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Vorwort der Herausgeber ......................................................................................................................... 11

Schriftenverzeichnis von Sabine Felgenhauer-Schmiedt ........................................................................ 13Laudatio ................................................................................................................................................... 19

Stadt

Christoph Blesl, Doris Käferle und Paul MitchellGartenarchäologie in Wien ...................................................................................................................... 21

Oliver Fries und Stefan Strutz300 Jahre handwerkliche Kontinuität in einem Haus. Hafner der Neuzeit in der Rudolfstraße 6, Tulln an der Donau (Niederösterreich) ................................ 33

Ingeborg Gaisbauer und Doris SchönZwischen Fragestellung und Neuschöpfung – Annäherungen an Facetten/Bruchstücke vergangener städtischer Realitäten ......................................... 41

Eike Gringmuth-DallmerSpuren landwirtschaftlicher Tätigkeiten in mittelalterlichen Städten Berlin-Brandenburgs ................... 51

Elfriede Hannelore HuberDer Löwe ist ein Löwe, auch wenn ihm der Kopf fehlt! Ein erstmals vorgestelltes keramisches Aquamanile aus Wien ............................................................... 61

Herbert KnittlerKleinstadt und Teich. Zu einer topografi schen Beziehung an Beispielen des niederösterreichischen Waldviertels ………….. 69 Heike KrauseDie mittelalterliche Stadtmauer von Wien. Versuch einer Rekonstruktion ihres Verlaufs ..…................ 79

Rudolf ProcházkaGrundzüge der spätmittelalterlichen Grundstückbebauung in Brno (Brünn) ………………………….. 89

Land

Kurt BorsDokumente zur geografi sch-archäologischen Ortswüstungsprospektion in Niederösterreich ................ 101

Peter CsendesBemerkungen zum comitatus Sigifridi marchionis ……………………………….......…...................... 111

Jan van DoesburgMultipurpose pots. The medieval use of ceramic vessels as mousetraps in the Netherlands ………….. 117

Inhaltsverzeichnis

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Hajnalka HeroldThe Avar Period in Settlement and the Ceramic Finds from the Cemetery in Zillingtal, Burgenland, Eastern Austria …...……................................................. 131

Tomáš KlírAgrarsysteme des vorindustriellen Dorfes. Zur Interpretation mittelalterlicher Ortswüstungen im Niederungs- und Mittelgebirgsmilieu ............... 139 Philippe MignotThe archaeology of a medieval parish cemetery in a rural area: The church at Froidlieu (Wellin, province of Luxemburg) ………………………………..................... 159

Elisabeth NowotnyLändliche Siedlungen im frühen Hochmittelalter – ausgehend vom Fallbeispiel des nordwestlichen Weinviertels ................................................................ 169

Sandra SamDie Bedeutung der archäologischen Feldforschung von Sabine Felgenhauer-Schmiedt für die Museumslandschaft des nördlichen Waldviertels ........................................................................ 183

Rainer SchregWürzbach – ein Waldhufendorf im Nordschwarzwald ............................................................................ 189

Haio ZimmermannDas angezogene Haus. Behang an Hauswänden und Zäune aus Stroh und Reet – archäologisch, ethnografi sch, ikonografi sch betrachtet ........................................................................... 203

Burg und Schloss

Renate JernejArchäologische Beobachtungen am Petersberg in Friesach .................................................................... 217

Karin Kühtreiber und Michaela PopovtschakVerloren – Gefunden. (Archäobotanische) Einblicke zum Alltagsleben in der hochmittelalterlichen Burg Dunkelstein .......... 221

Thomas Kühtreiber und Josef WeichenbergerUnterirdische Gänge auf Burgen – eine Spurensuche ............................................................................. 237

Manfred LehnerDie hochmittelalterliche Burg als Kontinuitätsfaktor in Ex-Karantanien ............................................... 249

Christina SchmidEine bisher unbeachtet gebliebene Gruppe kleiner eiserner ‚Löffel’ – Weihrauchlöffel, Salbenlöffel, Backpfännchen, Besteckset oder ...? ...................................................... 261

Christine SchwanzarWohnung und Amtsräume des kaiserlich-königlichen Cameral-Zahlmeisters im Linzer Schloss, sowie einige Befunde aus der Zeit nach dem Brand vom 15. August 1800 .……................................... 275

