„für ein gelingendes aufwachsen in sulzbach – … · 2015-05-04 · erste runde „was gibt es...
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Workshop
„Für ein gelingendes Aufwachsen
in Sulzbach – Präventionsketten und
Zusammenarbeit von Kitas, Schulen und
sozialen Einrichtungen“
13.11.2012, 9:00 – 16:00 Uhr
Konferenzraum AULA
Dokumentation des Workshops – „Für ein gelingendes Aufwachsen in Sulzbach - Präventionsketten und Zusammenarbeit
von Kitas, Schulen und sozialen Einrichtungen“
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1. Zusammenfassung des World Cafes am Vormittag
Erste Runde „Was gibt es schon für Angebote für
Kinder und Familien in Sulzbach“ / Was läuft gut ?
Prioritäten / Besonders wichtig
- Motivation
- Gute Schulsozialarbeit
- Reges Vereinsleben
- Bereitschaft zur Vernetzung
- Inklusionsschule
- Jugendzentrum
Statements von den Tischdecken zu Angeboten
Kleine Tiger (Stillberatung, PEKIP, Babymassage, betreute Spielkreise)
GWA-Babyclub und Eltern-Kind-Spielkreis Kohlenmühl
Familienhebammen (unklar: gibt es da eine örtlich zuständige
Familienhebamme?) / Lesepaten, Sprachförderung, Signal / Frühförderstelle &
Integrativer Kindergarten der Lebenshilfe in Dudweiler / 7 Kitas davon 3 mit
Krippenangebot / Schulstandorte mit mehreren Schularten: Grundschule,
ERS/Gemeinschaftsschule, Gymnasium / Freizeitangebote an Grundschulen im
Nachmittagsbereich / Freiwillige Ganztagsschule (interne AGs, externe AGs,
Ferienbetreuung, Hausaufgabenbegleitung, Mittagessen) / Präventionsangebote
an Schulen / Schulische Integration / Angebote der Vereine, Verbände, Kirchen:
Fußball, Schwimmkurse, DRK, Turnen, Leichtathletik, kirchl. Angebote, THW,
Jugendfeuerwehr, Karnevalsvereine + Garde / Projekt „Abseits“ –
Gewaltprävention / Jobcenter U25 / Jugendamtsangebote (Allgemeiner Sozialer
Dienst, Jugendgerichtshilfe, Jugendpflege, Jugendzentrum) / Gemeinwesenarbeit
Familienzentrum – ambulante Familienhilfen / Gesundheitsamt, Sozial-Psych.
Beratung / VHS / Förderverein Goldene Au / Familienentlastender Dienst /
Ferienfreizeiten /Türkischer Elternbund / Ramesch / Kinderkarawane / Orte:
Spielplätze, Skaterbahn, Sozialkaufhaus, Tafel, Stadtbibliothek,
MusikschuleIntegrationsbeauftragte /Tagesgruppe Diak. Werk / CDU
FamilienfestKlein-Sulzbachtal / AWO Stadtranderholung
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Zweite Runde „Was brauchen Kinder/Jugendliche in Sulzbach“ /
Handlungsbedarfe
Prioritäten/Besonders Wichtig
- Orte für Jugendliche
- Informationen über Ansprechpartner
� Fachkräfte vor Ort sollen sich informieren können, wo sie sich im
Bedarfsfall hinwenden können
- Frühes Soziales Lernen
- Eltern erreichen
� Dafür bräuchten die Kitas dringend wieder ein „Rucksack-Projekt“, da
das eine erprobte und hilfreiche Möglichkeit war Eltern mit
Mitgrationshintergrund zu erreichen und Sprachförderung zu betreiben
- Bessere sanitäre Einrichtungen
- Mehr Kontinuität
- Spiel / Freiflächen
- Krippenplätze / bessere Konzeption
� Eltern bevorzugen Krippenangebot gegenüber dem Tagesmütter-
Angebot
� Tagesplätze fehlen
- Koordination
- Langfristplanung
� Plätze in der FGTS müssten räumlich und personell besser
ausgestattet sein um Bedarf zu decken
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von Kitas, Schulen und sozialen Einrichtungen“
