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EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE Einführung in die Wirtschaft-, Arbeits- und Organisationspsychologie Vorlesung/Übung, 3 SWS/5ECTS Menschenbilder in der AOW-Psychologie 1

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EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Einführung in die Wirtschaft-, Arbeits-und Organisationspsychologie

Vorlesung/Übung, 3 SWS/5ECTS

Menschenbilder in der AOW-Psychologie

1

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Literatur

• Kapitel 1 aus: Kirchler (2005). Arbeits- und Organisationspsychologie.

Wien: UTB

• Roethlisberger, F.J. (1941). The Hawthorne Experiments. In F.J.

Roethlisberger, Management and Morale. Cambridge, MA: Harvard

University Press. Nachdruck in J.M. Shafritz & J.S.Ott (Hrsg.), Classics

of Organization Theory (5.Aufl., S. 158-166). Belmont, CA: Wadsworth.

• Taylor, F.W. (1916). The principles of scientific management. Bulletin

of the Taylor Society, December 1916. Nachdruck in J.M. Shafritz &

J.S.Ott (Hrsg.), Classics of Organization Theory (5.Aufl., S. 61-72).

Belmont, CA: Wadsworth.

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Was ist ein Paradigma?

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Was ist ein Paradigma?

(Griechisch παράδειγµα parádeigma - „begreiflich machen“; Plural

Paradigmen oder Paradigmata) bedeutet „Beispiel“, „Vorbild“,

„Muster“ oder „Abgrenzung“, „Vorurteil“; in allgemeinerer Form auch

„Weltsicht“ oder „Weltanschauung“.

Seit dem späten 18. Jahrhundert (Georg Christoph Lichtenberg)

bezeichnet Paradigma eine bestimmte wissenschaftliche

Lehrmeinung, Denkweise oder Art der Weltanschauung. Wenn sich

eine solche grundlegend ändert, nennt man das Paradigmenwechsel.

(aus de.wikipedia.org)

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Was ist ein Paradigma?

Thomas S. Kuhn (1922-1996)

„Einerseits steht er [, der Begriff, ] für die ganze

Konstellation von Meinungen, Werten, Methoden usw., die

von den Mitgliedern einer gegebenen Gemeinschaft geteilt

werden. Andererseits bezeichnet er ein Element in dieser

Konstellation, die konkreten Problemlösungen, die, als

Vorbilder oder Beispiele gebraucht, explizite Regeln als

Basis für die Lösung der übrigen Probleme der 'normalen

Wissenschaft' ersetzen können." (Kuhn ,1981 [1969],

S.186)

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Die EnteDie Ente/Das Kaninchen

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Paradigmen bestimmen (u.a.) ...

… die Fragen, die gestellt werden

… die Wahl der Methoden

… die Interpretation der Beobachtungen

… Generalisierung und (Weiter-) Entwicklung von Theorien

… die Kommunikation in der Scientific Community

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Thomas S. Kuhn (1922-1996)

• Stetig wachsende, sich „verbessernde“ Wissenschaft ist ein Irrtum

• Vielmehr wechselnde Phasen:

Normale Wissenschaft � krisenhafte Erschütterung (Anomalien) �

Wissenschaftliche Revolution (Paradigmenwechsel) �

Normale Wissenschaft …

• Neues Paradigma nicht zwangsweise besser, sondern existiert, weil Forscher sich dazu entscheiden

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Ludwik Fleck (1896 – 1961)

• Von der gesamten Scientific Community geteilte Paradigmen in der Psychologie kaum vorhanden(Kuhn nannte diesen Zustand „Vorparadigmatische Wissenschaft“ im Gegensatz zur „Normalwissenschaft“, in der ein vorherrschendes Paradigma existiert)

• Flecks „Denkstil“ hier evtl. passender

• Bereits Erkanntes beeinflusst die Art und Weise wie Neues erkannt wird

• Erkenntnis ist sozialer Prozess

• Forscher ist eingebunden in ein soziales Milieu, in einem Denkkollektiv mit bestimmten Denkstil

