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Bundesanstalt für Wasserbau Neues aus dem Spezialschiffbau 25. September 2012 in Hamburg
Ersatz des Taucherglockenschiffs „CARL STRAAT“
Dipl.-Ing. Jörg Kasper (Bundesanstalt für Wasserbau)
Bild 1: Taucherglockenschiff (TGS) „CARL STRAAT“
Einleitung
In der Vergangenheit gab es zahlreiche Anstrengungen, das 1963 gebaute Taucherglockenschiff
(TGS) „CARL STRAAT“ zu erneuern oder zu modernisieren. Aber erst mit der Havarie der MS
„EXCELSIOR“ schlug die Stunde der Ersatzbeschaffung.
Was war passiert?
Am 24. März 2007 fuhr das Containerschiff MS „Excelsior“ mit 2 Containerreihen übereinander
nach Mannheim, um dort 2 weitere Lagen Container aufzunehmen. Bei der weiteren Talfahrt auf
dem Rhein hatte das Schiff bereits deutliche Kränkung nach Steuerbord, die der Schiffsführer
durch Aufnahme von Ballastwasser auszugleichen versuchte. Das Schiff hatte anschließend aber
noch mehr Kränkung nach Steuerbord, so dass der Schiffführer sich am 25. März 2007 gegen
14:30 Uhr entschloss, in Höhe von Köln-Porz aufzudrehen um mit dem Bug zu Berg zu ankern.
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Bild 2: Fahrtweg der MS „Excelsior“ Bild 3: Containerbeladung
Bild 4: MS „Excelsior“ kurz vor dem Aufdrehen
Bei diesem Aufdreh-Manöver gingen 32 Container über Bord, die entweder gleich sanken oder bis
zu 10 km abgetrieben wurden.
Bei der anschließenden Bergung der über Bord gegangenen Container zeigte sich die
Schwierigkeit, dass aufgrund der hohen Strömungsgeschwindigkeit die Taucher auch mittels
Taucherschild die Stahltrossen nicht an den Containern befestigen konnten. Nur mittels Einsatz
des TGS „Carl Straat“ konnten die übrigen Container angeschlagen und geborgen werden.
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Bild 5 und 6: Über Bord gegangene Container auf dem Rhein
Nach der Besprechung zum Erfahrungsaustausch zu den Havarien am Rhein am 26.04.07 im
BMVBS wurde am 15.04.2008 der Entwurf-HU Nr. 558 (WSD West) „über die Fahrzeug- und
Geräteausstattung gemäß dem gemeinsamen Havariegerätekonzept der WSDn West und
Südwest“ (GeschZ WS11/52.37.00/6 WSD-W 08, BMVBS) genehmigt. Der Teilauftrag zur
Erstellung eines technischen Konzeptes und Umsetzung des Ersatzes des Taucherglockenschiffs
„CARL STRAAT“ wurde von der WSD West an BAW, Referat Schiffstechnik (K4) erteilt.
Das jetzige Taucherglockenschiff „Carl Straat“
Das Bild 7 zeigt die wichtigsten Elemente der Taucherglockenanlage auf dem
Taucherglockenschiff „Carl Straat“:
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Bild 7: Taucherglockenanlage der „Caarl Straat“
Nachfolgend werden die wichtigsten Elemente der bisher vorhandenen kurz beschrieben:
– Kipprahmen
Zu beachten ist die in Querrichtung gelenkige Lagerung des Kipprahmens auf Höhe der
Wasserlinie, so dass wechselnde Krängungen des Schiffes nicht auf die Schleuse und das
Schachtrohr übertragen werden. Mit Hydraulikzylindern wird der Kipprahmen in einer Mittelstellung
abgestützt bzw. bei Bedarf festgestellt.
– Schleuse
Die Schleuse ist innerhalb des Kipprahmens horizontal drehbar gelagert. Über eine
Schleusenkammer auf der Backbordseite gelangt man in die Hauptkammer.
– Schachtrohr mit parallel geführter Treppe und Gelenk
Das Schachtrohr ist an die Schleuse angeschweißt. Über eine parallel geführte Treppe kann die
Glocke betreten werden. Am unteren Ende das Schachtrohrs ist die Glocke mit einer horizontalen
Drehachse gelenkig gelagert.
