expositionsanalyse organischer chemikalien

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Epilog Schadstoff-Exposition Epilog: Beitragsserien zur Schadstoff-Exposition Expositionsanalyse Organischer Chemikalien Walter Kl6pffer C.A.U. GmbH, AG Chemikalien-, Produkt- und Systembewertung,Daimlerstrat]e 23, D-63303 Dreieich Zwei Beitragsserien zur Schadstoff-Exposition sind in diesem 6. Jahrgang der UWSF ver6ffentlicht worden: 1. Transfer von PCDD/F und anderen organischen Umweltchemikalien im System Boden-Pflanze-Luft Teil I: Teil II: Teil III: Modellierung des Transferverhaltens (UWSF 6/1, S. 31-40) Stefan TRAPP, Michael MATTHIES,Andreas KAUNE Ausgasung aus dem Boden und Pflanzenaufnahme (UWSF 6/3, S. 157-163) Stefan TRAPV,Michael MATTHIES Transferfaktoren Boden-Pflanze und Luft-Pflanze (UWSF 6/5, S. 297-303) Michael MATTHIES, Stefan TRAPP 2. Abschfitzung der Schadstoffexposition in Abh/ingigkeit von Expositionszenarien und Nutzergruppen Autoren: Steffen STUBENRAUCH, Reinhold HEMPFLING, Norberg SIMMLEIT (Institut FreseniusGmbH, GescMftsbereich Fresenius Umwelt Con- suit, lm Maisel 14, D-65232 Taunusstein-Neuhof),Thomas MATHEWS, Peter DOETSCH (foconIngenieurgesellschaft mbH, Theaterstr. 106, D-52062 Aachen) Teil I: Teil II: Teil III: Teil IV: Grundlagen und Vorschliige zur Ableitung von Aufnahmeraten am Beispiel Trinkwasser (UWSF 6/1, S. 41- 49) Vorschlfige fiir orale Aufnahmeraten von Boden, Badeseewasser und Nahrungsmitteln des Eigenanbaus (UWSF 6/3, S. 165-174) Vorschliige fiir inhalative Aufnahmeraten (UWSF 6/5, S. 289-296) Vorschliige fiir die Ableitung dermaler Aufnahmeraten (uwsf 7/1) Aus diesem Anlag sei mir als Herausgeber dieser Beitragsse- rien die folgende zusammenfassende Schlugbetrachtung ge- stattet: Die Expositionsanalyse organischer Chemikalien wurde nach Vorarbeiten auf dem Gebiet der Agrarchemikalien erstmals bei der Vorbereitung zur Chemikaliengesetzgebung in den USA, Europa und Japan in den 70er Jahren aktuell. Das Pro- blem war (und ist) die Abschfitzung des Umweltverhaltens von Chemikalien, ffir die in der Regel nur wenige Daten zur Verffigung stehen. Das Schadwirkungspotential (,Hazard") ist nach OECD [1] eine Funktion der Exposition und der po- tentiellen oder erwiesenen Schadwirkungen auf biologische und andere Systeme. Die Expositionsanalyse besteht in ihrem naturwissenschaft- lichen Teil aus [2]: 1) Verteilung der Chemikalien zwischen den ,,Umweltme- dien" oder ,,Kompartimenten" Wasser, Luft und Bo- den/Sediment und ihren Subkompartimenten, 2) Abbau- und Transformationsprozessen von Chemikalien in den Kompartimenten und Subkompartimenten. Zus~itzlich ben6tigt man Angaben zur Produktionsmenge und zur tatsiichlich in die Umwelt gelangenden Menge, wozu das Anwendungsmuster des jeweils betrachteten Stoffs ("Use Pattern") bekannt sein mull Zu den Punkten (1) und (2) ben6tigt man substanzspezifi- sche Daten, die am besten in standardisierten Megverfah- ren im Labor (gelegentlich auch in Feldversuchen) ermittelt werden und Angaben zu den Umweltrahmenbedingungen (mittlere Temperatur, pH-Wert von Gew/issern usw.). Wenn gemessene Daten nicht zur VerfOgung stehen, was angesichts der grofi~en Zahl chemischer Verbindungen oft der Fall ist, k6nnen in grober N~iherung auch rechnerische Sch/itzverfah- ren (quantitative Struktur-Aktivit/itsbeziehungen) [3] einge- setzt werden. Ziel der Expositionsanalyse ist die nfiherungsweise Ermitt- lung von Konzentrationen der untersuchten Chemikalie in den Umweltmedien. Bei ,,Neuen Stoffen" ist die rechnerische Absch~itzung der einzige Weg, wobei infolge der Komplexi- t/it der natiirlichen Umwelt immer Modellannahmen gemacht werden miissen. Erste Vorstellungen fOr solche Modelle wur- den im Rahmen der OECD-Arbeitsgruppen in den Jahren um 1980 entwickelt [1] und unabMngig davon yon MACKAY an der Universit/it Toronto [4] (Fugazitiitsmo- delle). Diese einfachen ,multimedialen" Modelle unterschei- UWSF-Z.Umweltchem. Okotox. 6 (6) 387- 388 (1994) ecomed verlagsgesellschaft AG & Co.KGLandsberg 387

