eine spurensuche zum phänomen des ‚nichthandelns’
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Eine Spurensuche zum Phänomen des ‚Nichthandelns’
im aktuellen Lebensvollzug
Wie kommt es zum Phänomen des ’Nichthandelns’ und wie vollzieht sich der Prozess des ’ins Handeln Kommens’ ?
Abschlussarbeit für die Ausbildung in Logotherapie
und existenzanalytischer Beratung und Begleitung
von
Ines Ruth Gronwald
Eingereicht: 20. Februar 2004 Erstleser: Dr. Christoph Kolbe Zweitleser: Helmut Dorra
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Zusammenfassung:
Diese Arbeit ist eine Spurensuche nach dem Phänomen des „Nichthandelns“ der
Menschen. Welche Lebenseinstellungen liegen vor, die den existenziellen
Lebensvollzug blockieren und welche Prozesse müssen eingeleitet werden, um
frei und authentisch das eigene Leben führen zu können?
Nach mehreren Beratungsgesprächen wird anhand der Biografie von Frau K.
aufgezeigt, wie schwer es ist, in den existentiellen Lebensvollzug zu gelangen.
Schlüsselwörter:
• Handeln, Reagieren und Nichthandeln
• Selbstbesinnung und Selbstbestimmung
• Freiheit und Verantwortung
• Grundmotivationen
Abstract:
This paper is a search for the phenomenon of non-acting of people. Which mental
attitudes are due to the blockades of existential way of living and which processes
must be initiated in order to live one´s own life in a free and authentic way? After
several counselling meetings according to the biography of Mrs. K. it will be
pointed out, how difficult it is to come into an existential way of living.
Key words:
• Acting, re-acting and non-acting
• Self-consciousness and self-determination
• Freedom and responsibility
• Fundamental motivations
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Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung 2
Inhaltsverzeichnis 3
Einleitung 4 - 6
I. Phänomene Handeln, Reagieren und Nichthandeln 6 - 10
I.1. Das Handeln 6 - 7
I.2. Das Reagieren 8
I.3. Das Nichthandeln 8 - 10
II. Aus der Biografie von Frau K. 10 - 13
III. Grundmotivationen 13 - 20
III.1. Sein-können 14 - 15
III.2. Leben-mögen 15 - 17
III.3. Selbstsein-dürfen 17 - 18
III.4. Sinnvolles-wollen 18 - 20
IV. Beratungsansätze im vorliegenden Fall 20 - 22
V. Schlusswort 22 - 24
VI. Literaturverzeichnis 25 - 26
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„Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt“ Mahatma Gandhi Einleitung:
Mich interessiert, welche Lebenseinstellungen vorliegen müssen, um in den
eigenen existentiellen Lebensvollzug zu gelangen und welche Phänomene dazu
führen, dass Menschen blockiert sind und sich selbst nicht oder nicht ausreichend
genug spüren.
Dieses Thema bewegt mich, weil ich selbst fast 40 Jahre meines Lebens benötigt
habe, um mich selbst zu spüren, um zu fühlen, was will „Ich“!
Im Rahmen einer dreijährigen Meditationsausbildung bei Masanobu Hirata in
Hermannsburg bin ich zum ersten Mal mit der Logotherapie und Existenzanalyse
nach Viktor E. Frankl in Berührung gekommen. In der Meditationsausbildung
sollten Körper, Geist und Seele gleichermaßen angesprochen werden. Neben der
Meditation, meditativem Tanz und Körperarbeit wurden mir die anthropologischen
Grundlagen der Existenzanalyse durch die Logotherapeutin Gisela Hirata
vermittelt.
Die Aussage in der Existenzanalyse: „Freiheit und Verantwortung bedingen
einander“, wurde für mich zu einem Schlüsselwort und hat mein Leben prägend
verändert. Ich habe es als einen Akt der inneren Befreiung erlebt, diesen Satz
ausgesprochen so zu hören: Dass es auf mich ankommt und zwar nur auf mich.
Ich bin frei zu handeln, wenn ich für mein Handeln, natürlich immer vor dem
Hintergrund meiner Möglichkeiten, die Verantwortung übernehme. Denn kein
anderer Mensch kann mir die Verantwortung für mein Leben und wie ich mein
Leben gestalten möchte, abnehmen. Die Erkenntnis, dass das, was ich in der
Meditation von mir gespürt habe, auch sein durfte, dass ich mich selbst ernst
nehmen darf und sogar muss, hat mich tief berührt und ins Handeln gebracht. Mir
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war mit einem Mal klar: Auch meine Bedürfnisse sind wichtig, genau so wichtig,
wie die Bedürfnisse der anderen wichtig sind. Diese Erfahrung hat mein bis dahin
stark ausgeprägtes Über-Ich-Denken radikal verändert. Ich begriff mit einem Mal
sehr elementar: Ich bin die „Gestalterin meines Lebens“. Ich kann alles tun, ich bin
frei, wenn ich bereit bin, für mein Handeln die ganze Verantwortung zu
übernehmen. Ich kann mich abgrenzen von dem, was andere wollen, denken oder
tun. Ich habe in jedem Fall die Freiheit, zu dem Wollen, Denken oder Tun der
anderen Stellung zu nehmen und die Möglichkeit, durch mein Handeln mein „Ja“
oder „Nein“ zu sprechen, mich zu entscheiden, was für mein Leben, für mich das
Richtige ist. Für mich kam es einer inneren Befreiung gleich, mich aus der
Umklammerung des „Fremdbestimmtseins“ zu lösen.
Durch meine Erfahrungen mit den Meditationsübungen im Zen habe ich gelernt,
im Alltag innezuhalten, in der Stille in mich hineinzuhören, mich wahrzunehmen
und zu spüren.
„ Die Selbstbesinnung erfolgt nach dem delphischen Imperativ `Erkenne dich
selbst!´; die Selbstbestimmung geschieht nach dem Wort von Pindar: `Werde,
der du bist!´“ (Frankl, 1984,145).
„Selbstbesinnung hat zunächst mit Selbstwahrnehmung zu tun.
Selbstwahrnehmung heißt spüren, wer ich selber bin und was ich selbst will. Das
aber erfordert den Mut, eine Begegnung mit mir selbst auszuhalten“. (Kolbe, 1993,
104)
Nach meiner Meditationsausbildung schloss sich die Ausbildung am
Norddeutschen Institut für Logotherapie und Existenzanalyse in Hannover bei
Dr. Christoph Kolbe an, und ich habe im Verlauf meiner Ausbildung das, was ich in
meinem Leben umgesetzt habe, in der Theorie der Logotherapie und
Existenzanalyse bestätigt gefunden.
In der Beratungsarbeit stelle ich immer wieder fest, dass die Erfahrung, die ich
gemacht habe, keine Selbstverständlichkeit ist. Mir begegnen Menschen, die
nicht in den eigenen Lebensvollzug gekommen sind.