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– Schlauch
Der Schlauch zwischen dem Schachtrohr und der Glocke dient zur Abdichtung und als flexible
Verbindung.
– Glocke
Die Glocke dient während des Tauchbetriebs als Arbeitsraum. Klappbare Gitterrostpodeste sind
als Arbeitsbühne eingebaut. An der Decke der Glocke befinden sich Aufhängepunkte für Lasten
von bis zu 15 t. Kleinere Lasten werden mit Flaschenzügen angeschlagen.
– Parallellenker
Der obere Punkt des Kipprahmens, die Lagerung der Schleuse, das Gelenk an der Glocke und ein
Lager oberhalb der Glocke bilden eine Parallelogrammführung, die eine jederzeit horizontale Lage
der Glocke sicherstellt.
– Ballast
Der zum Absenken der Glocke erforderliche Ballast ist in Form von gusseisernen Blöcken außen
an der Glocke befestigt. Das Gesamtgewicht des Ballastes beträgt in diesem Fall 75 t.
– Hubgerüst
Das Hubgerüst in der Form eines A-Rahmens überspannt die Breite des Hecks am
Taucherglockenschiff. Die Bauhöhe des Hubgerüstes beträgt ca. 10,35 m über Basis und ist in
diesem Fall bestimmend für die Fixpunkthöhe des Schiffes. Die Glocke wird durch zwei
gleichlaufende Winden, Trommeldurchmesser 1000 mm, über zwei je 6- fach gescherte
Flaschenzüge angehoben. Der Durchmesser des Drahtseils mit einer rechnerischen Bruchlast von
716 kN beträgt 33 mm. Die gesamte Hubkraft der Hebe- Vorrichtung beträgt 1177 kN.
– Seilführung
Das Hubseil der Taucherglocke wird auf jeder Seite des Schiffes von einer Hubwinde
aufgenommen. Auf jeder Seite der TG ist das Seil mehrfach geschoren und wird oberhalb der TG
von der einen Seite zur anderen geführt. Durch diese Seilführung werden drei wichtige Vorteile
erzielt:
a) Beim Ausfall einer Winde kann die TG auch durch die verbleibende Winde gehoben und
abgesenkt werden, im Rahmen der zur Verfügung stehenden Trommelkapazität.
b) Durch eine wechselnde Verteilung der Seillängen zwischen den Hubwinden kann dafür
gesorgt werden, dass das Seil einem gleichmäßigen Verschleiß ausgesetzt ist.
c) Ungenauigkeiten in den Hubgeschwindigkeiten der Winden führen nicht zu einer „schiefen“
Lage der Taucherglocke.
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Neue Randbedingungen
Auf Grund der positiven Betriebserfahrungen mit dem existierenden Taucherglockenschiff „CARL
STRAAT“ soll der Neubau eine Erweiterung der Aufgaben im Rahmen des neuen
Havariegerätekonzepts erhalten. Neben der Steigerung der Freifahrtgeschwindigkeit soll
besonders das technische Konzept des Tauchglockeneinsatzes durch Einsatz heutiger Technik
optimiert werden. Als neue Aufgabe ist die Bergung von Containern nach einer Havarie
anzusehen.
Ersatz des TGS durch einen Neubau, jedoch mit einer neuen, deutlich niedrigeren
Fixpunkthöhe von max. 5,25 m über Ballastwasserlinie , um auch in Kanälen eingesetzt zu
werden.
Die ungefähren Hauptabmessungen und technischen Daten des TGS sollen betragen:
Länge (ü.a.) ca. 60,00 m
Breite (ü.a.) max. 11,50 m
Tiefgang max. 1,70 m
Freifahrtsgeschwindigkeit 16 km/h bei tiefem Wasser (>10m), min. 13 km/h gem.
