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LUAT Lehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. K. Görner Energiesystemtechnische Bewertung zur Nachrüstung von Kohlekraftwerken mit einer CO 2 -Rückhaltung Dipl.-Ing. Özgür Korkmaz Dr.-Ing. Gerd Oeljeklaus Univ.-Prof. Dr.-Ing. Klaus Görner 40. Kraftwerkstechnisches Kolloquium 2008 14.-15. Oktober 2008 Dresden, Deutschland

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LUAT

Lehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. K. Görner

Energiesystemtechnische Bewertung zur Nachrüstung von Kohlekraftwerken

mit einer CO2-Rückhaltung

Dipl.-Ing. Özgür Korkmaz Dr.-Ing. Gerd Oeljeklaus

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Klaus Görner

40. Kraftwerkstechnisches Kolloquium 2008

14.-15. Oktober 2008 Dresden, Deutschland

LUAT

Lehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. K. Görner

Copyright

Dieser Beitrag ist geistiges Eigentum der Autoren und des Lehrstuhls für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik der Universität Duisburg-Essen. Er darf nur in der umseitigen Form zitiert werden. Die Verwendung von Bildern, Tabellen und Ergebnissen bedarf der Zustimmung der Autoren oder des Lehrstuhls. Lehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik Universität Duisburg-Essen Leimkugelstraße 10 45141 Essen Tel.: +49 (0)201 183-7511 Fax: +49 (0)201 183-7513 www.luat.uni-duisburg-essen.de

Lehrstuhlinhaber: Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Klaus Görner

Korkmaz, Ö. et al. V5.1

Energiesystemtechnische Bewertung zur Nachrüstung von Kohlekraftwerken mit einer CO2-Rückhaltung

Ö. Korkmaz, G. Oeljeklaus, K. Görner Lehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik (LUAT), Universität Duisburg-Essen

1 Einleitung Mit fossilen Brennstoffen befeuerte Kraftwerke werden in Deutschland auch auf absehbare Zeit einen wesentlichen Anteil an der Stromerzeugung übernehmen. Um die strengen Kli-maschutzziele des 2005 von Deutschland ratifizierten Kyoto-Protokolls einhalten zu kön-nen, werden zukünftig neben Maßnahmen zur Effizienzsteigerung bei der Stromerzeugung zunehmend auch die CO2-Abscheidung und -Speicherung an Bedeutung gewinnen. Im vorliegenden Beitrag wird die Integration einer aminbasierten CO2-Rauchgaswäsche mit anschließender CO2-Verflüssigung in den Kraftwerksprozess eines mit Steinkohle be-feuerten Dampfkraftwerks dargestellt und die hiermit einhergehenden Einflüsse auf den Kraftwerksbetrieb erläutert. Als Basiskraftwerk für das Steinkohle-Dampfkraftwerk dient die Konzeptstudie „Referenz-kraftwerk NRW“, das gegenwärtig mit einem Nettowirkungsgrad von 45,9 % ohne CO2-Rückhaltung den Stand der Technik darstellt. Hierauf aufbauend werden zunächst Schnitt-stellen zwischen der CO2-Rauchgaswäsche zum Kraftwerk aufgezeigt. Die bedeutendste Schnittstelle ist hierbei die kraftwerksseitige Bereitstellung von thermischer Energie für die Regenerierung des Amins durch prozessinternen Dampf. Die entsprechenden Anzapf- und Entnahmedampfstellen werden in einem ersten Schritt auf die für die CO2-Rauchgas-wäsche erforderlichen Kriterien hinsichtlich Dampfmenge, Dampfdruck und Dampftempe-ratur charakterisiert und bewertet. Im Anschluss hieran wird der sich aus der Dampfent-nahme für die Regenerierung des Waschmittels ergebende reduzierte Durchsatz durch die Dampfturbine und die hieraus resultierenden Einflüsse auf den Kraftwerksbetrieb mit Hilfe von kraftwerksspezifischen Kenngrößen, wie z.B. Nettoleistung und Nettowirkungsgrad, diskutiert. Darüber hinaus werden Möglichkeiten zur Verbesserung des Kraftwerksprozes-ses mit einer CO2-Rückhaltung aufgezeigt, in dem die bei der CO2-Rauchgaswäsche an-fallenden Wärmen gewinnbringend in die Speisewasservorwärmung des Kraftwerkspro-zesses integriert werden.