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- Austausch
- Information
� Bessere Informationspolitik
� Über Zuständigkeiten informieren
� Alle Adressen
� Bestehende Angebote bekannt machen
� Informationsgehalt sollte im Mittelpunkt stehen – nicht die
Selbstdarstellung
Statements von den Tischdecken zu Handlungsbedarfen
Bildungsförderung von Anfang an
Beratung Übergang Grundschule – Weiterführende Schule
Plätze für Kinder und Jugendliche an denen man laut sein darf
Flexible Hilfen
Besserer und gesunder Wohnraum – vor allem in Sulzbach-Mitte
Gesellschaftliche Grundbedingungen
Bessere Vernetzung z.B. auch zwischen Schulen und sozialen Einrichtungen
Synergetisches Zusammenwirken
Kostengünstige Angebote
Bewusstsein schaffen in den polit. Gremien
Gut ausgestattete Schulen
Vorbilder
Förderung von Vereinen und Verbänden, die Kinder & Jugendarbeit betreiben
Sportangebote
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Kreative Angebote
Anonyme, wohnortnahe Anlaufstellen
Sprachbildung/-förderung in Kitas
Soziales Lernen
Mehr stadtteilorientierte / quartiersorientierte Angebote
Ausweitung der Nachmittagsbetreuung: kostenloses Angebot und mehr Räume
Spiel- und Bolzplätze für Kinder von 12-18 / Abenteuerspielplatz
Mehr individuelle Förderung in Regeleinrichtungen
Aufmerksamkeit gegenüber indivduellem Unterstützungsbedarf
Niedrigschwellige Angebote
Nutzung „unverdächtiger“ Zugänge zu Eltern / Familien mit Hemmschwellen bei
Behörden
Vernetzung aller Einrichtungen
Strukturen und Institutionen verändern – alle sind irgendwo überfordert
Mehr Schulsozialarbeit an allen Schulen inkl. Gymnasium
Warmes Mittagessen für alle Kinder
Mehr Infoveranstaltungen für Eltern in Kitas und Schulen
Sensibilisierung für Kinderarmut
Freiwillige Angebote die Kinder auch tatsächlich erreichen.
Dritte Runde „Wie können wir Familien unterstützen“ / Konkrete Ideen
Prioritäten / Besonders wichtig
- Gesundheitswegweiser in anderen Sprachen
- Elterncafé einrichtungsübergreifend
- Kinderhaus – Zentrale Anlaufstelle
- Fahrdienste (pensionierte Bergleute),
zu Angeboten oder nach Hause
oder Verbesserung der ÖPNV, auch Finanzierbarkeit
- Vorhandene Gebäude nutzen
- Gebundene Ganztagsschule
- Mehrgenerationenhaus
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Statements von den Tischdecken zu konkreten Ideen
Early Excellence Center
Gemeinschaftsprojekte: Kontakte knüpfen zwischen Familien (Treffen, Feste…)
Möglichkeiten des Bildungs- und Teilhabepaketes transparenter machen
Ambulanter Lebensmittelfahrdienst der Tafel
Aktivierung älterer Menschen evtl. über Seniorentreff,
Beratungsangebote: Soziale Beratung, Suchtberatung
Early Excellence Center
Großelternservice
Randzeitenbetreuung für berufstätige Eltern
Ehemalige Schulgebäude in Krippenplätze umnutzen z.B. ehemalige
Grundschule Neuweiler
Suchtberatungsstelle für Sulzbach
Erziehungsberatungsstelle
Mängel in Schulen + Kitas beheben: Bsp Sanitäranlagen
Mehr Primäre Prävention (Zahngesundheit, Bewegung, Ernährung)
Freier Zugang zu Sport und Spielstätten
Schaffung neuer funktionierender Jugendkultur
Mehrsprachige Broschüre für Familien / Neubürger
Elternstammtische
Zentrale Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche ab dem Grundschulalter
