entgiftetes phenolphthalein

3
I. FEBRUAR x93o KLINISCHE WOCHENSCH von Genitaldesinfizienten und antikonzeptionellen, so h~iufig chininhaltigen Mitteln zu denken; z. ]3. nicht selten Derma- titiden am Genitale des Hg- oder chininidiosynkrasisehen Mannes bet Gebrauch derartiger Mittel dutch den weibliehen Partner [E. ZACHARIA~, Meal. Klin. 22, Nr io, 373 (1926)]. IV. Hochgradige polyvalente Idiosynkrasie (auf Salvarsan, Kodein, Opium, Morphium, Sublimat und Novocain). In diesem Falle handelt es sich um eine Patientin, die I927 auf der Dermatologischen Klinik lag wegen eines Salvarsan- exanthems allerschwerster Art, erzeugt dutch Neosalvarsan. Naeh I-Ieilung des Exanthems wurde bet ihr ein weiterer Versueh der antiluetischen Behandlung unternommen, und zwar erhielt sie Neosfibersalvarsan o,ooi g und, nachdem sie dieses gut ertragen hatte, 2 Tage sp~ter o,oI g. Sie reagierte hieranf mit einem neuen, ausgedehnten Salvarsanexanthem yon scarlatinfformem Charakter. Patientin war dann gesund bis Januar 1929. Uber Nacht entwickelte sich bet ihr wieder ein ausgedehntes skarlatiniformes Exanthem. das die ganze K6rperoberfl~iehe .einschlieBIich Gesicht, tIandteller und Ful3sohlen bedeckte. Auf Armen und tIandrficken eine Aussaat feinster Bl~schen, starke 0deme, Temperatur 38~ Patientin machte einen schwer kranken Eindruck. Sie gab an, dal3 sie wegen eines Hustens ein Medikament eingenommen hatte, das Kodein enthielt. Sie nahm nur einen L6ffel davon (etwa o,o2 g Codeinmn phosphoricum), worauf der Ausschlag auftrat. Patientin wuBte nicht, ob sie vorher schon einmal Kodein eingen ommen hatte. Im Gegensatz zu dem Salvarsan- exanthem heilte dieses Exanthe~-wn4evmilder ~tui3erer Traubenzuekerinfusionen; nachdem die Hant normal war, wurde eine Ekzermprobe mit 2 gtt. ether 2proz. Kodeinl6sung angestellt. 7 Stunden sp~tter mul3te die Probe abgenommen werden, well Patientin das Jncken nicht mehr aushielt. Nach 24 Stunden waren der ganze Thorax, die Arme, der tIals und das Gesicht intensiv ger6tet und geschwollen, die Augen spaltf6rmig, an Stelle der Probe eine nassende Fl~che. Rficken und Gelenk- falten waren mit Bl~schen bedeckt. Das Abdomen und die unteren Extremitaten wiesen ein skarlatiniformes Exanthem ant. Die auflerordentlich geringe Menge, die Patientin dutch die intakte Haut yon den 2 gtt. der 2proz. Kodeinldsung resorbiert hatte, geni'tgte also zu d~eser heJt~g6n Allgeme~nreakt~on. Da Patientin diese groBe Empfindlichkeit auf Kodein zeigte, wurde versucht, einen Grenzwert zu finden, bei dem Patientin eben noch reagierte. Es zeigte sich dabei, dal3 hock eine Verdfinnung yon I : IO Millionen wirksam war (deutliche RStung, kleine KnStchen und einzelne t31~schen). Um festzustellen, ob Patientin auI andere Opiumprhparate fiberempfindlieh set, wurden Ekzemproben mit einer I promill. Morphiuml6sung, ether I promill. Pantoponl6snng und mit Ti. opii angestellt, die sieh s~tmtlich als positiv erwiesen. Aus rein praktischen Grfinden wurden weiterhin Proben an- gestellt mit Novoeain I promill., dodtinktur, Subtimatl6sunr I proz. und Allonal. Auf Novocain und Sublimat zeigt Pa- tientin ebenfalls eine ekzemat6se Reaktion, whhrend Jod und Allonal negativ blieben. Wir haben hier einen Fall vor uns, der sich sowohl dutch die Polyvalenz als durch die Intensiti~t der Idiosynkrasie aus- zeichnet. Des weiteren ist bemerkenswert, dab sowohl die interne (bzw. intraven6se) Verabreichung als die cutane Appli- kation Reaktionen ausl6sen, so dab hier die cutanen Proben auf die Gefahr einer oralen bzw. intraven6sen Verabreichung aufmerksam maehen mfissen. Von der augerordentlichen Reak- tionsf/thigkeit bekommt man einen/3egriff durch die Kodein- proben, bet denen die cutane Probe ether Verdfinnung yon % sehwere allgemeine, I : ~o Millionen noch eine dentliche lokale Reaktion ausl6sten. Solche -- und selbst noch viel hochgradigere -- Empfindlichkeiten sind bet der Idiosynkrasie gar nieht selten. Sie ftihren schlieBlich dazu, anzunehmen, dab ein Molekfil Antigen pro Zelle zur pathologischen St6rung genfigt. Auf alle F/~lle machen sie die sehweren Zufitlle, die nach intravenSser Applikation anftreten k6nnen, begreiflich. Interessant abet auch nicht exzeptionell ist die Poly- valenz. Sie kann hier auf keinen Fall als ,,Gruppenreaktion" aufgefal?t werden. Ebensowenig handelt es sich um eine ganz allgemein gesteigerte ,,banale" ReaktionsfXhigkeit (die Patten- tin ertrug aul3er Allonal und Jod noch sehr viele andere Substanzen), sondern es liegt ein Fall yon speziJiseher Poly- RIFT. 9. JAHRGANG. Nr. 5 207 valenz vor. Da die Patientin Irfiher Opiate ertragen hat, lieg~ es nahe, in der Sensibilisierung durch Neosalvarsan die Ur~ sache ffir die Verbreiterung der Idiosynkrasiebasis zu sehen, ohne dab man sich allerdings ein genaues 13ild yon dem Mechanismus solcher Vorg/inge, die auf dem Gebiete der Idiosynkrasie ja nicht selten sind, machen k6nnte. Zum SchluB set noch bemerkt, dab in den F~illen II--IV Ubertragungen nach PRAUSNI~Z-KOSTN~R (mit Blur- und Blasenserum) versucht wurden. Das Resultat war in allen F~llen negativ. ENTGIFTETES PHENOLPHTHALEIN. Yon Prof. S. LoEwE und F. LANGE. Aus dem Laboratorium der St~dt. Krankenaz/stMten, Mannheim. I. Gegen die Verwendung des als Abfiihrmittel so beliebten Phenolphthaleins werden immer wieder Bedenken vorgebracht und dutch Berichte fiber gelegentliche resorptive Vergiftungs- wirkungen auch schon niedriger Dosen (Allgemeinst6rungen, Nierensch~digungen) wachgehalten. Diese Bedenken treffen gleichm~13ig alle die zahlreiehen und unter zahllosen Speziali- verbreiteten Phenolphthaleinprliparate, in denen das Phenolphthalein in mehr oder weniger reiner Form dem Darm zur Aufl6sung aus gr6beren oder feineren" Partikeln dargeboten wird. Aus ZSIGMONDYS Institut liegt nun seit 2 Jahren eine sehr bemerkenswerte kolloidchemische Untersuchung 1 vor, die sich mit einem phenolphthaleinhaltigen Abitihrmittel, dem Agarol, besch~ftigt, und ihr Verf., W. KUMICHEL, zeigt. ctag hier das Phenolphthalein in ether besonderen und viel- verspreehenden physikalisch-chemischen Zustandsform ent- halten ist. Agarol* kann nach der Forrtlulierung dieses Kolloidforschers ,,Ms ein System angesehen werden, das Mineral61 in gleichm~Biger Form in einem Gemisch Wasser-Glycerin dispergiert enthlilt und alas durch geringe Mengen Schutzkolloid stabilisiert ist". ]:)as Phenolphthalein, das erst bet sehr merklich alkalischer Reaktion (P~I = 8) Ms das bekannte rote Salz in Wasser 16shch wird, kann in dem schwach sauren Agarol nur in ungelSstem Zustand mitzerteitt sein. In welcher Form, das zeigt nun 14UMICHELS physiko-chemische Analyse. Er land namlich, daB, wenn die ~uBerst rein (in einer Tr6pfchengr6ge zwisehen I und io f,) und iiuflerst stabil emulgierten Mineraltr6pfchen des Agarols durch fraktionierte Entrahmung zur Entmischung gebracht sind, noch eine feinkolloide, opalescente Tri]bung verbleibt, ohue der Entmischung zu verfallen. Die so stabil verharrenden Kolloidteilchen bestehen nun, wie er fest- stellte, ,,au8 Jeinzerte~ltem Phenolphthalei'~, gas vo~ lyophilen Kolloiden geschdtzt und yon kleinsten Oltrdp]chen in Schwebe gehalten wird". Durch beigegebene ultramikroskopische Bilder wird dieser eigenartige Zustand des Phenolphthaleins sehr eindrucksvoll veranschaulicht. Und KUMIC~EL kommt zu dem Ergebnis, ,,dab das Agarol eine gleichmi~Bige, i~ugerst stabile Emulsion yon der angegebenen Tr6ptchengr613e ist, in der auch die suspendierten Bestandteile" -- gemeint ist vor allem das Phenolphthalein -- ,,gleichm~13ig verteilt sind, was medizln@ch-chemisch ]eden]alia wichtig ist". Es lag nun nahe zu prfifen, ob diese yore physikalischen Chemiker ~estgestellte besondere Zerteilungsweise des Phenol- phthaleins auch pharmakologische Besonderheiten, Eigen- arten seiner Wirkungsweise im Gefolge hat. Wenn zudem klinische Beobachter der Agarolform des Phenolphthaleins besondere Ungiftigkeit nachrfihmen, so war es doppelt an- gebraeht, an Hand einer Prtifung im Tierversuch zu unter- snchen, ob etwa mit der besonderen physiko-chemischen Bindungsweise des Phenolphthaleins im Emulsionssystem des Agarols verminderte resorptive Giftigkeit Hand in Hand geht. ~. Verfiittert man einem Tier hinreichende Mengen yon Phenolphthalein, so findet sich ein Tell davon im Stuhle ausgeschieden wieder. DaB das Phenolphthalein in hin- reichend alkalischer L6sung als tiefrotviolett gef~rbtes Salz * Auch unsere eigenen hler zu berichtel~den Versuche wurden mir diesem einen Markenprgparat angestellt, da wit ein anderes Pr~parat yon der gleichen oder eiaer auch nut annhhernd ahnlicben Systembeschaffenheit, wie es zur vorliegenden Prflfung oder zura Vcrgleich notwendig gewesen ware, nicht haben ausfindig machen kbnnen.

