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2. AUGUST 2003 BUNDESUMWEL TMINISTERIUM Zi. ~ -IJJ L #J v-,..; Hintergrundpapier Flut und Dürre -zwei Seiten einer Medaille Vorbeugender Hochwasserschutz und Klimawandel 1. Wetter Extreme Europa stöhnt unter der Hitze. Waldbrände und vertrocknete Felder sind die Folge einer ungewöhnlichen, langanhaltenden Hitzeperiode. Die Niederschlagsarmut der letzten Monate führte zu erheblich niedrigeren Ernteerträgen, die Flüsse führen Niedrigwasser. Welch ein Kontrast zum letzten Jahr. 2003liegt der Wasserstand der EIbe in Dresden knapp 9 Meter unterhalb des Hochwasserscheitels von Mitte August 2002.Die Schiff- fahrt in der EIbe ist nur eingeschränkt möglich. Dank entsprechender Vorsorge durch die Wasserwerke sind Einschränkungen bei der Trinkwasserversorgung allerdings nicht zu erwarten. Extreme Schwankungen in den Niederschlagsereignissen, die Niedrigwasser aber auch Hochwasser zur Folge haben, gehören zum natürlichen Verlauf des Wetters. Niedrig- wasser ist für die Organismen in und an den Gewässern zwar eine extreme Situation. Viele ortsfeste Pflanzen trocknen aus und sterben ab. Niedrigwasser ist ähnlich wie Hochwasser eine immer wiederkehrende Situation, an die sich Pflanzen- und Tierwelt seit Jahrtausenden angepassthaben. Sorgen machen aber vielen Menschen die als gehäuft empfundenen Wetterextreme. Zwar kann nicht jedes Extremwetter mit dem Klimawandel allein erklärt werden, dennoch be- günstigt die globale Erwärmung die Häufung dieser Ereignisse. Experten gehen davon aus, dass es aller Voraussicht nach deshalb künftig in Mitteleuropa zu Häufungen der Extremsituationen kommen kann. Niedrigwasser werden häufiger auftreten, anderer- seits werden intensivere Niederschläge zu höheren Hochwasserwellen führen können. 2. Klimawandel und globale Erwärmung Die globale Erwärmung ist zu einem Gutteil von Menschen verursacht. Weil unsere Wirtschaftsweise nach wie vor auf der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas beruht und dabei massiv Treibhausgase ausgestoßen werden, heizt sich die Erde immer mehr auf. Die Wetterbeobachtungen zeigen, dass die globale Mitteltemperatur im vergangenen Jahrhundert um durchschnittlich 0,6 Grad zugenonunen hat Die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts stellen weltweit das wärmste Jahrzehnt seit 1861 dar. Sieben der zehn weltweit wärmsten Jahre des letzten Jahrhunderts traten nach 1989auf. In dieser Ent- wicklung war bislang 1998 das wärmste und 2002 das zweitwärmste Jahr.

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2. AUGUST 2003BUNDESUMWEL TMINISTERIUM

Zi. ~ -IJJ L#J v-,..;Hintergrundpapier

Flut und Dürre -zwei Seiten einer Medaille

Vorbeugender Hochwasserschutz und Klimawandel

1. Wetter Extreme

Europa stöhnt unter der Hitze. Waldbrände und vertrocknete Felder sind die Folge einerungewöhnlichen, langanhaltenden Hitzeperiode. Die Niederschlagsarmut der letztenMonate führte zu erheblich niedrigeren Ernteerträgen, die Flüsse führen Niedrigwasser.

Welch ein Kontrast zum letzten Jahr. 2003 liegt der Wasserstand der EIbe in Dresdenknapp 9 Meter unterhalb des Hochwasserscheitels von Mitte August 2002. Die Schiff-fahrt in der EIbe ist nur eingeschränkt möglich. Dank entsprechender Vorsorge durch dieWasserwerke sind Einschränkungen bei der Trinkwasserversorgung allerdings nicht zu

erwarten.