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Menschenbilder

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Menschenbilder

• Annahmen oder „Bilder“ über „den Menschen“

• Bezugssysteme, die Werte und Verhaltensweisen von Individuen und der gesamten Gesellschaft beeinflussen

• Menschenbilder sind soziale Konstruktionen, die im wissenschaftlichen Diskurs entwickelt, akzeptiert, kritisiert und im Laufe der Zeit verändert werden

• Menschenbilder bestimmen im Wesentlichen Forschungsfragen, Forschungsmethoden und Theorieentwicklung

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Persönliche-keitsförder-lichkeit

dezentral/flach auf Einzel- oder Gruppenbasis

Individuali-sierungskon-zepte

soziotechnisches System

Complex man

Persönlich-keitsförder-lichkeit

dezentral/flach auf Einzel- oder Gruppenbasis

Aufgaben-erweiterung

soziotechnisches System

Selfactualizing man

Zufriedenheit, Wohlbefinden

zentral/büro-kratisch, auf Gruppenbasis

Human Relationssoziales SystemSocial man

Wirtschaft-lichkeit, Schädigungs-freiheit

zentral/büro-kratisch, auf Einzelbasis

tayloristische Rationalisierung

technisches System

Economic man

Bewertungs-kriterien

Organisations-strukturen

Gestaltungs-konzepte

Organisations-verständnis

Menschenbilder

Menschenbilder

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Menschenbilder

1. Economic Man

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Annahmen Economic Man

Mensch ist...

... verantwortungsscheu

... nur durch monetäre Anreize motivierbar

... handelt völlig zweckrational und strebt nach egoistischer Nutzenmaximierung

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Annahmen Economic Man

Taylor, 1916, S.61

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Soldiering (~ Faulenzen, langsam arbeiten)

Taylor, 1916, S.63

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

‚Scientific Management‘ Frederick W.Taylor (1856-1915)

Ziel:

–Optimierung von Arbeitsabläufen

–Erhöhung der Produktivität

Annahmen:

–Menschenbild des ‚economic man'

–Arbeiter: höhere Löhne; Arbeitgeber: höherer Gewinn

–Individueller Arbeiter als Analyseeinheit

Taylorismus: Wissenschaftliche Betriebsführung

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

4 Prinzipien

1. Wissen akkumulieren � Hinarbeiten auf „One Best Way“

2. Wissenschaftliche Personalselektion

3. Schulung des Personals

4. Trennung von Kopf- und Handarbeit

Taylorismus: Wissenschaftliche Betriebsführung

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

• Relevante Analyseeinheit ist das Individuum, das durch

monetäre Anreize motivierbar ist.

• Arbeiter sind „Maschinen“, deren Ineffizienz durch

entsprechende Gestaltung von Werkzeugen und

Arbeitsabläufen beeinflussbar ist.

• Der Arbeiter ist ein zu manipulierender Faktor, welcher

der Produktivitätssteigerung dient.

Trennung von Kopf- & Handarbeit: Scientific Management

Taylorismus: Wissenschaftliche Betriebsführung

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Beispiel einer Kleiderfabrik (Frey, 1920)

Aufgabe: Frauen mussten in bestimmte Längen geschnittene Fäden einfädeln, wachsen und dann Knöpfe annähen.

Vor der wissenschaftlichen Betriebsführung •Jede schnitt selbst die Fäden in beliebiger Länge ab und fädelte sie in Nadeln ein •Die "wissenschaftlichen" Analysen zeigten, dass dabei Verluste auftreten können: „Entweder schneiden die Mädchen die Fäden zu kurz ab und müssen zu oft einfädeln, oder sie schneiden sie zu lang ab, was Zeitverluste beim Ausziehen der Fäden bedeutet.“

Taylorismus: Wissenschaftliche Betriebsführung

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

• Den Frauen wurden Fäden verschiedener Länge gegeben• Dann wurde registriert, wie viele Knöpfe in gegebener Zeit angenäht

wurden• Optimale Fadenlänge wurde festgestellt

Nach der wissenschaftlichen Betriebsführung• Spezialisierung im Abschneiden• Spezialisierung im Annähen• nur Frauen „mit optimaler Arm- und Fingerlänge“ eingestelltAber...

