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Erziehungsberatung
EB Thun 1Wege finden
Erziehungsberatung
EB Thun
Erziehungsberatung
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EB
Flüchtlingskinder und -jugendliche in
der Schule
EB Thun
22.11.2017
Erziehungsberatung
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(1) Begrüssung
(2) Der lange Weg der Integration – das Asylverfahren und die
regionalen Integrationsangebote, Fred Hodel, Leiter
Fachstelle Integration, Stadt Thun
(3) Unterstützungsmöglichkeiten für Flüchtlingskinder in der
Schule aus kinderpsychologischer Sicht
(4) PAUSE
(5) schulische Unterstützungsangebote und
Beurteilungsmöglichkeiten, Verena Hostettler, Schulinspektorin RIO
(6) Wann braucht es professionelle Hilfe? Traumatisierte
Flüchtlingskinder
(7) Angebot Erziehungsberatung Thun / Materialien und Literatur
(8) Workshop
(9) Take home message
Übersicht
Erziehungsberatung
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Erziehungsberatung
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Unterstützungsmöglichkeiten für
Flüchtlingskinder in der Schule
aus kinderpsychologischer Sicht
Die Schule als sicherer Ort
Flüchtlingskinder und –jugendliche in der Schule begegnen:
Grundsätze zur Stabilisierung
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„ Ich war 13 Jahre alt, als ich mit meiner Familie vor eineinhalb Jahren in Österreich
angekommen bin. Bis zu unserer Flucht bin ich in Syrien in die Volksschule gegangen…Es war
eine staatliche Schule, wir mussten kein Schulgeld, aber einen kleinen Beitrag bezahlen…Wenn
man einmal ein paar Tage gefehlt hat, war das kein Problem, die Eltern mussten auch keine
Entschuldigung schreiben. Manchmal konnten wir deshalb auch schwindeln, dass man krank sei.
Erst wenn man eine Woche gefehlt hat, haben die Lehrer nachgefragt. Die Schulpflicht gilt in
Syrien, bis man 16 Jahre alt ist. Meine Schule war eine reine Mädchenschule, in Syrien gibt es
aber auch gemischte Schulen. Mitteilungsheft hatte ich keines…Vor dem Krieg haben wir mit der
Schule auch Ausflüge gemacht. Aufgrund des Kriegs konnte ich eine Zeit lang gar nicht in die
Schule gehen. Wir sind dann nach Jordanien geflüchtet. Dort konnte ich dann wieder in die
Schule gehen, aber mit 40 bis 50 Kindern waren die Klassen sehr voll, und ich konnte mich nur
schwer konzentrieren.“
ErlebnisberichtRahaf A., 15 Jahre, Syrien
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Wertschätzung und Verbindlichkeit
Sichere und vorhersagbare Klassenumgebung
Die Schule als sicherer OrtFlüchtlingskindern und –jugendlichen in der Schule begegnen:
Grundsätze zur Stabilisierung
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Beziehung aufbauen und pflegen: dadurch positive Erfahrung
ermöglichen und positive Überzeugungen aufbauen
Gesprächs- und Beziehungsangebot an Kinder und Jugendliche
Selbstwert, Selbstwirksamkeit, Ressourcen stärken, Humor
Vorhersehbarkeit, Kontrollerfahrung
Verhaltensauffälligkeiten nicht vorschnell pathologisieren und im
Zusammenhang mit möglicher Traumatisierung verstehen
Selbstfürsorge: Selbstreflexion, Selbstregulation, um Hilfe bitten,
Auszeit gönnen
Die Schule als sicherer OrtFlüchtlingskinder und –jugendliche in der Schule begegnen:
Grundsätze zur Stabilisierung
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Lernen
an Ressourcen und Interessen anknüpfen
angemessene, aber nicht zu hohe Erwartungen stellen
viele positive Rückmeldungen geben, zu Erfolgserlebnissen führen
Möglichkeit zur Wiederholung bieten, verschiedene Lernkanäle
Einfache Sprache wählen (auch Bilder) und überprüfen wie etwas
verstanden wurde
Sorgfältige Abklärung des aktuellen Wissenstandes
Individualisierungsmöglichkeiten des Lernens: FLUT
Netzwerk der Schule nutzen: DAZ, LP IF, SSA, Tagesschule,
Beurteilungen
Die Schule als sicherer OrtFlüchtlingskindern und –jugendlichen in der Schule begegnen:
Grundsätze zur Stabilisierung
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Grenzen akzeptieren:
eigene, strukturelle, kontextuelle, fachliche, kulturelle, politische…
Geduld: mit sich selber, dem Helfersystem und der Familie
(keine zu hohe Erwartungen an Kinder, Jugendliche und deren
Eltern hinsichtlich Anpassung und Integrationstempo stellen)
Die Schule als sicherer OrtFlüchtlingskinder und –jugendliche in der Schule begegnen:
Grundsätze zur Stabilisierung
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«Manche Eltern sind für uns Lehrer schwer greifbar. An die
Elternabende kommen sie manchmal nicht, weil sie andere
Verpflichtungen haben, oft habe ich aber den Eindruck, sie haben kein
Interesse. Oft wissen Eltern auch nicht, was sie ins Kontaktbuch
schreiben können, und wenn ich etwas hinein schreibe, bin ich mir
nicht sicher, ob die Eltern es lesen können.»
