fmea

7
PS Qualitätsmanagement FMEA Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse Harald Panhofer

Upload: r-k

Post on 31-Oct-2014

136 views

Category:

Documents


2 download

DESCRIPTION

Fehler Moeglichkeit und Einfluss Analyse, Methodik um die Auswirkungen von Fehler in einem Projekt, Fabikation etc zu untersuchen.

TRANSCRIPT

Page 1: FMEA

PS Qualitätsmanagement

FMEA

Fehlermöglichkeits- und

Einflussanalyse

Harald Panhofer

Page 2: FMEA

1 Einleitung 1

1 Einleitung

Die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse (englisch: Failure Mode and Ef-fects Analysis) ist eine Methode, die sich mit der Erkennung und Behandlung von potentiellen Fehlern beschäftigt. Im Rahmen des Qualitätsmanagements wird die FMEA verwendet, um das entstehende Risiko durch das Auftreten von Fehlern zu minimieren. Dabei werden potentielle Fehler in Systemen, Konstruk-tionen und Prozessen analysiert und Maßnahmen definiert, um diese so früh wie möglich zu entdecken.

Der Zusammenhang zwischen den Kosten für die Beseitigung von Fehlern und dem Zeitpunkt der Entdeckung ist in Abbildung 1 dargestellt. Die Zehnerregel1 besagt, dass sich die Kosten von einem Prozessschritt zum nächsten verzehn-fachen. Aus diesem Grund folgt die FMEA der Idee einer präventiven Fehler-verhütung anstelle einer nachträglichen Erkennung bzw. Korrektur.

Produkt- planung

Produkt- bewertung

Produkt-analyse

Beschaffung/Fertigungung

Nutzung

Hersteller Kunde

Entdeckung/ Beseitigungbeim Kunden

Entdeckung vorAuslieferung

Fehlerermittlung/ Fehlervermeidung

€ 10 € 0,10 € 1

> € 100

Kosten/Fehler

Abbildung 1: Die Zehnerregel der Fehlerkosten (Quelle: Tietjen, Seite 41)

Zur Erreichung dieser Zielsetzung ist es sinnvoll geeignete Maßnahmen bereits in den frühen Phasen des Produktentstehungsprozesses zu setzen. Im Rahmen von Entwicklung, Konstruktion und Planung wird vor allem bei Neuentwicklun-gen von Produkten, Sicherheitsteilen oder neuen Fertigungsverfahren bzw. Än-derungen von Prozessen besonderes Augenmerk auf die Entstehung und Ver-meidung von Fehlern gelegt.2

1 Vgl. Tietjen(2003), Seite 41 2 Vgl. Kaminske(2006), Seite 73

Page 3: FMEA

2 Arten der FMEA 2

2 Arten der FMEA

Abhängig von den unterschiedlichen Hierarchieebenen der Anwendung erfolgt eine Einteilung der FMEA in drei Arten. Die klassische Unterscheidung geht von einer System-FMEA, einer Konstruktions-FMEA und einer Prozess-FMEA aus. Die Erkenntnisse aus der Untersuchung auf Systemebene dienen als Basis der Konstruktions-FMEA, deren Ergebnisse wiederum in die Betrachtungen auf Prozessebene einfließen. In der Folge von Ursache und Wirkung gibt es bei den unterschiedlichen FMEA Arten eine hierarchische Verschiebung, bei der die Fehlerursache zur Fehlerart und die Fehlerart zur Fehlerauswirkung in der nachfolgenden Untersuchung wird.3

2.1 System-FMEA

Die Betrachtungen auf Systemebene werden in den frühen Phasen der Pro-duktentwicklung durchgeführt, um innerhalb der Produktkonzeption mögliche Fehler oder Schwachstellen zu identifizieren und das Zusammenwirken der Systemkomponenten zu gewährleisten. Die Untersuchungen basieren dabei auf Funktionsdiagrammen, Konzeptentwürfen oder Schaltplänen. Mit Hilfe der Sys-tem-FMEA wird das Verhalten eines Systems aufgrund möglicher Fehlfunktio-nen einzelner Systemkomponenten ermittelt. Das Hauptaugenmerk liegt dabei in der Gewährleistung der Systemsicherheit, der Zuverlässigkeit und der Einhal-tung von gesetzlichen Vorschriften.4

Aufgrund von Erfahrungen aus der Anwendung in der Automobilindustrie wurde die FMEA weiterentwickelt. Die Konstruktions-FMEA wurde in Richtung System FMEA-Produkt erweitert, um Fehler auf Bauteilebene im Zusammenhang sämt-licher Bauteile eines Produktes zu betrachten. Die System FMEA-Prozess, als Weiterentwicklung der Prozess-FMEA, behandelt die Analyse des gesamten Prozesses anstelle möglicher Fehler in Teilprozessen.