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I. FEBRUAR x93o K L I N I S C H E W O C H E N S C H

von Geni ta ldesinf iz ienten und ant ikonzept ionel len, so h~iufig chininhal t igen Mit te ln zu denken; z. ]3. n icht selten Derma- t i t iden am Geni ta le des Hg- oder chininidiosynkrasisehen Mannes bet Gebrauch derar t iger Mit te l du tch den weibl iehen Pa r tne r [E. ZACHARIA~, Meal. Klin. 22, Nr io, 373 (1926)].

IV. Hochgradige polyvalente Idiosynkrasie (auf Salvarsan, Kodein, Opium, Morphium, Sub l ima t und

Novocain) . In diesem Falle handelt es sich um eine Patientin, die I927

auf der Dermatologischen Klinik lag wegen eines Salvarsan- exanthems allerschwerster Art, erzeugt dutch Neosalvarsan. Naeh I-Ieilung des Exanthems wurde bet ihr ein weiterer Versueh der antiluetischen Behandlung unternommen, und zwar erhielt sie Neosfibersalvarsan o,ooi g und, nachdem sie dieses gut ertragen hatte, 2 Tage sp~ter o,oI g. Sie reagierte hieranf mit einem neuen, ausgedehnten Salvarsanexanthem yon scarlatinfformem Charakter. Patientin war dann gesund bis Januar 1929.

