
1 Die amtliche Liquidation wird von der zuständigen Behörde oder in deren
Auftrag von einem oder mehreren Erbschaftsverwaltern durchgeführt.
2 Sie beginnt mit der Aufnahme eines Inventars, womit ein Rechnungsruf
verbunden wird.
3 Der Erbschaftsverwalter steht unter der Aufsicht der Behörde, und die Erben
sind befugt, bei dieser gegen die von ihm beabsichtigten oder getroffenen Massregeln -
Beschwerde zu erheben.
Literatur
BREITSCHMID, Urteilsbesprechung von 5C.51/1995 und 5P.69/1995, AJP 1996, 1287 ff.;
DERRER, Die Aufsicht der zuständigen Behörde über den Willensvollstrecker und den
Erbschaftsliquidator, Diss. Zürich 1985; SCHULER-BUCHE, L’exécuteur testamentaire, -
l’administrateur officiel et le liquidateur officiel, Diss. Lausanne 2003; STIERLIN, Der
Willensvollstrecker als Erbschaftsverwalter, Erbschaftsliquidator und Erbenvertreter,
Diss. Zürich 1972; vgl. auch die Literaturhinweise zu Art. 593.
I. Ernennbare Personen (Abs. 1)
Die zuständige Behörde (N 15) kann die amtliche Liquidation selbst durchführen oder (nach
freiem Ermessen) einer anderen Behörde oder einem Dritten übertragen (CHK-ABT, Art. 595
ZGB N 2). Das kann – muss aber nicht – der Willensvollstrecker sein (PraxKomm ErbR-
ENGLER, Art. 595 ZGB N 3). Erben sind zwar nicht ausgeschlossen, kommen wegen häufiger
Interessenkollision aber weniger in Betracht (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 9).
Das kantonale Recht bestimmt die infrage kommenden Personen (ZK-ESCHER, Art. 595 ZGB
N 14). Eine Übernahmepflicht gibt es nicht, das Amt kann also ohne Angaben von Gründen
abgelehnt werden (BGE 130 III 97 E. 3.1).
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II. Beginn und Ende
Die amtliche Liquidation beginnt mit einer Verfügung der zuständigen Behörde bzw. (im
Falle von Art. 578 Abs. 2) mit einem Urteil des Richters (Art. 593 N 7). Diese Anordnung ist
zu publizieren (i.d.R. zusammen mit dem Rechnungsruf, N 5), ihre Wirkung hängt aber nicht
von der Publikation ab (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 4 und 11).
Die amtliche Liquidation endet mit einer Verfügung der zuständigen Behörde, welche erlassen
wird, wenn der Erbschaftsliquidator den Schlussbericht zusammen mit dem Inventar und
seiner Honorarnote zur Prüfung und Genehmigung einreicht (BSK ZGB II-
KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 12). Ein Erbe kann durch nachträgliche Annahme nicht
bewirken, dass die amtliche Liquidation beendet wird (Art. 593 N 8). Die Erben können auch
nicht durch gemeinsamen Antrag das Ende herbeiführen. Der zuständigen Behörde steht es
allerdings frei, den Abbruch des Verfahrens zu verfügen, wenn weder die Interessen der
Erbschaftsgläubiger (Art. 594 N 1) noch diejenigen der Erben (Art. 593 N 2) gefährdet sind,
was aber nur in Ausnahmefällen vorkommen dürfte (PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 595 ZGB
N 22 f.). Wenn der Erbschaftsliquidator seine Funktion vorzeitig beendet, hat die zuständige
Behörde (N 15) einen Nachfolger zu bestimmen (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595
N 11).
III. Inventar und Rechnungsruf (Abs. 2)
Am Beginn der amtlichen Liquidation wird ein Inventar aufgenommen und ein
Rechnungsruf durchgeführt. Für die Inventaraufnahme gelten die Regeln über das öffentliche
Inventar (Art. 581 und 583), Vermächtnisse sind darin nicht aufzuführen (SCHULER-BUCHE,
191). Forderungen und Schulden, die in öffentlichen Büchern verzeichnet sind oder aus den
Papieren des Erblassers hervorgehen, müssen von Amtes wegen ins Inventar aufgenommen
werden (ZK-ESCHER, Art. 595 ZGB N 4). Auf ein Inventar kann verzichtet werden, wenn
vorgängig ein öffentliches Inventar aufgenommen wurde (BGer vom 30.7.2001, 5P.182/2001
E. 4b; CHK-ABT, Art. 595 ZGB N 5), das Sicherungsinventar (Art. 553) oder Steuerinventar
(Art. 154 f. DBG) genügen dagegen nicht (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 15).