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Kloster, Kirche und Bestattungsplatz

Armand Baeriswyl und Daniel GutscherDas Doppelkloster der Augustiner-Chorherren und Stiftsdamen von Interlaken im Berner Oberland – Zeuge der habsburgischen Alpenpasspolitik ........................................................................................... 285

Felix Biermann, Katrin Frey und Cornelius MeyerErste Einsichten zur Baugestalt des uckermärkischen Zisterzienserinnenklosters Seehausen ................ 295

Silvia MüllerEin arpadenzeitliches Einzelgrab aus Hainburg-Teichtal ........................................................................ 309

Thomas PototschnigNeue Erkenntnisse zur Filialkirche Sankt Georg in Kindberg/Steiermark .............................................. 317

Gabriele Scharrer-LiškaVorläufi ge Überlegungen zu keramischen Grabbeigaben im awarenzeitlichen Gräberfeld von Frohsdorf, Niederösterreich .......................................................... 323

Produktion und Austausch

Alexandrine EibnerIm Zeichen der Macht – Die Insignie ...................................................................................................... 329

Gerald Volker Grimm und Bernd PäffgenDie angebrannte Schongauerin – Anmerkungen zu einem zur Herstellung von Backwerk umgenutzten Tonmodel der Mitte des 16. Jahrhunderts aus Schongau im Pfaffenwinkel/Oberbayern ......................................... 345

Stefan Krabath„Wiener Weinkrüge“ aus Bad Muskau – Produktion und Absatz von Keramik aus der Neißeregion bei Bad Muskau im 19. Jahrhundert ........... 355

Jiří MacháčekKlappwaagen, Gewichte und Münzen. Eine Studie zum mährischen-niederösterreichischen Grenzraum im frühen Mittelalter ......................... 365

Hans-Georg StephanMittelalterliche Waldglashütten im Weserbergland. Neue Forschungen zu den Anfängen der Technologie des europäischen Holz-Asche-Glases in der Karolingerzeit und zu einer Hüttenlandschaft des 15. Jahrhunderts an der Oberweser ................ 377

Claudia TheuneGoldbergbau im Gasteiner Tal ................................................................................................................. 395

Anschriften der Autorinnen und Autoren …………………................................................................... 405

EinleitungWestlich des Ortskerns von Kindberg liegt, auf einer steil ins Mürztal abfallenden Anhöhe die ehemalige Filialkirche zum heiligen Georg, die sogenannte Geor-gibergkirche. Die Anhöhe ist durch einen Sattel mit dem über 1000 Meter hohen Lammkogel verbunden. Es befi ndet sich neben dem Kirchenbau ein Bauernhof auf der Anhöhe.Auf dem höchsten Punkt steht die ehemalige Kirche, deren Bau sich heute im Stil der Gotik wohl aus dem 15. Jh. zeigt.1 Im Außenbereich der Kirche wurden in den Jahren 1995-1998 archäologische Grabungen vom Universalmuseum Joanneum durchgeführt. Die Auswertung dieser Grabung konnten aus mannig-faltigen Gründen bis heute nicht vorgelegt werden. Dankenswerterweise wurden die wichtigsten Ergeb-nisse in einem Abschlussbericht, den Grabungsleiter W. Artner und seine Stellvertreterin U. Hampel 1999 publiziert haben, zusammengefasst.2 Eine Erkenntnis der Grabung war die Aufdeckung einer nicht bekannten Burgstelle. 2005 erwähnte M. Lehner in seinem Artikel „Die Archäologie als Korrektiv von Bau-, Kunst- und Kirchengeschichte anhand steirischer Beispiele“3 die Grabung im Bereich der Kirche. Er hält in der Einführung fest, dass die Archäologie innerhalb jener Geschichtswissenschaften die sich mit dem Feld Spätantike-Mittelalter auseinandersetzen oft als Hilfs-wissenschaft angesehen wird und wenn überhaupt nur „interessante Ergänzungen hinzuzufügen hat“.4 Diese Kritik Lehners wurde vom Verfasser und der Kunsthistorikerin M. Küttner zum Anlass genommen, das Bauwerk einmal interdisziplinär „unter die Lupe“ zu nehmen. Die neuen Erkenntnisse sollen in diesem Artikel dem interessierten Fachpublikum vorgestellt werden.5