Uber Nacht entwickelte sich bet ihr wieder ein ausgedehntes skarlatiniformes Exanthem. das die ganze K6rperoberfl~iehe .einschlieBIich Gesicht, tIandteller und Ful3sohlen bedeckte. Auf Armen und tIandrficken eine Aussaat feinster Bl~schen, starke 0deme, Temperatur 38~ Patientin machte einen schwer kranken Eindruck. Sie gab an, dal3 sie wegen eines Hustens ein Medikament eingenommen hatte, das Kodein enthielt. Sie nahm nur einen L6ffel davon (etwa o,o2 g Codeinmn phosphoricum), worauf der Ausschlag auftrat. Patientin wuBte nicht, ob sie vorher schon einmal Kodein eingen ommen hatte. Im Gegensatz zu dem Salvarsan- exanthem heilte dieses E x a n t h e ~ - w n 4 e v m i l d e r ~tui3erer

Traubenzuekerinfusionen; nachdem die Hant normal war, wurde eine Ekzermprobe mit 2 gtt. ether 2proz. Kodeinl6sung angestellt. 7 Stunden sp~tter mul3te die Probe abgenommen werden, well Patientin das Jncken nicht mehr aushielt. Nach 24 Stunden waren der ganze Thorax, die Arme, der tIals und das Gesicht intensiv ger6tet und geschwollen, die Augen spaltf6rmig, an Stelle der Probe eine nassende Fl~che. Rficken und Gelenk- falten waren mit Bl~schen bedeckt. Das Abdomen und die unteren Extremitaten wiesen ein skarlatiniformes Exanthem ant. Die auflerordentlich geringe Menge, die Patientin dutch die intakte Haut yon den 2 gtt. der 2proz. Kodeinldsung resorbiert hatte, geni'tgte also zu d~eser heJt~g6n Allgeme~nreakt~on.

Da Pa t ien t in diese groBe Empf ind l ichke i t auf Kodein zeigte, wurde versucht , einen Grenzwert zu finden, bei dem Pa t i en t in eben noch reagierte . Es zeigte sich dabei, dal3 hock eine Verdf innung yon I : IO Millionen wi rksam war (deutl iche RStung, kleine KnStchen und einzelne t31~schen).

U m festzustellen, ob Pa t i en t in auI andere Op iumprhpa ra t e f iberempfindl ieh set, wurden Ekzemproben mi t einer I promill . Morphiuml6sung, ether I promill . Pantoponl6snng und m i t Ti. opii angestel l t , die sieh s~tmtlich als posi t iv erwiesen. Aus rein prakt ischen Grfinden wurden wei terhin Proben an- gestel l t m i t Novoeain I promill . , dodtinktur, Subtimatl6sunr I proz. und Allonal. Auf Novocain und Sublimat zeigt Pa- t i en t in ebenfalls eine ekzemat6se Reakt ion , whhrend Jod und Al lonal nega t iv blieben.

Wi r haben hier einen Fal l vor uns, der sich sowohl du tch die Polyvalenz als durch die Intensiti~t der Idiosynkrasie aus- zeichnet . Des wei teren is t bemerkenswer t , dab sowohl die in te rne (bzw. int raven6se) Verabre ichung als die cu tane Appl i - ka t ion Reak t ionen ausl6sen, so dab hier die cu tanen Proben auf die Gefahr e iner oralen bzw. in t raven6sen Verabre ichung au fmerksam maehen mfissen. Von der augerorden t l i chen Reak- t ionsf/ thigkeit b e k o m m t m a n e inen/3egr i f f durch die Kodein- proben, bet denen die cu tane Probe ether Verdf innung yon

% sehwere al lgemeine, I : ~o Mill ionen noch eine dent l iche lokale Reak t ion ausl6sten. Solche -- und selbst noch viel hochgradigere - - Empf ind l i chke i t en sind bet der Id iosynkras ie gar n ieh t selten. Sie ftihren schlieBlich dazu, anzunehmen, dab ein Molekfil Ant igen pro Zelle zur pathologischen S t6rung genfigt. Auf alle F/~lle machen sie die sehweren Zufitlle, die nach in t ravenSser Appl ika t ion anf t re ten k6nnen, begreiflich.

In te ressan t abe t auch n ich t exzept ionel l is t die Poly- valenz. Sie kann hier auf keinen Fal l als , ,Gruppenreak t ion" aufgefal?t werden. Ebensowenig hande l t es sich u m eine ganz al lgemein gesteigerte , ,banale" Reakt ionsfXhigkei t (die Pat ten- t in e r t rug aul3er Allonal und Jod noch sehr viele andere Substanzen), sondern es l iegt ein Fa l l yon speziJiseher Poly-

R I F T . 9. J A H R G A N G . N r . 5 207

valenz vor. Da die Pa t i en t in Irfiher Opia te e r t ragen hat , lieg~ es nahe, in der Sensibi l is ierung durch Neosa lva r san die Ur~ sache ffir die Verbre i te rung der Idiosynkras iebasis zu sehen, ohne dab m a n sich al lerdings ein genaues 13ild yon d e m Mechanismus solcher Vorg/inge, die auf d e m Gebiete de r Id iosynkras ie ja n ich t selten sind, machen k6nnte .

Zum SchluB set noch bemerkt , dab in den F~illen I I - - I V Uber t r agungen nach PRAUSNI~Z-KOSTN~R (mit Blur- und Blasenserum) ve r such t wurden. Das R e s u l t a t war in allen F~llen negat iv .

ENTGIFTETES PHENOLPHTHALEIN. Yon

Prof . S. L o E w E u n d F. LANGE. Aus dem Laboratorium der St~dt. Krankenaz/stMten, Mannheim.

