gewichtsoptimierung mehrstufig umgeformter bauteile

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6/2012 lightweightdesign Die mehrstufige Umformung von Blechbauteilen bietet durch Blechaufdickung und Kaltver- festigung beträchtliche Möglichkeiten zur Gewichtsoptimierung, die bisher durch unzurei- chende Auslegungsmöglichkeiten ungenutzt blieben. An der Universität Siegen wurde eine Methodik entwickelt, die komplexe Umformung zu simulieren und die dabei entstehenden Geometrie- und Werkstoffeigenschaften in die Bauteilsimulation zu übernehmen. So können der Umformprozess verkürzt, die Auslegemöglichkeiten verbessert und das Anwendungsge- biet der mehrstufigen Umformtechnik erweitert werden. Durchgängige FEM-Simulation Gewichtsoptimierung mehrstufig umgeformter Bauteile D er Einsatz der mehrstufigen Umformtechnik war bislang im Wesentlichen durch drei Faktoren eingeschränkt. So war die absolute Bauteilgröße dadurch deutlich begrenzt, dass die Pressentischgröße bei einer größeren Zahl von Umformschritten aus Kostengründen nicht beliebig erweitert werden kann (in der Praxis zum Beispiel bis zu 28 Umformschritte bei Gewindetuben). Für im Folgeverbund hergestellte Bauteile muss die gesamte Stufenfolge in der Presse untergebracht werden, sodass durch die begrenzte Kan- tenlänge in Transportrichtung bislang nur kleinere Gewindeplatten und an Gewindetuben unmittelbar angrenzende Anbindungsteile hergestellt werden konnten. Einige Beispiele sind in Bild 1 darge- stellt. Die Tuben finden sich zum Beispiel in Verstärkungsplatten der Türanbindung und Aufnahmen für Fahrwerk, Aggregate, Sitze sowie Rückhaltesysteme. Bei der mehrstufigen Umformung ist es das Ziel, große Blechdi- ckenänderungen zu herbeizuführen. Die aktuell in der Praxis für die Umformsimulation eingesetzten, zweidimensionalen Schalenmo- delle sind für die korrekte Abbildung dieses Vorgangs nicht geeig- »Durch gezielte Einbeziehung der Kaltverfestigungseigenschaften können erhebliche Gewichtseinsparungen erreicht werden.« Univ.-Prof. Dr.-Ing. Xiangfan Fang ist Leiter des Lehrstuhls für Fahrzeugleichtbau am Institut für Fahrzeugtechnik der Universität Siegen. KONSTRUKTION UND ENTWICKLUNG 39

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6/2012 lightweightdesign

Die mehrstufige Umformung von Blechbauteilen bietet durch Blechaufdickung und Kaltver-

festigung beträchtliche Möglichkeiten zur Gewichtsoptimierung, die bisher durch unzurei-

chende Auslegungsmöglichkeiten ungenutzt blieben. An der Universität Siegen wurde eine

Methodik entwickelt, die komplexe Umformung zu simulieren und die dabei entstehenden

Geometrie- und Werkstoffeigenschaften in die Bauteilsimulation zu übernehmen. So können

der Umformprozess verkürzt, die Auslegemöglichkeiten verbessert und das Anwendungsge-

biet der mehrstufigen Umformtechnik erweitert werden.

Durchgängige FEM-Simulation

Gewichtsoptimierung mehrstufig umgeformter Bauteile

Der Einsatz der mehrstufigen Umformtechnik war bislang im Wesentlichen durch drei Faktoren eingeschränkt. So war die absolute Bauteilgröße dadurch deutlich begrenzt, dass die

Pressentischgröße bei einer größeren Zahl von Umformschritten aus Kostengründen nicht beliebig erweitert werden kann (in der Praxis zum Beispiel bis zu 28 Umformschritte bei Gewindetuben). Für im Folgeverbund hergestellte Bauteile muss die gesamte Stufenfolge in der Presse untergebracht werden, sodass durch die begrenzte Kan-tenlänge in Transportrichtung bislang nur kleinere Gewindeplatten

und an Gewindetuben unmittelbar angrenzende Anbindungsteile hergestellt werden konnten. Einige Beispiele sind in Bild 1 darge-stellt. Die Tuben finden sich zum Beispiel in Verstärkungsplatten der Türanbindung und Aufnahmen für Fahrwerk, Aggregate, Sitze sowie Rückhaltesysteme.Bei der mehrstufigen Umformung ist es das Ziel, große Blechdi-ckenänderungen zu herbeizuführen. Die aktuell in der Praxis für die Umformsimulation eingesetzten, zweidimensionalen Schalenmo-delle sind für die korrekte Abbildung dieses Vorgangs nicht geeig-

»Durch gezielte Einbeziehung der

Kaltverfestigungseigenschaften können erhebliche

Gewichtseinsparungen erreicht werden.«

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Xiangfan Fang ist Leiter des Lehrstuhls für Fahrzeugleichtbau am Institut für

Fahrzeugtechnik der Universität Siegen.