Runder Tisch mit allen Institutionen inkl. Schulen
Mehr Tagesplätze in Kitas
Rucksack-Projekte wieder aufleben lassen
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Schwerpunktthemen, die im World-Cafe immer wieder auftauchten
- Nicht treffende Angebote
- Erreichen der Eltern
- Soziales Lernen über Generationen
- Sozialwegweiser
- Fehlende Kontinuität
- Konzepte für Erreichbarkeit der Familien
- Vernetzung auch mit Schulen
- Informationsdefizite
z.B. Scheu das Jugendamt einzubeziehen
- Fehlende Personelle Möglichkeiten
z.B. zu wenige Integrationshelferinnen und zu geringe Betreuungsstunden
- Fehlende Orte
- Fehlende Vernetzung
- Information
- Mobilität
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Vortrag von Frau Uschi Biedenkopf, Leiterin des Jugendamtes im
Regionalverband Saarbrücken, zum Thema
Einleitung: Ich bin heute als Referentin eingeladen zum Thema „Lebenslagen von Kindern
im Altersbereich von 0 bis 10 in Sulzbach. Das bringt mich in eine schwierige Situation, weil
ich Ihnen über etwas berichten soll, was Sie eigentlich besser kennen als ich. Ich lebe nicht
in Sulzbach und ich arbeite auch nicht direkt hier vor Ort.
Ich möchte daher in meinen Ausführungen etwas allgemeiner bleiben. Ich beziehe mich
dabei auf Informationen aus dem Sozialbericht 2011, den der Regionalverband vor Kurzem
veröffentlich hat. Alle Daten sind vom Oktober 2011, also ungefähr ein Jahr alt. Ich glaube
allerdings nicht, dass es seit dem wesentliche Veränderungen gegeben hat.
Zu den Fakten:
Das Thema Kinderarmut ist auch ein Thema in Sulzbach. Wir vereinfachen jetzt ein wenig
und definieren arme Kinder als solche, die in SGB II – Bedarfsgemeinschaften leben.
Die erste Graphik zeigt den Anteil der SGB II – Leistungsempfänger an der Bevölkerung
unter 65 Jahren nach Städten und Gemeinden. Sie sehen, dass die Landeshauptstadt
Saarbrücken mit 18,2 % den höchsten Anteil hat, gefolgt von Völklingen mit 16 % und
Sulzbach mit 13 %.
Die in Sulzbach selbst veröffentlichten Sozialreporte weisen darauf hin, dass die
Erwerbslosenquote in einigen Quartieren aber deutlich höher liegt (Zahlen von 2010). Das
Kamerunviertel 21,9 %, Goldene Au 18,6 %, Sulzbachtalstr. Sulzbach 26,3 %, Kohlenmühl
45,2 %, Sulzbachtalstr. Altenwald 27,3 %. In ca. einem Drittel aller Bedarfsgemeinschaften
leben Kinder.
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Die folgende Tabelle zeigt die Anzahl der Jugendhilfefälle nach Hilfekategorien und nach
Städten und Gemeinden im Regionalverband Saarbrücken.
Die Abkürzung HzE bedeutet Hilfen zur Erziehung.
Eingliederungshilfen sind Hilfen für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche.
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Eine Inobhutnahme ist eine Herausnahme eines Kindes aus der Familie durch das
Jugendamt in Krisensituationen.
Die nächste Grafik setzt die Jugendhilfefälle ins Verhältnis zur Bevölkerungszahl. Die 39 bei
Sulzbach bedeutet also, dass pro 1000 Minderjährige 39 Kinder Jugendhilfefälle sind. Diese
Quote ist m. E. aussagekräftiger als die absolute Zahl. Sie erkennen, dass Sulzbach,
Friedrichsthal und Saarbrücken sich im oberen Mittelfeld bewegen. Am meisten betroffen ist
Völklingen. Das sind allerdings immer Durchschnittswerte bezogen auf die Gesamtstadt.