Historischer AbrissDie Kirche zum heiligen Georg wird das erste Mal am 13. August 1232 in einer in Krieglach im Mürztal ausgestellten Urkunde erwähnt. In dieser Urkunde schlichtet Erzbischof Eberhard II von Salzburg einen Streit zwischen Otakar von Murce und dem Spital am Semmering. Hierbei geht es um die zum Zeitpunkt beste-henden Kirchen im Mürztal und deren Aufteilung.6 Die

1 Dehio Steiermark 1982, 219.2 Artner/Hampel 1999.3 Lehner 2005, 167.4 Lehner 2005, 163.5 Herzlichen Dank an M. Küttner, die jederzeit für Fragen zur Romanik in der Steiermark offen ist.6 Schöberl 2008, 78, 82, 106.

Kirche wurde nach dem Historiker H. Pirchegger Besitz der Hochfreien von Kindberg; Rudolf, der letzte des Geschlechts, vermacht das Gotteshaus samt Inventar vor 1224 dem Spital am Semmering .7 Sie wird explizit als s. Georgius in monte erwähnt, die Pfarrkirche als nova Ecclesia.89 Somit ist die Georgibergkirche schon vor dem Ausstellungsdatum der Urkunde bekannt und sicherlich älter als die Pfarrkirche. K. Schöberl geht davon aus, dass die Kirche, wie auch die entdeckte Burg im letzten Drittel des 12. Jhs., ca. 1170 erbaut wurde.10 Im Spätmittelalter gibt es kaum Nachrichten über diesen sakralen Bau. Im 15. Jh. verliert die Kirche an Bedeutung und gibt immer mehr Aufgaben an die Pfarrkirche im Markt ab.11 Während der Reformation wurden vermehrt Messen nach dem reformierten Ritus in der Kirche abgehalten. 1603 wird im Grund- und Zehenturbar der Pfarre Kindberg erwähnt, dass der Bauer am St. Georgenberg die Abgaben dem Pfarrer schuldig bleibt, dafür aber das Geläut der Kirche zu besorgen hat.12

Das Innere des Gotteshauses wurde im17. Jh. baro-ckisiert. 1722 konnte ein von J. M. Löger gefertigter neuer Hochaltar13 sowie zwei Statuen der Heiligen Patritzi und Donadi angeschafft werden.14 Der neben der Kirche gelegene, heute noch bestehende Bauernhof war noch bis 1174 von einem Priester bewohnt.15 Im

7 Artner/Hampel 199, 62.8 Lehner 2005, 167.9 Artner/Hampel 1999, 62.10 Schöberl 2008, 107.11 Schöberl 2008, 304.12 Schöberl 2008, 203.13 Schöberl 2008, 297. Der Altar befi ndet sich heute in Köln.14 Schöberl 2008, 306.15 Ebd.

Neue Erkenntnisse zur Filialkirche Sankt Georg in Kindberg/Steiermark

Thomas PototschnigWien

Abb. 1. Ansicht der Kirche von Osten, Postkarte vor 1921 (Privatbesitz G. Pototschnig).

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Rahmen der Josefi nischen Pfarrregulierung wurde die Kirche – als für die Seelsorge nicht mehr notwenig – aufgehoben und profanisiert. Nach wechselnden Besit-zern brannte der hölzerne Dachreiter im Frühjahr 1934 ab und das Gebäude verfi el in der Folge zur Ruine. Die barocke Inneneinrichtung wurde nach dem Zweiten Weltkrieg illegaler Weise ins Ausland verkauft. Seit 1993 ist ein Verein Eigentümer der ehemaligen Kirche, der sich sehr engagiert um ihre Erhaltung und Erforschung bemüht.16 So konnte der Bau vor einem weiteren Verfall bewahrt und 1999 ein neuer Dach-reiter aufgesetzt werden.