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net. Infolge dessen war eine zuverlässige Simulation nicht möglich.Das Themengebiet der mehrstufigen Umformung, insbesondere bezüglich der Gewindetuben, ist in der Literatur bisher nur sehr we-nig behandelt worden und durch die häufig auf Erfahrung basieren-de Auslegung mäßig dokumentiert. Dies führt zur dritten Einschrän-kung, nämlich der Auslegung der Bauteile nach Erfahrungswerten und dem Stand der Technik. Diese Vorgehensweise lässt unter Um-ständen Gewichtseinsparungspotenziale ungenutzt. Hinzu kommt, dass bei der Auslegung die Festigkeitssteigerung durch die Kaltver-festigung im Umformprozess nicht berücksichtigt wird und damit ebenfalls ungenutzt bleibt.Daher wurde eine Methode entwickelt, um den Umformvorgang auf Basis von dreidimensionalen Volumenelementen zu simulieren und die daraus gewonnenen Geometrie- und Festigkeitsdaten über das sogenannte Mapping in die Simulation der Bauteilperformance zu übernehmen. So kann die Umformhistorie, insbesondere die Kalt-verfestigung, bei den Untersuchungen zum Bauteilverhalten be-rücksichtigt werden und in die Auslegung neuer Entwicklungen mit einfließen. Ziel war es dabei, die vorhandenen Gewichtseinsparpo-tenziale nutzbar zu machen und die Stufenfolge durch die verbes-serte Auslegung zu verkürzen. Dadurch wird die Herstellung größe-rer Bauteile möglich, was die Einsatzmöglichkeiten der mehrstufigen Umformtechnik erweitert.

O P T I M I E R U n G U n D A U S L E G U n G D E S U M F O R M P R O Z E S S E SDie Ausformung von Tuben geschieht in mehreren Schritten. Zu-nächst wird Material in einzelnen Umformschritten von außen nach innen in Richtung Tubenachse transportiert und dabei gleichzeitig aufgestellt. In einem letzten Schritt erfolgt ein Stauchen der Tube auf die geforderte Geometrie.Lokale Materialdickenunterschiede begünstigen Einschnürungen in den Umformstufen und verschlechtern den Materialtransport. Ein hoher Materialtransport ist aber Bedingung für die Tubenbildung und somit für das Erreichen hoher Belastbarkeiten und einer guten Gewindeausformung. Bei der Abbildung des Prozesses in der Simu-

lation ist die Berücksichtigung der Dickenverteilung daher maßgeb-lich. Eine Vernetzung mit Volumenelementen in der FEM-Simulation ist somit zur Abbildung der Dickenverteilung gegenüber Schalen-elementen vorteilhaft. Der Umformprozess für verschiedene existierende Tubengeometrien wur-de mit dem Simulationsprogramm Simufact.Forming abgebildet. Für un-terschiedliche Materialien (S420 MC, DD11, DX54), Materialdicken (4 mm, 3 mm und 2,3 mm) und Geometrien lagen die Ergebnisse in guter Über-einstimmung mit der Realität, Bild 2. Vergleichsweise wurden auch Simu-lationen mit Abaqus und Forge durchgeführt, bei denen unter äquivalen-ten Einstellungen nur geringfügige Abweichungen festgestellt wurden.Im nächsten Schritt wurde ein optimiertes Auslegungsmodell ent-

BilD 1 Untersuchte Gewindetubenteile

BilD 2 Simulationsergebnisse der Stufenfolge im Vergleich zur realen Ausprägung

»Der mehrstufige Umformprozess von

Gewindetuben konnte in der FE-Simulation gut

abgebildet werden.«

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Bernd Engel ist Leiter des Lehrstuhls für Umformtechnik am Institut für

Produktionstechnik der Universität Siegen.