I. Gegen die Verwendung des als Abf i ih rmi t te l so bel iebten Phenolphtha le ins werden i m m e r wieder Bedenken vo rgeb rach t und du tch Ber ichte fiber gelegentl iche resorp t ive Vergif tungs- wi rkungen auch schon niedriger Dosen (Allgemeinst6rungen, Nierensch~digungen) wachgehal ten . Diese Bedenken t ref fen gleichm~13ig alle die zahlre iehen und un te r zahllosen Speziali- • ve rb re i t e t en Phenolphtha le inpr l ipara te , in denen das Phenolph tha le in in mehr oder weniger re iner F o r m dem D a r m zur Auf l6sung aus gr6beren oder feineren" Par t ike ln dargeboten wird.

Aus ZSIGMONDYS I n s t i t u t l iegt nun seit 2 J ah ren eine sehr bemerkenswer te kol lo idchemische Un te r suchung 1 vor , die sich m i t e inem phenolph tha le inha l t igen Abi t ih rmi t te l , dem Agarol , besch~ftigt , und ihr Verf., W. KUMICHEL, zeigt. ctag hier das Phenolphtha le in in ether besonderen und viel- verspreehenden phys ika l i sch-chemischen Zus tands fo rm ent- ha l t en ist.

Agarol* kann nach der Forrtlulierung dieses Kolloidforschers ,,Ms ein System angesehen werden, das Mineral61 in gleichm~Biger Form in einem Gemisch Wasser-Glycerin dispergiert enthlilt und alas durch geringe Mengen Schutzkolloid stabilisiert ist". ]:)as Phenolphthalein, das erst bet sehr merklich alkalischer Reaktion (P~I = 8) Ms das bekannte rote Salz in Wasser 16shch wird, kann in dem schwach sauren Agarol nur in ungelSstem Zustand mitzerteitt sein. In welcher Form, das zeigt nun 14UMICHELS physiko-chemische Analyse. Er land namlich, daB, wenn die ~uBerst rein (in einer Tr6pfchengr6ge zwisehen I und io f,) und iiuflerst stabil emulgierten Mineraltr6pfchen des Agarols durch fraktionierte Entrahmung zur Entmischung gebracht sind, noch eine feinkolloide, opalescente Tri]bung verbleibt, ohue der Entmischung zu verfallen. Die so stabil verharrenden Kolloidteilchen bestehen nun, wie er fest- stellte, ,,au8 Jeinzerte~ltem Phenolphthalei'~, gas vo~ lyophilen Kolloiden geschdtzt und yon kleinsten Oltrdp]chen in Schwebe gehalten wird". Durch beigegebene ultramikroskopische Bilder wird dieser eigenartige Zustand des Phenolphthaleins sehr eindrucksvoll veranschaulicht. Und KUMIC~EL kommt zu dem Ergebnis, ,,dab das Agarol eine gleichmi~Bige, i~ugerst stabile Emulsion yon der angegebenen Tr6ptchengr613e ist, in der auch die suspendierten Bestandteile" -- gemeint ist vor allem das Phenolphthalein -- ,,gleichm~13ig verteilt sind, was medizln@ch-chemisch ]eden]alia wichtig ist".

Es lag nun nahe zu prfifen, ob diese yore physikal ischen Chemiker ~estgestellte besondere Zertei lungsweise des Phenol- ph tha le ins auch pharmakologische Besonderhei ten, Eigen- a r ten seiner Wirkungsweise im Gefolge hat . W e n n zudem klinische Beobach te r der Agaro l fo rm des Phenolph tha le ins besondere Ungi f t igke i t nachrf ihmen, so war es doppe l t an- gebraeht , an H a n d einer Pr t i fung im Tierversuch zu unter - snchen, ob e twa m i t der besonderen phys iko-chemischen Bindungsweise des Phenolphtha le ins im Emuls ionssys tem des Agarols ve rminde r t e resorp t ive Gif t igkei t H a n d in H a n d geht.

~. Ver f i i t t e r t m a n e inem Tier h inre ichende Mengen yon Phenolphtha le in , so f indet sich ein Tell davon im Stuhle ausgeschieden wieder. DaB das Pheno lph tha le in in hin- re ichend alkal ischer L6sung als t i e f ro tv io le t t gef~rbtes Salz

* Auch unsere eigenen hler zu berichtel~den Versuche wurden mir diesem einen Markenprgparat angestellt, da wit ein anderes Pr~parat yon der gleichen oder eiaer auch nut annhhernd ahnlicben Systembeschaffenheit, wie es zur vorliegenden Prflfung oder zura Vcrgleich notwendig gewesen ware, nicht haben ausfindig machen kbnnen.

208 K L I N I S C H E W O C I I E N S C H R I F T . 9. J A H R G A N G . N r . 5 x. I?F.BRUAR ~93o

in die Augen fSllt, e r l e i ch t e r t das A n f f i n d e n des wiederaus - gesch iedenen Ante i l s i m K o t : V e r r e i b t m a n ein pheno l - p h t h M e i n h a l t i g e s K o t b i l l c h e n m i t e inem ~ b e r s c h u B s t a r k e r Kal i lauge, so n i m m t es die l e u c h t e n d e F a r b e des z u m U m s c h l a g g e b r a e h t e n Ind ica to r s , des Pheno l ph t ha l e i n s a l ze s , an .

D a m i t war e ine e infache V e r s u c h s a n o r d n u n g ftir unse re F r a g e s t e l l u n g gegeben : Es war die u n t e r e Grenzdos is e iner- sei ts ffir ungem i s cb t , ande re r se i t s fiir in A g a r o l - , , B i n d u n g " da rge re i ch t e s P h e n o l p h t h a l e i n au fzusuchen , bei der eben wiederausgesch iedenes P h e n o l p h t h a l e i n im K o t e in de r be- s ch r i ebenen Weise n a c h w e i s b a r zu w e r d e n beg inn t .

