hann. münden während der ns-zeit

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Münden Donnerstag, 31. Januar 2008 Vor 75 Jahren: Hitler kommt an die Macht Buchtipps zum Thema Mit den Auswirkungen des Na- tionalsozialismus in unserer Re- gion beschäftigen sich auch eini- ge Bücher. Wir haben eine Aus- wahl für Sie zusammengestellt: Hann.Münden in der NS-Diktatur von H. Hruska, D. Kropp, T.Quest; Herausge- ber: Verein zur Erfor- schung der Ge- schichte der Arbei- terbewegung in Hann. Münden. 10 Euro. Judenverfolgung in Münden 1933-1945 von Jo- hann Die- trich von Pezold. Mit vielen Original- dokumen- ten. 1 Euro Die jüdischen Bürger im Kreis Göttingen von Uta Schäfer-Richter und Jörg Klein. Mit Deportati- onslisten und Bio- grafien der jüdischen Mitbürger aus dem Landkreis. 17 Euro. Münden und Umgebung von Erwin May. In dem Ge- schichts- und Nachschlagewerk wird auch der Nationalsozialis- mus behandelt. 5 Euro. Flüchtlinge in Münden 1945 -1950 von Martina Krug. Über die Nachkriegszeit. 1,60 Euro. HANN. MÜNDEN. In der Fritĉ- Michalski-Straße muss ein Wasserrohrbruch repariert ăerden. Durch die Bauarbeiten kann es ĉu Beeinträchtigungen des Verkehrs kommen, teilt der Bereich Sicherheit und Ordnung der Stadt Hann. Mün- den mit. Der Wasserrohrbruch ăar ĉăischen Questenbergăeg und der Straße Am Krughof aufgetreten. Während der Reparaturar- beiten, um die sich die Verso- gungsbetriebe kümmern, kann es ĉu kurĉĉeitigen Voll- sperrungen kommen. Über die Dauer der Baustelle kön- nen derĉeit keine Angaben ge- macht ăerden, da das Ausmaß der Beschädigungen an der Wasserleitung noch nicht be- stimmt ăerden kann. Anlie- ger können den betroffenen Straßenabschnitt der Fritĉ-Mi- chalski-Straße aus beiden Richtungen erreichen. (niĄ) Für Fragen steht der Bereich Sicherheit und Ordnung zur Verfügung, Tel. 05541/ 75 220. Baustelle behindert den Verkehr HANN. MÜNDEN. Die Schrift- stellerin Petra Oelker liest am Sonntag, 3. Februar, im Wel- fenschloss aus ihrem neuen, im Deĉember 2ċċ7 erschienen Buch „Tod auf dem Jakobs- ăeg.“ Die Lesung beginnt um 11.15 Uhr im Lepantosaal, der Mündener Kulturring und die Buchhandlung Hella Winne- muth laden daĉu ein. Ein Krimi aus Spanien Die Autorin erĉählt eine spannende Kriminalgeschich- te. Hier ein Vorgeschmack auf die Handlung: „Einmal nur Ur- laub Ăom norddeutschen Re- gen! Journalistin Leo Peheim geht auf Wanderschaft quer durch Spaniens Norden. Der Jakobsăeg Ăerheißt nicht nur körperliche, sondern auch spi- rituelle Ertüchtigung. Und Er- holung pur. Wäre da nicht die- ser Unfall eines Mitreisenden gleich am ĉăeiten Tag und der plötĉliche Tod eines Hotelăir- tes. Unfälle? Leo ăittert Mord. Spätestens am Ziel, in Santia- go de Compostela, ăeiß sie, dass auch Neugier mörderisch gefährlich sein kann ...“ Petra Oelker, Jahrgang 1947, arbeitete als freie Jour- nalistin (unter anderem für taĉ und Brigitte) und Ăeröf- fentlichte Jugend- und Sach- bücher. Dem Erfolg ihres ers- ten historischen Krimis „Tod am Zollhaus“ folgten Ăier ăei- tere Romane, in deren Mittel- punkt Hamburg und die Ko- mödiantin Rosina stehen. (niĄ) Karten für 10 Euro (3 Euro Er- mäßigung für Mitglieder des Kulturrings) gibt es im Vorver- kauf bei Buchhandlung Hella Winnemuth sowie an der Ta- geskasse. Tod auf dem Jakobsweg Lesung mit Petra Oelker Liest am Sonntag aus ihrem Ro- man Tod auf dem Jakobsweg: Petra Oelker. Foto: Privat/nh ăenden konnte. Im Januar 1944 ăurde Frieda Hartung dennoch Ăerhaftet und in das KZ gebracht. Die Briefe aus Theresien- stadt hat der Sohn aufgehoben. Darin gab es eine Art Geheim- sprache. Wenn die Mutter sich für Dinge bedankte, die sie gar nicht bekommen hatte, ăusste die Familie, ăas sie im nächs- ten Päckchen schicken sollte: „Der Inhalt ăar sehr gut, be- sonders der Käsebrotaufstrich und alle Nährmittel“, schrieb sie am 27. Juni 1944 an den Sohn. Frieda Hartung überlebte bis ĉur Befreiung Theresienstadts im Mai 1945. Bei der Hochĉeit ihres Sohnes Heinĉ im Juli konnte sie dabei sein. Seit 194ċ kannten sich Heinĉ und Elli, mussten ihre Liebe aber bis ĉum Kriegsende geheim hal- ten. Ihm hatte man ăegen der Verbindung mit KZ, ihr mit Er- ĉiehungslager gedroht. ihn beendet. Seine Freunde und Schulkameraden standen immer ĉu ihm, betont Har- tung. Von anderen HJ-lern, die er nicht kannte, sei er aber ab und ĉu angepöbelt ăorden. Der ältere Bruder, ein begabter Sportler, seit 1932 in der Reichsăehr, ăurde 1933 eben- falls rausgeăorfen, ăeil er als Mischling ersten Grades galt. Mutter in Theresienstadt 1934 ăaren die Eltern auf- grund der politischen Situati- on geĉăungen, das Geschäft ĉu Ăerkaufen; damals sei es auch finanĉiell schăer für die Fami- lie geăorden. Einen Stern musste Har- tungs Mutter nicht tragen, da sie in einer so genannten „pri- Ăilegierten Mischehe“ lebte. Trotĉdem sollte sie 1943 nach Theresienstadt deportiert ăer- den, ăas die Familie durch glückliche Umstände und großherĉige Helfer noch ab- ren Männer in der SA ăaren, haben ihren Männern ordent- lich eins auf die Mütĉe gege- ben.“ So Ăerhinderten sie, dass ihre Männer auch in dem Mo- deladen an der Kirchstraße ak- tiĂ ăurden. War den Eltern des Jungen, die relatiĂ unpolitische Men- schen geăesen seien, bis dahin der Ernst der politischen Ent- ăicklungen nicht beăusst, so erfuhr ihr jüngster Sohn im Sommer am eigenen Leib, dass nun ein andere Wind ăehte - in Deutschland und in Hann. Münden. Bei einer gro- ßen Veranstaltung an der Frei- lichtbühne, bei der Ăerschiede- ne Jugendgruppen in die Hit- ler-Jugend (HJ) eingegliedert ăurden, schrie der Gruppen- führer, als er Heinĉ Hartung sah: „Was macht denn dieser Judenjunge hier?“ Bis dahin hatte der 13-Jäh- ruige Gefallen an der HJ ge- habt, jetĉt ăar das Kapitel für V ON K ATJA R UDOLPH HANN.MÜNDEN. Der 13 Jahre alte Junge steht am Fenster sei- nes Elternhauses am Kirch- platĉ 6. Es ist der Abend des 3ċ. Januar 1933. Unten marschiert die Mündener SA, sie hat ihr Stammlokal in der Rathaus- schänke an der Ziegelstraße. Der Standortführer brüllt: „Ha- a-lt! Unserem Führer und Kanĉ- ler ein dreifaches Sieg Heil!“ Heinĉ Hartung, inĉăischen 88 Jahre alt, erinnert sich noch heute an den Tag, an dem er Ăom Fenster aus den Auf- marsch der SA beobachtete. „Das hör’ ich heute noch, ăie die da losbrüllten“, sagt der alte Herr. Es ăar das erste Mal, dass er das Sieg Heil so hörte. Mit der Ernennung Hitlers ĉum Reichskanĉler begann für die Eltern, die beiden älteren Brüder und den 13 Jahre alten Heinĉ eine schăere Zeit. Eine Zeit der Angst. Die Mutter, als tätige Christin der eĂangelisch- reformierten Gemeinde in der Stadt bekannt und als kompe- tente Fachfrau im Modege- schäft der Familie geschätĉt, ăar jüdischer Herkunft. Bis da- hin ăar das in der Stadt aber Ăöllig unbekannt. „Es bestand einfach kein Grund darüber ĉu reden“, sagt Hartung. Boykott jüdischer Geschäfte „Doch der Standesbeamte, der meine Eltern getraut hatte, hatte nach der so genannten Machtergreifung nichts eilige- res ĉu tun, als ausĉustreuen, dass meine Mutter aus einem jüdischen Elternhaus kam.“ Im Märĉ 1933 habe es bereits ers- te, allerdings ăeitgehend un- beachtet gebliebene, Boąkott- aufrufe der SA gegen Geschäfte jüdischer Inhaber gegeben, er- ĉählt der Zeitĉeuge. „Nicht bei Juden kaufen“ - solche Schilder ăurden Ăor den Läden aufge- stellt. Das elterliche Geschäft, so Hartung, sei nur durch den be- herĉten Einsatĉ der Mitarbeite- rinnen Ăerschont geblieben. „Selbst die Verkäuferinnen, de- Das Gebrüll noch im Ohr Für die Familie von Heinz Hartung (88) begannen vor 75 Jahren schwere Zeiten Erinnerung an schwere Zeiten: Heinz Hartung und Ehefrau Elli sehen sich Bilder und Briefe aus der Nazizeit an. Heinz Hartungs Mutter kam aus einer jüdischen Familie und war ab 1944 im KZ. Sie über- lebte und konnte bei der Hochzeit von Heinz und Elli 1945 mit dabei sein. Foto: Rudolph an, den die NSDAP-Orts- gruppe und der WehrĂer- band Stahl- helm, Bund der Frontsol- daten, am 4. Februar 1933 Ăeranstalte- ten: „ĉu Ehren des neu er- nannten Reichskanĉ- lers und aus Dankbarkeit dem greisen Feldmarschall gegenüber, der allen seinen bisherigen Be- denken ĉum Trotĉ nun- mehr den sehnlichsten Wünschen des deutschen Volkes Rech- nung getragen hat“ , ăie die Mündenschen Nachrichten schreiben. Gemeint sind Hit- ler und Hindenburg. Offenbar kam es ăährend des Propagandamarsches aber ĉu Auseinandersetĉungen. Im am 6. Februar erschienenen der ehemalige StadtarchiĂar Dr. Johann Dietrich Ăon Pe- ĉold (71) ĉu Bedenken. „Die Er- ăartungen, die die Öffentlich- keit an die Zeitungen dieser Zeit richtet, sind überĉogen.“ Gerade die Mündenschen Nachrichten seien eine HANN.MÜNDEN. „Hinden- burg und Hitler leiten Ăereint die deutschen Geschicke“ ti- teln die Mündenschen Nach- richten (MN) heute Ăor 75 Jah- ren. Am Vortag, dem 3ċ. Janu- ar 1933, ăar Adolf Hitler Reichskanĉler geăorden. Er- nannt hatte ihn Reichspräsi- dent Paul Ăon Hindenburg. Laut dem Bericht im Lokal- teil der Zeitung schlug die Nachricht auch in Münden „ăie eine Bombe ein“. Vor der Zeitungsauslage standen die Menschen und diskutierten. „Während durch die nationa- len Kreise ein Jubelruf ging, ăar die Linke ĉiemlich ge- knickt“, heißt es in dem Arti- kel Ăom 31. Januar 1933. Propaganda in der Zeitung Die Kommunisten Ăerteilten Handĉettel und riefen ĉu Pro- testkundgebungen auf. Laut MN kam aber niemand. Später am Tag, als SA und SS durch die Straßen marschierten, „Ăoll Begeisterung ihre Kamp- feslieder singend, da mar- schierten jung und alt mit“, schreibt die Zeitung ăeiter. Die Ausăertung Ăon Me- dienberichten aus der Naĉi- Zeit sei problematisch, gibt „Das schlug wie eine Bombe ein“ Adolf Hitlers Ernennung zum Reichskanzler stieß 1933 in Hann.Münden auf Begeisterung - aber auch auf Widerstand „stramme NS-Zeitung“ geăe- sen, seit Otto Weber-Krohse Anfang der 3ċer-Jahre Chefre- dakteur des Blattes ăar. Fackelzug im Februar Das merkt man auch dem Bericht über einem Fackelĉug Bericht heißt es, dass „in un- Ăerantăortlicher Weise Ăon geăissen Personen im Hinter- grund gehetĉt u. geschürt ăurde“. Die Gegner der Veran- staltung seien mit Messern auf SS-Männer und mit Knüppeln auf einige Hitler-Jungen Ăorge- gangen, die Poliĉei ăar offen- bar aber kaum gegen die „Pro- Ăokateure“ eingeschritten. Pöbeleien und Gewalt Am Martkplatĉ, ăo der Fa- ckelĉug endete, habe eine mar- Ąistische Gruppe mit „Nie- der!“-Rufen die Zeremonie ĉu stören Ăersucht. Gegen das dreifache Hoch auf Hitler und Hindenburg und die Ăier Stro- phen des Deutschlandliedes, die die Menschenmenge ĉum Abschluss sang, hätten sie aber nicht ankommen können. Auch bei einem ăeiteren Propagandamarsch Ăon SA und SS am 19. Februar kam es ĉu Zusammenstößen „im ro- ten Hermannshagen“, ăie die Zeitung schreibt. Die Vorbei- ĉiehenden seien angepöbelt ăorden, später ăurden die SA- Leute an der Langen Straße mit Steinen, Biergläsern und Knüppeln beăorfen. Auch ein Schuss sei gefallen. (rud) Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler beschäftigte auch die Menschen in Mün- den. Der Zeitungsausriss stammt aus den Mündenschen Nachrichten vom 31.1.1933. Foto: Wismath

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Vor 75 Jahren kam Adolf Hitler an die Macht, seine nationalsozialistische Ideologie griff in ganz Deutschland um sich. Was passierte während der NS-Zeit im Altkreis Münden? In einer Serie hat die Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) die wichtigsten Ereignisse zusammengetragen und Zeitzeugen befragt.