• Trotz „Personalauswahl“ interindividuelle Leistungsunterschiede • Klagen über Belastung und Müdigkeit• Autonomie: durch selbständiges Wählen der Fadenlänge mehr

Wohlbefinden, mehr Leistung

Taylorismus: Wissenschaftliche Betriebsführung

Beispiel einer Kleiderfabrik (Frey, 1920)

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

• ein Arbeiter hatte für heißes Wasser zu sorgen,

• ein anderer den Seifenschaum zu machen,

• ein dritter ihn auf das Gesicht aufzutragen,

• ein vierter das Messer abzuziehen,

• ein fünfter zu rasieren,

• während noch einige andere das Waschen, Trocknen und Parfümieren des rasierten Gesichts zu versorgen hatten

� jeder dieser Arbeiter ist hoch entwickelter Spezialist

„… ein so geringer Grad von Fertigkeit und gewerblicher Erfahrung, wie er sie sich bei seiner Arbeit aneignet, dürfte für ihn, für sein Gewerbe und für die Allgemeinheit von geringem praktischen Wert sein." (Frey, 1920, S. 24).

Taylorismus: Wissenschaftliche Betriebsführung

Beispiel einer Barbierladen (Frey, 1920)

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Taylorismus in der heutigen Arbeitswelt?

Kennen Sie Beispiele, wo auch heute noch Arbeit tayloristisch organisiert ist?

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Taylorismus in der heutigen Arbeitswelt?

Videos

–Kaizen (ca. 1:47min)

–Frederick Taylor – The biggest bastard ever (ca.

20 min)

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Kritik an der wissenschaftlichen Betriebsführung

HOXIE-Kommission: Systematische Trennung von Kopf- und

Handarbeit führt zum formalen Abbau von Qualifizierungsmaßnahmen

Frey (1920): Menschen lassen sich nicht in die Schablonen eines

starren mechanischen Systems zwingen � kein „one best way“

Münsterberg (1912): „...ruft mancherlei charakteristische Schäden

hervor, vor allem manche Einschnürung und Verkümmerung der

seelischen Ganzheit.“ Seelische & körperliche Schäden, Abbau der

intellektuellen Leistungsfähigkeit, Passivität auch in der Freizeit

Lewin (1928): Entwürdigung der Arbeit durch ins Extrem getriebene

Arbeitsteilung ohne Rücksicht auf die Seele des Arbeitenden

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Hugo Münsterberg (1863-1916) & die Psychotechnik

„Psychologie und Wirtschaftsleben“ (1912)

Monotonie

–von Außenstehendem nicht beurteilbar

–von Dispositionen des Individuums abhängig

Psychotechnik

–Übernimmt den Begriff von Wilhelm Stern (Anwendung der Psychologie auf alle Lebensbereiche)

–Einengung des Begriffs: Industrielle Psychotechnik

Weitere frühe arbeitspsychologische Positionen

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Hugo Münsterberg (1863-1916) & die Psychotechnik

Subjektpsychotechnik Objektpsychotechnik< wichtiger <

Anpassung des Menschen an die

Arbeitsbedingungen

Anpassung der Arbeitsbedingungen

an den Menschen

z.B.:• Berufskunde/ Berufsberatung• Arbeiterauslese und Verteilung• Anlernung und Schulung• Umgang mit Menschen

z.B.:• Pausenstrukturierung• Lichtwirtschaft• Unfallverhütung• Betriebsorganisation