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Mit dieser Arbeit möchte ich den Prozess des „ins Handeln Kommens“
beschreiben , die Vollzugsphänomene Handeln, Reagieren und Nichthandeln
erläutern und auf der Basis der vier Grundmotivationen Blockaden und Störbilder
herausarbeiten.
Aus der Praxis werde ich ein Fallbeispiel beschreiben und den Phänomenen des
„Nichthandelns“ nachspüren.
I. Phänomene Handeln, Reagieren und Nichthandeln I.1. Das Handeln Handeln setzt immer die freie Entscheidung des Willens voraus.
Natürlich ist das „Handeln“ eines Menschen immer vor dem Hintergrund seiner
Möglichkeiten zu sehen, aber da der Mensch ein geistiges Wesen ist, hat er auch
die Fähigkeiten in sich, immer wieder neu Stellung beziehen zu können, um ins
Handeln zu kommen.
„Was wir jedoch betonen, das ist die Tatsache, dass der Mensch als geistiges
Wesen sich der Welt – der Umwelt wie Innenwelt – nicht nur gegenübergestellt
findet, sondern ihr gegenüber auch Stellung nimmt, dass er sich zur Welt immer
irgendwie ‚einstellen’, irgendwie ‚verhalten’ kann und dass dieses Sich-Verhalten
eben ein freies ist“. (Frankl, 1994, 94).
Jeder Mensch kommt mit bestimmten Fähigkeiten und Begabungen auf die Welt,
die er sich nicht ausgesucht hat, die aber in ihm als Anlagen vorhanden sind. Er
wird in eine Familie, eine physische und soziale Umgebung hineingeboren, auf die
er keinen Einfluss hatte, die vorhanden war und ihn prägte. Aber der Mensch hat
durch seine Freiheit Stellung beziehen zu können die Möglichkeit, sein Leben
selbst in die Hand zu nehmen und es zu gestalten. Er kann also Dinge und
Situationen für sich sinnvoll verändern. Er kann aktiv in sein Leben eingreifen,
seine alten Muster verlassen, neu Ideen planen und entscheiden, wie er in Zukunft
leben möchte. Ob er die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzt oder
verfallen lässt, entscheidet er allein. „Er ist letztlich selbst der Gestalter seines
Lebens“ (Längle, 1987,18 ).
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Somit entscheidet der Mensch für sich selbst, ob er die Offenheit für die Welt, die
ihn umgibt, zulässt oder nicht. Diese Offenheit und Neugier ist aber nötig, damit er
sich auch selbst in der Welt entdecken kann. Denn diese offene Haltung zur Welt
stellt den Menschen vor Werte, und jede und jeder muss für sich die eigenen
Werte erspüren, für die es sich lohnt zu leben. Wenn mich Werte so stark
anziehen, dass ich nicht anders handeln kann als sie zu berücksichtigen, bin ich
auch bereit, Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen. Hier werde ich
unverwechselbar ich, weil jeder Mensch anders handelt und seine Werte anders
liegen. Ich bin also durch mein Handeln erkennbar. Es ist genau wie mit meiner
Handschrift. Die, die so schreibt, das bin unverwechselbar nur ich. Der Mensch
muss allerdings jeden Tag zwischen einer Vielzahl von Werten auswählen, und es
ist oft nicht einfach zu erkennen, ob es nun genau das ist, was ich wirklich will.
Die meisten Menschen leben eingebunden in der Familie, in Freundschaften und
im Beruf. Sogar in der Freizeit muss der Mensch sich immer wieder neu
entscheiden und sich die Frage stellen: „Will ich das wirklich immer noch?“. Kann
ich immer noch ganz hinter dieser Entscheidung stehen und es absolut vertreten,
auch vor meinem Gewissen? Höre ich auf mein Gewissen, diese innere Stimme ,
die unverwechselbar nur ich bin, und die sich oft leise meldet, die aber oft mit
vielen Sachargumenten zum Schweigen gebracht wird für eine gewisse Zeit , bis
sie sich wieder im Inneren regt und einen nicht so richtig zur Ruhe kommen lässt?
Es sind viele Fragen, die auftauchen und sich bemerkbar machen, und es gehört
Mut dazu, sich diesen vielen Fragen immer wieder zu stellen. Wann habe ich den
Mut, zu meiner inneren Stimme zu stehen, auch wenn meine äußere Situation
diesem inneren, authentischen Gespür entgegen seht? Unablässig stehe ich also
in der Spannung zwischen dem, was ist, oder vor dem, was werden kann. Beides
ist in mir vorhanden. Diese Dynamik oder Spannung, die da entsteht, stellt eine
Kraft dar, die einen Prozess in Gang bringen kann, der zu einer Entscheidung
führt. Der Prozess gestaltet sich bei jedem Menschen anders und immer wieder
neu. „ Der Mensch gestaltet sich mit seinen Entscheidungen selbst.“ (Frankl,
1984, 226)
Die Entscheidungen, die ich für mein Leben treffe, ziehen immer Konsequenzen
nach sich, mit denen ich dann leben muss. Aber auch meine „Unentschiedenheit“
hat Konsequenzen, mit denen ich leben muss.
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I. 2. Das Reagieren
„Dagegen ist das Reagieren abhängig vom äußeren Stimulus und Spiegelbild der
inneren Verfassung“. (Längle, 1997, 22.).
Andere Menschen geben mir einen Wert vor, und ich reagiere auf ihr Handeln,
ohne meinen eigenen Wert dagegen zu setzen. Menschen mit dieser Haltung
werden wie Schachfiguren hin und her bewegt und kommen nicht in ihren eigenen
Lebens-vollzug und somit auch nicht zu einer echten Sinnerfüllung.
Wenn ich reagiere, lebe ich von Impulsen, die von Außen kommen, aber ich prüfe
nicht, ob sie auch zu meinem Impuls werden sollen. Meine Stellungnahme fehlt.
Ich spüre mich nicht, ich weiß noch nicht, was ich will. Ich mache mich also von
Dingen abhängig, die in der Welt sind und mir ständig begegnen. Ich nehme sie
wahr, aber ich mache nichts mit ihnen. Werte, Normen, und Meinungen anderer
Menschen spielen in meinem Leben eine größere Rolle als meine eigene
Sichtweise der Dinge. Ich habe meinen eigenen Wert noch nicht entdeckt und
scheue mich vor der Verantwortung für mein Leben. Es kann sein, dass ich mein
„Eigenes“ noch nicht höre oder ich höre es ganz zart und leise und habe Angst
dazu zu stehen. Die Macht des Über-Ichs ist noch zu groß. Was sagen die
anderen, Eltern, Freunde, Nachbarn etc. dazu? Ich kann meine Position noch
nicht halten. Wenn meine Position, meine Stellungnahme nicht anerkannt wird, wo
bleibe ich dann?