Die Inventaraufnahme hat den Zweck, die Solvenz des Nachlasses zu klären, welche
Voraussetzung für die amtliche Liquidation ist (Art. 593 N 1). Dies verlangt Bewertungen der
Nachlassgegenstände (BK-TUOR/PICENONI, Art. 595 ZGB N 6). Bei Insolvenz ist das
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Verfahren nach Art. 597 einzuleiten (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 15). Wenn
die Solvenz nicht zweifelsfrei feststeht, muss der Erbschaftsliquidator den Vermögensstand
laufend überprüfen und zu diesem Zweck auch die Bewertungen nachführen (PraxKomm
ErbR-ENGLER, Art. 595 ZGB N 27).
Der Rechnungsruf richtet sich ebenfalls nach den Regeln des öffentlichen Inventars
(Art. 582), er hat aber keine Präklusivwirkung (BK-TUOR/PICENONI, Art. 595 ZGB N 6 ff.),
schliesst also Gläubiger nicht aus, welche sich innert der (vom Erbschaftsliquidator
bestimmten) Frist nicht gemeldet haben. Wenn im Rahmen eines öffentlichen Inventars
bereits ein Rechnungsruf vorgenommen wurde, kann man auf ihn verzichten (BGer vom
30.7.2001, 5P.182/2001 E. 4b), dann ist alleine die Tatsache der amtlichen Liquidation zu
publizieren (Art. 595 N 2). Das kantonale Recht weicht davon teilweise ab, indem es den
Rechnungsruf zwingend vorschreibt (§ 147 Abs. 2 EGZGB BS), was aber bundesrechtswidrig
ist (Art. 593 N 9). Sowohl die Erben wie auch Dritte sind zur Auskunft verpflichtet (Art. 581
Abs. 3, Art. 607 Abs. 3 und Art. 610 Abs. 2; PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 595 ZGB N 26).
Die beim öffentlichen Inventar vorgesehene Inventarauflage (Art. 584) wird bei der
amtlichen Liquidation nicht durchgeführt, die Erbschaftsgläubiger und Erben haben aber das
Recht, Einsicht in das Inventar zu nehmen (ZK-ESCHER, Art. 595 ZGB N 5). Insbesondere die
Erbschaftsgläubiger können bei Verdacht auf Überschuldung die Konkurseröffnung
beantragen (PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 595 ZGB N 29).
IV. Aufsicht (Abs. 3)
Die zuständige Behörde (N 15) beaufsichtigt den Erbschaftsliquidator (DERRER, 18 f.;
soweit sie diese Aufgabe nicht selbst wahrnimmt und von einer anderen Behörde beaufsichtigt
wird).
Die Aufsichtsbehörde wird von Amtes wegen oder auf Beschwerde hin tätig (BK-
TUOR/PICENONI, Art. 595 ZGB N 11). Zur Beschwerde legitimiert sind neben allen Erben
(inkl. bestrittene und übergangene, vgl. PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 595 ZGB N 38) auch
Vermächtnisnehmer, Erbschaftsgläubiger und Erbgangsgläubiger (CHK-ABT, Art. 595 ZGB
N 8). Das Erheben einer Beschwerde gilt nicht als Einmischung (BSK ZGB II-
KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 24). Passivlegitimiert ist der Erbschaftsliquidator, welcher
seinerseits die Behörde auch mit einer Anfrage angehen kann (BGer vom 13.7.1995,
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KUKO-ZGB-Künzle, Art. 593-597 ZGB
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5P.69/1995 E. 4b = AJP 1996, 1292 m.Verw. auf BGE 79 II 113; ZK-ESCHER, Art. 595 ZGB
N 16).
Das Beschwerdeverfahren ist ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit und es wird von
der Offizialmaxime beherrscht (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 33). Eine
aufschiebende Wirkung der Beschwerde muss beantragt werden.
Die Kognition der Aufsichtsbehörde ist beschränkt auf das formelle Vorgehen,
Kompetenzüberschreitungen, Pflichtverletzungen, Untätigkeit und Unfähigkeit,
Unangemessenheiten einer Massnahme (offenbare Unzweckmässigkeit bis Willkür) und
Verletzung der Interessen der Beteiligten (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 22).