Weitere frühe arbeitspsychologische Positionen

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Kurt Lewin (1890-1947):

Mühe

Last

Kraftaufwand

Reduktion des Aufwands

auf Minimum

Wachstum

Entwicklungsmöglichkeit

Lebenswert

Steigerung des

Lebenswerten der Arbeit

„Diese Fähigkeit der Arbeit, dem individuellen Leben Sinn und Gewichtzu geben, wohnt irgendwie jeder Arbeit inne, ob sie schwer oder leicht,abwechslungsreich oder monoton ist, sofern sie nur keineScheinleistungen hervorbringt wie das sinnlose Hin- und Herstapelnvon Holz in Gefängnishöfen“ (Lewin, 1920, S. 11, zitiert nach Kirchler, Meier-Pesti &Hofmann, 2004)

„Die 2 Gesichter der Arbeit“(1920)

Weitere frühe arbeitspsychologische Positionen

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Willy Hellpachs (1877-1955) Aufgabenbegriff:

„Vollständige Aufgabe“(1922):

– Planung

– Entwurf

– freie Wahl von Ausführungsmöglichkeiten

Aber: Ziel war technologische Optimierung der Arbeitsabläufe

– Formierung der Arbeitenden zu Gruppe nur Folge

(Gruppenfabrikation)

– Hellpach hielt Übertragung von vollständigen Aufgaben und

Aufgabenerweiterung nicht für möglich

Weitere frühe arbeitspsychologische Positionen

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Menschenbilder

2. Social Man

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Annahmen Social Man

– Arbeitender Mensch wird im Wesentlichen von sozialen Motiven geleitet (anstatt nur von materiellen Anreizen)

– Zugehörigkeitsgefühl zur Organisation und Identität hängt von seinen sozialen Beziehungen ab

– Handelt eher noch informellen Regeln seiner Gruppe als nach offiziellen Regeln der Organisation

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Die Hawthorne Studien (Mayo, 1933; Roethlisberger & Dickson 1939)

1924-32 in der Western Electric Company

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Die Hawthorne Studien (1)

Ausgangslage:

– Unbefriedigende Produktionsziffern

– Hohe Kündigungsraten

Studie: Gruppe von Frauen hatte die Aufgabe Telefonrelais zu montieren.

– UV: Beleuchtung, Arbeitszeit und Arbeitspausen

– AV: Arbeitsleistung, Verhalten und Gesundheit

– Interviews als neue, „revolutionäre“ Methode

Elton Mayo & Fritz Roethlisberger

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Die Hawthorne Studien (2a)

Ergebnisse irritierend!

Arbeitsleistung verbesserte sich durch:

– Verstärkung der Beleuchtung

– Einführung zusätzlicher Pausen

– Abgabe einer kleinen Zwischenmahlzeit

– Verkürzungen der täglichen Arbeitszeit

– Rücknahme all dieser Änderungen

– auch in der Kontrollgruppe

Ergebnisse der Interviews

– Auch wenn Beschwerden nachgegangen wurde, hörten diese nicht auf, und umgekehrt (s. Beispiel nächste Folie)

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Die Hawthorne Studien (2b)

(Roethlisberger, 1941, S.163)

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Die Hawthorne Studien (3)

Weitere ErgebnisseGruppe von Akkordarbeitern arbeitete nicht so viel sie konnten, sondern richtete sich nach vier sozialen Normen:

– Nicht zu viel, sonst ist man „Akkordbrecher“– Nicht zu wenig, sonst ist man ein „Gauner“– Nichts zum Supervisor sagen, was jemanden der Gruppe schaden

könnten, sonst ist man „Denunziant“– Nicht zu übertrieben die berufliche Rolle ausleben („If you are an

inspector you should not act like one“)

Resultate als Effekte der sozialen Situation – Sonderbehandlung und Gespräche zwischen den Arbeiterinnen und

Studienleitern (Versuchsleitereffekte)– Informelle Kontakte zwischen den Arbeiterinnen

Die Bedeutung informaler sozialer Beziehungen innerhalb formaler Organisationsstrukturen wurde erkannt.

