eine qualitative inhaltsanalyse aus germanistischer sicht
TRANSCRIPT
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Die inhaltlichen Schwerpunkte bei der Berichterstattung zur Harry Potter-
Heptalogie in den Tageszeitungen Der Standard und Die Presse.
Eine qualitative Inhaltsanalyse aus germanistischer Sicht.
Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades
einer Magistra der Philosophie
an der Karl-Franzens-Universität Graz
vorgelegt von
Belma Bushati
Matr. Nr.: 0314418
am Institut für Germanistik
Begutachter: Dr. Klaus Zeyringer
Graz, 2011
2
„Falenderoj Zotin,
që më ka dërguar pranë njerëzit e duhur,
të cilet gjithnjë më kanë mbështetur
dhe ndihmuar për punimin e diplomës!“
3
INHALTSVERZEICHNIS
1 Einführung ............................................................................................................................... 6
1.1 Das ‚Phänomen’ Harry Potter ........................................................................................................ 7
1.1.1 Harry Potter in Zahlen ............................................................................................................ 7
1.1.2 Die Autorin ............................................................................................................................. 9
1.1.3 Harry Potter -Filme – Medialer Wandel ............................................................................... 10
1.1.4 Die Fans der HP-Romane ...................................................................................................... 11
1.1.5 Auszeichnungen und Preise.................................................................................................. 13
1.2 Textsorte und Texttyp – Genre -Klassifizierung .......................................................................... 14
1.3 Werkstruktur, Sprache und stilistische Merkmale ...................................................................... 15
1.4 Erklärungsansätze für den Erfolg der HP-Romane ...................................................................... 16
1.4.1 Erfolgsanalyse aus literaturwissenschaftlicher Perspektive ................................................. 16
1.4.2 Der Erfolg der HP-Heptalogie aus literarischer Sicht............................................................ 17
1.4.3 Der Erfolg der HP-Heptalogie aus marktstrategischer Sicht ................................................ 18
1.4.4 Der Erfolg der HP-Heptalogie aus sozialpsychologischer Sicht ............................................ 19
1.4.5 Eskapismus ........................................................................................................................... 19
1.5 Forschungsüberblick .................................................................................................................... 20
2 Theoretischer Rahmen: Die Empirische Literaturwissenschaft (ELW) ................................ 22
2.1 Theoretische Grundlagen der Empirischen Literaturwissenschaft (ELW) ................................... 23
2.2 Die Begrifflichkeit der ELW .......................................................................................................... 26
2.2.1 Der Begriff „Literatur“ .......................................................................................................... 26
2.2.2 Der Begriff ‚Literatursystem’ ................................................................................................ 27
2.2.3 Der Begriff ‚Literaturprozess’ ............................................................................................... 28
2.3 Die Aufgaben und Methoden der ELW........................................................................................ 30
2.3.1 Inhaltsanalyse ....................................................................................................................... 32
2.3.1.1 Die quantitative Inhaltsanalyse ..................................................................................... 34
4
2.3.1.3 Die qualitative Inhaltsanalyse ....................................................................................... 36
2.3.1.3.1 Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring ......................................................... 36
2.3.1.3.2 Das Analysemodell von Mayring ............................................................................ 38
2.3.1.3.3 Aufstellen der wichtigsten Interpretationsregeln .................................................. 44
3 Die zusammenfassende Analyse unter Verwendung der MaxQDA Software ...................... 45
3.1 Festlegung des Materials ............................................................................................................. 46
2.2 Fragestellung ............................................................................................................................... 47
4 Ergebnisse der Analyse ......................................................................................................... 47
4.1 Literaturproduzent ...................................................................................................................... 47
4.1.1. Details der Autorin im Bezug auf das Werk ......................................................................... 48
4.1.2 Die HP-Romane aus der Sicht der Autorin ........................................................................... 49
4.1.3 Die Wahrnehmung der Autorin in verschiedenen Kreisen .................................................. 49
4.1.4 Die Beziehung der Autorin zu den Lesern ............................................................................ 49
4.1.5 Wirkung von Rowling auf andere Autoren ........................................................................... 50
4.2 Literaturvermittlung .................................................................................................................... 50
4.2.1 HP als Brücke für die deutschsprachige Kinderliteratur im englischsprachigen Raum ........ 52
4.2.2. Der Entdecker von Harry Potter .......................................................................................... 52
4.2.3. Die aktuelle Stellung der Kinderliteratur aus der Sicht der Verlage.................................... 52
4.3 Literaturrezipient ......................................................................................................................... 53
4.3.1. Quantitative Angaben über das Leseverhalten der Potter-Fans ......................................... 53
4.3.2 Qualitative Angaben über das Leseverhalten der Potter-Fans ............................................ 54
4.4 Literaturverarbeiter ..................................................................................................................... 59
4.4.1 Das Erfolgsrezept von Harry Potter ...................................................................................... 60
4.4.2 Der Diskurs über die aktuelle Entwicklung der Kinder- und Jugendliteratur ....................... 65
4.4.3 Werkanalyse von Harry Potter (bestimmte Bände) ............................................................. 69
4.4.3.1 Der Stil von J.K.Rowling ............................................................................................. 74
5
4.4.3.2 Lexikalische Ebene, Wortschatz ................................................................................ 76
4.4.3.3 Die Figuren der HP-Romane ...................................................................................... 76
4.4.3.4 Die Genrebestimmung von HP-Romane ................................................................... 78
4.4.4 Der Wertediskurs aus christlicher Sicht von den Potter-Romanen ...................................... 80
4.4.5 Die Frage der Kanonisierung der Potter-Romane ................................................................ 84
4.4.5.1 Rowling zwischen großen Namen der Literatur ........................................................ 84
4.4.5.2 Vorbehalte über die Kanonisierung. ......................................................................... 86
4.4.6 Reaktionen in Österreich ...................................................................................................... 87
4.4.6.1 Verkaufszahlen und –Szenen .................................................................................... 87
4.4.6.2 Das Echo von HP im österreichischen Fernsehen ..................................................... 88
4.4.6. 3 Die Reaktion kirchlicher Kreise in Österreich ........................................................... 89
4.4.6.4 Reaktionen über HP in wissenschaftlichen Kreisen .................................................. 89
5 Schlussfolgerung ................................................................................................................... 90
6 Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 92
6.1 Analysierte Artikel ....................................................................................................................... 92
6.2 Weitere Literatur ......................................................................................................................... 95
7. Anhang ............................................................................................................................... 100
6
1 Einführung
„Anno 2000 schien weltweit ein neues Virus zu grassieren, das Harry Potter- Fieber."1
Die Literaturkritiker sind sich bis auf wenige Ausnahmen2 einig: Harry Potter ist ein
einzigartiges Phänomen in der Literaturgeschichte.3 Weltweit übersetzt und von Kindern wie
Erwachsenen bejubelt, gilt Harry Potter als ein ‚Werk der Rekorde’. Die Harry Potter-
Romane (im weiteren Textverlauf HP-Romane genannt) haben sich im Laufe der Jahre von
normalen Kinderbüchern zu millionenfach verkauften Bestsellern entwickelt. Die Autorin
Joanne Rowling wird mit Klassikern der englischen Kinder- und Jugendliteratur4 wie Roald
Dahl5 und C.S. Lewis6 verglichen. Der deutsche Literaturkritiker Wilhelm Ruprecht Frieling
merkt an, dass es Rowling – wie nur wenigen Autoren in der Literaturgeschichte – gelungen
ist, eine Heptalogie zu schreiben, und vergleicht sie in dieser Hinsicht mit Marcel Proust und
Stephen King.7
Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht die empirische Analyse von Zeitungsartikeln der
Medien Der Standard und Die Presse, die sich mit der Potter-Heptalogie auseinandersetzen.
Dazu wird in Punkt 2 die Empirische Literaturtheorie vorgestellt und auf die Methoden der
Empirischen Literaturwissenschaft näher eingegangen. Folgend werden die Artikel der beiden 1 Andrea Frey und Friederike Wagner: Alles fauler Zauber? Theorien und Hintergründe zum Harry Potter-Merchandising. In: Harry Potter - ein Literatur- und Medienereignis im Blickpunkt interdisziplinärer Forschung . Hrsg. von Christine Garbe und Maik Philipp. Hamburg 2006, S. 183-212, hier S. 183. 2 Es gibt auch kritische Stimmen unter prominenten Literaturkritikern, ein Beispiel ist Harald Blooms Artikel: „Can 35 Million Book Buyers Be Wrong? Yes.“, veröffentlicht im Wall Street Journal am 07.11.2000. Online unter: http://web.ics.purdue.edu/~rebeccal/comp/108f10/Assignments/BloomArticle.pdf. Jedoch sind derart negative Stimmen unter den Literaturkritikern in der Minderzahl. 3 Vgl. Caroline Stubenvoll: Was fasziniert LeserInnen an Harry Potter? In: Harry Potter - ein Literatur- und Medienereignis, S. 213-237, hier S. 213 und Irmgard Nickel-Bacon: Harry Potter und der Stein der Weisen in der Schule: Überlegungen zu einer medienintegrativen Literaturdidaktik. In: Harry Potter - ein Literatur- und Medienereignis, , S. 275-296, hier S. 275. 4 Vgl. Thomas Kullmann: Englische Kinder- und Jugendliteratur. Eine Einführung. Berlin: Erich Schmidt 2008. (= Grundlagen der Anglistik und Amerikanistik. 31.) S. 12 und S. 70. 5 Dahl (1916-1990) ist der Autor von Werken wie „Hexen hexen“, „Charlie und die Schokoladefabrik“. 6 Lewis (1898-1963) ist der Autor von dem Kinderbuch mit den Chroniken über das Land Narnia, ein Buchserie der Genre Fantasy. 7 Vgl. Wilhelm Ruprecht Frieling: Harry Potter total (Band I – VII) in drei magischen Minuten. Online unter: http://www.literaturzeitschrift.de/rezension/lesen.php5?search_subcategories=yes&page=detail&id=277 [Stand: 20011-04-02]
7
Medien gesichtet und die für die Analyse relevanten ausgewählt (Punkt 3).
Mittel der qualitativen Inhaltsanalyse sollen die inhaltlichen Schwerpunkte herausgearbeitet
und die im Laufe der Arbeit auftauchenden Fragen beantwortet werden (Punkt 4).
Zuerst werden, um das Ausmaß und die Wirkung des literarischen Phänomens näher zu
beschreiben, einführend einige Zahlen und Fakten präsentiert.
1.1 Das ‚Phänomen’ Harry Potter
1.1.1 Harry Potter in Zahlen
Die Tabelle 1 gibt einen Überblick über
den Zeitpunkt des Erscheinens der
einzelnen HP-Romane im englischen
und im deutschen Sprachraum.
Die Tabelle 2 listet die Startauflage und
die Erscheinungsjahre der einzelnen HP-
Romane auf.
Ein besonders starkes Ansteigen der
Verkaufszahlen weisen der dritte und
der siebte Band auf. Bis zum
Erscheinen des dritten Bandes im Jahr 1999 waren die Verkaufszahlen eher mäßig. Ab dem
dritten Roman besetzten die ersten drei Bände wochenlang die ersten Plätze der Bestseller-
Listen. Ein Höhepunkt war mit der Startauflage des siebenten Bandes erreicht: Vom siebenten
Band wurden allein am ersten Verkaufstag (27. Oktober 2007) in Deutschland 1.250.000
Exemplare abgesetzt, so viel, wie bei keinem anderen Buch zuvor. In Großbritannien wurden
vom letzten Band sogar 2,1 Millionen Exemplare vorbestellt und am Erscheinungstag (21.
Juli 2007) ausgeliefert.8
8 Vgl. Daniel Jäger: Die Qualifikationsanalyse als zentraler Bestandteil der curricularen Entwicklungsarbeit: Dargestellt am Beispiel beruflicher Weiterbildung der einfachen Arbeiten im Logistikbereich des Landkreises Hersfeld Rotenburg. München: GRIN 2010, S. 10.
Erscheinungsjahr und der Titel des Romans
1997: „Harry Potter and the Philosopher's Stone”; 1998: „Harry Potter und der Stein der Weisen“;
1998: „Harry Potter and the Chamber of Secrets”; 1998: „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“;
1999: „Harry Potter and the Prisoner of Azkaban”; 1999: „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“;
2000: „Harry Potter and the Goblet of Fire”; 2000: „Harry Potter und der Feuerkelch“;
2003: „Harry Potter and the Order of the Phoenix“; 2003: „Harry Potter – Der Orden des Phönix“;
2005: „Harry Potter and the Half-Blood Prince” 2005: „Harry Potter und der Halbblutprinz“;
2007: „Harry Potter and the Deathly Hallows”; 2007: „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“.
Tabelle 1: Titel und Erscheinungsjahre
der Harry Potter-Teile
8
• Dauerbesetzung in den Bestsellerlisten: Alle sieben Romane erreichten die
Bestsellerlisten in den USA (New York Times, USA Today und Wallstreet Journal),
Großbritannien, Deutschland und in ca. 190 weiteren Ländern.9
• Aktueller Stand: Bis 2009 wurden die HP-Romane weltweit über 400 Millionen Mal
verkauft, davon 30 Millionen Mal in Deutschland. 2010 waren allein in den USA
80 Mio. HP-Bücher im Druck.10 Die Harry Potter-Saga wurde bis 2010 in
67 Sprachen übersetzt, darunter auch Altgriechisch, Latein, Tibetisch, Urdu,
Grönländisch und Plattdeutsch. Auch in die Muttersprache der Verfasserin dieser
Diplomarbeit, das Albanische, wurde das Buch übersetzt.
• Harry Potter auf Deutsch: Alle HP-Romane wurden von Sabine Wilharm aus
Hamburg illustriert. Der Sprecher der deutschen Hörbücher ist Rufus Beck. Als
einzige deutschsprachige Hörbücher wurden die ersten vier Bände für den Verkauf
von 300.000 Exemplaren mit der Platin-Schallplatte ausgezeichnet.11 Den besten
Verkaufsstart aller HP-Romane in deutscher Sprache verzeichnet Harry Potter und die
Heiligtümer des Todes (Band 7). Am ersten Wochenende wurden insgesamt
1,250 Millionen Exemplare in Deutschland, Österreich und der Schweiz verkauft. Die
Gesamtzahl der Leser im deutschen Sprachraum liegt jedoch noch um einiges höher,
da vom englischen Original in Deutschland und Österreich über 740.000 Exemplare12
9 Vgl. Kim Bauler: Harry Potter auf Deutsch und Französisch - Ein Übersetzungsvergleich. München: GRIN 2008, S. 5. 10 Vgl. Bo Bennett: Year to Success. Sudbury: Archieboy Holdings 2010, S. 81. 11 Quelle: http://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:HMTKidG1teAJ:www.harrypotter-hoeren.de/preise__auszeichnungen.php+Platin-Schallplatte+harry&cd=3&hl=de&ct=clnk&gl=at&source=www.google.at [Stand: 2011-08-25. 12 siehe Harry Potter: Rekordverkäufe für die englische Ausgabe. In: Focus (München) vom 02.08.2007. Online unter: http://www.focus.de/kultur/buecher/harry-potter_aid_68617.html [Stand: 2011-08-24].
Tabelle 2: Startauflage von Harry Potter – Romane
HP - Romane USA UK DEUTSCHLAND
HP I (1997) 35.000 1.000 8.000
HP II (1998) 250.000 10.150 25.000
HP III (1999) 900.000 10.000 30.000
HP IV (2000) 3.800.000 1.000.000 1.000.000
HP V (2003) 8.500.000 2.500.000 2.000.000
HP VI (2005) 10.800.000 3.000.000 2.000.000
HP VII (2007) 12.000.000 3.500.000 3.000.000
Quelle: Pressemappe, Carlsen Verlag.
9
verkauft wurden. Das Buch
Harry Potter and the Deathly
Hallows belegte somit auch auf
den Bestsellerlisten der
deutschsprachigen Länder den
ersten Platz. Die hohen
Verkaufszahlen der HP-Bücher
werden u.a. auch mit dem
internationalen Erfolg des
Buchs, sowie dem Erfolg bei
verschiedenen Lesergruppen
unterschiedlichen Alters und Bildungsgrades erklärt. Die Popularität der HP-Romane
gilt nicht nur wegen der Verkaufszahlen als einmalig und rekordverdächtig, sondern
auch wegen der Geschwindigkeit des Verkaufs.13 Einen weiteren Indikator für diese
Popularität stellt auch die Trefferquote bei Google dar (siehe Tabelle 3).
1.1.2 Die Autorin
Harry Potter and the Philosopher's Stone ist das erste Buch der Autorin Joanne K. Rowling.
Rowling hat Französisch studiert und unterrichtete ab 1990 in Portugal Englisch. Nach dem
Scheitern ihrer Ehe mit einem Portugiesen kehrte sie 1994 zusammen mit ihrer Tochter nach
England zurück und ist auf Sozialhilfe angewiesen. Die Idee des Romans kam ihr während
einer Bahnreise. Die ersten Notizen zum Buch schrieb sie auf Servietten in ihrem Stammcafe,
wo sie stundenlang saß, nicht zuletzt, weil sie die Heizkosten für ihre Wohnung kaum
bezahlen kann.
Für die Verleger war Harry Potter keine Liebe auf den ersten Blick. Das erste Manuskript mit
320 Seiten findet im Jahr 1995 keinen Verleger. Acht Verlage in Großbritannien weisen das
Buch mit der Begründung, es sei zu lang für ein Kinderbuch, zurück. Der ‚Zauber’ des
Buches wird als erstes von der Tochter eines Verlegers entdeckt. Erst dadurch gelingt es, dem
Buch den Weg zum Druck zu ebnen. Die Autorin veröffentlicht den ersten Roman unter den
Initialen ihres Vornamens, weil der Verleger befürchtet, dass das Buch über einen kleinen
13 Vgl. Ina Karg und Iris Mende: Kulturphänomen Harry Potter. Multiadressierheit und Internationalität eines nationalen Literatur- und Medienevents. Göttingen: V&R Unipress 2010, S. 18.
Tabelle 3: Die Google-Trefferquote pro Begriff (Stand: 20.08.2011) Begriff Trefferquote pro
Begriff 1. Sex 2,410,000,000 2. Jesus 687,000,000 3. Harry Potter 568,000,000 4. Britney Spears 255,000,000 5. Beatles 166,000,000 6. Daniel Radcliffe 118,000,000 7. Lord of the Rings 92,400,000 8. The Simpsons 86,600,000 9 .Brad Pitt 77,200,000 10. Pamela Anderson 41,000,000 11. J. K. Rowling 36,800,000
10
Zauberer bei Jungen nicht so gut ankommen würde, wenn diese wüssten, dass es von einer
Frau geschrieben worden ist.
Auch in Deutschland wird das Buch von mehreren Jugendbuch-Verlagen abgelehnt. Klaus
Humann vom Carlsen Verlag erkennt schließlich den Wert der Geschichte und sichert seinem
Verlag die Rechte an den ersten drei Bänden.
Seit 2004 ist Joanne Rowling Milliardärin und gilt als die reichste Frau Großbritanniens.
1.1.3 Harry Potter -Filme – Medialer Wandel
Bei einem Erfolg solchen Ausmaßes ist es wenig verwunderlich, dass sich auch Hollywood
des Stoffes annimmt. 2001 kommt Harry Potter 1 in die Kinos. Der Hauptprotagonist Harry
Potter wird vom damals elfjährigen Daniel Radcliffe verkörpert. 2011 kommt der zweite Teil
der Verfilmung des letzten Romans in die Kinos. Die Protagonisten dieser Filmreihen
wachsen in diesen elf Jahren mit den Dreharbeiten auf.14 Bislang haben die ersten sechs Filme
vier Milliarden Euro eingespielt. Seit 2001 gibt es neben den Romanverfilmungen auch
mehrere Video- und Computerspiele.
14 Karg und Mende untersuchen die Auswahl der Drehorte und erkennen darin bestimmte Muster und Vorstellungen, die authentisch sind und trotzdem so ausgesucht worden sind, dass sie gleichzeitig den internationalen Vorstellungen vom Fantastischen entsprechen. – Vgl. dazu: Karg/Mende, Kulturphänomen Harry Potter, S. 32-42.
Tabelle 4: Zahlangaben über die Harry-Potter Filme
HP Kinofilme Österreich (Besucheranzahl)
Deutschland (Kinoumsatz in €)
Weltweit (Kinoumsatz in €)
D. Cliffford (Filmgage)
„Harry Potter 1“ 990.000 12.287.607, € 725.462.745, € 89.000, €
„Harry Potter 2“ 810.000 9.630.110, € 651.326.941, € 2.500.000,€
„Harry Potter 3“ 675.000 6.536.155, € 586.777.395, € 5.000.000, €
„Harry Potter 4“ 760.000 8.686.103, € 662.860.753, € 8.000.000, €
„Harry Potter 5“ 633.000 k.A. k.A. k.A.