In einzelnen Quartieren kann die Inanspruchnahmequote deutlich höher sein. Dies sieht man
z.B. an der kleinen unteren Grafik, die die Landeshauptstadt abbildet. Die Quote liegt in der
Gesamtstadt bei 40, in Burbach, Malstatt und Alt-Saarbrücken aber bei 68, 74 bzw. 53.
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Diese Tabelle zeigt die Übergangsquote von der Grundschule auf weiterführende Schulen in
Klassenstufe 5. Die Zahl 38,6 in der Sparte Gymnasium bei Sulzbach bedeuten, dass 38,6 %
aller Grundschüler nach der 4. Klasse ein Gymnasium besuchen.
Und jetzt möchte ich Sie dabei mitnehmen, Zusammenhänge herzustellen: In Riegelsberg
z.B. besuchen 54,9 % aller Grundschüler anschließend ein Gymnasium. Riegelsberg hat den
zweitniedrigsten SGB II Bezug von allen Gemeinden im Regionalverband, nämlich 6 % und
liegt mit der Inanspruchnahmequote von Jugendhilfe ebenfalls relativ niedrig, nämlich bei 17.
In Völklingen gehen 26,9 aller Kinder nach der Grundschule auf ein Gymnasium, die
Inanspruchnahme von SGB II Leistungen ist hoch, und die Inanspruchnahmequote bei der
Jugendhilfe sogar am höchsten im ganzen Regionalverband.
Es gibt also einen Zusammenhang zwischen SGB II-Bezug in den Familien (schwierige
finanzielle Situation über einen langen Zeitraum hinweg), der Inanspruchnahme von
Jugendhilfeleistungen und den eher schlechten Bildungschancen für Kinder aus diesen
Familien.
Dies kann ich jetzt leider nicht herunter brechen auf die besonders belasteten Stadtteile in
Sulzbach, da wir derzeit über solche kleinräumigen Daten nicht verfügen. Es gibt aber auch
keinen Grund anzunehmen, dieser Zusammenhang sei ausgerechnet in Sulzbach nicht
gegeben.
Dazu 2 Berichte aus der Praxis, zunächst von den Kolleginnen und Kollegen aus dem
Sozialen Dienst:
� Mitte dieses Jahres tauchten verstärkt junge 14 – 16 jährige auf und baten um
Inobhutnahme. Die Jugendhilfe kommt nur sehr schwer an diese Jugendlichen heran,
da sich diese nicht auf Regeln und Grenzen, weder durch die Eltern noch durch die
Jugendhilfe einlassen wollten. Sie wollten eigentlich nur ein Dach über dem Kopf und
in Ruhe gelassen werden. Das Jugendzentrum hat in dieser Zeit für mehrere Wochen
aufgrund Personalmangel und Umbau geschlossen.
� Damit einhergehend hohe Zahl an Schulverweigerern
� Einer langjährigen Kollegin fällt die zunehmende Verarmung in Sulzbach, vor allem in
Sulzbach/Mitte auf. Wohnungen die im Rahmen der Tätigkeit aufgesucht werden sind
in einem mehr als schlimmen Zustand. Mit all den daraus resultierenden Folgen
(schlechte Heizung, hohe Nebenkosten, hohe Fluktuation in den Wohnungen, u. a.).
� Viele Eltern mit Suchtproblematik in Sulzbach. Hier fehlt eine Beratungsstelle mit
niederschwelligem Zugang (z.B. Cafe).
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� Mangel an Kindergartenplätzen, hohe Wartezeiten. Wenig Einfluss des Sozialen
Dienstes auf Belegungssituation.
� Steigende Zahl von allein erziehenden / bedürftigen Müttern.
Ein weiterer Praxisbericht aus der Jugendarbeit
Das Jugendzentrum Sulzbach wird aktuell von 120 verschiedenen Personen im Altern von
10 bis etwa 21 Jahren besucht. 15 dieser BesucherInnen sind Kinder im Altern zwischen 10
und 14 Jahren.