2.2 Konstruktions-FMEA

Im Zuge der Konstruktions-FMEA werden einzelne Produkte oder Bauteile auf potentielle Schwachstellen in der Gestaltung oder Auslegung analysiert. Die Untersuchungen zur Vermeidung von Entwicklungsfehlern bzw. konstruktiv be-einflussbaren Prozessfehlern basieren auf Stücklisten und Konstruktionszeich-nungen. Das Ziel der Analyse ist ein aus konstruktiver Sicht einwandfreier Ent-wurf, bei dem alle denkbaren Fehler berücksichtigt wurden und deren Eintreten durch geeignete Maßnahmen verhindert wird. Das Ergebnis der Konstruktions-FMEA sollte ein fehlerfreies Produkt sein.5

3 Vgl. Tietjen(2003), Seite 19 4 Vgl. Tietjen(2003), Seite 27 5 Vgl. Tietjen(2003), Seite 26

Page 4: FMEA

2 Arten der FMEA 3

2.3 Prozess-FMEA

Basierend auf den Ergebnissen der Konstruktions-FMEA wird versucht pro-zessbedingte Fehler zu eliminieren. Im Rahmen der Prozess-FMEA sind Eig-nung, Sicherheit des Herstellungsverfahrens, Qualitätsfähigkeit und Prozess-stabilität zu betrachten. Mögliche Untersuchungsgegenstände können sämtliche Produktionsprozesse und innerbetriebliche Abläufe sein. Im Fokus der Untersu-chungen stehen Fertigungsprozesse, es ist jedoch möglich auch andere Pro-zesse wie Montage, Lagerhaltung oder Versand zu analysieren.6

Fehlerfolge Fehlerart Fehlerursache

System-FMEA Motor startet nicht Anlasser defekt Ankerwelle gebrochen

Konstruktions-FMEA

Anlasser de-fekt

Ankerwelle gebrochen

Zu hohe Pressung/ Ein-schnürung der Welle

Prozess-FMEA Ankerwelle gebrochen

Zu hohe Pres-sung/ Einschnü-rung der Welle

Fertigungstoleranzen, Fügeart, etc.

Tabelle 1: Zusammenhang von FMEA-Arten (Quelle: Tietjen, Seite 26)

Der Zusammenhang der einzelnen FMEA-Arten am Beispiel eines Anlassers für ein Kraftfahrzeug ist in Tabelle 1 dargestellt. Die Beziehungen von Ursache und Wirkung der einzelnen FMEA-Arten werden dadurch verdeutlicht. Die Fehlerur-sache „Ankerwelle gebrochen“ der System-FMEA wird zur Fehlerart der Kon-struktions-FMEA und bildet als Fehlerfolge den Ausgangspunkt der Untersu-chungen auf der Prozessebene. Mit fortschreitender Produktentwicklung geht die System-FMEA in die Konstruktions-FMEA und Schließlich in die Prozess-FMEA über.

In der Praxis hat sich jedoch die klare Trennung in die drei Bereiche System, Konstruktion und Prozess als nicht sinnvoll erwiesen, da Produkte und Prozes-se sehr komplex sein können und die Fehlerbeseitigung in einem Bereich neue Fehler in anderen Bereichen zur Folge haben kann. Die Einhaltung der Reihen-folge der Untersuchungen bedingt, dass die Auswirkungen von übersehenen Fehlerquellen während des Konstruktionsprozesses nicht mehr in die System-FMEA einfließen können. Erst eine spätere Prozess-FMEA würde die eigentli-che Fehlerquelle aufdecken. Diese Probleme werden mit dem Ansatz der Sys-tem FMEA-Produkt und System FMEA-Prozess vermieden, da ein System be-trachtet wird, welches ein entweder ein Produkt oder ein Prozess sein kann.

6 Vgl. Tietjen(2003), Seite 26

Page 5: FMEA

3 Durchführung der FMEA 4

3 Durchführung der FMEA

Zur Erstellung einer FMEA wird ein FMEA-Team gebildet, das aus Mitarbeitern aller betroffenen Abteilungen besteht, um eine gemeinsame Betrachtung aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu gewährleisten. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Prozess der Moderator bzw. Teamleiter, der alle Ergebnisse zusam-menführen und dokumentieren muss. Anhand eines FMEA-Formblatts soll das Team folgende Fragen beantworteten:7

• Wo könnte ein Fehler auftreten?

• Wie würde sich der Fehler äußern bzw. wie tritt der Fehler auf?

• Was für eine Fehlerfolge könnte sich einstellen?

• Warum kann der Fehler/ die Fehlerfolge auftreten?

Die Durchführung der FMEA folgt einer vorgegebenen Systematik, bei der die Ergebnisse in schriftlicher Form festgehalten werden. Das verwendete Schema kann in vier Blöcke unterteilt werden: Fehleranalyse, Risikobeurteilung, Maß-nahmenvorschläge und Ergebnisbeurteilung. Die einzelnen Abläufe sind fol-gende:8

Systembeschreibung

Im ersten Schritt erfolgt die Abgrenzung und Beschreibung des Systems sowie aller Abläufe. Es kommt zu einer Gliederung in einzelne Systemele-mente (Systeme, Baugruppen und Bauteile) und der Festlegung der einzel-nen Schnittstellen zwischen den Elementen.

