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Grundwassergefährdung durch undichte Kanäle
Dr. Wolfgang Leuchs
Abteilungsleiter „Wasserwirtschaft, Gewässerschutz“, LANUV NRW
Vortrag, gehalten beim
4. Deutschen Tag der Grundstücksentwässerung am 19.11.2012 in Dortmund
rp-online
2/24Dr. W. Leuchs - Grundwassergefährdung durch undichte Kanäle, 4. DTG am 19.11.2012
Inhalt
1. Einführung
2. Rechtliche und fachliche Grundlagen
3. Ergebnisse der Literaturauswertung
4. Ergebnisse der Datenbankauswertung
5. Schlussfolgerungen
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2. Rechtliche Grundlagen Wasserhaushaltsgesetz (WHG):
� § 5, Abs.1 Nr.1 WHG: Jede Person ist verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die …erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu vermeiden,
� § 47 (1) Nr.1 WHG: Das Grundwasser ist so zu bewirtschaften, dass eine Verschlechterung seines mengenmäßigen und chemischen Zustands vermieden wird.
� § 60 (1) WHG: Abwasseranlagen sind so… zu betreiben und zu unterhalten , dass die Anforderungen an die Abwasserbeseitigung eingehalten werden (vgl, § 55 (1) WHG: Abwasser ist so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird). …Abwasseranlagen dürfen nur nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik … betrieben und unterhalten werden.
� § 61 (1) WHG: Wer Abwasser …in eine Abwasseranlage einleitet, ist verpflichtet, das Abwasser…..durch eine geeignete Stelle untersuchen zu lassen..(Selbstüberwachung).
� § 61 (2) WHG: Wer eine Abwasseranlage betreibt, ist verpflichtet, ihren Zustand…selbst zu überwachen
Entwurf der Grundwasserverordnung (Verordnungsentwurf des Bundes Januar 2011):
� §13a E-GrwV regelt in Konkretisierung des § 48 (Reinhaltung des Grundwassers) Schadstoffeinträge in das Grundwasser. Danach sind sog. Geringfügigkeitsschwellenwerte (Werte der TrinkwV oder ökotoxikologisch abgeleitete Werte) unmittelbar nach Eintritt der Stoffe in das Grundwasser (Ort der Beurteilung) einzuhalten.
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2. Fachliche Grundlagen
Bodenzone
GwMst
1. Grundwasserleiter
Grundwassernichtleiter
Mischkonzentration von Grundwasser verschiedener Herkunftsgebiete
Ort der Beurteilung
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2. Fachliche Grundlagen
Grundwasserqualität
Verkehr
Kanäle
Altlasten
Landwirtschaft, Kleingärten
Industrie
Gewerbe
Hoch-/Tiefbau
Baumaterial
Komm. / industr.Wesentliche Belastungs-faktoren des urbanen Grundwassers
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2. Fachliche Grundlagen
Typische Indikatoren
Belastungsfaktoren des urbanen Grundwassers
Kanäle.
