gewässerbewertung mit dem makrozoobenthos: möglichkeiten … · 2013-12-10 · tierarten in einem...
TRANSCRIPT
Daniel Hering
Abteilung Aquatische Ökologie
Universität Duisburg-Essen
Gewässerbewertung mit dem
Makrozoobenthos:
Möglichkeiten und Grenzen
Ephemera danica (Eintagsfliege)
Bewegungstyp: grabend
Mikrohabitat: Sand
Lebensraum: Tieflandbäche, strukturreiche Mittelgebirgsflüsse
Ernährung: Sammler, Filtrierer
Ansprüche der geflügelten Tiere: Halbschatten
Reaktion auf Belastungen: Sauerstoff-bedürftig, Säure-intolerant
Makrozoobenthos
Inhalt
• Was ist Makrozoobenthos?
• Welche Faktoren bestimmen das Vorkommen?
• Wie wird das Makrozoobenthos im Monitoring eingesetzt?
• Wie wirken Maßnahmen auf das Makrozoobenthos?
Inhalt
• Was ist Makrozoobenthos?
• Welche Faktoren bestimmen das Vorkommen?
• Wie wird das Makrozoobenthos im Monitoring eingesetzt?
• Wie wirken Maßnahmen auf das Makrozoobenthos?
Schnecken, Muscheln…
…Krebse…
…Eintagsfliegen…
…Steinfliegen…
…Köcherfliegen…
…Köcherfliegen… und viele andere!
Tierarten in einem mitteleuropäischen Bach
Plathelminthes (Strudelwürmer) 50 Gastrotricha (Bauchhärlinge) 6 Nematomorpha 1 Nematoda (Fadenwürmer) 141 Rotatoria (Rädertiere) 130 Mollusca (Weichtiere) 12 Vertebrata (Wirbeltiere) 3 Annelida (Ringelwürmer) 56 Crustacea (Krebstiere) 24 Hydrachnellea (Wassermilben) 22 Summe Nicht-Insekten 445 Odonata (Libellen) 1 Ephemeroptera (Eintagsfliegen) 18 Plecoptera (Steinfliegen) 18 Megaloptera (Schlammfliegen) 2 Planipennia (Netzflügler) 2 Coleoptera (Käfer) 71 Hymenoptera (Hautflügler) 3 Trichoptera (Köcherfliegen) 57 Diptera (Zweiflügler) 468 Summe Insekten 640
Anzahl von Tierarten im Breitenbach (bei Schlitz, Osthessen) (nach Zwick, P. 1992, Biodiversity and Conservation 1: 80-97)
Inhalt
• Was ist Makrozoobenthos?
• Welche Faktoren bestimmen das Vorkommen?
• Wie wird das Makrozoobenthos im Monitoring eingesetzt?
• Wie wirken Maßnahmen auf das Makrozoobenthos?
Übersicht
• Sauerstoffgehalt des Wassers
• Wassertemperatur
• Sohlnahe Strömungsgeschwindigkeit
• Mikrohabitate / Substrate im Gewässer
• Nahrung
• Habitate der Imagines im Gewässerumfeld
Sauerstoff: Das Saprobiensystem
- Schlammröhren-
würmer
- Rote Zuckmücken-
larven
- Rattenschwanz-
larven
- Einzelne
Köcherfliegen
- Egel
- Muscheln,
Schnecken
- Einzelne
Eintagsfliegen
- Viele Köcherfliegen
- Flohkrebse
- Einzelne Muscheln
- Viele Eintagsfliegen
- Viele Steinfliegen
- Manche
Köcherfliegen
Polysaprob α mesosaprob β mesosaprob Oligosaprob
Gewässergütekarte 1975
Gewässergütekarte 1990
Gewässergütekarte 2000
Flache Körperform
Geringe Exposition zur Strömung
Stromlinienform
Strömung: Anpassungen von Eintagsfliegenlarven
Substrat
Taxa group Taxon FI Cluster 1 Cluster 2 Cluster 3 Cluster 4 Cluster 5 Cluster 6
Trichoptera Agapetus laniger 2 30.00 0.00 0.00 0.00 10.00 60.00
Ephemeroptera Ephemera lineata 2 0.00 ###### 0.00 0.00 0.00 0.00
Odonata Gomphus vulgatissimus 2 0.00 56.25 37.50 0.00 6.25 0.00
Coleoptera Esolus sp. Lv. 2 0.00 33.33 0.00 20.00 6.67 40.00