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Epilog Schadstoff-Exposition

Epilog: Beitragsserien zur Schadstoff-Exposition

Expositionsanalyse Organischer Chemikalien Walter Kl6pffer

C.A.U. GmbH, AG Chemikalien-, Produkt- und Systembewertung, Daimlerstrat]e 23, D-63303 Dreieich

Zwei Beitragsserien zur Schadstoff-Exposition sind in diesem 6. Jahrgang der UWSF ver6ffentlicht worden:

1. Transfer von PCDD/F und anderen organischen Umweltchemikalien im System Boden-Pflanze-Luft

Teil I:

Teil II:

Teil III:

Modellierung des Transferverhaltens (UWSF 6/1, S. 31-40) Stefan TRAPP, Michael MATTHIES, Andreas KAUNE Ausgasung aus dem Boden und Pflanzenaufnahme (UWSF 6/3, S. 157-163) Stefan TRAPV, Michael MATTHIES Transferfaktoren Boden-Pflanze und Luft-Pflanze (UWSF 6/5, S. 297-303) Michael MATTHIES, Stefan TRAPP

2. Abschfitzung der Schadstoffexposition in Abh/ingigkeit von Expositionszenarien und Nutzergruppen

Autoren: Steffen STUBENRAUCH, Reinhold HEMPFLING, Norberg SIMMLEIT (Institut Fresenius GmbH, GescMftsbereich Fresenius Umwelt Con- suit, lm Maisel 14, D-65232 Taunusstein-Neuhof), Thomas MATHEWS, Peter DOETSCH (focon Ingenieurgesellschaft mbH, Theaterstr. 106, D-52062 Aachen)

Teil I:

Teil II:

Teil III:

Teil IV:

Grundlagen und Vorschliige zur Ableitung von Aufnahmeraten am Beispiel Trinkwasser (UWSF 6/1, S. 41- 49) Vorschlfige fiir orale Aufnahmeraten von Boden, Badeseewasser und Nahrungsmitteln des Eigenanbaus (UWSF 6/3, S. 165-174) Vorschliige fiir inhalative Aufnahmeraten (UWSF 6/5, S. 289-296) Vorschliige fiir die Ableitung dermaler Aufnahmeraten (uws f 7/1)

Aus diesem Anlag sei mir als Herausgeber dieser Beitragsse- rien die folgende zusammenfassende Schlugbetrachtung ge- stattet:

Die Expositionsanalyse organischer Chemikalien wurde nach Vorarbeiten auf dem Gebiet der Agrarchemikalien erstmals bei der Vorbereitung zur Chemikaliengesetzgebung in den USA, Europa und Japan in den 70er Jahren aktuell. Das Pro- blem war (und ist) die Abschfitzung des Umweltverhaltens von Chemikalien, ffir die in der Regel nur wenige Daten zur Verffigung stehen. Das Schadwirkungspotential (,Hazard") ist nach OECD [1] eine Funktion der Exposition und der po- tentiellen oder erwiesenen Schadwirkungen auf biologische und andere Systeme.