Der ehemalige SakralbauDas heutige Bauwerk wird generell als einheitlicher spätgotischer Bau angesprochen. 1857 wurde die ehemalige Kirche vom damaligen Landesarchäo-logen C. Haas aufgesucht und auf Grund stilistischer Merkmale in das ausgehende 15. Jh. datiert.17 Der nach Süden ausgerichtete Bau besteht aus einem drei-jochigen Langhaus, welches drei unterschiedlich hohe Spitzbogenfenster besitzt.18 Links und rechts des einge-schnürten Triumphbogens, welcher das Bindeglied zum Chor bildet, befi nden sich gemauerte Altartische. Der Chor ist einjochig und mit 3/8-Schluss ausgeführt. Alle drei Seiten des Abschlusses besitzen Spitzbogen-fenster, zwei Seiten haben Nischen unter den Fenstern. In der Mitte des Chores steht ein weiterer gemauerter Altartisch direkt auf dem anstehenden Augengneis. Im Zuge der Umbaumaßnahmen im 18. Jh. wurden links und rechts des Chors kleine Oratorien ergänzt, die mit auskragenden Fenstern versehen sind.19 Die im Westen an den Chor angebaute Sakristei wurde im 20. Jh. innen teilweise neu verputzt und mit einem Betonboden versehen. Die Doppelempore an der Nordseite der Kirche ist der immobile Rest der Innenausstattung. Es handelt sich um eine im Zuge der Barockisierung des Kirchenbaus angeschaffte Holzkonstruktion.Erschlossen wird das Langhaus durch zwei gotische Türen, eine in der Westwand, eine in der Nordwand. Das Tor in der Nordwand ist als Hauptzugang anzu-sprechen. Sechs Stufen führen in das Innere des Langhauses. Das Westportal hingegen ist von außen ebenerdig erschlossen. Die Holztüre ist mit Eisenblät-tern beschlagen. Unter den Eisenblättern fi ndet sich die Jahreszahl MDCXXXXVII.20

Außen zeigt sich das Gebäude heute einheitlich als Steinbau mit gelblichen Putzresten und partiell erhal-tener, weißgetünchter Fassadengliederung. An der Westseite befi ndet sich rechts vom Portal ein gemau-erter Altartisch, der wohl einen Außenaltar getragen

16 Da die Kirche in der Heimatgemeinde des Verfassers liegt, ist es für ihn nicht nur wissenschaftliches sondern auch privates Interesse, mehr über das Bauwerk und die Fundstelle herauszufi nden.17 Haas 1858, 158.18 Vgl. Tritthart/Wonisch/Zechner 1994.19 Tritthart/Wonisch/Zechner 1994, 7.20 Dehio Steiermark 1982, 219.

hat. Die Nordwand der Kirche besitzt neben dem Tor noch ein Rundfenster, welches für Licht im Kirchen-raum sorgt.An der Ostseite des Chores ist der Einbau des kleinen Oratoriums ersichtlich. Hier wurde zwischen zwei Pfeilern nachträglich eine Bruchsteinmauer mit Ziegel-fragmenten aufgezogen. Westlich des Chores befi ndet sich die Sakristei, die eine Tür an der Südwand sowie zwei barocke Fenster an der Westwand besitzt.

Archäologische GrabungenDie archäologischen Ausgrabungen des Universalmu-seums Joanneum wurden von 1995 bis 1998 durchge-führt. Der Grund für die Grabungen waren dringend notwendige Drainagierungs- und Blitzschutzarbeiten, die größere Eingriffe in den Boden unabdingbar machten. Ziel war es, im bis dahin kaum erforschten Mürztal eine größere Grabung durchzuführen, um mehr über jenes, verkehrsgeografi sch wichtige, Tal herauszufi nden. Da die Kirche älter als die erste urkundliche Erwähnung ist (sie wurde vor 1224 dem Spital am Semmering vermacht),21 auf einem markanten geografi schen Punkt im mittleren Mürztal erbaut wurde und die sie umgebende Fläche frei ist, erschienen Grabungen besonders erfolgversprechend.Der älteste Nachweis menschlicher Anwesenheit auf der Anhöhe ist ein Fragment einer Knickwandschüssel aus der Kupferzeit, welche vom Ausgräber in die Lasinjakultur gestellt wird und nördlich der Kirche in einer prähistorischen Schicht beobachtet wurde. Des Weiteren konnten auf mehreren Grabungsfl ächen Schichten mit nicht eindeutig zuordenbarer prähisto-rischer Keramik ergraben werden.Der nächste Nachweis auf Besiedelung des Nahbe-reichs der Kirche ist eine römische Spolie, die im Inneren der Kirchen eingemauert war und sich seit

21 Artner/Hampel 199, 62.

Abb. 2. Grundrissplan der Kirche aus Tritthart/Wonisch/Zechner 1994, 13 (mit freundlicher

Genehmigung DI Zechner).