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Kritik an Hawthorne Studien

Mayo und Mitarbeiter haben wichtige Informationen unterschlagen (McIlvaine Parsons, 1970er Jahre):

Testpersonen arbeiteten unter privilegierten Bedingungen, erhielten bessere Löhne; wurden von den gar nicht so freundlichen Studienleitern mehrfach wegen Schwatzhaftigkeit gerügt. Ihnen wurde sogar angedroht, wieder an ihre alten Arbeitsplätze zurückgeschickt zu werden, wenn sie ihre Arbeitsleistungen nicht steigern würden. Zwei Frauen wurden durch "kooperationswillige" ersetzt. Teilnehmerinnen erhielten ein regelmäßiges Leistungs-Feedback und die Aufforderung, so schnell wie möglich zu arbeiten.

ABER hat Sichtweise der organisatorischen Arbeitsbedingungen fundamental verändert!

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Human-Relations-Bewegung

Schock der Hawthorne-Studien

Motivation durch Lohn undSozialkontakte

Ökonomische Funktion von Arbeit => Produkterzeugung

Soziale Funktion von Arbeit => Zufriedenheit

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Erkenntnisse zum Menschenbild „Social Man“

• Das Organisationsverständnis konzentriert sich primär auf das soziale System.

• Individuen haben nicht nur materielle Motive, sondern auch soziale Motive, Werte und Einstellungen. Gefühle spielen eine wichtige Rolle.

• Die Auswahl der Mitarbeiter basiert auf Überlegungen der Übereinstimmung der Werte der Mitarbeiter. Formale Kriterien und Fähigkeiten zur Aufgabenerledigung sind weniger wichtig, als das Verständnis des Teams.

• Informelle Kommunikationsstrukturen innerhalb der Organisation sollen gefördert werden.

• Bewertungskriterien für „gute“ Organisationen sind Zufriedenheit und psychosoziales Wohlbefinden

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Beispiele: Social Man in der Gegenwart

• JDM: Ultimatum Spiel � Die Relevanz von „Fairness“

wurde von der Ökonomie erkannt

• Steuerforschung: Slippery Slope Modell (Kirchler,

Hoelzl, & Wahl, 2008)

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Menschenbilder

3. Selfactualizing Man

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

– Arbeitnehmer streben nach Selbstverwirklichung. Motiv zur Arbeit ist der darin liegende Sinn.

– Bedürfnis sich weiterzuentwickeln. Nur möglich, wenn…

• autonome Entscheidungen möglich

• Chancen auf längerfristige Entwicklung bestehen

• die Möglichkeit auf Veränderungen flexibel zu reagieren gegeben ist

– Zwischen individuellem Streben nach Selbstverwirklichung und Organisationszielen besteht nicht zwingend ein Konflikt!

– Menschen sind primär intrinsisch motiviert

Annahmen Selfactualizing Man

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Ein alter Mann wurde täglich von den Nachbarskinderngehänselt und beschimpft. Eines Tages griff er zu einerList. Er bot den Kindern eine Mark an, wenn sie amnächsten Tag wiederkämen und ihrer Beschimpfungenwiederholten. Die Kinder kamen, ärgerten ihn und holtensich dafür eine Mark ab. Und wieder versprach der alteMann: „Wenn ihr morgen wiederkommt, dann gebe icheuch 50 Pfennige.“ Und wieder kamen die Kinder undbeschimpften ihn gegen Bezahlung. Als der alte Mann sieaufforderte, ihn auch am nächsten Tag, diesmal allerdingsgegen 20 Pfennige zu ärgern, empörten sich die Kinder:Für so wenig Geld wollen sie ihn nicht beschimpfen. Von daan hatte der alte Mann seine Ruhe. (nach Sprenger, 2002).