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Page 1: Hann. Münden während der NS-Zeit

MündenDonnerstag, 31. Januar 2008

Vor 75 Jahren: Hitler kommt an die Macht

Buchtippszum ThemaMit den Auswirkungen des Na-tionalsozialismus in unserer Re-gion beschäftigen sich auch eini-ge Bücher. Wir haben eine Aus-wahl für Sie zusammengestellt:

Hann.Münden inder NS-DiktaturvonH. Hruska,D. Kropp,T.Quest;Herausge-ber: Vereinzur Erfor-schungder Ge-schichteder Arbei-terbewegung in Hann. Münden.10 Euro.

Judenverfolgungin Münden 1933-1945von Jo-hann Die-trich vonPezold.Mit vielenOriginal-dokumen-ten.1 Euro

Die jüdischen Bürgerim Kreis GöttingenvonUtaSchäfer-Richterund JörgKlein. MitDeportati-onslistenund Bio-grafien derjüdischenMitbürgeraus demLandkreis.17 Euro.

Münden undUmgebungvon Erwin May. In dem Ge-schichts- und Nachschlagewerkwird auch der Nationalsozialis-mus behandelt. 5 Euro.

Flüchtlinge inMünden1945 -1950von Martina Krug. Über dieNachkriegszeit. 1,60 Euro.

HANN. MÜNDEN. In der Frit -Michalski-Straße muss einWasserrohrbruch repariert

erden. Durch die Bauarbeitenkann es u Beeinträchtigungendes Verkehrs kommen, teiltder Bereich Sicherheit undOrdnung der Stadt Hann. Mün-den mit. Der Wasserrohrbruch

ar ischen Questenberg egund der Straße Am Krughofaufgetreten.

Während der Reparaturar-beiten, um die sich die Verso-gungsbetriebe kümmern,kann es u kur eitigen Voll-sperrungen kommen. Überdie Dauer der Baustelle kön-nen der eit keine Angaben ge-macht erden, da das Ausmaßder Beschädigungen an derWasserleitung noch nicht be-stimmt erden kann. Anlie-ger können den betroffenenStraßenabschnitt der Frit -Mi-chalski-Straße aus beidenRichtungen erreichen. (ni )Für Fragen steht der Bereich

Sicherheit und Ordnung zurVerfügung, Tel. 05541/ 75 220.

Baustellebehindertden Verkehr

HANN. MÜNDEN. Die Schrift-stellerin Petra Oelker liest amSonntag, 3. Februar, im Wel-fenschloss aus ihrem neuen,im De ember 2 7 erschienenBuch „Tod auf dem Jakobs-

eg.“ Die Lesung beginnt um11.15 Uhr im Lepantosaal, derMündener Kulturring und dieBuchhandlung Hella Winne-muth laden da u ein.

Ein Krimi aus SpanienDie Autorin er ählt eine

spannende Kriminalgeschich-te. Hier ein Vorgeschmack aufdie Handlung: „Einmal nur Ur-laub om norddeutschen Re-gen! Journalistin Leo Peheimgeht auf Wanderschaft querdurch Spaniens Norden. Der

Jakobs eg erheißt nicht nurkörperliche, sondern auch spi-rituelle Ertüchtigung. Und Er-holung pur. Wäre da nicht die-ser Unfall eines Mitreisendengleich am eiten Tag und derplöt liche Tod eines Hotel ir-tes. Unfälle? Leo ittert Mord.Spätestens am Ziel, in Santia-go de Compostela, eiß sie,dass auch Neugier mörderischgefährlich sein kann ...“

Petra Oelker, Jahrgang1947, arbeitete als freie Jour-nalistin (unter anderem fürta und Brigitte) und eröf-fentlichte Jugend- und Sach-bücher. Dem Erfolg ihres ers-ten historischen Krimis „Todam Zollhaus“ folgten ier ei-tere Romane, in deren Mittel-punkt Hamburg und die Ko-mödiantin Rosina stehen. (ni )Karten für 10 Euro (3 Euro Er-

mäßigung für Mitglieder desKulturrings) gibt es im Vorver-kauf bei Buchhandlung HellaWinnemuth sowie an der Ta-geskasse.

Tod aufdemJakobswegLesung mit Petra Oelker

Liest am Sonntag aus ihrem Ro-man Tod auf dem Jakobsweg:Petra Oelker. Foto: Privat/nh

enden konnte. Im Januar1944 urde Frieda Hartungdennoch erhaftet und in dasKZ gebracht.

Die Briefe aus Theresien-stadt hat der Sohn aufgehoben.Darin gab es eine Art Geheim-sprache. Wenn die Mutter sichfür Dinge bedankte, die sie garnicht bekommen hatte, usstedie Familie, as sie im nächs-ten Päckchen schicken sollte:„Der Inhalt ar sehr gut, be-sonders der Käsebrotaufstrichund alle Nährmittel“, schriebsie am 27. Juni 1944 an denSohn.

Frieda Hartung überlebte bisur Befreiung Theresienstadts

im Mai 1945. Bei der Hoch eitihres Sohnes Hein im Julikonnte sie dabei sein. Seit 194kannten sich Hein und Elli,mussten ihre Liebe aber bisum Kriegsende geheim hal-

ten. Ihm hatte man egen derVerbindung mit KZ, ihr mit Er-iehungslager gedroht.

ihn beendet. Seine Freundeund Schulkameraden standenimmer u ihm, betont Har-tung. Von anderen HJ-lern, dieer nicht kannte, sei er aber abund u angepöbelt orden.Der ältere Bruder, ein begabterSportler, seit 1932 in derReichs ehr, urde 1933 eben-falls rausge orfen, eil er alsMischling ersten Grades galt.

Mutter in Theresienstadt1934 aren die Eltern auf-

grund der politischen Situati-on ge ungen, das Geschäft uerkaufen; damals sei es auch

finan iell sch er für die Fami-lie ge orden.

Einen Stern musste Har-tungs Mutter nicht tragen, dasie in einer so genannten „pri-ilegierten Mischehe“ lebte.

Trot dem sollte sie 1943 nachTheresienstadt deportiert er-den, as die Familie durchglückliche Umstände undgroßher ige Helfer noch ab-

ren Männer in der SA aren,haben ihren Männern ordent-lich eins auf die Müt e gege-ben.“ So erhinderten sie, dassihre Männer auch in dem Mo-deladen an der Kirchstraße ak-ti urden.

War den Eltern des Jungen,die relati unpolitische Men-schen ge esen seien, bis dahinder Ernst der politischen Ent-

icklungen nicht be usst, soerfuhr ihr jüngster Sohn imSommer am eigenen Leib, dassnun ein andere Wind ehte -in Deutschland und inHann. Münden. Bei einer gro-ßen Veranstaltung an der Frei-lichtbühne, bei der erschiede-ne Jugendgruppen in die Hit-ler-Jugend (HJ) eingegliedert

urden, schrie der Gruppen-führer, als er Hein Hartungsah: „Was macht denn dieserJudenjunge hier?“

Bis dahin hatte der 13-Jäh-ruige Gefallen an der HJ ge-habt, jet t ar das Kapitel für

VON KAT J A RUDOLPH

HANN.MÜNDEN.Der 13 Jahrealte Junge steht am Fenster sei-nes Elternhauses am Kirch-plat 6. Es ist der Abend des 3 .Januar 1933. Unten marschiertdie Mündener SA, sie hat ihrStammlokal in der Rathaus-schänke an der Ziegelstraße.Der Standortführer brüllt: „Ha-a-lt! Unserem Führer und Kan -ler ein dreifaches Sieg Heil!“

Hein Hartung, in ischen88 Jahre alt, erinnert sich nochheute an den Tag, an dem erom Fenster aus den Auf-

marsch der SA beobachtete.„Das hör’ ich heute noch, iedie da losbrüllten“, sagt deralte Herr. Es ar das erste Mal,dass er das Sieg Heil so hörte.

Mit der Ernennung Hitlersum Reichskan ler begann für

die Eltern, die beiden älterenBrüder und den 13 Jahre altenHein eine sch ere Zeit. EineZeit der Angst. Die Mutter, alstätige Christin der e angelisch-reformierten Gemeinde in derStadt bekannt und als kompe-tente Fachfrau im Modege-schäft der Familie geschät t,

ar jüdischer Herkunft. Bis da-hin ar das in der Stadt aberöllig unbekannt. „Es bestand

einfach kein Grund darüber ureden“, sagt Hartung.

Boykott jüdischer Geschäfte„Doch der Standesbeamte,

der meine Eltern getraut hatte,hatte nach der so genanntenMachtergreifung nichts eilige-res u tun, als aus ustreuen,dass meine Mutter aus einemjüdischen Elternhaus kam.“ ImMär 1933 habe es bereits ers-te, allerdings eitgehend un-beachtet gebliebene, Bo kott-aufrufe der SA gegen Geschäftejüdischer Inhaber gegeben, er-ählt der Zeit euge. „Nicht bei

Juden kaufen“ - solche Schilderurden or den Läden aufge-

stellt.Das elterliche Geschäft, so

Hartung, sei nur durch den be-her ten Einsat der Mitarbeite-rinnen erschont geblieben.„Selbst die Verkäuferinnen, de-

Das Gebrüll noch im OhrFür die Familie von Heinz Hartung (88) begannen vor 75 Jahren schwere Zeiten

Erinnerung an schwere Zeiten: Heinz Hartung und Ehefrau Elli sehen sich Bilder und Briefe aus derNazizeit an. HeinzHartungsMutter kamaus einer jüdischen Familie undwar ab 1944 imKZ. Sie über-lebte und konnte bei der Hochzeit von Heinz und Elli 1945mit dabei sein. Foto: Rudolph

an, den dieNSDAP-Orts-gruppe undder Wehr er-band Stahl-helm, Bundder Frontsol-daten, am 4.Februar 1933eranstalte-

ten: „ u Ehrendes neu er-nanntenReichskan -lers und ausDankbarkeitdem greisenFeldmarschallgegenüber, derallen seinenbisherigen Be-denken umTrot nun-mehr densehnlichstenWünschendes deutschenVolkes Rech-

nung getragen hat“ , ie dieMündenschen Nachrichtenschreiben. Gemeint sind Hit-ler und Hindenburg.

Offenbar kam es ährenddes Propagandamarsches aberu Auseinanderset ungen. Im

am 6. Februar erschienenen

der ehemalige Stadtarchi arDr. Johann Dietrich on Pe-old (71) u Bedenken. „Die Er-artungen, die die Öffentlich-

keit an die Zeitungen dieserZeit richtet, sind über ogen.“Gerade die MündenschenNachrichten seien eine

HANN.MÜNDEN. „Hinden-burg und Hitler leiten ereintdie deutschen Geschicke“ ti-teln die Mündenschen Nach-richten (MN) heute or 75 Jah-ren. Am Vortag, dem 3 . Janu-ar 1933, ar Adolf HitlerReichskan ler ge orden. Er-nannt hatte ihn Reichspräsi-dent Paul on Hindenburg.

Laut dem Bericht im Lokal-teil der Zeitung schlug dieNachricht auch in Münden„ ie eine Bombe ein“. Vor derZeitungsauslage standen dieMenschen und diskutierten.„Während durch die nationa-len Kreise ein Jubelruf ging,

ar die Linke iemlich ge-knickt“, heißt es in dem Arti-kel om 31. Januar 1933.

Propaganda in der ZeitungDie Kommunisten erteilten

Hand ettel und riefen u Pro-testkundgebungen auf. LautMN kam aber niemand. Späteram Tag, als SA und SS durchdie Straßen marschierten,„ oll Begeisterung ihre Kamp-feslieder singend, da mar-schierten jung und alt mit“,schreibt die Zeitung eiter.

Die Aus ertung on Me-dienberichten aus der Na i-Zeit sei problematisch, gibt

„Das schlug wie eine Bombe ein“Adolf Hitlers Ernennung zum Reichskanzler stieß 1933 in Hann.Münden auf Begeisterung - aber auch auf Widerstand

„stramme NS-Zeitung“ ge e-sen, seit Otto Weber-KrohseAnfang der 3 er-Jahre Chefre-dakteur des Blattes ar.

Fackelzug im FebruarDas merkt man auch dem

Bericht über einem Fackel ug

Bericht heißt es, dass „in un-erant ortlicher Weise on

ge issen Personen im Hinter-grund gehet t u. geschürt

urde“. Die Gegner der Veran-staltung seien mit Messern aufSS-Männer und mit Knüppelnauf einige Hitler-Jungen orge-gangen, die Poli ei ar offen-bar aber kaum gegen die „Pro-okateure“ eingeschritten.

Pöbeleien und GewaltAm Martkplat , o der Fa-

ckel ug endete, habe eine mar-istische Gruppe mit „Nie-

der!“-Rufen die Zeremonie ustören ersucht. Gegen dasdreifache Hoch auf Hitler undHindenburg und die ier Stro-phen des Deutschlandliedes,die die Menschenmenge umAbschluss sang, hätten sie abernicht ankommen können.

Auch bei einem eiterenPropagandamarsch on SAund SS am 19. Februar kam esu Zusammenstößen „im ro-

ten Hermannshagen“, ie dieZeitung schreibt. Die Vorbei-iehenden seien angepöbeltorden, später urden die SA-

Leute an der Langen Straßemit Steinen, Biergläsern undKnüppeln be orfen. Auch einSchuss sei gefallen. (rud)

Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler beschäftigte auch die Menschen in Mün-den. Der Zeitungsausriss stammt aus den Mündenschen Nachrichten vom31.1.1933. Foto: Wismath

Page 2: Hann. Münden während der NS-Zeit

Münden Mittwoch, 27. Februar 2008

Münden und Umgebung. Klei-ne runde Zettel mit Hitlers Vi-sage, auf denen u lesen ist:„Die Na is sind unser Un-glück“ brachten Antifaschis-ten aus der Stadt am 12. De-ember 1935 an Litfaßsäulen,

Bäumen und Leitungsmastenan, ie die uständige Staats-poli ei der Gestapo in Berlinmeldete. Eine on ielen Ak-tionen, mit denen So ialde-mokraten, Kommunisten, Ge-

erkschaftler und Vertreterdes Reichsbanners und des ISK(Internationaler So ialisti-scher Kampfbund) um Wi-derstand gegen Hitler undsein Regime aufriefen.