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2 Das mit Steinkohle befeuerte 600 °C-Dampfkraftwerk Bild 1 zeigt das Schaltbild des mit Steinkohle befeuerten 600 °C-Dampfkraftwerks. Als Ba-siskraftwerk dient die Konzeptstudie „Referenzkraftwerk NRW“ der „VGB PowerTech“, die gegenwärtig den Stand der Technik darstellt [1]. Das vorliegende Modell zum Dampfkraft-werksprozess umfasst sowohl die thermodynamische Abbildung des Wasser-/ Dampf-kreislaufes, als auch des Brennstoff-/ Luft-/ Rauchgasweges.

Bild 1: Darstellung des mit Steinkohle befeuerten 600 °C-Dampfkraftwerks

2.1 Wasser-/ Dampfkreislauf

Der Wasser-/ Dampfkreislauf setzt sich im Wesentlichen aus dem Dampferzeuger, der Dampfturbine bestehend aus der Hochdruck-, Mitteldruck- und Niederdruckturbine, dem Kondensator, der Speisewasserpumpe und der achtstufigen, regenerativen Speisewas-servorwärmung zusammen. Das auf eine Temperatur von 303,4 °C vorgewärmte Speise-wasser wird im Dampferzeuger überkritisch verdampft, überhitzt und anschließend der einflutigen Hochdruckturbine bei 600 °C und 285 bar über die Frischdampfleitung zuge-führt. In den Hochdruckstufen des Turbosatzes wird der Frischdampf entspannt, wobei der Hochdruckturbine an zwei Stellen Teilströme für die Vorwärmung des Speisewassers in zwei der drei Hochdruckvorwärmern entnommen wird. Der verbleibende Massenstrom wird im Dampferzeuger zwischenüberhitzt und bei 620 °C und 60 bar der doppelflutigen Mitteldruckturbine zugeführt. In den Mitteldruckstufen des Turbosatzes werden Anzapf-massenströme für den dritten Hochdruckvorwärmer, den Speisewasserbehälter und einen Niederdruckvorwärmer abgezweigt. Der verbleibende Dampf wird zur ND-Turbine geleitet und nach Entnahme der Anzapfmassenströme für die drei ND-Vorwärmer auf den Kon-

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densatordruck von 45 mbar entspannt. Das Kondensat wird über die Speisewasserpum-pen und Vorwärmer wieder dem Dampferzeuger zugeführt. Die Vorwärmung des Speise-wassers wird in acht Vorwärmstufen, fünf im Niederdruckbereich und drei im Hochdruck-bereich, realisiert. Die Aufheizung des Speisewassers erfolgt in Temperaturschritten von jeweils 34 K, so dass das Speisewasser eine Temperatur von 303,4 °C bei Eintritt in den Dampferzeuger aufweist.