Extreme Schwankungen in den Niederschlagsereignissen, die Niedrigwasser aber auchHochwasser zur Folge haben, gehören zum natürlichen Verlauf des Wetters. Niedrig-wasser ist für die Organismen in und an den Gewässern zwar eine extreme Situation.Viele ortsfeste Pflanzen trocknen aus und sterben ab. Niedrigwasser ist ähnlich wieHochwasser eine immer wiederkehrende Situation, an die sich Pflanzen- und Tierweltseit Jahrtausenden angepasst haben.

Sorgen machen aber vielen Menschen die als gehäuft empfundenen Wetterextreme. Zwarkann nicht jedes Extremwetter mit dem Klimawandel allein erklärt werden, dennoch be-günstigt die globale Erwärmung die Häufung dieser Ereignisse. Experten gehen davonaus, dass es aller Voraussicht nach deshalb künftig in Mitteleuropa zu Häufungen derExtremsituationen kommen kann. Niedrigwasser werden häufiger auftreten, anderer-seits werden intensivere Niederschläge zu höheren Hochwasserwellen führen können.

2. Klimawandel und globale Erwärmung

Die globale Erwärmung ist zu einem Gutteil von Menschen verursacht. Weil unsereWirtschaftsweise nach wie vor auf der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas beruht unddabei massiv Treibhausgase ausgestoßen werden, heizt sich die Erde immer mehr auf.

Die Wetterbeobachtungen zeigen, dass die globale Mitteltemperatur im vergangenenJahrhundert um durchschnittlich 0,6 Grad zugenonunen hat Die 90er Jahre des 20.Jahrhunderts stellen weltweit das wärmste Jahrzehnt seit 1861 dar. Sieben der zehnweltweit wärmsten Jahre des letzten Jahrhunderts traten nach 1989 auf. In dieser Ent-wicklung war bislang 1998 das wärmste und 2002 das zweitwärmste Jahr.

ZWEI SEITEN DES KlIMA WNDELsFLUT UND DORRE

Das internationale Gremium der Klimawissenschaft {Intergovernmental Panel on ClimateChange, IPCC) erwartet, dass bis zum Jahr 2100 die globale Erdoberflächentemperatur imDurchschnitt um mindestens weitere 1,4, möglicherweise aber gar um bis zu 5,8 GradCelsius ansteigt. Diese globale Erwärmung hat zur Folge, dass nicht nur der Meeres-spiegel ansteigt (um 9 bis 88 cm), sondern auch dass sich Klimazonen und Nieder-schlagsverteilungen verschieben und dass meteorologischer Extremereignisse {u.a. Tro-ckenperioden, höhere Maximaltemperaturen, mehr Starkniederschläge, weniger Frostta-ge) und damit verbundene Stürme, Überschwemmungen und Dürren zunehmen.

Eine scheinbar paradoxe Konsequenz: Es wird erwartet, dass es gleichzeitig zu mehrDürren und zu mehr Überschwemmungen kommt.

In einer aktuellen Studie über die zu erwartenden Folgen des Klimawandels für dasLand Brandenburg prognostiziert etwa das Potsdamer Institut für Klimafolgenfor-schung, dass Brandenburg bis zum J am 2050 mit bober Wahrscheinlichkeit immer tro-ckener wird, weil die Niederschläge im Jahresmittel abnehmen und in der Folge dieGrundwasserneubildung stark zurückgeht. Gleichzeitig kommt es aber vermehrt zu hef-tigen Starkregenereignissen, sodass auch Hochwassersituationen zunehmen.

Diesem gilt es zu begegnen -durch vorbeugenden Hochwasserschutz und durch eine

aktive Klimapoltik.

3. Markante Hochwasserereignisse der letzten 10 Jahre

Im Dezember 1993 und nur 13 Monate danach im Januar 1995 führte der Rhein Hoch-wasser in einem Ausmaß, wie es im Durchschnitt sonst etwa alle 30 Jahre vorkommtAm deutlichsten in Erinnerung sind die Bilder der Kölner Altstadt, die beide Mal über-flutet wurde. Bezeichnend war allerdings, dass die Schäden in Köln beim zweiten Hoch-wasser, das fast auf den Zentimeter die gleiche Höhe erreichte, nur halb so groß ausfie-len, wie beim ersten Hochwasserereignis. Vom Januar-Hochwasser 1995 waren nebendem Rhein besonders stark die flussgebiete der Maas und der Mosel betroffen.