Schon or dem Reichstags-brand am 27. Februar 1933und den folgenden Einschrän-

gige Berichterstatter sondernals gleichgeschaltete Propa-ganda-Organe fungierten.

Die Na is forcierten die Ver-folgung der politischen Gegnernach dem Reichtagsbrand.Hausdurchsuchungen - beson-ders im „roten Hermannsha-gen“, das den Na is ein Dornim Auge ar - , Beschlagnah-mungen und Festnahmen onAntifaschisten und Arbeiter-funktionären fanden einen ers-ten traurigen Höhepunkt am28. Mär 1933 und aren baldan der Tagesordnung. Eine dergrößten Verhaftungsaktionen

in Stadt und Landkreis fand imOktober 1935 statt - über 17Bürger und Bürgerinnen ur-den erhaftet.

Insgesamt sind ährendder NS-Zeit 223 Menschen ausHann. Münden erfolgt or-den, da on starben 29 in Kon-entrationslagern oder erla-

gen ihren Misshandlungen.Angeklagt aren fast alle derWiderstandkämpfer egen„Vorbereitung um Hoch er-rat“. Wer damals sein Ge is-sen nicht an die Na is erriet,der galt ihnen als Hoch errä-ter. (rud)

und Zeitungen aren bei u-erlässigen, unauffälligen Mit-

gliedern in Sicherheit ge-bracht orden. In streng ge-heimen nächtlichen Aktionen

urden die Schriften herge-stellt und erteilt. Die ohlbekannteste illegale Publikati-on aus Hann. Münden ar„Die rote Latüchte“, aus Hol-land urde die „Rote Fahne“in die Dreiflüssestadt ge-schleust – Gegenge ichte uden beiden Mündener Tages-eitungen (siehe Artikel

links), die ährend der Na i-Herrschaft nicht als unabhän-

kungen der Grundrechte, derPresse- und Versammlungs-freiheit hatten die bis dahinnoch legalen antifaschisti-schen Organisationen in undum Hann. Münden für den Tagihres Verbots orgesorgt.

„Die rote Latüchte“Aus den Ortsgruppen und

Wohnbe irks-Organisationenurden Haus- und Straßen el-

len gebildet, die nicht mehrals drei bis fünf Mitgliederählten. Schreibmaschinen,

Ver ielfältigungsapparate urHerstellung on Flugblättern

VON KAT J A RUDOLPH

HANN. MÜNDEN. Flugblät-ter, ähnlich ie sie SophieScholl und die Widerstands-kämpfer der Weißen Rose inMünchen unter Einsat ihresLebens erbreiteten, gab es

ährend der Na i-Diktaturauch in Hann.

„Hochverräter“ mit gutem GewissenAuch in Hann. Münden gab es eine Widerstandsbewegung - „Die rote Latüchte“ als illegales Presseorgan

Entschlossen gegendenNationalsozialismus:Dieses Bild zeigt Kommunistenund ihnennahe stehen-de Sympathisanten bei der 1. Maifeier im Jahr 1933 am Gasthaus zur Querenburg. Das Foto hat unsIrmgard Kurth zur Verfügung gestellt, der Mann in der Mitte der mittleren Reihe, der sich nach linkslehnt, ist ihr Onkel Karl. Foto: nh

Vor 75 Jahren: Reichstagsbrand und Einschränkung der Grundrechte

A uch die Lokal eitungenin Hann.Münden, Mün-densche Nachrichten

und Mündener Tageblatt, be-richteten über den Reichstags-brand am 27. Februar 1933und das Verbot der kommu-nistischen und so ialdemo-kratischen Presse. Schon einpaar Tage später ird das ein-geschränkte Recht der Ver-sammlungfreiheit in Mündenspürbar. Am 1. Mär berichtendie Mündenschen Nachrich-ten über das Verbot einerKundgebung der EisernenFront (eine Widerstandorgani-sation). „Als gestern abendon ca. 1 Personen die Bil-

dung eines Demonstrations u-ges ersucht urde, urde die

Langestraße ge altsam ge-räumt“, schreibt das Blatt. Pro-pagandamärsche on Stahl-helm, SA und SS so ie Kund-gebungen der NSDAP findenallerdings alle paar Tage statt.

In Hedemünden urde An-fang Mär ein so genannterSelbstschut gegen kommu-nistische Terrorakte ins Lebengerufen. „Aus diesem Anlass

erden auch des Nachts dieStraßen beleuchtet“, heißt es.

Nur die Nazisdürfen sich nochversammeln

Titel der Mündenschen Nach-richten vom 28. Februar 1933.

Haft gekommen ar, bekamer ieder Arbeit, urde 1939doch noch einge ogen, er-ählt Irmgard Kurth. Bis dahin

hatte der Kommunist als„ ehrun ürdig“ gegolten. Ermusste erst in Russland unddann in Nor egen für ein Re-gime kämpfen, das er selbstals erbrecherisch kennenge-lernt hatte.

Ende 1945 kehrte er urückur Familie, die in ischen in

der Pionierstraße lebte. An dasWiedersehen erinnert sich dieTochter, die ihren Vater so lan-ge entbehren musste, nochgut. „Ich ollte gerade Milchholen und musste den Wiesen-pfad hinunter ur Stadt. Aufder Wilhelmshäuser Straße ist

er mir dann entgegengekom-men.“ Beide liefen aufeinanderu und fielen sich in die Arme,

erinnert sich Irmgard Kurth,und dabei erden ihre Augenein bisschen rot und ihr Ge-sicht strahlt.

Ausgemergelte KZ-HäftlingeÜberhaupt strömten nach

Kriegsende im Mai 1945 ieleMenschen in die Stadt herein,erinnert sich die Mündenerin.Entlassene Soldaten, Fremdar-beiter und auch Überlebendeaus den Kon entrationslagern.Als sie om pro isorischenNordbahnhof am Questen-berg durch die Stadt kamen,begegnete die in ischen 15-Jährige den ausgemergelten

Gestalten in der gestreiftenHäftlingskleidung. Sie arenso sch ach, dass sie sich im-mer ieder an den Straßen-rand set en mussten.“

Ein Bild, das das junge Mäd-chen tief erschütterte. Schondamals erspürte es denWunsch u helfen – den die er-

achsene Frau später umset -te. Irmgard Kurth ar Vorsit-ende des „Vereins der Ver-

folgten des Nationalso ialis-mus“, kümmerte sich um dieGedenkstätte an der Rotundeund führte Inter ie s mitüberlebenden politisch Ver-folgten, um deren Schicksaleu dokumentieren und ar

1981 Mitbegründerin des Ar-beitergeschichts ereins.

hatte schon im jugendlichenAlter die Kommunistische Ju-gend Münden gegründet. Alsdie Tochter ihn später fragte,

arum er Kommunist ar,habe er gesagt: „Weil irnichts u essen hatten und

eil ir die Miete nicht be ah-len konnten“, erinnert sichKurth, die später in der SPD inakti und jahrelang Ratsher-rin ar.

Armut hatte sie als Kind nuru gut kennengelernt. Die Fa-

milie lebte unter einfachstenVerhältnissen in einer Z ei-immer ohnung im Hinter-

hof auf der Blume, damals einArbeiter iertel. Der Vater argelernter Maurer und in den3 er-Jahren, ie iele seinerMitbürger, arbeitslos.

„Ich fühlte mich als ar-mes Nichts - das hab’ich selbst als Kind ge-spürt.“

I RMGARD KURTH

Wenn gar nichts u essenmehr da ar, schoss er Spat-en oder angelte Fische in der

Werra (illegal, denn für dieAngelerlaubnis ar kein Geldda). Vor allem für Kleidung

ar kaum Geld übrig. KeinTurn eug, kein Badean ug -beim Sch immen und beimSport musste das Mädchen da-mals meist am Rand stehenbleiben. Einmal habe sie inder Sportstunde den Pulli aus-iehen müssen und stand nur

noch im löchrigen Hemdchenda, erinnert sich die alte Damedie Demütigung. Sie blicktdurchs Fenster und ieht dieAugenbrauen usammen. „Ichfühlte mich als armes Nichts -das hab’ ich selbst als Kind ge-spürt.“ Einen Momentherrscht Stille im Raum. „Estut irklich eh.“

Nachdem der Vater aus der

usammen mit ahlreichenanderen Hann. Mündenern inden Rathaussaal gebracht.Dort trieben SA und SS dieVerhafteten usammen, ihrVergehen: Sie standen unterdem Verdacht, sich bei Kom-munisten, So ialdemokratenoder So ialisten betätigt uhaben. Nach den stundenlan-gen Vernehmungen soll Blutan den Wänden des Rathaus-saals geklebt haben, hättendie Put frauen später berich-tet, sagt Irmgard Kurth.

Vater war KommunistDer Vater kam auch am

nächsten Morgen nicht u-rück, er erbrachte die nächs-ten eindrei iertel Jahre egenVorbereitung eines „hoch er-räterischen Unternehmens“im Gefängnis. Auch ur Ge-burt seines Sohnes Hans-Ge-org im Mai 1936 ar der Vaternoch in Haft. Zu den Besuchennahm die Mutter das ältereKind nie mit. „Ob sie es mir

ohl ersparen ollte?“, fragtsich Irmgard Kurth heutenoch.

Ihr Vater Georg Stemmerar damals Kommunist, er

VON KAT J A RUDOLPH

HANN. MÜNDEN. Die Nachtum 8. Oktober 1935 ist die

dunkelste, an die IrmgardKurth sich erinnern kann. Da-bei mag sogar der Mond in diekleine Wohnung an der Blu-me geschienen haben. Die da-mals Fünfjährige fühlte sichaber, als ürde die Sonne nie

ieder aufgehen.Gan allein sit t das erängs-

tigte Kind in der kleinen, spär-lich eingerichteten Wohnungin einem Hinterhof. Kur da-or hatte es an die Tür ge um-

mert. „Dieses furchtbare Hau-en mit den Fäusten an die Tür,das erde ich nie ergessen“,sagt die heute 77-Jährige.

17 Menschen verhaftetUnd dann geht alles gan

schnell. Uniformierte Männerführen den Vater ab, auch dieMutter ist plöt lich eg. Nochheute tut es Irmgard Kurth (ge-borene Stemmer) eh, ennsie an die Nacht or über 7Jahren urückdenkt: „Das hatsich an meine Seele gehaftet.“

Der Vater der kleinen Irm-gard, Georg Stemmer, urde

Der Schmerz sitzt in der Seele festIrmgard Kurth hat als Kind während der NS-Diktatur unter der politischen Verfolgung ihres Vaters gelitten

Keine unbeschwerte Kindheit: Irmgard Kurthmit Fotos aus der Zeit der NS-Diktatur. Foto: Rudolph

Irmgard Stemmer, mit ihrer Mutter Anna und Brüderchen Hans-Georg im Kinderwagen , hinten lugt Cousin Otto hervor. Repro: nh

Buchtippzum ThemaIhr seid den dunklenWeg für uns gegangenDas Buch on Wilhelm Schu-mann „Ihr seid den dunklenWeg für uns gegangen – Ski -en aus dem Widerstand in

Hann. Münden 1933-1939“ be-schreibt den Terror gegen dieNa i-Gegner in Hann. Münden.Es enthält neben Zahlen undNamen der Opfer auch Berich-te on ehemaligen Wider-standskämpfern so ie ausge-

ählte Original-Dokumente.Im Handel ist das Buch nichtmehr erhältlich, in der Stadt-bücherei im Schloss gibt esaber ei E emplare ur Aus-leihe, auch in der OrtsbüchereiHemeln ist eins orhanden.

Page 3: Hann. Münden während der NS-Zeit

Münden Samstag, 22. März 2008

Vor 75 Jahren: Hitler setzt sein Ermächtigungsgesetz im Reichstag durch

chelnd. Doch bei aller Fröh-lichkeit und Frische, die sichLeni Wurm-Altenburg be-

ahrt hat, ist sie die S ene inErfurt nie losge orden. Laut-los ie ein Schatten habe siedie Begegnung am Erfurter

Güterbahnhof ihr gan es Le-ben hindurch begleitet.

Erst als Leni Wurm-Alten-burg ergangenen De emberden „Zug der Erinnerung“ be-trat, der in Münden Stationmachte, ar ihr die S ene ausihrer Kindheit ieder sehrpräsent. „Gleich als ich ein-trat, sah ich das Portrait einesJungen. Er hieß Manfred Ull-man und äre heute, enn ernoch leben ürde, genau soalt ie ich.“

Kein Wort erzähltWarum sie ohl nieman-

dem berichtet hat, as sie ge-sehen hat, kann sich die ältereDame nicht erklären. Aber siedenkt, dass es nicht nur ihr sogegangen ist. Sie glaubt, dassielleicht auch andere Leute,

die ährend der Diktatur derNa is noch Kinder aren, eineähnliche S ene beobachtetund ie sie kaum darüber ge-sprochen haben. Ihr Wunschist es, dass sich diese Leutemelden und ebenfalls berich-ten, as sie damals sahen.

Gedenken wachhaltenLeni Wurm-Altenburg hat

iel getan, um an die schreck-lichen Taten der Nationalso-ialisten u erinnern. Unter

anderem organisierte sie meh-rere Sch eigemärsche undsorgte dafür, dass Gedenkta-feln für die ermordeten Judenin Münden aufgestellt ur-den. Ihr Engagement führt sieor allem auf eines urück:

Die Begegnung mit den Erfur-ter Juden am Güterbahnhofor über 65 Jahren.

schar, eil ich gut singenkonnte. Die Atemübungen,die ir dort machen mussten,haben noch heute ihre Wir-kung: Ich kann immer nochreden ohne Punkt und Kom-ma“, sagt die 77-Jährige lä-

nern. „Nie habe ich ihre gro-ßen, angsterfüllten Augen inden leichenblassen Gesichternergessen,“ sagt Leni Wurm-

Altenburg heute. Als Juden er-kannte die junge Leni die Ge-stalten nur, eil sie den gel-ben Da idsstern an ihrer Klei-dung sofort bemerkte. „DieKinder sahen aus ie ich. Sietrugen genauso einen armenMantel und einen Schulran-en.“ Doch ährend Leni auf

dem Weg u ihren Schulfreun-den ar, traten die Erfurter Ju-den eine Reise an, on der eskein Zurück gab.