2.2 Brennstoff-/ Luft-/ Rauchgasweg

Verglichen mit dem geschlossenen Wasser-/ Dampfkreislauf werden im offenen Brenn-stoff-/ Luft-/ Rauchgasweg kontinuierlich die beiden Eduktströme Luft und Steinkohle zu-geführt. Diese werden im Kessel größtenteils in heiße Rauchgase umgewandelt. Ein ge-ringer Teil wird als Asche bei einer Temperatur von 300 °C aus dem Kessel ausgetragen. Die Umgebungsluft wird mit Hilfe eines Frischluftgebläses angesaugt und vor Eintritt in den Kessel im Luftvorwärmer auf eine Kesseleintrittstemperatur von 350 °C vorgewärmt. Die Verbrennung der Steinkohle mit der vorgewärmten Umgebungsluft erfolgt im Kessel mit einer Luftzahl von 1,15. Der Kesselwirkungsgrad beträgt 95 % und das abgekühlte Rauchgas verlässt den Kessel bei einer Temperatur von 360 °C, bevor es in die Entsti-ckungsanlage weitergeleitet und mit Hilfe von Ammoniak behandelt wird. Im Anschluss an die Entstickungsanlage wird das Rauchgas im Luftvorwärmer von knapp 360 °C auf 115 °C abgekühlt und im Elektrofilter entstaubt. Über ein Sauggebläse wird das Rauchgas schließlich der Entschwefelungsanlage zugeführt und anschließend in die Umgebung bei knapp 50 °C emittiert.

3 Nachrüstung des Kraftwerksprozesses mit einer CO2-Rückhaltung

Tabelle 1: Darstellung der für die CO2-Rückhaltung benötigten Komponenten mit Angabe ihres Einsatzzweckes, für die die kraftwerksseitigen Energieströme bereitges-tellt werden müssen.

Energieform Komponenten Einsatzzweck

elektrische Energie

• zusätzliche REA • zusätzliches Geblä-

se • CO2-Verdichter • CO2-Wäsche

• Reduzierung des SOx-Anteils < 10 ppm • Kompensation der Druckverluste im Ab-

sorber • Verflüssigung des CO2 • Waschmittelumlauf

thermische Energie (zuzuführende Wärme)

• Reclaimer • Reboiler

• Aufkochen des Waschmittels • Regenerierung des Waschmittels

thermische Energie (abzuführende Wärme)

• Rauchgaskühler • Waschmittelkühler • Zwischenkühler

CO2-Verdichtung

• Verbesserung der Absorption + Reduzie-rung des Energiebedarfs für das zusätzli-che Gebläse

• Verbesserung der Absorption • Energetische Optimierung der CO2-Ver-

dichtung + Abscheidung von Wasser

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Die Integration einer CO2-Rückhaltung bestehend aus einer CO2-Rauchgaswäsche mit anschließender CO2-Verflüssigung in den Kraftwerksprozess stellt eine Möglichkeit dar, das CO2 in Kraftwerksrauchgasen zu reduzieren. Zur CO2-Rückhaltung wird elektrische und thermische Energie (s. Tabelle 1) benötigt, die kraftwerksintern bereitgestellt werden müssen. Nachfolgend werden das Modell zur CO2-Rauchgaswäsche und -Verflüssigung sowie die Einbindung dieser in den Kraftwerksprozess dargestellt.

3.1 Die aminbasierte CO2-Rauchgaswäsche

Bild 2: Darstellung der aminbasierten CO2-Rauchgaswäsche

Bild 2 zeigt das Schaltbild der aminbasierten CO2-Rauchgaswäsche. Bevor das CO2-reiche Rauchgas am Austritt aus der Kraftwerks-REA in den Absorber geleitet wird, findet eine Vorbehandlung des Rauchgases statt, um insbesondere den SOx-Anteil (der zum größten Teil aus SO2 und einer geringen Menge SO3 besteht) abzusenken. Die Reduzie-rung des kraftwerksseitig einzuhaltenden SOx-Grenzwertes von 200 mg/m3 auf einen vor Eintritt in die CO2-Rauchgaswäsche erforderlichen SOx-Grenzwert von ca. 10 mg/m3 ist erforderlich, um eine irreversible Degradation von Aminen durch Bildung hitzebeständiger Salze zu vermeiden. Eine Möglichkeit der verbesserten SOx-Abscheidung auf Konzentra-tionen von 10 mg/m3 stellt der Einsatz einer zweiten REA dar, die im Rahmen der vorlie-genden Analysen berücksichtigt wird [2]. Im Anschluss an die zweite REA wird das Rauchgas mit Hilfe eines Gebläses, das die im Absorber auftretenden Druckverluste ausgleicht, zum CO2-Absorber geleitet. Das CO2-reiche Rauchgas tritt im unteren Bereich der Absorberkolonne ein und wird im Gegens-trom mit der Waschlösung geführt. Während das CO2-arme Rauchgas am Absorberkopf in die Atmosphäre geleitet wird, wird die beladene Waschlösung am Absorbersumpf abgezo-gen und nach Vorwärmung im Gegenstromwärmeübertrager dem Desorber zugeführt. Hier finden durch Wärmezufuhr mittels Dampf aus dem Kraftwerksprozess die Desorpti-onsreaktionen statt. Das dabei im Desorber aus der Waschlösung ausgetriebene CO2 ge-langt mit Anteilen von Wasserdampf in den Desorberkopf und wird vor Eintritt in die CO2-Verdichtung gekühlt. Bei der Kühlung anfallendes Wasser wird dem Desorber zurückge-