Die Aufsichtsbehörde darf Ermessensentscheide nicht überprüfen (BREITSCHMID, 1293) und
hat keine Kognition bezüglich materieller Rechtsfragen, welche vom ordentlichen Richter zu
entscheiden sind (BGE 130 III 97 E. 3.3; BGer vom 24.6.2004, 5P.166/2004 E. 2.2).
Die Aufsichtsbehörde kann vom Erbschaftsliquidator Auskunft verlangen und die
erforderlichen Massnahmen anordnen (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 28 ff.).
Als (präventive) sachliche Massnahmen kommen in Frage (DERRER, 80 ff.): (1)
Unverbindliche Empfehlungen, (2) verbindliche Weisungen und (3) andere sachdienliche
Massnahmen wie die Kontosperre, Grundbuchsperre oder Fristansetzung. Daneben sind
disziplinarische Massnahmen möglich (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 30
): (1) Verweis (ZR 1992 Nr. 46 E. 5b), (2) Ermahnung (ZR 1992 Nr. 46 E. 5b), (3)
Verwarnung, (4) Ordnungsbussen (PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 595 ZGB N 41, weist
darauf hin, dass dafür die gesetzliche Grundlage in keinem Kanton gegeben ist), (5)
Bestrafung nach Art. 292 StGB (DERRER, 88), (6) vorläufige Amtseinstellung und – als ultima
ratio – (7) Absetzung. Die Massnahmen sind für den ordentlichen Richter nicht verbindlich
(BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 35).
V. Verantwortlichkeit
Der Erbschaftsliquidator ist für seine Tätigkeit verantwortlich und zwar in disziplinarischer
(Aufsicht, N 7 ff.), zivilrechtlicher (Haftung, N 13), strafrechtlicher (etwa Art. 138
[Veruntreuung] oder Art. 158 StGB [ungetreue Geschäftsbesorgung]) und (bei
Erbschaftsliquidatoren mit bewilligungspflichtigen Berufen wie Notaren oder Anwälten) in
berufsrechtlicher Hinsicht (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 40).
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KUKO-ZGB-Künzle, Art. 593-597 ZGB
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Die zivilrechtliche Haftung richtet sich grundsätzlich nach Art. 398 f. OR (wie beim
Willensvollstrecker, BGE 101 II 47 E. 2.2) und verjährt in zehn Jahren (Art. 127 OR; BSK
ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 43). Zur Haftung führen etwa unentgeltliche oder
ohne genügendes Entgelt veräusserte Nachlassgegenstände oder unnötige Ausgaben (BGE 52
II 195). Zur Abwehr vor Haftungsansprüchen sollte der Erbschaftsliquidator Aufzeichnungen
führen, welche die Rechtmässigkeit seines Handelns belegen (PraxKomm ErbR-ENGLER,
Art. 596 ZGB N 7). Mehrere Erbschaftsliquidatoren haften solidarisch, soweit sie keine
getrennten Aufgabenbereiche betreut haben (HUX, 193). Legitimiert sind die Erben
(gemeinschaftlich, vgl. BGE 52 II 195; 51 II 267), die Vermächtnisnehmer und die
Erbschaftsgläubiger (allerdings erst nach Abtretung durch die Konkursverwaltung, Art. 260
SchKG) und die Konkursverwaltung (PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 595 ZGB N 45). Soweit
kantonale oder kommunale Angestellte die amtliche Liquidation durchführen, kann die
(strengere) Staatshaftung zum Zug kommen, dies bildet aber nicht die Regel (BGE 130 III 97
E. 3.1). Die Haftung wird vom ordentlichen Richter behandelt.
VI. Vergütung
Der Erbschaftsliquidator hat Anspruch auf eine Vergütung, nämlich Honorar und
Spesenersatz (Art. 402 Abs. 1), welche eine Erbgangsschuld darstellt und direkt vom
Nachlass bezogen werden kann (ZK-ESCHER, Art. 595 ZGB N 20). Das Honorar muss
angemessen sein und richtet sich nach den Grundsätzen, welche für den Willensvollstrecker
gelten (Art. 517 Abs. 3; BGE 129 I 330; BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 13). Im
Streitfall ist die Vergütung von der zuständigen Behörde festzulegen (LGVE 1987 III Nr. 25;
ZR 1969 Nr. 136; SCHULER-BUCHE, 229 f.).