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Mitte des 20. Jhs. im Universalmuseum Joanneum befi ndet. Der Stein datiert in die erste Hälfte des 2. Jhs. Es handelt sich um den Teil eines römischen Grabbaus, der eine weibliche Figur zeigt.22

Aus dem Frühmittelalter stammen zehn Bestattungen, welche westlich des Chores und westlich des Lang-hauses gefunden wurden. Vor allem jene Bestattungen westlich des Chores waren teilweise in den anste-henden Augengneis eingetieft. Eine Bestattung an der Westseite des Langhauses hatte als Beigabe einen Kopfschmuckring aus Bronze, der in das ausgehende 10., beginnende 11. Jh. zu datieren ist (Köttlach II).23 Die Bestattungen beschränken sich auf den Nahbe-reich der Kirche, in Richtung Norden konnten keine weiteren Gräber entdeckt werden.Im Bereich nördlich der Kirche wurde eine bis dahin unbekannte Burgstelle gefunden. Die Burgreste liegen am Sattel, der den Übergang von der Rückfallkuppe, mit der Kirche darauf zum Lammkogel bildet. In den Schnitten konnte eine 2,20 m starke, teilweise noch drei-lagige L-förmige Mauer dokumentiert werden, deren Außenmaße mit mindestens 11,5 × 7,5 m anzunehmen sind. Der Verlauf der Mauer reicht vom Stadel des heute noch bewirtschafteten Bauernhofs, durch welchen die Grabungsfl äche im Westen begrenzt wurde, über die

22 Schöberl 2008, 63 f.23 Artner/Hampel 1999, 63f .

nordöstliche Ecke der Kuppe bis an die östliche Flanke. Im Süden dürfte an die Mauer eine Holzkonstruktion angeschlossen gewesen sein. An der Außenseite der Mauer wurde eine Schicht mit romanischer Keramik, sowie eine Planierung, die mittels der enthaltenen Keramik in das 11. bis 12. Jh. datiert werden kann, festgestellt. Im Innenbereich wurden Fragmente von hochromanischen Reliefkacheln, unter anderem eine mit der Darstellung eines Greifens gefunden.24 Direkt an der Nordmauer des Langhauses wurde ein Funda-mentgraben mit einer einphasigen Fundamentmauer des Kirchenbaus aus dem 15. Jh. beobachtet.25

Eine Bestattung an der Ostseite des Chores kann aufgrund der stratigraphischen Zuordnung zwischen Errichtung der gotischen Kirche und der Barockisie-rung derselben eingeordnet werden.Die Erkenntnisse der Grabungen zeigen, dass es seit dem 4. Jt. v. Chr. erste Siedlungsreste auf der Anhöhe gab. Im 10. Jh. bestand ein Gräberfeld; solche sind in diesem Raum ausschließlich im Zusammenhang mit Eigenkirchen und/oder Eigenhöfen mit Bestattungs-recht zu sehen. Für das Hochmittelalter konnte eine nicht bekannte Burgstelle aufgedeckt werden, die auch im heutigen Forschungsstand keine Vergleiche in der Steiermark hat.26 Die Burgstelle ist im 14. Jh nicht mehr nachweisbar,27 dieser Wehrbau ist allerdings bei Überlegungen zu der Verortung der 1168 genannten Altburg Kindberg, Chindeberc bezeichnet, mit einzu-beziehen.28 Die Burg ist laut Urkunden 1266 oder 1267 durch ein schweres Erdbeben zerstört worden und nicht wieder errichtet worden.29