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wickelt. Aufgrund der realistischen Abbildung des Umformprozesses in der Simulation kann diese zur Prüfung und Weiterentwicklung dieses Modells eingesetzt werden. Folgende Grundüberlegungen fließen in die Entwicklung des Modells ein:Zur Ausformung von Tuben in einem großflächigen Bauteil muss berücksichtigt werden, dass nur wenig beziehungsweise kein Mate-rial vom Bauteilrand zur Tubenausbildung genutzt werden kann, da der Materialeinzug mit steigendem Randabstand stärker behindert wird. Daher wird bei der Auslegung mit maximaler Sicherheit zu Grunde gelegt, dass der Materialtransport ausschließlich über die Abstreckung von Material aus einem ringförmigen, tubennahem Bereich erfolgt (Materialvolumen V1 in Bild 3). Der innere Radius ri des abzustreckenden Bereiches errechnet sich über die Volumenkonstanz (Volumen der geforderten Tube = Volumen der inneren Scheibe mit dem Radius ri = V2) und die geometrischen Rand-bedingungen. Der äußere Radius ra wird aus der Volumenkonstanz und der maximalen Abstreckung ermittelt, da die Blechdicke in der Abstreck-zone eine kritische Blechdicke nicht unterschreiten darf. Als Richtwert wird hier eine Dehnung unterhalb der Gleichmaßdehnung des umzu-formenden Materials gewählt. Der äußere Radius der Abstreckzone ent-spricht dem benötigten Stempelradius in der ersten Umformstufe.

Zur Auslegung der Folgestufen sind die Fließeigenschaften des Halb-zeugs zu berücksichtigen. Zudem ist die idealisierte Annahme reiner Abstreckung in der Realität oft nicht gültig. Tuben sitzen nicht immer mittig im Bauteil und je kleiner der Abstand der Tube zum Bauteil-rand ist, desto größer ist der Materialeinzug. Die folgenden Ausle-gungsschritte werden daher über die Abbildung des Umformvor-gangs mittels FEM-Simulation weitergeführt. Um die Rechenzeit gering zu halten wird zunächst ein rotationssym-metrischer Ausschnitt in einer 2D-Simulation abgebildet. Die Simu-lationszeit ist aufgrund der kleineren Elementanzahl geringer, wobei die Blechdicke gut berücksichtigt wird. Zur Beachtung des Geome-trieeinflusses wird ersatzweise ein Ausschnitt mit dem maximalen Randabstand abgebildet. Durchmesser und Kantenradien der Stem-pel und Matrizen können so variiert und das Umformergebnis hin-sichtlich des Materialtransports analysiert werden. Iterative Untersu-chungen haben gezeigt, dass ein gleichmäßiges Größenverhältnis zwischen den Umformstufen günstig ist. Für weiche Stähle zur Kaltumformung wurde so beispielhaft bei einer Materialdicke von 3 mm ein Stufenverhältnis s von s ≤ 1,4 ermittelt.Im Projekt wurden die 2D-Modelle auch dazu genutzt, eine verbes-serte Stempelgeometrie zu erarbeiten, durch die eine gleichmäßige

BilD 3 Materialtransport im Tubenformprozess

BilD 4 Einfluss der Stempelgeometrie auf die

Abstreckung in der Umformzone

BilD 5 Verteilung der Kaltferfestigung nach dem

Umformprozess

»Die durchgängige Bauteilsimulation mit Berücksichtigung der Umformgeschichte eröffnet neue Möglichkeiten, eine Überdimensionierung zu vermeiden.«Dipl.-Ing. Timo Schlichting ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Fahrzeugleichtbau der

Universität Siegen.

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Abstreckung des Materials erreicht wird. Eine gerundete Stempel-form mit ansteigendem Radius vom Stempelrand zur Mitte (zum Beispiel erzeugt durch eine Traktrix) konnte als besonders günstig bestätigt werden, Bild 4. Kleine Radien sollten vermieden werden, da hier immer nur eine kleine Abstreckzone resultiert. Die so durchge-führte Auslegung wurde bei der Fertigung eines Demonstratorbau-teils validiert. Durch die Verbesserung des Materialflusses und einen gleichmäßigen Stufenaufbau konnte die Anzahl der Umformstufen von zehn auf sieben reduziert werden.