Intrinsische vs. ExtrinsischeMotivation

[Exkurs:]

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Die Aktivierung höherer Bedürfnisse hängt davon ab, ob rang-niedrigere Bedürfnisse ausreichend befriedigt sind oder nicht.

Maslow‘s Bedürfnispyramide (1958)

Physiologische Grundbedürfnisse Hunger, Durst

Sicherheitsmotive

Schutz, Angstfreiheit

Soziale Motive Kontakt, Liebe, Zugehörigkeit

Ich-Motive Erfolg, Status, Anerkennung

Selbstverwirklichung

Wachstu

msm

otive

Defizi

tmotive

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Maslow‘s Bedürfnispyramide (1958)

Kritik:• Interindividuelle Unterschiede in der Frage, ab wann ein Bedürfnis

befriedigt ist

• Hierarchische Anordnung nicht haltbar

• Bedürfnisklassen nicht eindeutig trennbar (Bsp. Essen mit Freunden)

• Bedürfnisse können substituiert werden, wenn sie nicht befriedigt werden

• Bestreben einzelne Motive zu verfolgen hängt von realen und subjektiven Möglichkeiten ab

• Wird stark von den Werten, Zielen und Normen der sozialen Gruppe beeinflusst

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg(Herzberg, Mausner & Snyderman, 1959)

Keine Unzufriedenheit (bessere Kontext-Bedingungen)

Unzufriedenheit (schlechtere Kontext-Bedingungen)

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Motivatoren„satisfyers“

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Beispiele für Hygienefaktoren und Motivatoren

Hygienefaktoren (dissatisfiers) Motivatoren (satisfiers)

• Führungsstil

• Unternehmenspolitik und -verwaltung

• äußere Arbeitsbedingungen

• Beziehungen zu Kollegen und Vorgesetzten

• Status

• Arbeits- Krisensicherheit

• Gehalt und Sozialleistungen

• persönliche berufsbezogene Lebensbedingungen

• Leistung/Tätigkeit selbst

• Anerkennung der eigenen

• Leistung

• Verantwortung

• Aufstieg und Weiterentwicklung

• Möglichkeit zum Wachstum

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

• Könnte Artefakt der Methode kritischer Ereignisse sein (nicht sehr valide, Attribuierung als wahrer Hintergrund?)

• Wurde als Motivationstheorie formuliert, ist aber eher der Arbeitszufriedenheitsforschung zuzuschreiben. Zusammenhang fraglich

• Generelle Zufriedenheit wurde nicht erfragt. Könnte sein, dass zwar einzelne Aspekte genannt wurden, die Un-/Zufriedenheit auslösten, aber generell Zufriedenheit herrscht.

Kritik an der Zwei-Faktoren Theorie

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Aufgabe von Führungskräften:

• Liegt nicht primär in der Kontrolle

• Anregen, unterstützen, fördern

• Im Unterschied zu „social man“ liegt Fokus auf

Individuum statt auf Gruppe

• Sind Mediatioren zwischen Organisationszielen und

ArbeiterInnen und sollen als Katalysatoren für

individuelle Arbeitsbedingungen sorgen, die

Selbstverwirklichung ermöglichen.

Selfactualizing Man in der Führungsforschung

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Theorie X & Theorie Y (McGregor, 1960)

• Führungskraft ist verantwortlich für Produktivität einer Organisation

• Muss Mitarbeiter leiten, motivieren, kontrollieren und Verhalten lenken

• Führungsstil und –verhalten hängt davon ab, welches Menschenbild die Führungskraft vertritt

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

McGregor unterscheidet zwei Menschenbilder:

Die Theorie X:

– Durchschnittsmensch ist von Natur aus träge, arbeitsscheu, ohne

Ehrgeiz

– Muss durch Belohnungsanreize und Sanktionen zur Arbeit

angehalten werden

– Übernimmt ungern Verantwortung und will geführt werden

� Solche Ansichten führen zu einem Führungsstil, der

auf Kontrolle und Autorität beruht

Theorie X & Theorie Y (McGregor, 1960)