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führt. Die regenerierte Aminlösung gelangt in den Desorbersumpf, wird dort abgezogen und nach Durchströmen des Gegenstromwärmeübertragers und des Waschmittelkühlers wieder in die Absorptionskolonne geleitet.

3.2 CO2-Verflüssigung

Die Konditionierung des mit Wasserdampf gesättigten CO2-Gasstroms aus der aminba-sierten Rauchgaswäsche für den Transport und die Speicherung erfordert zunächst die Verdichtung des CO2. In Bild 3 ist die Verflüssigung des CO2-Gases nach Austritt aus der CO2-Rauchgaswäsche am Beispiel einer 5-stufigen Verdichtung dargestellt.

Bild 3: Darstellung der Verflüssigung des mit Wasserdampf gesättigten CO2-Gases am Beispiel einer 5-stufigen Verdichtung

Das mit Wasserdampf gesättigte CO2-Gas tritt mit einer Temperatur von 40 °C und einem Druck von 1,6 bar in die erste Stufe der 5-stufigen Verdichtungsstrecke ein. Jede Stufe der Verdichtungsstrecke besteht aus einer Verdichterstufe, in der die Druckanhebung erfolgt und einem Kühler mit anschließendem Wasserabscheider, in dem das auf eine Tempera-tur von ca. 40 °C gekühlte, mit Wasserdampf gesättigte CO2 am Kühleraustritt von dem auskondensierten Wasser abgetrennt wird. Lediglich in der letzten Stufe ist kein Wasser-abscheider vorhanden, da hier das CO2 überkritisch vorliegt und somit nicht vom Wasser getrennt werden kann. Die Zwischenkühlung kann mit Hilfe von Wasser aus dem Kühl-wasserkreislauf des Kraftwerksprozesses realisiert werden. Aufgrund der parallelen Was-serzuführung zu den einzelnen Kühlern ist der Eintrittszustand des Wassers am Kühlerein-tritt identisch. Das aufgewärmte Wasser wird anschließend zusammengeführt und wieder zum Kraftwerksprozess geleitet.

3.3 Einbindung der CO2-Rückhaltung in den Kraftwerksprozess

Wie in Tabelle 1 dargestellt, führt die kraftwerksinterne Bereitstellung aller für die CO2-Rückhaltung benötigten Energien dazu, dass der Kraftwerksprozess, neben der Bereitstel-lung von Wärme in Form von Dampf für die Regenerierung des Waschmittels, zusätzlich elektrische Energie und Kühlwasser für den Wärmeaustrag aus der CO2-Rückhaltung zur Verfügung stellen muss. Da das Waschmittel im Desorber auf eine Temperatur von ca. 130 °C aufgeheizt wird, muss der benötigte Dampf jedoch bestimmte Kriterien erfüllen. Ein