Mag das so im Kot gefundene Phenolphthalein nun naeh voraus- gegangener Resorption in il6heren Darmabschni t ten durch Wieder- ausscheidung in tieferen Darmgebieten in den Stuhl gelangt sein ocler aber ganz vor der Resorption gesehiitzt gebliebene Anteile des Pharmakons darstellen, stets ist doch das Fehlen nachweisbaren Phenolphthaleins im StuhIe als Zeichen daftir zu nehmen, dab das dargereichte Pharmakon durch Resorption der Ausscheidung mit den Faeces entzogen worden ist.

Wir verffltterten die beiden Vergleichsstoffe in der yon uns schon 6fters (vgl. Lo~wE und G. FAURE ~, Lo~w~ a) mit Vorteil ge[lbten Schlundsondentechnik an weige Minse und untersuchten dann zuni~chst die ausgeschiedenen Kotbi l lchen, deren AusstoBungszeit mdglichst sorgfil t ig verzeichnet wurde, Iort laufend nach der oben besehriebenen Weise auf Phenolphthalein. Die Miuse waren gleich- mif3ig ausgewihlt , gleichmigig vorbehandelt , llingere Zeit unter gieichen Aufenthaltsbedingungen und bei gleichem Fut te r gehalten und ha t ten vor dem VersuchsbeginI1 stets die gleiche Zeitspanne (I8 $tunden) gehungert .

Wi r ge l ang t en in diesen Versuchen zu fo lgendem E r g e b n i s : O b e r h a l b einer P h e n o l p h t h a l e i n d o s i s yon 2o m g je K6rpe rk i lo Maus sch ieden alle Versuchs t i e re , einerlei ob das Mi t t e l un - gemisch t oder als Agaro l v e r a b r e i c h t war , ffir eine l~tngere Zei t P h e n o l p h t h a l e i n im K o t e a u s , bei G a b e n fiber 50o m g je K i l o g r a m m n n g e f ~ h r 5 ~ S t u n d e n lang, be i G a b e n zwischen 20 u n d 5o0 m g je K i l o g r a m m war v ie t l e ich t be re i t s ein U n t e r - schied a n g e d e u t e t : A u s s c h e i d u n g s d a u e r d u r c h s c h n i t t l i c h 18 S t u n d e n n a c h Agarol , 2 i S t u n d e n n a c h r e i n e m Pheno l - p h t h a l e i n . Von 2,6 m g abw~irts h i n w i e d e r u m war n i ema l s der R e s o r p t i o n e n t g a n g e n e s P h e n o l p h t h a l e i n i m K o t n a c h - weisbar , gleichgti l t ig, welche Arzne i fo rm des P h e n o l p h t h a l e i n s gew~hl t war .

Das U n t e r s e h e i d e n d e der b e i d e n A r z n e i f o r m e n t r a t zu tage b e i m Verg le ich i m Be r e i ch zwischen 2, 7 u n d 2o m g je Kilo- g r a m m . P h e n o l p h t h a l e i n a l le in w u r d e in e inem Ko l l ek t i v yon 7 V e r s u e h e n in fo lgenden Dosen gegeben (in K l a m m e r n die D a u e r de r P h e n o l p h t h a l e i n a u s s c h e i d u n g im K o t in S t u n - den) : 2o (4); I7 (o); 17 (6); 15 (o); IO (o); 7 (5 ' / , ) ; 3,5 (o) m g je K6rperk i lo ; als AgaroI in e inem Ko l l ek t i v yon 8 V e r s u c h e n in Dosen y o n : I3, 7 ( I # / ~ ) ; 9,7 (9a/4); 7,5 (41/2); 6,4 (6); 5,4 (51/~); 3,7 (4); 3,6 (5~/~); 2,7 (21/~) m g je K i l o g r a m m . Den U n t e r - schied v e r d e u t l i c h t die fo lgende Tabe l le I :

TabeUe I.

Phenol- phthalein

Ungemlscht Als Agarol .

Verfftttertes Phenol- I phthaleia J Zahl

�9 I ~ Durch- der ~hndest-. H ch.st- sehnitts- I Ver-

doms [ d .... I dosis Isucbe mg pro kg [

3 , 5 ! 2 0 , O I2,8 [ 2, 7 13, 7 6,8 7

Zahl der Vet- I Zcitspanne (Std.) suche in der

I dutch- ins- pro- ins- sehmtt- gesamt zentual gesarat 1 eh

in denen Phenolphthalein im Stuhl naehweis-

bar war

43 I5 5 ioo 55 ] 7

Bis zu 17 m g je K i l o g r a m m k a n n also Phenolphthalein a!lcin , r e s t l o s " , d. h. b is auf so ger inge Antei le , d a b sie u n s e r e m Nachwe i s im N o t en tgehen , i m D a r m zur R e s o r p t i o n gelangen.

Phenolphthalein wird sehr ungleiehmiiBig resorbiert, denn nl i tunter finder sich sehon ein gewisser Anteil unresorbier t im Kot wieder bei Gaben, die nur 85, ja sogar nur 33% derjenigen Dosis betragen, mit der die totale Resorptionsgrenze des Pharmakons aasnahmslos i iberschri t ten ist. Dieses unregelmaLBige Verhal ten bei der Maus s t immt gut zu tier klinischen Erfahrung am Menschen, dab die resorptive VergiStungsgefahr bei therapeut ischen Phenol- phthaleingaben yon Fall zu Fall ganz nni~bersehbar wechselt,

dab die resorptiveu Nebenwirkungen keineswegs regelmigig vor- kommen, sobald eine best immte Dosis fiberschritten ist, dagegen immer wieder gelegentlich auch bei fiberraschend niedrigen Dosen anftreten.