M A P P I n GIn der Prozesssimulation werden auch die lokalen Festigkeitsstei-gerungen durch den Umformprozess abgebildet. Diese können nun in numerischen Festigkeitsuntersuchungen am Bauteil be-rücksichtigt werden. Im Mappingvorgang werden die Werte der Kaltverfestigung elementweise von der Umformsimulation aus Simufact in die Bauteilsimulation in Abaqus übertragen. Damit werden für die Elemente jeweils neue Streckgrenzen definiert, sodass die Bauteilfestigkeit an Stellen mit hohem Umformgrad deutlich ansteigt. Bild 5 zeigt die Kaltverfestigungsverteilung für eine bestehende Tubenplatte (Geometrie 1), anhand derer die Umformsimulation verifiziert wurde. Es wird deutlich, dass die stark umgeformte Region direkt um die Gewindetube die höchs-

te Kaltverfestigung aufweist, in den Außenbereichen nimmt sie schnell ab. Um das unterschiedliche Verhalten der Bauteile mit und ohne Berücksichtigung der Umformgeschichte zu untersuchen, wurde ein simulierter Schrägzugversuch an den umformtechnisch simu-lierten Geometrien durchgeführt. Fünf unterschiedliche Tuben-bauteile konnten so untersucht werden. Dabei wurde in Annähe-rung einer Schraubverbindung die Zylinderinnenfläche mit wachsender Kraft im Winkel von 30° zur Zylinderachse belastet und die Verschiebungswerte verglichen, wobei die Grundfläche von 30 x 40 mm einheitlich für alle Geometrien festgelegt wurde. Während die Unterschiede bei geringen Lasten kaum feststellbar sind, zeigen sich die Auswirkungen der erhöhten Festigkeit bei Belastungen oberhalb von circa 20 kn deutlich. Bild 6 zeigt das Ergebnis für eine Geometrie 2 bei einer Belastung von 45 kn. Die Verschiebung reduziert sich hier mit Mapping um etwa 90 %.

A B S C H ä T Z U n G D E S G E W I C H T S E I n S P A R P O T E n Z I A L SErhöht man in der Simulation die Blechdicke, lässt sich der Grad der Überdimensionierung der Bauteile einschätzen. Zu diesem Zweck wurden weitere Simulationen mit gleichen Bauteilen schrittweise größerer Blechdicke durchgeführt, um sich dem Verhalten mit Map-

BilD 6 Vergleich der Verschiebungen am Beispiel von Geometrie 2 BilD 7 Annäherung des Bauteilverhaltens durch

Blechdickenanpassung (Geometrie 10)

»Durch eine optimierte Werkzeuggeometrie und

Stufenauslegung ist eine Einsparung von 30 % der

Umformoperationen möglich.«

Dipl.-Ing. Evelyne Soemer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Umformtechnik der

Universität Siegen.

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ping anzunähern. Bild 7 zeigt den Verformungsverlauf im Vergleich. Es wird deutlich, dass für ein ähnliches Verhalten beim Bauteil ohne Mapping eine um etwa zwei Zehntel Millimeter größere Blechdicke erforderlich ist, was beim Versuchsteil einer Volumen- und damit Ge-wichtszunahme von 6,4 % entspricht. Dies gilt jedoch für den Fall mit gleicher Krafteinleitung, durch die der verfestigte Bereich bei diesem Bauteil weitgehend entlastet wird. Durch gezielte Einbeziehung der verbesserten Festigkeitseigenschaften könnten Abschätzungen zu-folge erheblich größere Gewichtseinsparungen im Bereich von etwa 30 % erzielt werden.

D E M O n S T R A T I O n S T E I L EAuf Basis der konstruierten und in der Umformsimulation untersuch-ten Teile wurden Demonstratoren in verschiedenen Ausführungen gefertigt, Geometrie 10 in Bild 1. Zum nachweis der generellen Um-formmethode kam der weiche Tiefziehstahl DX52 zum Einsatz. Die Anwendbarkeit höherfester Stähle wurde mit der Verwendung des Werkstoffes H300 nachgewiesen. Mit beiden Werkstoffen ließen sich Gewindetuben herstellen, die den Anforderungen hinsichtlich Aus-formung und Tragfähigkeit der Gewinde genügen.

L E B E n S D A U E R T E S T SAn den gefertigten Versuchsträgern sowie der Geometrie, an die diese angelehnt sind, wurden Lebensdauerversuche durchge-führt, die Rückschlüsse auf die Auswirkungen von korrosiven Ein-flüssen auf die Lebensdauer der Tubenteile zulassen. Ziel war es dabei, die Auswirkungen der Schweißnaht als Angriffsstelle für die Korrosion zu untersuchen, die bei Integration der Tube in das Bauteil wegfällt. Um auch Auswirkungen bei hohen Lastniveaus zu erzielen, wurden die geprüften Teile vor den Lebensdauertests fünf Tage lang vorkorrodiert, das heißt ohne Belastung der korro-siven Atmosphäre ausgesetzt. Je Lastniveau wurden sechs Bauteile geprüft, um statistisch belast-bare Ergebnisse zu erhalten [1]. Es zeigte sich, dass der Einfluss des korrosiven Mediums (5 %-Salzwasserlösung im Sprühnebel- und Kondenswassertest) zu einer Erhöhung der k-Faktoren im logarith-mischen Wöhlerdiagramm führt, was einer Verringerung der Lebens-dauer entspricht, Bild 8. Auswirkungen auf die Kurzzeitfestigkeit bei höheren Lastniveaus (circa 1000 bis 2000 Lastspiele) waren dabei trotz der Vorkorrosion nicht feststellbar. Erst im Bereich höherer Last-spielzahlen (circa 105 Lastspiele) zeigt sich eine Verschiebung der Wöhlergeraden bei lokal etwa gleichbleibendem k-Faktor.