Um dem Über-Ich, der Stimme, die einem sagt, was „man“ tut, zu entkommen,
muss der Mensch in der Lage sein, frei, autark und stark sein Leben zu führen, nur
dem eigenen Gewissen gegenüber verpflichtet.
Der Mensch, der seinem Gewissen folgt, bleibt in seiner Entscheidung frei und
übernimmt für seine Entscheidung die Verantwortung. Bleibt der Mensch aber in
der Macht des Über-Ichs stecken, kommt er auch nicht ins eigene Handeln.
I. 3. Das Nichthandeln Wenn ich mich selbst nicht erkenne; wenn ich nicht weiß, wer ich bin; wenn ich
nicht spüre, was ich will, dann kann ich auch nicht für mich eintreten und meine
Bedürfnisse deutlich machen. Ich kann nicht in die Auseinandersetzung treten
mit einem Gegenüber oder der Welt. Dann verharre ich in der mir vorgegebenen
Situation, erleide und erdulde alles, lege mir Ausreden zurecht, die in Sätzen
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gipfeln: „Ich könnte ja, wenn...; ich würde ja, aber...“. Das Ertragen der Situation,
auch wenn sie noch so ungeliebt ist, scheint immer noch besser zu sein als den
Mut aufzubringen, um ins Handeln zu kommen und sich der Angst vor dem
Neuen, das auf mich zukommt, auszusetzen. Habe ich so viel Grund in mir, um
diese neue Situation aushalten zu können? Ich bin dann ganz allein für diesen
Schritt, den ich gehe verantwortlich, ich muss die Verantwortung für mein Tun
übernehmen. Aber nur wenn ich einen Schritt vor den anderen setze, komme ich
voran. Wenn ich ganz bewusst gehe, wie in der Meditation, wird mir klar, welche
Bewegung ich da vollziehe. Aber keinesfalls, wenn andere mir sagen, was für
mich gut oder schlecht ist, dann bleibe ich auf der Stelle und lebe nicht, sondern
werde gelebt.
Der Mensch, der in dieser Haltung lebt, fühlt und interpretiert sein Dasein: so ist es
nun einmal, ich kann ja doch nichts machen. Er nimmt seine Schwächen als
gegeben hin, statt in ihnen eine Aufgabe der Selbsterziehung zu sehen. Auch
wenn man oft der eigenen Willensschwäche unterliegt und es sehr schwer ist, sich
selbst kritisch gegenüber zu treten, ist es doch möglich. Frankl hat den Begriff von
der „Trotzmacht des Geistes“ geprägt. D. h., ich muss mir auch von mir nicht alles
gefallen lassen!
„Die Freiheit der Person ist aber nicht nur eine Freiheit vom Charakter, sondern
auch eine Freiheit zur Persönlichkeit. Sie ist Freiheit vom Sosein und Freiheit zum
Anders-werden“. (Frankl, 1979, 220).
Wenn das Leben des Menschen auf Zukunft und Werden angelegt ist, so befindet
sich der Mensch in einem ständigen Prozess der Möglichkeiten zur Veränderung.
Er sieht sich immer wieder mit der Frage konfrontiert: Was mache ich aus meinem
Leben? Er sieht sich verantwortlich für sein konkretes und persönliches Dasein.
Der Mensch ist vor dem Hintergrund seiner Möglichkeiten das, wozu er sich selber
macht. Aber das gelingt nicht so nebenbei, das ist ein ständiger Lern- und
Veränderungsprozess, der ohne Auseinandersetzungen und sehr oft auch
schweren Verletzungen der Seele nicht möglich ist. Die Selbsterziehung ist also
noch weitaus wichtiger in unserem Leben als unsere Erziehung.
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Auch erlittene „Erziehungsfehler sind keine Entschuldigung, sondern durch
Selbsterziehung auszugleichen“. (Frankl, 1982, 130).
Ohne unsere Eltern wären wir nicht in dieser Welt, aber sie sind nicht der Grund
unseres Daseins. Deshalb hört die Verantwortung der Eltern für das Gelingen
unseres eigenen Lebens auch irgend wann einmal auf. Viele Menschen klagen
aber manchmal ihr Leben lang die Eltern oder die Gesellschaft an, an ihrem So-
Sein schuld zu sein. Der Widerstand gegen die Übernahme der eigenen
Verantwortung ist höher, als sich aus den ungeliebten Lebensumständen zu
befreien.
Wie kommt es nun zu solchen Lebenshaltungen, in denen die Menschen nicht in
den eigenen Lebensvollzug kommen, oft ein Leben lang nicht. Welche Kette von
Entscheidungen haben zu dem Muster ungelebten Lebens geführt und welche
Anstöße von Außen sind notwendig, um aus diesem Kreislauf auszusteigen, um
„Nein“ oder „Ja“ zu sagen und diesen Kreislauf des Nichthandelns in eigener
Sache zu durchbrechen und zu einem authentischen, eigenverantworteten,
sinnvollen und erfülltem Leben zu kommen.
Die Biografie von Frau K. verdeutlicht, wie schwer es ist, ohne Anstöße und Hilfe
von Außen, in den eigenen Lebensvollzug zu kommen.
II. Aus der Biografie von Frau K.
Frau K. , Jahrgang 1934, kommt aus einem behüteten Elternhaus, wie sie es nach
eigener Einschätzung formuliert. Sie beschreibt sich als ein immer sehr liebes,
braves und angepasstes Kind und als sehr bemüht, ihren Eltern alles Recht zu
machen. Familienfotos, die Frau K. zur ersten Stunde mitbringt, sollen mir
beweisen, wie glücklich und harmonisch es im Elternhaus zugegangen ist, damit
ich, wie sie sagt, „nicht schlecht von ihr denke“. Hauptsächlich ihre Mutter hat ihr
immer zur Seite gestanden. Bei ihr hat sie Sicherheit erfahren und sich immer Rat
holen können, wenn ihre eigene Lebenssituation sie überforderte.
Allerdings hat sie kaum die Möglichkeit gehabt, sich selbst zu entdecken und ihre
Lebensvorstellungen, zum Beispiel in schulischer und beruflicher Hinsicht, zu
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leben. Sie ist ein sehr kreativer Mensch und liebt schöne Dinge. Gerne wäre sie
Dekorateurin oder in einem gestaltenden Beruf tätig gewesen. Ihrem 3 Jahre
älteren Bruder wird der Besuch des Gymnasiums ermöglicht und das Schulgeld
aufgebracht, bei ihr wird der Satz geprägt:“ Du heiratest ja so wie so mal“. Das
Geld für die weiterführende Schule ist für Frau K. nicht vorhanden und sie ist auch
nicht in der Lage, für sich nach Alternativen zu suchen.