„Harry Potter 6“ 560.000 k.A. k.A. k.A.
11
1.1.4 Die Fans der HP-Romane
2000 Harry-Potter-Fans stehen am 16. Juli 2005 bis zu 18 Stunden Schlange, um auf den
siebten und letzten Band zu warten, berichtet die britische Nachrichtenagentur Reuters. Das
Hamburger Abendblatt vergleicht diese Szenen mit dem Ansturm bei Großkonzerten von
Pop-Stars oder bei Papstbesuchen.15
Nie zuvor sind so viele Online-Bestellungen an einem Tag via Internet für eine Ware
eingegangen. Der Online-Buchhändler Amazon berichtet, dass vom letzten Potter-Band
1,3 Millionen Exemplare vorbestellt worden sind.
In einer Zeit, in der elektronische Medien die Bücher in den Hintergrund drängen, wo
erfolglos pädagogische Reformen und Versuche unternommen werden um das Lesen bei
Kindern und Jugendlichen zu fördern, weisen die Kinder "... alle Anzeichen einer Lesesucht
auf, indem sie tausende von Seiten dieser sieben Bände voller Euphorie lesen."16
Die Leseeuphorie sprengt die Altersgrenzen der von der Autorin bei der Entstehung dieser
Werke vorgesehenen Lesergruppe (8- bis 14-jährige) und die Serie erobert auch die
Erwachsenenwelt im Sturm. Die Harry Potter-Bücher werden zu über 40% von Erwachsenen
gelesen.17 Für die erwachsenen Leser wird eine spezielle Ausgabe auf den Markt geworfen,
deren Inhalt identisch mit der Kinderausgabe ist, deren Cover jedoch optisch für Erwachsene
aufbereitet worden ist. Bei den Verlagen in England und Deutschland kam es gleich nach dem
Erscheinen des ersten Bandes zu dieser Vorgangsweise.18
Die Struktur der Erzählung konzentriert sich auf die Perspektive der Hauptfigur, was die
Identifikation mit dieser erleichtert. Harry Potter bietet nicht nur für Kinder bzw. für
Jugendliche eine Identifikationsfigur, sondern beinhaltet auch für Erwachsene genug
Faszination, dass diese sich aus dem Alltag in die Welt der Zauberer flüchten können.19 Die
sieben Bände der HP-Serie hinterlassen ihre Spuren auf vielen Ebenen des Daseins, privat
sowie öffentlich, und das weltweit; man spricht von einem populär-kulturellen-Phänomen.
15 Vgl. Christine Garbe und Maik Philipp: Erfolg eines Serientäters. Das Phänomen Harry Potter im Überblick. In: Harry Potter - ein Literatur- und Medienereignis, S. 7-26, hier S. 7. 16 Irmgard Nickel-Bacon: Harry Potter und der Stein der Weisen in der Schule: Überlegungen zu einer medienintegrativen Literaturdidaktik. In: Harry Potter - ein Literatur- und Medienereignis, S. 275-296, hier S. 275. 17 Vgl. Ebenda, S. 9-10 18 Vgl. Stubenvoll, Was faziniert LeserInnen an Harry Potter?, S. 213 19 Vgl. Paul Bürvenich: Der Zauber des Harry Potter. Analyse eines literarischen Welterfolgs. Frankfurt am Main: Peter Lang 2001, S. 28.
12
Karg und Mende beschreiben das Panoptikum des Enthusiasmus für diese Romane. Sie
zählen auch folgende Phänomene auf, die den deutschsprachigen Raum betreffen20:
• Diverse Zeitungen und Verlage sowie die Stiftung Lesen in Deutschland schreiben
Wettbewerbe für die Fans zum Verfassen von Harry Potter-Zusatztexten mit
Alternativgeschichten aus.
• Das Cover der deutschen Ausgabe wird zwischen 26.07 und 06.08. 2007 von den Lesern
ausgewählt.
• Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt über den Ausgang der Heptalogie eine Wette
aus.
Bei einem Phänomen solchen Ausmaßes fehlen natürlich auch Kuriositäten nicht: Zum
Beispiel vermutet ein Minister in Indien, dass indische Fans Eulen stehlen und sie als
Haustiere halten, weil sie auf einen Brief aus der Zauberschule warten. 2003 wird in die
Neuauflage des Oxford Dictionary of English der Begriff ‚Muggle’ aufgenommen: Diese
Wortschöpfung Rowlings bezeichnet Normalsterbliche im Gegensatz zu Zauberern. 2007 gibt
die britische Post Briefmarken mit Abbildungen aller sieben Bücher heraus. 21
Bei einem kommerziellen Erfolg solchen Ausmaßes werden auch urheberrechtliche Probleme
relevant: Der letzte HP-Roman wurde 4 Millionen Mal in Hörbuchform verkauft, während zur
gleichen Zeit (4 Monate nach Erscheinen) 110.000 Exemplare illegal aus dem Internet
heruntergeladen worden sind22. Aber nicht nur digitale Kopien sind in Umlauf: Es gibt mehr
als 15 veröffentlichte Fälschungen, die sich der Harry-Potter-Figur bedienen. Dazu gehören
unter anderem folgende Werke: Harry Potter und die Kristallvase, Harry Potter und die
goldene Schildkröte, Harry Potter und der Leopardendrache, Harry Potter und die goldene
Rüstung, Harry Potter und der große Trichter, Harry Potter in Kalkutta. Gegen das letzte
Buch gibt es ein Gerichtsverfahren. 23
20 Vgl. dazu Karg/Mende, Kulturphänomen Harry Potter. 21 Vgl. Potter-Ausdruck "Muggle" in englisches Wörterbuch aufgenommen. In: Die Presse (Wien vom 22.08.2003. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/news/222959/PotterAusdruck-Muggle-in-englisches-Woerterbuch-aufgenommen [Stand: 2011-08-28]. 22 Vgl. Kathrin Rentop: „Alles nur geklaut“ – Über „Raubkopierer“ und „Gedankendiebe“. Zur Rolle des Strafrechts beim Schutze geistigen Eigentums. In: Die Debatte um geistiges Eigentum. Interdisziplinäre Erkundungen. Rechtswissenschaft – Politikwissenschaft – Philosophie. Hrsg von Thomas R. Eimer [u. a.]. Bielefeld: Transcript 2010, S. 107-128, hier S. 108. 23 Vgl. Der letzte Beweis, dass Harry Potter nicht schwul ist. In: Berliner Kurier (Berlin) vom 19.8.2011. Online unter: http://www.berliner-kurier.de/news/panorama/der-letzte-beweis--dass-harry-potter-nicht-schwul-ist/-/7169224/9555290/-/ [Stand: 2011-08-28].
13
Ein anderer Aspekt der Potter-Manie sind aber auch die ausgeprägten negativen Reaktionen.
In einem Chemnitzer Gymnasium wurden die HP-Romane verboten. Anlass dazu ist der
Einwand mancher Eltern, dass die Romane ihre religiösen Gefühle verletzen würden. Auch
einige Kritiker sehen in dem Roman eine Gefahr für das christliche Abendland.24
1.1.5 Auszeichnungen und Preise
Das mehrfach preisgekrönte HP-Werk wurde unter anderen mit berühmten Literaturpreisen
wie dem Britisch book awards: Children‘s book of the year und dem British book awards:
Author book of the year ausgezeichnet. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die
Preise, welche die HP-Romane erhalten haben.
Tabelle 5: Preise für die Bücher und die Autorin Bücherpreise
Jahr Preis Band 1998 AABYY Award American Booksellers Association Band 1 1997-1998 Anne Spencer Lindbergh Price in Children’s Literature Band 1 1999 10 Bremer Beste Band 1 1997,’98,’99 British Book Awards –Children’s Book of the Year Band 1-3 1997 Carnegie Medal Band 1 1999 Deutscher Jugendliteraturpreis (Nominierung) Band 1 1997,’98,’99 FCBG Children’s Book Award Band 1-3 1999 Kinderbuchpreis der Jury der „Jungen Leser“, Wien Band 1 1997, ’98,’99 Nestle Smarties Book Price Band 1-3 Scottish Arts Council – Children’s Fiction Award 1997 The Guardian Children’s Fiction Award Band 1 1998,’99 Whitbread Children’s Book Award of the Year Award Band 2, 3 2001 Whitakers Platinum Book Award Band 1-4 2001 HUGO Award (Der wichtigste Phatanstik-Preis) Band 4 2002 „Kids Choice Award“ (Publikumspreis) Band 1 Autorenpreis
1998 The Bookseller Author of the Year 1999 British Book Awards – Author of the Year 1999 Buchmarkt – Autorin des Jahres 2000 Ehrendoktorwürde der Universität Exeter 2000 Heidelberger Leander 2001 Walpole Medal of Excellence
Die Vielzahl der zuerkannten Preise legt nun die Frage nahe, welchen literarischen Wert
dieses Buch tatsächlich hat. Dieser Frage wird im folgenden Abschnitt nachgegangen.
24 Vgl. Karg/Mende, Kulturphänomen Harry Potter, S. 10.
14
1.2 Textsorte und Texttyp – Genre -Klassifizierung
Harry Potter zählt ursprünglich zur Gattung der Kinder- und Jugendbücher. Als Texttyp ist
das Werk ein literarischer Text mit narrativer und expressiver Funktion.25
Die Zuordnung der HP-Romane zu einem klar definierten Genre ist nicht so leicht möglich.
Im wissenschaftlichen Diskurs werden vor allem die Bezeichnungen ‚Märchen’ und ‚Fantasy-
Erzählung’ für die HP-Romane verwendet.26 Jedoch werden sie auch den Genres ‚fantastische
Literatur’, ‚Abenteuerroman’, ‚Entwicklungsroman’, ‚traditionelle britische
Internatsgeschichte’ und ‚Kriminalgeschichte’ zugeordnet,27 wobei die Genera vermischt und
mit unterschiedlicher Gewichtung vorkommen.28
Eine der neuesten Thesen dazu ist jene von Jeschonek. Er platziert HP zwar ebenso wie die
meisten Kritiker zwischen zwei Genres – der phantastischen Novelle und der ‚School-Story’ –
, allerdings fasst er die gesamte Geschichte vor allem als Detektivroman auf, weil sie auf den
Mord an Harrys Eltern zurückgeht. Jeschonek ist der Meinung, dass ohne diesen Kern der
Geschichte die Handlung nicht denkbar wäre, da durch ihn der Wunsch in Harry entsteht, den
Mörder seiner Eltern zu töten.29
In der Fachliteratur scheint Konsens über zwei Punkte zu herrschen: Die HP-Romane weisen
vom Stil her Züge des Kriminalromans und des Fantasyromans auf. Als Fantasy Literature
wird im Englischen jede Form von nicht realistischer Literatur verstanden. Was man aber in
deutschsprachigen Raum als Fantasy Literatur bezeichnet, wird angelsächsischen mit High
Fantasy, Heroic Fantasy oder Sword And Sorcery bezeichnet. Diese fantastische Literatur
wird vor allem durch folgende wichtige Merkmale gekennzeichnet: Erstens gibt es eine
Abweichung von den Gesetzen der realen Welt bei gewissen Vorgängen oder Zuständen. Das
zweite wichtige Merkmal ist die Existenz der so genannten Anderswelt. Das Verhältnis
zwischen den Realitätsebenen der realen Alltagswelt und der Anderswelt kann nach drei
verschiedenen Grundmodellen klassifiziert werden. Beim ersten Modell wird die reale Welt
des Lesers völlig ausgeschaltet. Beim zweiten Modell dringen Personen und Gestalten aus der
Anderswelt in die Alltagswelt ein. Beim dritten Modell überschreitet eine Figur aus der
25 Vgl. Bauler, Harry Potter auf Deutsch und Französisch, S. 11. 26 Vgl. Karg/Mende, Kulturphänomen Harry Potter, S. 184. 27 Vgl. Sandra Bak: Harry Potter. Auf den Spuren eines zauberhaften Bestsellers. Peter Wien [u.a.]: Lang 2004. (= Europäische Hochschulschriften: Deutsche Sprache und Literatur. 1889.) S. 169. 28 Vgl. Karg/Mende, Kulturphänomen Harry Potter, S. 184. 29 Vgl. Felix Jeschonek: Detective Mystery in the School Story – The Example of Harry Potter and the Chamber of Secrets. München: GRIN 2011, S. 3-7.
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Alltagswelt die Grenze zur phantastischen Welt, in der sich die Handlung abspielt. Die
Anderswelt existiert somit parallel zur real-alltäglichen Welt. Dieses letzte Modell entspricht
dem Schema der HP-Romane. Es gibt neben der Muggle-Welt auch die Welt der Zauberer.
Die HP-Romane weisen typische Merkmale der High Fantasy Gattung auf. Die Handlung
findet in einer parallel existierenden vormodernen Welt mit mittelalterlichen Zügen und
Gestalten der Fantasy Literatur (Zauberer, Drachen und andere Mythenfiguren) statt. Den
Handlungskern bildet der Kampf zwischen Gut und Böse, der seinen Anfang in einer
Prophezeiung nimmt. Allerdings fehlt bei den HP-Romanen ein entscheidendes Merkmal: Es
fehlt ein mythologischer Weltentwurf.
Die HP-Romane stehen somit in der Nachfolge von Werken wie Der Herr Der Ringe, Die
Chroniken von Narnia und Der goldene Kompass, die dem deutschsprachigen Publikum vor
allem durch ihre Verfilmungen bekannt sind. Diese Werke haben sich auf dem Substrat der
sogenannten Victorian Fantasy entwickelt, zu der Werke wie Alice in Wonderland gehören.30
Gerade diese Stilcollage macht das Buch für die verschiedenen Lesergruppen
unterschiedlichen Alters attraktiv.
1.3 Werkstruktur, Sprache und stilistische Merkmale
Die Sprache der Romane wird als „lebhaft und detailreich“31 beschrieben. Bezüglich der
Namensgebung der Figuren stellt Reimann fest, dass die Autorin sehr sorgfältig und mit
Bedacht mit der Sprache umgeht. Sie untersucht die Vornamen und arbeitet dabei zahlreiche
Bezüge zur Mythologie heraus. Die Nachnamen oder Spitznamen hingegen sind häufig
Wortspiele oder weisen auf Charakterzüge der Figuren hin.32 So ist Poppy Pomfrey
beispielsweise die Krankenschwester in Hogwarts, die Harry und seine Freunde nach diversen
Verletzungen bei Quidditsch-Unfällen behandelt. Ihr Vorname ist das englische Wort für
Mohn, aus dem Opium zur Schmerzbehandlung gewonnen wird.33
Wie in jedem Kinderbuch werden ein einfacher Wortschatz und einfache Satzkonstruktionen
verwendet. Auch mit Metaphern wird recht sparsam umgegangen. Alle Begriffe der
30 Vgl. Karg/ Mende: Kulturphänomen Harry Potter, S. 184-188. 31 Vgl. Sara Hagenauer: Untersuchung des Erfolgs der „Harry Potter“-Bücher am Beispiel des dritten Bandes „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“. München: GRIN 2008, S. 5. 32 Vgl. Reimann, Eva: J.K. Rowlings „Harry Potter“ – Mythen in der Namensgebung. München: GRIN 2010. 33 Vgl. ebenda, S. 13.
16
Zauberwelt werden ausführlich erklärt, ohne dass diese Erklärungen den Handlungsablauf
stören würden, weil sie nicht nur für den Leser, sondern auch für Harry neu sind.34
1.4 Erklärungsansätze für den Erfolg der HP-Romane
1.4.1 Erfolgsanalyse aus literaturwissenschaftlicher Perspektive
Die Ereignisse in jedem Band spielen sich im gleichen Rahmen ab und sind nach dem
gleichen Schema aufgebaut. Jeder Roman fängt kurz vor Schulbeginn an und endet mit den
Sommerferien und Harrys Rückkehr in die Muggel-Welt. Der Leser wird in eine Welt
entführt, in der Probleme durch Magie und Zauberei gelöst werden und das Gute das Böse
besiegt.
Die Tatsache, dass die Leserzahl bei jedem neu erschienenen Band zunimmt und ihren
Höhepunkt beim letzten Band erreicht, verweist auf die sich ständig steigernde Spannung und
zeigt, dass viele neue Fans dazu stoßen. Für diese Dynamik zwischen dem Werk und den
Lesern bringt Herzog eine plausible Erklärung. Er nimmt, ausgehend von der Handlung, auf
die Struktur der HP-Romane Bezug. Die sieben Bände bilden eine Heptalogie als sieben
selbstständige Romane, welche zugleich eine gemeinsame, kontinuierliche Geschichte
erzählen. Die Reihe besteht inhaltlich, so Herzog, aus zwei Teilen.35 Zum ersten Teil gehören
die ersten vier Bände, in denen sich die Figur des Voldemort ausschließlich in ihrem Wirken
entfaltet. Sein Ziel ist es, zu den Lebenden zu gehören. Voldemort gelingt es am Ende des
vierten Romans, wieder in einen Körper zurückzukehren. In den letzten drei Romanen wird
der Kampf von Harry Potter und seinen Freunden beschrieben, deren Ziel es ist, den dunklen
Lord zu besiegen. Das können sie nur erreichen, indem sie die in mehrere Teile aufgespaltene
Seele von Voldemort vollständig zerstören.36
Die erzählte Zeit umfasst sieben Schuljahre. Jeder Band der Heptalogie beschreibt ein
Schuljahr von Harry Potter und seinen Freunden. Jedes einzelne Buch beinhaltet eine
Expositionsphase, eine Komplikationsphase, einen Höhepunkt und die Auflösungsphase.
Dieses Schema wird als eine weitere Komponente des Geheimnisses des Erfolgs dieser
34 Vgl. Bauler, Harry Potter auf Deutsch und Französisch, S. 10. 35 Vgl. Markwart Herzog: Leben nach dem Tod. Anmerkungen zu einer offenen Frage in den Harry Potter-Romanen. In: Kinder- und Jugendliteraturforschung 2009/2010. Hrsg. vom Institut für Jugendbuchforschung der Johann Wolfgang Goethe-Universität (Frankfurt am Main) und der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz (Berlin), Kinder und Jugendbuchabteilung. Frankfurt am Main: Lang 2010, S. 83-92, hier S. 87. 36 Vgl. Bürvenich, Der Zauber des Harry Potter, S. 94f.
17
Romane gesehen. Die Bindung der Leser an die Geschichte wird durch regelmäßige
Neubeginne gewährleistet.37
1.4.2 Der Erfolg der HP-Heptalogie aus literarischer Sicht
Sucht man das Erfolgsrezept ausgehend von werkimmanenten Faktoren, so fällt vor allem auf,
dass die Romanfiguren einem Entwicklungsschema unterliegen und Randfiguren in späteren
Teilen häufig zu Schlüsselfiguren werden (z.B. Severus Snape).
Die Charaktere sind komplex gestaltet; gut und böse sind nicht so schnell zu erkennen. Die
Leser sind daher ständig damit beschäftigt, die Rollen diverser Figuren neu zu definieren,
wodurch ein permanenter Spannungsbogen geschaffen wird.
Einen weiteren werkimmanenten Faktor, der relevant für den Erfolg der Romane ist, stellt die
Struktur der einzelnen Bände und gleichzeitig der gesamten Heptalogie dar: Die vier ersten
Bände bilden in gewisser Weise einen geschlossenen ersten Kreis, aus dem der zweite Kreis
entsteht – die Fortsetzung der Geschichte in den letzten drei Bänden mit stetig zunehmender
Spannung. Bezüglich der internen Struktur auf der syntagmatischer Ebene erhöhen sich die
Komplexität und die Wechselwirkung der Episoden, so dass der Leser nicht nur neugierig die
Geschichte weiterverfolgt, sondern auch immer wieder zurückblättert, um die inhaltliche
Vernetzung der Geschichte besser nachzuvollziehen. Auch dadurch wird die Verbundenheit
der Leser gesteigert.
Betrachtet man die Wirkung der werkexternen Faktoren, so lässt sich die Akzeptanz dieses
Buches von unzähligen Lesern auf der ganzen Welt durch das Phänomen der
Multiadressiertheit38 erklären. Das Buch wird als Kinder-, Jugend- und Erwachsenenliteratur
verkauft. Die Verlage versuchen deswegen, die Form der Bücher an die erwähnten
Lesergruppen anzupassen. Zu diesem Zweck werden die Umschläge der einzelnen Bände im
Hinblick auf die jeweilige Zielgruppe entsprechend gestaltet. Erwachsenenausgaben sind
teurer als die Kinderausgaben und signalisieren durch die Gestaltung des Umschlags
(Titelgestaltung, Angabe der Autorin, Bildnerische und farbliche Gestaltung, Schrifttyp)
Ernsthaftigkeit. Auf der anderen Seite folgt die Buchgestaltung für die Kinderausgabe
37 Hagenauer, Untersuchung des Erfolgs der „Harry Potter“-Bücher, S. 3. 38 Vgl. Karg/Mende, Kulturphänomen Harry Potter, S. 21.