Fehleranalyse

Bei der Fehleranalyse werden den einzelnen Systemelementen potentielle Fehler zugeordnet, die als Einschränkung oder Nichterfüllung von System-funktionen definiert sind. Bei der Aufnahme der Fehler kommt es vor allem auf die Behandlung aller vorstellbaren Fehlerarten und nicht deren Auftritts-wahrscheinlichkeit an. Jeder identifizierte Fehler wird auf seine Auswirkung auf angrenzenden Systemelemente bzw. das Gesamtsystem untersucht. Das wichtigste Ergebnis der Analyse der Fehlerfolge ist die Auswirkung des Fehlers auf den Endbenutzer des Produktes.

Im letzten Schritt der Analyse werden alle denkbaren Ursachen, die zu dem beschriebenen Fehler führen können dokumentiert. Anschließend werden Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Entdeckung der einzelnen Fehler und de-ren Ursachen aufgelistet.

7 Vgl. Tietjen(2003), Seite 24 8 Vgl. Kaminske(2006), Seite 75

Page 6: FMEA

3 Durchführung der FMEA 5

Risikobeurteilung

Bei der Risikobeurteilung werden die Wahrscheinlichkeit des Auftretens(A), die Bedeutung der Folgen(B) und die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung(E) der einzelnen Fehler ermittelt. Diese Bewertung der Fehler wird mit Hilfe der Risikoprioritätszahl RPZ berechnet:9

Risikoprioritätszahl RPZ = Wahrscheinlichkeit des Auftretens x Bedeutung der Folgen x Wahrscheinlichkeit der Entdeckung Zur Risikobeurteilung der jeweiligen Punkte dient eine Skala von 1(kein Risi-ko) bis 10 (hohes Risiko), aus denen die Risikoprioritätszahl RPZ berechnet wird. Der Wertebereich, der als Rangfolge für eventuelle Gegenmaßnahmen dient, liegt dadurch zwischen 1 und 1000. Übersteigt die Risikoprioritätszahl einen vorgegebenen Wert (RPZ >125) sollten Verbesserungsmaßnahmen getätigt werden.

Mögliche Fehler

Derzeitiger Zustand

Verbesserter Zustand

Nr.

Art

Ausw

irkung

Ursache

Kontrollm

aß-nahm

en A B E RPZ

Empfohlene Abstellmaß- Nahmen Aktivität

Verantwort- lichkeit Zuständig-keit

Getroffene

Maßnahm

en

A B E RPZ

Konstruktions-komponente Prozessablauf System-komponente

Wahrscheinlichkeit des Auftretens des Fehlers (Fehler kann vorkommen) unwahrscheinlich = 1 sehr gering = 2 – 3 gering = 4 – 6 mäßig = 7 – 8 hoch = 9 –10

Bedeutung des Fehlers (Auswirkungen auf den Kunden) kaum wahrnehmbare Auswirkungen = 1 unbedeutender Fehler, geringe Belästigung des Kunden = 2 – 3 mäßig schwerer Fehler = 4 – 6 schwerer Fehler, Verärgerung des Kunden = 7 – 8 äußerst schwerwiegender Fehler = 9 – 10

Wahrscheinlichkeit der Entdeckung des Fehlers (vor Auslieferung an den Kunden) hoch = 1 mäßig = 2 – 3 gering = 4 – 6 sehr gering = 7 – 8 unwahrscheinlich = 9 –10

Tabelle 2: FMEA-Formblatt (Quelle: Kamiske, Seite 74)

Risikominimierung

Maßnahmen zur Verringerung der Risikoprioritätszahl sollten auf Fehlerver-meidung statt auf Fehlerendeckung zielen. Die Optimierungsreihenfolge soll-te gemäß dem Pareto-Prinzip erfolgen, welches besagt, dass man mit der Lösung von 20% der Probleme bereits 80% des Erfolgs erzielen kann. Mit der Reihung der einzelnen Fehlermöglichkeiten können vorhandene Res-sourcen optimal eingesetzt werden.10

9 Vgl. Kaminske(2006), Seite 75 10 Vgl. Eversheim(2000), Seite 99

Page 7: FMEA

3 Durchführung der FMEA 6

Ergebniskontrolle- und Beurteilung

Die Bewertung der Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen zur Verringerung von Fehlern erfolgt mit Hilfe einer weiteren Risikobeurteilung. Die Risikoprio-ritätszahl vor der Verbesserung wird danach mit der Risikoprioritätszahl des verbesserten Systems verglichen.

Am Ende der Durchführung werden die ausgefüllten FMEA-Formblätter zu Do-kumentationszecken archiviert, um jederzeit Zugriff auf die Ergebnisse der Un-tersuchungen zu haben und das Wissen im Unternehmen weitergeben zu kön-nen. Ein Beispiel für ein FMEA-Formblatt ist in Tabelle 2 dargestellt.

Literatur

EVERSHEIM, Walter: Qualitätsmanagement für Dienstleister, Verlag Springer Berlin,

2000

KAMISKE, Gerd F.; Brauer, Jörg-Peter: Qualitätsmanagement von A bis Z, Verlag

Hanser München, 2006

TIETJEN, Thorsten; Müller, Dieter H.: FMEA Praxis, Verlag Hanser München, 2003