Frau K. berichtet, dass sie sich mit 20 Jahren in einen 7 Jahre älteren Mann
verliebt hat. Er ist Angestellter, spielt in seiner Freizeit in einer Band und wird von
den Frauen angehimmelt. Sie fühlt sich als etwas „Besonderes“, als er ihr den
Vorzug vor allen anderen Frauen gibt. Die Eltern warnen vor der Heirat, aber Frau
K. ist verliebt und glaubt, einen starken Mann gefunden zu haben, an den sie sich
anlehnen kann und mit dem sie glücklich wird. Sie widersetzt sich zum ersten Mal
dem Rat der Eltern und gleitet fast unbemerkt in die Abhängigkeit zu einem Mann.
Nun erfährt sie bitter, dass ihrer Meinung nach, ihre Eltern mit ihrer Meinung über
ihren Mann Recht behalten, denn nach der Hochzeit und der sich ankündigenden
Schwangerschaft untersagt ihr Ehemann ihr, dass sie ihn wie zuvor, zu seinen
Auftritten begleitet. Die häusliche Situation spitzt sich zu. Ihr Mann ist jedes
Wochenende mit der Band unterwegs, kommt betrunken nach Hause und schlägt
Frau K.. Sie fügt sich in ihr Schicksal, fühlt sich aber absolut allein und überfordert
mit dieser Situation. Sie sieht für sich keine Möglichkeit, ihre Lage zu verändern,
sich mit ihrem Mann auseinander zu setzen, für ihre Rechte zu kämpfen. Sie sieht
sich zerrissen zwischen den Ansprüchen ihres Mannes auf der einen Seite und
auf der anderen Seite dem Druck der Eltern ausgeliefert, sich von ihrem Mann zu
trennen. Es verstärkt sich das Gefühl bei Frau K., dass sie sich auf ihre eigenen
Gefühle und ihre innere Stimme nicht verlassen kann. Frau K. ist überfordert mit
der Frage wie sie ihr Leben mit ihrem Kind gestalten kann und was sie konkret an
Hilfe und Unterstützung benötigt, um in ihren eigenen Lebensvollzug zu gelangen.
Nach einer äußerst bedrohlichen Situation nimmt sie ihr Kind und findet Zuflucht
bei den Eltern. Sie fühlt sich weiterhin wie ein Spielball zwischen den Eltern und
ihrem Ehemann. Die Ehe wird nach zwei Jahren geschieden, aber sie schafft es
nicht, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Ihre Mutter zieht ihr Kind groß.
Frau K. übernimmt eher die Rolle der größeren Schwester, als dass sie Mutter für
ihr Kind ist. Sie muss keine Verantwortung übernehmen, die wird ihr von der
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Mutter gerne abgenommen, aber so begibt sie sich weiterhin in den Kreislauf der
Abhängigkeit zur Mutter. Wenn Frau K. andere Vorstellungen bezüglich
Kindererziehung etc. hat, stellt ihre Mutter sie vor die Alternative, sich ganz
zurückzuziehen, sozusagen als Drohgebärde: „Du wirst schon sehen, wie weit du
ohne mich kommst“. Frau K. ist mit dieser Situation überfordert. Der angedrohte
Liebesentzug der Mutter schüchtert Frau K. so ein und hält sie klein, dass sie
selbst ihr Ja zum Leben nicht sprechen kann und somit auch nicht in der Lage ist,
für sich und ihr Kind zu sorgen. Sie bleibt in der Abhängigkeit.
Fünf Jahre später lernt sie ihren zweiten Mann kennen, mit dem sie bis heute, also
seit über 40 Jahren, verheiratet ist. Sie sagt über ihn: „Er raucht nicht, er trinkt
nicht, sieht gut aus und ist ordentlich, nur die Liebe fehlt“. Trotzdem glaubt sie, mit
der erneuten Heirat endlich das Glück zu finden, nach dem sie sich sehnt.
Außerdem steht für sie an erster Stelle, den äußeren Schein zu wahren. Denn
was sollen nur „die Leute“ sagen und von ihr denken, wenn sie unverheiratet mit
einem Mann zusammenlebt, nach einer gescheiterten Ehe und mit einem Kind.
„Da kommt man schnell in Verruf“.
Doch mit der erneuten Heirat und dem äußeren Bild, „Es ist alles in Ordnung“,
willigt sie wieder in ein Leben ein, das nicht das ihre ist. Sie lebt in einer
Scheinwelt der äußeren Sicherheit. Die Liebe fehlt in dieser Beziehung und ein
ständiges Aneinanderreihen von Verletzungen und Böswilligkeiten beherrscht den
Alltag von Frau K., aus dem sie sich nach wie vor nicht befreien kann. Es herrscht
keine Achtung vor dem Anderssein des Partners, keine Akzeptanz und Liebe.
Seit nunmehr 5 Jahren redet sie mit ihrem Mann fast gar nicht mehr, obwohl sie
nach wie vor in einer Wohnung leben. Sie hat mit dieser Sprachlosigkeit als
Copingreaktion absolut „dicht gemacht“ wie sie sagt und „sie lässt sich nicht mehr
verletzen“.
Somit schneidet sie sich weiterhin von ihrem aktuellen Lebensvollzug ab. Frau K.
ist es in ihren fast 70 Lebensjahren nicht gelungen, aus ihren leidvollen
Erfahrungen zu lernen, sich selbst und ihre Bedürfnisse wichtig zu nehmen und
zu achten und ihre Lebensweichen so zu stellen, dass sie mit innerer Zustimmung
leben kann.
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Sie sagt, wenn sie über ihr Leben nachdenkt:“ Ich habe keinen Menschen, ich bin
ganz allein und es ist so unendlich traurig, wenn man erkennt, dass man sein
Leben nicht gelebt hat.“
Diese Schwere, die da im Leben von Frau K. spürbar wird, erträgt sie nicht und
deshalb flüchtet sie in ständige Aktivitäten (Seniorenkreis, Grüne Damen im
Krankenhaus ). Nach Außen trägt sie immer ein heiteres Gesicht, sie sagt: „ wie
es im Inneren aussieht, geht keinen etwas an“. Und dass sie das immer wieder
schafft, anderen Menschen etwas vorzuspielen, darauf ist sie stolz, das gibt ihr
Kraft zum Weiterleben.
Die unaufgearbeiteten Strebungen bei Frau K. im Sinne der Grundmotivationen
werden unter IV. dieser Arbeit näher erläutert. Zunächst gehe ich grundsätzlich auf
die Grundstrebungen ein, die Voraussetzung für gelingendes Leben und gute
Entfaltung bei jedem Menschen sind. Alle Menschen streben nach Halt, Schutz
und Raum und suchen Nähe, Liebe, Wertschätzung, aber auch Unabhängigkeit
und Autonomie, um den Sinn ihres Lebens zu erfahren.