ElternarbeitErfahrungsbericht von Sonja R., Lehrerin
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Belastung der Eltern
Daher können sie ihren Kindern oft nicht den nötigen Schutz, die
nötigen Strukturen und übliche Unterstützung ermöglichen
Die Begegnung mit der Schule als Herausforderung für Eltern
- Schule als bedeutsame Institution
- unbekanntes Schulsystem
- unterschiedliche kulturell und religiös bedingte Hintergründe
Eltern von FlüchtlingskindernAuf was muss ich achten?
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«Ich war immer sehr aufgeregt, wenn ich mit der Lehrerin meines
Sohnes sprechen musste. Mein Deutsch war noch nicht so gut, und ich
konnte nicht in Worte fassen, was ich eigentlich sagen wolle. Ich kam
mir so dumm vor und wollte meinen Sohn nicht blossstellen.
Ich hatte Angst, dass die Lehrerin ihn wegen mir schlechter behandelt,
weil ich im Gespräch vielleicht etwas sage, das die Lehrerin falsch
versteht. Die Gespräche waren meist ziemlich kurz. Ich hätte gerne
viele Fragen über meinen Sohn gestellt, aber LehrerInnen haben auch
andere Dinge zu tun. »
ErlebnisberichtNesrin A, Mutter zweier Kinder aus Syrien
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Interesse an den Lebenswelten der Eltern zeigen
Freude an den Ressourcen des Kindes zeigen
Eltern in ihrer Rolle ansprechen
An Zielen der Eltern anknüpfen, Weg dorthin aufzeigen, Handlungsfähigkeit stärken
Arbeit mit Flüchtlingseltern Empfehlungen im Umgang mit den Eltern
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Auswirkung eines schlimmen Ereignisses:
Konfrontation mit drohendem Tod, schwerer Verletzung,sexueller Gewalt, Verlust primärer Bindungspersonen,psychischer Gewalt oder Verwahrlosung
Direkte Erfahrung
Persönliche Zeugenschaft
Auftreten in der Familie oder bei nahen Freunden
Traumatisierte Flüchtlingskinder Was ist ein Trauma?
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Traumatypen
Überfall
Vergewaltigung
sex. Ausbeutung,
Krieg, Folter
Unfall, Erdbeben,
Brand
Dürre, Hungersnot,
AKW-Unglück
Zwischenmenschliche Gewalt
TYP 2wiederholt
TYP 1einmalig
Naturkatastrophen, technische Katastrophen
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Wiedererleben
Dissoziative Symptome
Vermeidungsverhalten
Veränderungen in den Kognitionen und Stimmungen
Vegetative Übererregung
Häufigste Symptome
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«Mostafa schaut im Unterricht oft ins Leere. Wenn ich ihnanspreche, schaut er verwirrt und scheint nicht zu wissen waswir soeben besprochen haben. Am Ende er Stunde kann ernicht zusammenfassen, was wir durchgenommen haben. Erscheint nicht richtig da zu sein».
ErlebnisberichtAnja B., Lehrerin
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Was passiert im Gehirn?Der Wechsel ins Notfallprogramm
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Erwartungen traumatisierter Kinder
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Geschützter Raum
Gesprächsangebot
Kein Fokus auf traumatische Erlebnisse und Gefühle, Erinnerungen
nicht vertiefen
Bezug zu Hier und Jetzt schaffen: Verhalten, Verhaltenserwartung,
Inhalte, Entlastung schaffen
Würdigen der Ressourcen, des Überlebens
Bei Bedarf Hinweis, dass jemand anderes für die Verarbeitung der
schlimmen Erfahrungen helfen kann
Traumabearbeitung ist nicht Aufgabe der Schule!
Gespräche mit traumatisierten
SchülerInnen
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Das Kind beteiligt sich auch nach einigen Monaten noch nicht an
den Aktivitäten mit den anderen Kindern
Das Kind spielt auf eine Art, die andere Kinder abschreckt oder
ihnen Schmerzen zufügt
Das Kind verletzt sich selbst
Kind zeigt regressive Verhaltensweisen
Das Kind bleibt trotz intensiver Unterstützung beim Lernen im
Rückstand
Es besteht ein hoher Leidensdruck, Eltern oder Kind bitten selbst
um Hilfe
Wann braucht es professionelle Hilfe?