Im Juli/ August 1997 trat das sogenannte Jahrhundert-Hochwasser an der Oder auf. In-folge einer sogenannten V b- Wetterlage strömte sehr feuchte Mittelmeerluft nach Mittel-europa ein und führte zu äußerst ergiebigen Niederschlägen im Städtedreieck Brunn,Kattowitz, Breslau. Diese Stark-Niederschläge führten vor allem am Oberlaufund an dermittleren Oder in der Tschechischen Republik und Polen zu über 70 Todesopfern und zuSachschäden von etwa 4 Mi11iarden Euro. Aufgrund der Randlage war Deutschland nurin geringerem Maße betroffen, die Schäden vor allem am Oderbruch und in der Zilten-dorfer Niederung werden mit etwa 350 Millionen Euro angegeben.

Bodensee, Oberrhein und die Donau waTen durch staTke Hochwasser 1999 und 2000betroffen. Während die Schäden am Bodensee und am Oberrhein in Grenzen gehaltenwerden konnten, führte ein Deichbruch in Neustadt an der Donau zur Überflutung die-

ser Kleinstadt

Das für Deutschland schadensträchtigste Ereignis trat 2002 hauptsächlich im Elbe-Einzugsgebiet ein. Die Statistiker haben für die EIbe errechnet, dass es sich um ein Jahr-hundert-Hochwasser handelte, für die EIbe-Zuläufe aus dem Erzgebirge um ein Natur-ereignis, das im Durchschnitt seltener als alle 1000 Jahre vorkommt. Auch hier handeltees sich wie 1997 an der Oder um eine sogenannte V b- Wetterlage. 21 Menschen verlorenihr Leben, die unmittelbaren Schäden überstiegen in Deutschland 9 Milliarden Euro.

SEITE 2HTNTFIl(;IlIINDPAPTFIl ZUIl FlUSSREISE 2003

ZWEI SEITEN DES KLIMA WNDELsFLUT UND OORRE

Bund und Länder haben in einer gemeinsamen Kraftanstrengung alles getan, wenigstensdie materiellen Schäden zu kompensieren. Zu diesem Zweck hat der Deutsche Bundes-tag im August 2002 die Errichtung des Fonds "Aujbauhilfe" initiiert und diesen damalsmit einem Vermögen von 7,322 Mrd. Euro ausgestattet. Hiervon stammen 222 Mio. Euroaus dem EU-Solidaritätsfonds.

4. Strategien zum vorsorgenden Hochwasserschutz

Schon das Hochwasser von 1993 am Rhein nahmen Bund und Länder zum Anlass, einegrundlegend neue Strategie für den Umgang mit solchen Naturereignissen zu entwi-ckeln. Diese wurde von der Umweltminister-Konferenz im Jahre 1995 verabschiedet.Grundlage war die Erkenntnis, dass Naturereignisse wie extremes Hochwasser nichtbeherrschbar sind

Daher setzt die Strategie an den Möglichkeiten der Vorsorge zur Schadensminderungeinerseits und der Vermeidung von Hochwasser-Verschärfungen durch menschlicheEingriffe in das Geschehen andererseits an. Technischer Hochwasserschutz durch Deicheund Mauem sollte nur dort durchgeführt werden, wo hohe Sachwerte gefährdet sind.

Diese "Leitlinien fiir einen zukunftsweisenden Hochwasserschutz" wurden dann mit dem 5-Punkte-Programm der Bundesregierung vom 15. September 2002 erweitert und konkre-tisiert. Vorrangiges Ziel dieses Programms ist es, künftig Schäden durch Hochwasser soweit wie möglich zu verringern. Hierbei sind im wesentlichen 3 Richtungen zu verfolgen:

den Flüssen mehr Raum geben1.

Niederschläge dezentral zurückhalten2.

3. die Siedlungsentwicklung besser steuern.

Weiterhin sollen Flussbaumaßnahmen, die die Hochwasser-Situation verschärfen könn-

ten, künftig unterbleiben.