VII. Zuständigkeit und Verfahren
Örtlich zuständig ist die Behörde am letzten Wohnsitz des Erblassers (Art. 28 Abs. 2ZPO).
Die Behördenorganisation ist kantonal geregelt (BGE 130 III 97 E. 2.1; CHK-ABT, Art. 595
ZGB N 2). Für die Durchführung und Aufsicht können verschiedene Behörden vorgesehen
sein (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 1).
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KUKO-ZGB-Künzle, Art. 593-597 ZGB
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Die amtliche Liquidation ist ein (kantonales) Verfahren der freiwilligen, nichtstreitigen
Gerichtsbarkeit (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 595 N 3). Die Kosten der amtlichen
Liquidation sind vom Nachlass – nicht von den antragstellenden Erben – zu tragen (BGE 124
III 286 E. 3a; RJJ 1999, 203). Die Behörde hat eine summarische Kognitionsbefugnis, ihre
Entscheidungen haben keine materielle Rechtskraft (BGE 54 II 416 E. 6). Die Rechtsmittel
werden ebenfalls vom kantonalen Recht bestimmt. Gegen letztinstanzliche kantonale
Gerichtsentscheide ist die Beschwerde in Zivilsachen ans Bundesgericht möglich (Art. 72
Abs. 2 lit. b Ziff. 5 BGG; PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 595 ZGB N 42). Zum
Aufsichtsverfahren vgl. N 7–11.
KUKO-ZGB-Künzle, Art. 593-597 ZGB
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Art. 596
II. Ordentliche Liquidation
1 Zum Zwecke der Liquidation sind die laufenden Geschäfte des Erblassers zu
beendigen, seine Verpflichtungen zu erfüllen, seine Forderungen einzuziehen, die
Vermächtnisse nach Möglichkeit auszurichten, die Rechte und Pflichten des Erblassers,
soweit nötig, gerichtlich festzustellen und sein Vermögen zu versilbern.
2 Die Veräusserung von Grundstücken des Erblassers erfolgt durch öffentliche
Versteigerung und darf nur mit Zustimmung aller Erben aus freier Hand stattfinden.
3 Die Erben können verlangen, dass ihnen die Sachen und Gelder der Erbschaft,
die für die Liquidation entbehrlich sind, schon während derselben ganz oder teilweise
ausgeliefert werden.
Literatur
HUX, Die Anwendbarkeit des Auftragsrechts auf die Willensvollstreckung, die
Erbschaftsverwaltung, die Erbschaftsliquidation und die Erbenvertretung, Diss. Zürich
1985; SCHULER-BUCHE, L’exécuteur testamentaire, l’administrateur officiel et le
liquidateur officiel, Diss. Lausanne 2003; vgl. auch die Literaturhinweise zu Art. 595.
I. Rechte und Pflichten (Abs. 1)
Der Erbschaftsliquidator ist ein privatrechtliches Institut eigener Art, obwohl eine
Bestellung durch eine Behörde erfolgt bzw. eine Behörde selbst tätig wird (Art. 595 N 1).
Gegenüber den Erben, Gläubigern und Dritten kann der Erbschaftsliquidator nicht durch
behördliche Verfügung auftreten; anders lautende kantonale Bestimmungen sind
bundesrechtswidrig (BGE 130 III 97; PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 595 ZGB N 11). Der
Erbschaftsliquidator dient den Interessen der Erben (Art. 593 N 2) und der
Erbschaftsgläubiger (Art. 594 N 1). Er ist dem Geldwäschereigesetz nicht unterstellt (BSK
ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 596 N 2a).
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KUKO-ZGB-Künzle, Art. 593-597 ZGB
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1. Handeln für den Nachlass
Der Erbschaftsliquidator hat alle Kompetenzen, welche zur Liquidation des Nachlasses
notwendig sind. Er erlangt Besitz am Nachlass (SCHULER-BUCHE, 195) und hat eine (nach
aussen unbeschränkte) Verfügungsmacht über die Vermögensgegenstände, welche zum
Nachlass gehören und sich im Eigentum der Erben befinden (ZK-ESCHER, Art. 595 ZGB
N 21). Die Verfügungsmacht ist exklusiv und schliesst die Erben von Verfügungen aus (BSK
ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 596 N 3). Unter dem Vorbehalt des Schutzes gutgläubiger
Dritter sind ihre Handlungen gegenüber den Erbschaftsgläubigern unwirksam (BK-
TUOR/PICENONI, Art. 595 N 3). Verfügungen nimmt der Erbschaftsliquidator im eigenen
Namen vor.