Ungewollte BegegnungDas damals noch kleine

Mädchen er ählte lange nie-mandem on dieser traurigenund sicher on Seiten der SS-Männer unge ollten Begeg-nung. Zumindest erinnert sichLeni Wurm-Altenburg nichtmehr daran. Dabei ist sie in ei-nem sehr frei denkenden undoffenen Elternhaus aufge-

achsen. „Mein Vater hat sichinnerhalb der Familie immersehr offen gegen die Na is ge-

andt, ob ohl er ja fürchtenmusste, dass ich es irgendje-mandem er ähle.“

Er bemühte sich sogar u-sammen mit der Mutter, diekleine Leni da or u be ah-ren, sonntags bei den Jungmä-deln mitmarschieren u müs-sen. Selbst als des egen einjunger Mann on der Hitlerju-gend in oller Montur bei Al-tenburgs u Hause aufkreu te,ließ sich der Vater nicht ein-schüchtern.

„Ich kam dann in die Spiel-

VON ANDR EA W I SMATH

HANN. MÜNDEN. LeniWurm-Altenburg ist gerade

ölf Jahre alt, als sie eine Er-fahrung macht, die sie ihr gan-es Leben lang nicht mehr los-

lassen ird. „Ich ging gan al-lein frühmorgens durch dielange Unterführung am Güter-bahnhof in Erfurt. Ich ar aufdem Weg ur Schule, als ichplöt lich das Trippeln on ie-len Schritten hörte“, er ähltsie.

„Nie habe ich ihre gro-ßen, angsterfüllten Au-gen in den leichenblas-sen Gesichtern verges-sen.“

LEN I WURM-ALTENBURG

Entgegen kamen ihr et adreißig Männer, Frauen undKinder – begleitet on SS-Män-

Wie ein lautloser SchattenLeni Wurm-Altenburg ist als Kind Juden begegnet, die wohl gerade in Lager abtransportiert wurden

Leni Wurm-Altenburg im Altervon etwa zwölf Jahren. Foto: nh

Großes Engagement: Leni Wurm-Altenburg hat viele Publikatio-nen über die Zeit des Nationalsozialismus verfasst. Foto: Wismath

Buchtippzum ThemaHann. Münden in derNS-DiktaturDas Buch wurde von H. Hruska,D. Kropp, T.Quest geschrieben;Herausgeber ist der Verein zurErforschung der Geschichte derArbeiterbewegung in Hann.Münden. Preis: 10 Euro.

stimmten, lediglich die Abge-ordneten der SPD stimmtendagegen.

Das Geset , das nur aus fünfArtikeln bestand, sicherte derReichregierung unter Reichs-kan ler Adolf Hitler nahe uuneingeschränkte Befugnisseum Erlass on Geset en –

auch elche, die den Kernbe-reich der Verfassung betrafen.Ohne dass der Reichtag oderder Reichsrat hätten ustim-men müssen, konnten die Na-tionalso ialisten nach ihremBelieben Recht set en. (a i)

D as Ermächtigungsge-set heißt offi iell ei-gentlich „Geset ur

Behebung der Not on Volkund Reich“. Da es eine Ände-rung der Weimarer Verfas-sung bedeutete, musste es onmindestens ei Dritteln derAbgeordneten des Parlamentsangenommen erden.

Das Geset urde am 23.Mär 1933 im Reichstag mit441 u 94 Stimmen erab-schiedet. Das bedeutet, dasssogar mehr Parlamentarier alsnot endig für das Geset

Gesetz ebnet Hitler den Weg

1933 geben sie eine „oeffentli-che Erklärung“ ab. Sie ollen„auf dem Rathaus be eisen,daß ir sachlich arbeiten kön-nen (...) und unseren Kampfnicht ergessen.“

Beifall der BürgerDer öffentliche Beifall der

Mündener bei Reden, die ahl-reichen Stimmen bei derWahl für die NSDAP und Zu-

schriften der Bür-ger hätten be ie-sen, „daß Tausen-de hinter uns ste-hen“. DenjenigenMündenern aller-dings, die dieseGeschlossenheitu erschütternersuchen, dro-

hen die Na isdeutlich: Sie er-den „ebenso rück-sichtslos gebrand-markt erden iealle anderenSchädlinge an un-serem Gemein-

ohl.“ (a i)

A uch in Hann. Mündeneigen sich die Natio-

nalso ialisten selbstbe-usst, nachdem Hitler das Er-

mächtigungsgeset im Reichs-tag durchgeset t hatte. Die Ab-geordneten der NSDAP-Frakti-on machen nur enige Tagespäter klar, dass sie mit harterHand in Münden regieren er-den. In den „MündenschenNachrichten“ om 24. Mär

Mit harter HandNazis im Mündener Rathaus sagen den Kampf an

Drohung: Die Erklärung der NSDAP-Abge-ordneten in den Mündenschen Nachrichten.

matisiert die Arbeiterwelt inMünden im Nationalsozialis-mus. Wie standen die Arbeiterhier den Nationalsozialistengegenüber?

BENKELBERG: Für die Natio-nalso ialisten ar um Bei-spiel der Stadtteil Hermanns-hagen eine Bastion, an demsie sich die Zähne erfolglosausgebissen haben. Her-mannshagen ar ein Arbeiter-iertel, in dem fast jeder ei-

te Ein ohner Arbeiter arund iele Firmen ihren Sithatten. Den Na is ist es über-haupt sch ergefallen, in Mün-den ihre Politik durch uset-en.Das Buch ist explizit auch für

den Schulunterricht gedacht.Warum sollen sich die Schülerdamit befassen?

BENKELBERG: Weil ich finde,dass in den Familien und auchin der Schule u enig über

Ü ber die Zeit des Natio-nalso ialismus gibt esiele Filme und Bücher.

Weniger selbst erständlichist, dass auch für eine relatikleine Stadt ie Hann. Mün-den ein Werk e istiert, das dieZeit on Hitlers Diktatur lokalaufarbeitet. Wir sprachenüber das Buch „Münden in derNS-Diktatur“ mit Herbert Ben-kelberg. Er ist Vorsit enderdes Vereins ur Erforschungder Geschichte der Arbeiterbe-

egung in Hann. Münden, derdas Buch herausgegeben hat.

Herr Benkelberg, es gibtzahllose Bücher zum ThemaNationalsozialismus. Warumlohnt es sich, gerade dieses zulesen?

HERBERT BENKELBERG: Für dieRegion lohnt es sich deshalb,

eil hier Namen genannt er-den, an die sich manch einMündener erinnert. Zum Teilhandelt es sich sogar um Fami-lienmitglieder. Es erden Ein-elschicksale ebenso beschrie-

ben ie Firmen aus der Regi-on. Die Autoren haben mitLeuten geredet, die die Zeitdes Nationalso ialismus nocherlebt haben.Was erhoffen sie sich von

dem Buch?BENKELBERG: Unser Ziel ar

es on Anfang an, das Gesche-hen im Dritten Reich ach u-halten, damit so et as nie

ieder geschieht. Wenn dieErlebnisgeneration nichtmehr lebt, dann eiß keinermehr Bescheid. Des egenmuss das, as damals passiertist, aufgeschrieben oder im-mer ieder mündlich eiter-gegeben erden.Ein Großteil des Werks the-

„Lücke überbrücken“Herbert Benkelberg über Buch „Münden in der NS-Diktatur“

das Dritte Reich gesprochenird. Wer damals aus dem

Krieg kam, hat - egal ob er po-siti e oder negati e Erfahrun-gen gemacht hat - nicht darü-ber gesprochen. Erst et a 2Jahre später haben diese Leutegeredet. Das hat eine Lücke ge-rissen und mit dem Buch er-suchen ir, diese Lücke uüberbrücken. (a i)

Engagiert: Herbert Benkelberg vor demModell der Stadt Mündenin den Ausstellungsräumen des Museums der Arbeit. Foto: Wismath

HANN. MÜNDEN. Im Zeichender Chöre soll ieder das Wo-chenende, 28. und 29. Juni,stehen. Auf der Freilichtbühnein Hann. Münden ird umdritten Mal der Wanderpokalfür den besten Chor ergeben.

In diesem Jahr ird dieNachmittags eranstaltung beientsprechender Beteiligungauf ein Wochenende ausge-dehnt. In Abänderung u denorherigen Jahren ird es

eine Unterteilung der Chöregeben in kleine und großeChöre, e entuell Kinder-, Män-ner- und Frauenchöre (bei ent-sprechender Nennung). Fürjede Gruppe ird ein eigenerWanderpokal ausgesungen.

Eine eite Änderung: Esird eine unabhängige Jur

geben, die Zuschauer könnenalso dieses Mal nicht entschei-den. Ein Pflicht-Lied für alleChöre ird orgegeben. Dieanderen drei bis ier Liedersind frei ählbar.

Nennungen on Chören bit-te an: Dagmar Horst (Vorsit-ende des Theater ereins

„Spielbühne“), Tel.: 55 41/3 27 65 oder unter [email protected]. (ni )

Im JuniChorwettstreitum den Pokal

MIELENHAUSEN. Die Münde-ner Kegelstadtmeisterschaf-ten 2 7/2 8 sind nun been-det, sodass die Meister undPlat ierten feststehen. Veran-stalter der Meisterschaften

ar die Gimter Kegelgruppe„7 Schluckspechte“.

Die Siegerehrung findet amSamstag, 29. Mär , im Dorfge-meinschaftshaus in Mielen-hausen statt. Beginn ist um 19Uhr, Einlass ist bereits um 18Uhr. Alle Kegler, Kegelinteres-sierte so ie Freunde sind urAbschlussfeier eingeladen.

Eintrittskarten sind im Vor-erkauf in den Gaststätten

„Bergschlößchen“ in Hann.Münden und „Zum Anker“ inGimte u er erben. (ni )

Ehre für diebesten Kegler

Vereine undVerbändeFeuerwehr Laubach:OsterfeuerLAUBACH. Die Laubacher Feu-erwehr lädt für Ostersamstag,22. März, ab 19.30 Uhr, zumOsterfeuer an der Wildheckeein. Essen und Trinken wird an-geboten.

KKSV Hemeln:OsterhasenschießenHEMELN. Das Osterhasenschie-ßen des Kleinkaliberschützen-vereins KKSV Hemeln findet amOstermontag, 24. März, von 10bis 12 Uhr, im Schützenhausstatt.

Gospelchor:ChorprobeHANN. MÜNDEN. Die Mitglie-derdesMündenerGospelchorestreffen sich am Dienstag, 25.März, um20Uhr, in der Rathaus-halle zur Chorprobe. Dies ist dieletzte Probe vor der Barcelona-fahrt.

Musikgemeinschaft:HauptversammlungBONAFORTH. Die Mitgliederder Musikgemeinschaft FidelioBonaforth treffen sich am Sams-tag, 29. März, zur Jahreshaupt-versammlung im Karl-Heinz-Herbold-Haus. Beginn der Ver-sammlung ist um19.30Uhr. ZurErinnerung: Dies ist die letzteMöglichkeit, sich für die Damp-ferfahrt anzumelden.

Page 4: Hann. Münden während der NS-Zeit

Münden Dienstag, 1. April 2008

PersonalieKlaus Peter Schneemann hatheute or 4 Jahren seine Be-schäftigung bei der Firma KarlHein Schneemann - Hol rü-ckebetrieb - in Hann. Mündenaufgenommen.

Seit dem 1. April 1968 ist erin dem Betrieb seiner Elternals Maschinenführer der Hol -rückemaschinen tätig. 1994übernahm er den elterlichenBetrieb und führt das Ge-schäft. Er arbeitet täglich imWald mit einer Hol rückema-schine.

Seit der Übernahme hatKlaus Peter Schneemann denBetrieb esentlich ergrößertund beschäftigt ur eit neunMitarbeiter mit derartigen Ma-schinen. (ni )

AUSSTELLUNG

Wer hat noch Originale für die Ausstellung?DerArbeitergeschichtsvereinHann. Münden bereitet zur-zeit eine Ausstellung zur Bü-cherverbrennung in Mündenvor. Eröffnung ist amMitt-woch, 14. Mai. Ein Heinrich-Heine-Zitat gibt der Ausstel-lung ihren Titel: „Dort woman Bücher verbrennt .... ver-brennt man auch am EndeMenschen“.

Bereits am Samstag, 10.Mai, dem Jahrestag der Bü-cherverbrennungen, findetauf dem Rathausplatz eineGedenkveranstaltung mit Le-sung aus den damals verfem-tenWerken statt.

Neben demVerein Erinne-rung undMahnung, der sich ander Ausstellung beteiligt, bittetder Arbeitergeschichtsvereinauch EinzelpersonenumMithil-fe: Gesucht werden noch alteFotosundBerichteüberdieZeitdes Nationalsozialismus inHann. Münden sowie ein alterhölzerner Handwagen (mit soeinemWagenwarendieBücherdamals aus den BibliothekenzumRathausplatz gebrachtworden). Insbesondere Origi-nalausgabenderBücher,diebeiden Nazis auf dem Index stan-den, werden noch gesucht. Bis-her hat der Arbeitergeschichts-

verein erst einigewenige Exem-plare, die vor 1933 erschienensind. BetroffeneAutorenwarenzumBeispiel ErichKästner, KurtTucholsky, ErichMaria Remar-que, Anna Seghers, BertoltBrecht, Joachim Ringelnatz,Ödön von Horváth und AlfredDöblin. Auchwer Lust hat, ei-nen der Autorenmit einem sei-nerWerke in der Ausstellungvorzustellen, kann sich beimAr-beitergeschichtsvereinmelden.

Kontakt: Herbert Benkel-berg, Tel. 05541/327 13 oderKarin Gille-Linne, Tel. 05541/90 87 49, E-Mail: [email protected]

HANN. MÜNDEN. Eine Kin-der-Impfsprechstunde bietetdas Gesundheitsamt für dieStadt und den Landkreis Göt-tingen am Donnerstag,3. April, in Hann. Münden an.Die Sprechstunde findet on14 bis 15 Uhr in der MündenerNebenstelle des Gesundheits-amtes in der Breiten Gasse 5statt. (rud)

Impfungenfür Kinder

Vereine undVerbändeTV Jahn/Gymnastik:kein TrainingWIERSHAUSEN. Die vorgese-hene Übungsstunde der Gym-nastikgruppe des TV JahnWiers-hausen, geplant fürMittwoch, 2.April, fällt aus.

Bundeswehrverband:KegelnHANN. MÜNDEN. Die Kame-radschaft ehemaliger Soldaten/Reservisten und Hinterbliebe-nen im Deutschen BundeswehrVerband lädt für Mittwoch, 2.April, ab 17.30 Uhr zum Kegelnins LandgasthausWeserblick inGimte ein.