Das romanische PortalAuffallend ist eine Lücke in den archäologischen Quellen vom 13. Jh. weg bis in die beginnende Neuzeit. Einerseits konnte archäologisch nachgewiesen werden, dass der Platz des Kirchenplateaus bereits frühzeitig besiedelt war und dort im Hochmittelalter eine Burganlage stand. Auch die urkundlichen Quellen mit der ersten Kirchennennung 1232 sowie das Patrozinium des hl. Georg sprechen für einen hochmittelalterlichen, romanischen sakralen Bau, der wohl einst der Burg als Kapelle gedient hat. Ande-rerseits wird der Kirchenbau generell als einheitliche gotische Anlage des 15. Jhs. angesehen.In diesem Zusammenhang ist vor allem ein kleines heute noch erhaltenes architektonisches Detail, eine Türöff-nung in der Westwand des Chores, welche die Sakristei mit dem Chor verbindet, von besonderem Interesse. Der Chor wird in das 15. Jh., die Sakristei aufgrund von Putzanschlüssen im Dachraum in die Mitte des 18. Jhs. datiert.30 Ob es sich nur um einen Dachum- oder Ausbau

24 Artner/Hampel 1999, 66.25 Ebd.26 Artner/Hampel 1999, 66.27 Artner/Hampel 1999, 68. 28 Lehner 2005, 167; Schöberl 2008, 86.29 Schöberl 2008, 113.30 Tritthart/Wonisch/Zechner 1994, 7.

Abb. 3. Das romanische Portal (Foto: M. Küttner, Graz).

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im 18. Jh. gehandelt hat und die Bausubstanz darunter älter ist, konnte nicht geklärt werden.Zwischen der Sakristei und dem Chor befi ndet sich ein rundbogiges kleines Portal, welches mittels eines eisernen Türblattes verschlossen werden kann. Das mit Kreuzbeschlag versehene Türblatt wird von M. Zechner in das 17. Jh. datiert,31 was zeitlich sehr gut zur Barockisierungsphase der Kirche passen würde. Allerdings schließt das Türblatt gerade ab, die Öffnung hingegen rundbogig.Die Türöffnung zwischen den beiden Räumen besteht aus sieben Steinstücken, die dicht vermörtelt sind. Die Laibung links und rechts besteht aus jeweils zwei hoch-kant stehenden Steinen, der Bogen aus zwei Steinen. Die Türschwelle ist ebenfalls aus einem Stein gefertigt.Auf der linken Seite, bei Blick von der Sakristei in den Chor befi nden sich zwei eiserne Angeln, in denen das Türblatt hängt, auf der rechten Seite befi ndet sich eine Falle für das nicht mehr erhaltene Schloss. Die Chor-seite ist mit einem leicht rosa gefärbten Putz versehen, welcher sich sowohl im Chor als auch im Langhaus des ehemaligen Sakralgebäudes nachweisen lässt. Hierbei handelt es sich um den im Zuge der Barockisierung der Kirche angebrachten Wandputz. Nur im unteren Bereich ist das Portal steinsichtig. Auf der Sakristei-seite ist Stein sowie Malerei sichtbar. Auf dem rechten Bogensegment sind spärliche Reste von in dicken, roten Linien gezogener Fugenstrichmalerei erhalten. Zu sehen ist ein annähernd vertikal verlaufender Strich, von dem aus zwei Striche im 90° Winkel weggehen. Die rote Farbgebung ist noch sehr gut erhalten.Aufgrund der Form und der Malerei kann das Portal als romanisch angesprochen werden und wohl in das ausgehenden 12. oder beginnende 13. Jh. datiert werden. Wenn sich dieses Portal noch an der Original-stelle befi ndet, so ist dieser Teil als der älteste bekannte Bereich der Kirche anzusprechen. Es ist anzunehmen, dass ein möglicher Vorgängerbau im Bereich des heutigen Chores zu fi nden ist. Dafür spricht auch eine Bestattung im Inneren des Langhauses, deren Torso unter dem Fundament der Kirche liegt.32 Dies würde aber auch bedeuten, dass es vom 12. Jh. an (so wie in den Urkunden erwähnt) bis heute einen Bau an dieser Stelle gibt. Aufgrund von Form und Stil des Portals, sowie aufgrund der Malerei ist die Türe eher dem sakralen Bereich zuzuordnen. Das Portal könnte aber auch nach dem Erdbeben von 1266/67 von einer anderen Stelle am Berg an diese Stelle gebracht worden sein. In der Urkunde wird allerdings nur die Zerstörung der Burg, nicht aber die Zerstörung der Kirche erwähnt.Die Beobachtung des romanischen Portals wirft mehr Fragen als Antworten auf. Somit bleibt es spannend am Georgiberg.