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wichtiges Kriterium ist, dass der Dampf unter Berücksichtigung einer Grädigkeit von 10 K im Reboiler eine minimale Sattdampftemperatur von 140 °C bzw. einen minimalen Satt-dampfdruck von 3,6 bar aufweisen muss. Grundsätzlich bieten sich hierfür neben dem Dampf aus der Zu- bzw. Ableitung zur Hoch-, Mittel- und Niederdruckturbine Anzapfdampf an, der zur Vorwärmung des Speisewassers dient. Aufgrund der vorgegebenen Anzapf-stutzenquerschnitte an den Anzapfdampfstellen ist jedoch keine nennenswerte Wärme-entnahme für die Waschmittelregenerierung möglich. Eine Vergrößerung der Anzapfstut-zenquerschnitte wird als nicht durchführbar angesehen, so dass die Einbindung von An-zapfdampf für die CO2-Rauchgaswäsche im Rahmen des vorliegenden Beitrages nicht näher betrachtet wird. Ebenfalls nicht berücksichtigt wird die Dampfentnahme aus der Frischdampf- und der kalten Zwischenüberhitzungsleitung, da hier die Dampfentnahme zu einer Verschiebung der Wärmelast im Kessel führt. Die nachfolgenden Untersuchungen konzentrieren sich daher ausschließlich auf die Dampfentnahme aus der Zuleitung zur Niederdruckturbine.

4 Analysen zum Kraftwerksverhalten mit einer CO2-Rückhaltung bei Dampfentnahme aus der Überströmleitung zur ND-Turbine

Die Dampfentnahme aus der Überströmleitung zur ND-Turbine für die Waschmittelregene-rierung im Desorber führt dazu, dass es in der Zuleitung zur ND-Turbine zu einem Druck-abfall kommt, der in Abhängigkeit von der Dampfentnahmemenge eine Unterschreitung des für den Reboiler benötigten Mindestdruckes von 3,6 bar (tSattdampf = 140 °C) zur Folge haben kann. Bei einem Rückhaltegrad von 90 % (entspricht einem CO2-Strom des Refe-renzkraftwerkes von 103 kgCO2/s) und einem spezifischen Wärmebedarf zwischen 3 - 4 GJ/tCO2 führt die für die Regenerierung benötigte Dampfmenge zu einem deutlichen Druckabfall des ND-Dampfes in der Zuleitung zur ND-Turbine unterhalb des vom Reboiler geforderten Mindestdruckes von 3,6 bar. Eine Maßnahme, den Druckabfall auf den vom Reboiler geforderten Mindestdruck von 3,6 bar zu begrenzen, stellt der Einbau einer Dros-sel in die Zuleitung zur ND-Turbine dar. Dem Vorteil der Drossel, der Einhaltung des von der CO2-Rauchgaswäsche geforderten Mindestdampfdruckes in der Überströmleitung zur ND-Turbine, stehen Drosselverluste des ND-Dampfes und die hiermit einhergehende Stromeinbuße gegenüber. Aus Bild 4 geht hervor, bei welchen Rückhaltegraden der Einbau einer Drossel notwendig ist, um den Mindestdruck im Reboiler von 3,6 bar in Abhängigkeit vom spezifischen Wär-mebedarf einzuhalten. Für einen spezifischen Wärmebedarf der CO2-Rauchgaswäsche von 3 GJ/tCO2 ist ein Rückhaltegrad von 60 % erreichbar, ohne dass es in der Überström-leitung zur ND-Turbine zu einer Druckabsenkung unterhalb der 3,6 bar kommt. Mit zu-nehmendem spezifischem Wärmebedarf von 3 auf 4 GJ/tCO2 geht der sich ohne Einbau einer Drossel ergebende Rückhaltegrad bei 3,6 bar von 60 auf 45 % zurück. Um einen

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geforderten Rückhaltegrad von 90 % einzuhalten ist es in jedem Fall erforderlich, eine Drossel in die Überströmleitung zur ND-Turbine einzubauen.

