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Gesundheitskompetenz in der Notfallversorgung
Fachtagung Kassenärztliche Bundesvereinigung Berlin, 13. September 2017
Qualitative Studie zur Versicherten-befragung 2017 • Fokusgruppen in vier
deutschen Städten (Münster, München, Dresden, Hamburg)
• Leitfadengestützte Gesprächsführung durch zwei Moderatoren
• Videoaufzeichnung der Gruppendiskussionen und anschließende Transkription
• Deskriptiv-reduktive Inhaltsanalyse
Typologie
Die Ahnungslosen
Die „dienstleistungs-orientierten“ Patienten
Die Prozess- optimierer
Die Absicherer
Was wissen wir?
Junge Menschen (unter 30 Jahre) und Eltern nutzen
Einrichtungen der Notfallversorgung häufiger in
unangemessen hohem Umfang.
Literatur Rau R, Mensing M, Brand H. Medizinische Notfalldienste aus Nutzersicht. Ein Beitrag zur Versorgungsforschung durch CATI-Befragung der Bevölkerung. Medizinische Klinik 2006;101:37-47. David M, Braun T, Borde T. (Fehl-) Inanspruchname von klinischen Rettungsstellen. Eine Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Ethnizität der Patienten. Notfall Rettungsmed 2006;9:673-678. Flaig C, Zehnder K, Zürcher H et al. Selbsteinweisung ins Spital. Eine Untersuchung des Qualitätszirkels Brugg in Zusammenarbeit mit dem Kantonsspital Baden und dem Bezirksspital Brugg. PrimaryCare 2002;2:280-283.
A
Menschen mit einem höheren Schulabschluss nutzen Einrichtungen der
Notfallversorgung häufiger in unangemessen hohem
Umfang.
Literatur Rau R, Mensing M, Brand H. Medizinische Notfalldienste aus Nutzersicht. Ein Beitrag zur Versorgungsforschung durch CATI-Befragung der Bevölkerung. Medizinische Klinik 2006;101:37-47.
A
Menschen, die in der Nähe einer Notaufnahme wohnen,
nutzen die Notaufnahme häufiger zu unangemessenen Anlässen.
Literatur Flaig C, Zehnder K, Zürcher H et al. Selbsteinweisung ins Spital. Eine Untersuchung des Qualitätszirkels Brugg in Zusammenarbeit mit dem Kantonsspital Baden und dem Bezirksspital Brugg. PrimaryCare 2002;2:280-283. Luiz Th, Huber T, Schieth B, Madler C. Einsatzrealität eines städtischen Notarztdienstes: Medizinisches Spektrum und lokale Einsatzverteilung. Anästhesiologie und Notfallmedizin 2000;41:765-773.
Bemerkung:
Häufig wird in den Studien zwar eine überproportionale
Nutzung der Notaufnahme durch Migrantinnen festgestellt, jedoch ohne konkreten
Zusammenhang zu einer tatsächlichen
Fehlnutzung.
Hypothesen für Gründe einer möglichen Fehlnutzung durch Migranten:
• Erfahrungen im
Herkunftsland (z. B. bessere Versorgung durch Notfallambul-anzen oder ausschließlich privatärztliche Versorgung bei niedergelassenen Ärzten)
• Begleitung durch
Ehemänner, die erst am Abend oder am Wochenende Zeit haben
Literatur Flaig C, Zehnder K, Zürcher H et al. Selbsteinweisung ins Spital. Eine Untersuchung des Qualitätszirkels Brugg in Zusammenarbeit mit dem Kantonsspital Baden und dem Bezirksspital Brugg. PrimaryCare 2002;2:280-283. Meer A, Simonin C, Trapp A et al. Einfluss der medizinischen computerassistierten Telefontriage auf das Patientenverhalten: erste Erfahrungen in der Schweiz. Schweizerische Ärztezeitung 2003;84:2160-2165.