H i e r v o n u n t e r s c h e i d e t s ich das a n Agarol , , g e b u n d e n e " P h e n o l p h t h a l e i n zun i ichs t schon d u t c h eine viel sehitr#re Resorptionsgrenze. Gleich vom G r e n z w e r t a n Sallen alle U n g l e i c h m i B i g k e i t e n fort , yon jeder h 6 h e r e n 2Dosis e n t g e h t stets ein An te i l der R e s o r p t i o n u n d k o m m t i m Stulf l zur Aus- sche idung . Dieser G r e n z w e r t e n t s p r i c h t n u n e iner schr viel gerhtgere~ Phenolphthaleinmenge als bei u n v e r m i s c h t e r Dar - r e i chung des P h a r m a k o n s . Das V e r h M t n i s de r b e i d e n Grenz- we r t e is t 27 : 200, als Agarol werden schon mehr als sieben]ach lcleinere Phenolphthaleinmengen in naehweisbarem Anteil der Resorption entzogen wie bei Darreichung yon reinem Phenol- phthalein.

Zudem ist die Resorptionsbehinderung, die im Auftreten yon :Phenolphthalein ira Stuhl zum Ausdruck kommt, soweit sic in dem untersuchten ~rbergangsbereich f iberhaupt feststellbar ist, bei reinem Phenolphthalein entschieden ]liichtiger, dm Zeitspanne, in der die Reaktion im Stuhl erhalten wird, ist lm Durchschni t t merklich ktirzer als bei der Agarolform (s. die eingeklammerten Zahlen bei der Aufzihlung der Versuchsdosen und die letzte Spaltc der Tabelle i).

3. I s t n u n das A u f t r e t e n yon P h e n o l p h t h a l e i n i m Stuh l wi rk l ieh Folge m a n g e l h a f t e r R e s o r p t i o n des P h a r m a k o n s im D a r m e u n d n i c h t e twa b log Ze ichen e iner Wiede raus - s che idung be r e i t s r e s o r b i e r t gewesenen P h a r m a k o n s in den D a r m h ine in? Und entgeht wir~Iich ein wesentlicher Anteil des ver]i~tterten Phenolphthaleins oder etwa nut sin kleiner und bedeutungsloser Bruchteil der Gesamtdosis der Resorption, falls die A u s s c h e i d u n g i m K o t e auf ungen i i ge nde A u f s a u g u n g zurf ickzuff ihren is t?

Auf be ide F r a g e n geben e r g i n z e n d e Ve r suche A n t w o r t , in d e n e n die Grenzdosen resorptiver VergiJtung an der Maus a u f g e s u c h t wurden . I n i h n e n Sand sich, d a b be i Pheno l - p h t h a l e i n d o s e n zwischen 60 u n d 12o m g je K i l o g r a m m re- so rp t i ve G i f t w i r k u n g e n a n der Maus in E r s c h e i n u n g zu t r e t e n beg innen .

Sie bestehen in L~thmung bis zur Seitenlage ffir etwa 6 Stunden. Bei weiterer Steigerung der Dosis n i m m t such der Grad dieser Allgemeinwirkungen zu; bei 480 mg je Kilogramm t r i t t zur Seiten- lags noch Verschlechterung der Atmung nnd die Erscheinungen hal ten 23 Stunden an, bei 6oomg je Kilogramm t r i t t schwere L~th- mung auf, die bei Iooo mg je Kilogramm 20 Stunden vorhiiit.

Demgegeniiber sind die resorptiven GiJtwirkungen wesentlieh abgeschwdeht, wenn statt reinen Phenolphthaleins Agaroldosen gleichen Phenolphthaleingehalts gegeben werden. N o e h G a b e n yon i3o, 14o, 336, 434 u n d 473 m g P h e n o l p h t h a l e i n je Kilo- g r a m m s ind d a n n r e s o r p t i v s te t s ganz u n w i r k s a m , also Dosen bis z u m VierJachen der u n t e r s t e n , in r e ine r F o r m gif t igen P h e n o l p h t h a l e i n d o s i s . J a se lbs t yon 2 A g a r o l v e r s u c h e n m i t noch h S h e r e r Dosis wa r n u t im e inen (51o m g je K i log ramm) kurze, 3i/2 S t u n d e n w~hrende E r r egung , ke ine L ~ h m u n g zu b e o b a c h t e n , im a n d e r e n (534 mg) Sehlten alle r e s o r p t i v e n W i r k u n g e n .

4. Setzt nun aber die Agarol-,,Bindung", die d e m Pheno l - p h t h a l e i n den E i n t r i t t aus dem D a r m in den S i f t e s t r o m er- scbwer t , etwa such die 5rtliehe Wirkung au] die Darmsehleim- haut herab, die als Ab/i~hrwirkung therapeutisches Ziel ist? I n dieser F o r m gestel l t , l~13t sich die F r a g e a n der Maus n u r schwer prfifen, wel l sie i i b e r h a u p t r e c h t u n e m p f i n d l i e h gegen re izende A b f f i h r m i t t e l yon der A r t des P h e n o l p h t h a l e i n s ist, u n d well u m g e k e h r t den i ibr igen B e s t a n d t e i l e n des Agarols , vo r a l l em d e m Sein emulg i e r t en Paraff in61, wie a n ande re r Stel le a expe r imen te l l d a r g e t a n wurde, s ine Abf f ih rwi rkung , w e n n a u c h yon ganz a n d e r e m M e c h a n i s m u s ( , .Durchweichungs- w i r k u n g " auf die Skyba la ) z u k o m m t . S te l l t m a n abe r die Frage , wie die b e o b a c h t e t e A b f i i h r w i r k u n g z u s t a n d e k o m m t , ill den H i n t e r g r u n d , so zeigt s ich be i ve rg l e i chende r Messung de r AbJ~hrgrenzdosen yon P h e n o l p h t h a l e i n S~r sich u n d als Agaro l fo lgendes :

Phenolphthalein allein rus t s u c h n u r f l f icht ige e inmal ige (d. h. a n n u r e inem der in der g a n z e n P r t i fungspe r iode aus-