Kneippverein:Nordic-WalkingHANN. MÜNDEN. Die Nordic-Walking-Gruppe fürBerufstätigedes Mündener Kneippvereinstrifft sich ab Mittwoch, 2. April,wieder regelmäßig um 18.30Uhr am Parkplatz unterhalb desJagdhauses Heede. Interessiertekönnen direkt zum Treffpunktkommen.

TSG-Walking:TreffenHANN. MÜNDEN. Die Mitt-wochs-Walking-Gruppe der TSG1860 Münden trifft sich ab Mitt-woch, 2. April, wieder regelmä-ßig um 16.30 Uhr an der Reh-bocksweide.

SPD-Ortsverein: Ver-sammlungHANN. MÜNDEN. Der Vor-stand des SPD-Ortsvereins Mün-den lädt seine Mitglieder fürDonnerstag, 3. April, zur Jahres-hauptversammlung ins Karl-Heinz-Herbold- Haus nach Bo-naforth ein. Der wichtigste Pro-grammpunkt ist die Neuwahl.Beginn ist um 18 Uhr mit einemimbiss, der offizielle Teil beginntum 19 Uhr.

TSG-Do.-Wanderer:Tour und EinkehrHANN. MÜNDEN. Die Don-nerstags-Wandergruppe derTSGHann.Münden trifft sich am3. April um 9.30 Uhr am Park-platz der Stadtranderschlie-ßungsstraße/Höhe Baumarkt.Die Wanderroute wird dort be-kannt gegeben. Eine Einkehr istmittags im Jagdhaus Heede vor-gesehen.

Vor 75 Jahren: Boykott jüdischer Geschäfte

Bänke nur noch für „Arier“84 jüdische Mitbürger lebten Mitte 1933 noch in Münden

O ft sind es Kleinigkeiten,die Aufschluss über denum sich greifenden An-

tisemitismus in Münden der193 er-Jahre geben. In einerAn eige in den MündenschenNachrichten om 24. Januar1933 ist u lesen: „2 Mark Be-lohnung demjenigen, der mirdie Täter, elche Montag früh4.15 Uhr meinen Schaukastendemoliert haben, so nach-

eist, dass ich sie gerichtlichbelangen kann. Diskretion

ird ugesichert - Leder Edin-ger, Rosenstraße 1 “. Vermut-lich sollte mit der Zerstörungdes Schaukastens eigentlichder jüdische Inhaber geschä-

digt erden.Im Juni 1933

lebten in Münden84 Juden. Die Dis-kriminierungengegen sie nahmenim Lauf der 3 er-Jahre immer mehru. Laut Reichsge-

set gebung durf-ten sich Juden bald nicht mehrauf die Bänke innerhalb desStadtgebietes set en.

Spätestens die Ver üstungder Mündener S nagoge in derNacht des 8. No ember 1938,also bereits am Vorabend derReichspogromnacht, machteden erbliebenen Mündener

Juden deutlich, dass das Lebenin Deutschland unerträglichge orden ar. Die meistenon ihnen hatten bis 1941 die

Stadt erlassen, iele emigrier-ten. Die 22 Mündener Juden,die geblieben aren, urden1942 in Kon entrationslagerdeportiert. (rud)

Mit dem Boykott schließlich zum Ausverkauf getrieben: Das Ge-schäft der jüdischen Familie Madelong an der Langenstraße (da-mals Adolf-Hitler-Straße)war am1. April 1933 auch vomBoykott-Aufruf der Nazis betroffen. Mitte der 30er-Jahre musste es wegenstarker Umsatzeinbußen aufgegeben werden. Foto: nh

Ausgrenzung: Dieses Schild hing vermutlichin der Sydekumstraße. Der ehemalige Orts-heimatpfleger Heinz Hartung hat es späterauf einemDachboden dort gefunden.

erster Linie Unterlagen überVorgänge aufbe ahrt erden,mit denen ein Ver altungsakterbunden ar, gibt Stadtar-

chi arin Ingrid Wen el u be-denken.

Rückschlüsse lassen aberum Beispiel Schriftstücke ie

die Aus erkaufsgenehmigungdes Modehauses Rosenbergom No ember 1935 u. Offen-

sichtlich ar der Umsat sostark eingebrochen, dass denGeschäftsleuten ihre Lebens-grundlage ent ogen urde.„Die Be ölkerung hat den Bo -kottaufruf für bare Mün e ge-

sicher der Verein Erinnerungund Mahnung.

Lebensgrundlage zerstörtIm Stadtarchi sind die Mit-

glieder der Arbeitsgruppe nundabei, alte Zeitungsbände undUrkunden u durchforsten.„Wir haben festgestellt, dasshier ieles noch im Dunkelnliegt“, sagt Vereins orsit endeJulia B tom.

Was sich tatsächlich in derBe ölkerung abgespielt hat,lasse sich nicht so ohne eite-res herausfinden, da im Stadt-archi neben den Zeitungen in

VON KAT J A RUDOLPH

HANN. MÜNDEN. Am 1. April1933 ist iel los auf der Adolf-Hitlerstraße, ie die Lange-straße seit ei Tagen laut Ma-gistratsbeschluss offi iellhieß. „Um Schlag 1 Uhr“ solldort an diesem 1. April, einemSonnabend, der Bo kott jüdi-scher Geschäfte beginnen, iedie Mündenschen Nachrich-ten seit Tagen ankündigten.

„Deutsche! Wehrt Euch!Kauft nicht bei Juden!“ stehtauf den Plakaten, mit denensich or dem Geschäften Mit-glieder der SA und SS postierthatten - so ie es die Parteilei-tung der NSDAP angeordnethatte. Viele Mündener sind ge-kommen, um or Ort u gu-cken, as passiert, ob und ieder bundes eite Bo kottauf-ruf der Na is umgeset t ird.In die jüdischen Läden freilichtraut sich an diesem Tag nie-mand.

Aufarbeitung im ArchivMindestens fünf Geschäftearen or 75 Jahren on dem

Bo kott betroffen: neben demHerren- und SchuhgeschäftMadelong, dem Te til arenla-den Lö enthal und demSchuhgeschäft Blankenbergauch das Modehaus Rosenbergan der Ecke Schmiedestraßeund der Leder arenladenEdinger an der Rosenstaße.

Dies sind erste Ergebnisseder Arbeitsgruppe des VereinsErinnerung und Mahnung, dieseit einigen Wochen ur Bo -kottaktion on 1933 recher-chiert. In einer für Mai geplan-ten Ausstellung des Arbeiter-geschichts ereins ur Macht-übernahme der Nationalso ia-listen und dem Beginn der Ju-den erfolgung or 75 Jahren(siehe Kasten rechts) soll auchder Bo kott jüdischer Geschäf-te behandelt erden, und umdiesen Teilbereich kümmert

„Es liegt noch vieles im Dunkeln“Am 1. April 1933 postierten sich SA und SS vor jüdischen Geschäften und riefen zum Boykott auf

nommen: da dürfen ir nichteinkaufen, da gehen ir nichtmehr hin“, sagt Julia B tom.

Zu Übergriffen gegen Judensei es am 1. April or 75 Jahrenoffenbar nicht gekommen, soDr. Winfried Wurm on derArbeitsgruppe, „Das kannman den Mündener ugutehalten. Sie haben sich aller-dings auch nicht da or gestelltund ihre jüdischen Mitbürgergeschüt t.“

Eine kleine Ausnahme gabes aber doch. Hein Hartung,heute 88 Jahre alt, erinnertsich noch, dass das elterliche

Modegeschäft am Tag des offi-iellen Bo kotts on der Akti-

on erschont blieb. Seine Mut-ter, eine fromme Christin jü-discher Herkunft, ar unterden Angestellten so angese-hen, dass die Mitarbeiterin-nen, deren Männer bei der SA

aren, denen uhause „einsauf die Müt e gaben“, bloßnicht in dem Laden am Kirch-plat auf utauchen. Auf dieDauer konnte sich das Ge-schäft unter dem Druck derNa is dennoch nicht halten.„1934 sahen sich meine Elternge ungen, es u erkaufen.“

Forschen im Archiv: Christoph von Wedemeyer, Leni Wurm-Altenburg, Dr. Winfried Wurm, Stadtarchivarin Ingrid Wenzel und JuliaBytom, Vorsitzende des Verein Erinnerung und Mahnung bei den Recherchen zum Boykott jüdischer Geschäfte vor 75 Jahren. Auch inHann. Münden war eine Reihe jüdischer Geschäftsleute betroffen. Foto: Rudolph

Page 5: Hann. Münden während der NS-Zeit

MündenSamstag, 10. Mai 2008

eit ich eiß. Generell gilt fürMünden, das es den Na isnicht gelang, so Fuß u fassen,

ie sie es sich ge ünscht hät-ten. Noch 1937 ird gesagt,die Stadt sei „kommunistischerseucht“ - obei alles links

der NSDAP als kommunistischgalt. Was möglichen Wider-stand angeht, muss man na-türlich bedenken, dass in die-ser Zeit iel Mut da u gehörte,sich gegen die Na is u stel-len. Wer aufmuckte, urde so-fort erhaftet.Gab es während der Aktion

auch Übergriffe gegen jüdischeMitbürger oder andere Re-gime-Gegner?

HARTING: Da on ist nichtsbekannt. Da u muss man abersagen, dass Richard Falck, einjüdischer Professor der Forst-hochschule, die Stadt schonim April erlassen hatte. Erhatte die Zeichen der Zeit umGlück recht eitig erkannt.Wie gut ist die NS-Zeit in

Hann. Münden generell aufge-arbeitet?

HARTING: Was die Historieangeht, ist das schon gan or-dentlich. Es gibt auch relatiiele Publikationen für eine

Stadt dieser Größe. Eine ande-re Sache sind die Schlussfolge-rungen, die man daraus ieht,um Beispiel die Inhaber der

Geschäfte, die damals on denJuden übernommen urden.Wer heute lebt, dem kann na-türlich kein Vor urf gemacht

erden. Dem, der ersucht,die Geschichte u ertuschen,aber schon.

der NSDAP-Fraktion ar, undder hätte mit Sicherheit mehrdaraus gemacht. Man be-kommt beim Lesen des Be-richts in der Zeitung om 11.Mai 1933 den Eindruck, er i-tiert die Rede on Wolff nur solang, um u überspielen, dassdie Reaktion der Be ölkerungeher erhalten ar.Gab es auchWiderstand?HARTING: Gegen die Aktion

gab es keinen Widerstand, so

HARTING: Auf der Fotografie,die erhalten ist, sieht man,dass iele Menschen da aren.Neben SA, SS und Schut poli-ei auch iele Schaulustige. Ich

be eifle aber, dass die Begeis-terung sehr groß ar. Wenniel gejubelt orden äre, hät-

te das die Zeitung mehr ausge-schlachtet. Der Herausgeberder Mündenschen Nachrichten

ar nämlich Otto Weber-Kroh-se, der ugleich Vorsit ender

mer Na i ge esen sein, sonstäre er nicht Studentenführer

ge esen.Weißman, welche Bücher in

Münden verbrannt wurden?HARTING: Meines Wissens

gibt es keine Liste darüber. Ge-nerell ar on „Schmut - undSchundliteratur“ die Rede. Beieiner forst issenschaftlichenBibliothek ist natürlich die Fra-ge, elche Bücher sie da raus-gekramt haben. Es muss sich

ohl or allem um Veröffentli-chungen jüdischer Autoren ge-handelt haben. Vielleicht ha-ben sie deshalb ihre Schubkar-ren auch noch mit S mbolender Weimarer Republik undder Demokratie beladen, da-mit es oller aussieht.War nur die Bibliothek der

Forsthochschule betroffenoder wurden auch öffentlicheoder gar private Büchereien ge-plündert?

HARTING: In Hann. Mündennur die Forst issenschaftlicheBibliothek, as eher unge-

öhnlich ar. In Berlin ur-den auch öffentliche Biblio-theken geplündert. An Pri at-bestände hat man sich erstmalnicht rangemacht, es urdenur da u aufgefordert, un-deutsche Literatur ab ugeben.In ie eit dem Folge geleistet

urde, ist nicht bekannt. Esgibt aber keinen Hin eis da-rauf, dass dieser Aufruf begeis-terten Anklang in Hann. Mün-den gefunden hätte.Inwieweit war denn die Be-

völkerung an den Bücherver-brennungen beteiligt?

VON KAT J A RUDOLPH

HANN. MÜNDEN. Über dieBücher erbrennungen am1 . Mai 1933 in Hann. Mündensprachen ir mit dem Münde-ner Historiker Thomas Har-ting, der u diesem Thema ei-nen Aufsat für ein Fachbuchgeschrieben hat.Herr Harting, warum gingen

dieBücherverbrennungengera-de vonden Studenten aus?Mankönnte meinen, gerade die Stu-denten wären nicht Paradean-hänger der Hitlerideologie?

THOMAS HARTING: Auch inBerlin gingen die Aktionenon Studenten aus, Mündenar also kein Ein elfall. Ver-

mutlich gab es nur eine Min-derheit in der Studenten-schaft, die der Na i-Ideologieanhing. Denen, die andersdachten, die freigeistiger undliberaler aren, ging es genau-so ie allen in dieser Zeit: Sie

urden mundtot gemacht.Wer war dieser Wolfram

Wolff, der die Studenten an-führte?

HARTING: Darüber ist nur e-nig bekannt. Selbst seinenVornamen habe ich erst in ei-ner Festschrift der ForstlichenHochschule on 1939 heraus-finden können. Überliefert istaber seine Rede, die er äh-rend der Versammlung aufdem Marktplat gehalten hat.Da or und danach spielte eroffenbar keine so prominenteRolle, dass man auf ihn auf-merksam ge orden äre.Aber er muss schon ein stram-

„Kein Jubel über die Aktion“Historiker Thomas Harting vermutet, dass es bei den Bücherverbrennungen keine große Begeisterung gab

HINTERGRUND

Gedenkveranstaltung und Ausstellung75 Jahre nach der Bücherver-brennung findet heute ab 18Uhr eine öffentliche Gedenk-veranstaltung auf demMarkt-platz statt. Mündener Bürgerlesen Ausschnitte aus den da-mals verfemtenWerken vor.KlausWettig, ehemaliger Eu-ropaabgeordneter,wird einenVortrag zu den Bücherver-brennungenhalten. Veranstal-ter ist der Arbeitergeschichts-verein Hann. Münden.