Coleoptera Macronychus quadrituberculatus Lv. 2 0.00 10.00 0.00 90.00 0.00 0.00
Coleoptera Pomatinus substriatus Ad. 2 0.00 0.00 ###### 0.00 0.00 0.00
Trichoptera Brachycentrus subnubilus 2 0.00 0.00 69.23 0.00 7.69 23.08
Ephemeroptera Electrogena sp. 2 0.00 0.00 33.33 66.67 0.00 0.00
Coleoptera Macronychus quadrituberculatus Ad. 2 0.00 0.00 20.00 80.00 0.00 0.00
Coleoptera Limnius opacus Ad. 2 0.00 0.00 0.00 ###### 0.00 0.00
Ephemeroptera Oligoneuriella rhenana 2 0.00 0.00 0.00 23.08 53.85 23.08
Coleoptera Hydraena gracilis Ad. 2 0.00 0.00 0.00 0.00 ###### 0.00
Odonata Ophiogomphus cecilia 2 0.00 0.00 0.00 0.00 ###### 0.00
Plecoptera Perla sp. 2 0.00 0.00 0.00 0.00 ###### 0.00
Coleoptera Stenelmis canaliculata Ad. 2 0.00 0.00 0.00 0.00 ###### 0.00
Coleoptera Stenelmis canaliculata Lv. 2 0.00 0.00 0.00 0.00 ###### 0.00
Coleoptera Esolus parallelepipedus Ad. 2 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 ######
Coleoptera Limnius opacus Lv. 2 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 ######
Taxon FI
>80 % 80-60 % 60-40% 40-10% <10 %
Fluss
Bach
Temperatur
Temperaturverteilung Mai/Juni 2001
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Eder
Prüm W
ax
Ork
eKyl
l
Our
Lenn
eRur
Nuhne
Dre
isb
Volme
Elbrg
Kalloh
Wweh
e
Kalluh
Erkr
Laas
Röh
r
Waldb
Salw
22 °C
21 °C
20 °C
19 °C
18 °C
17 °C
16 °C
15 °C
14 °C
13 °C
12 °C
11 °C
10 °C
9 °C
8 °C
7 °C
6 °C
Unterschiede zwischen einzelnen Gewässern
Makrozoobenthos in kalten und warmen Bächen
Art
envo
rko
mm
en
Probestellen geordnet nach mittlerer Sommertemperatur
Aus: Haidekker & Hering (2008) Aquatic Ecology 42
Wirkungsnetz
Sauerstoffgehalt
Wassertemperatur
Sohlenhabitate, Nahrung
Uferhabitate
Sohlennahe Strömung
Inhalt
• Was ist Makrozoobenthos?
• Welche Faktoren bestimmen das Vorkommen?
• Wie wird das Makrozoobenthos im Monitoring eingesetzt?
• Wie wirken Maßnahmen auf das Makrozoobenthos?
PERLODES (deutsches Bewertungssystem mit dem Makrozoobenthos)
Probennahme Sortierung Bestimmung Artenliste
Informationen zu den Arten
Artenliste
Bewertungs-verfahren
Typologie
Ergebnisse Interpretation Software
www.fliessgewaesserbewertung.de
Artenliste
Informationen über saprobiellen Zustand Informationen über die Versauerung Informationen über sonstige Stressoren
Bewertungs- Formel
Ökologische Zustandsklasse
Referenzzustand
Handlungsbedarf
Stressoren-bezogene Bewertung
Bewertungs- Formel
Bewertungs- Formel
Artenliste
Informationen über saprobiellen Zustand Informationen über die Versauerung Informationen über sonstige Stressoren
Bewertungs- Formel
Ökologische Zustandsklasse
Referenzzustand
Handlungsbedarf
Stressoren-bezogene Bewertung
Bewertungs- Formel
Bewertungs- Formel
Modul Saprobie
Modul Versauerung
Modul allg. Degradation
Gewässertyp-spezifischer Saprobienindex
Typ sehr gut gut mäßig unbefr. schlecht
Alpenbäche 1.1 < 1,20 bis 1,80 bis 2,55 bis 3,25 bis 4,00
Mittelgebirgsbäche 5 < 1,45 bis 2,00 bis 2,65 bis 3,35 bis 4,00
Mittelgebirgsflüsse 9 < 1,60 bis 2,10 bis 2,75 bis 3,35 bis 4,00
Sandflüsse im Tiefland 15 < 1,90 bis 2,35 bis 2,90 bis 3,45 bis 4,00
(...)