I. FEBRUAR I93o K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 9. J A H R G A N G . N r . 5 20 9

gesch iedenen K o t b a l l c h e n fes t s te l lbare) E r w e i c h u n g s w l r k u n g bel n i c h t ge r ingeren Dosen als lO m g je K i l o g r a m m hervor , e r s t bei 17 mg je K i l o g r a m m h a l t der Er fo lg der S tuh le rwei - c h u n g 1/ingere Zei t (6 S t u n d e n ) an. A b e r a u c h bei noch wel t h d h e r e n Dosen b l e i b t der Abf t ih re r fo lg a n de r Maus r e c h t uns icher , in i n s g e s a m t 13 Versuchen m i t G a b e n t iber io m g je K i l o g r a m m gab es noch 54 % Versager , und zwar a u c h n o e h n a c h 48o rag, ja se lbs t n a c h der h o c h s t e n G a b e (lOOO m g

' j e K i log ramm) . I n der Agarolyorm lag h ingegen die u n t e r e Grenzdos i s

de r S t u h l e r w e i c h u n g schon bei 3,5 m g P h e n o l p h t h a l e i n je K l l o g r a m m (fast 3 S t n n d e n lang Abf t ih rung) , also bei dreimal kleinerer Dosis, u n d in 16 Ve r suchen m i t Agaro /gaben en t - s p r e c h e n d 3 ,6- -534 m g P h e n o l p h t h a l e i n je K i l o g r a m m waren n u r 7 ( = 44%) Versager .

5. Alle h ie r f es tges te l l t en U n t e r s c h i e d e Iafl t Tabel le 2 n o c h m a l s z u s a m m e n :

I. Schwellenwert nachweisbarer Retent ion im Darm . . . .

2. Grenzwert, van dem aufwarts die nachweisbare Re ten tmn nicht mehr ausbleibt . . . .

3. Schwellenwert der resorptiven Nebenwirkungen . . . . . .

4. Schwellenwert der Abfilhrwir- kung . . . . . . . . . . .

5. Therapeutische I3reite als Quo- t ient van Zefle 3 und 4 - �9 �9

Tabelle 2.

Phenolphthalein

ungemlscht ] als Agarol

mg pro kg

(Jberlegen- helt der

Agarolform tiber rellleS Phenol- phtha, etil

W l e

3 I

7 I

4 t

5 I

20 I

7 , 0 2 , 7

2 0 , 0 2, 7

12o ,o .509,0

t7,o 3,6

7 I4~

In W a r r e n l a u t e t das aus Tabel le 2 e rs ich t l iche Gesamt - e rgebn is : i . V e r a b r e i c h t m a n P h e n o l p h t h a l e i n n i c h t ftir sich, s o n d e r n in ein /e ines Pa ra f f in61-Agar -Emulso id ( , ,Agarol") i nkorpor i e r t , so wi rd d a d u r c h die Resorbierbarkeit des Phenol- phthaleins noch bedeutend herabgesetzt. Bere i t s bei d re i fach n iedr ige re r Dosis wird v a n der R e s o r p t i o n zur i Jckgeha l tenes P h e n o l p h t h a l e i n im K o t e nachwe i sba r , e r s t s iebenfach h a h e r e Dosen r e inen P h e n o l p h t h a l e i n s s ichern die R e t e n t i o n eines n a c h w e i s b a r e n Antei ls . 2. Mit der Beeintrachtigung der Resorption gent eine M,inderung der resorptiven GiJtigkeit eg~her, n o c h das m e h r als Vier fache de r r e s o r p t i v gif t igen Grenzdose des r e inen P h e n o l p h t h a l e i n s is t in der Aga ro l fo rm ohne Al lgemeinwi rkung . 3. Dabei wird die AbJ,ihrwirkung selbst dureh die Agarolbindung nicht beeintrdchtigt, sondern ~,erstdrkt, f t inf fach k le inere Dosen werden d u t c h die Resorp- t i o n s v e r h t i t u n g u n d das Z u s a m m e n w i r k e n m i t den t ibr igen A g a r o l b e s t a n d t e i l e n schon z u m Abf t ih re r fo lg geb rach t . 4. So k o m m t es, dab bei reinem Phenolphthalein die Grenzdosis allgemeiner GiJtigkeit nur siebenmal grafter ist als die niedrigste Ab/.uhrdosis, beim Agarol hingegen, I40]ach hdher. Die thera- peutisehe Breite, die d u t c h diese S p a n n e zwischen ab f t i h rwi rk - s amer u n d a l lgemeing i f t ige r Schwel lendos is g e k e n n z e i c h n e t ist, ist also im AgaroI zwanzigJach grafter als im reinen Phenol- phthaIein. 5. Die e ingangs geste l l te Frage , ob es gel ingt , das P h e n o l p h t h a l e i n zu en tg i f ten , i s t n a c h den v o r s t e h e n d e n Ver suchen an der Maus zu be j ahen . Der E n t g i f t u n g s e r f o l g wlrd erziel t d u r c h innige phys lko -chemische Vere in igung des P h e n o l p h t h a l e i n s m i t Pa ra f f i n6 l u n d Aga r -Aga r ; diese Kom- bination, das Agarol, setzt dureh Resorptionsbehinderung die Allgemeingi/tigkeit des Phe~olphthaleins wesentlich herab, wdhrend zugleich durch dessen Zusammenwirken mit den i~brigen Bestandteilen der Kombination seine Ab/ahrwirkung nicht nur relativ, sondern auch absolut bedeutend verstdrkt wird.

L i t e r a t u r : 1 Z. med. Chem. I927, Nr IO/I2. -- 2 Arch. L exper. Path. Io7, 27I (1925). -- 3 Klin. Wschr. (ira Druck).

Klinische Wochenschrift, 9. Jahrg.

BLUTGRUPPENUNTERSUCHUNGEN AN NORMALEN UND MIT ABGETOTETEN TYPHUSBACILLEN

VORBEHANDELTEN KANINCHEN. Von

Dr. PAUL VON GARA. As~-lstent am Hyglene-Institut der Unlversitat Greifswald

(Dwektor: ProL Dr. med. et phil. E. G. DRESEL).