BinSchUO
Hohe Manövrierfähigkeit mit guten „Halte- und Positioniereigenschaften“
Neues Schleusenkonzept für Taucheinsatz (Entfall Schleusenwärter vor Ort,
Materialschleuse)
Umfang der Warn- und Schutzausstattung (Gefährdungsanalyse)
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Bild 8: Neue Randbedingungen
Einsatzgebiet und Einsatzbedingungen
Das Einsatzgebiet erstreckt sich hauptsächlich auf den schiffbaren Bereichen (Zone 3 und 4) der
WSD West, WSD Südwest und WSD Süd, also von Rhein, Ruhr, Mosel, Neckar, Main, MDK und
Donau. Zusätzlich soll der neue TGS auch in den Kanälen eingesetzt werden. Dies bedingt eine
max. Höhe von 5,25 m
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Bild 9: Neue Einsatzgebiete in Nebenwasserstraßen und Kanälen mit Fixpunkthöhe 5,25 m
An das neue Schiff werden sowohl im Betrieb und Unterhaltung als auch im universellen
Einsatzverhalten besondere Anforderungen für eine Einsatzzeit von ca. 40 Jahren gestellt.
Technisches Konzept
Gem. Vorgabe im Erlass wurde ein Technisches Konzept erstellt, das nach Teilnahmewettbewerb
und beschränkter Ausschreibung an die Fa. DST vergeben wurde. Das Technische Konzept wurde
mit halbjähriger Verspätung vorgelegt. Anfangs enthielt es ansprechende innovative Konzepte, die
sich mit der Zeit aber immer mehr an die bestehende Konstruktion annäherten.
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Bild 10: Neues Konzept für TGS
Übrig blieben 2 Konzepte: ein neues mit einer kombinierten Druck-/ Zugstange um die
Fixpunkthöhe einzuhalten ohne ballasten zu müssen. Und ein optimiertes Konzept des bisherigen
TGS mit einem klappbaren A-Galgen und einem geeigneten Ballastsystem, um die Fixpunkthöhe
einhalten zu können. Nach Bewertung der Vor- und Nachteile beider Konzepte und unter
Abwägung der Sicherheit beider Konzepte empfahl der Verfasser der Studie die zweite Variante,
also das bisher bewährte TGS-System zu optimieren:
Absenkung Parallelogramm durch veränderte Geometrie
Klappbarer Heckgalgen (bedingt eine Vorrichtung zur Ablage des Schachtrohres)
Geeignetes Trimm- und Ballastsystem zum Erreichen der Fixpunkthöhe
4 Ruderpropeller mit Düse als Antriebseinheit (In der Studie wurden Ruderpropeller und
Azimutantriebe miteinander verglichen und bewertet, mit Vorteilen für den
Ruderpropellerantrieb)
Dieselelektrisches Antriebs- und Betriebssystem
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Bild 11: Optimiertes, ursprüngliches System
Im Juli 2010 lag der Endbericht der Technischen Studie vor und wurde dann mit dem BMVBS
abgestimmt. WSD West und BAW-K4 mussten noch einige Ergänzungen liefern bis das Konzept
abgenickt wurde.
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Bild 12: Endbericht Techn. Konzept
Das Projekt befindet sich terminlich leicht im Verzug gegenüber der ursprünglichen Planung
(Fertigstellung Bau nach Entwurf-HU in 2014 geplant). Die Gründe dafür sind im Wesentlichen:
1. Längere Bearbeitungszeit durch Aufttragnehmer zur Erstellung des Techn. Konzeptes
2. Längere Bearbeitungszeit zur Abstimmung des Techn. Konzeptes mit dem BMVBS
aufgrund Ergänzungen und Konjunkturpaket.
3. Bei der Evaluierung des Techn. Konzeptes zur Erstellung der Bauvorschrift (BV) musste
BAW-K4 zudem festgestellen, dass einige Aussagen des Techn. Konzeptes so nicht
umsetzbar sind, das sind unter anderem:
a. Einsatz der vorgeschlagenen mobilen Schutz- und Warnausstattung: so
technisch nicht möglich, BAW-K4 sucht nach einer anderen techn. Lösung.
b. Marktsichtung für mögliche Systemlieferanten für die wichtigsten Systeme:
- Tauch- und Schleusentechnik, Atemluftversorgung
- Kran- und Hebetechnik für Taucherglocke, Tauchschacht und Lagerung
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c. Gewichts- und Kostenkalkulation wurden in der Studie sehr optimistisch
betrachtet und nicht in dem Detailierungsgrad wie BAW-K4 solche Gewichts- u.