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Beratung der Schule im Umgang mit Situation, Kind, Familie:
Klärung von Ausgangslage, Beurteilung der Situation und
Vorgehensvorschläge (telefonisch oder persönlich in wöchentlicher
Kurzsprechstunde).
Kindbezogene Diagnostik/Beratung/Therapie bei Bedarf in
Kooperation mit Netzwerk bei Merkmalen wie dargestellt
Gruppentherapie für Flüchtlingskinder und –jugendliche
Beratung der Eltern
Angebote der EB
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Überverantwortlichkeit, Mitleid, Schonhaltung
Fehldeutung von Auffälligkeiten, ungünstige Reaktion
Zu hohe Erwartungen an Kinder, Jugendliche und deren Eltern
hinsichtlich Anpassung und Integrationstempo
Erwartung der ‚Heilung‘ an Therapeuten
Ungeklärte Verantwortung, fehlende Kooperation
Stolpersteine gelingender Unterstützung
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Bilderbücher zum Thema Flucht
Boie, K. (2016).
Bestimmt wird alles gut.
Stuttgart: Klett Verlag.
Dubois, C.K. (2014).
Akim rennt. Frankfurt:
Moritz Verlag.
Sanna, F. (2016). Die
Flucht. Zürich: Nord-Süd
Verlag.
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Bilderbücher zum Thema Integration
Gomez Redondo, S.
(2016). Am Tag als Saida
zu uns kam. Wuppertal:
Peter-Hammer Verlag.
Tuckermann, A. (2016). Alle da! Unser kunterbuntes Leben. Stuttgart: Klett Verlag.
Kobald, I. & Blackwood, F. (2015). Zuhause kann überall sein. München: Knesebeck Verlag.
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Materialien für Schule:
Traumapädagogik:
http://www.migesplus.ch/fileadmin/user_upload/Publikationen/Trau
ma_und_Schule/Trauma_und_Schule_Marianne_Herzog.pdf
Schulberatungsstelle des Kreises Borken (2015). Flüchtlingskinder.
Schule als sicherer Ort. Borken: Regionale Schulberatungsstelle.
Download: http://www.rsb-
borken.de/fileadmin/Ressourcen/Veroeffentlichungen/Fluechtlinge/
Broschuere_Fluechtlingskinder.pdf
Flucht und Trauma im Kontext Schule - Handbuch für
PädagogInnen, UNHCR Österreich: http://www.migesplus.ch/
Weitere Materialien / Triagemöglichkeiten
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Elterninformationen zu Postraumatischer
Belastungsstörung Elternratgeber: «Wie helfe ich meinem traumatisierten Kind?»
(Deutsch, Englisch, Arabisch):
http://www.bptk.de/aktuell/einzelseite/artikel/wie-helfe-ic.html
Patienteninformation zu posttraumatischer Belastungsstörung
(verschiedene
Sprachen)http://www.migesplus.ch/publikationen/psyche-sucht-
krise/show/wenn-das-vergessen-nicht-gelingt/
Informationsbroschüre zur Posttraumatischen Belastungsstörung in
5 Sprachen, SRK: http://www.migesplus.ch/
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Informationsschrift „Flüchtlingskinder in der Volksschule“ April 2016: www.erz.be.ch/interkultur
Leitfaden DAZ: www.erz.be.ch/daz
Informationen über das Schulsystem in 10 Sprachen: www.erz.be.ch/elterninfo
Informationen für Eltern über das Angebot der EB in 10 Sprachen:
www.erz.be.ch/erziehungsberatung/über uns
Weiterführende Informationen
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Workshop
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Die Schule trägt bei der Stabilisierung und Integration von
Flüchtlingskindern als sicher erlebter Ort wesentlich bei.
Merkmale des guten Unterrichts (Beziehungsarbeit, Aspekte Classroom-
Management) unterstützen diese Gruppe von SuS in ihrer Integration.
Die Reaktions- und Verarbeitungsweisen von traumatischen Erlebnissen
und von Migration sind sehr individuell.
Flüchtlingskinder können auch andere Störungen und Belastungen als
PTBS aufweisen, können aber auch unbelastet sein.
Eltern traumatisierter Kinder sind häufig selber traumatisiert und
belastet.
Nicht eine spezifische Symptomatik, sondern der Leidensdruck und die
möglichen Einschränkungen der persönlichen und schulischen
Entwicklung sind für eine Anmeldung bei der EB relevant.
Take home
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Herzlichen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!