Baumaterial
Chlorid, PSM, Metalle, PAK, KW
Nitrat, Chlorid, PSM, (Keime)
Ammonium, Kalium, Bor, Chlorid, DOC, CKW, Temp., Arzneimittel, Keime etc., Industriechemikalien
Altdeponien: Ammonium, Bor, Chlorid, Sulfat…Altstandorte: CKW, KW, BTX,
CN, PAK, Sulfat, Metalle
pH, Chlorid, Sulfat, Metalle, Metalloide,PAK, PSM
Anorganische und organische Grund-chemikalien, (Neben) Produkte
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2. Fachliche Grundlagen
Typische Indikatoren
Wesentliche Belastungs-faktoren des urbanen Grundwassers
• Eindeutige Lagebeziehung GwMessstelle / Schadensquelle ermitteln
• Betrachtung eindeutiger oder mehrerer Indikatoren
• Statistische Verfahren (Cluster-, Faktoren-, Diskriminanz-, Varianzanalyse)
Voraussetzungen für die Ursachenanalyse von Grundwasserverunreinigungen
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3. Ergebnisse der Literaturauswertung
Exfiltrationsstudien� Kanalteststrecke in Rastatt (Klinger 2007)
Kolmation:
Verringerung Exfiltrationsrate
Höchste Exfiltrationsrate nach Schadenseintritt und nach Niederschlagsereignissen
Eindringen von Biomasse
Anreicherung von Schwermetallsulfiden
Nitrat , Ammonium,Bor, Chlorid > TrinkwVΣ Pharmaka 11 µg/L
� Versuchs-Grundleitung in Unterfranken (Thoma 2011)- Exponentielle Abnahme der Exfiltrationsrate am Anfang, Wiederanstieg, Absinken
- Positive Korrelation zwischen Exfiltrationsrate und Bodentemperatur
- Kolmationsschicht dünner als bei öffentlichen Kanälen- Anreicherung von Abwasserinhaltsstoffen unterhalb Leckage: org. C, Stickstoff,
Phosphor, Kupfer, Zink und Blei
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3. Ergebnisse der Literaturauswertung
Exfiltrationsstudien� Laborsäulenversuche mit Abwasserbeaufschlagung (Gallert et al. 2001, An
2007)
An (2007):
• ungesättigte/gesättigte Versuchsvarianten
• Redoxstatus abhängig von Perkolationsrate
• im anaeroben Milieu Überstau; mikrobielles Gas zerstört Kolmationsschicht, höherer Duchfluss
• Durchbruch von Stoffen/Keimen
Mechanisch vorgereinigtes Abwasser
Sand
iger
Bod
en
Gallert et al. (2001):
• CSB-Abbau 71 -78 %
• Durchbruch von coliformen Keimen
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3. Ergebnisse der Literaturauswertung
Grundwasseruntersuchungen Karlsruhe (Trauth et al. 1999)
Konzentrationserhöhungen im Stadtgebiet durch Abwassereinfluss bei den Parametern:
Temperatur, DOC, Kalium, Phosphat, AmmoniumChlorid, Hydrogenkarbonat, Bor, EDTA / NTA, AOX
selten Überschreitung der Grenzwerte der Trinkwasserverordnung im Stadtgebiet
Beispiel Bor im westlichen Messstreifen
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3. Ergebnisse der Literaturauswertung
Grundwasseruntersuchungen Rastatt (Wolf 2006)
Schadenszustand Kanalisation bekannt
Mittlere Bor-Konzentration pro Grundwassermessstell e
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3. Ergebnisse der Literaturauswertung
Schadenszustand Kanalisation bekannt
Grundwasseruntersuchungen Rastatt (Wolf 2006)
Mittlere Ioxithalaminsäure-Konzentration pro Grundwa ssermessstelle
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3. Ergebnisse der Literaturauswertung
Grundwasseruntersuchungen Rastatt (Wolf 2006)
Schadenszustand Kanalisation bekannt
Ergebnisse:
Kanalbeeinflusste Messstellen mit erhöhten Konzentrationen bei den Parametern:
Ammonium, Bor Chlorid, Natrium, Kalium, EDTA, Arzneimittel, iodierte Röntgenkontrastmittel,
sowie
E.coli, Fäkalstreotokokken, Enterokokken (hohe zeitliche Variabilität)
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3. Ergebnisse der Literaturauswertung
Grundwasseruntersuchungen Darmstadt (Beier 2008)
Lage des Untersuchungsgebietes mit Anordnung der Messstellen quer zur Strömungsrichtung des Grundwassers
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3. Ergebnisse der Literaturauswertung
Grundwasseruntersuchungen Darmstadt (Beier 2008)
Ergebnisse (u.a.):
Abwassereinfluss bei CSB, Chlorid, Hydrogenkarbonat, Sulfat, Ammonium, Stickstoff, Bor, Kalium, EDTA… feststellbar
z.T Überschreitung der Grenzwerte der TrinkwV im Stadtgebiet
Kalium
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3. Ergebnisse der Literaturauswertung
Grundwasseruntersuchungen (Ergebnisse verschiedener Studien im Vergleich):
Humanarzneimittel in µg/L
0,0001 0,001 0,01 0,1 1 10
Sulfamethoxazol
Car
bam
azep
in
Baden-Württemberg
Leipzig
Baden-Württ.
Rastatt
Österr.