Bild 4: Darstellung des Rückhaltegrades für das Kraftwerk ohne und mit Einbau einer Drossel in die Überströmleitung zur ND-Turbine bei Einhaltung des vom Reboiler geforderten Druckes von 3,6 bar in Abhängigkeit vom spezifischen Wärmebedarf der CO2-Rauchgaswäsche

Ein Vergleich zwischen dem Kraftwerksprozess ohne CO2-Rückhaltung und dem Kraft-werksprozess mit CO2-Rückhaltung (90 %) zeigt Tabelle 2. Es ist zu erkennen, dass die Bruttoleistung des Kraftwerks mit CO2-Rückhaltung bei nahezu gleicher Feuerungswärme-leistung des Kessels mit 500,6 MWel um knapp 100 MWel geringer ist als die Bruttoleistung des Kraftwerks ohne CO2-Rückhaltung. Der Grund für die Leistungsreduzierung liegt im Wesentlichen in dem durch die Dampfentnahme in der Überströmleitung resultierenden reduzierten Durchsatz durch die ND-Turbine begründet. Der reduzierte Durchsatz führt einerseits dazu, dass es zu einer Abnahme des in der ND-Turbine umgesetzten Dampfes kommt. Andererseits arbeiten die ND-Turbinen infolge des reduzierten Durchsatzes im Teillastzustand, so dass der ND-Dampf in der Turbine schlechter umgesetzt wird. Weiter-hin ergeben sich durch die Drossel in der Überströmleitung Drosselverluste, die ebenfalls zu einer Stromeinbuße führen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die CO2-Rückhaltung bei einem spezifischen Wärmebedarf der CO2-Rauchgaswäsche von 3,5 GJ/tCO2 zu einer Leistungsabnahme von 555,6 MWel auf 404,2 MWel um ca. 151 MWel führt. Hieraus resul-tiert eine Abnahme des Nettowirkungsgrades von 45,87 % auf 33,36 % um 12,51 %-Punkte.

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Tabelle 2: Vergleichende Gegenüberstellung des Kraftwerks ohne und mit CO2-Rückhal-tung (90 % Rückhaltegrad) bei einem spezifischen Wärmebedarf der CO2-Rauchgaswäsche von 3,5 GJ/tCO2

Kraftwerk ohne CO2-Rückhaltung

Kraftwerk mit CO2-Rückhaltung

Feuerungswärmeleistung MWth 00001211,20000 00001211,60000 Bruttoleistung Kraftwerk MWel 00000600,20000 00000500,60000 Eigenbedarf Kraftwerk MWel 00000044,40000 00000044,30000

Leistung zusätzliche REA MWel - 00000007,20000 Leistung zusätzliches Gebläse MWel - 00001215,50000 Leistung der Pumpen und Aggregate in der CO2-Rauchgaswäsche MWel - 00000010,30000

Leistung der CO2-Verdichter (5-stufig) MWel - 00000029,10000

Nettoleistung Kraftwerk MWel 00000555,60000 00000404,20000 Nettowirkungsgrad % 00000045,87000 00000033,36000

In Bild 5 sind zusammenfassend die Nettoleistung und der Nettowirkungsgrad des Kraft-werks mit CO2-Abtrennung abhängig vom spezifischen Wärmebedarf der CO2-Rauch-gaswäsche zwischen 3 bis 4 GJ/tCO2 dargestellt. Die Erhöhung des spezifischen Wärme-bedarfs von 3 auf 4 GJ/tCO2 führt zu einer Reduzierung der Nettoleistung von 420 MWel auf 390 MWel um 30 MWel, während der Nettowirkungsgrad von 34,62 % auf 32,15 % um knapp 2,5 %-Punkte abgesenkt wird.

Bild 5: Darstellung der Nettoleistung und des Nettowirkungsgrades in Abhängigkeit vom spezifischen Wärmebedarf für die CO2-Rauchgaswäsche

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5 Verbesserung des Kraftwerksprozesses mit CO2-Rückhaltung durch Einbindung der Abwärme aus der CO2-Rauchgaswäsche in die Speisewasservorwärmung