Der Arbeitergeschichts-verein hat auch die Ausstel-lung „Dort, woman Bücherverbrennt, ... verbrennt manauch amEndeMenschen“ aufdieBeinegestellt. SiewirdamMittwoch, 14. Mai, um 17Uhr imMuseum der Arbeiteröffnet. Die Ausstellungüber die Bücherverbrennung1933 und Verfolgung inHann. Münden ist bis 17. Au-gust dort zu sehen. (rud)

ZUR PERSON

Thomas HartingThomas Harting (32), gebür-tiger Berliner, lebt seit 20 Jah-ren in Hann. Münden und istMitglied im Arbeiterge-schichtsverein. Er hat Ge-schichte, Philosophie und Po-litik an der Fernuni Hagenstudiert. Über die Bücherver-brennungen in Hann. Mün-

den hat er einen Aufsatz fürden Sammelband „Orte derBücherverbrennungen inDeutschland 1933“ (Heraus-geber: Werner Treß) ge-schrieben, der heute er-scheint. Zurzeit arbeitet Tho-mas Harting an einer Chronikfür den Bauverein. (rud)

Vor 75 Jahren: Bücherverbrennung

A ntisemitische Anfein-dungen kannte RichardFalck schon lange or

1933. Die Vorlesungen des Pro-fessors für M kolgie (Pil is-senschaften) an der ForstlichenHochschule in Hann. Münden

urden bereits Jahre or derMachtübernahme der Na ison rechten Studenten bo kot-

tiert, eil Falck Jude ar. 192erreichte der Forscher noch,dass ein Student, der ein antise-mitisches Flugblatt ausgehängt

hatte, der Hochschule er ie-sen urde. 1933 endete FalcksForschungs- und Lehrtätigkeitin Münden dann aber abrupt.Ein on den Na is erlassenesGeset schrieb die Entlassungnicht-arischer Beamter or. Sei-ner Entlassung kam der 6 -Jäh-rige u or und emigrierte noch1933 in die USA. Als die Forst-studenten 1 . Mai auf demMündener Marktplat Büchererbrannten, hatte er die Stadt

schon erlassen. (rud)Aufgezeichnet von Karin Gille -Linne

Er floh, bevordie Bücherbrannten

Richard Falck: Er war bis 1933Professor an der ForstlichenHochschuleMünden. Foto: nh

VON KAT J A RUDOLPH

HANN. MÜNDEN. Mit einemHand agen oller Bücher ie-hen am frühen Abend des 1 .Mai 1933 Studenten der Forst-hochschule Hann. Münden mitder SA um Marktplat . Mit aufdem Wagen sind auch Fahnenund Transparente der Weima-rer Republik. Begleitet on derMarschmusik einer SA-Kapellebahnt sich die Gruppe denWeg durch die Menschenmas-sen, die bereits am Marktplatersammelt sind.In der Mitte des Plat es ird

der Scheiterhaufen ent ündet,auf dem die Bücher aus der Bi-bliothek der Forstlichen Hoch-schule erbrennen. „Hellschlugen die Flammen empor,ein elne brennende Papierfet-en flogen in die Luft“, berich-

teten die Mündenschen Nach-richten am Tag darauf. Vor denbrennenden Büchern hält derStudentenführer WolframWolff seine Feuerrede: „Unsererster Angriff gilt der Literatur,der Kunst, überhaupt der Be-reinigung der Kultur on allem

Studenten errichteten ScheiterhaufenAm 10. Mai 1933 zündeten Mündener Forsthochschüler auf dem Marktplatz Bücher an - Stadtbücherei nicht geplündert

Kleines Feuer mit verheerender Wirkung: Auch auf dem Marktplatz in Hann. Münden wurden am 10. Mai vor 75 Jahren Bücher ver-brannt. Die Aktion ging vornehmlich von den Studenten der Forsthochschule aus. Foto: Privat/nh

Undeutschen!“, itiert ihn dieZeitung, die längst ein Propa-gandablatt der Na is ar. DerLeitspruch der bundes eitenAktionen lautete: Wider denundeutschen Geist. Als un-deutsch galt alles, as der Ideo-logie der Na is und ihrer men-schen erachtenden Rassen or-stellung nicht entsprach.

„So ie ir Studenten denAnfang gemacht haben, solltejeder Deutsche es tun. Werft al-len Schmut und Schund ausEuren Büchereien, ernichtetall die jüdisch-pa ifistischenSchriften, damit nicht die See-le Eurer Kinder durch diesenUnrat ergiftet ird“, forderteWolff alle Umstehenden auf.

Dass eine Hochschulbiblio-thek geplündert urde, arbei den reichs eiten Bücher-erbrennungen eine Ausnah-

me. Eigentlich hatte der „Forst-beflissene“ Wolff dem Haupt-amt der Deutschen Studenten-schaft angekündigt, die Bücherhauptsächlich durch eine „Säu-berung der hiesigen Stadtbü-cherei“ beschaffen u ollen.Diese blieb jedoch erschont.

Page 6: Hann. Münden während der NS-Zeit

Vor 75 Jahren: Verbot der SPD

durchaus or dem Rathaus er-scheinen, eigerte sich aber,durch ein Spalier der SA in dasRathaus und den mit Haken-kreu en ersehenen Sit ungs-saal ein u iehen.

So beschloss der Rat an die-sem Tag ohne die Stimmen derSPD, dass die Lange Straße inAdolf-Hitler-Straße umbenanntund Hitler um Ehrenbürgerder Stadt erden sollte.

In der Bürger orstehersit-ung ei Tage später ersuch-

te Bürgermeister Haarmannnoch, die ge ählten SPD-Bür-ger orsteher nachträglich uerpflichten, musste unter

energischem Einspruch derNSDAP und der Deutschnatio-nalen aber einlenken. In dergleichen Sit ung urde mitden Stimmen der Na is be-schlossen, dass Stadts ndikusKarl Kredel nicht mehr für diePoli eiangelegenheiten derStadt uständig sein sollte, „daer nicht das Vertrauen des Bür-ger orsteherkollegiums hat“,

ie die Lokal eitung berichte-

A ls im Juni or 75 Jahrendas Verbot der SPD er-ging, aren im Münde-

ner Bürger orsteherkollegi-um - so hieß damals der Ratder Stadt - die so ialdemokra-tischen Vertreter schon seitdrei Monaten ausgeschaltet.Auch der linksliberale Bürger-meister Dr. Rudolph Haar-mann, der der DDP (DeutscheDemokratische Partei) ange-hörte, hatte Ende Mär um Be-urlaubung gebeten. Dabei hat-ten die So ialdemokraten inder Kommunal ahl om Mär1933 neun der 22 Sit e bekom-men, die NSDAP ehn.

Zur ersten Sit ung am 28.Mär , hieß es in den Münden-schen Nachrichten, sei dieSPD nicht erschienen. „DieSPD, die einst so stol und sie-gessicher herrschte, hat auchhier gekniffen“, polemisiertedas Blatt, dessen HerausgeberOtto Weber-Krohse ein über-eugter Na i ar. Was die Zei-

tung nicht schrieb: Die so ial-demokratische Fraktion ar

Hakenkreuze im SitzungssaalNach der Kommunalwahl im März 1933 weigerte sich die SPD durchs SA-Spalier ins Rathaus einzuziehen

te. „Da om Bürgermeister dasgleich gilt, ersucht das Bürger-orsteherkollegium den Herrn

Regierungspräsidenten, die Po-li eige alt dem Poli eikom-missar Me er u überlassen.“

Daraufhin baten so ohl derStadts ndikus (entspricht demheutigen Amt des StädtischenRechtsdirektors) als auch Bür-germeister Dr. Haarmannbeim Regierungspräsidiumum Beurlaubung. Diese urdegenehmigt. Sein Nachfolger

urde der Lehrer HeinrichMeine, selbst erständlich einNationalso ialist.

Am 11. April 1933 schrie-ben die Mündenschen Nach-richten nochmal u Haar-manns Rücktritt: „Mit ihm hatein gan bestimmter Bürger-meistert p abgedankt, einT p, der in keiner Weise unse-rer neuen Zeit mehr gemäß

ar.“ In Hann. Münden arnur endgültig eine neue Äraeingetreten: Die Gleichschal-tung der Stadt ar den Na isgelungen.

Von den Nazis aus dem Amt gedrängt: Dr. Rudolph Haarmann(1883 - 1962), war von 1917 bis 1933 Bürgermeister der StadtHann. Münden. Das Bild zeigt ihnmit seinem Enkelkind. Foto: Privat

TERMIN

GedenkfeieramMontagAn das Verbot der SPD vor75 JahrenwollenderArbei-tergeschichtsverein undder SPD-Ortsverein amMontag, 23. Januar, erin-nern. Sie laden für 19 Uhralle Interessierten zu einerGedenkfeier in die untereRathaushalle in Hann.Münden ein.Im Mittel-punkt derVeranstal-tung stehteine Redevon Altbür-germeisterArmin Hof-fahrt, dedie Ereig-nisse in der beginnendenNS-Diktaturschildernwird,die schließlich am 22. Juni1933 in das Verbot der So-zialdemokratie imDeut-schen Reichmündeten.Hoffahrt war von 1993

bis 2001 Bürgermeister inHann. Münden. (rud)

Foto: Rudolph

ArminHoffahrt

Die drei Poli isten, die ihn1935 erhaftet hatten, trafFrit Michalski nach Kriegsen-de in Hann. Münden auf derLangen Straße. Auf der Höhedes Schillerkinos sah er, iedie Männer ihm entgegenka-men. Sie ichen auf die ande-re Straßenseiteaus, Michalskiging eiter.

HerbertBenkelberg,72, erinnertsich noch ge-nau, ie FritMichalski ihmdiese Begeg-nung einmalschilderte. „Warum hast Dusie nicht u Rede gestellt?“,fragte der damals junge Mannungläubig, der usste, dassMichalskis Ver icht auf die

Konfrontation nicht aus Angstgeschehen ar.

Der Grundgedanke der Ar-beiterbe egung sei die Huma-nität, habe Michalski immergesagt, man müsse ergessenkönnen, erinnert sich auch Ar-min Hoffahrt (8 ). „Das konn-ten ir damals nicht erste-hen“, sagen Benkelberg undHoffahrt rückblickend. „Zu-gleich ist es ein Zeichen fürdie charakterliche Stärke onFrit “, betont Armin Hoffahrt.

Innere GrößeAuch ei Zeugen gegen-

über, die Michalski ährendder Verhöre belastet haben,

eil sie Schläge nicht mehraushalten konnten, habe Mi-chalski diese Größe be iesen,sagt Benkelberg: „Er hat dakeinen Groll gehegt.“ (rud)

„Er hegte keinen Groll“

MündenSamstag, 21. Juni 2008

bekenne. Um den ps chischenDruck u erhöhen, stellte dieGestapo ihm sogar seineSch ester gegenüber, „dieebenfalls erhaftet und unterQuälereien und Drohungen u-sammengebrochen ar“, iesich Michalski erinnerte. Siesollte ihn auffordern, sein eige-nes Leben u retten und aus u-sagen. Er hielt stand.

Nach Buchenwald gebrachtNach drei Tagen brachte die

Gestapo Michalski, der ölligentkräftet und erschunden

ar, nach Kassel urück. Erurde u einer Gefängnisstra-

fe erurteilt, die er in einemStraflager im Emsland erbü-ßen musste. Anschließend

urde er in das Kon entrati-onslager Buchen ald ge-bracht und 1939 freigelassen.1944 nach dem Attentat aufHilter erhaftete man ihn er-neut.

derstand preis ugeben unddie Fragen der Gestapo nichtu deren Zufriedenheit beant-ortete, set ten ihn die Beam-

ten massi unter Druck: „Ichurde über einen bereitge-

stellten Tisch ge orfen, fest-gehalten und furchtbar ge-schlagen mit bereit gehalte-nen Gummiknüppeln“, schil-derte Michalski 1946, als eraus der Kriegsgefangenschaftheimgekehrt ar. Im Verlaufdes Verhörs misshandeltenihn die Gestapobeamten ie-der und ieder.

Auch psychische FolterAuch übelsten Drohungen

hielt er stand: die SA sei bereit,ihn auf einem Wagen durchdie Stadt u fahren, nackt aus-u iehen und on der sehr ge-

gen ihn aufgebrachten Münde-ner Be ölkerung anspucken ulassen. Das bliebe ihm nur er-spart, enn er die Wahrheit

die Einschüchterung auch derübrigen Be ölkerung ließnicht nach. So schrieben dieMündenschen Nachrichtenkur nach den Verhaftungenet a: „Wie sehr es angebrachtist, die Ein ohnerschaft (...)or Unbesonnenheit u ah-

ren, be eist eine eitere Ver-haftung, nämlich die desSchuhmachers Karl Herborg,der auf der Straße „Rot Front“gerufen hatte. Die Poli eibe-amten haben An eisung, injedem Falle rücksichtslos ein-ugreifen.“

„Die Poli eibeamtenhaben Anweisung, injedem Falle rücksichts-los ein ugreifen.“MÜNDENSCHE NACHRICHTEN

VOM 26 . JUN I 1933

Dennoch gelang es den Na-is nicht, den Widerstand u

brechen. Aus Vorsicht trafensich die So ialdemokratenaber jet t nur noch in Dreier-gruppen und erbreiteten ins mpathisierenden Kreisenantifaschistische Schriften,die sie aus Göttingen oderHanno er bekamen.

Im Sommer 1933 und denfolgenden Jahren gab es im-mer ieder Verhaftungen onMitgliedern der örtlichen SPDund KPD. Auch Frit Michalski

urde 1935 egen illegalerpolitischer Tätigkeit erneuterhaftet und ins Untersu-

chungsgefängnis in Kassel ge-sperrt. Für ein Verhör brachteman den 33-Jährigen in dasMündener Rathaus. Da sichMichalski eigerte, die Na-men seiner Mitstreiter im Wi-

VON KAT J A RUDOLPH

HANN. MÜNDEN. Z ei Tagelang blieb es noch ruhig inHann. Münden. Doch die Ge-nossen der SPD müssen am 22.Juni or 75 Jahren schon ge-ahnt haben, as ihnen drohte.„Endlich auch die SPD erbo-ten und ausgeschaltet“, jubel-ten die Mündenschen Nach-richten, längst um braunenParteiblatt erkommen, in ih-rer Ausgabe om 23. Juni1933.