Beispiel: Saprobienindex = 1,85
Typ sehr gut gut mäßig unbefr. schlecht
Alpenbäche 1.1 < 1,20 bis 1,80 bis 2,55 bis 3,25 bis 4,00
Mittelgebirgsbäche 5 < 1,45 bis 2,00 bis 2,65 bis 3,35 bis 4,00
Mittelgebirgsflüsse 9 < 1,60 bis 2,10 bis 2,75 bis 3,35 bis 4,00
Sandflüsse im Tiefland 15 < 1,90 bis 2,35 bis 2,90 bis 3,45 bis 4,00
(...)
Wie wird das System angewandt?
Anteil Schlammbesiedler
Anteil strömungsliebende Arten
Anteil Köcherfliegen
Anteil Sammler
Anteil Uferbewohner
Fauna Index
Modul Allgemeine Degradation
Saprobienindex
Modul organische Belastung sehr guter Zustand
guter Zustand
mäßiger Zustand
unbefriedigender Zustand
schlechter Zustand
Wie wird das System angewandt?
Anteil Schlammbesiedler
Anteil strömungsliebende Arten
Anteil Köcherfliegen
Anteil Sammler
Anteil Uferbewohner
Fauna Index
Modul Allgemeine Degradation
Saprobienindex
Modul organische Belastung sehr guter Zustand
guter Zustand
mäßiger Zustand
unbefriedigender Zustand
schlechter Zustand
Wie wird das System angewandt?
Anteil Schlammbesiedler
Anteil strömungsliebende Arten
Anteil Köcherfliegen
Anteil Sammler
Anteil Uferbewohner
Fauna Index
Modul Allgemeine Degradation
Saprobienindex
Modul organische Belastung sehr guter Zustand
guter Zustand
mäßiger Zustand
unbefriedigender Zustand
schlechter Zustand
Bundesweite Auswertung
Datengrundlage: 12.000 Messstellen aus 12 Bundesländern
Bundesweite Auswertung
Methode: Boosted Regression Trees
Kategorisierung der Messstellen
(Sehr) guter Zustand Mäßiger bis schlechter Zustand
Ermittlung von Umweltvariablen zur Differenzierung der beiden Gruppen:
Wasserqualität (10) Erosionspotenzial in unterschiedlichen Puffern (6)
Landnutzung im gesamten EZG (4) Landnutzung in unterschiedlichen Puffern (9)
Bundesweite Auswertung
Parameter Schwellenwert ± SD Relevanz Unsicherheit
LUI_500_5000 102.03 19.80 22.1
LUI_250_5000 69.68 29.14 15.4
LUI_100_5000 89.02 40.58 15.1
LUI_TEZG 86.30 15.06 12.0
Wassertemp. °C 10.39 0.72 8.0
Chlorid mg/l 17.96 5.55 6.4
Stadt_TEZG 2.22 2.55 6.1
EP_500_1000 0.49 0.21 5.4
NH4-N mg/l 0.06 0.03 4.9
Leitfähigkeit ms/cm 24.90 6.65 4.5
0.140
Mittelgebirgsbäche
Parameter Schwellenwert ± SD Relevanz Unsicherheit
Acker_TEZG 34.57 15.87 19.1
Wald_TEZG 36.36 15.08 18.7
LUI_500_1000 65.36 13.25 14.8
NO2-N mg/l 0.02 0.00 12.6
LUI_500_500 103.23 68.59 10.7
EP_100_500 0.03 0.00 7.2
LUI_100_500 171.21 119.85 6.7
EP_100_1000 0.05 0.00 6.7
Pges-P mg/l 0.10 0.01 1.8
pH-Wert 7.49 0.34 1.6
0.117
Tieflandbäche
Primär Parameter zur Landnutzung in der Aue
Schlussfolgerungen
• Das Makrozoobenthos wird von einem komplexen Mix aus Stressoren beeinflusst.