Linz
Baden-Württemberg: LFU 2002
Leipzig: Musolff et al. 2007
Rastatt: Wolf 2006
Österreich: Schramm et al. 2006
Linz: Fenz et al. 2005
n=105; 11 > BG
n=14; 14 > BG
n=105; 13 > BG
n=51; 17 > BG
n=38; 20 > BG
n=45; 31 > BG
UQN-Vorschlag UBA, ökotox. EC
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0,001 0,01 0,1 1 10 100
EDTA
Bisphenol-ABisphenol-A
Coffein
GalaxolidIohexol
Amidotrizoe-säure
Iomeprol
DarmstadtKarlsruheRastatt
LeipzigBaden-Württemberg
LeipzigÖsterreichLeipzig
RastattRastatt
RastattBaden-Württemberg
n=114; 30 > BG
n=105; 21 > BG
n=114; 3 > BG
n=114; 4 > BG
n=14; 14 > BG
n=38; 25 > BG
n=13; 13 > BG
n=14; 14 > BG
n=105; 26 > BG
Grundwasseruntersuchungen (Ergebnisse verschiedener Studien im Vergleich):
organische Spurenstoffe in µg/L
3. Ergebnisse der Literaturauswertung
Baden-Württemberg: LFU 2002
Leipzig: Musolff et al. 2007
Rastatt: Wolf 2006
Karlsruhe: Trauth et al. 1999
Darmstadt: Beier 2008
Österreich: Schramm et al. 2006
VWTW
GOWTW
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4. Ergebnisse der Datenbankauswertung
Datengrundlage (Landesgrundwasser-Datenbank HYGRIS C)� Messstellen aus der landesweiten Grund- und Rohwasserüberwachung und
� Messstellen von Dritten (z.B. Wasserversorgern)� Parameterumfang: Haupt- und Nebenbestandteile, Metalle, PSM, regional
problemorientiert (CKW, PFT, EDTA), keine xenobiotischenAbwasserindikatoren
Anzahl untersuchter Messstellen:
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Bor-/Kalium-Konzentrationen in Abhängigkeit vom Nutzungseinfluss4. Ergebnisse der Datenbankauswertung
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Bor-/Kalium-Konzentrationen in Abhängigkeit vom Nutzungseinfluss4. Ergebnisse der Datenbankauswertung
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SPSS-Boxplot-Diagramm
4. Ergebnisse der Datenbankauswertung
Bor Kalium
Grundwasser zeigt unter Bebauung/Besiedlung signifikant höhere Konzentrationen an Bor, Kalium (Natrium, Chlorid) als unter Wald. Unterschiede bei Ammonium sind nicht signifikant
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Weitere Hinweise:
Tendentiell erhöhte Funde abwassertypischer Inhaltsstoffe auch
� bei größeren Flurabständen
� in tieferen Schichten des ersten Grundwasserstockwerks
� im Rohwasser von Wassergewinnungsanlagen mit Landnutzungseinfluss „Besiedlung“ im Einzugsgebiet
4. Ergebnisse der Datenbankauswertung
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Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
� Abwassertypische Indikatorstoffe sind im Grundwasser von Siedlungsgebieten regelmäßig festzustellen
� Besonders relevant sind Stoffe mit ökotoxischen und humantoxischen Umweltwirkungen in niedrigen Konzentrationen (viele organische Spurenstoffe)
� Grenzwertüberschreitungen der TrinkwV kommen auch für klassische Parameter in Einzelfällen vor
� Nicht untersuchte Kontaminanten sind zu erwarten
� Persistente Viren sind nicht auszuschließen
� Punktuelle, kleinräumige Schadstofffahnen können sich im Abstrom von Gebieten mit hoher Schaddichte zu größeren Fahnen vereinen.
� Die Regenerationszeiten von Grundwasser sind sehr lang (Jahrzehnte); die Schadensquellen sind sanierbar, Grundwasserschäden nicht.
� Viele Einzugsgebiete von Trinkwassergewinnungsanlagen sind besiedelt.
Funktionstüchtige, dichte Kanäle sind Voraussetzung für den nachhaltigen Schutz des Grundwassers und der Trinkw asserressource
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Vielen Dank für die Aufmerksamkeit
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