18
altersgemäßen Gestaltungsprinzipien, die Umschläge sind farbenfroh und enthalten typische
Symbole der erzählten Geschichte.39
1.4.3 Der Erfolg der HP-Heptalogie aus marktstrategischer Sicht40
Der Geschäftsführer des Carlsen-Verlags, Klaus Kämpfe-Burghardt, erklärt diesen
unfassbaren Erfolg aus marktstrategischer Sicht vor allem aus zwei Faktoren. Als ersten
Faktor nennt er die Mund-zu-Mund-Propaganda unten den Kindern. Der zweite Faktor ist die
Presse, welche die HP-Romane zu einem Literatur- und Medien-Ereignis gemacht hat.
Trotz der oben angesprochenen unterschiedlichen Buchgestaltung für unterschiedliche
Zielgruppen ist allen Ausgaben, auch den Übersetzungen in verschiedene Sprachen, ein
einheitliches Schema41 bei der Platzierung der Angaben auf dem Cover gemeinsam, was zu
einem Wiedererkennungseffekt der Marke „Harry Potter“ führt. Es bleibt jedoch auch immer
genug Platz für innovative Gestaltung. 42
Der Verkauf der HP-Romane wird seit einigen Jahren durch verschiedene
Vermarktungsstrategien unterstützt, welche die Leser begleiten. Dieses Begleitprogramm
wird von Karge und Mende folgendermaßen kategorisiert:
• Begleitliteratur: HP-Lexika wie z.B. Das ABC rund um Harry Potter oder
J.K. Rowlings Fantastik Beasts and where to Find them.
• Gegenstände mit Harry Potter-Bezug: Dazu gehören Alltagsartikel wie Kalender,
Notizblöcke, T-Shirts und Gegenstände, die mit Bezug auf die HP-Geschichte kreiert
werden, wie Zauberstäbe, Spiele und Computerspiele, sowie Merchandising-Artikel
wie HP-Bilder oder Logos.
• Die Stilisierung der Biografie von J. K. Rowling zum Aschenputtel-Mythos. Die
Autorin wird von einer alleinerziehenden Mutter, die auf Sozialhilfe angewiesen ist,
39 Vgl. ebenda, S. 22-28. 40 Vgl. ebenda, S. 43-46. 41 Zum Schema siehe ebenda, S. 25. 42 Vgl. ebenda, S. 25-31.
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dank ihrer zauberhaften literarischen Schöpfung zu einer der reichsten Frauen der
Welt.
• Die Aufmerksamkeit der Medien richtet sich nicht zuletzt auch wegen Skandalen –
wie etwa die Plagiatsvorwürfe gegen die Autorin – auf Rowlings Werk. Solche
Vorwürfe sind von Autoren wie Nancy Stouffer43 und Adrian Jakobs44 erhoben
worden. Anderseits erheben Rowling und Warner Brotheres Klage gegen Werke wie
Harry Potter and Leopard-Walk-Up-To-Dragon (China) oder Harry Potter in Kalkuta
(Indien) sowie gegen das Harry Potter Lexikon.
1.4.4 Der Erfolg der HP-Heptalogie aus sozialpsychologischer Sicht
Im Gegensatz zum Großteil der Schullektüre, die für die meisten Kinder und Jugendlichen
eine Frustlektüre darstellt, ist HP für Kinder und Jugendliche im Schulalter als Lustlektüre
einzustufen.45
Der Massencharakter der Harry Potter-Begeisterung ist in der Tat ein noch nie dagewesenes
Phänomen. Das bedeutet aber nicht, dass es zu früheren Zeiten keinen vergleichbar attraktiven
Lesestoff gegeben hat. Heute hat man leichteren Zugang zu Information. Der intensive
Informationsaustausch – vor allem durch das Internet – hat ohne Zweifel die Verbreitung und
die Menge der verkauften Bücher gefördert.46 Der Massencharakter der HP-Romane stellt den
Literaturwissenschaftler unter anderem vor die Frage: Ist Harry Potter eine Massenlektüre
oder ein Klassiker?
1.4.5 Eskapismus
Harry Potter vermag es, den Leser in eine andere Welt zu entführen und gibt ihm somit auch
die Möglichkeit, der Realität zu entfliehen. Die amerikanische Wissenschaftlerin Meredith
Cherland bezeichnet die Lektüre der HP-Romane als eskapistisch.47
43 Sie schrieb 1984 den Roman The Legend of Rah and the Muggles. 44 Jakobs veröffentlichte die Geschichte The Adventures of Willy the Wizard.
45 Vgl. Karg/Mende, Kulturphänomen Harry Potter, S. 215-216. 46 Vgl. ebenda, S. 228. 47 Vgl. ebenda, S. 209.
20
„Als eskapistisch ist eine solche Lektüre dann zu bezeichnen, wenn sich die Welten
auf gleicher Augenhöhe treffen und der Leser sich, seine Wünsche und Sehnsüchte in
die Parallelwelt hinein projiziert oder – umgekehrt – jene in die Alltagswelt
herüberholt “48
Die Möglichkeit der eskapistischen Lektüre ist ohne Zweifel eine der Eigenschaften der HP-
Romane, von der auch Erwachsene aus verschiedenen Schichten und Sprachräumen begeistert
sind.49
Die HP-Romane bieten zudem die Möglichkeit, im Sinne eines cross cultural reading gelesen
zu werden: Die Geschichte beruht zwar auf dem britischen Kulturraum, jedoch bietet die
fiktionale Welt für Rezipienten einiger anderer Nationen und Kulturen einen hohen
Wiedererkennungseffekt.50
1.5 Forschungsüberblick
Vielschichtigkeit und Mehrdeutigkeit sind ohne Zweifel Eigenschaften der HP-Romane.
Unzählige Studien untersuchen diverse Zusammenhänge und beleuchten verschiedene
Aspekte. In dieser Saga werden Themen wie Politik, Rassismus, Homosexualität,
Okkultismus angesprochen.
In einem Literaturüberblick zur HP-Forschung bewerten Karg und Mende
1474 Titelformulierungen von wissenschaftlichen Aufsätzen, die sich mit dem Phänomen
Harry Potter befassen. Die Titel werden den Kategorien Literaturwissenschaft,
Öffentlichkeitspräsenz sowie Theologie und Moral zugeordnet. 15 Titel lassen sich nicht
einordnen. Die größte Kategorie wird von jenen Beiträgen gebildet, die sich mit der
Interpretation des Werkes im literaturwissenschaftlichen Sinne befassen. Dazu zählen die
Autorinnen 831 Titel. Diese Kategorie beinhaltet folgende Subkategorien:
a) Literarische Bezüge 293
b) Wirklichkeitsbezug 245
c) Eigentlicher Sinn 187
d) Textimmanente Fragen 106
48 Vgl. ebenda, S. 211. 49 Vgl. ebenda, S. 209. 50 Vgl. ebenda, S. 72-85.
21
Die Autorinnen identifizieren dabei zwei Tendenzen der Literaturkritik:
Zum einen wird HP unter der Perspektive der Postmoderne und der Kinderliteratur betrachtet,
zum anderen tendieren die Beiträge dazu, den Rahmen der traditionellen
literaturwissenschaftlichen Analysen zu sprengen, da sie in die Bereiche der Leseforschung
und der Kommunikationswissenschaft hineinreichen. Entsprechend zählen Karg und Mende
unter den Arbeiten 246 Aufsätze, welche die Öffentlichkeitspräsenz der HP-Romane
untersuchen.51
Schließlich identifizieren die Autorinnen noch 124 Arbeiten, deren Schwerpunkt im
öffentlichen Wertediskurs liegt. Diese Arbeiten rechnen sie der Kategorie Theologie und
Moral zu.52
Die vorliegende Arbeit versteht sich als eine wissenschaftliche Untersuchung der
Leserperspektive. Dafür werden alle Artikel in den Printmedien Der Standard und Die
Presse, die über HP-Romane erschienen sind, untersucht. Die Auswertung der Beiträge zielt
auf zwei Hauptfragegruppen ab. Erstens: Welche inhaltlichen Schwerpunkte beinhalten die
untersuchten Artikel? Inwiefern werden darin Themen des öffentlichen Diskurses die HP-
Romane betreffend behandelt?
Zweitens: Gibt es relevante Unterschiede in der Berichterstattung in den entsprechenden
Zeitungen Der Standard und Die Presse?
51 Bei der Analyse werden folgenden Kategorien verwendet: Schule und Didaktik (131), Übersetzung, Sprachreflexion (66), Medien Verfilmung (52), Bibliografien (9). (Vgl. Karg/Mende, Kulturphänomen Harry Potter, S. 66ff.) 52 Vgl. ebenda S. 66ff.
22
2 Theoretischer Rahmen: Die Empirische Literaturwissenschaft (ELW)
Die vorliegende Arbeit versteht sich als eine empirische Untersuchung im Rahmen der
empirischen Literaturwissenschaft (= ELW). Die EWL hat ihren Ursprung in einem
Empirisierungsprogramm der Literaturwissenschaft in den 70er-Jahren des letzten
Jahrhunderts, dessen Anlass die Methodenkrise der hermeneutischen Literaturwissenschaft
ist.53
Nach der klassischen Definition der Literaturwissenschaft bildet die Sprache ihren
Forschungsgegenstand. Da die Sprache immateriell ist, richtet sich das Erkenntnisinteresse
auf das Sinnverstehen. Als Forschungsmethode gilt in diesem Zusammenhang die
Interpretation.54 Die Interpretation ist nicht lehrbar und nicht jeder ist dazu berufen, meint
Kayser. Sie kennt, wie alle subjektiven Gefühle, keine wissenschaftlichen, nachprüfbaren
Kategorien.55
Eine andere Position vertritt Siegfried J. Schmidt. Er wehrt sich gegen diese traditionelle
Auffassung von Literatur(-wissenschaft) und macht die Vermittlung empirischer Kategorien
und Methoden der Literaturwissenschaft zum Ziel seiner Forschung. Schmidt meint, dass
diese Methoden sehr wohl erlernt werden können und zur objektiven Gewinnung neuen
literarischen Wissens führen.56
„Bekämpfen Sie das häßliche Laster der Interpretation! Bekämpfen Sie das noch häßlichere
Laster der richtigen Interpretation!“57, fordert Schmidt. Er verlangt die Abschaffung der
53 Vgl. Reinhold Viehoff: Das SJS-Paradigma. Online unter: http://www.sjschmidt.net/begegnu/texte/viehoff.htm [Stand: 2011-08-24]. sowie Norbert Groeben: Forschungsfragen und Untersuchungsplan. In: Rezeption und Interpretation. Ein interdisziplinärer Versuch am Beispiel der "Hasenkatastrophe" von Robert Musil. Hrsg von Norbert Groeben und Robert Musil. Tübingen: Narr 1981. (= Empirische Literaturwissenschaft. 5.) S. 9-26, hier S. 9. Zur Methodenkrise vgl. Armin Barsch, Gebhard Rusch und Reihold Viehoff: Einleitung zu: Empirische Literaturwissenschaft in der Diskussion. Hrsg. von Achim Barsch [u.a.]. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1994. (= Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft. 1107.) S. 9-20, hier S. 10. 54 Vgl. Rainer Baasner: Methoden und Modelle der Literaturwissenschaft. Eine Einführung. Unter Mitarbeit von Maria Zens. Berlin: Schmidt 1996, S. 28f. 55 Vgl. Wolfgang Kayser: Das sprachliche Kunstwerk. Eine Einführung in die Literaturwissenschaft. Bern: Francke 1948. 56 Vgl. Reinhold Viehoff: Empirisches Forschen in der Literaturwissenschaft. In: Literaturwissenschaft und empirische Methoden. Eine Einführung in aktuelle Projekte. Hrsg. von Helmut Kreuzer und Reinhold Viehoff. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1981, S. 10-26, hier S. 11. 57 So betitelt Schmidt seinen Aufsatz, veröffentlicht in: Grundlagen der Textwissenschaft. Linguistische und literaturwissenschaftliche Aspekte. Hrsg. von Wolfgang Frier und Gerd Labroisse. Amsterdam: Rodopi 1979. (= Amsterdamer Beiträge zur neueren Germanistik. 8.) S. 279-309.
23
Interpretation als eine theoretisch nicht genügend fundierte Methode. Er bezeichnet die
Interpretation als ein subjektivistisches und irrationales Privatvergnügen von Germanisten.
Dementsprechend sieht die ELW sich selbst nicht als eine Erweiterung der bestehenden
Begrifflichkeit und Methodik der klassischen Literaturwissenschaft, sondern als
Paradigmenwechsel.58
2.1 Theoretische Grundlagen der Empirischen Literaturwissenschaft (ELW)
Der Begriff ‚empirische Literaturwissenschaft’ geht wie die ersten methodologisch fundierten
empirischen Studien59 in der Literaturwissenschaft auf Norbert Groeben zurück.60 1972 macht
er die leserbezogene Rezeptionsforschung zum Forschungsgegenstand und wendet dazu die
Forschungsmethoden der Psychologie und der Soziologie an. Er bleibt somit ein
Rezeptionsforschungstheoretiker, der aber neue Ansätze und Auswertungsmethoden
verwendet.61
Das theoretische Fundament (die empirische Theorie der Literatur = ETL)62 der ELW wurde
jedoch erst 1980/82 von Schmidt in seinem zweiteiligen Werk Grundriß der empirischen
Literaturwissenschaft63 geschaffen. Im ersten Band wird das Theoriegerüst konstruiert; im
zweiten Teil werden alle literaturwissenschaftlichen Fragestellungen im Rahmen dieser
Theorie neu rekonstruiert. Auf diesem theoretischen Fundament erhebt sich das Projekt der
Empirischen Theorie der Literatur. 58 Vgl. Grundzüge der Literaturwissenschaft. 6. Aufl. Hrsg. von Heinz Ludwig Arnold und Heinrich Detering. München 2003 (= dtv. 30171.) S. 552 f. 59 Schon in den frühen sechziger Jahren gab es im Bereich der sogenannten linguistischen Poetik die ersten statistischen Untersuchungen. Vgl. dazu Norbert Groeben: Der Paradigma-Anspruch der Empirischen Literaturwissenschaft. In: Empirische Literaturwissenschaft in der Diskussion, S. 21-38, hier S. 21. 60 Vgl. Siegfried J. Schmidt: Grundriß der empirischen Literaturwissenschaft. Teilband 1: Der gesellschaftliche Handlungsbereich Literatur. Braunschweig; Wiesbaden: Vieweg 1980. (= Konzeption empirische Literaturwissenschaft. 1.) S. 1. 61 Es handelt sich um das Werk „Rezeptionsforschung als empirische Literaturwissenschaft“ (1977) samt der zweiten ausgearbeiteten Version. Vgl. dazu auch: Norbert Groeben: Die Veränderung/en des Wissenschaftskonzepts bei S.J. Schmidt. Online unter: http://www.sjschmidt.net/begegnu/texte/groeben.htm [Stand: 2011-08-24]. 62 Für Informationen zu den Bausteinen der ETL siehe: Gerhard Pasternack: Empirische Literaturwissenschaft und ihre wissenschaftsphilosophischen Voraussetzungen. In: Empirische Literaturwissenschaft in der Diskussion, S. 55-85, hier S. 83ff. 63 Schmidts Grundriß der empirischen Literaturwissenschaft umfasst zwei Teilbände. Teilband 1: Der gesellschaftliche Handlungsbereich Literatur. Teilband 2: Zur Rekonstruktion literaturwissenschaftlicher Fragestellungen in einer empirischen Theorie der Literatur. Braunschweig; Wiesbaden: Vieweg 1980 und 1982.
24
Bereits in den ersten Untersuchungen der ELW von Groeben wird auf die Bedeutung der
Interdisziplinarität hingewiesen, wenn es um das Entwerfen der empirischen Methodologie
für die Analyse literarischer Texte geht. Er nennt in seiner Arbeit das Verschmelzen dreier
Ansatzpunkte: der Linguistik, der Semiotik und der Literaturpsychologie.64
Schmidt beschränkt sich nicht auf die Erschaffung neuer empirischer Methoden für die
Literaturwissenschaft, sondern versucht, den theoretischen Boden eines neuen Paradigmas zu
begründen.65 Er setzt dem hermeneutischen Vorgang sein analytisch-konstruktives Paradigma
entgegen, mit dem Ziel, das herrschende spekulativ-interpretative Paradigma auf empirisch-
analytische Füße zu stellen. Hierin unterscheidet sich die Methode von all den theoretischen
literaturwissenschaftlichen Entwürfen, die auf das hermeneutische Verfahren beschränkt
bleiben. Dieser Prozess hat das Ziel zu einem Wechsel des bestehenden Paradigmas zu
führen, sodass es schließlich nur mehr die ELW als Paradigma gibt.66
Siegfried J. Schmidt lehnt sich ursprünglich an die Philosophie Wittgensteins an, bei dem er
auch seine Habilitation geschrieben hat. Etwa zur gleichen Zeit gibt es in der Linguistik
Bestrebungen, mit den Methoden der Mathematik zu einer ‚generativen Grammatik’ zu
gelangen.67 Später orientiert Schmidt sich an der Systemtheorie der Soziologie von Niklas
Luhmann, bzw. an Handlungstheorien, die schließlich zur Entstehung des neuen Begriffs des
‚Literatursystems’ führen.68 Im Zuge des Aufbaus seiner Theorie nehmen Schmidt und sein
Forschungsteam NIKOL Bezug auf den biologischen bzw. radikalen Konstruktivismus,
welcher der Theorie der ELW eine individuenorientierte Perspektive verleiht.69 Wichtige
Grundlagen der ELW sind die Wissenschaftstheorie von Sneed und der Konstruktivismus
Humberto Maturanas sowie die linguistische Sprechakttheorie.70
64 Vgl. Rezeption und Interpretation. Ein interdisziplinärer Versuch am Beispiel der „Hasenkatastrophe“. Hrsg. von Robert Musil und Norbert Groeben. Tübingen: Narr 1981. (= Empirische Literaturwissenschaft. 5.) S. 9. 65 Vgl. Viehoff, Das SJS-Paradigma. 66 Vgl. ebenda. 67 Vgl. Groeben, Die Veränderung/en des Wissenschaftskonzepts bei S.J. Schmidt. 68 Zu der Ableitung der systemtheoretischen Literatur von der Systemtheorie von Luhmann siehe Sabina Becker: Literatur- und Kulturwissenschaft. Ihre Methoden und Theorien. Hamburg: Rowohlt 2007. (= rororo. 55686.) S. 88-99. 69 Vgl. Viehoff, Das SJS-Paradigma und Groeben, Die Veränderung/en des Wissenschaftskonzepts bei S.J. Schmidt. 70 Vgl. Baasner, Methoden und Modelle der Literaturwissenschaft, S. 194.
25
Den hohen Stellenwert der Interdisziplinarität in der ELW erkennt man auch am Bestehen der
Forschergruppe NIKOL (zuerst mit Sitz in Bielefeld; später in Siegen), zu der Mathematiker,
Wissenschaftstheoretiker und Linguisten gehören.71 Die von Siegfried Schmidt geleitete
NIKOL-Forschungsgruppe veröffentlicht eine Buchreihe für ELW.72 Zu den
Forschungseinrichtungen und Organen der ELW zählen: die Zeitschrift SPIEL (Siegener
Periodicum zur Internationalen Empirischen Literaturwissenschaft), die seit der Gründung im
Jahre 1982 ohne Subventionen veröffentlicht wird, und die wissenschaftliche Vereinigung
IGEL (Die Internationale Gesellschaft für Empirische Literaturwissenschaft), gegründet im
Jahre 1987, die im Jahr 2000 in Toronto einen Internationalen Kongress veranstaltete.73 Ein
anderes Forschungsinstitut der ELW ist das Institut LUMIS (Literatur- und
Medienwissenschaftliches Institut Siegen), gegründet im Jahre 1984.
Der Anspruch von Siegfried Schmidt, in der Literaturwissenschaft ein neues Paradigma im
Sinne von Thomas Kuhn74 zu gründen, gilt bis heute als nicht eingelöst. Die ELW wird in der
heutigen Forschung als literaturwissenschaftliche Disziplin eingeordnet, die eine
Empirisierung von bestimmten Fragestellungen mit entsprechenden methodischen Verfahren
praktiziert. Die Ablösung von der klassischen hermeneutischen Grundlage der
Literaturwissenschaft ist aber nicht gelungen.