Die Expositionsanalyse besteht in ihrem naturwissenschaft- lichen Teil aus [2]:

1) Verteilung der Chemikalien zwischen den ,,Umweltme- dien" oder ,,Kompartimenten" Wasser, Luft und Bo- den/Sediment und ihren Subkompartimenten,

2) Abbau- und Transformationsprozessen von Chemikalien in den Kompartimenten und Subkompartimenten.

Zus~itzlich ben6tigt man Angaben zur Produktionsmenge und zur tatsiichlich in die Umwelt gelangenden Menge, wozu das

Anwendungsmuster des jeweils betrachteten Stoffs ("Use Pattern") bekannt sein mull

Zu den Punkten (1) und (2) ben6tigt man substanzspezifi- sche Daten, die am besten in standardisierten Megverfah- ren im Labor (gelegentlich auch in Feldversuchen) ermittelt werden und Angaben zu den Umweltrahmenbedingungen (mittlere Temperatur, pH-Wert von Gew/issern usw.). Wenn gemessene Daten nicht zur VerfOgung stehen, was angesichts der grofi~en Zahl chemischer Verbindungen oft der Fall ist, k6nnen in grober N~iherung auch rechnerische Sch/itzverfah- ren (quantitative Struktur-Aktivit/itsbeziehungen) [3] einge- setzt werden.

Ziel der Expositionsanalyse ist die nfiherungsweise Ermitt- lung von Konzentrationen der untersuchten Chemikalie in den Umweltmedien. Bei ,,Neuen Stoffen" ist die rechnerische Absch~itzung der einzige Weg, wobei infolge der Komplexi- t/it der natiirlichen Umwelt immer Modellannahmen gemacht werden miissen. Erste Vorstellungen fOr solche Modelle wur- den im Rahmen der OECD-Arbeitsgruppen in den Jahren um 1980 entwickelt [1] und unabMngig davon yon MACKAY an der Universit/it Toronto [4] (Fugazitiitsmo- delle). Diese einfachen ,multimedialen" Modelle unterschei-

UWSF-Z.Umweltchem. Okotox. 6 (6) 387- 388 (1994) �9 ecomed verlagsgesellschaft AG & Co.KG Landsberg

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Schadstoff-Exposition Epilog

den sich von komplexeren, meist ,monomedialen" Model- len durch ihren geringen Datenbedarf (Dampfdruck, Was- serl6slichkeit, Octanol-Wasserverteilungskoeffizient, Henry- Koeffizient) und einige wenige Geschwindigkeitskonstanten, die den Abbau in den einzelnen Medien und die Geschwin- digkeit des Transfers zwischen diesen charakterisieren.

Bei liinger im Verkehr befindlichen Chemikalien, die in nen- nenswerter Menge an die Umwelt abgegeben werden, k6n- nen auch analytische Mel~werte eine Absch~itzung der Kon- zentrationen erm6glichen; diese liegen jedoch nur ffir rela- tiv wenige Stoffe vor, so dan auch f6r diese ,Alten Stoffe" oftrnals rechnerische Sch~itzmethoden eingesetzt werden mils- sen. Wenn sie vorliegen, k6nnen sie prinzipiell zu einer Va- lidierung der Modelirechnungen herangezogen werden. Wie bereits JUNGE 1975 [5] fiir den Fall der atmosph~irischen Verunreinigungen nachgewiesen hat, ist die Schwankung zwischen Mef~werten in verschiedenen Regionen umso gr6- tier, je geringer die Persistenz der Verbindung ist. Hochper- sistente Substanzen verteilen sich relativ gleichf6rmig, beson- ders in den ,mobilen" Medien Luft und Wasser.

Die Expositionsanalyse wird besonders dringend von den im Rahmen der Chemikaliengesetze mit der Chemikalienverwer- tung befat~ten Beh6rden ben6tigt. Aber auch der Umweh- analytiker, der sich nicht mit der reinen Messung von Kon- zentrationen begnfigt, sondern das Verhalten der Stoffe tie- fer verstehen will, mug sich die Methoden der Expositions- analyse zu eigen machen.