Der Erbschaftsliquidator hat daneben auch eine umfassende Vertretungsmacht, welche
gutgläubige Dritte vor dem Einwand schützt, ein Geschäft sei zur Erfüllung des
Liquidationsauftrags nicht notwendig gewesen (PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 596 ZGB
N 6). Er vertritt den Nachlass als Sondervermögen (Art. 593 N 12) bei Rechtsgeschäften und
handelt dabei im eigenen Namen («als Erbschaftsliquidator im Nachlass X.»), denn er muss
die einzelnen Erben nicht aufführen. Dasselbe gilt bei Betreibungsverfahren für
Verpflichtungen, welche der Erbschaftsliquidator eingegangen ist (N 6).
2. Prozessführungsbefugnis
Der Erbschaftsliquidator handelt im Prozess «als Erbschaftsverwalter im Nachlass X.», was
man als Prozessstandschaft bezeichnet (BGE 130 III 97 E. 2.3; PraxKomm ErbR-ENGLER,
Art. 595 ZGB N 16 und 50). Die Prozessführungsbefugnis ist in seinem Amt enthalten (BSK
ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 596 N 23) und verpflichtet das Nachlassvermögen. Sie
umfasst nur Verfahren, welche für die Nachlassliquidation erforderlich sind (BK-
TUOR/PICENONI, Art. 596 ZGB N 7), nicht aber erbrechtliche Prozesse (PraxKomm ErbR-
ENGLER, Art. 595 ZGB N 17), allerdings mit Ausnahme der Erbschaftsklage (PraxKomm
ErbR-ENGLER, Art. 596 N 9). Die Erben dagegen können die erbrechtlichen Prozesse ohne
Rücksicht auf die amtliche Liquidation durchführen (CHK-ABT, Art. 596 ZGB N 4).
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3. Pflichten
Der Erbschaftsliquidator hat seine Aufgabe persönlich zu erfüllen (PraxKomm ErbR-ENGLER,
Art. 596 ZGB N 1), er kann sie nicht vollständig delegieren (HUX, 186 f.). Er hat seine
Aufgabe (wie ein Willensvollstrecker) zügig und sorgfältig zu erledigen (BSK ZGB II-
KARRER/VOGT/LEU, Art. 596 N 6). Zu seinen allgemeinen Pflichten gehört es: (1) an der
güterrechtlichen Auseinandersetzung mitzuwirken und dabei die Erben zu vertreten (CHK-
ABT, Art. 596 ZGB N 5), (2) ein Inventar aufzunehmen (Art. 595 N 4) und dabei
Schenkungen und Erbvorbezüge im Hinblick auf allfällige Rückforderungen abzuklären
(CHK-ABT, Art. 596 ZGB N 8), aber auch Eigentum Dritter und deren Ansprüche
auszuscheiden (BGE 112 II 157 [Lebensversicherungsansprüche]) und (3) die Liquidation des
Nachlasses durchzuführen, wobei keine feste Zeitdauer dafür vorgesehen ist (ZK-ESCHER,
Art. 595 ZGB N 2). Über weite Strecken decken sich seine Pflichten mit denjenigen des
Willensvollstreckers (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 596 N 6 ff.).
Abs. 1 beschreibt einige besondere Pflichten: (1) Beendigung der laufenden Geschäfte (BSK
ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 596 N 11), (2) fällige Verpflichtungen erfüllen, soweit diese
klar sind (CHK-ABT, Art. 596 ZGB N 9) und solange die Solvenz gesichert ist (PraxKomm
ErbR-ENGLER, Art. 596 ZGB N 29), (3) nicht fällige, bedingte und bestrittene Forderungen
sicherstellen (PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 596 N 35 ff.), (4) fällige Forderungen einziehen
(nichtfällige Forderungen können den Abschluss der amtlichen Liquidation verzögern, ZK-
ESCHER, Art. 596 ZGB N 10), (5) Vermächtnisse ausrichten, soweit dafür Mittel vorhanden
sind (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 596 N 17), (6) Vermögen versilbern, soweit dies
zur Deckung der Schulden notwendig ist und unter Rücksichtnahme auf die Interessen der
Erben (BK-TUOR/PICENONI, Art. 596 ZGB N 8) und (7) Mitwirkung beim Steuerinventar und
bei der Deklaration der Einkommens- und Vermögenssteuer. (8) Vereinzelt kann es auch
notwendig sein, neue Verpflichtungen einzugehen (PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 596 ZGB
N 18).