• Den Master-Faktor (z.B. Saprobie) gibt es nur noch lokal.
• Die Stressoren werden durch die Landnutzung im Umfeld am besten abgebildet.
Inhalt
• Was ist Makrozoobenthos?
• Welche Faktoren bestimmen das Vorkommen?
• Wie wird das Makrozoobenthos im Monitoring eingesetzt?
• Wie wirken Maßnahmen auf das Makrozoobenthos?
Lahn: nicht revitalisiert
Some typical pictures of restored streams
Lahn: revitalisiert
Wirkung lokaler Maßnahmen
Vergleich
Hydromorphologie
Fische
Makrozoobenthos
Aquatische Makrophyten
Laufkäfer
Auenvegetation
Median
25%-75%
Min-Max nicht revitalisiert revitalisiert
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
24
Median
25%-75%
Min-Max nicht revitalisiert revitalisiert
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
p < 0,01
p < 0,01
Median
25%-75%
Min-Max nicht revitalisiert revitalisiert
0
20
40
60
80
100
120
140
p < 0,01
Median
25%-75%
Min-Max nicht revitalisiert revitalisiert
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
24
p < 0,01
Median
25%-75%
Min-Max nicht revitalisiert revitalisiert
0
20
40
60
80
100
120
n.s.
Artenzahl
Übersicht der Ergebnisse
Wirkung der Revitalisierung
Interpretation
Wirkung der Revitalisierung
Große Wirkung auf Auenhabitate
Geringere Wirkung auf aquatische
Habitate
(Ehemalige) Wasser-
belastung
Wiederbesiedlungs-Potenzial
• Fehlendes Wiederbesiedlungspotenzial
• Barrieren
• Wasserqualität
• Sedimenteintrag
• Geringe Habitatveränderungen auf der Sohle
Ursachen geringer Effekte auf das MZB
Modellierung des Wiederbesiedlungspotenzials
Methode: Boosted Regression Trees
Kategorisierung der Messstellen
Hohe Zahl sensitiver Arten Niedrige Zahl sensitiver Arten
Ermittlung von Umweltvariablen (z.B. Landnutzung, Gewässerstruktur) zur Differenzierung der beiden Gruppen; Grenzwerte
Ermittlung von Gewässerabschnitten mit günstigen Bedingungen für ein hohes Wiederbesiedlungspotenzial
Modellierung des Wiederbesiedlungspotenzials Modellierung des Wiederbesiedlungspotenzials
Wirkungsnetz
Sauerstoffgehalt
Wassertemperatur
Sohlenhabitate, Nahrung
Uferhabitate
Sohlennahe Strömung Ufergehölze
2000 m
Fließrichtung
Logger Logger
Wassertemperatur und Ufergehölze
Stündliche Messungen
Tagesmittelwerte
Differenz der maximalen Tagestemperatur
Welche Maßnahmen versprechen Erfolg?
Sauerstoffgehalt
Wassertemperatur
Sohlenhabitate, Nahrung
Uferhabitate
Sohlennahe Strömung Ufergehölze
Wie lange dauert das?
Bis die Bäume gewachsen sind.
Schlussfolgerung
• Saprobie als ehemaliger „Masterfaktor“ – nur noch lokal bedeutsam
• Heute: Komplexer Mix aus Stressoren
• Viele direkt wirksamen Stressoren stehen in Zusammenhang mit fehlenden Ufergehölzen.
• Agrarumweltmaßnahmen als ein Schlüssel für die Erreichung des guten ökologischen Zustandes