Dieses 5-Punkte-Programm wird derzeit gemeinsam mit den Ländern Zug um Zug um-

gesetzt

Als Konsequenz aus dem Hochwasser am Rhein 1995 wurde das Wasserhaushaltsgesetzdes Bundes 1996 um einige Bestimmungen zum vorbeugenden Hochwasserschutz erwei-tert. Unter anderem wurde vorgeschrieben, dass vorhandene Überschwemmungsgebie-te zu erhalten sind sowie ehemalige Überschwemmungsgebiete so weit wie es möglichist wiedergewonnen werden sollen. Diese ergänzenden Bestimmungen erwiesen sich je-doch wegen ihres Konkretisierungsbedarfes durch die Länder bisher als wenig wirk-sam. In der Raumplanung der Länder wie der Bauplanung der Gemeinden wurden dieseVorgaben vielfach nicht hinreichend berücksichtigt.

Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes

Daher hat die Bundesregierung den Entwu:rf eines Gesetzes zur Verbesserung desvorbeugenden Hochwasserschutzes erarbeitet, das für mehrere Gesetze Ergänzungenim Sinne der Hochwasser- Vorsorge vorsieht:

SEITE 3HINTERGRUNDPAPIER ZUR FLUSSREISE 2003

ZWEI SEITEN DES KL1!1AWNDElSFlUT UND DÜRRE

1. In Überschwemmungsgebieten dürfen künftig grundsätzlich keine neuenBau- und Gewerbegebiete ausgewiesen werden. Grundlage für die Auswei-sung von Überschwemmungsgebieten soll bundesweit mindestens das 100-jährliche Hochwasser sein. Knapp 1 Jahr nach der EIbe-Katastrophe sind Städteund Gemeinden teilweise schon wieder dabei, neue Baugebiete in den Flussau-en zu planen, sogar an der Eibe. Für bestehende Siedlungen soll Lückenschlusszwar möglich bleiben, allerdings müssen die Gebäude gegen Hochwasserschä-den geschützt werden, z.B. durch Verzicht auf Olheizungen.

In den Überschwemmungsgebieten gilt ab dem Jahr 2013 ein grundsätzlichesAckerbauverbot. Ausnahmen davon dürfen die Länder nur gewähren, soweitkeine Erosionsgefahr besteht und die Landwirte Bewirtschaftungsauflagen er-füllen, -etwa eine ganzjährige Bedeckung des Bodens -um Verschmutzungender Gewässer zu vermeiden.

2.

Neu eingeführt wird eine Kategorie "überschwemmungsgefährdete GebietelleDie Vielzahl der Deichbrüche an der EIbe und vor allem an der Mulde machtendeutlich, dass Deiche und Mauern keine absolute Sicherheit bieten. Daher solldas Gesetz eine Verpflichtung an die Länder enthalten, für diese Gebiete eben-falls geeignete Schutzregelungen zu erlassen. Außerdem sollen sie in ihrenRaumordnungs- und Bauleitplänen ebenso wie die Überschwemmungsgebieteals überschwemmungsgefährdet gekennzeichnet werden.

3.

Jeder Einzelne ist verpflichtet, potentielle Schäden so gering wie möglich zuhalten. lm überschwemmungsgefährdeten Gebiet und erst recht im Über-schwemmungsgebiet macht es keinen Sinn, wertvolle Anlagen und Einrichtun-gen in Kellerräumen unterzubringen.

4.

Die Länder sollen dazu verpflichtet werden, für gesamte Flussgebiete Hoch-wasser-Aktionspläne aufzustellen. Hierbei ist entscheidend, das jeweiligeFlussgebiet als Einheit zu sehen, um divergierende Interessen zwischenOber- und Unterlieger auszugleichen.

5.

Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen an Bundeswasserstraßen dürfenkünftig nur so durchgeführt werden, dass negative Auswirkungen auf denHochwasserschutz vermieden werden.

6.

Der Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung des vorbeugenden Hochwasserschutzes gehtnach der erfolgten Abstimmung in der Bundesregierung diese Woche in die Anhö-rung der Länder und Verbände.