Da sich das Paradigma der klassischen Literaturwissenschaft von außenstehenden
Forscherkreisen wie jenem von Siegfried Schmidt nicht ändern lässt, wandelt sich schließlich
das Paradigma der ELW, seit der Veröffentlichung des Buches von Schmidt im Jahr 198175,
zu einem Paradigma der Medienkulturwissenschaft.76
71 Die NIKOL- Forschungsgruppe bestand aus Peter Finke, Jan Wirrer, Walther Kindt, Achim Barsch, Gebhard Rusch, geleitet von Schmidt. Die Forscher nahmen Bezug auf die analytische Philosophie auf die natürliche Sprache (Wittgenstein, Searle, Austin), die Textlinguistik (Wienold, Ihwe, Schmidt), Kognitions-, Sprach- und Literaturpsychologie (Hörmann, Groeben, Neisser, van Dijk), sozialpsychologische Handlungstheorie (Brennstuhl, Rehbein, Volpert, Habermas) und soziologische Systemtheorie (Luhmann, Münch). Vgl. Barsch/ Rusch/ Viehoff, Einleitung, S. 10f. 72 Vgl. Viehoff, Das SJS-Paradigma. 73 Vgl. Gebhard Rusch: Von der Empirischen Literaturwissenschaft zum Siegener Konstruktivimus. Online unter: http://www.sjschmidt.net/begegnu/texte/rusch.htm [Stand: 2011-08-24]. 74 Vgl. Viehoff, Das SJS-Paradigma. 75 Vgl. ebenda. 76 Vgl. ebenda.
26
Der Verdienst der ELW bleibt aber unbestritten, weil sie neue Räume der Wahrnehmung
eines literarischen Werkes eröffnet und diese zu einem Forschungsobjekt macht. Sie bietet
gleichzeitig Methoden an, mit denen diese neuen Dimensionen untersucht werden können.
Darüber hinaus ist festzustellen, dass viele Studienrichtungen (z. B. die Medienwissenschaft)
ohne die ELW nicht Realität geworden wären.77
2.2 Die Begrifflichkeit der ELW
2.2.1 Der Begriff „Literatur“
Anders als in der herkömmlichen literaturwissenschaftlichen Tradition üblich, bezeichnet der
Untersuchungsbereich ‚Literatur’ bei Schmidt nicht das ‚literarische Werk’, sondern ersetzt
den klassischen Begriff von Literatur durch einen funktionalen, auf Handlungen bezogenen,
empirisch überprüfbaren Begriff.78 Der Untersuchungsbereich wird „ausgeweitet auf solche
kommunikativen und nichtkommunikativen sozialen Handlungen und deren Komponenten
(wie Objekte, Sachverhalte, Voraussetzungen, Konventionen usw.), deren thematisches
Objekt solche ‚Texte’ sind, die von den Handelnden ‚für literarisch gehalten’ werden.“79
Die Literatur ist dementsprechend ein „literarisches kommunikatives Handeln“80 oder kurz ein
„literarisches Handeln“.81 Diese Theorie geht von der empirischen Annahme aus, dass es in
der menschlichen Gesellschaft ein Handlungssystem gibt, das aus ästhetischen Handlungen
konstruiert werden kann: die Kunst. Dieses System verfügt über eine Struktur, sowie über
Außen- und Innendifferenzierungen gegenüber anderen Handlungsbereichen. Schmidts
Theorie zufolge übt dieses System drei Grundfunktionen aus: eine kognitiv-reflexive, eine
moralisch-soziale und eine hedonistisch-emotionale Funktion.82 Ein Bestandteil der Kunst ist
das Subsystem der ‚Literatur’.
Literatur ist für Schmidt nicht nur ein Kunstwerk in Form eines Textdokuments, sondern auch
ein System gesellschaftlichen Handelns. Die Teilnehmer in diesen Handlungen (Aktanten
77 Vgl. ebenda.. 78 Vgl. ebenda. 79 Siegfried J. Schmidt: Grundriß der empirischen Literaturwissenschaft, Band 2, S. 2. 80 Baasner, Methoden und Modelle der Literaturwissenschaft, S. 194. 81 Colin Martindale: Die Fakten der Literaturgeschichte. Oder: Was in der Literaturgeschichte wirklich passiert. In: Empirische Literaturwissenschaft in der Diskussion, S. 190-205, hier S. 203. 82 Vgl. Baasner, Methoden und Modelle der Literaturwissenschaft, S. 198.
27
genannt) sind alle in diesem System involvierten Personen: Die Autoren, die Leser, die
Kritiker, die Verleger, die Reporter, usw. Die Literatur ist nach dem Verständnis von Schmidt
„der beschreibbare, analysierbare und erklärbare Umgang von Menschen mit Texten, der das
Gegenstandsgeld der Wissenschaft bildet.“83
2.2.2 Der Begriff ‚Literatursystem’
Die ELW versteht sich als eine Theorie der literarischen Kommunikationshandlungen.84 In
seinem Denken geht Schmidt von systemtheoretischen Annahmen aus, die auf den Soziologen
Niklas Luhmann zurückgehen. Für Luhmann besteht die Gesellschaft aus verschiedenen
Teilsystemen: Wirtschaft, Recht, Politik, Wissenschaft, Kunst, Erziehung, Liebe. Jedes dieser
Systeme hat eine eigene Funktion. Die Systeme funktionieren autonom voneinander. Die
Kommunikation innerhalb jedes einzelnen Systems findet durch bestimmte Codes statt, die
immer von zwei Werten geprägt sind. Die prägende Dichotomie im Kunstsystem ist
„ästhetisch“ vs. „nicht ästhetisch“.85
Im Luhmann'schen Sinne ist Literatur ein System, das Bestandteil des Kunstsystems ist.
Schmidt ist der Meinung, dass es die Funktion der Literatur ist, das Individuum von
Differenzierungsschäden zu heilen. Unter Differenzierungsschäden versteht er die
Entfremdung des Individuums in der modernen Gesellschaft, in der das Individuum niemals
als gesamte Persönlichkeit wahrgenommen wird, sondern gemäß seiner sozialen Rollen, die er
im Beruf, in der Familie, im Freundeskreis und in anderen Systemen einnimmt. Die Lektüre
versucht, dieses ‚Sinnvakuum‘ zu kompensieren.86
Die Codes des Literatursystems in Schmidts Theorie bestehen im binären Schematismus
„literarisch“ vs. „nicht literarisch“.87 Die Differenz zwischen diesen zwei Realitäten erzeugt
eine Weltkontingenz. Dem Leser werden Alternativen vorgeführt, wie die Realität besser
werden könnte.
83 Vgl. Viehoff, Das SJS-Paradigma. 84 Vgl. Baasner, Methoden und Modelle der Literaturwissenschaft, S. 194. 85 Vgl. ebenda, S. 191-198. 86 Vgl. Der Diskurs des radikalen Konstruktivismus. Hrsg. von Siegfried J. Schmidt. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1992. (= Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft. 950.) S. 425-450. 87 Diese Ausprägung ist übrigens bestritten, weil sie wie eine Tautologie wirkt. Nils bietet in diesem Zusammenhang die Codes „interessant“ gegen „uninteressant“ an, die aber schwer messbar sind.
28
2.2.3 Der Begriff ‚Literaturprozess’
Die Aktanten des Literatursystems können nach Schmidt verschiedene Handlungsrollen inne
haben:
1. Literaturproduzent;
2. Literaturvermittler;
3. Literaturrezipient;
4. Literaturverarbeiter.88
Die Abfolgen der Handlungen im Rahmen der Literaturproduktion, -vermittlung, -rezeption
und -verarbeitung werden in der ELW als ‚Literaturprozesse’ bezeichnet. Die
Teilabhandlungen eines solchen Literaturprozesses werden als Handlungskette dargestellt.
Ein Literaturproduzent ist eine Person, die ausgehend von ihrem kognitiven Komplex (auch
Kommunikat genannt) einen Text entwirft – als der Schriftsteller oder der Verfasser eines
Textes. Die Handlungsstrategien und Intentionen des Literaturproduzenten sind
unterschiedlich, je nach Länge und Genres des zu verfassenden Textes. Er verfasst den Text
nach seinen ästhetischen Kriterien. Er präsentiert ihn den anderen Aktanten – seien es
Freunde, Manager oder Verleger – als ‚literarisches Werk’. Das Werk gelangt somit vom
Literaturproduzenten zu den Instanzen des nächsten Prozesses, nämlich zu den
Literaturvermittlungsinstanzen. Dazu gehören unter anderem Lektoren, Herausgeber und
Verleger. Sie rezipieren den Text des Literaturproduzenten, ordnen ihn nach den
Konventionen des Literatursystems und verhandeln mit den Literaturproduzenten über
Änderungswünsche im Bezug auf Inhalt und Form. Der modifizierte Text wird zum Druck –
bzw. zur Vertonung oder Verfilmung – weitergegeben. In der endgültigen Form wird das
Werk über die Distributionskanäle weiterverbreitet, damit es die Rezipienten erreicht.
Die Literaturrezipienten nehmen den vermittelten Text wahr und akzeptieren ihn somit als
literarischen Text. Sie begegnen ihm nach ihrem jeweiligen Voraussetzungssystem. Wenn
88 Vgl. Helmut Hauptmeier und Siegfried J. Schmidt: Einführung in die empirische Literaturwissenschaft. Braunschweig [u.a.]: Vieweg 1985, S. 16 und Baasner, Methoden und Modelle der Literaturwissenschaft, S. 198f.
29
sich Literaturrezipienten über den rezipierten Text oder den Rezeptionsprozess äußern und
dadurch ihre eigenen Texte erzeugen, handeln sie als Literaturverarbeiter.
Ein Literaturverarbeiter ist in erster Linie ein Literaturrezipient. Er ordnet den vermittelten
Text einem bestimmten kognitiven Komplex bzw. einem Kommunikat zu. Aus dieser
Zuordnung entsteht ein Verarbeitungskommunikat und dementsprechend verfasst der
Literaturverarbeiter einen Verarbeitungstext. „Daneben sind allerdings auch Fälle bekannt, wo
Literaturverarbeiter z.B. Rezensionen zu literarischen Texten schreiben, die sie gar nicht
gelesen haben, d.h., wo sie direkt vom vermittelten Text zum Verarbeitungskommunikat
übergehen, ohne dem Ausgangstext zuvor als Rezipienten einem Kommunikat zugeordnet zu
haben.“89
Die neue Dimension der ELW in der Untersuchung eines literarischen Textes bzw. Werkes
besteht gerade in der Einbeziehung der Aktanten (der Sprachhandelnden), die in irgendeiner
Weise mit der Herstellung und der Rezeption des Textes in Verbindung stehen.90 Untersucht
man im konkreten Fall die Presseberichte über das Phänomen Harry Potter, kann man als
theoretischen Zugang nicht bloße Rezeptionstheorien auswählen, da es nicht sicher ist, ob der
Verfasser des Artikels mit dem Rezipienten gleichzusetzen ist. Ein Journalist kann über die
HP-Romane berichten, ohne sie gelesen zu haben. Insofern erweist sich die umfassendere
Theorie von Schmidt als ein Weg, auch das Echo dieser Romane in der Presse zum
literaturwissenschaftlichen Forschungsgegenstand machen zu können.
Schmidt versteht Literatur als ein System, welches sich aus der Gesamtheit der bereits
erwähnten Literaturprozesse zusammensetzt.91 Betrachtet man all die involvierten
Literaturprozesse, ergibt sich folgende Abfolge:
„Die Produktion geht der Vermittlung voraus und bedingt diese; die Vermittlung
geht der Rezeption voran und bedingt sie; die Vermittlung liegt vor der Rezeption
und bedingt diese, und die Rezeption geht der Verarbeitung voraus und bedingt
sie.“92
89 Hauptmeier/Schmidt, Einführung in die empirische Literaturwissenschaft, S. 15. 90 Vgl. Henrike Alfes: Literatur und Gefühl. Emotionale Aspekte literarischen Schreibens und Lesens. Opladen:Westdeutscher Verlag 1995. (= Konzeption empirische Literaturwissenschaft. 19.) S. 50. 91 Vgl. Hauptmeier/Schmidt, Einführung in die empirische Literaturwissenschaft, S. 66. 92 Ebenda. S. 15.
30
Im Fall der Harry Potter-Romane ist Rowling die Produzentin des literarischen Werks. Die
Rolle des Vermittlers übernimmt für den deutschsprachigen Raum der Verleger des Carlsen-
Verlags. Der Leser ist der Rezipient. Verarbeiter des literarischen Textes sind all jene
Personen, welche diese Heptalogie beurteilen, kritisieren oder weiter empfehlen. Hierzu
gehören unter anderem die Literaturkritiker, -analytiker und -journalisten. Die vorliegende
Arbeit untersucht die Rolle der Pressejournalisten bei der Aufnahme der Harry Potter-
Romane in Der Presse und Dem Standard. Viele Fragen tauchen in diesem Zusammenhang
auf: Inwiefern beeinflussen die beiden Medien die Leser? Welche Aspekte werden in den
Artikeln dargestellt? Nehmen sie Bezug auf die Inhalte des kritischen Diskurses, der bereits
im ersten Kapitel erwähnt worden sind? Gibt es kulturelle Spezifika in den Berichten? Diese
Fragen werden im folgenden Kapitel näher ausgeführt.
2.3 Die Aufgaben und Methoden der ELW
Schmidt sieht die traditionelle Werkinterpretation nicht als die Aufgabe der
Literaturwissenschaft. Die Suche nach der objektiven und richtigen Bedeutung eines Textes
kann seiner Auffassung nach keine wissenschaftliche Aufgabe sein.93
Zur Aufgabe der Literaturwissenschaft stellt Schmidt folgende Thesen auf:
(1) Die Literaturwissenschaft soll sich wie eine empirische Wissenschaft begreifen.
(2) Sie unterliegt den bekannten Normen der empirischen Wissenschaften: Theoretizität,
Empirizität und Applikalibität.
(3) Das Forschungsobjekt der ELW ist das Literatur-System an sich.
(4) Die ELW stellt sich die Aufgabe, das Literatursystem im Kontext der anderen
gesellschaftlichen Handlungssysteme zu beschreiben und seine Funktionen zu erklären. Dabei
verfolgt sie das Ziel, die Entwicklung der Gesellschaft nach einer bestimmten
Werteorientierung zu fördern.94
93 Baasner, Methoden und Modelle der Literaturwissenschaft, S. 199. 94 Vgl. Hauptmeier/Schmidt, Einführung in die empirische Literaturwissenschaft, S. 24.
31
(5) Die Beschreibung und Erklärung des Forschungsgegenstandes soll der historischen
Perspektive unterliegen, d.h. die frühere Entwicklung und der aktuelle Zustand sollen sich aus
den früheren Entwicklungen ergeben. Dies macht die diachrone Dimension der ELW aus.95
(6) Das im Rahmen der ELW erworbene empirische Wissen soll bei der Lösung von
Problemen innerhalb und außerhalb des Literatursystems angewandt werden.
(7) Die empirische Wissenschaft unterscheidet zwischen der Handlung im Literatursystem
(die Aktanten nehmen eine der vier oben skizzierten Handlungsrollen ein) und der Analyse
des Literatursystems (der auch ein Handeln zu Grunde liegt, aber nicht im Rahmen der ELW
sondern im Rahmen des Wissenschaftssystems, welches wiederum über eigene Codes
verfügt).96
Diese Glieder bilden den Untersuchungsgegenstand für einen empirischen
Literaturwissenschaftler. Der empirische Literaturwissenschaftler versucht, „[d]as Verhalten
von Teilnehmern am Literatursystem vor Ort (in der Schule, bei Lesungen der Autoren,
Preisverleihungen, im Kindergarten, bei Literaturlesern zu Hause usw.) oder im
Untersuchungsraum der Hochschule“97 festzuhalten. Die Aufgabe der Literaturwissenschaft
besteht darin, Fragen zu stellen, die durch empirische Forschung, durch intersubjektiv
nachvollziehbare Regeln und durch nachprüfbare Methoden zu beantworten sind.98
Da die ELW ihre Wurzeln in den Handlungstheorien99 der menschlichen Individuen hat,
verwendet sie zur Untersuchung der entsprechenden Literaturprozesse die Methoden der
empirischen Sozialforschung. Zu diesen Methoden gehören: die Beobachtung, die Befragung,
das Experiment, die Gruppendiskussion, die Inhaltsanalyse (Content Analysis), die
Sekundärauswertung und die Computersimulation.100
In den 80er-Jahren sahen Hauptmeier und Schmidt in den Methoden, welche die kognitive
Psychologie, die Massenmedienforschung und die Motivationspsychologie anwenden, die
95 Vgl. Barsch/Rusch/Viehoff, Einleitung, S. 9. 96 Vgl. Hauptmeier/Schmidt, Einführung in die empirische Literaturwissenschaft, S. 24f.. 97 Ebenda, S. 144. 98 Vgl. Viehhoff, Das SJS-Paradigma. 99 Zur Ableitung der Theorie vom Schmidt ausgehend von der Theorie des kommunikativen Handelns. Vgl. Hauptmeier/Schmidt, Einführung in die empirische Literaturwissenschaft, S. 57-90. 100 Für weiterführende Angaben zu der jeweiligen Methode vgl. ebenda, S.144 ff.
32
nächsten Quellen der Methoden, welche die ELW sich aneignen würde.101 Mittlerweile ist
diese Methodenerweiterung Realität geworden. In der vorliegenden Arbeit wird aus der
Vielzahl der Methoden der EWL zur Behandlung der Forschungsfrage die Inhaltsanalyse
angewendet. Ich habe mich für die Inhaltsanalyse entschieden, da ich mit dem konkreten
Inhalt der Zeitungsartikel arbeiten werde.
2.3.1 Inhaltsanalyse
Eine der ersten Definitionen der Inhaltsanalyse (engl. content analysis) liefert Berelson:
„Content Analysis is a research technique for objective systematic and quantitative
description of the manifest content of communication.“102 Eine neuere Definition dieser
Methode stammt von Früh:
„Die Inhaltsanalyse ist eine empirische Methode zur systematischen, intersubjektiv
nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von
Mitteilungen, meist mit dem Ziel einer darauf gestützten interpretativen Inferenz103
auf Mitteilungsexsterne Sachverhalte.“104
Einfacher gesagt, gibt die inhaltsanalytische Methode, wie Lasswell es auf den Punkt bringt,
die Antwort auf die folgenden Leitfragen: „Wer sagt was zu wem, wie, warum und mit
welchem Effekt?“105 Durch diese Methode können nicht nur Inhalte analysiert, sondern auch
formale Aspekte (stilistische Merkmale, die Länge der Sätze, die Häufigkeit der verwendeten
Wörter usw.) miteinbezogen werden.106
Das folgende Schema – mit der darauffolgenden Erklärung – schildert die Schritte eines
Kommunikationsprozesses, sowie die entsprechenden Aspekte einer Inhaltsanalyse.
Abbildung 1: Der Kommunikationsprozess nach Diekmann
101 Vgl. ebenda, S.147-150. 102 Bernard Berelson: Content Analysis in communication research. New York: Free Press 1952, S. 18. 103 Unter Inferenz in der Inhaltsanalyse werden die Schlussfolgerungen über den Text, seinen Produzenten oder den Empfänger einer Mitteilung verstanden. Vgl. Andreas Diekmann: Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen. 7., durchges. Aufl. Hamburg: Rowohlt 2001. (= rororo. 55551.) S. 484. 104 Werner Früh: Inhaltsanalyse. 6. überarb. Aufl. Konstanz: UVK 2007 (= UTB. 2501.) S. 27. 105 Harold D. Lasswell, Daniel Lerner und Ithiel De Sola Pool: The Comparative Study of Symbols. An Introduction. 2. Auflage. Stanford: Univ. Pr.: 1952. (= Hoover Institute Studies: Series C, Symbols. 1.) S. 12. 106 Vgl. Diekmann, Empirische Sozialforschung, S. 481.
33
Quelle: Diekmann, Empirische Sozialforschung, S. 484
Der in Abbildung 1 dargestellte (schriftliche) Kommunikationsprozess kann folgendermaßen
beschrieben werden:
Der Sender codiert die Mitteilung in Zeichen, d. h. in Buchstaben oder/und Bildern, indem er
sich auf die formalen Regeln der Syntaktik bezieht. Der Empfänger entschlüsselt die
Botschaft, vorausgesetzt, er versteht die Bedeutung der Zeichen. Die Zuordnung der Zeichen
zu Objekten wird von der Semiotik untersucht. Die Pragmatik befasst sich mit der Herkunft,
der Art der Verwendung und der Wirkung der Zeichen einer Mitteilung auf die Empfänger.
Dieses Modell der Kommunikation mit den drei entsprechenden Ebenen verweist auf die drei
Richtlinien der Inhaltsanalyse.
1) Die formal-deskriptive Textanalyse befasst sich mit den formalen Aspekten eines
Textes, wie etwa der Typologie von Texten, der Berechnung der Häufigkeit
bestimmter Zeichen oder Zeichenkombinationen usw.