III. Grundmotivationen
Die Grundmotivationen wurden von Alfried Längle 1993 in die Existenzanalyse
eingeführt. Sie vertiefen Frankls Motivationslehre, in dem sie die Aufmerksamkeit
auf drei menschliche Strebungen richten, die seiner Meinung nach dem Willen
zum Sinn voraus gehen:
• Der Mensch will den Grund des Seins empfinden
• Den Wert des Lebens fühlen
• Das Eigene, das Persönliche spüren.
Seinsfrage, Wertfrage und Rechtfertigungsfrage sind mit der Sinnfrage die vier
personal-existenziellen Grundfragen des Menschseins.
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III. 1. Grundmotivation - Sein-können -
Jeder Mensch wird ungefragt in die Welt hineingeboren und muss zunächst mit
den Gegebenheiten leben, die er vorfindet. Ein Säugling hat keine Möglichkeit,
seine Situation zu verändern, er ist darauf angewiesen, dass er einen Raum
vorfindet, wo er sein kann, wo er beschützt und gehalten wird, um sich entwickeln
zu können.
Im besten Fall sind dass die Eltern, die verlässlich dem Kind die Kontinuität des
Raums, des Versorgtseins mit Nahrung und Pflege bieten. Wenn dieser Raum für
ein Neugeborenes nicht vorhanden ist, entsteht schon sehr früh ein sehr
unsicheres Gefühl für die eigene Existenz, die ja so sehr auf Hilfe von Außen
angelegt ist. Sein Leben ist ohne Schutz und Halt sehr schnell massiv bedroht.
Also nur wenn wir uns in der Tiefe unseres Lebens gehalten wissen, wenn wir
diese Erfahrung gemacht haben, können wir auch gelassen sein. Wenn ich
gehalten werde, kann ich ja zum Leben sagen. Wenn der Mensch sich in der
Tiefe vertraut und annimmt, kann er auch schwierige Konflikte bestehen. Wenn
der Mensch spürt, dass er sein kann, findet er Halt.
Der Mensch ist also darauf angewiesen, bevor er selbst ein inneres Wissen vom
Gehalten-Sein erfährt, die Erfahrung zu machen, dass er von außen beschützt
und gehalten wird, dass er einen Platz in der Welt hat, wo er sein kann. Die
Erfahrung von Halt in der Welt ist die Voraussetzung, sich selbst anzunehmen und
damit auch die Welt.
Wenn aber der persönliche Lebensraum schon in den ersten Lebensjahren
bedroht ist, findet der Mensch keinen Halt in der Welt. Er erfährt schon sehr früh
in seinem Leben, die Welt ist unzuverlässig. Nichts ist sicher. Wenn ich nicht
aufpasse, mich nicht anpasse, bin ich verloren. Angst macht sich breit. Angst, die
sich sowohl in aggressivem Verhalten als auch in fehlender Eigenständigkeit
zeigen kann, hat hier eine Wurzel. Dem Menschen wird die Grundlage seines
eigenen Da-sein-Könnens entzogen, er hat kein Vertrauen in seinen eigenen
legitimen Anspruch auf Lebensraum gewinnen können, d.h., er ist nicht in der
Lage für sich zu handeln und ein Gespür zu entwickeln, dass er sein darf und zwar
mit allen seinen Gefühlen, Wünschen und Ideen, ohne Repressalien fürchten zu
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müssen. Es wird sich das Gefühl verstärken oder durchsetzen: „Ich bin allein“. Der
Mensch, der diese Grunderfahrung gemacht hat , spürt kein Vertrauen und kein
Geborgenheitsgefühl in sich und zur Welt.
Im Beratungsprozess werden folgende Fragen relevant:
• „Habe ich jetzt Orte oder einen Raum, der mir gehört?
• Was gibt mir Halt in meinem Leben – was kann ich jetzt endlich als Halt
spüren?
• Welche Menschen kann ich annehmen? Wem kann ich problemlos Raum
geben?
• Kann ich meine Welt annehmen und wirklich sein in ihr? Habe ich meinen
Raum, Ort und Halt? Was kann ich nicht annehmen? (Erfahrungen, Leid,
Krankheiten, Gefühle, Körper) Wie gehe ich damit um?“
(Längle, 1997,157)
Wer an innerer Raumnot leidet, wird ein Lebensgefühl der Enge und Begrenztheit
entwickeln, und aus Enge kann Angst werden. Es ist hilfreich und nötig, diese
Angst anzusprechen.
III. 2. Grundmotivation - Leben-mögen –
An äußeren Bedingungen wie Reichtum, Gesundheit und Begabung liegt es nicht,
ob der Mensch gerne lebt, Lebensfreude empfindet und „Ja“ zum Leben sagen
kann, oder unter Lebensangst und Lebensüberdruss leidet. Es braucht vielmehr
die wohlwollende Anerkennung anderer Menschen, die ihn so lieben und mögen
wie er ist, ohne dass er eine bestimmte Leistung erbracht hat oder ein bestimmtes
Verhalten zeigt. Diese Bestätigung des Angenommenseins in seinem „So-sein“
benötigt der Mensch nicht nur zu Beginn seines Lebens, sondern durchgehend
und immer wieder.
Damit wird der Grundstein gelegt für das Bewusstsein vom eigenen Wertsein und
dem Gespür, dieses kostbare Leben auch zu gestalten und als etwas wertvolles
und sinnvolles zu empfinden. Es wird vermittelt: „Es ist gut, dass es dich gibt, du
bist wichtig!“ Vertrauen in die eigene Kraft, Vitalität und Lebensenergie wächst
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und wird spürbar. Dem Menschen wird es möglich, seine Gefühle zu spüren,
Nähe, Wärme und Nähe zu erleben, Beziehungen emotional zu empfinden. Aber
auch Trauer, Leid und Schmerz, Verluste und Belastungen werden erfahren und
auch mit diesen Gefühlen muss und kann der Mensch sich auseinandersetzen.
„Die 2. Grundmotivation ist somit die Kraftquelle für das Erleben und Handeln und
bildet als solche den Rahmen der Emotionalität“. (Längle, 1997, 160)
Fehlt diese bedingungslose Annahme des Menschen in seinem Sosein, kann sich
also das Kind der Liebe seiner Eltern nicht sicher sein, so fühlt es sich nicht als
selbstverständlich getragen und geborgen und entwickelt schon sehr früh die
Überzeugung, dass es den eigenen Wert des Daseins ständig und immer wieder
neu unter Beweis stellen muss durch besonderes Nettsein und Bravsein.
“Wo nicht mehr feststeht, dass es mich geben darf, da werde ich versuchen
nachzuweisen, dass es mich geben muss, und je mehr in der Folgezeit von Muss
und Soll die Rede ist, desto mehr wird das Gefühl tagtäglich wachsen, dass das
ganze Leben sei wie eine Last, wie eine Pflicht“ (Drewermann, 1986, 104).