6. Wasserbau und Hochwasserschutz

Im 5-Punkte-Programm der Bundesregierung wurde unter anderem festgelegt, Ausbau-planungen und in ihren Auswirkungen vergleichbare Unterhaltungsmaßnahmen aufden Prüfstand zu stellen und ihre Wirkungen auf den Hochwasserschutz neu zu bewer-ten. In der Koalitionsvereinbarung 2002 wurde die noch weitergehende Festlegungen ge-troffen: "Die Funktionsfähigkeit der Wasserstraßen wollen wir ökologisch behutsam si-cherstellen"'.

SEITE 4HINTERGRUNDPAPIER ZUR FlUSSREISE 2003

ZWFI SFITFN DES KLIMA WNDELsFlUT UND DORRE

Donau, EIbe, Saale: Ausbaupläne gestoppt

Als Konsequenz aus dem Jahrtausendhochwasser wurden die Ausbaupläne an, Do-nau. EIbe und Saale überprüft.

Die letzte freifließende Sb'ecke der Donau zwischen Isarmündung und Passau wirdnicht gestaut, die Schiffbarkeit wird durch flussbauliche Maßnahmen gesichert.Nachlangen Widerstand hat Bayern dies inzwischen akzeptiert.

Auf den Bau von Staustufen entlang der Saale wird verzichtet. Der Baueines Saale-Seiten-Kanals wird hinsichtlich seines Bedarfs und seiner Naturverträglichkeit über-prüft. Mittel stehen dafür im Bundesverkehrswegplan nicht vor 2016 zu Verfügung.

Die EIbe, der letzte freifließende Fluss Buropas, wird nicht ausgebaut, der Magde-burger Domfelsen bleibt erhalten. Unterhaltungsmaßnahmen werden zwischen Um-welt und Verkehrsministerium abgestimmt Die untere HaveI soll noch vor 2006 ausdem Netz der Bundeswasserstraßen herausgenommen werden.

Hochwassergerechter Unterhalt

Auch für die Flussunterhaltung muss es künftig andere Maßstäbe geben. Deshalb sollinnerhalb der Bundesregierung eine Leitlinie für künftige Unterhaltungsmaßnahmen anBundeswasserstraßen entwickelt werden, in dem die Belange Verkehr, Hochwasser-schutz und Naturschutz Berücksichtigung finden.

Dabei soll auch die Gewässerökologie als integraler Bestandteil des Planungs- undAusführungsprozesses einbezogen werden und somit von Beginn an auch die Zieleder Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) , der flora-fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) undder Vogelschutz-Richtlinie (VS-RL) der Europäischen Gemeinschaft Zunächst für dieEIbe erstellt soll die Leitlinie anschließend für alle Flüsse des Bundeswasserstra-ßennetzes weiterentwickelt werden.

Neben solchen ökologisch behutsamen Unterhaltungsmaßnahmen sind auch weitereMaßnahmen denkbar, um die Gewässerökologie zu verbessern, ohne die verkehrli-che Nutzung als Schifffahrtsstraße zu beeinträchtigen, wie z. B. die ökologische Op-timierung von Buhnen und Leitwerken, Auflösung von Steinbefestigungen zur Struk-turanreicherung und Redynamisierung degradierter Uferbereiche, das Zulassen vondynamischen Kiesinseln außerhalb der Fahrrinne, die Bildung von Flachwasserzo-nen, Strukturverbesserungen durch Anschluss von Nebengewässern und insbesonde-re die Herstellung der Durchwanderbarkeit für Fische durch funktionsfähige Wan-derhilfen an den Schleusen.

7. Hochwasser-Aktionspläne in einzelnen Flussgebieten

In der Regel erstrecken sich große Flussgebiete auf mehrere Staaten. Daher bedürfen dieHochwasser-Aktionspläne der staatenübergreifenden Abstimmung. Hierin wegweisendwar der 1995 begonnene und im Januar 1998 verabschiedete Aktionsplan Hochwasserder Internationalen Kommission zum Schutze des Rheins.