2) Die diagnostische Textanalyse befasst sich mit der Mitteilung eines Textes, mit den
Werten, welche der Textproduzent vermittelt.
3) Die prognostische Textanalyse befasst sich mit der Wirkung eines Textes bei den
Rezipienten, mit der Reaktion, welche ein Text beim Empfänger hervorzurufen
34
beabsichtigt. Werden die Leser des Textes in ihren Einstellungen beeinflusst? Wie
reagieren sie auf den Text?107
Die Inhaltsanalyse befasst sich heutzutage nicht nur mit der systematischen Erhebung und
Auswertung von Texten, sondern auch mit der Auswertung von Bildern, Filmen und
Audiodateien.108 Ursprünglich ist die Inhaltsanalyse jedoch bekannt als die typische Praxis
der Zeitungsforschung, mit deren Hilfe die quantitativ fassbaren Veränderungen der
publizierten Inhalte im geschichtlichen Ablauf geschildert werden können. 1910 empfiehlt
Max Weber auf dem Ersten Deutschen Soziologentag den Inhalt von Zeitungen mit ‚Schere
und Kompaß’ zu erforschen. Eine Pionierstudie im Rahmen der Zeitungsforschungsstudien,
die gleich berühmt wurde, stammt von Malcolm Willeys aus dem Jahr 1926 (The Country
Newspaper). In der Studie werden die verbesserten Produktionsmöglichkeit und das
Massenangebot auf das sprachliche Gebilde hin untersucht. Die Inhaltsanalyse wird in der
Literaturwissenschaft und der Sprachwissenschaft im Laufe der Jahre für die Interpretation
von literarischen Kunstwerken bzw. für die linguistische Analyse des Sprechens und des
Schreibens verwendet.109
Die Inhaltsanalyse erfolgt in zwei Formen: Es gibt die quantitative und qualitative
Inhaltsanalyse mit jeweils unterschiedlichen Verfahren.
2.3.1.1 Die quantitative Inhaltsanalyse
Zu den klassischen Formen der quantitativen Inhaltsanalyseverfahren gehören die
Frequenzanalyse, die Kontingenzanalyse und die Valenzanalyse.
107 Dieses Analysemodell stammt von Werner Früh. Gefunden in: Diekmann, Empirische Sozialforschung, S. 484f. 108 Bereits Jürgen Ritsert (Inhaltsanalyse und Ideologiekritik. Ein Versuch über kritische Sozialforschung. Frankfurt am Main: Fischer 1972. (= Fischer Athenäum Taschenbücher. 4001.) S. 15) sieht die Erweiterung der Verwendung der Inhaltsanalyse auch in anderen damals neuen Medien. Heute implementieren die Forscher in der Tat die Inhaltsanalyse für die Auswertung von Bild- und Audiodateien. Vgl. dazu auch: Multimedia Content Analysis. Theory and applications. Hrsg. von Ajay Divakaran. New York: Springer 2007. (= Signals and communication technology.) 109 Vgl. Ritsert, Inhaltsanalyse und Ideologiekritik, S. 15
35
Die Frequenzanalyse stellt die Häufigkeit von Textelementen – Wörtern, Begriffen,
Ausdrücken, Themen usw. – fest.110 Die Frequenzanalyse geht von der Annahme aus, dass die
Häufigkeit des Auftretens bestimmter Themen bzw. Motive ein entscheidendes Indiz für die
Stärke der untersuchten Einstellungen oder Reaktionsbildungen ist.111 Die Frequenzanalyse
operiert nicht nur mit Wörtern, sondern auch mit Bildmaterial, wie Filmen oder Fotos. So
wird beispielsweise davon ausgegangen, dass die Anzahl der Bilder und ihre Qualitäten
Informationen liefern – z. B. über den Wertewandel von Schönheitsidealen in diversen
Modeströmungen.112
Die Frequenzanalyse bildet den Schwerpunkt der computerunterstützten Inhaltsanalyse, weil
sie an sich ein statistisches Verfahren ist. Allerdings muss bei der Häufigkeitszählung auch
der Kontext berücksichtigt werden. Diese Lücke führte zu ergänzenden Verfahren sowie zu
einer Betonung der qualitativen Inhaltsanalyse.
Die Kontingenzanalyse geht über die einfache Häufigkeitsuntersuchung eines einzelnen
Textelementes hinaus und zählt auch die Häufigkeit des Auftauchens eines Wortes oder
Themas in bestimmten Zusammenhängen.113 Beispielsweise kann gefragt werden, wie oft die
Ausdrücke ‚christliche Werte’ und ‚Kritik’ in den Zeitungsartikeln über die HP-Romane
zusammen auftauchen?114.
Mittels Valenzanalyse wird die Einstellung des Textverfassers oder bestimmter Lesergruppen
in Pro-Contra-Inhalte differenziert. Die Valenzanalyse ordnet einfache Kategorienpaare mit
polarer Valenz ein: zwischen ‚vollkommen dafür’ und ‚vollkommen dagegen’.115 Beispiele
für derartige Fragestellungen sind: Sind die Artikelschreiber einer Zeitung für oder gegen die
Zuordnung der HP-Romane zur Hochliteratur? Gelten die HP-Romane als Klassiker der
Kinder- und Jugendliteratur?
110 Vgl. Diekmann, Empirische Sozialforschung, S. 496. 111 Vgl. Ritsert, Inhaltsanalyse und Ideologiekritik, S. 15. Übrigens wurde diese Annahme schon 1952 von Kracauer kritisiert. Mann musste auch die Bedeutung der Wörter und den Zusammenhang einbeziehen. 112 Ein Beispiel dazu liefert Diekmann, Empirische Sozialforschung, S. 496f.). Es handelt sich um die Studie „Illustrated London News“ von Scott Robinson. 113 Vgl. Ritsert, Inhaltsanalyse und Ideologiekritik, S. 18. 114 Zum Verfahren mit Kontingenztabellen siehe Diekmann, Empirische Sozialforschung, S. 498ff. 115 Vgl. Ritsert, Inhaltsanalyse und Ideologiekritik, S. 18.
36
2.3.1.3 Die qualitative Inhaltsanalyse
Die qualitative Inhaltsanalyse entsteht in Abgrenzung zur quantitativen Inhaltsanalyse.
Mayring fasst alle Kritikpunkte, die ab der Mitte der 20er-Jahre des letzten Jahrhunderts116 an
der quantitativen Inhaltsanalyse geäußert werden, folgendermaßen zusammen:
- Der Kontext von Textteilen wird missachtet;
- Latente Sinnstrukturen werden nicht erfasst;
- Markante Einzelfällen werden nicht besonders behandelt;
- Außertextliche Faktoren, die auf die Inhalte des Textes wirken, aber nicht im Text
vorkommen, werden nicht einbezogen.117
Ergebnis dieser Kritik ist eine Blüte des qualitativen Ansatzes der Inhaltsanalyse seit den
70er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Die qualitative Inhaltsanalyse geht von der Annahme
aus, dass Menschen ihre Überzeugungen, Einstellungen, Absichten und ihr Wissen über die
Umwelt durch die Sprache zum Ausdruck bringen. Der Sprecher/Schreiber spiegelt dabei
nicht nur seine individuelle Perspektive, sondern auch die Normen und Werte der Gesellschaft
wieder. Die Inhaltsanalyse eines gesprochenen oder geschriebenen Textes macht es möglich,
Rückschlüsse auf die individuellen und gesellschaftlichen nichtsprachlichen Inhalte eines
Textes zu ziehen. Die qualitative Inhaltsanalyse macht somit das alltägliche Sprachverstehen
der Menschen in ihrer Kommunikation zum Gegenstand einer wissenschaftlichen
(systematischen und objektiven) Analyse.118
2.3.1.3.1 Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring
Als einer der wichtigsten Vertreter der qualitativen Inhaltsanalyse im deutschsprachigen
Raum gilt Philipp Mayring.119 Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring untersucht „die
manifesten Kommunikationsinhalte, also Aussagen von Befragten, die diese bewußt und
116 Vgl. Ritsert, Inhaltsanalyse und Ideologiekritik. 117 Vgl. Mayring, Philipp: Einführung in die qualitative Sozialforschung. Eine Anleitung zu qualitativen Denken. 5., überarb. und neu ausgestattete Aufl. Weinheim [u.a.]: Beltz 2002. (= Beltz Studium: Erziehung und Bildung.) S. 114. 118 Vgl. Siegfried Lamnek: Qualitative Sozialforschung. Bd. 2: Methoden und Techniken. 3., korr. Aufl. Weinheim: Beltz; Psychologie-Verl.-Union 1995, S. 175. 119 Vgl. Philipp Mayring: Einführung in die qualitative Sozialforschung. Eine Anleitung zu qualitativem Denken. München: Psychologie Verlags Union 1990. (= Kleine Bibliothek der Psychologie.)
37
explizit von sich geben.“120 Bei der objektiven Hermeneutik von Oevermann hingegen sind
die subjektiven latenten Sinnstrukturen eines manifesten Kommunikationsinhalts der
Forschungsgegenstand.121
Die Inhaltsanalyse nach Mayring ist für die vorliegende Studie insofern die geeignete
qualitative Methode, als es darum geht, die Einstellung der Presse zu den HP-Romanen zu
untersuchen. Bei der Untersuchung wird ein exploratives Verfahren angewandt, bei dem –
ganz im Sinne Mayrings – keine theoretische Annahmen im Vorfeld übernommen werden:
Durch eine erste Lektüre wird dem Forscher klar, welche Kategorien notwendig sind, um die
Einzelfälle zu klassifizieren und diese auf diesem Wege detaillierter auszuwerten. Die
Methode ermöglicht es also, empirische Kategorien zu verwenden, die direkt aus dem Text
hervorgehen.122
Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring entstand im Zeitraum 1983-1988, im Rahmen
eines großen Forschungsprojekts zur Auswertung von offenen Interviews.123 Sie findet seither
ihre Anwendung vor allem in geisteswissenschaftlichen Disziplinen, wie der Publizistik, der
Geschichtswissenschaft, der Pädagogik, der Psychologie und der Soziologie. In der
Literaturwissenschaft wird diese Methode eher selten verwendet. Die Analyse von
Printmedien wird traditionell dem Fachgebiet der Publizistik zugerechnet,124 wo die
Anwendung der qualitativen Inhaltsanalyse die bekannteste ist.125 Das Erkenntnisinteresse in
der vorliegenden Arbeit ist allerdings auf literaturwissenschaftliche Fragen gerichtet, die nicht
der Publizistik zuzurechnen sind. In der vorliegenden Untersuchung wird also eine Methode
der Publizistik – der Ansatz von Mayring – verwendet, um literaturwissenschaftliche
Erkenntnisse über HP-Romane als Literaturphänomen zu gewinnen: Welches Bild der HP-
Romane wird von der österreichischen Presse aus der literaturwissenschaftlichen Sicht
vermittelt? Diese Frage ist auch die zentrale Fragestellung dieser Arbeit.
120 Lamnek, Qualitative Sozialforschung, S. 205. 121 Vgl. ebenda, S. 205ff. 122 Vgl. ebenda, S. 207. 123 Vgl. ebenda, S. 207. 124 Vgl. ebenda, S. 179-183. 125 Vgl. Philipp Mayring: Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen u. Techniken. Weinheim [u.a.]: Beltz 1983, S. 56.
38
2.3.1.3.2 Das Analysemodell von Mayring
Für die Durchführung einer qualitativen Inhaltsanalyse verwendet Mayring ein neunstufiges
Ablaufmodell.
Abbildung 2: Das Neun-Stufenmodell des Ablaufs einer Inhaltsanalyse nach Mayring
Quelle: Mayring, Qualitative Inhaltsanalyse 1988, S. 49
39
Stufe 1: Festlegung des Materials
„Zuerst muss genau definiert werden, welches Material der Analyse zugrundeliegen soll.“126
Das bedeutet, dass aus dem gesamten Corpus an Zeitungsartikeln jene ausgewählt werden,
welche mit den gestellten Forschungsfragen in Verbindung stehen.
Stufe 2: Analyse der Erhebungssituation
Auf dieser Stufe werden zusätzliche Informationen, welche in Verbindung mit der Entstehung
der Texte stehen, gesammelt.127 Im konkreten Fall wird das Profil der Presseorgane bzw. des
Textverfassers untersucht. Welchen Stellenwert nimmt die Literatur bzw. Literaturkritik im
jeweiligen Presseorgan ein? Welche Informationen gibt es zum Hintergrund der jeweiligen
Textverfasser? Sind sie Literaturkritiker?
Stufe 3: Formale Charakterisierung des Materials
Hier richtet sich die Aufmerksamkeit des Forschers auf die Form des vorliegenden Materials.
Im Falle der gedruckten Presse wird mitberücksichtigt, ob der Artikel auf der ersten
Zeitungsseite angekündigt wird, ob er von Bildern begleitet wird, wie lang der Artikel ist,
usw.
Stufe 4: Richtung der Analyse
Nach der Abarbeitung der ersten drei (oben genannten) Stufen sollte man sich die Frage
stellen, was man aus dem Material herausinterpretieren bezwecke. Die Richtung der Analyse
besteht darin „durch den Text Aussagen über den emotionalen und kognitiven Hintergrund
sowie über den Handlungshintergrund der Kommunikatoren zu machen“.128
Stufe 5: Theoriegeleitete Differenzierung der Fragstellung
Die Fragestellung bezieht sich auf den Stand der Forschung: Welchen Wissenszuwachs
versucht die Untersuchung zu schaffen? Welche neuen Fragen bezüglich des
Forschungsgegenstandes finden eine Antwort?129
126 Philipp Mayring: Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Neuausgabe Weinheim: Deutscher Studien Verlag 1988, S. 42. 127 Vgl. Lamnek, Qualitative Sozialforschung, S. 207. 128 Mayring, Qualitative Inhaltsanalyse 1988, S. 47. 129 Vgl. Lamnek, Qualitative Sozialforschung, S. 208.
40
Stufe 6: Bestimmung der Analysetechnik
In dieser Phase entscheidet der Forscher, mit welchem Verfahren er das Material analysieren
wird. Mayring nennt drei Vorgehensweisen: 1) Zusammenfassung 2) Explikation
3) Strukturierung. Diese Verfahren werden weiter unten näher beschrieben.130
Stufe 7: Die Definition der Analyseeinheit
Bei der Lektüre des Materials ermittelt der Forscher jene Merkmale der Texte (Kategorien
genannt), durch die sie beschrieben werden sollen. Es muss zusätzlich bestimmt werden, wie
ein Textteil beschaffen sein muss, damit er als Ausprägung einer Kategorie gilt.131
Stufe 8: Analyse des Materials
Es gibt drei grundlegende Analyseverfahren der qualitativen Inhaltsanalyse laut Mayring: die
explikative, die strukturierende und die zusammenfassende Inhaltsanalyse.
Die explikative Inhaltsanalyse verfolgt das Ziel, „zu einzelnen fraglichen Textteilen
(Begriffen, Sätzen, …) zusätzliches Material heranzutragen, das das Verständnis erweitert,
das die Textstelle erläutert, ausdeutet.“132 Mayring stellt die Verfahrensschritte graphisch dar.
Die Erklärung einer bestimmten Textstelle erfolgt durch einen engen Textkontext (das direkte
Textumfeld) und durch einen weiten Textkontext (Informationen über den Autor, das
kulturelle Umfeld).133 Deswegen wird diese Methode auch als Kontextanalyse bezeichnet.134
Die strukturierende Inhaltsanalyse macht es sich zum Ziel, bestimmte (formale oder
inhaltliche) Aspekte nach festgelegten Kriterien aus dem Material zu filtern.135
130 Vgl. Mayring, Qualitative Inhaltsanalyse 1988, S. 47 131 Vgl. ebenda. 132 Mayring, Qualitative Inhaltsanalyse 1988, S. 68. 133 Vgl. Mayring, Einführung in die qualitative Sozialforschung, S. 117f. 134 Vgl. Lamnek, Qualitative Sozialforschung, S. 210. 135 Mayring, Einführung in die qualitative Sozialforschung, S. 115.
41
Abbildung 3: Ablaufmodel der explizierender Inhaltsanalyse nach Mayring Quelle: Mayring 1988, S. 70
42
Abbild 4: Ablaufmodell strukturierender Inhaltsanalyse (allgemein)
Quelle: Mayring 1988, S. 77
Es gibt drei Formen der Strukturierung:
a) Die formale Strukturierung filtert die innere Struktur des Materials ausgehend von
syntaktischen, semantischen, thematischen und dialogischen Kriterien.136
b) Die inhaltliche Strukturierung filtert Textpassagen zu bestimmten Themen und
Inhaltsbereichen heraus und fasst diese zusammen.
136 Näheres zu den jeweiligen Kriterien: Vgl. Mayring, Qualitative Inhaltsanalyse 1988, S. 78f.
43
c) Die typisierende Strukturierung hebt markante Ausprägungen im Textcorpus hervor,
die eine Form beschreiben. Werden diese Ausprägungen nach der Stärke skaliert
geordnet, spricht man von einer skalierenden Strukturierung.
Die zusammenfassende Inhaltsanalyse hat das Ziel, „das Material so zu reduzieren, dass die
wesentlichen Inhalte erhalten bleiben“137. Das Material wird so selektiert, reduziert,
paraphrasiert und zusammengefasst, dass dadurch abstrakte Aussagen gewonnen werden, die
in Kategorien subsumiert und zur Beschreibung der Einzelfälle verwendet werden.138 Das
reduzierte Material wird durch diese Abstraktion in ein überschaubares Textcorpus
verwandelt, das aber immer noch ein Abbild des Gesamtmaterials ist.139
Abbildung 5: Das Ablaufmodell der zusammenfassenden Inhaltsanalyse
137 Mayring, Qualitative Inhaltsanalyse 1988, S. 53. 138 Vgl. Lamnek, Qualitative Sozialforschung, S. 209. 139 Vgl. Mayring, Qualitative Inhaltsanalyse 1988, S. 53.
Quelle: Mayring,
Qualitative Inhaltsanalyse
1988, S. 55
44
2.3.1.3.3 Aufstellen der wichtigsten Interpretationsregeln
1. Paraphrasierung
Darunter wird das Streichen aller nicht-tragenden Textteile und das Übersetzen eines
bedeutenden Textteils auf der gleichen Sprachebene in eine grammatikalische Kurzform
verstanden.
Paraphrasierung Generalisierung
„[…] und zwar eigentlich im Gegenteil, ich war also ganz – ganz heiß darauf endlich mal zu unterrichten.“
Im Gegenteil, ganz begierig auf Praxis gewesen
„Drum hab ich also da schon darauf gewartet, an eine Seminarschule, bis ich endlich einmal da unterrichten konnte.“
Darauf gewartet, endlich zu unterrichten
2. Generalisierung auf das Abstraktionsniveau
Die Gegenstände der Paraphrasen werden auf einer Abstraktionsebene generalisiert.
Z. B.: „ Äußerungen interviewter Lehrer über Erfahrungen mit dem Praxisschock.“
3. Reduktion
Bei der Reduktion werden die Texte verarbeitet, indem die zentrale Tendenz der Texte
herausgestellt wird. Im vorliegenden Fall werden die Zeitungsartikel nach den wichtigsten
Inhalten, die sie dem Leser vermitteln, selektiert.
4. Induktive Kategorienbildung
Die Kategorien entstehen durch das zeilenweise Lesen der Texte und das Markieren von
prägnanten Textstellen durch abstrakte Konzepte – ein oder mehrere Wörter –, die man Kodes
nennt, durch die der Inhalt der jeweiligen Textstelle charakterisiert wird. Die Liste der Kodes
bildet den Phänomenbereich ab, der zu analysieren ist. Verschiedene Textstellen werden mit
demselben Kode markiert. Dies macht Beziehungen zwischen den Materialteilen sichtbar,
auch wenn sie von verschiedenen Autoren stammen. Die Kodes sollten klar voneinander
trennbar sein. Die Kategorien entstehen zwar aus dem theoretischen Verständnis des
Forschers, jedoch werden sie direkt vom Text generiert.
45
3 Die zusammenfassende Analyse unter Verwendung der MaxQDA Software
Prinzipiell kann man eine systematische Auswertung qualitativer Daten mit Hilfe der QDA-
Software (qualitative Data Analysis Software) durchführen. Kuckartz liefert eine Liste der am
häufigsten verwendeten QDA-Software.140 Diese Werkzeuge unterstützen alle wichtigen
Auswertungsschritte (Selektion, Kategorienbildung, Interpretation), ohne sich auf eine
bestimmte Analysemethode zu beziehen. Laut Kuckarzt141 erlaubt diese methodische
Offenheit erstens die Durchführung von verschiedenen Analysen und zweitens können diese
Softwares in verschiedenen Disziplinen verwendet werden. QDA-Software hilft Textpassagen
zu identifizieren, zu sortieren, zu etikettieren, zu organisieren und sie wiederauffindbar zu
machen. Diese ganzen Arbeitsschritte wurden früher händisch mit Karteikästen durchgeführt.