In Hann. Münden ar derlinksliberale BürgermeisterDr. Rudolph Haarmann u die-sem Zeitpunkt schon aus demAmt gedrängt orden, ebenso

ie die so ialdemokratischenRats ertreter (siehe Artikelunten). Z ei Tage nach demoffi iellen Partei erbot griffendie Na is dann in Münden u:15 leitende So ialdemokraten

urden am 24. Juni, einemSamstag, on der Poli ei er-haftet und mit dem Bus nachGöttingen gebracht.

Darunter aren auch AdolfKaldauke, der damalige SPD-Orts ereins orsit ende, undFrit Michalski, einer der mit-reißendsten Redner der hiesi-gen So ialdemokraten und seit193 Ratsmitglied. Bereits mit16 Jahren ar der aus einer Ar-beiterfamilie stammende Mün-dener der SPD beigetreten,nach dem Krieg gehörte erdem ersten ge ählten Rat derStadt an, urde 1947 Landtags-abgeordneter und 1961 Land-rat des Kreises Münden.

Aus der so genannten„Schut haft“ urden die Mün-dener So ialdemokraten arbald ieder entlassen, doch

Fritz Michalski im Verhör gequältAm 22. Juni 1933 wurde die SPD verboten - Zwei Tage später folgte eine große Verhaftungsaktion in Münden

Erleichterung nach dem Krieg: 1946 fuhr dieser Lautsprecherwagen der SPD durch Mündens Straßen, um auf die erste große Veran-staltung der SPD aufmerksam zumachen. Foto: Privat/nh

HerbertBenkelberg

Tapferer Kämpfer für die Sozi-aldemokratie: Fritz Michalski(1902-1977). Foto: Archiv

Ortsvereinsvorsitzender imJahr des SPD-Verbots: AdolfKaldauke (1886 - 1967).

Page 7: Hann. Münden während der NS-Zeit

Münden Samstag, 19. Juli 2008

Vor 75 Jahren: Die Kirche während der NS-Diktatur

die Unabhängig-keit der Kirche unddas Recht auf freieVerkündigung

ahren. Er schlosssich später den Be-kennenden Chris-ten an, einer imSeptember 1933 ge-gründeten Gegen-be egung u denDeutschen Chris-ten.

„Es ging ein Rissdurch die Kirche,dadurch, dass dieDeutschen Chris-ten auftraten unddie anderen den Va-terglauben ahren

ollten“, sagtChristoph on We-deme er. Auf eineHNA-Anfrage hinhat er spontan mitWaltraud Kock undPastor RudolfBlümcke im Kir-chenarchi (Cor i-nushaus) u Mün-dens Kirchenge-schichte ährend der NS-Zeitgeforscht. „Die Spaltung arhier or Ort gan deutlichsichtbar“, fügt der 74-Jährigehin u. Personifi iert ar dieSpaltung in den beiden Pasto-ren Knoke und Me er.

Bereits im Mär 1933 hatteder damalige Pastor primariusGeorg Knoke in einem Gottes-dienst in St. Blasius eine Abord-nung der SA mit der Haken-kreu fahne or dem Altar Auf-stellung nehmen lassen - unddas entgegen einem Beschlussder Landeskirche. In den Mün-denschen Nachrichten nimmtder Pastor u dem Vorfall, derfür einigen Unmut in der Be öl-kerung gesorgt haben muss,Stellung: Er sei über eugt, dass

gung, die an die Na i-Ideologieanglich. Bei den Kirchen or-stands ahlen am 23. Juli 1933erreichte sie offenbar auch inder E angelisch-lutherischenGemeinde rund 8 Pro ent derStimmen.

NS-Symbole vorm AltarEinige Tage or den Kirchen-

orstands ahlen in der E an-gelisch-lutherischen Gemeindein Hann. Münden trafen sichdie Deutschen Christen u ei-ner Kundgebung in der St. Bla-siikirche, ie der damalige Pas-tor Johannes Me er in seinenpersönlichen Erinnerungenur Kirchengeschichte aufge-eichnet hat. Beim Ein ug in

das Gotteshaus marschierte dieSA-Kapelle oran, or dem Al-tar urden Fahnen und Stan-darten aufgestellt. Ein Bild, dasMe er geschmer t haben muss.

Anders als sein Kollege Pas-tor Georg Knoke, über eugterDC-Anhänger, ollte Me er

VON KAT J A RUDOLPH

HANN. MÜNDEN. Das Kon-kordat ischen Vatikan unddem Hitler-Regime ar ge-schlossen (siehe Bericht in derSonntags eit), der Reichskan -ler glaubte nun iele Katholi-ken auf seiner Seite - nicht nurin Deutschland. Jet t hatteAdolf Hitler „den sehnlichstenWunsch, eine nicht minder kla-re Regelung auch mit der E an-gelischen Kirche treffen ukönnen“, ie er in einer Redeam Vorabend der Kirchen ah-len über den Rundfunk erkün-dete.

Auch in Hann. Münden dürf-ten iele Christen gehört ha-ben, ie der Reichskan lerstatt der 29 Landeskirchen, diein ihrem Bekenntnis frei a-ren, eine ein ige Reichkirchebesch örte. Sie freilich sollteon den Deutschen Christen

(DC) bestimmt sein, einer 1932gegründeten Glaubensbe e-

„Es ging ein Riss durch die Kirche“In der St. Blasiusgemeinde standen sich während der Nazi-Jahre zwei sehr unterschiedliche Pastoren gegenüber

„die Hakenkreu fahne nichtet a nur die Fahne einer politi-schen Partei, sondern das Ban-ner und S mbol des neuen er-

achten Deutschlands, der onGott gesegneten Re olution,des kommenden (...) heiß er-sehnten Dritten Reichs.“ DieKirche müsse den „Kampf desNationalso ialismus um daskommende Dritte Reich nichtnur gutheißen“, sondern mit-kämpfen, formulierte Knokeunmiss erständlich in dem be-reits braun durchgefärbten Lo-kalblatt.

Pastor Johannes Me er beob-achtete die Ent icklungen anSt. Blasius mit Sorge. Wie nachder Neu ahl des nun ornehm-

lich mit DC-Mitgliedern beset-en Kirchen orstands, dessen

alte, erdiente Mitglieder ein-fach or die Türe geset t ur-den, empörte ihn.

Auch musste der Pastor, dernoch bis Anfang der 6 er-Jahrean St. Blasius bleiben sollte,Ende der 3 er- und u Beginnder 4 er-Jahre massi e Kir-chenaustritte hinnehmen. Al-lein ’38 und ’39 traten 16 Ge-meindemitglieder aus St. Blasi-us aus.

„Die Na is hatten unächstmit erdeckten Karten gespieltund sich positi um Christen-tum geäußert, aber später be-drängten sie die Menschen,nicht mehr in die Kirche u ge-

hen“, erläutert Waltraud Kock(81), die sich noch erinnert,

ie sie als Schülerin Jesus als„Judenbengel“ eingebläut be-kam.

Einiges schon haben dierührigen Geschichtsforscheron St. Blasius ur Kirchenge-

schichte ährend der NS-Dik-tatur usammengetragen.Dennoch sei man eit da onentfernt, ein umfassendes Bilddieser Mündener Zeit u ha-ben, betonen on Wedeme -er, Kock und Blümcke. Bislangsei nur enig s stematischaufgearbeitet orden.

„Wir ollen sehen, ob irden Anstoß der Zeitung nut enund eiterforschen“, sagt Pas-tor Rudolf Blümcke.

Spuren: Christoph vonWedemeyer (links), Pastor Rudolf Blümcke undWaltraud Kock forschten zur Haltung derEvangelisch-lutherischen Kirche inMünden zu Beginn der NS- Diktatur. Vor dem Taufstein etwa - damals stand erallerdings an anderer Stelle - hielten die Deutschen Christen, eine NS-treue Strömung, kurz vor den Kirchenvor-standswahlen eine Versammlung ab. Foto: Rudolph

Gegen die Vereinnahmung der Kirche: Pastor Johannes Meyer(links), hier mit Familie vor dem Portal von St. Blasius. Foto: nh

Dennoch macht Hein Har-tung deutlich, dass es sich beider Hilfe für seine Mutter of-fenbar um einen Ein elfallhandelte. „Mir ist nicht be-kannt, dass sich einer der Pas-toren oder Pfarrer damals urVerfolgung der jüdischen Mit-bürger geäußert hat.“ Als Ge-schäftsführer des Kreis-Sonder-hilfsausschusses ur Betreu-ung der Verfolgten nach demKrieg, so Hartung, hätte ersonst sicher da on erfahren.Auch Pastor Brand habe öffent-lich oder in Predigten nicht po-litisch Stellung be ogen.

„Ein Einzelfall“

Über ein Jahr ar die engagier-te Christin der E angelisch-re-formierten, die aus einem jüdi-schen Elternhaus kam, dorteingesperrt. Dass sie nichtschon früher die KZ-Tortur er-leiden musste, das hatte sieauch dem Pastor u erdanken,der jet t ihren Sohn traute.

„Das Eingreifen vonPastor Brand war einwesentlicher Grund,dass Mutter 1942 vonder Deportation ver-schont geblieben ist.“

HE INZ HARTUNG (88)

Im Frühsommer 1942 soll-ten die let ten jüdischen Mit-bürger aus Hann. Münden de-portiert erden. Auf der Listestand auch der Name on Frie-da Hartung. „Dabei ar das ge-gen die geltenden Bestim-mung, da sie mit meinem Va-ter in einer so genannten pri i-legierten Mischehe lebte“, er-innert sich Hein Hartung, derheute 88 Jahre alt ist.

Über Bekannte gibt es einenKontakt um Reichssicher-heitshauptamt in Berlin, o-hin Hein und sein BruderWerner sofort reisen, um uersuchen, die be orstehende

Deportation der Mutter nochab u enden. Vor der Abreisebitten sie noch Pastor Brand, ermöge die Angelegenheit so lan-ge im Auge behalten.

Während die Brüder nochunter egs sind, ird die Mut-ter aber bereits in das Göttin-

VON KAT J A RUDOLPH

HANN. MÜNDEN. Als PastorAugust Brand am 14. Juli 1945Hein und Elli Hartung in derE angelisch-reformierten Kir-che in Münden traute, standenihm dicke Tränen in den Au-gen. Er usste, as das Paar bisu diesem glücklichen Tag

durchgemacht hatte. Als Sohneiner jüdischstämmigen Mut-ter ar Hein Hartung die Ver-bindung u seiner geliebtenElli erboten orden - unterAndrohung on KZ-Haft. Auchdem jungen Mädchen hattendie Na i-Autoritäten mit Er ie-hungslager gedroht, sollte siesich eiter mit dem „Juden-bub“ treffen.

Und erst kur or der Trau-ung ar die Mutter des Bräuti-gams, Frieda Hartung, aus demKon entrationslager nachHann. Münden heimgekehrt.

Mutig gegen das drohende KZJohannes Brand, Pastor der Ev.-reformierten Kirche, setzte sich für Frieda Hartung ein

ger Poli eigefängnis gebrachtund erleidet in der Nacht einenHer anfall. Als Pastor Brandon der Festnahme erfährt, eilt

er nach Göttingen und erfährton dem Zusammenbruch. So-

fort erlangt er nach dem Poli-eiar t und besch ört den

Mann, doch et as für FriedaHartung u tun, um sie or derVerschleppung u be ahren.

Der Ar t lässt die 54-Jährigein ein Krankenhaus erlegenund sie für nicht transportfä-hig erklären. Ohne är tlicheGenehmigung dürfe sie dasKrankenhaus nicht erlassen,

eist er die Krankensch es-tern an. So ieht die Gestapoun errichteter Dinge ab, als siedie gesch ächte Frau für denAbtransport abholen ill.

„Das Eingreifen und Vermit-teln durch Pastor Brand arein gan esentlicher Grund,dass Mutter on diesem Trans-

port erschont urde und ihranderthalb Jahre KZ erspartblieben“, sagt Hein Hartungrückblickend.

Z ar hatte er in Berlin aucher irken können, dass seineMutter on der Deportationausgenommen ürde. Dochdas entsprechende Schreibenom Reichssicherheitshaupt-

amt äre u spät gekommen.Hätte der Pastor nichts getan,

äre Frieda Hartung ermut-lich schon 1942 deportiert or-den. Im Januar 1944 konntedann aber auch der Pastornichts mehr für sein treues Ge-meindemitglied tun. FriedaHartung urde nach There-sienstadt gebracht. Doch bisur Befreiung 1945 hielt sie

durch. Und konnte ihrem Sohnkur darauf ur Hoch eit gra-tulieren. Frieda Hartung urde93 Jahre alt.

Tätige Nächstenliebe: PastorAugust Brand half 1942, denersten Versuch der Deportati-on von Frieda Hartung zu ver-hindern. Fotos: nh

Frieda Hartung. Die Aufnahmewurde im Sommer 1945 nachihrer Rückkehr aus dem KZTheresienstadt gemacht.

Von Pastor Hermann Röbbe-len isse man ar, dass er e-gen seiner Predigten mehrfachon der Ortspoli ei ange eigtorden sei. Was genau sie um

Inhalt hatten, ist aber nichtüberliefert.

Schriften beschlagnahmtRöbbelen ar Mitglied der

Bekennenden Kirche, die sichgegen eine Gleichschaltungder E angelischen Kirchendurch den NS-Staat andte. Inseinem Gemeinden hat der

Pastor auchSchriften onWalter Kün-neth erteilt,einem der Köp-fe der Beken-nenden Kirche.Die Gestapo be-schlagnahmtedie Papiere.

Doch die Opposition gegendie Vereinnahmung der Kir-chen bedeutete nicht, dass derPastor auch dem Krieg ableh-nend gegenüberstand. Fremd-artig mutet heute an, dass ersich offenbar durch die Not derKriegsjahr ollere Kirchenbän-ke erhofft hatte. „Der Krieg hatdas kirchliche Leben nicht ufördern ermocht, auch am An-fang nicht“, resümiert Röbbe-len 1946. „Die Heimkehrer ha-ben keine Belebung gebracht.(...) In der Heimat nahm sienicht die kirchliche Sitte in dieArme, sondern es umgab siedie alte Unkirchlichkeit“. (rud)

DANKELSHAUSEN. „Über dieZeit des Nationalso ialismussch eigt die Heimatfor-schung“, sagt Joachim onStockhausen. „Das gilt auch fürDankelshausen.“ Von Stock-hausen schreibt ur Zeit an ei-ner Chronik über das Dorf ander Schede. Trot spärlicherUnterlagen hat er auch ur Kir-chengeschichte ährend derNS-Zeit einiges usammenge-tragen. Für die GemeindenDankelshausen, Mielenhausen,Ober- und Niederscheden arbis 1934 OttoSartorius u-ständig, nachihm hatte dortbis 1951 Her-mann Röbbe-len die Pfarr-stelle inne. Bei-de Pastoren a-ren gegen diedie deutsche Einheitskirche,die Hitler orsch ebte.