• Sie erleben in ihrem Alltag ein Aufeinandertreffen unterschiedlicher und teilweise
schwer zu vereinbarender Weltanschauungen und Lebensformen in ihrem Elternhaus
und der sie umgebenden Umwelt. Hier müssen sie Orientierung finden, ringen um
Loyalität mit ihrer Familie und um Zugehörigkeit zur Mehrheitsgesellschaft.
• Viele Eltern sprechen kein Deutsch. Sie können die Kinder kaum bei der Bewältigung
schulischer Aufgaben unterstützen oder sie in der Rolle als Eltern, z.B. zu
Gesprächen an der Schule oder bei sonstigen behördlichen Belangen vertreten.
Vielmehr bekommen die Kinder Aufträge Behördengänge zu begleiten, um dort zu
dolmetschen.
• Die Eltern sind oftmals psychosozial stark belastet und haben selbst
Unterstützungsbedarf. Es fällt ihnen schwer, die Bedürfnisse ihrer Kinder zu sehen
und sie angemessen zu versorgen.
• Oft sind Hilfesysteme den Eltern nicht bekannt oder sie werden mangels Vertrauen
nicht wahrgenommen.
• Einige der 12 jährigen Besucher sind ab Öffnungszeit (14.30 Uhr) im Jugendzentrum.
Wenn sie um 18.00 Uhr das Haus verlassen müssen, sind sie auch noch um 20.00
Uhr bzw. 21.00 Uhr auf der Straße anzutreffen.
• Auffällig ist, dass sich viele BesucherInnen des Jugendzentrums ungesund und sehr
unregelmäßig ernähren. Chips, Schokolade und Eistee an Stelle eines Mittagessens
sind ein recht gängiges Ernährungskonzept.
• Viele Jungen tun sich schwer, in der Pubertät in eine Rolle als junger Mann
hineinzufinden, die ihnen sowohl Anerkennung in ihrer Familie, ihrem Freundeskreis
und in der Gesellschaft verspricht.
• Auffällig ist, dass gerade Jungen sich früh von der Kindheit verabschieden und sich in
prekären Männerrollen (sexualisiert und gewalt-affin) ausprobieren.
• Viele männliche Kinder und Jugendliche sind der Polizei bekannt.
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• Bei Konflikten fällt eine geringe Frustrationstoleranz und bei den Jungen auch eine
hohe Aggressionsneigung auf.
• Auffällig ist, dass die jüngeren Jungen kaum in Sportvereinen eingebunden sind.
• Die verbesserte Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation ist noch nicht bei den
Jugendlichen mit schlechteren Startchancen angekommen.
In der 5. Grafik ist der Anteil der Kinder in Grundschulen mit Sprachauffälligkeiten
festgestellt.
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Dazu schreiben die Kolleginnen aus dem Gesundheitsamt:
Anteil der Kinder in Grundschulen mit Sprachauffälligkeiten:
GS Sulzbach
Kinder gesamt: 137 auffällig: 32 Prozent: 23,4
Anteil der Kinder in Grundschulen mit unvollständigem Vorsorgebuch:
GS Sulzbach
Vorsorgeunvollständigkeit: 21 vorgelegte Bücher: 114 Prozent 18,42
Zahnmedizinischer Zustand der Kinder in Grundschulen – Sulzbach:
dmf-t DMF-T % Kariesbefall KHR
GS Mellin 1,5 0,08 28 4,3 %
GS Altenwald 1,7 0,13 34 6,5 %
Fazit des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes:
Fehlende Vorsorgeuntersuchungen und Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung und die
persönlichen Kontakte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsamtes bei den
Einschulungsuntersuchungen zeigen: die Gebiete und Stadtteile mit den höchsten
Auffälligkeiten haben auch den höchsten Anteil an im weitesten Sinne „ärmeren“ und sozial
auffälligen Familien.