Die vorliegende Studie verwendet die MaxQDA-Software auf Grund der Eigenschaften des
Datenmaterials: Es handelt sich um eine Vielzahl von – in der Regel kurzen –
Zeitungsartikeln, aus denen die relevanten Textpassagen hinsichtlich der Fragenstellung
herausgefiltert werden sollen, um diese inhaltlich miteinander zu verknüpfen. Kuckartz sieht
den Vorteil eines Max-Software-Programms in der Komplexität des Codierungssystems
140 Vgl. Udo Kuckartz: Einführung in die computergestützte Analyse qualitativer Daten. Wiesbaden: VS., Verl. für Sozialwissenschaft 2005, S. 221ff. 141 Vgl. ebenda, S. 15 ff.
Paraphrase Generalisierung Reduktion und Kategorien
Konnte aber schon vorher Praxiserfahrung sammeln
Schon vorher Lernerfahrung K 1. Praxis nicht als Schock, sondern als großen Spaß erlebt wegen: - gute Beziehung zu Schülern gehabt - Vorherige Lernerfahrung
Im Gegenteil, ganz begierig auf Praxis gewesen
Auf Praxis gefreut
Schüler mögen mich dort immer noch
Gute Beziehung zu Schülern gehabt
Darauf gewartet, endlich zu unterrichten
Auf Praxis gefreut
46
sowie in der Funktion von Textretrievals, also der Möglichkeit des Wiederfindens von
Textpassagen.142
3.1 Festlegung des Materials
Der Corpus an zu untersuchenden Zeitungsartikel besteht aus Online-Berichten von zwei der
wichtigsten österreichischen Presseorgane: Die Presse und Der Standard, beide
Tageszeitungen. Ich habe mich bei der Auswahl der Zeitungen auf diese beiden beschränkt,
da es sich bei ihnen um die führenden österreichischen Qualitätszeitungen handelt. Die Suche
nach den Onlineartikeln bei Der Presse geht bis zum 29.12.2001 zurück. Die gesammelten
Presse-Artikel datieren bis 28.04.2011. Bei der Tageszeitung Der Standard umfassen die
Onlineartikel den Zeitraum vom 01.01.2002 bis 30.04.2011.
Die erste Grobsuche erfolgte ausgehend vom Suchbegriff ‚Harry Potter’. Die Suche ergab bei
Der Presse 563 Treffer, während beim Standard das Ergebnis „1000 (ca.)“ Artikel zeigte.143
Bei einem ersten Selektierverfahren wurden die irrelevanten Artikel ausgeschlossen. In diesen
Artikeln wird zwar der Begriff ‚Harry Potter’ verwendet, der Gebrauch des Begriffes steht
aber nicht im Zusammenhang mit dem Werk.144 Ein Großteil der ausgeschlossenen Artikel
berichtet über den Ablauf der Harry Potter- Kinofilme. Die ausgeschlossenen Artikel haben
keinen Bezug zum Werk. Filmbezogene Artikel wurden zur Auswertung herangezogen,
sofern inhaltliche Aspekte der HP-Romane mitbehandelt wurden. Eine formale
Charakterisierung des Materials145 wurde nicht vorgenommen, die Bilder der Onlineversion
wurden, sofern vorhanden, nicht zur Analyse herangezogen, weil sie nicht immer mit der
bildnerischen Gestaltung der gedruckten Version des Artikels übereinstimmen.
142 Vgl. Udo Kuckartz: MAX für WINDOWS: ein Programm zur Interpretation, Klassifikation und Typenbildung. In: Computerunterstützte Inhaltsanalyse in den Empirischen Sozialwissenschaften. Theorie-Anwendung-Software. Hrsg. von Wilfried Bos und Christian Tarnai. Münster [u.a.]: Waxmann 1996 S. 229-243. 143 Vgl. dazu: http://diepresse.com/user/search.do?resetForm=1&resultsPage=0&searchText=harry+potter&suchtyp [Stand: 2011-05-04]
und http://derstandard.at/suche?query=harry+potter&ressortId=0&status=AktivArchiv&startDate [Stand: 2011-05-04]. 144 Es wäre ohne Zweifel auch dieser Aspekt von Interesse für eine wissenschaftliche Forschung aus sprachwissenschaftlicher Sicht. Es könnte beispielsweise die folgende Fragestellung beantwortet werden: Von welchen Konnotationen wird der Begriff ‚Harry Potter’ in der alltäglichen Kommunikation begleitet? 145 Siehe dazu das Unterkapitel 2.3.1.2.3 der vorliegenden Arbeit.
47
Die Anzahl der relevanten Artikel beträgt bei Der Presse 25 und beim Standard 26.
2.2 Fragestellung
Die HP-Romane sind mittlerweile ein mehrfach untersuchter Forschungsgegenstand in
mehreren wissenschaftlichen Disziplinen. Ebenso wurde Harry Potter das Objekt öffentlicher
Diskussionen, welche sich vor allem mit den vermittelten Werten beschäftigte. Diese
Diskussion fand auch auf den Ebenen des wissenschaftlichen Diskurses statt, etwa unter den
Moraltheologen.
Diese Untersuchung verfolgt das Ziel die Einstellung der beiden Presseorgane Österreichs
Der Standard und Die Presse zur HP-Heptalogie herauszuarbeiten. Folgende Fragen werden
behandelt:
- Wie werden die HP-Romane in den beiden Presseorganen behandelt?
- Werden dabei auch literarische Fragen behandelt?
- Nehmen die beiden Zeitungen eine bewertende Haltung gegenüber den Romanen ein?
Diese Fragestellungen wurden auch zur Auswahl der für die Analyse relevanten Textpassagen
herangezogen. Insgesamt sollte der gesamte Literaturprozess, mit allen bestehenden Teilen,
im Sinne vom Schmidt im Blickfeld behalten werden. Wie bereits erwähnt, wird als
Analyseverfahren die zusammenfassende Inhaltsanalyse eingesetzt.
4 Ergebnisse der Analyse
4.1 Literaturproduzent
Die Zeitungsartikel liefern Angaben über die Autorin der HP-Romane Joanne Kathrin
Rowling. Es haben sich im Zuge der Analyse fünf Kategorien den Literaturproduzent
betreffend herauskristallisiert.
48
4.1.1. Details der Autorin im Bezug auf das Werk
Der Artikel Im Olymp der Unvergessenen146 berichtet über die Werkentstehung. Die Idee des
Schreibens schlummerte immer in Joanne K. Rowling. „Seit ich wusste, dass die Bücher von
Menschen geschrieben werden und nicht einfach so vom Himmel fallen, war mir klar, dass
ich nie etwas anderes tun wollte“147, wird Rowling zitiert. Schon mit sechs hat die 1965 im
englischen Yate geborene Rowling mit dem Schreiben angefangen. Es war eine
Kurzgeschichte über einen Hasen namens Rabbit. Die Idee vom jungen Zauberer Harry Potter
entstand plötzlich bei einer Zug-Reise von Manchester nach London im Jahre 1990. Das
Studium Französisch und vor allem Altphilologie war sicher vom Vorteil für den späteren
Schreibprozess. 148
Über den Schreibprozess bzw. die schwierige Lebenslage, in der Rowling sich befand, als sie
mit dem Schreiben anfing, ist einiges im ersten Kapitel erwähnt worden. Auch im Artikel Im
Olymp der Unvergessenen wird darauf eingegangen: Sie ließ das Kind schlafend in
Kinderwagen und nutzte die Zeit um im nächsten Café zu schreiben. „[W]ie eine
Wahnsinnige“149 schrieb Rowling, beinahe jeden Abend, um dann alles noch einmal
abzutippen. Fortsetzung der Harry Potter-Bücher soll es keine geben, dennoch will Rowling
von sich hören lassen: „[I]ch werde definitiv weiter schreiben“150, wird sie abermals zitiert.
Auch Claus Philipp erwähnt in seinem Artikel Joanne K. Rowling.
Unübliche Bürden des größten Erfolgs151 die „Anekdoten“ der Autorin. Weiters wird darüber
berichtet, dass auf den Büchern nur die Initialen des Vornamens zu sehen waren, da die
Autoren weiblichen Geschlechtes bei Kinderbuchverlagen nicht ganz beliebt waren.152
146 Im Olymp der Unvergessenen. In: Der Standard (Wien) vom 15.07.2007. http://diestandard.at/2956454 [Stand: 2011-08-25]. 147 Ebenda. 148 Vgl. ebenda. 149 Ebenda. 150 Ebenda. 151 Claus Philipp: Joanne K. Rowling. Unübliche Bürden des größten Erfolgs. In: Der Standard (Wien) vom 30. März 2004. Online unter: http://derstandard.at/1337219 [Stand: 2011-08-25]. 152 Vgl. ebenda.
49
4.1.2 Die HP-Romane aus der Sicht der Autorin
Bei der Erstehung des ersten Romans hatte die Autorin das Buch betreffend gemischte
Gefühle: „Manchmal hasste ich das Buch direkt, obwohl ich es liebte.“ Nach zahlreichen
Absagen der Verlage, war sie außer sich vor Freude, als sie beim Telefonat mit ihren Agenten
erfuhr, dass der Verlag Bloombury 1996 den ersten Band annahm. „Ich konnte meinen Ohren
nicht ganz trauen. [...] Nachdem ich aufgelegt hatte, schrie ich und sprang in die Luft: Jessica,
die beim Abendessen in ihren Hochstuhl saß, sah völlig verängstigt aus.“ 153
4.1.3 Die Wahrnehmung der Autorin in verschiedenen Kreisen
Als „wohl berühmteste lebende (Kinderbuch-)Autorin der Welt“154 wird J.K. bezeichnet.
Diese Aussage wird gleich relativiert, indem auch die Schattenseiten dieses Ruhmes – die
wiederholten Plagiatsvorwürfe – erwähnt werden. Im Jahr 2000 beispielsweise verklagte sie
die Autorin Nancy Stouffer. Stouffer behauptete, dass einige Ideen der Potter-Serie aus ihrem
Buch mit dem Originaltitel The Legend of Rah and Muggles (1984) stammen würden. Der
Held dieses Buches hieß Larry Potter. 155
4.1.4 Die Beziehung der Autorin zu den Lesern
Im Artikel „Potter-Mania“: Siebentes Kapitel im Harry Hype156 wird auf die ‚Face-to- Face-
Kontakte’ zwischen Autorin und Leser eingegangen. Beim Erscheinen des letzten Bandes
wurde eine Lesung mit Rowling im Londoner Naturhistorischen Museum organisiert, bei der
1700 Kinder anwesend waren.157
Wie die Autorin ihre Fans wahrnimmt, wird im Artikel Im Olymp der Unvergessenen
beschrieben: Rowling war für den Rückhalt ihrer Fans in Zeiten der gerichtlichen
Streitigkeiten über Plagiatsvorwürfe dankbar: „Das hat mir zu der Zeit viel bedeutet, als ich
153 Im Olymp der Unvergessenen. 154 Ebenda. 155 Vgl. ebenda. 156 „Potter-Mania“: Siebentes Kapitel im Harry Hype. In: Die Presse (Wien) vom 20.07.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/panorama/welt/318398/PotterMania_Siebentes-Kapitel-im-HarryHype [Stand: 2011-08-25]. 157 Vgl. ebenda.
50
mich fragte, ob irgendjemand glauben würde, dass ich niemandem gestohlen hatte,“158 zitiert
Die Presse die Autorin, die den Prozess schlussendlich gewann.
4.1.5 Wirkung von Rowling auf andere Autoren
Rowlings Werk führte zu einer Wende für die Kinder-Literatur im Allgemeinen, selbst im
englischsprachigen Raum, schrieb Die Presse am 3.3.2008159. Dieser Meinung ist die US-
Amerikanerin Stephenie Meyer: „Etwas hat Potter jedoch für uns alle getan: Erwachsene
nehmen Jugendbücher endlich ernst. Und Verleger akzeptierten bereits mein dickes erstes
Vampir-Buch.“160 Ihre drei Vampir-Bücher waren in Deutschland ausverkauft.
4.2 Literaturvermittlung
Neuhaus beschäftigt sich mit der Begriff Literaturvermittlung in Theorie und Praxis.161 Er
sieht Bedarf für eine Definition dieses Begriffes. Als Begründung dafür erwähnt er u. a. die
Tatsache, dass dieser Teil des Literaturprozesses mittlerweile praktisch zum
Forschungsgegenstand in mehreren deutschen Universitäten geworden ist.
Literaturvermittlung kann man in Bamberg und Innsbruck studieren.162 Die Theorie hängt
aber nach. Neuhaus liefert zwei Definitionen von Literaturvermittlung. Er verfeinert damit die
Definition, welche sich in Metzlers Lexikon findet, indem er den Begriff in einem weiteren
und einem engeren Sinn definiert. In Metzlers Lexikon heißt es:
„Literaturvermittlung, allg. jede direkt oder indirekt zwischen Autor und Leser
vermittelnde Einrichtung, Unternehmung oder Instanz wie Veranstalter von
Lesungen, Verlage (Lektorierung, mediale Realisierung, Distribution, Marketing),
158 Im Olymp der Unvergessenen. 159 Jugendbuch: Ein Vampir soll Harry Potter nachfolgen. In: Die Presse (Wien) vom 03.03.2008. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/367052/Jugendbuch_Ein-Vampir-soll-Harry-Potter-nachfolgen- [Stand: 2011-08-25]. 160 Ebenda. 161 Vgl. Stefan Neuhaus: Literaturvermittlung. Konstanz: UVK 2009, S. 13-25 162 Vgl. ebenda, S. 14.
51
Buchhandel, Bibliotheken, Lit.unterricht in den Schulen, Textpräsentation im
Internet usw.“163
Neuhaus dagegen versteht unter Literaturvermittlung im weit gefassten Sinn das
„Tätigkeitsfeld professioneller Leser“164. Unter dem Begriff ‚Professioneller Leser’ versteht
Neuhaus all jene Leser, die sich beruflich mit Literatur beschäftigen: In Verlagen,
Buchhandlungen, Kulturinstitutionen, Schulen oder Universitäten: „Professionelle Leser
lesen, um die Ergebnisse ihrer Lektüre an eine kleinere oder größere Öffentlichkeit zu
vermitteln.“165
Diese kommunikative Akte können als „Face-to-Face-Kommunikation“ oder schriftliche
Kommunikation (bei Zeitungsartikeln) bezeichnet werden. Im engeren Sinn werden als
Literaturvermittler nur jene professionellen Leser verstanden, welche ihr Wissen über
Literatur mit dem Ziel, die Bücher an den Leser zu bringen, vermitteln (im Sinne von
Herstellung, Vermarktung, Verkauf und Information).166 Es handelt sich hierbei um
Informationen der Verlagshäuser oder Vorankündigungen über die bevorstehende
Veröffentlichung der Bücher. Ein Literaturvermittler ist von einem Literaturverarbeiter im
Sinne von Schmidt insofern zu unterscheiden, als es sich bei dem zweiten um einen
Literaturkritiker handelt. Beide gelten als professionelle Leser. Je nach Inhalt eines Artikels
kann ein Akteur als Literaturvermittler oder – verarbeiter fungieren. Ein Beispiel hierfür sind
Claus Philipps Artikel Ein Erfolg, der Vielfalt schafft167 und Kopf des Tages: Ein klassischer
Held unserer Zeit.168 Im ersten stellt der das Buch vor, im zweiten analysiert er.
Die Auswertung der zutreffenden Artikel ergab drei Kategorien.
163 Gebhard Rusch: Literaturvermittlung. In: Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. Hrsg. von Ansgar Nünning. Stuttgart; Weimar: Metzler 1998, S. 328f. Zitiert nach Neuhaus, Literaturvermittlung, S. 14. 164 Neuhaus, Literaturvermittlung, S. 15. 165 Ebenda. 166 Vgl. ebenda. 167 Ein Erfolg, der Vielfalt schafft. In: Der Standard (Wien) vom 29.9.2005. Online unter http://derstandard.at/2191801 [Stand: 2011-08-25]. 168 Claus Philipp: Kopf des Tages: Ein klassischer Held unserer Zeit. In: Der Standard (Wien) vom 20.7.2007. Online unter: http://derstandard.at/2967409 [Stand: 2011-08-25].
52
4.2.1 HP als Brücke für die deutschsprachige Kinderliteratur im englischsprachigen Raum
Barbara Petsch berichtet in ihrem Artikel Kinderbücher: „Erziehen geht nicht mehr“169, dass
der britische Verleger Barry Cunningham HP entdeckte und nach Deutschland expandierte.
Der von ihm gegründete Chicken-Haus-Verlag – früher bekannt als Bloomsbury – eröffnete
seine Filiale Imprint bei Carlsen in Hamburg. Beide Verlage verbindet die Veröffentlichung
von Harry Potter. Ziel dieser Cooperation ist es, den englischsprachigen Kinder- und
Jugendbuchautoren einen breiteren Leserkreis zu verschaffen, sowie den deutschsprachigen
Autoren wie z. B. Cornelia Funke Zugang zum englischsprachigen Markt zu verschaffen. 170
4.2.2. Der Entdecker von Harry Potter
Im Gespräch mit Der Presse erklärt Barry Cunningham, warum er HP annahm:
„Ich habe mich sofort in diese übernatürliche Story verliebt. Allerdings, was ich
vor allem wusste: Das wirklich Magische an dem Buch sind die Freundschaften
dieser Kinder, die gegen eine feindliche Umwelt zusammenhalten. Der
entscheidende Unterschied von ‚Potter’ zu anderen Büchern ist diese starke
Emotionalität und Solidarität der Kids. Ich habe das auf der Stelle erkannt, weil ich
eben einfach ein guter Verleger bin.“171
4.2.3. Die aktuelle Stellung der Kinderliteratur aus der Sicht der Verlage
Das gestiegene Interesse an Jugend-Büchern bei erwachsenen Lesern ist laut Alexander Weiß,
dem Verkaufsleiter des cbj-Verlags in München, ein Phänomen der letzten 10 Jahre.172 Es ist
aber nicht nur für die Jugend geschriebene Belletristik zu der immer öfter gegriffen wird. Die
Verlage geben an, dass Erwachsene auch immer öfter zu Jugendsachbüchern greifen.173
169 Barbara Petsch: Kinderbücher: „Erziehen geht nicht mehr“. In: Die Presse (Wien) vom 06.04.2010. Online unter: http://diepresse.com/home/bildung/erziehung/556346/Kinderbuecher_Erziehen-geht-nicht-mehr [Stand: 2011-08-25]. 170 Vgl. ebenda. 171 Ebenda. 172 Das „Potter Syndrom“: Erwachsene lesen Kinderbücher. In: Die Presse (Wien) vom 27.08.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/325818/Das-PotterwbrSyndrom_Erwachsene-lesen-Kinderbuecher [Stand: 2011-08-25]. 173 Vgl. ebenda.
53
4.3 Literaturrezipient
Ein Literaturrezipient nimmt den vermittelten Text wahr und akzeptiert ihn somit als
literarischen Text. Er begegnet ihm nach ihrem jeweiligen Voraussetzungssystem.174
Beide Zeitungen liefern quantitative wie auch qualitative Angaben über die Einstellung der
Leser.
4.3.1. Quantitative Angaben über das Leseverhalten der Potter-Fans
• Harry-Potter als „Missionar“ der Kinder- und Jugendliteratur.
Die Autorin Barbara Petsch liefert im Zeitungsartikel von 25.04.2006175 einige quantitative
Daten über das Phänomen Harry Potter im deutschsprachigen Raum. So wird z. B. gezeigt,
dass sich der gesamte Kinder- und Jugendliteraturmarkt stark verändert hat. 1997 wurden in
Deutschland 3000 Erstauflagen produziert, 2004 über 5000. Die Bestseller-Listen werden von
Harry Potter dominiert, gefolgt von deutschsprachigen Autoren wie Cornelia Funke und
Kristopher Paulini.176
• Harry Potter als eine absolute Berühmtheit.
In einer Studie aus Deutschland wurde HP mit Winnetou verglichen. In der Umfrage wurden
1035 Mädchen und Jungen befragt, ob sie Winnetou und Harry Potter kennen. Während
Winnetou 80% der Befragten kannten, war Harry Potter allen Befragten bekannt.177
• Führt Harry Potter die Kinder in die Bücherwelt?