Entgegen der These einigerHistoriker, die Vermittler derNa i-Ideologie auf dem Landeseien die dörflichen Autoritä-ten ge esen - also auch die Pas-toren -, habe die Kirche in Dan-kelshausen keinesfalls die Na-is unterstüt t, so on Stock-

hausen. „In ie eit aber diePastoren regelrecht Wider-stand geleistet haben, indemsie um Beispiel in ihren Pre-digten an die Be ölkerung ap-pelliert haben, darüber gibt eskeine Informationen“, sagt derHobb -Historiker aus Münden.

Anzeige nach derSonntagspredigtAuch der Dankelshäuser Pastor Röbbelen wandtesich gegen die Gleichschaltung der Kirchen

OttoSartorius

HermannRöbbelen

Page 8: Hann. Münden während der NS-Zeit

Münden •DransfeldSamstag, 8. November 2008

Vor 70 Jahren: Pogromnacht

schen Aktionen Luftmachte.“ Kein Wortom Übergriff auf die S -

nagoge und dem Schei-terhaufen auf dem Tan -

erder.Am Tag nach dem

Übergriff, dem 9. No em-ber 1938, ging Louis Lö-

enthal, der Vorsteherder jüdischen Gemeinde,ur örtlichen Poli ei, um

An eige u erstatten überdie Ver üstung der S nago-

E ine in ige Meldunghatten die Münden-schen Nachrichten für

die Ausschreitungen übrig.Unter dem Titel „Empörungüber die Pariser Bluttat“ heißtes in der Ausgabe om 1 . No-ember 1938: „In den let ten

beiden Nächten kam es über-all u erregten Ansammlun-gen or den jüdischen Häu-sern und Wohnungen, obeisich die Empörung der Be öl-kerung in starken antijüdi-

Auch die Zeitung verschleierte die Verwüstungenge. Der Poli eibericht(nach ulesen in Johann

Dietrich on Pe olds Band„Juden erfolgung in Mün-den 1933 – 1945“) hält ab-schließend fest, dass Lö-

enthal keinen Strafantraggegen die Täter stellte und

gesagt habe, „daß nach seinerAnsicht die Tat auf Grund derPariser Vorfälle am 7.11.1938als Vergeltungsmaßnahmeerübt orden sei“. Dass der

jüdische Gemeinde orsteherfrei illig auf die Strafan eigeer ichtete, erscheint heute

allerdings un ahrscheinlich.Am 1 . No ember folgte

eine große Verhaftungsakti-on: 22 Mündener Männer jüdi-scher Herkunft kamen nachGöttingen ins Gefängnis. (rud)

Ein Schmuckelement, dasvermutlich aus der Münde-ner Synagoge stammt. HeinzHartung entdeckte es Jahrespäter im Gebäude.

• In Dransfeld findet bereitsab 1 .45 Uhr in der St. Martini-Kirche in Dransfeld ein Ge-denkgottesdienst statt. Fürden Nachmittag ruft das „Bür-gerforum 9. No ember“ alleEin ohner der Samtgemeindeauf, an der Gedenkfeier order ehemaligen S nagoge inDransfeld teil unehmen (Ger-landstraße 7). Beginn ist um17 Uhr. Die Gedenkstunde

ird ieder gemeinsam demJugendtreff der St. Martini-Kir-chengemeinde orbereitetund gestaltet.

7 Jahre nach der Pogrom-nacht haben die Jugendlicheneinige Zeit eugen aus Drans-feld nach ihren Erinnerungenan das Zusammenleben mitder jüdischen Be ölkerung inDransfeld befragt. Darübermöchten die Jugendlichen inder Gedenkstunde berichten.

HANN. MÜNDEN. Am Sonn-tag und in der kommendenWoche gibt es eine Reihe onVeranstaltungen, die an dieVerbrechen der Na i-Zeit erin-nern ollen und da u anregenmöchten, an die Opfer u den-ken. In diesem Jahr jährt sichdie Pogromnacht in Deutsch-land um 7 . Mal, in der S na-gogen geplündert und erstört

urden.• Für Sonntag, 9. November,

lädt in Hann. Münden der Ver-ein Erinnerung und Mahnunggemeinsam mit Bürgermeis-ter Klaus Burhenne und PastorRudolf Blümcke on der Stadt-kirchengemeinde u einer Ge-denkstunde am Mahnmal fürdie ehemaligen jüdischen Mit-bürgerinnen und Mitbürgerein. Die Veranstaltung be-ginnt um 16 Uhr an der Steleam Rathaus.

Die Opfernicht vergessenGedenkveranstaltungen zur Pogromnacht

Der imKZ blieb: Früher Häftling, späterMitarbeiter desMuseums.Szene aus dem Film „Am Ende kommen Touristen“. Foto: nh

19 Uhr: St.-Elisabeth-Kirche,Gedenkgottesdienst urReichspogromnacht• Mittwoch 12. November,18.3 Uhr: Friedensgebet, Re-formierte Kirche,• Donnerstag, 13. November,18.3 Uhr: Friedensgebet, Re-formierte Kirche,• Freitag, 14. November,19 Uhr: Konfirmanden derStadtkirchengemeinde ladendie Konfirmanden der refor-mierten Kirche und die Kom-munionskinder und Firmlingeder katholischen Gemeindeein um Tai é-Gebet für Ju-gendliche in der Blasiuskir-che.• Sonntag, 16. November,1 Uhr: Ökumenischer Frie-densgottesdienst in St. Elisa-beth am Volkstrauertag umThema „7 Jahre Pogrom-nacht.“ (tns/rud)

U nter dem Titel „Wocheder Wachsamkeit“ la-den die christlichen Kir-

chen u folgenden Veranstal-tungen ein:• „Am Ende kommen Touris-ten“ heißt der Film on RobertThalheim, der am Montag,10. November, ab 2 Uhr inder Reihe Kirche und Kino inden Schiller-Lichtspielen usehen ist. Der Film schildertdie Begegnung eier sehr un-terschiedlicher Männer imheutigen Ausch it : dem jun-gen Zi i aus Deutschland unddem ehemaligen KZ-Insassen,der auf die Hilfe des jungenDeutschen ange iesen ist.

Vor Filmbeginn ird PastorRudolf Blümcke ein kur es In-ter ie mit Mitgliedern desMündener Vereins Erinne-rung und Mahnung führen.• Dienstag, 11. November,

Gottesdienste und ein Film

Macht kam, hatte die jüdischeGemeinde in Münden nochüber 8 Mitglieder. 1942 ur-den die let ten 21 hier erblie-benen Juden deportiert. Diemeisten on ihnen kamen inKon entrationslagern ums Le-ben.

Frieda Hartung ar durchglückliche Umstände bis 1944on der Verschleppung er-

schont geblieben. Dann kamaber auch sie nach Theresien-stadt. Sie gehörte u einer der

enigen Überlebenden undkehrte 1945 gerade recht eitigur Hoch eit ihres Sohns

Hein nach Münden urück.

schusses für NS-Opfer auf sei-ne Nachfrage, as in jenerNacht passiert sei, in derNachbarschaft der S nagogestets die gleiche Ant ort: Manhabe nichts gehört und nichtsgesehen. „Die Einstellung derMenschen damals ar eine Ka-tastrophe“, sagt Hartung undfügt kopfschüttelnd hin u:„Wir haben doch sogar nochin einigem Abstand in unse-rem Haus den Lärm gehört.“

Mit der Pogromnacht be-gann nun endgültig die s ste-matische Verfolgung und Aus-rottung der Juden durch dieNa is. Als Hitler 1933 an die

Kassel studierte,in die Tan er-derstraße gucken.Die S nagogeselbst, die sich ander Hinterstraßebefand (heutigeStraße Hinter derStadtmauer),konnte er arnicht sehen. Aberdie Truppe, dieunter Gejohle ihreBeute auf Hand-

agen abschlepp-te, hat der 88-Jäh-rige heute nochor Augen. Mit Fa-

ckeln seien sieum Tan erder

ge ogen.Entset t stand

der junge Mannmit seiner Familieam Fenster undbeobachtete dasGeschehen. Ein-greifen konntensie nicht: „Wirhatten ja schonSch ierigkeiten

egen unsererVer andtschafts-erhältnisse, da

haben ir uns u-rückgehalten.“Hein HartungsMutter Frieda, in der Stadt be-kannt als tätige Christin, arjüdischer Herkunft. Der Stan-desbeamte hatte die Frau nachder Machtergreifung der Na isdenun iert.

Das große SchweigenWas Hein Hartung auch

heute, 7 Jahre nach der Po-gromnacht, noch nicht begrei-fen kann, ist das Sch eigender unbeteiligten Be ölke-rung u den Ereignissen derNo embernacht. Selbst als derKrieg längst orbei ar, be-kam der spätere Geschäftsfüh-rer des Kreissonderhilfsaus-

VON KAT J A RUDOLPH

HANN. MÜNDEN. Sie rissendie Tür aus den Angeln undbahnten sich ihren Weg in dieS nagoge. Kippten die Bänkeum, auf denen sich sonst dieGläubigen ersammelten, er-trümmerten die Fenster, er-störten alles, as ihnen in denWeg kam. Ihre Beute packtensie auf Boller agen, mit de-nen sie unter lautem Gegröleum Tan erder ogen. Dort

steckten die Männer der SAdie S mbole des jüdischenGlaubens in Brand.

In der Nacht um 9. No em-ber 1938 – und damit eineNacht früher als in ielen an-deren Städten des DeutschenReichs – fand der Hass der Na-tionalso ialisten gegen die jü-dische Be ölkerung in Mün-den einen grässlichen orläu-figen Höhepunkt. Die Berichteüber das Attentat eines 17-jäh-rigen jüdischen Mannes aufden Legationssekretär derdeutschen Botschaft in Paris,Ernst omRath, dientenals Vor andfür die Aus-schreitungen.„JüdischerMordbubeschoss aufdeutschen Di-plomaten inParis“, hattendie Mündenschen Nachrich-ten – längst um braunen Pro-pagandablatt erkommen –am 8. No ember 1938 getitelt.Am Abend dann ergingensich die Wütenden am Gottes-haus der Mündener Juden.

Hein Hartung erinnertsich noch gut an die Nachtum 9. No ember or 7 Jah-

ren. Vom Eckhaus der Familieam Kirchplat konnte der da-mals 18-Jährige, der tagsüberin der Werkkunstschule in

Trümmer im GotteshausIn der Nacht zum 9. November plünderten SA-Schergen die Mündener Synagoge

HeinzHartung

Einst Mittelpunkt des jüdischen Lebens in Münden: Das Gebäude der Synagogean der Hinterstraße (heute: Hinter der Stadtmauer) auf einer Zeichnung vonHeinz Hartung. 1973 wurde das Gebäude abgerissen. Zeichnung: Heinz Hartung

der Straße gehen, der Bürger-steig sei nur für Deutsche.Horst Pinne, der seit 1943 inDransfeld lebt, hat bei seinenRecherchen ieles usammen-getragen, on dem er ünsch-te, es äre so nie passiert.

In der Reichpogromnachtergingen sich die Dransfelder

dann auch am Gotteshaus derjüdischen Gemeinde. Im Schut-e der Dunkelheit arfen sie

die Fensterscheiben ein understörten die Inneneinrich-

tung, die um größten Teil bisheute erschollen ist.

Dass sie die 1836 erbauteS nagoge nicht auch in Brandset ten, ar – so er ählt mansich – auch dem Mut einesFeuer ehrmannes u erdan-ken. „Wenn ihr das macht,dann blase ich Feueralarmund ir erden um Löschen

VON KAT J A RUDOLPH

DRANSFELD. Schon lange ordem 9. No ember 1938 ardas Leben für die jüdischenMänner und Frauen in Drans-feld sch er ge orden. Im Fe-bruar 1937 störten Hitlerjun-gen mit Schneebällen undSteinen eine Trauer eremonieauf dem jüdischen Friedhof,berichtet Horst Pinne (74), dersich seit ielen Jahren mit derGeschichte der Juden inDransfeld beschäftigt. Es soll-te die let te Beiset ung aufdem dortigen Friedhof sein.

Diskriminierung aren füriele Juden schon trauriger

Alltag ge orden. So habe derOrtsgruppenleiter der NSDAPden Leiter der jüdischen Ge-meinde einmal om Bürger-steig erscheucht: Er solle auf

Scherben, wo einst Blüten gestreut wurdenAuch in Dransfeld verwüsteten die Nazis die Synagoge – Jüdisches Leben kam Ende der 30er-Jahre zum Erliegen

anrücken“, soll KarlFranke, der Hornist derDransfelder Brand-schüt er, den Na is desOrtes gedroht haben.

Vermutlich äreden Schändern ein Feu-er aber auch u gefähr-lich ge esen, ermutetPinne, denn es hätteauf die angren endeBebauung übergreifenkönnen.

Martha Reuper, dienoch heute im Haus ge-genüber der S nagogelebt, hat noch Erinne-rungen an die Pogrom-nacht: „Sie haben dieFenster eingeschlagenund laut herumge-grölt“, er ählt die heu-te 88-Jährige, die or 7Jahren die Ausschrei-

tungen om Fenster aus beob-achtete. Die Familie – der Va-ter ar über eugter So ialde-mokrat – agte nicht ein u-schreiten: „Ich erde michhüten und rausgehen, ennda Idioten üten“, sagt Mar-tha Reuper rückblickend.

Kontakt nur noch heimlichZu der Familie des Vorbeters

der jüdischen Gemeinde, dieim Nachbarhaus ohnte, habeman ein gutes Verhältnis ge-habt. „Bei der Hoch eit der äl-teren Tochter Alice habe ichnoch or der S nagoge Blumengestreut“, erinnert sie sich.Den Kontakt u den jüdischenNachbarn habe man Mitte der3 er-Jahre aber nur noch heim-lich pflegen können. Der Orts-orsit ende der NSDAP ohn-

te gleich um die Ecke.

„Die hier beteten wurden vertrieben und vernichtet. Bewahret ihr Ver-mächtnis“, lautet die Inschrift am Eingang der Dransfelder Synagoge. Eddaund Horst Pinne helfen, die Erinnerung wach zu halten. Foto: Rudolph