Nicht zu den Pflichten des Erbschaftsliquidators gehört es (PraxKomm ErbR-ENGLER,
Art. 596 ZGB N 3): (1) Erben zu ermitteln, (2) ein Verschollenheitsverfahren in Gang setzen,
(3) Erbeneigenschaften abzuklären und (4) die Teilung durchzuführen (BGE 52 II 195).
Der Erbschaftsliquidator geniesst einen grossen Ermessensspielraum. So entscheidet er
beim Einzug eines Guthabens, ob er eine Betreibung anhebt, eine Klage einreicht oder eine
vergleichsweise Erledigung bevorzugt (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 596 N 15).
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KUKO-ZGB-Künzle, Art. 593-597 ZGB
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Auch bei der Versilberung des Vermögens ist er (mit Ausnahme von Abs. 2) frei, er ist insb.
nicht an Schätzwerte gebunden (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 596 N 20).
4. Auskunft
Der Erbschaftsliquidator ist zur Information der Erben, Vermächtnisnehmer und
Erbschaftsgläubiger verpflichtet und im Gegenzug hat er ein Informationsrecht (SCHULER-
BUCHE, 204 f.), welches er allerdings nicht mit öffentlichen Verfügungen durchsetzen kann
(BGE 130 III 97 E. 3.3). Der Erbschaftsliquidator kann Erben- und Gläubigerversammlungen
abhalten (ZK-ESCHER, Art. 595 ZGB N 17).
II. Veräusserung von Grundstücken (Abs. 2)
Wenn Grundstücke veräussert werden, sind diese nach Abs. 2 grundsätzlich öffentlich zu
versteigern. Ein freihändiger Verkauf oder eine private Versteigerung dürfen nur mit
Zustimmung der Erben durchgeführt werden (CHK-ABT, Art. 596 ZGB N 13). Abs. 2
schränkt die (externe) Verfügungsmacht (N 3) des Erbschaftsliquidators nicht ein, sondern nur
die (interne) Verfügungsbefugnis (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 596 N 30).
III. Vorzeitige Auslieferung (Abs. 3)
Soweit die Vermögenswerte des Nachlasses entbehrlich oder (kommerziell) wertlos sind (wie
Familienschriften), müssen diese bereits während der amtlichen Liquidation an die Erben
ausgeliefert (N 11) werden. Wenn sich im Nachlass ein Betrieb befindet, welcher zur
Übergabe an die Erben vorgesehen ist, sollte dies baldmöglichst erfolgen (PraxKomm ErbR-
ENGLER, Art. 596 ZGB N 16). Die Auslieferung setzt einen Antrag der Erben voraus (BSK
ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 596 N 31). Falls es erforderlich wird, haben die Erben diese
Aktiven in einem späteren Zeitpunkt wieder in die amtliche Liquidation zurückzuführen (ZK-
ESCHER, Art. 596 ZGB N 17).
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IV. Aushändigung des Aktivenüberschusses
Die nach Abschluss der amtlichen Liquidation verbleibenden Aktiven sind zunächst zur
Sicherstellung von nicht fälligen, bestrittenen oder bedingten Erbschafts- und
Erbgangsschulden sowie von offenen Liquidationskosten zu verwenden (BSK ZGB II-
KARRER/VOGT/LEU, Art. 596 N 33). Sodann sind sie für die (ganze oder teilweise)
Ausrichtung der Vermächtnisse einzusetzen. Der verbleibende Rest stellt den Netto-
Aktivenüberschuss dar.
Der Netto-Aktivenüberschuss ist nach Deckung der Schulden und Ausrichtung der
Vermächtnisse in natura (BGE 52 II 195), den Erben gemeinschaftlich (BGE 67 III 177
E. 5) oder einem allfälligen Willensvollstrecker zu übergeben. Da die Teilung nicht zu den
Aufgaben des Erbschaftsliquidators gehört (N 7), ist eine Übergabe von Anteilen an die
einzelnen Erben (so PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 596 ZGB N 51) abzulehnen (ebenso BSK
ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 596 N 33).