Angesichts der zentralen Bedeutung der Expositionsanalyse m6chte man annehmen, dan es sich dabei um ein weltweit anerkanntes und entsprechend gef6rdertes Arbeitsgebiet han- delt. Dies war jedoch lange Zeit, zumindest in Europa, nicht der Fall. Vor einigen Jahren hat sich die European Science Foundation (ESF) des Themas angenommen und eine Ar- beitsgruppe gegriindet, die sich regelm~it~ig zu einem Erfah- rungsaustausch trifft [6]. Die Gruppe ist so zusammengesetzt, dat~ sowohl Modellierer, wie auch Analytiker und andere

Umweltforscher darin vertreten sind. In jilngster Zeit hat auch die Fachgruppe ,,Umweltchemie und 0kotoxikologie" der GDCh begonnen, Forschungsaktivit~iten auf diesem Ge- biet zu identifizieren und den Stand des Wissens aufzube- reiten.

Ohne einer genaueren Analyse vorgreifen zu wollen kann be- reits jetzt gesagt werden, daft sowohl bei den Mefverfahren (Laborexperimente), wie auch bei der theoretischen Behand- lung vieler wichtiger Transfer- und Abbauprozesse gravie- rende Lficken bestehen. Diese beziehen sich vor allem auf wichtige Subkompartimente (Aerosolpartikel und Tr6pfchen- phase in der Atmosphfire, Hydrosolphase der Gew/isser, Wasser- und Luftphase in den B6den). Auch zum im Hin- blick auf die Nahrungskette besonders wichtigen Transfer Boden-Pflanze liegen erst relativ wenige Untersuchungen vor.

Die beiden Beitragsserien stellen eine - wenn auch notwen- digerweise noch lfickenhafte - Bestandsaufnahme des jun- gen Forschungsgebiets dar und werden hoffentlich zu wei- teren Arbeiten anregen!

Literatur

[1] Organisation for Economic Cooperation and Development. OECD Hazard Assessment Project, Step Systems Group: Final Report. Stockholm, February 1982

[2] KLOPFFER, W.: Physikalisch-chemisches Verhalten yon Chemika- lien in der Umwelt. 1. Tell. In: RIPPEN, G.: Handbuch der Umwelt- chemikalien. 11. Ergiinzungslieferung 8/91. ecomed verlag, Lands- berg ab 1991 (wird laufend ergfinzt)

[3] CALAMARI, D.; VIGHI, M.: Experiences on QSARs and Evaluative Models in Ecotoxicology. Chemisphere 17 (1988) 1539-1549

[4] MACKAY, D.: Multimedia Environmental Models: The Fugacity Approach. Lewis Publ., Boca Raton, Florida 1991

[51 JUNGE, C. R.: Transport Mechanism for Pesticides in the Atmo- sphere. Pure Appl. Chem. 42 (1975) 95 - 104

[6] European Science Foundation (Ed.): Proceedings of the ESF Work- shop on Exposure Prediction. Les Trois E.pis, 11 - 13 June 1990. Strasbourg 1990

In U WSF Ausgabe 1/1995 erscheint der vierte und letzte Teil der folgenden Beitragsserie zur Schadstoff-Exposition:

Absch~itzung der Schadstoffexposition in Abh~ingigkeit von Expositionsszenarien und Nutzergruppen

IV: Vorschliige fiir die Ableitung dermaler Aufnahmeraten

Steffen Stubenrauch, Reinhold Hempfling, Norbert Simmleit

lnstitut Fresenius, GeschMtsbereich Fresenius Umwelt Consult, Im Maisel 14, D-65232 Taunusstein

Zusammenfassung

Ffir eine umweltmedizinische Beurteilung der Schadstoffbela- stung des Menschen ist es erforderlich, die fiut~ere und innere Schadstoffexposition abzuschiitzen. Neben oralem und inha- lativem Aufnahmepfad kann stoffspezifisch auch die dermale Schadstoffaufnahme mat~geblich zu einer Gesamtk6rperbela- stung beitragen. Die Komplexit~it der dermalen Schadstoffauf-

nahme, bei der unter anderem die stoffspezifische Resorption nicht getrennt yon der/iut~eren Exposition betrachtet werden kann, erschwert deren Absch~itzung und Beurteilung. Es wird eine Methodik vorgeschlagen und an Beispielen erl~iutert, wie die dermale Aufnahme yon Schadstoffen aus Boden und Ba- deseewasser abgesch~itzt werden kann.

3 8 8 UWSF - Z.Umweltchem. Okotox. 6 (6) 1994