174 Vgl. Rusch, Von der Empirischen Literaturwissenschaft zum Siegener Konstruktivimus. 175 Barbara Petsch: „Leselust, Lesefrust und: Wenn Mama „Harry Potter“ klaut. In: Die Presse (Wien) vom 25.04.2006. Online unter: http://diepresse.com/user/search.do?resetForm=1&resultsPage=0&searchText=Leselust%2C+Lesefrust+oder%3A+Wenn+Mama+%22Harry+Potter%22+klaut&suchtyp= [Stand: 2011-08-25]. 176 Vgl. ebenda. 177 Der "Zersetzer des Christentums" Harry Potter startet mit 17 Millionen Bänden. In: Der Standard (Wien) vom 15.07.2005. Online unter: http://derstandard.at/2114461 [Stand: 2011-08-25].
54
Die Kaufkraft von Kindern und Jugendlichen im Alter von 6-19 Jahren beträgt in Deutschland
rund 20 Mio. Euro, jedoch investieren sie nicht in Bücher; diese werden ihnen meist
geschenkt. 70% der befragten Jugendlichen lesen in den Sommerferien ein Buch.178 Die
Presse ist der Meinung, dass nicht unbedingt für die heutige Kinder- und Jugendgeneration
das Bücherlesen wieder „cool“ ist, eher „Potter lesen“.179 Dieser Meinung ist auch Seibert im
Artikel Wie viele Nöstlinger hat 1 HP?180: Die Tatsache, dass die Kinder alle Bände von
Harry Potter gelesen haben, bedeutet nicht, dass sie nach dem Lesen von Band 6 zu Dickens
oder Dostojewski greifen; wohl aber zu weiteren HP-Bänden.
4.3.2 Qualitative Angaben über das Leseverhalten der Potter-Fans
• HP als ein literarisches Event: Die Spannung vor der Erscheinung jedes neuen Bandes
nimmt im Laufe der Jahre zu. Bei den Lesern entwickelt sich eine Lesesucht. Der
Standard181 beschreibt typische Szenen in den Buchläden, wie jene beim Erscheinen des
sechsten Bandes, die aus einem literarischen Ereignis ein Event machen: „In London,
New York, Tokio oder Sydney stürmten in diesem Sommer lesehungrige Jugendliche in
Harry-Potter-Kostümen die Buchläden, um den sechsten Band ‚Harry Potter und der
Halbblutprinz’ zu kaufen.“182
• Die Spannung der Leser und der ‚Höhepunkt’ im siebten Band:
Die Presse-Onlineausgaben von 19.02.2007183 und 20.02.2007184 liefern einige
Stellungnahmen von Presse-Lesern auf die Frage ‚Wie soll der siebte und letzte HP-Band
178 Vgl. Petsch, Leselust, Lesefrust. 179 Avada Kadavra! Conjunctivitis und Furunculus! In: Die Presse (Wien) vom 19.02.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/news/111885/Avada-Kedavra-Conjunctivitis-und-Furunculus [Stand: 2011-08-25]. 180 Ernst Seibert: Wie viele Nöstlinger hat 1 HP? In: Die Presse (Wien) vom 19.10.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/spectrum/zeichenderzeit/338234/Wie-viele-Noestlingerhat-1-HP?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25.]. 181 Claus Philipp: Phänomen Potter. In: Der Standard (Wien) vom 27.09.2005. http://derstandard.at/2188406 [Stand: 2011-08-25]. 182 Ebenda. 183 Barbara Petsch: Befragung von Kids, Künstler und Intelektuellen: „Harry macht ein Baby und stirbt!“ In: Die Presse vom 19.02.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/news/111901/Harry-macht-ein-Baby-und-stirbt [Stand: 2011-08-25].
55
enden?’ Dabei werden Meinungen von jungen, wie auch von den professionellen Lesern
geliefert. Es handelt sich also um einen kleinen Leseforschungsbericht, bei dem reale Leser
im Sinne von Gunter Grimm,185 ihre Meinung kundtun.
Nach der Ausgabe des fünften Band, zitiert Der Standard im Artikel Harry wird erwachsen186
einige Aussagen von jungen Lesern aus verschiedenen Ländern. Im Allgemeinen erkennen
die Leser, dass Harry zum Teenager heranwächst. Das Besondere an diesem Artikel ist, dass
es sich um Meinungen über die englische Ausgabe handelt. So fungieren die Leser als
Rezensenten für ihre gleichaltrigen deutschsprachigen Freunde, die zum Teil auf das
Erscheinen des Buches auf Deutsch warten. Die Kernaussagen der Befragten sind: (1) Es ist
merkbar, dass Harry Potter nun zum Teenager wird. (2) Das Buch ist so spannend, dass die
Eltern die Kinder vom Lesen abhalten müssen. (3) Harry wirkt dunkler.187
Bereits im Zeitungsartikel Harry Potter: Band sieben kommt am 21. Juli vom 02.02.2007188
kommt es zu Mutmaßungen über das Schicksal des Haupthelden. Von den jungen Lesern
werden zwei Vermutungen angestellt: (a) Harry Potter stirbt; (b) Harry Potter darf nicht
sterben.
a) Harry Potter stirbt.189
Ein Argument für den Tod des Hauptprotagonisten ist, dass Rowling auf diese Weise
nicht weitere Bücher schreiben müsste, auf die die Fans sehnsüchtig warten würden. Als
184 Harry Potter: Wen küsst der Frosch? In: Die Presse (Wien) vom 20.02.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/film/112233/Harry-Potter_Wen-kuesst-der-Frosch?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25]. bp (Info: jkrowling.com) 185 Gunter Grimm: Einführung in die Rezeptionsforschung. In: Literatur und Leser. Theorien und Modelle zur Rezeption literarischer Werke. Hrsg. von Gunter Grimm. Stuttgart: Reclam 1975, S. 11-84, S. 75. 186 „Harry wird erwachsen“. In: Der Standard (Wien) vom 30.3.2004. Online unter: http://derstandard.at/1338804 [Stand: 2011-08-25]. 187 Vgl. ebenda. 188 Harry Potter: Siebter Band kommt am 21 Juli. In: Die Presse (Wien) vom 02.02.2007. http://diepresse.com/home/kultur/literatur/56684/Harry-Potter_Siebter-Band-kommt-am-21-Juli?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25]. 189 Die Meinung dass HP stirbt, teilte damals auch der HP-Darsteller Radcliffe: „Ich hatte schon immer den Verdacht, dass Harry sterben muss. Ich denke, (sein böser Gegenspieler Lord) Voldemort kann nur sterben, wenn zugleich auch Harry stirbt.“ Siehe: Harry Potter: Siebter Band kommt am 21 Juli.
56
Todesszenarium ist vorstellbar, dass Harry Potter im Kampf mit Voldemort stirbt. Auf
jeden Fall müsste Voldemort von Harry getötet werden, unabhängig davon, ob er selbst
stirbt oder nicht.190
b) Harry Potter darf nicht sterben.
Folgende Szenarien liefern die befragten Kinder über das weitere Leben von Harry nach dem
Sieg gegen Voldemort:
- Er lebt weiter ganz normal und zaubert nicht mehr;
- Er wird Quidditch-Weltmeister, kommt in den Himmel und trifft dort seine Eltern
oder zaubert sie herbei.
- Nicht Harry, sondern Ron stirbt. 191
In London wurde aufs Potters Ende sogar gewettet.192
Auch professionelle Leser gaben ihre Meinungen über diese zwei Optionen zum Besten:
a) Harry Potter stirbt
• Er stirbt, aber aufersteht als Lena Potter, meint die Kritikerin Karin Kathrein. Hedwig
Schlotter sieht Harry Potter in einer Klinik aufwachen, nun aber als Frau mit einer
Persönlichkeitsstörung, welche durch psychotrope Substanzen verursacht wurde.
• Harry kommt im Kampf um und Hermine trägt sein Kind unter dem Herzen, meint die
Musical-Intendantin Kathrin Zechner.
• Ein offenes Ende nach dem Tod Harrys und Voldemorts kann sich die Fantasy-
Autorin Nina Blazon vorstellen: Harry kann wahrscheinlich seine Seelenteile mittels
der Horkrux-Magie retten und den Tod überleben.
190 Vgl. Harry Potter: Wen küsst der Frosch? 191 Vgl. Petsch, Befragung von Kids, Künstlern und Intellektuellen. 192 Vgl. Avada Kadavra!
57
• Der Buchautor Michael Stavaric meint, dass Harry die Welt rettet und daraufhin in den
Armen seiner Weggefährten einschläft. 193
b) Harry Potter darf nicht sterben
• Harry verwandelt sich in einen Frosch und lebt nach einem Kuss einer Prinzessin als
ganz normaler Mensch, gab Bernhard Studlar, Leiter der Literaturwerkstatt Wiener
Wortstaetten an.
• Harry Potter als starke Identifikationfigur für Kinder und Jugendliche, dürfe nicht
sterben, da viele sehr traurig wären, meint Johanna Rachinger, Generaldirektorin der
National Österreichischen Bibliothek. Auch sie sieht ihn nach dem siebten Teil ein
Leben ohne Zauberkräfte führen und kann sich irgendwann eine Fortsetzung mit Harry
Junior oder Harriet vorstellen
• Harry Potter besiegt Voldemort und kommt nach Wien, um eine Zaubereiausstellung
zu organisieren und findet so einen neuen Lebensinhalt nach dem Tod von Voldemort,
gibt Elisabeth Menasse, Direktorin des Zoom-Kinder-Museums in Wien an. 194
Auch im Mai 2007 finden sich in Bernaart Pionnios Artikel ¿Wirbel um Harry¿...195
Vermutungen über das Schicksal des Harry. Pionnio ist der Meinung, dass Rowling es nicht
wagen würde, Harry Potter sterben zu lassen. „Der weltweite Aufschrei wäre laut, sehr laut.
Junge Harry Potter-Fans würden die Welt nicht mehr verstehen. Wahrscheinlich würde es in
Europa zur Ausrufung des Notstandes kommen“196, schreibt er – nicht ohne ironischen
Unterton.
-Leser als reproduktive Rezipienten:
193 Vgl. Petsch, Befragung von Kids, Künstlern und Intellektuellen. 194 Vgl. Harry Potter: Wen küsst der Frosch? 195 Bernaart Pionnio: ¿Wirbel um Harry¿... In: Die Presse (Wien) vom 21.05.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/meinung/fangnetz/305344/Wirbel-um-Harry [Stand: 2011-08-25]. 196 Ebenda.
58
Interessant ist, dass die Spannung vor dem Erscheinen von Band sieben so groß war, dass
viele ungeduldige Leser ihre eigene Fortsetzung zu schreiben begannen: „Manchen brachte
dies jedoch Klagen von den Buchverlagen ein.“197
Auch im Artikel ¿Wirbel um Harry¿... wird von Schriftstellern und ‚Möchte-Gern-Autoren’,
welche die Geschichte auf eigene Faust weiterschreiben, berichtet.198
-Emotionale Reaktionen der Leser:
„Nicht alle mögen Potter“ heißt ein Absatz in Viele lieben Harry Potter. Es gibt auch
bekennende HP-Hasser199. So wurde beispielsweise in einem Fragebogen unter anderen die
Frage: „Wenn HP echt wäre was würden sie machen? a) ihn beleidigen, b) verprügeln, c)
foltern, d) ohrfeigen, e) töten, f) der Hinter versohlen“ gestellt.200
Auch der Artikel Muss Harry Potter wirklich sterben?- Fans spekulieren im Internet201
beschäftigt sich mit den bis zum letzten Band offenen Fragen: Ob HP lebend seinen Kampf
gegen das Böse beenden wird? Wer muss da sterben? Werden Ron und Hermine endlich ein
Paar? Der Artikel berichtet davon, dass all diese Fragen von vielen Lesern bis ins Detail
überprüft wurden, die Hinweise gesammelt haben, um das Ende der Geschichte
vorauszusagen und all diesen Fragen eine Antwort zu geben. Der Artikel erwähnt auch zwei
HP-Fanseiten: Muggelnet und Leaky Cauldron.202
Im Artikel Die Potter-Piraten203 berichtet Claus Philipp über das Verhalten der Leser und
ihren Umgang mit der Spannung wegen des Endes der Geschichte. Die ‚Potter-Piraten’ haben
das Buch Seite für Seite photographiert und ins Internet gestellt. Laut Philipp war das zum
einen eine Reaktion auf die Spekulationen über den möglichen Tod Harrys. Zum anderen sah
197 Viele lieben Harry Potter. In: Der Standard (Wien) vom 02.11.2007. Online unter: http://derstandard.at/3084150/Viele-lieben-Harry-Potter [Stand: 2011-08-25]. 198 Pionnio, ¿Wirbel um Harry¿... 199 Eine Homepage der Potter-Gegner ist: www.ihateharrypotter.com. Vgl. dazu auch: Ich hasse Harry Potter! In: Der Standard (Wien) vom 25.10.2007. http://derstandard.at/2968492 [Stand: 2011-08-25]. 200 Vgl. Viele lieben Harry Potter. 201 Muss Harry Potter wirklich sterben?- Fans spekulieren im Internet. In: Der Standard (Wien) vom 08.06.2007. Online unter: http://derstandard.at/2899359 [Stand: 2011-08-25].ebenda. 202 Vgl. ebenda. 203 Claus Philipp: Die Potter-Piraten. In: Der Standard (Wien) vom 24.10.2007. Online unter: http://derstandard.at/2965970 [Stand: 2011-08-25].
59
er die vorzeitige Veröffentlichung als Widerstand gegen die absolute Geheimhaltung, zu der
sich auch die Besitzer der Vorrats- und Rezensionsexemplare verpflichtet hatten. 204
4.4 Literaturverarbeiter
Nach Schmidt ist der Literaturverarbeiter in erster Linie als Literaturrezipient, der den
vermittelten Text einem Kommunikat zuordnet, tätig. Folgend entsteht ein
Verarbeitungskommunikat und dementsprechend verfasst der Literaturverarbeiter einen
Verarbeitungstext. 205
Im engen Sinne gehören zu dem Literaturverarbeiter alle Literaturexperten, welche ihre Kritik
über HP-Romane schriftlich in den ausgewählten Zeitungen übermitteln. Einfach ausgedrückt
bezeichnet „Literaturkritik [...] die Berichterstattung über Literatur in den Medien.“206
Im deutschsprachigen Raum wird die journalistische Literaturkritik von der
wissenschaftlichen Literaturkritik unterschieden. Objekt unserer Untersuchung ist die
journalistische Literaturkritik. Ein literaturkritischer Text sollte informieren, orientieren
kritisieren und unterhalten. Unter Medien werden alle Massenmedien, denen auch die
Zeitungen zuzuordnen sind, verstanden.207 Neuhaus gibt verschiedene Textsorten der
Literaturkritik an, welche im Journalismus verwendet werden können. Es handelt sich dabei
um Meldung, Bericht, Interview, Glosse, Reportage oder Future, aber auch um den
Kommentar, die Rezension oder die Buchkritik.208 Mittlerweile werden alle Printmedien im
deutschen Sprachraum seit Beginn 1960 an der Innsbruck Universität (Innsbrucker
Zeitungsarchiv IZA) archiviert, um sie für wissenschaftliche Untersuchungen leicht
zugänglich zu machen.209 Die Literaturkritiken können von einem Journalisten, einem
freiberuflichen Kritiker bzw. von der Redaktion kommen.210
204 Vgl. ebenda. 205 Vgl. Schmidt, Grundriß der empirischen Literaturwissenschaft. 206 Neuhaus, Literaturvermittlung, S. 203. 207 Ebenda, S. 203 208 Vgl. ebenda, S. 204. 209 Vgl. ebenda, S. 205f. 210 Vgl. ebenda, S. 207f.
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Beide Zeitungen (Die Presse und Der Standard) beziehen sich in ihren Artikeln über die HP-
Romane auf die Meinung vieler Literaturexperten, wobei ein großer Teil der Artikel von der
Redaktion stammt. Im Anhang dieser Arbeit finden sich die Biographien der wichtigsten
Autoren. Darunter sind für Die Presse Ruth Klüger und für Den Standard Claus Philipp als
‚Potter-Experten’ zu benennen.
Folgende Fragen werden von den Kritikern in den beiden Printmedien thematisiert:
1) Das Erfolgsrezept von Harry Potter
2) Der Diskurs über die aktuelle Entwicklung der Kinder- und Jugendliteratur
3) Werkanalyse von Harry Potter (bestimmte Bände)
4) Der Wertediskurs über die Romane aus christlicher Sicht v
5) Die Frage der Kanonisierung
6) Reaktionen in Österreich
All diese Themen sind eindeutig literaturwissenschaftliche Fragen, die als Echo des
öffentlichen Diskurses über das literarische Phänomen Harry Potter widerhallen. Die
journalistische Kritik verbindet somit den wissenschaftlichen Diskurs mit dem öffentlichen,
indem diese Fragen in Massenmedien, wie den Zeitungen, behandelt werden. So werden die
Potter-Fans in diesen Artikeln dazu eingeladen, Harry Potter auf einer wissenschaftlichen
Ebene zu betrachten.
4.4.1 Das Erfolgsrezept von Harry Potter
• Potter- Erfolg aus soziologischer Sicht
Isolde Charim analysiert im Essay Die Grenze der Zauberei211 die soziologische Dimension
der Potter-Welt. Oft wird der Erfolg der Bücher monokausal mit deren Potenzial beschrieben,
aus dem Alltag ab- und in eine fantastische Welt einzutauchen. Dies greift Charim zufolge
aber zu kurz. Das Harry Potter-Universum ist keineswegs rein eskapistisch. Es handelt sich
um keinen reinen Fantasyroman, sondern um ein verfremdetes Bild unserer Wirklichkeit. Die
211 Isolde Charim: Essay: Die Grenze der Zauberei. In: Der Standard (Wien) vom 20.7.2007. Online unter: http://derstandard.at/2967088 [Stand: 2011-08-25].
61
Welt der Muggels und diejenige der Zauberer berühren einander. Hinzu kommt, dass auch die
magische Welt in vielem der unsrigen gleicht: Sie verfügt über ein Zaubereiministerium mit
überbordender Bürokratie und auch magische Fähigkeiten müssen in der Schule erst erlernt
werden – nach einem fixen Stundenplan. Damit eröffnen die Potter-Romane zwar eine
fantastische Parallelwelt, bleiben aber der Realität so nahe verbunden, dass die Identifikation
mit den Charakteren nicht schwerfällt. 212
Weiters überträgt Charim die Herrschaftskategorien Max Webers auf das Potter-Universum.
Das Gute und das Böse treffen in den Romanen aufeinander, das Gute in der Mischung von
bürokratischer und traditionaler Herrschaft – eine Verbindung von rationaler, regelgeleiteter
Macht mit einem Alltagsglauben an die Traditionen. Lord Voldemort repräsentiert im
Gegenzug die dritte Form der Herrschaft, die charismatische Macht, die sich über die Gesetze
der ‚Normalsterblichen’ hinwegsetzt und die Massen durch die Mobilisierung von Emotionen
an sich bindet. Zwar verfügt auch Albus Dumbledore über viel Charisma, er verbleibt jedoch
innerhalb der rechtlichen Ordnung. Auch Max Weber sah die traditionale Herrschaft als
Versachlichung und Veralltäglichung des Charismas, die sich aus deren Institutionalisierung
ergibt. Harry rebelliert zwar auch in Hogwarts gegen Autoritäten und bricht regelmäßig die
Regeln der Schule, aber sein Wertekanon, in dessen Zentrum Freundschaft, Treue und Liebe
stehen, ist stark nach traditionellen Werten ausgerichtet. Er hätte das Potenzial,
charismatische Macht auszuüben, tut es aber nicht. Dies unterscheidet ihn grundsätzlich von
Voldemort, trotz der vielen Parallelen, die die beiden ansonsten verbinden. 213
• Potter-Erfolg aus der literaturwissenschaftlichen Sicht
Für die deutsche Literaturwissenschaftlerin Karin Richter ist der Erfolg von Harry Potter ein
zu untersuchendes Phänomen, wie Der Standard im Artikel Phänomen Potter214 berichtet.
Unter ihrer Leitung wurden zwei universitäre Studien zur Lesemotivation in der Grundschule
durchgeführt. Das erste Ergebnis zeigte, dass Kinder eine positivere Einstellung zum Lesen
haben, als es bis damals (2001) angenommen wurde. So nennen die Kinder 1318 gute
Gründe, warum man ein Buch in die Hand nehmen sollte. Das Lesen ist für die Kinder
212 Vgl. ebenda. 213 Vgl. ebenda. 214 Philipp, Phänomen Potter.
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deswegen attraktiv, weil sie das Bedürfnis haben, in abenteuerliche Welten aufzutauchen. Die
Studien bringen neue Erkenntnisse über die Rolle der inneren Bilder bei den jungen Lesern.