Bei den in Kapitel 4 dargestellten Untersuchungen werden die in der CO2-Rauchgas-wäsche und -Verflüssigung anfallenden Wärmen über den Kühlwasserkreislauf des Kraft-werksprozesses abgeführt. Dabei wird ein Teilstrom des aus dem Kraftwerkskondensator austretenden Kühlwassers bei einer Temperatur von ca. 30 °C entnommen. Das erwärmte Kühlwasser wird anschließend der Kühlwasserleitung vor Eintritt in den Kühlturm zuge-führt, so dass die Wärme der CO2-Rückhaltung vollständig über den Kühlturm an die Um-gebung abgegeben wird. Eine Option, die bei der CO2-Rückhaltung anfallende Wärme gewinnbringend im Kraft-werksprozess zu integrieren, stellt die Einbindung in die Speisewasservorwärmung dar. Dies führt dazu, dass der für die Vorwärmung des Speisewassers benötigte Anzapfdampf eingespart und in der Turbine umgesetzt werden kann, so dass die Stromausbeute erhöht wird. Am Austritt aus den ersten beiden ND-Vorwärmern herrschen Temperaturen von ca. 50 °C bzw. 80 °C. Unter Berücksichtigung einer Grädigkeit von 10 K im Wärmeübertrager muss zur Vorwärmung des Speisewassers bei Substitution des 1. ND-Vorwärmers die Wärme in der CO2-Rauchgaswäsche eine Mindesttemperatur von 60 °C und bei Erset-zung des 1. und 2. ND-Vorwärmers eine Mindesttemperatur von 90 °C bei entsprechender Wärmemenge aufweisen. Der Waschmittelkühler (s. Bild 2) zur Kühlung der CO2-armen Waschlösung vor Eintritt in den Absorber kann zur Vorwärmung des Speisewassers auf eine Temperatur von 50 °C am Austritt aus dem 1. ND-Vorwärmer verwendet werden, so dass der 1. ND-Vorwärmer durch Einbindung der im Waschmittelkühler anfallenden Wär-me ersetzt werden kann. Für die weitere Vorwärmung des Speisewassers erfüllt der CO2-Kühler der CO2-Rauchgaswäsche am Desorberkopf (s. Bild 2) ebenfalls die Anforderun-gen hinsichtlich Temperaturniveau und Wärmemenge, so dass der 2. ND-Vorwärmer durch die abzuführende Wärme im CO2-Kühler der CO2-Rauchgaswäsche substituiert werden kann. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass nur ein Teil der im Waschmittel- und CO2-Kühler abzuführenden Wärmemenge in das Speisewasser integriert werden kann, so dass, trotz Abwärmenutzung, in jedem Fall Kühlwasser vom Kraftwerksprozess für die CO2-Rauchgaswäsche bereitgestellt werden muss. In Bild 6 sind die Nettoleistungen des Kraftwerksprozesses mit CO2-Rückhaltung für die drei Varianten (keine Abwärmenutzung, Substitution 1. ND-Vorwärmer, Substitution 1. + 2. ND-Vorwärmer) einander vergleichend gegenübergestellt. Verglichen mit dem Kraftwerks-prozess ohne Integration der Abwärme aus der CO2-Rauchgaswäsche führt die Einbin-dung der im Waschmittelkühler anfallenden Wärme bei Ersetzung des 1. ND-Vorwärmers und bei Reduzierung des spezifischen Wärmebedarfs der CO2-Rauchgaswäsche von 4 nach 3 GJ/tCO2 zu einer Leistungssteigerung von 0,8 bis 1,5 MWel. Bindet man darüber hinaus die Wärme des CO2-Kühlers am Desorberkopf der CO2-Rauchgaswäsche in die

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Speisewasservorwärmung ein, so dass zusätzlich der 2. ND-Vorwärmer ersetzt werden kann, beträgt die Leistungssteigerung zur Variante ohne Abwärmenutzung zwischen 3,2 und 5,3 MWel.