Aus langjähriger Erfahrung sind dem Kinder- und Jugendärztlichen Dienst die
problematischen Sozialräume im Regionalverband Saarbrücken bekannt. Bei den Familien
dieser Stadtteile -Malstatt, Burbach, Alt-Saarbrücken, Brebach-Fechingen, Folsterhöhe,
Völklingen, Teile von Sulzbach und Dudweiler- kommen zwei Hauptfaktoren, einzeln oder in
Kombination, zusammen: niedriger sozioökonomischer Status und Migrationshintergrund.
Was hilft? – der schwierige Spagat zwischen Prävention und Intervention
Wir befinden uns derzeit in den Haushaltsberatungen für 2013. Im Verwaltungsvorschlag
(der noch nicht politisch beschlossen ist) reißt der Jugendamtshaushalt knapp die 100
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Millionengrenze. Das heißt: der Regionalverband Saarbrücken gibt für Jugendhilfe
(einschließlich der Personalkosten des Jugendamtes) ca. 100 Mio. € aus.
Fast 52 Mio. € davon gehen in den Bereich Hilfen zur Erziehung und andere Einzelfallhilfen,
die vom Sozialen Dienst initiiert werden.
Hilfen zur Erziehung sind reaktive Hilfen. Das Jugendamt greift dann ein, wenn die Familien,
die Kinder und Jugendlichen bereits in größeren Schwierigkeiten sind. Obwohl oder vielleicht
gerade weil die Jugendämter immer mehr Geld ausgeben, entsteht ein Missverhältnis
zwischen der pflichtgemäßen Intervention im Einzelfall und der fachlich gebotenen
Prävention im Allgemeinen. Die Jugendämter müssen ständig dagegen ankämpfen, nicht
darauf reduziert zu werden nur noch das Schlimmste zu verhindern, statt das Beste im Sinne
der Prävention zu wollen. Gerade solche Familien bei denen sich finanzielle Schwierigkeiten
mit anderen schulischen, gesundheitlichen, psychischen Defiziten verbinden, sind auf
Maßnahmen angewiesen, die ihr Lebensumfeld verbessern. Aber das sind dann oft die
sogenannten freiwilligen Leistungen.
(So bzw. so ähnlich schrieb der Kollege Armin Kuphal bereits 2005 in einem Papier mit dem
programmatischen Titel „Freiraum für Prävention“.)
Was hilft wirklich?
Der eben erwähnte Kollege sagte an anderer Stelle einen Satz, den ich mir gut behalten
habe wegen der Eindringlichkeit des Bildes:
In der Suppe aus der Suppenküche ist immer auch ein bisschen Gift.
Gemeint hat er damit, dass alle Hilfen, bei denen sich Kinder erst einmal als arme Kinder
„outen“ müssen, einen schlechten Beigeschmack haben. Es macht eben einen Unterschied,
ob ich an der Schwimmbadkasse meine Euros hinterlege oder meinen Sozialpass vorzeige.
Von daher sind vor allem die Maßnahmen wirklich hilfreich und werden auch tatsächlich
angenommen, die grundsätzlich allen Kindern offen stehen, die aber in besonderem Maße
geeignet sind, gerade arme Kinder zu fördern.
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Die letzte Grafik zeigt ein Beispiel für eine Präventionskette. Dieses Beispiel bezieht sich
nicht auf Sulzbach.
Präventionsketten zur Kinderarmut sind biographisch angelegt. Sie sollen dazu beitragen,
Kinder von der Geburt bis zum Abschluss der Schule zu fördern und zu begleiten.
Wichtig ist mir an diesem Beispiel, dass es um die Stärkung der Regeleinrichtungen geht. An
einem Ort, an dem sich Kinder und damit auch häufig ihre Eltern ohnehin befinden, sollen
begleitende, passgenaue Hilfen angedockt werden.
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Wichtig ist es hier auch, die Übergänge z.B. von der KiTa zur Grundschule oder von der
Grundschule zur weiterführenden Schule aktiv zu gestalten, Lücken in der Kette oder an den
Übergängen zu identifizieren und durch Vernetzung oder flankierende Maßnahmen Abhilfe
zu schaffen.