Grundstücke werden i.d.R. erst nach Abschluss der amtlichen Liquidation auf die Erben
übertragen (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 596 N 8). Zur Sicherung dienen weniger
Verfügungsbeschränkungen (BK-TUOR/PICENONI, Art. 595 ZGB N 3) als die
Erbbescheinigung, welche während des Verfahrens nicht oder nur mit einem entsprechenden
Hinweis auf die amtliche Liquidation ausgestellt wird (PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 596
ZGB N 11).
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KUKO-ZGB-Künzle, Art. 593-597 ZGB
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Art. 597
II. Konkursamtliche Liquidation
Ist die Erbschaft überschuldet, so erfolgt die Liquidation durch das Konkursamt nach
den Vorschriften des Konkursrechtes
Literatur
WEBER, Gerichtliche Vorkehren bei der Nachlassabwicklung, AJP 1997, 550 ff.; vgl. auch die
Literaturhinweise zu Art. 595.
I. Konkursamtliche Liquidation
Der überschuldete Nachlass (N 2) ist nach den Vorschriften des Konkursrechts (Art. 193
Abs. 1 Ziff. 2 SchKG) zu liquidieren (ZK-Escher, Art. 597 ZGB N 1). Dasselbe Verfahren
kommt zur Anwendung, wenn alle nächsten gesetzlichen Erben ausgeschlagen haben
(Art. 573 i.V.m. Art. 193 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG; BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 597
N 1). Der zweite Fall ist gesetzgeberisch unbefriedigend gelöst für den Fall, dass eine
ungewisse Erbfolge besteht (WEBER, 560).
II. Überschuldung
Der Nachlass ist überschuldet, wenn die zum Verkehrswert bewerteten Aktiven nicht
genügen, die angemeldeten und ausgewiesenen Erbschafts- und Erbgangsschulden
(einschliesslich nicht fällige und bedingte Schulden) sowie die Kosten der konkursamtlichen
Liquidation (jedoch ohne Vermächtnisse und Auflagen) zu decken (ZK-ESCHER, Art. 597
ZGB N 5). Nicht zum Nachlass gehörende Vermögenswerte sind auszuscheiden (BGE 112 II
157 [Lebensversicherung]). Bei bestrittenen Schulden muss der Erbschaftsliquidator
entscheiden, ob er die Schuld mitrechnen oder ob er eine rechtliche Entscheidung abwarten
will (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 597 N 4).
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KUKO-ZGB-Künzle, Art. 593-597 ZGB
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III. Anordnung der konkursamtlichen Liquidation
Der amtliche Liquidator (Art. 593 ff.) muss laufend überprüfen, ob eine Überschuldung (N 2)
vorliegt und diese gegebenenfalls der zuständigen Behörde anzeigen sowie ihr den Antrag auf
konkursamtliche Liquidation stellen (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 597 N 5). Nach
Art. 193 Abs. 1 SchKG benachrichtigt die zuständige Behörde das Konkursgericht, welches
den Konkurs über den Nachlass anordnet (Art. 193 Abs. 2 SchKG; BGer vom 8.1.2001.
5C.217/2000 E. 1b.aa). Der Erbschaftsliquidator kann vor der Benachrichtigung des
Konkursgerichts eine Erben- und/oder Gläubigerversammlung abhalten (BSK ZGB II-
KARRER/VOGT/LEU, Art. 597 N 6). Der Antrag kann auch von Erben oder Gläubigern
stammen (BGE 47 III 10; PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 597 ZGB N 1). Das Konkursgericht
prüft die Überschuldung selbst, es ist nicht an die Ansicht des Erbschaftsliquidators oder der
Erben gebunden (BGer vom 30.7.2001, 5P.182/2001 E. 4c). Zweifel an der Solvenz genügen
nicht, sondern es ist eine Überschuldung notwendig (BSK ZGB II-KARRER/VOGT/LEU,
Art. 597 N 3). Die Erben können vorher noch angehört werden, haben aber keinen Anspruch
darauf (BGer vom 30.7.2001, 5P.182/2001 E. 4b). Die konkursamtliche Liquidation kann
vermieden werden, wenn Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderung verzichten, allenfalls einen
aussergerichtlichen Nachlassvertrag abschliessen (PraxKomm ErbR-ENGLER, Art. 597 ZGB
N 7 f.).