Wenn das Kind das Gefühl hat, es ist nicht gewollt, dann spürt es, dass ihm etwas
fehlt, was es sich selbst nicht geben kann. Es erlebt ein inneres Defizit, das es
durch Ehrgeiz und Leistungsstreben zu kompensieren versucht. Es definiert sein
eigenes Daseinsrecht über die Leistung und macht sich von der Leistungsfähigkeit
abhängig. Diese Kompensation ist ein Fass ohne Boden, und auch mit der
größten Anstrengung kann das Loch nicht gefüllt werden. Die Spirale dreht sich
immer tiefer, manchmal bis hin zur Depression. Das Leistungsdenken wird dann
kritisch, wenn ein Mensch außer seiner Leistung nichts findet, was ihm ein Recht
zu leben gibt. Er kann nicht für sich eintreten, für sich handeln, er erlebt sich als
fremdbestimmt und ist gefangen in den Ansprüchen anderer Menschen.
Im Beratungsprozess werden folgende Fragen relevant:
• „Bei wem mag ich gerne sein? Wer mag mich gerne bei sich? Hier und jetzt,
oder früher (biografisch) oder bei wem mag ich nicht sein?
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• Von wem erhalte ich Zuwendung? Wie geht es mir dabei? Kann ich es
annehmen und genießen oder gibt es Probleme? Erfahrung ist: lebendiger
werden.
• Was an mir mag ich (Körper, Gefühle, Verhalten) – und was nicht?
• Bei welchen Aufgaben und Handlungen habe ich das Gefühl, dass ich sie mag
und dass sie mir wichtig (wertvoll) sind? Wie sehr achte ich darauf?“
(Längle, 1997, 160)
Bei einem Lebensgefühl, das sich vorwiegend an den Bedürfnissen und
Erwartungen anderer Menschen und Situationen orientiert, entwickelt sich eine
Haltung der Überforderung und Depression. Der Mensch lebt auf Kosten seiner
Reserven, er kommt unter inneren Druck und kann in eine Abhängigkeit rutschen.
Die Begleiterscheinungen müssen in der Beratung in den Blick genommen
werden.
III. 3. Grundmotivation -Selbstsein-dürfen –
Jeder Mensch ist in seinem Personsein, in seinem Wesen einzigartig und
einmalig. Es gibt ihn nicht noch einmal! Und jeder Mensch möchte auch so sein,
wie er ist, mit seinen Stärken und Schwächen, möchte zu sich stehen können und
will vom anderen die Bestätigung, auch so sein zu dürfen wie er ist. Es geht um
die Würde des Menschen und sein Recht auf Authentizität. Der Mensch lebt in der
Spannung zwischen dem Recht auf das Eigene und der Verantwortung gegenüber
der Welt und seinen Mitmenschen.
Wenn ein Kind erfährt, dass es um seiner Selbstwillen geliebt wird und nicht weil
es eine Leistung erbringt, dann hat es den inneren Raum, um sich selbst zu
spüren und zu erfahren, dass es in seinem So-sein sein darf. Ein Wort von
Dostojewskij: „Lieben heißt, den anderen Menschen so sehen, wie Gott ihn
gemeint hat“. Ein Kind, das seine Gefühle nicht aus Angst vor Liebesentzug
unterdrücken muss, lernt auch mit seinen Empfindlichkeiten, seinen Gefühlen von
Wut, Rivalität und Verletztheit umzugehen. Sein Selbstvertrauen kann sich in der
Geborgenheit der Liebe und des Angenommenseins entwickeln. Der Mensch
entdeckt sich selbst als Person. Er kann für sich und andere einstehen, wenn es
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notwendig ist. Im tiefsten Inneren sagt uns unser Gewissen, was Frankl als das
„Sinnorgan“ des Menschen bezeichnet, was stimmig und damit richtig für uns ist.
Hier fühlen wir, was existentiell für uns notwendig ist und was wir zu tun haben.
Wenn wir den für uns erkannten Wert leben, erfahren wir den Sinn unseres
Lebens.
Wenn der Mensch nicht erfahren hat, dass er um seiner Selbstwillen geliebt wird,
dann empfindet er „sein in der Welt sein“ als ein „nicht-so-sein-dürfen“ wie man ist.
Wie schmerzhaft und traurig ist es, wenn Menschen erkennen, dass noch nicht
einmal die eigenen Eltern einen so annehmen können, wie man ist. Wer keine
Möglichkeit hat, sein Eigenes zu leben, wird abhängig von der Zuwendung
anderer. Anpassung ist also der sicherste Weg, sich von sich selbst zu entfernen.
Kinder haben in ihrem Lebensvollzug bei solchen Strukturen aber kaum eine
Möglichkeit bei sich zu bleiben und für sich zu handeln, da sie ja von den
Erwachsenen abhängig sind, die mit ihnen leben. Dieses Gefühl von Abhängigkeit,
von Unfreiheit, von Angepasst sein zieht sich dann wie ein roter Faden durch das
gesamte Leben. Die innere Freiheit fehlt, um zu sich stehen zu können, um für
sich und sein Leben eintreten zu können, um ins Handeln zu kommen.
Im Beratungsprozess werden folgende Fragen relevant:
• „Gibt es Menschen, wo es mir möglich ist, so zu sein, wie ich bin?
• Bei wem erlebe ich Wertschätzung – was gibt mir Selbstachtung?.
• Was schätze ich an mir? (Körper, Gefühl, Verhalten) – was nicht?