Bild 6: Vergleich der Nettoleistung des Kraftwerksprozesses mit einer CO2-Rückhaltung ohne und mit Nutzung der Abwärme aus der CO2-Rauchgaswäsche

6 Zusammenfassung Die Nachrüstung von Kohlekraftwerken mit einer CO2-Rückhaltung stellt eine Option dar, um das bei der Verbrennung von Kohle anfallende CO2 aus den Kraftwerksrauchgasen zu entfernen. Im vorliegenden Beitrag wurde die Integration einer aminbasierten CO2-Rauch-gaswäsche mit anschließender CO2-Verflüssigung in den Kraftwerksprozess eines mit Steinkohle befeuerten Dampfkraftwerks dargestellt und die hiermit einhergehenden Ein-flüsse auf den Kraftwerksbetrieb erläutert. Hierbei geht aus den Analysen hervor, dass ausgehend vom Kraftwerksprozess ohne CO2-Rückhaltung (555,6 MWel,Netto / 45,87 %Netto) der Kraftwerksprozess mit CO2-Rückhaltung eine deutliche Leistungseinbuße erfährt. Für die Variante ohne Abwärmenutzung variiert die Nettoleistung in Abhängigkeit vom spezifi-schen Wärmebedarf der CO2-Rauchgaswäsche zwischen 390 bis 420 MWel, während der Nettowirkungsgrad Werte zwischen 32,15 % und 34,62 % annimmt. Somit ergibt sich bei Reduzierung des spezifischen Wärmebedarfs der CO2-Rauchgaswäsche von 4 auf 3 GJ/tCO2 eine Steigerung der Nettoleistung um 30 MWel. Neben der Reduzierung des spezifischen Wärmebedarfs stellt die Einbindung von Wärme aus der CO2-Rauchgas-wäsche in die Speisewasservorwärmung des Kraftwerksprozesses eine weitere Möglich-keit dar, eine Verbesserung des Gesamtprozesses herbeizuführen. Dabei hat sich gezeigt,

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dass mittels Integration der Wärme aus dem Waschmittelkühler der CO2-Rauchgas-wäsche der 1. ND-Vorwärmer ersetzt werden kann. Der Leistungszugewinn ist jedoch ver-glichen mit dem Prozess ohne Abwärmenutzung mit 0,8 bis 1,5 MWel eher gering. Bindet man darüber hinaus die Wärme aus dem CO2-Kühler der CO2-Rauchgaswäsche ein, so kann neben dem 1. ND-Vorwärmer zusätzlich der 2. ND-Vorwärmer substituiert werden. Dies führt im Vergleich zum Gesamtprozess ohne Wärmenutzung zu einer Leistungsstei-gerung zwischen 3,2 und 5,3 MWel. Hierbei ist anzumerken, dass bei beiden Varianten (Substitution 1. ND-Vorwärmer, Substitution 1. + 2. ND-Vorwärmer) nur ein Teil der bei der CO2-Rauchgaswäsche anfallenden Wärme in die Speisewasservorwärmstrecke des Kraftwerksprozesses integriert werden kann, so dass in jedem Fall Kühlwasser vom Kraft-werksprozess für die CO2-Rauchgaswäsche zur Verfügung gestellt werden muss.

7 Referenzen [1] Konzeptstudie Referenzkraftwerk Nordrhein-Westfalen (RKW NRW), VGB Power-

Tech e.V. (Gesamtprojektleitung), Stand Februar 2004, herausgegeben von der VGB PowerTech e.V.

[2] Engelking W.: Die Rauchgasreinigung im Zusammenspiel mit CO2-Minderungs-

maßnahmen, Workshop „Kraftwerke sind mehr als Turbinen und Kessel“, 28. Feb-ruar 2007, Gelsenkirchen

[3] Fruth M.: Kraftwerk mit 700 °C Technologie und einfache Modellierung der MEA-

Wäsche, EBSILON-Anwendertagung, 23. November 2007, Bensheim

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Kontaktinformation: Universität Duisburg-Essen Lehrstuhl für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik (LUAT) Leimkugelstr. 10, 45141 Essen Fax: +49 (0)201 183-7513 Internet: http://www.luat.uni-duisburg-essen.de

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