IV. Durchführung der konkursamtlichen Liquidation
Das Aussprechen des Konkurses führt dazu, dass die Forderungen der Gläubiger nun an die
Konkursmasse zu richten sind. Dies ist dann nicht der Fall, wenn die amtliche Liquidation
abgeschlossen ist und sich nachträglich weitere Gläubiger melden: Diese haben sich direkt an
die Erben zu wenden (CHK-ABT, Art. 597 ZGB N 6). Die konkursamtliche Liquidation
erfolgt nach Art. 197 ff. SchKG. Die Erbschaftskonkursmasse enthält sämtliche Aktiven,
nicht aber Ansprüche auf Herabsetzung und Ausgleichung (BGE 67 III 177 E. 5).
Die Durchführung der konkursamtlichen Liquidation hat folgende Wirkungen (BSK ZGB II-
KARRER/VOGT/LEU, Art. 597 N 10): (1) Die Erben können nicht mehr über die
Nachlassgegenstände verfügen (Art. 204 SchKG; BGE 55 II 169), (2) ein Inventar ist
zwingend aufzunehmen, wobei sich die Konkursverwaltung auf das Inventar nach Art. 595
ZGB stützen kann (Art. 221 SchKG), (3) ein Schuldenruf ist durchzuführen (Art. 232
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SchKG), (4) eine ausserordentliche Konkursverwaltung und/oder ein Gläubigerausschuss ist
zu bestellen (Art. 237 SchKG), (5) ein Kollokationsverfahren ist durchzuführen (Art. 244 ff.
SchKG), (6) ein Nachlassvertrag kann abgeschlossen werden (Art. 322 SchKG; BK-
TUOR/PICENONI, Art. 597 ZGB N 6a), (7) für den ungedeckt bleibenden Betrag ist ein
Verlustschein auszustellen (Art. 262 SchKG).
Beim Schuldenruf setzt das Konkursamt die Eingabefrist auf zehn Tage fest (Art. 234
SchKG), wenn bereits ein öffentliches Inventar (Art. 582 f. ZGB) aufgenommen oder eine
amtliche Liquidation (Art. 595 Abs. 2 ZGB) durchgeführt wurde (BK-TUOR/PICENONI,
Art. 597 ZGB N 7). Was aus dem Grundbuch ersichtlich ist, wird von Amtes wegen
berücksichtigt, was aus anderen öffentlichen Büchern ins öffentliche Inventar aufgenommen
wurde, muss dagegen neu angemeldet werden (ZK-ESCHER, Art. 597 ZGB N 10). Die Erben
haben die Pflicht, ihnen bekannte Erbschaftsgläubiger zu melden und sie machen sich nach
Art. 41 ff. OR schadenersatzpflichtig, wenn sie diese Pflicht verletzen (PraxKomm ErbR-
ENGLER, Art. 597 ZGB N 24 ff.).
Bei nachträglicher Annahme durch einen Erben (und Nachweis, dass er die Schulden
übernehmen kann) ist die konkursamtliche Liquidation einzustellen (analog nach Art. 196
SchKG; ZK-ESCHER, Art. 597 ZGB N 11 f.).
Ergibt die konkursamtliche Liquidation einen Überschuss an Aktiven, wird dieser den Erben
überlassen (analog nach Art. 573 Abs. 2; BGE 67 III 177 E. 5). Resultiert der Überschuss aber
aus der Anfechtung von Zuwendungen des Erblassers nach Art. 285 ff. SchKG oder Art. 579
ZGB, sind die Zuwendungen zurückzuerstatten (BGE 67 III 177 E. 4).
V. Zuständigkeit und Verfahren
Zuständig ist das (Konkurs-) Gericht am letzten Wohnsitz des Erblassers (Art. 28ZOP). Es
kann das summarische Konkursverfahren durchgeführt werden (Art. 231 SchKG; BSK ZGB
II-KARRER/VOGT/LEU, Art. 597 N 10). Wenn Erben oder Gläubiger die konkursamtliche
Liquidation beantragt haben, haften sie für uneinbringliche Kosten (PraxKomm ErbR-
ENGLER, Art. 597 ZGB N 33).
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