Dieser Aktionsplan, der die vorgenannten Schutzstrategien konkretisiert, befindet sichderzeit in der UII\Setzung. Dem Beispiel des Rheins folgten die ebenfalls 1998 fertigge-stellten Aktionspläne für die Maas sowie für die Mosel und Saar. Ein entsprechendes

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ZWEI SEITEN DES KlIMA WNDElsFlUT UNO DÜRRE

internationales Aktionsprogramm Hochwasser für die Oder konnte im Dezember 2002

verabschiedet werden.

Aktionspläne für EIbe und Donau

Für die EIbe liegt nun endlich im Rahmen der Internationalen Kommission zum Schutzder EIbe ein Entwurf eines Aktionsplans Hochwasser vor, der im Oktober diesesJahres von der Vollversammlung verabschiedet werden soll.

Seine Ziele sind, in den Hochwasser-Entstehungsgebieten die Niederschläge mÖg-lichst lang zurückzuhalten, in den Talauen den Fluten u.a. durch Deichrückverle-gungen Platz zu schaffen (Erweiterung der Überschwemmungsgebiete um über 10 %in den nächsten 10 Jahren) und die potentiellen Schäden soweit wie möglich einzu-grenzen (Ausweisung der überschwemmungsgefährdeten Gebiete innerhalb von 5Jahren). Weiterhin soll das bestehende System der Hochwasser-Vorhersage erheb-lich verbessert werden (Verlängerung des Vorhersagezeitraums in Dresden von jetzt24 Stunden auf 48 Stunden innerhalb von 2 Jahren).

Wegen seiner vergleichsweise großen Ausdehnung und seiner Vielfalt wird für dasDonaugebiet derzeit ein Hochwasseraktions-Rahmenplan vorbereitet, der in Teilge-bieten konkretisiert werden soll. Der Rahmenplan soll 2004 fertiggestellt werden.

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Rückdeichung und Auen

Der Bund unterstützt die Länder nach Kräften bei den Aufgaben des vorbeugendenHochwasserschutzes. 50 können heute etwa Rückdeichungen auch aus der Gemein-schaflaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) finanziert werden.

Die Renaturierung von Auen dient dem vorbeugenden Hochwasserschutz, zugleichauch der Artenvielfalt. Hierin ergänzen sich Wasserhaushaltsgesetz und Bundesna-turschutzgesetz. So fördert das Bundesumweltministerium beispielsweise mit Mit-teIn aus dem Naturschutz die Auenentwicklung und die Deichrückverlegungen imBiosphärenreservat "Mittlere EIbe" bei Dessau und bei Lenzen im LandkreisPriegnitz mit insgesamt knapp 17 Mi11ionen Euro.

Die zu erwartenden Klimaänderungen werden von der Wissenschaft als Spannen be-schrieben: So wird etwa eine Erwärmung bis zum Jahr 2100 um weitere 1,4 bis 5,8 GradCelsius prognostiziert. Klimapolitik kann man auch als Aufgabe definieren, alles zu tun,um möglichst am unteren Ende der Spannen zu bleiben, damit die Folgen des Klima-wandels für Mensch und Natur noch in erträglichen Grenzen bleiben. Wir wollen si-cherstellen, dass in diesem Jahrhundert die globale Durchschnittstemperatur um nichtmehr als 2 °C steigt.

Nötig ist daher eine Reduktion der Treibhausgasemissionen auf lange Sicht. Dies bedeu-tet, die Energieversorgung weltweit von den fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Gasauf erneuerbare Energien wie Wasser, Wind, Sonne, Biomasse und Geothermie umzu-stellen und Energie erheblich effizienter als heute zu nutzen.

Die Bundesregierung hat daher den Klimaschutz zur Priorität ihrer Politik erhoben. Es istdas historisch neue dieses Protokolls, dass ersbnaJs absolute Emissionsobergrenzen für

SEITE 6HTMTJ:"OI::OIIMnl>Al>TFO 7110 1=111..t;OFTt;J:" 2003

ZWEI SEITEN DES KIIMAWNDELsFLUT UND DORRE

den Ausstoß von Treibhausgasen gesetzt wurden. Auf den internationalen Klimakonfe-renzen hat sich Deutschland intensiv für ein wirksames Klimaregime eingesetzt und dasKyoto-Protokoll gemeinsam mit den anderen EU-Mitgliedstaaten als eines der ersten In-dustrieländer im Mai 2002 ratifiziert. Für das In-Kraft-Treten der Vereinbarung stehtnoch die Ratifikation durch Russland aus, mit der im Laufe dieses Jahres gerechnetwird.