Kostenkalkulationen erstellt. Andererseits ist es aber auch sehr schwierig,
genaue Gewichts- und Kostenkalkulationen für ein so einmaliges Projekt zu
finden. Dies stellte BAW-K4 ebenfalls fest im Rahmen der Erstellung der
Bauvorschrift und Kostenkalkulation für den Entwurf-AU.
BAW-K4 hat mit Beginn des Jahres 2012 mit der schiffbaulichen Entwurfsplanung begonnen und
erstellt auf Basis der vorliegenden Informationen:
eine Bauvorschrift,
einen ausschreibungsfähigen Generalplan
eine aussagekräftige Gewichts- und Kostenkalkulation für den Entwurf-AU
die notwendigen Vergabeunterlagen
Die Unterlagen entsprechen zur Zeit einem Abarbeitungsgrad von ca. 75%.
Bild 13: 3D-Visualisierung Generalplan für Ersatzbau „Carl Straat“
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Projektverlauf (Chronologie)
Projektphasen (ab Vorlage genehmigter Entwurf-HU)
Phase 1
Mai 2008 – Feb. 2009
- Auswertung Entwurf-HU
- Vergabe Gefährdungsanalyse durch WSA
- Erstellung Gefährdungsanalyse durch Fa. DST
- Abstimmung Gefährdungsanalyse mit BMVBS
Phase 2
Mrz. 2009 – .Okt 2010
- Überprüfung des Anforderungsprofils und Ermittlung von Verbesserungspotenzial
- Ausschreibung und Vergabe Technisches Konzept
- Erstellung Technisches Konzept durch Fa. DST (Vorlage Endbericht Juli 2010)
- Abstimmung Techn. Konzept mit BMVBS
Erlass Abstimmung der technischen Konzeption des BMVBS v. 14.10.2010
Phase 3
Nov. 2010 – Okt. 2011
- Ergänzung technisches Konzept gem. Erlass durch WSD West und BAW-K4
- Allgemeine Haushaltssperre (Ungewissheit über weitere Umsetzung Projekt)
- Konjunkturprogramm mit Schwerpunkt Ersatz Mehrzweckschiffe
- Abstimmung des ergänzten technischen Konzeptes mit BMVBS
Erlass BMVBS-WS11 vom 06.02.2012 Ersatz TGS Sachstand
Phase 4 (jetzige Phase)
Feb. 2012 – Mar 2013
- Evaluierung des technischen Konzeptes und weitere technische Detailklärungen
- Aktualisierung Anforderungsprofil in Absprache mit Betreiber
- Erstellung der Bauvorschrift
- Erstellung Entwurf-AU
- Erstellung Vergabeunterlagen für Ausschreibung
Phase 5
Apr 2013 – Sept 2013
- Ausschreibung und Vergabe
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Phase 6
Okt 2013 – Sept 2015
- Bau des neuen TGS auf der Werft
- Bauüberwachung, Erprobung und Abnahme
- Übergabe an Betreiber
Phase 7
Okt 2015 – Sept 2017
- Überwachung Gewährleistung
Ausblick
Wie oben dargestellt, wurde das Projekt durch im Projektverlauf auftretende, neue, zu-sätzliche
Fragestellungen im Ablauf leicht verzögert. Der weitere Projektablauf ist nach Ansicht BAW-K4
jedoch technisch beherrschbar und im geplanten Zeitrahmen umsetzbar. Allerdings wurden
wichtige, technische Fragestellungen für die Umsetzung des Projekts vom Technischen Konzept in
eine ausschreibungsreife BV noch nicht in allen dafür notwendigen Einzelheiten evaluiert und
kalkuliert. Hieraus könnten sich noch gewisse Restrisiken für den Bau des neuen TGS ergeben.
Abbildungsnachweis:
Bild 1 BAW-K4
Bild 2 und 3 Schifffahrt-online
Bild 4 WSP NRW
Bild 5 und 6 www.welt.de
Bild 7 Teil Zeichnung TGS (BAW)
Bild 8 aus Havariegerätekonzept, WSD West
Bild 9 aus Havariegerätekonzept, WSD West
Bild 10 aus Techn. Konzept der Fa. DST, Bericht Nr. 1968
Bild 11 aus Techn. Konzept der Fa. DST, Bericht Nr. 1968
Bild 12 aus Techn. Konzept der Fa. DST, Bericht Nr. 1968
Bild 13 BAW-K4