Ein wiederkehrender Grund für die unangemessene Nutzung der
Notfallversorgung ist die subjektiv überschätzte
Dringlichkeit der Beschwerden.
In einer Schweizer Studie zur Telefontriage stimmten Patienten und Experten nur in 2 Prozent der Fälle in der Dringlichkeit überein, wenn die Patienten ihre Beschwerden selbst in der höchsten Dringlichkeitsstufe eingeordnet hatten.
Interventionsstrategien
Informationen
• Infografiken
• Flyer
• Erklärvideos
• Webservices
• ...
A
Kampagne: Don‘t just go to A&E Aufklärungskampagne zur richtigen Nutzung der Notfallversorgung. Überall im Land wurden hierzu Patientenstatuen („Poser“) aufgestellt. Auf der Kampagnen-Website (www.notalwaysaande.co.uk) können Patienten ihr Symptom und eine PLZ angeben und werden darauf basierend zur richtigen Notfallversorgung weitergeleitet.
„Emergency Medical Communication Centre“ (Norwegen) • Nutzt größtenteils den Norwegian Index for Medical
Dispatch (algorithmusbasiertes Konzept zur standardisierten Notrufabfrage in gemeinsamer Leitstelle)
• Index unterscheidet 4 Dringlichkeitsstufen und 39 Symptomgruppen
• Index zeigt gute Vorhersagewerte für nicht benötigte präklinische Versorgung
Bis zu 80 % Complianceraten für empfohlene Notfall- oder Selbstversorgung in ähnlichen Navigationskonzepten gefunden (USA, Schweiz)
Literatur Aqua. Ambulante Notfallversorgung: Analyse und Handlungsempfehlungen. [Internet] 2016 (abgerufen am 9. Mai 2016). Verfügbar unter: https://www.aquainstitut.de/index.php?id=335 Grusd E, Kramer-Johansen J. Does the Norwegian emergency medical dispatch classification as nonurgent predict no need for prehospital medical treatment? An observational study. Scandinavian Journal of Trauma, Resuscitation and Emergency Medicine 2016;24:65. DOI: 10.1186/s13049-016-0258-8 Kempe A, Luberti A, Hertz A, et al. Delivery of Pediatric After-Hours Care by Call Centers: A Multicenter Study of Parental Perceptions and Compliance. Pediatrics 2001;108(6). Meer A, Simonin C, Trapp A et al. Einfluss der medizinischen computerassistierten Telefontriage auf das Patientenverhalten: erste Erfahrungen in der Schweiz. Schweizerische Ärztezeitung 2003;84:2160-2165.
Hypothesen
Hypothese 1 Ein Teil der Patienten hat zum
Teil erhebliche Schwierigkeiten, sich in der gestuften Notfallversorgung
zurechtzufinden und die passende Versorgungsinstanz zu
identifizieren.
Hypothese 2 Eine überproportional häufige
Nutzung der Notfallversorgung ist jedoch keineswegs nur auf eine
mangelnde Kenntnis der Versorgungsstrukturen
zurückzuführen, sondern erfolgt zum Teil auch bewusst.
Hypothese 3
Um Fehlnutzung der Notfallversorgung zu vermeiden, bedarf es eines Bündels unterschiedlicher Maßnahmen, die die
nutzerfreundliche Information, die persönliche Beratung, die Bildung und
Aufklärung der Bevölkerung, die Schaffung verhaltensökonomischer
Anreize aber auch die Strukturen der Notfallversorgung betreffen.
Dr. Sebastian Schmidt-Kaehler
Patientenprojekte GmbH Laerstr. 55 33775 Versmold (0800) 5678 123 http://www.patientenprojekte.de In Zusammenarbeit mit:
Dr. Anja Bittner
Verbicur UG (haftungsbeschränkt) Freiberger Straße 2 01067 Dresden (0351) 264411-12 http://verbicur.de
VIELEN DANK für Ihre Aufmerksamkeit!