Se i tdem LANDSTEINER (I9OI) fes ts te l l te , d a b I s o a n t i - k a r p e r be im Menschen phys io log i sch sind, und d a b i n n e r h a l b des Menschengesch lech te s eine serologische Di f f e renz i e rung (Gruppenb i ldung) m6gl ich sei, i s t die L e h r e v a n de r Iso- a g g l u t i n a t i o n be im M e n s c h e n d u r c h eine groBe Zah l v a n U n t e r s u c h u n g e n u n d M i t t e i l u n g e n a u s g e b a u t warden .

Die ]3edeu tung de r Lehre v a n den B l u t g r u p p e n l iegt sowohl au f t h e o r e t i s c h e m wie au f p r a k t i s c h e m Geb ie t ; Physiologie , Pa thologle , Serologie, ger ich t l iche Medizin, Kl in ik u n d Ver- e rbungs - und K o n s t i t u t i o n s l e h r e s ind an ih r in g le icher Weise in te ress ie r t . U n t e r Z u s a m m e n f a s s u n g der e n t s p r e c h e n d e n L i t e r a t u r 1st in a u s f t i h r h c h e n M c n o g r a p h i e n v a n ~ R E I T N E R 1,

v a n LATTES 2, v a n HIRSZFELD ~ U. a. e i ngehend t iber die E r - gebmsse tier v e r s c h i e d e n e n F o r s c h u n g s g e b i e t e (bis 1925/26 ) b e r i c h t e t warden .

In de r B l u t g r u p p e n f o r s c h u n g be lm M e n s c h e n s ind s u c h h e u t e noch eine Reihe v a n P u n k t e n u m s t r i t t e n . H i e r h e r ge- hOrt vor a l l em die ftir die forens ische Medizin wich t ige Frage , ob die 331utgruppeneigenschMten k o n s t a n t sind, d. h. ob e in Mensch ze i t l ebens ein u n d de r se lben B l u t g r u p p e a n g e h 6 r t oder ob eine A n d e r u n g de r ]31utgruppe u n t e r p a t h o l o g i s c h e n B e d i n g u n g e n , infolge v a n K r a n k h e l t e n usw., e i n t r e t e n kann .

Der 8. Z iv i l s ena t des PreuB. K a m m e r g e r i c h t s h a t d u t c h BeschluB y a m 1i. X. 1927 und I2. X. 1928 ebenso wie sein Pr~isident LEONHARD4 die U n t e r s u c h u n g s m e t h o d e n als n i c h t zuverl~tssig beze i chne t u n d die K o n s t a n z de r B l u t g r u p p e liar ein und dieselbe Pe r son w ~ h r e n d des ganzen L e b e n s an- gezweifelt , v. SCI-IEURLEN 5 weis t m i t R e c h t d a r a u f hin, d a b sich die a b l e h n e n d e H a l t u n g des g e n a n n t e n Sena t s im wesen t - l ichen s t t i t z t auf zwei a n e r k a n n t e F e h l b e s t l m m u n g e n (wahr- sche in l ich infolge v a n Verwechs lungen) in den L a b o r a t o r i e n v a n SCHILLING und v a n SCHIIFF sowie auf die U n t e r s u c h u n g s - e rgebnisse v a n DIAMANTOPULOS% der a l le rd ings n u r m i t de r O b j e k t t r ~ g e r m e t h o d e g e a r b e i t e t u n d s t e t s n u r B lu t - k a r p e r c h e n p r u f u n g e n anges te l l t h a b e n soll (vgl. MAYSER~).

Aus d iesem u n d a n d e r e n G r t i n d e n lag es nahe , wie in v ie len Fa l l en de r mensch l i chen Physiol~gie und Pa tho log ie zur Kl~irung v a n B l u t g r u p p e n f r a g e n das T i e r e x p e r i m e n t he ranzuz iehen . Vor k u r z e m h a t HERLYN s das b isher ige E r f a h r u n g s m a t e r i a l t iber B l u t g r u p p e n bei T le ren z u s a m m e n - gefaBt.

t31utgruppenuntersuchungen an Kanincben stud nach OT'rEN- BERG u n d FRItgDM&NN 9, v a n F I S H B E I N 10, \ V E s c E s z K Y 11, SYNDI~R 12, FLEISCHER 13 U. a. vorgenommen warden. D~e Zahl der Versuchs- tiere schwankte bei den einzelnen Untersuehern van 22 bls zu 80 Tieren. Zusammenfassend 1st zu sagen, dab auf Grund dieser Untersuchungen bei Kaninchen Isoagglutmine auftreten konnen, jedoch ohne gesetzmXBige Ordnung etwa lm Sinne der beim Men- schen beobachte ten Gruppenbildung.

FLEISCI~ER (1. C.) beobachtete bei 2 Kaninchen, die er mit abgeta te ten Typhusbacil len immunisierte, dab diese beiden Tiere, be1 denen vorher Isoagglutinine nicht nachzuweisen waren, nach der Behandlung isoagglutinatorische Eigenschaften gegeniiber den Blut- k0rperchen eines Kanmchens zeigten. FLEISCHER weist in diesem Zusammenhang darauf hin, da8 . . . . . die En ts tehung der Isoagglu- t ination wemgstens beim Kaninchen auch sehr van individuell offenbar sehr verschiedenen Eigenschaften der Blutkarperchen abhange . . ." KUKOLEW 14 konnte eine Anderung der Isohamagglu- t inat ionsgruppe durch Vaccinierung mi t Typhus- und Para typhus-B- Impistoff nicht feststellen.

Die U n t e r s u c h u n g e n , t iber die h ie r b e r i c h t e t werden soll, w u r d e n a n K a n i n c h e n ausgefuhr t . Die e r s te B e s t i m m u n g erfolgte bei 3 ~ n o r m a l e n , noch in ke ine r Weise b e h a n d e l t e n Tieren, u m fes tzus te l len , ob s ich h ie rbe i eine b e s t i m m t e G r u p p e n e i n t e i l u n g e rgeben wtirde. Sp~iter w u r d e n diesen T le ren auf p a r e n t e r a l e m V~Tege Se rume iwe iBf rak t ionen oder

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