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

McGregor unterscheidet zwei Menschenbilder:

Die Theorie Y:

– Durchschnittsmensch ist nicht passiv und Organisationszielen

gegenüber nicht gleichgültig

– Ist motiviert und will sich weiterentwickeln

– Ist bereit Verantwortung zu übernehmen

� Solche Ansichten führen zu einem Führungsstil, der

auf Partizipation und Selbstkontrolle der Mitarbeiter

basiert

Theorie X & Theorie Y (McGregor, 1960)

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Theorie X

Passives Arbeitsverhalten

Verantwortungsscheu,keine Initiative

Strenge Kontrollen und Vorschriften

daraus folgt

bewirktführt zu

bestätigt

Theorie Y

Engagement für die Arbeit

Initiative und Verantwortungs-

bereitschaft

Handlungsspielraum, Selbstkontrolle

daraus folgt

bewirktführt zu

verstärkt

Theorie X & Theorie Y (McGregor, 1960)

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Menschenbilder

4. Complex Man

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

– Die beschriebenen Menschenbilder vereinfachen und generalisieren

– In empirischen Studien wurden Bestätigungen für mehr oder weniger alle Menschenbilder gefunden

– Alle haben Ihre Berechtigung

� Schein (1980) formulierte deshalb das Menschenbilddes „complex man“. Soll inter- und intraindividuellenUnterschieden von Arbeitnehmern Rechnung tragen.

Annahmen Complex Man

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

1. Bedürfnisse variieren inter- und intraindividuell

2. Motive wirken nicht unabhängig voneinander, sondern sind zu

komplexem Muster verwoben

3. Häufig werden neue Motive im Austausch mit der Organisation

gelernt

4. Einzelne Person kann in verschiedenen Organisationen oder

verschiedenen Bereichen einer Organisation unterschiedliche Motive

verfolgen (z.B. Selbstverwirklichung in Freizeit)

5. Arbeitszufriedenheit und Effizienz lassen sich nur zum Teil auf

Motive der Arbeiter zurückführen

6. Führungsverhalten sollte Ansprüchen der ArbeitnehmerInnen

angepasst sein. Kein „one best way“!

Annahmen Complex Man nach Schein (1980)

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Kulturtheorie von Edgar Schein (1985)

Organisationskultur = Muster von Grundannahmen, die von

einer Organisation als erfolgreich erkannt bzw. gelernt

wurden

• Die Annahmen beschreiben den für die Organisation richtigen Weg mit Problemen kognitiv, emotional und konativ umzugehen

• Grundannahmen selbst sind nicht direkt beobachtbar

• Wirken sich auf das Organisationsverhalten aus

• Bestimmen was als Problem erkannt wird, welche Gefühle es auslöst und wie es gelöst werden kann

EINFÜHRUNG IN DIE AOW-PSYCHOLOGIE

Artefakte & Kreationen

Technologie

Kunst

Beobachtbare Verhaltensmuster

Physische Manifestationen (Logo, Kunst, Design, Kleidung…)

Manifestationen im Verhalten (Rituale, Traditionen, Kommunikationsmuster,…)

Verbale Manifestationen (Anekdoten, Witze, Spitznamen, Helden, Metaphern….)

Werte & Normen

Nur bei sozialem Konsens prüfbar!

Grundannahmen

Beziehung zur Umgebung

Beschaffenheit von Wirklichkeit, Zeit und Raum

Beschaffenheit der menschlichen Natur

Beschaffenheit der menschlichen Aktivität

Beschaffenheit der menschlichen Beziehungen

Homogenität vs. Vielfalt

Sichtbar, aber schwierig zu

entschlüsseln

Als gegeben hingenommen,

unsichtbar, vorbewußtHöherer Grad an Bewußtsein

Kulturtheorie von Edgar Schein (1985)