Auf nationaler Ebene hat die Bundesregierung mit dem Klimaschutzprogramm vom Ok-tober 2000 einen Katalog beschlossen, der erstmals verschiedene Sektoren der Gesell-schaft auf konkrete Einsparziele für Treibhausgase verpflichtet. Dafür kommen eineVielzahl von Maßnahmen zum Einsatz. Hierzu zählen u.a. die ökologische Steuerre-form, der massive Ausbau von erneuerbaren Energien und der hocheffizienten Kraft-Wärme-Kopplung, die Energieeinsparverordnung, das Altbauten-Sanierungsprogrammund die Klimaschutzvereinbarungen mit der deutschen Industrie.

Die Bundesrepublik ist Vorreiter beim Klimaschutz. Es hat nicht nur die höchsten Re-duktionsverpflichtungen übernommen. Seine Maßnahmen zeigen Wirkung. Von dervölkerrechtlich festgeschriebenen Verpflichtung Deutschlands, die sechs wichtigstenTreibhausgase im Zeitraum 2008-2012 um 21% gegenüber 1990 zu mindern, sind bereitsüber 19% erreicht. Zweidrittel der Reduktionen Europas wurden in Deutschland er-

bracht.

Ersbnals in der Geschichte der Bundesrepublik gelang es sogar, in den Jahren 2000 und2001 die COz:-Emissionen des Verkehrs zu senken.

Im Bereich erneuerbare Energien wurde durch verschiedene Maßnahmen, allen vorandas Erneuerbare-Energien-Gesetz, ein nie da gewesener Boom ausgelöst. Gemessen amStand von 1997 hat sich die installierte Leistung von Windkraft- und Solaranlagen je-weils versechsfacht, die Nutzung von Biodiesel verfünffacht, die Fläche von Solarkol-lektoren verdreifacht und die Stromerzeugung aus Biomasseanlagen verdoppelt. Damitist Deutschland Weltmeister im Bereich Windenergie und Vize-Weltmeister im Bereich

Solaranlagen.

Die nationale und internationale Klimapolitik wird auch in Zukunft ein Schwerpunkt derRegierungspolitik sein: So steht dieses Jahr eine Novene des Emeuerbare-Energien-Gesetzes und eine Überarbeitung der Klimaschutzstrategie an. Im Jahr 2004 wird dieFortentwicklung der ökologischen Steuerreform und der Kraft-Wärme-

Kopplungsvereinbarung geprüft.

Ab 2005 werden alle großen energieerzeugenden und energieintensiven Anlagen inDeutschland Teil des EU-Ernissionshandelssystems sein. Die Bundesregierung wirdhierbei die Selbstverpflichtung der deutschen Industrie, die zugesagt hat, bis 2012 35 %ihrer Treibhausgase von 1990 reduzieren, in dieses System umsetzen. Der erste Schritthierzu wird die Aufstellung des nationalen Allokationsplanes zum Jahresende sein, derdie Reduktionsverpflichtungen für die einzelnen gesellschaftlichen Bereiche (Verkehr,private Haushalte, Industrie) definiert.

International hat die Bundesregierung vorschlagen, dass sich die EU im Rahmen der in-ternationalen Klimaschutzverhandlungen für die zweite Verpflichtungsperiode des Kyo-to-Protokolls bereit erklärt, ihre Treibhausgase bis zum Jahr 2020 um 30 % (gegenüberdem Basisjahr 1990) zu reduzieren. Unter dieser Voraussetzung wird Deutschland einenBeitrag von minus 40 % bis zum Jahr 2020 anstreben. Dies wird zum Nutzen des Klimas

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ZWEI SEITEN DES KLIMA WNDELsFLUT UND DORRE

wie der Arbeitsplätze sein. Prognosen rechnen mit 200 000 zusätzlichen neuen Arbeits-plätzen als Ergebnis dieser ambitionierten Klimaschutzstrategie.

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