Handlungsfelder zur Weiterarbeit - Ergebnisse
Informationen für Familien:
Es gibt immer noch ein Informationsdefizit über Angebote für Familien, die neu hinzuziehen,
das erste Kind bekommen o.ä. Hier könnte der neue Gesundheits- und Sozialwegweiser der
Gemeinden Sulzbach und Friedrichtsthal, der Anfang kommenden Jahres herausgegeben
wird, etwas Abhilfe schaffen. Es wäre wichtig, ihn möglichst großflächig zu verteilen, eine
Möglichkeit wäre die Mitnahme zu Neugeborengratulationen durch die Beigeordneten der
Stadt.
Mobilität
Die Mobilität mancher Sulzbacher Familien ist sehr eingeschränkt. Die Nutzung des ÖPNV
ist aus finanziellen Gründen nicht möglich und/oder es gibt eine starke Verwurzelung im
Stadtteil, d.h. Angebote, die nicht fußläufig zu erreichen sind, werden nicht genutzt. Eine
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Fahrt nach Saarbrücken käme einer Weltreise gleich. Abhilfe könnte hier ein gemeinnütziger
Fahrdienst schaffen. Angegliedert an die Gemeinwesenarbeit oder das Jugendamt, finanziert
über Sponsoren und unter Einbindung von Ehrenamtlichen. Ein erster Schritt zur
Realisierung könnte der Kontakt zu Sponsoren, Vereinen und Ehrenamtlichen sein.
(Anmerkung der Redaktion: Der Sulzbacher Seniorenbeirat beschäftigt sich aktuell mit einer
ähnlichen Fragestellung, eine Einbindung könnte sinnvoll sein).
Ausbau der Kinderbetreuung
Ein weiteres Handlungsfeld ist der Ausbau der Krippen- und Tagesplätze. Ein runder Tisch
mit den betroffenen Kindergärten, den Bau- und Betriebsträgern (Kirchengemeinden und Kita
gGmbH) und der Stadtverwaltung könnte eine Bestandsaufnahme über Angebote und
Bedarfe und erste Lösungsansätze erbringen.
Elternbeteiligung / Aufbau eines Familienzentrums
Elternbeteiligung ist ein wichtiger Faktor der Arbeit. Diese lässt sich relativ einfach zum einen
dadurch erreichen, dass eine einladende Atmosphäre in der Einrichtung geschaffen wird
(Offenheit, Vertrauen, Beziehungsarbeit). Dies ist Grundlage für die Arbeit mit Eltern und
deren Vernetzung in bestimmte Angebote. Eine weitere Idee der Arbeitsgruppe war die
Einbindung der Eltern über ein Anreizsystem (Bsp. Für die Teilnahme an Veranstaltungen
oder Kursen gibt es Eintrittskarten für das Schwimmbad oder Busfahrkarten).
Im Saarland gibt es kein Landesprogramm für den Ausbau von Familienzentren. Herr Gillo
hat sich aber mehrmals positiv in diesem Sinne geäußert. Eventuell wäre hier die
Möglichkeit, den Regionalverband direkt anzusprechen.
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Gebundene Ganztagsschule
Hier bestehen gewisse formale Vorgaben von Seiten des Bildungsministeriums, des
Schulträgers und der Schulleitung. Eine Gruppe der anwesenden Teilnehmer zeigt eine hohe
Motivation, das Thema anzugehen.
Orte für Jugendliche
Punkt konnte nicht mehr bearbeitet werden
Vorschläge des Jugendamtes
• Runder Tisch mit Stadt, Regionalverband und betroffenen Trägern zum Ausbau der
Kinderbetreuung
• Gesprächsrunde zum Aufbau eines Familienzentrums
Das Jugendamt hat sich zu beiden Punkten bereit erklärt - mit Zustimmung der Stadt -
die Einladung zu übernehmen.