V E R I F I K A T I O nUm die Methodik abzusichern, wurde ein Stufenzugversuch durchgeführt. Im dazugehörigen Simulationsmodell muss zusätz-lich zum Bauteil die Aufspannvorrichtung enthalten sein, um den Versuch mit ausreichender Genauigkeit abzubilden. Den Aufbau und die resultierenden Verschiebungskurven dazu zeigt Bild 9. Es wird deutlich, dass die realen und die unter Berücksichtigung der Kaltverfestigung simulierten Verschiebungen gut übereinstim-men, die Abweichung beträgt etwa 12 %. Wie im Schrägzugver-

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such weicht die Simulation ohne Mapping bei höheren Lasten beträchtlich ab, die berechneten Verschiebungen betragen ein Vielfaches der realen und der mit Mapping simulierten Werte. Daraus lässt sich schließen, dass bei einer Simulation ohne Be-rücksichtigung der Umformgeschichte damit zu rechnen ist, dass die Bauteile überdimensioniert werden.

Z U S A M M E n F A S S U n G U n D A U S B L I C KEs hat sich gezeigt, dass mit Hilfe der neuen Auslegungssystema-tik die für die Herstellung einer Gewindetube notwendige Stufen-zahl von bisher zehn auf jetzt sieben Stufen reduziert werden konnte. Die dadurch gewonnene Länge auf dem Pressentisch kann für die Vergrößerung der Bauteile genutzt werden, in die die Tuben integriert sind. So lässt sich der Prozessschritt des Ein-schweißens kleiner Gewindeplatten einsparen, indem diese direkt in Ihre früheren Trägerteile integriert werden.Die durchgängige Bauteilsimulation mit Berücksichtigung der Umformgeschichte macht dabei die realitätsnahe Simulation des Bauteilverhaltens möglich. Sie eröffnet neue Möglichkeiten, eine Überdimensionierung der Bauteile zu vermeiden, indem die Kalt-

verfestigungseffekte aus der mehrstufigen Um-formung bei der Auslegung berücksichtigt wer-den. Die dadurch möglichen Verstärkungen können jedoch nur lokalisiert eingebracht wer-den, ein flächiger Einsatz ist verfahrensbedingt nicht möglich. Eine Einflussmöglichkeit in dieser Richtung be-steht durch den Einsatz von Tailored Rolled Blanks, in dem nur die hochbelasteten Bereiche mit größerer Blechdicke versehen werden, wäh-rend geringerer belastete Bereiche dünner aus-geführt werden können. Untersuchungen zu den hierdurch erzielbaren Gewichtseinsparun-gen lassen am Beispiel des untersuchten De-monstrators eine potenzielle Gewichtsersparnis von weiteren 10 % erkennen.

D A n K S A G U n GWir bedanken uns für die Förderung durch die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Be-schlusses des Deutschen Bundestags.� ●

L I T E R A T U R H I n W E I S[1] D. Radaj, M. Vormwald, Ermüdungsfestigkeit, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2007

Die Autoren:

UnIV.-PROF. DR.-InG. XIAnGFAn FAnG ist Leiter des Lehr-stuhls für Fahrzeugleichtbau am Institut für Fahrzeugtech-nik der Universität Siegen. UnIV.-PROF. DR.-InG. BERnD EnGEL ist Leiter des Lehr-stuhls für Umformtechnik am Institut für Produktionstech-nik der Universität Siegen. DIPL.-InG. TIMO SCHLICHTInG ist wissenschaftlicher Mit-arbeiter am Lehrstuhl für Fahrzeugleichtbau der Universi-tät Siegen. DIPL.-InG. EVELynE SOEMER ist wissenschaftliche Mitar-beiterin am Lehrstuhl für Umformtechnik der Universität Siegen.

BilD 8 Wöhlerdiagramm Geometrie 5 mit Korrosionseinfluss

BilD 9 Stufenzugversuch zur Verifikation

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