• Bei welchen Aufgaben und Handlungen habe ich das Gefühl, dass sie ganz
meine sind und ich sie auch ausführe, dass ich dazu stehen kann? Wie sehr
achte ich darauf? (Stellenwert der Verantwortung (Dürfens) bzw. Stellenwerts
im Leben)“
(Längle, 1997,163)
III. 4. Grundmotivation -Sinnvolles-wollen-
„...,nur in dem Maße, in dem es uns um die Welt da draußen und die Gegenstände
geht, nicht aber um uns selbst oder um unsere eigenen Bedürfnisse, nur in dem
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Maße, in dem wir Aufgaben und Forderungen erfüllen, Sinn erfüllen und Werte
verwirklichen, erfüllen und verwirklichen wir auch uns selbst“. (Frankl, 1994, 103)
Wenn ein Mensch, wie in den vorher beschriebenen drei Grundmotivationen Halt,
Raum und Schutz erfahren hat und mit Liebe und Achtsamkeit aufwachsen
konnte, damit sich auch sein So-sein entfalten und entwickeln konnte, wird er es
leichter haben, sein Leben als sinnvoll zu erfahren, weil er von sich selbst
absehen kann und offen auf die Welt und andere Menschen zugehen kann, ohne
in der ständigen Erwartungshaltung zu leben, dass die Welt oder andere
Menschen ihm etwas schulden. Er ist nicht ständig auf der Suche, sein als
defizitär erlebtes Leben, d.h. seine Bedürfnisse mit Aktivitäten stillen zu müssen,
weil sie schon vom Beginn des Lebens an befriedigt worden sind und sich ein
Urvertrauen in die Welt und in sein eigenes Leben entwickeln konnte. Kinder, die
sich als nur fremdbestimmt erlebt haben, die keine Möglichkeiten hatten, sich auch
in ihren Stärken, Vorlieben und Werten angenommen zu fühlen, werden immer
das Gefühl haben, auch noch als erwachsene Menschen, um ihre Rechte auf
Raum, Liebe und Akzeptanz kämpfen zu müssen. Sie werden auch sinnvolle
Dinge im Leben tun, aber mit einer anderen Motivation, die dahinter steht. Nämlich
mit der Motivation, ihre eigene Bedürftigkeit zu füllen, d.h., sie sehen nicht von
sich ab, sondern zu sich hin und befriedigen ihre Bedürfnisse. Frankl sagt aber wie
o.g., der Sinn liegt außerhalb von uns. Er lässt sich nicht geben, er muss gefunden
werden. Der Sinn ist also schon da, schon in der Welt vorhanden und auch nicht
davon abhängig, ob ein Mensch religiös ist oder nicht. Vielen religiösen Menschen
fällt es vielleicht leichter, einen Sinn in ihrem Leben zu finden, weil sie durch ihren
Glauben von sich absehen können und auf Gott schauen. Hans Küng hat einmal
formuliert, dass der Gottesglaube kein Patentrezept für alle Sinnkrisen unseres
Lebens sei, und dass die Kirchen oft mehr zur Sinn-Krise als zur Sinn-Findung
beitrügen. Wer also sein Leben selbstbestimmt leben kann, so dass er seine
Werte verwirklichen und vor seinem Gewissen verantworten kann, der wird auch
Freude und Sinn in seinem Leben finden, weil er die Fähigkeit besitzt,
schöpferisch über sich hinauszugehen und mit seinen Erlebniswerten und
Einstellungswerten sich zu seiner jeweilige Lebenssituation frei entscheiden und
darauf einstellen kann.
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Sind die Voraussetzungen der existentiellen Grundbedingungen nicht erfüllt, sind
also die Voraussetzungen für das Dasein-Können, für den Lebenswert, für den
Selbstwert und den Lebenssinn subjektiv nicht erlebbar, so entsteht ein
existentielles Bedroht-sein. Dieses gefühlte Bedroht- sein erfasst die
Psychodynamik, und sie steuert dagegen, und richtet ihre Kraft darauf aus, die
fehlende oder bedrohte existentielle Grundbedingung aufzufüllen und
auszugleichen. Fehlt z.B. das Gefühl des Gehaltenseins, dann entstehen auf der
psychischen Ebene Angstreaktionen und psychodynamische Absicherungs-
tendenzen.
Um die inneren Spannungen aushalten zu können, entwickelt die Psyche eigene
Schutzreaktionen, damit der Mensch sein Leben weiterleben kann. In der
Existenzanalyse werden sie als Copingreaktionen bezeichnet und als
...“psychodynamische Mechanismen und als reflexartige, automatisch ablaufende
Schutz- und situative Bewältigungsreaktionen definiert“. (Längle, 2003, 155)
Diese Copingreaktionen dienen dem Schutz der Seele und laufen meistens
unbewusst ab. Sie bearbeiten aber nicht das Problem und stellen demnach auch
keine Lösungsformen dar.
IV. Beratungsansätze im vorliegenden Fall
Der Prozess des „ins Handeln Kommens“, der für Frau K. notwendig wäre, heißt
Verantwortung im logotherapeutischen Sinne zu übernehmen. - In dem Wort
Ver- Antwort -ung ist das Wort Antwort enthalten:
Ich bin ein(e) vom Leben Befragte(r), und mit meinen Handlungen gebe ich
Antwort.
Für Frau K. sind die Lebensprobleme Resultate aus folgenden Lebenssituationen:
• Verhaltensweisen der Eltern, die den Bruder bevorzugten und eigene
Lebensideen nicht förderten
• Erste Ehe, in der ihre Liebe nicht geachtet wurde, in der Gewalt und Macht
herrschten
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• Erfahrungen der Ausgrenzung in der Gesellschaft als geschiedene Frau mit
Kind
• Erneute Abhängigkeit zu den Eltern, die die Tochter großzogen
• Zweite Ehe mit einem ungeliebten Mann.
Um Verantwortung übernehmen zu können, bedarf es der Ermutigung sich der
Realität zu stellen und zu erkennen: „ so ist meine Wirklichkeit“, auch wenn es
weh tut und es mir nicht gefällt. Sobald Frau K. erkennen würde, welche Rolle sie
in ihrem Leben bisher gespielt hat, und dass nur sie die Macht hat, diese Rolle zu
verändern, verändert sich auch ihre Situation. Dieses genaue Hinschauen auf ihr
Leben kann sehr starke Reaktionen auslösen, und durch die Beratung muss
gewährleistet sein, dass hier ein Schutzraum angeboten wird, in dem man sein
kann und Schutz und Halt findet.
Frau K. hat in ihrem bisherigen Leben Schutz in Abwehrstrategien gesucht. Eine
erkennbare Strategie ist der selbstauferlegte Zwang. Besonders deutliche
Beispiele sind:
• Mit dem Ehemann kein Wort mehr zu sprechen
• Alle Polstermöbel mit Tüchern abzudecken
• Kein Porzellangeschirr zu benutzen, sondern auf Butterbrotpapier ihr Brot zu
essen.
Sie erscheint in ihren Reaktionen als eine Person, die wie unter einem fremden
Einfluss fast mechanisch reagiert, ohne inne zu halten und im Hier und Jetzt zu
überprüfen, ob ihr Tun noch in irgend einer Weise sinnvoll ist.
Zum anderen versucht Frau K. mit einer nicht zu übersehenden Anstrengung nach
Außen, den Zustand ihres Lebens zu verbergen. Mit großer Sorgfalt kleidet sie
sich, die Betreuung der Seniorengruppe wird regelrecht inszeniert. Mit kleinen
Geschenken und Aufmerksamkeiten erhofft sie sich das Wohlwollen der anderen
zu erkaufen. Ihr Leben ist auf Schein aufgebaut. Diese Lebenslügen kosten sehr
viel Kraft und verbrauchen die Lebensenergie, die sie für lebensbejahende
Entscheidungen dringend benötigt.
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Auf der 3. Grundmotivation wird bei Frau K. deutlich, dass sie hier die auffälligsten
Defizite hat: Fehlender Selbstwert, abgrenzender Zorn den Mitmenschen
gegenüber, Abspaltung und Leugnung der ganzen Lebenswirklichkeit, Aktivismus
und Überspielen. Auf der Brüchigkeit der 3. Grundmotivation wird die Spannung
zwischen dem, wie Frau K. ist und wie sie sein will, überdeutlich und lässt die 4.