31 Tritthart/Wonisch/Zechner 1994, 6.32 Artner/Hampel 1999, 67.

ZusammenfassungWestlich des Ortskerns von Kindberg liegt auf einer steil ins Mürztal abfallenden Anhöhe die ehemalige Filial-kirche zum heiligen Georg, die sogenannte Georgiberg-kirche. Der Bau zeigt sich heute im Stil der Gotik wohl aus dem 15. Jh.33 Im Außenbereich der Kirche wurden in den Jahren 1995-1998 archäologische Grabungen vom Universalmuseum Joanneum durchgeführt. Die Auswertung dieser Grabung konnten aus manigfaltigen Gründen bis heute nicht vorgelegt werden. Dankenswer-terweise wurden die wichtigsten Ergebnisse in einem Abschlussbericht, den Grabungsleiter W. Artner und seine Stellverteterin U. Hampel 1999 publiziert haben, zusammengefasst.34 2005 erwähnte M. Lehner in seinem Artikel „Die Archäologie als Korrektiv von Bau-, Kunst- und Kirchengeschichte anhand steirischer Beispiele“35 die Grabung im Bereich der Kirche. Er hält in der Einführung fest, dass die Archäologie innerhalb jener Geschichtswis-senschaften die sich mit dem Feld Spätantike-Mittelalter auseinandersetzen oft als Hilfswissenschaft angesehen wird und wenn überhaupt nur „interessante Ergänzungen hinzuzufügen hat“.36 Diese Kritik Lehners wurde vom Verfasser und der Kunsthistorikerin M. Küttner zum Anlass genommen, das Bauwerk einmal interdisziplinär „unter die Lupe“ zu nehmen. Die neuen Erkenntnisse werden in diesem Artikel vorgestellt.

SummaryThe former fi lial church of St. George, the so-called Georg-iberg Church, stands on a mound above a steep drop to the Mürz valley west of central Kindberg. It is a Gothic building, which appears to date to the 15th century.37 Archae-ological excavations by the Joanneum Museum took place beside the church between 1995 and 1998. The results of the excavations have not been published to date for various reasons, but thankfully the most important conclusions were summarised in a fi nal report published by site supervisor W. Artner and his deputy U. Hampel in 1999.38 M. Lehner mentioned the excavation beside the church in his article “Archaeology as a corrective to Building, Art and Church history on the basis of examples from Styria” in 2005.39 In his introduction, he wrote that among those historical sciences interested in the Late Antique and Medieval periods, archaeology was often seen as an auxiliary science capable only of “providing interesting additional data”.40 Lehner’s critique prompted this author and the art historian M. Küttner to examine the building closely in an interdisci-plinary fashion. The new results are presented in this article.

33 Dehio Steiermark 1982, 219.34 Artner/Hampel 1999.35 Lehner 2005, 167.36 Lehner 2005, 163.37 Dehio Steiermark 1982, 219.38 Artner/Hampel 1999.39 Lehner 2005, 167.40 Lehner 2005, 163.

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Artner/Hampel 1999W. Artner/U. Hampel, die Ausgrabungen des Landesmuseum Joan-neum in Kindberg-St. Georgen 1995-1998. Ein Vorbericht. Arch. Österreich 10/1 1999, 62-65.

Dehio Steiermark 1982Die Kunstdenkmäler Österreichs: Steiermark (ohne Graz) (bearb. von K. Woisetschläger/P. Krenn) Dehio-Handbuch (Wien 1982).

Haas 1858C. Haas, Übersicht der vorzüglichen Denkmale Kirchl. Architect. in Steiermark, Mitt. Hist. Ver. Steiermark (Graz 1858).

Lehner 2005M. Lehner, Die Archäologie als Korrektiv von Bau-, Kunst- und Kirchengeschichte anhand steirischer Beispiele, Beitr. Mittelalter-arch. Österreich 21, 163-172.

Schöberl 2008K. Schöberl, Kindberg vom Anbeginn bis 1918 (Kindberg 2008).

Tritthart/Wonisch/Zechner 1994R. Tritthart/B. Wonisch/M. Zechner, Bauaufmass, Dokumentation, Bauforschung, Georgibergkirche bei Kindberg in der Steiermark.(Graz 1994).

Literatur