Grundmotivation unmöglich erscheinen.
Die Selbstdistanzierung von Frau K. wäre nötig, um die Selbsttranszendenz
einzuleiten, die sie aus der permanenten Eigendrehung herausnehmen könnte.
Der Wille zum Sinn bleibt bei Frau K. im Wünschen stecken und bringt sie nicht in
existentielle Wertberührung. Sie nimmt Zuflucht bei dem „Müssen“ und so bleibt
sie bei all den Aktivitäten für andere „sinnleer“. Dies hat eine innere Abstumpfung
zur Folge, fördert die Oberflächlichkeit und vermehrt die Lebensangst. Dadurch
entsteht ein immer wiederkehrender Kreislauf, der den Prozess des „ins Handeln
Kommens“ eher verhindert als fördert.
Zusammenfassend möchte ich den Prozess des „ins Handeln Kommens“ so
beschreiben, wie ich es zu Beginn meiner Arbeit als Selbsterfahrung bereits
getan habe und wie Alfried Längle es 1993 grundlegend beschreibt:
„Ziel der Existenzanalyse ist es, dem Menschen zu sich selbst und zu einer
authentisch empfundenen Zustimmung zur Lebensführung zu verhelfen. Sie sind
in einem vierfachen Ja zum Leben begründet:
• In der Akzeptanz der Bedingungen (1. GM)
• In der Zuwendung zu den Werten (2. GM)
• In der Achtung vor der Person (3. GM)
• Im Einverständnis mit dem situativen Appell (4. GM)“ (Längle, 2000, 9).
V. Schlussbetrachtung
Meine Spurensuche zum Phänomen des Nichthandelns, entlang der Biografie von
Frau K., macht deutlich, dass ihr „Handeln“ im Sinne von „Aktiv werden“, im
landläufigen Sinne bereits als „Handeln“ verstanden wird. Immerhin hat sie eine
Beratung begonnen, sie leitet den Seniorenkreis und ist bei den „Grünen Damen“
im Krankenhaus.
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Natürlich hat Frau K., wie jeder andere Mensch auch, in einem lebenslangen
Prozess unzählige Entscheidungen zu treffen gehabt. Sie musste das, was ihr
angeboten wurde, bestätigen oder verwerfen. Frau K. hat, wie jedoch am
stärksten zu beobachten ist, durch ihr „Nichthandeln“ im existentiellen Sinne, also
ohne ihre „innere freie Zustimmung“, ihre Lebensweichen so gestellt, dass sie
durch „Reagieren“ auf äußere Lebenssituationen und Menschen nicht in ihren
eigenen existentiellen Lebensvollzug kommen konnte.
Warum fällt es Frau K. so schwer, eine weitreichende Entscheidung zu treffen?
Zu jedem Ja gehört ein Nein! Sich für eine Sache zu entscheiden bedeutet, auf
eine andere zu verzichten. Konkret im jetzigen Lebensvollzug bedeutet eine
Trennung von ihrem Mann zwar Freiheit und ein eigenes Leben, aber zugleich
Verzicht auf gewohnte Versorgung und Lebensstandard. Sie verweigert die
existentielle Notwendigkeit des Verzichts, durch die sie ins eigene freie Handeln
kommen würde. Stattdessen reagiert Sie auf äußere Gegebenheiten, die
bequemer zu sein scheinen und nimmt die belastende, unfreie Situation lieber in
Kauf und verharrt somit in einem ungeliebten Leben. Diese, in den Augen von
Frau K. nicht rückgängig zu machende Entscheidung, entspricht einer absoluten
Grenzsituation und konfrontiert sie mit existentieller Isolation. Das gewünschte und
gewollte Handeln unterbleibt, weil der Wille durch die Angst völlig gelähmt wird
und ihr Reagieren als gedankliches Alternieren und Zweifeln den ganzen
Menschen ausfüllt.
Hier ist zu beobachten, dass, wenn die Entscheidungen zwischen zwei
Möglichkeiten und die damit verbundenen Handlungen schwierig werden, es
erleichternd ist, die nicht gewählte Möglichkeit zu entwerten. Außerdem werden
Konflikte, die konkret auf Entscheidungen drängen, in ihrer Bedeutung
bagatellisiert, um ihren Wert für das persönliche Leben zu schmälern. Damit
erspart man sich eine notwendige Auseinandersetzung. Desgleichen werden
Entscheidungen auf andere Personen, auf Gott oder auf Horoskope delegiert. Der
Abwehrmechanismus kann aber niemals den bestehenden Konflikt lösen.
Wie sehr wir es uns auch anders wünschen, wie viele Notlösungen oder
Vermeidungsstrategien in unserem Leben zu finden sind: Wertkonflikte,
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Entscheidungen und Stellungnahmen sind unausweichlich. Dies zu erkennen und
zu akzeptieren ist der wichtigste Schritt bei der Übernahme von Verantwortung.
Erst wenn wir verstanden haben, dass wir selbst und zwar ausschließlich wir
selbst für unser Leben verantwortlich sind, und dass uns diese Verantwortung
unseres Lebens auch von keinem anderen Menschen abgenommen werden kann,
kommen wir ins existenzielle Handeln. Es geht darum, sich bewusst zu werden,
dass auch dem „Nichthandeln“ ein unbewusstes Motiv zu Grunde liegt, allerdings
führen diese unbewussten Motive häufig in die Passivität und nicht in die
existentielle Geburt.
Erst wenn man das eigene Ja zum Leben bewusst gefunden hat, wenn einem die
Verantwortung für das eigene Leben deutlich geworden ist und man die
Schuldzuweisungen an die Eltern, die Gesellschaft oder andere aufgegeben hat,
d. h., wenn man von den Ersatzbefriedigungen absehen kann, erst dann kommt
man in den eigenen Lebensvollzug und fängt an, authentisch zu leben.
Beim Schreiben dieser Arbeit ist mir noch einmal sehr deutlich geworden, welche
Leistung dahinter steht und welche Kraft und welchen Mut es braucht, sich dem
Leben zu stellen – Stellung zu beziehen, um dann ins Handeln kommen zu
können. Aber es benötigt auch immer ein Gegenüber, einen Menschen, der einen
in seinem ‚So-sein’ erkennt, annimmt und bestärkt.
Hier liegt die Möglichkeit in der Lebensberatung, den Menschen bei seinem
Suchen in den existenziellen Lebensvollzug zu begleiten. Ihn durch Annahme
seiner Person und Bestärkung seiner Vorstellungen zu ermutigen, seinen
authentischen Weg zu gehen.
Ich beende die Arbeit mit Gandhis Zitat, das ich an den Anfang gesetzt habe:
„Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt“.
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Literaturverzeichnis
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