Die äußeren Bilder des Fernsehens vermindern laut dieser Studie nicht die Attraktivität des
Lesens, wenn sich Leser mit den Protagonisten identifizieren können. Die Kinder erwähnten
als Grund für ihre Liebe zu Harry Potter, die Tatsache, dass die gleichnamige Figur ihre
Lieblingsfigur ist, in die sie sich so tief hineinversetzen können, dass sie beinahe glauben,
selbst Harry zu sein. 215
HP wird als „weltweites Phänomen“216 bezeichnet, das schwer zu erklären ist. Selbst für
Rowling ist dieser Erfolg eine Überraschung: „Was passiert ist, ist ein Schock für mich.“ 217
Sicher war sie, dass ihre Bücher vielleicht drei Menschen gefallen würden „ihrer Tochter,
ihrer Schwester, ihr selbst“. 218
Was ist das Geheimnis von Harry Potter? Dieser Frage geht der Artikel Die Botschaft des
Harry Potter219 vom 22. August 2005 nach. Bei den Romanen handle es sich um eine äußerst
kunstvolle und hoch wirksame Verknüpfung verschiedenster Storys, ein Spiel um Rätsel,
Geheimnis, Enthüllung und Verschleierung. Angefangen mit der Autorin, die von einer
Sozialhilfeempfängerin zur Multimillionärin wurde, über die Publicity rund um die
Veröffentlichung neuer Romane bis hin zur eher herablassenden Aufnahme der Romane
durch die Literaturkritik, die ebenfalls einen positiven Verkaufseffekt bewirke. 220
Die deutsche Literaturwissenschaftlerin Karin Richter sieht in den Potter-Romanen eine
gelungene Kombination aus Spannung, Abenteuer, Geheimnis und Unheilvollem im
Heranreifen der Hauptfigur: Der ‚Auserwählte’ ist kein Superheld, sondern ein benachteiligtes
Kind. Er hat viele Schwächen, sodass er nur auf der Basis freundschaftlicher Beziehungen
erfolgreich sein kann. Die Schauplätze sind zwar fantastisch verfremdet, doch die Leser sind
trotzdem in der Lage, sie mit ihrem Alltagsleben in Verbindung zu setzen. Harry Potter ist
sowohl eine Detektivgeschichte, als auch sehr humorvoll. Entscheidend für den Erfolg und
215 Vgl. ebenda. 216 Ebenda. 217 Ebenda. 218 Ebenda. 219 Die Botschaft des Harry Potter. In: Der Standard (Wien) vom 22.08.2005. Online unter: http://derstandard.at/2134088 [Stand: 2011-08-25]. 220 Vgl. ebenda.
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den literarischen Wert der Bücher sei aber die Perfektion einfallsreichen, faszinierenden
Erzählens. 221
• Potter-Kritik als Faktor des Erfolges
Stephan Brown hat eine Art Werbung für die HP-Romane in seinem Buch Die Botschaft des
Zauberlehrlings- der Magier Harry Potter gemacht. Der Standard berichtet darüber in Die
Botschaft des Harry Potter222. Das Buch versucht, den Erfolg von HP zu entzaubern. Es wird
darin erwähnt, dass jede herablassende Kritik das Buch umso begehrenswerter macht,
nachdem Potter schon den Status eines Stars erreicht hat. 223
• Erfolgsrezept von HP aus sozial-psychologischer Sicht
Seibert meint im Artikel Wie viele Nöstlinger hat 1 HP? 224, dass Harry Potter die Rahmen
der Kinderliteratur sprengt und so zu einer „Dimension der Inszenierung von Kindheit“ 225
wird. Es handle sich hierbei um eine Eventkultur, wo Kinder und Kind Gebliebene der
Hauptteil der Inszenierungen wären. Seibert sieht HP nicht nur als Text oder Kinderbuch,
sondern als ein kindheitskulturelles Phänomen, das auf eine verlängerte Infantilität im Sinne
von Jürgen Habermas beruht und deshalb auch Erwachsene in seinen Bahn zu ziehen
vermag.226
Aus psychologischer Sicht ist Harry Potter für Leser verschiedener Altersgruppen attraktiv,
weil das Buch in den Boden von Urängsten der menschlichen Natur eingebettet ist,
argumentiert Kramar im Artikel Harry Potter: Reise ins verlorene Reich der Kindheit 227. Er
beruft sich dabei auf Sigmund Freud, welcher meint, dass das Unheimliche „jene Art des
221 Vgl. Philipp, Phänomen Potter. 222 Die Botschaft des Harry Potter. 223 Vgl. ebenda. 224 Seibert, Wie viele Nöstlinger hat 1 HP? 225 Ebenda. 226 Vgl. ebenda. 227 Thomas Kramar: Harry Potter: Reise ins verlorene Reich der Kindheit. In: Die Presse (Wien) vom 23.07.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/318602/Harry-Potter_Reise-ins-verlorene-Reich-der-Kindheit [Stand: 2011-08-25].
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Schreckhaften, welche auf das Altbekannte, Längstvertraute zurückgeht“ 228 sei. So beginnt
die HP-Geschichte in der feindseligen Atmosphäre der Ziehfamilie. Harrys Elternhaus stellt
keine Heimat für ihn dar; er kann dort nicht glücklich sein. Für einen Zauberer wie er es ist,
ist die wahre Heimat die Zauberschule Hogwarts, aber auch sie verschwindet allmählich. Das
letzte Schuljahr verbringt Harry Potter mit seinen Freunden Ron und Hermine im Wald, im
Untergrund: Die Freunde befinden sich im Widerstand, sind mit kaputtem Zauberstab und
einem Sack voller Bücher auf sich selbst gestellt; ihre einzige Informationsquelle ist ein nicht
regimetreuer Radiosender. Eines bleibt jedoch nach wie vor klar definiert: Die Heimat von
HP ist die Zauberschule. „Hogwarts war das erste und beste Heim, das er gekannt hatte. Er
und Voldemort und Snape, die verlassenen Buben (abandoned boys), hatten alle dort ein
Heim gefunden“, meint Kramar.229
• Erfolgsrezept von HP aus der angelsächsischen literarischen Tradition
Cunningham, der Verleger von HP, gibt in einem Gespräch mit Der Presse230 zwei Gründe
für den Erfolg an. In den USA und in Großbritannien werden die Entscheidungen der Kindern
mehr respektiert, als in anderen Ländern, nicht zuletzt, wenn es um die Auswahl der
Freizeitbücher geht. Die Kinder würden selber entscheiden, welche Bücher sie interessant
finden und tauschen alles übers Internet „Kinderbücher dürfen heute nicht als Teil des
Unterrichts betrachtet werden, sie sind Teil der Populärkultur“, meint Cunningham. 231
Die Presse erklärt in Avada Kadavra!232 den Erfolg erstens durch das angelsächsische
Literaturagentensystem, zweitens von der Werbe-Maschinerie ausgehend, die nicht nur die
Werbeartikel (T-Shirts, Spiele, DVDs) effektiv einzusetzen wusste, sondern vor allem den
richtigen Zeitpunkt wählte.
228 Ebenda. 229 Ebenda. 230 Petsch, Kinderbücher. 231 Ebenda. 232 Avada Kadavra!
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• Das Erfolgsrezept von Potter ausgehend von der Multiadressiertheit (geschlechts- u.
altersbezogen) des Romans
Richard Reichensperger erkennt im Werk von Rowling innovative Merkmale. Dazu gehört
die Tatsache, dass Rowling die Geschichte für Mädchen, wie auch für Buben schrieb. Ebenso
ist bei Rowling innovativ, dass die Kinder in jedem Band älter werden, während für
gewöhnlich die Helden der Kinderliteratur (von Band zu Band) gleichaltrig bleiben. 233
Auch Claus Philipp thematisiert in seinem Artikel Erhöhung aus dem Geiste des
Feuilletonromans234, der nach Erscheinen des fünften HP-Bandes publiziert wurde, dass
Harry Potter erwachsen werden muss. Rowling sei es schon gelungen, die Grenze der
„kindergerechte[n] imaginäre[n] Welt“235 zu überspringen, um die Welt der Erwachsenen zu
erobern.
4.4.2 Der Diskurs über die aktuelle Entwicklung der Kinder- und Jugendliteratur
• Aktuelle Grundthemen der KJL
Barbara Petsch behandelt im Zeitungsartikel Leselust, Lesefrust und: Wenn Mama „Harry
Potter“ klaut236 mehrere Fragen die Kinder- und Jugendliteratur betreffend. „Fantasy und
Lizenzen machen einen immer wichtigeren Anteil am Kinder- und Jugendbuch-Markt aus“237,
heißt es.
Die Grundthemen der Kinderliteratur werden von Petsch, die auf eine Beobachtung
zurückgreift, wie folgt beschrieben: „Der Kinderbuchmarkt ist allerdings relativ fixiert auf
Pädagogik, Historie, Fantasy, Science-Fiktion, Liebe und Co.., für Buben Fußball, für
Mädchen Pferde usw.“ 238
233 Richard Reichensperger: HP und die Suche nach der verlorenen Zeit. In: Der Standard (Wien) vom 30.03.2004. Online unter: http://derstandard.at/1364932 [Stand: 2011-08-25]. 234 Claus Philipp: Erhöhung aus dem Geiste des Feuilletonromans. In: Der Standard (Wien) vom 30.03.2004. Online unter: http://derstandard.at/1338200 [Stand: 2011-08-25]. 235 Ebenda. 236 Petsch, Leselust, Lesefrust. 237 Ebenda. 238 Petsch, Kinderbücher.
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Zwei Nachteile des enormen Zuwachses an Fantasy-Literatur bemerkt Petsch in einem
anderen Artikel239: Erstens handle es sich hierbei um eine eher quantitativ als qualitativ
zunehmende Kinder- und Jugendliteratur, zweitens seien dadurch viele andere „fixe Sparten
(Didaktik, Moral, Krimi & Abenteuer, Historie, First Love etc.)“240 niedergegangen.
• Einstufung der KJL nach Sprach- und Nationalräumen
Bei der Erwachsenen-Literatur gibt es eine größere Anzahl österreichischer Autoren, die in
Deutschland bekannt sind; bei den Kinder- und Jugendbuch-Autoren sind es nur Christine
Nöstlinger und Renate Welch. Unabhängig, ob deutsche oder österreichische Autoren, eines
steht fest: Die angelsächsischen Autoren wie Rowling dominieren den deutschen Markt. Den
Grund dafür sieht Thomas Zirnbauer, der Marktführer bei Taschenbüchern im Kinder- und
Jugendbuchbereich in der Fähigkeit der englischsprachigen Autoren „existenzielle
Botschaften auf leichte und witzige Art zu vermitteln, ähnlich wie bei Film, TV.“241
• Der aktuelle Stellenwert von Fantasy in der KJL
Barbara Petsch behandelt in Fantasy boom: Lasst uns träumen242 den aktuellen Stellenwert
von Fantasy in der KJL und bezieht sich auf die Meinung von Experten.243 Tatsache ist, dass
die Fantasy-Romane dick und teuer sind. Sie werden trotzdem gut verkauft und auch verfilmt,
wobei die Literaturverfilmungen beinahe eine Eins-zu-eins-Übersetzung der Bücher in
Filmsprache sind.
Dafür finden sich in den Artikeln folgende Erklärungsgründe:
239 Barbara Petsch: Harry Potter stirbt, es lebe die Fantasy! In: Die Presse (Wien) vom 07.12.2005. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/film/145943/Harry-Potter-stirbt-es-lebe-die-Fantasy?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25]. 240 Ebenda. 241 Petsch, Leselust, Lesefrust. 242 Barbara Petsch: Fantasy boom: Lasst uns träumen. In: Die Presse vom 19.12.2009. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/529226/Fantasyboom_Lasst-uns-traeumen [Stand: 2011-08-25]. 243 Ein Gespräch zwischen einem Mediävist (Rudolf Siemek), einer Kommunikationswissenschaftlerin und Soziologin (Ingrid Paus-Hasebrink ) und einer Verlagsmitarbeiterin (Renate Grubert).
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1. Die Fantasy-Romane haben den Science-Fiktion nach der Realisierung von vielen damals
utopischen Entwürfen abgelöst. Die heutige Fantasy beschäftigt sich eher mit dem frühen
Mittelalter. Fantasy zählt ebenso wie Science-Fiktion zu einer Schema- oder Trivialliteratur:
„Daher wiederholen sich Figuren und Vorgänge auch so oft […]. Bei der Fantasy
geht es immer um die Reise des Helden, um einen Verlust, den Ring, man muss
etwas tun, und am Ende geht alles gut aus. [...] So könne man sehr leicht Literatur
schreiben, eben nach Schema F wie Fantasy – in diesem Fall.“244
Joanne Rowling gilt aber auch als „Schema-Brecherin“, sie „hat fast alles neu erfunden“245.
Verglichen etwa mit Tolkin beschäftigt sie sich nicht mit den mittelalterlichen Quellen.
2. Die Wirkung von Rowling auf Fantasy als Genre zeigt sich auch in der gestiegenen
Nachfrage, welche die Verlage dazu ‚zwingt’, neuen Stoff aufzutreiben: „Die Potter-Romane
bescherten der Fantasy einen Höhenflug. Viele Autoren zehren von der Welle. Ob
Bücherlesen wieder cool ist? Eher Potter lesen.“246
3. Die Zunahme von Fantasy lässt sich durch das fehlende Nationalbewusstsein des Genres
erklären: Die Fantasy ist in erster Linie nicht national geprägt, wenn auch Heldensagen und
Märchen einfließen.247
4. Petsch ist der Meinung, dass die Fantasy bei der jungen Generation den Stellenwert
einnimmt, den die Märchen bei den früheren Generationen inne hatten.248
5. Die Marketingstrategien spielen ohne Zweifel eine wichtige Rolle. Für die jungen Leser ist
das Peergroup-Verhalten entscheidend: Man muss das lesen, was die Altersgleichen bereits
kennen.249
• Die Anziehung der KJL für die Erwachsene
244 Petsch, Fantasyboom. 245 Ebenda. 246 Avada Kadavra! 247 Vgl. ebenda. 248 Vgl. Petsch, Harry Potter stirbt. 249 Vgl. Avada Kadavra!
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Die erwachsenen Leser greifen immer öfter in die Bücherregale ihrer Kinder, überwiegend
nach den Fantasy-Büchern. Es handelt sich vor allem um die HP-Bände, sowie und Herr der
Ringe. Diese beiden Bestseller nennt Petsch „[d]ie Spitze eines Eisbergs, gefolgt von Narnia
und King Kong“.250
Bei den Harry Potter-Bänden wurden, wie bereits in den Einführungskapitel erwähnt, zwei
optisch unterschiedliche Ausgaben veröffentlicht, eine für Kinder und eine für Erwachsene.
Als Erklärungsgründe werden in den Artikeln folgende genannt:
a) Sozialpsychologische Erklärung
1. Teil eines Kulturphänomen. Die Presse sieht darin die Erwartung eines Kulturphänomens
in Zeiten des Jugendkults. Es gäbe die gleiche Auswahl bei der Jeans Marke, bei Musik und
nun zuletzt auch bei den Büchern.251
2. Eskapismus. Den Grund, warum Erwachsene sich von der Fantasy angezogen fühlen,
erklärt die Kinderbuchautorin Stephenie Meyer so: „Im Realismus erkennen wir bestenfalls
etwas wieder, was wir selbst erlebt haben. In der Fantastik aber erkennen wir etwas wieder,
das wir nie erleben werden.“252
Weiters wird der Zuwachs von Fantasy durch die Entwurzelung der heutigen Jugend
(Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, hoher Grad der Technisierung) erklärt. Deswegen seien
Fantasy-Bücher auch für Erwachsene attraktiv. Eskapismus ist Grunde für jeden Leser
ausschlaggebend:
„Reise in den fernen Welten ermöglichen es, fern vom Alltag, seinen
Herausforderungen und festgelegten Rollenkonstellationen sich mit
unterschiedlichen Figuren zu identifizieren, Stellvertreter zu finden. Gleichzeitig
lernt man mit Stärke und Schwäche, Größe und Kleinheit, Allmacht und Ohnmacht
umzugehen.“253
250 Petsch, Harry Potter stirbt. 251 Potter Syndrom. 252 Ebenda. 253 Petsch, Fantasyboom.
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Johanna Just von Ravensburger Verlag meint dazu: „Im wahren Leben ist alles erklärt,
deshalb sehnt man sich nach dem Unbekannten, dem Ungewissen.“254
3. Die Nähe zu den eigenen Kindern: Auch in Claus Phillips Artikel Ein ‚Schlimmer Anfang‘
verkauft sich gut255 wird auf die zunehmende Zahl der erwachsenen Leser hingewiesen: The
Economist bezeichnet dieses Phänomen als ‚Potterisierung der Welt’. Die Eltern fühlen sich
durch das Lesen derselben Bücher ihren Kindern näher. Anstatt sich mit komplexen Texten
auseinanderzusetzen, greifen die Erwachsenen lieber auf Jugendliteratur zurück. 256
b) Literaturwissenschaftliche Erklärung
1. KJL fördert das Denken der Erwachsenen. Die Anziehung, die Kinderliteratur auf
Erwachsene ausübt, ist nicht nur ein interessantes Phänomen, sondern laut dem
Literaturwissenschaftler Thomas Kullmann von der Universität Osnabrück für Gesellschaft
und Familie wichtig. Die Kinderbücher helfen Erwachsenen umzudenken, regen ihre Fantasie
an, vermitteln neue Ideen bzw. unterstützen auch politische Problemlösungen. Das könnte zu
einer friedlichen Welt führen. Er sieht die Kraft der phantastischen Kinderliteratur vor allem
in den metaphorischen Bezügen und in der Erweiterung des Vorstellungsvermögens über die
von Politik und Medien fertig servierten Denkschemata hinaus. Dadurch werden die Leser für
humanere Verhaltensweise trainiert. In diesem Zusammenhang nennt Kullmann die HP-
Bücher, aber auch den deutschen Autor Michael Ende mit seinem Buch Momo. Weiters
würden die deutschen Autoren „zu viel mit erhobenem Zeigefinger“ arbeiten, meint der
Literaturwissenschaftler. 257
4.4.3 Werkanalyse von Harry Potter (bestimmte Bände)
254 Potter Syndrom. 255 Vgl. Claus Philipp: Ein ‚Schlimmer Anfang‘ verkauft sich gut. In: Der Standard (Wien) vom 29.01.2002. Online unter: http://derstandard.at/848921 [Stand: 2011-08-25]. 256 Vgl. ebenda. 257 Umdenken und Weise werden. In: Der Standard (Wien) vom 18.02.2003. Online unter: http://derstandard.at/1215362 [Stand: 2011-08-25].
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Band 6 - Prüller analysiert inhaltlich Band 6. Eine neue Entwicklung in diesem Band bereitet
das „erwachte Interesse am anderen Geschlecht“ 258 der Figuren Harry, Ron und Hermine. Die
Beschreibung dieser Teenager-Gefühle bereitet nach Prüller zum größten Teil den „Reiz des
Buches für nostalgische Erwachsene“. Er meint, man bekomme „erwachsenes Zeug“ zum
Lesen. Die Hauptfiguren bleiben dabei von jeder Art von Idealisierung frei: „Harry lügt und
betrügt und Ron ist feige, die Weisheit stößt an ihre Grenzen, und das Ende ist mit mehr
schockierender Bosheit und trauriger Gemeinheit gefüllt, als bisher.“ Das Neue ist der
radikale Stimmungswechsel nach einigen Dutzend Seiten, bei dem der Leser begreift, dass er
in „trügerischer Sicherheit“ gewogen wurde.259
Für den Autor ist die Tatsache, dass der Leser sich unter dieser Gefühlsstimmung am Ende
des sechsten Bandes irgendwie mit der Idee anfreunden muss, dass er noch zwei Jahre zu
warten hat, um das Ende der Geschichte endlich zu erfahren, „beinahe eine voldemorteske
Niedertracht“ 260.
Michael Prüller nimmt in seinem Artikel eine offene befürwortende Stellung ein und trotzt
mancher Kritik über den Inhalt von Band sechs, wenn es um die Ängste der Eltern bezüglich
der okkulten Inhalte geht, indem er schreibt: „Es ist das unesoterischste Zauberer-Buch, das
sich denken lässt.“261
Kritikpunkte über Band 6:
„Es gibt keine einzige langweilige Seite. Das grenzt an Zauberei“262, heißt es bei Prüller.
Jedoch geht er auch auf einige Kritikpunkte ein. Auch wenn das Buch offensichtlich für
258 Michael Prüller: Harry Potter: Die beste Droge ist Butterbier. In: Die Presse vom 19.07.2005. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/146232/Harry-Potter_Die-staerkste-Droge-ist-Butterbier?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25]. 259 Vgl. ebenda. 260 Ebenda. 261 Ebenda. 262 Ebenda.
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Insider geschrieben worden ist, wirke es in vieler Sicht repetitiv: „In der ersten vier Fünfteln
des Buches ist die Rahmenhandlung Routine.“263
Das Klischee des Auserwählten, der alleine das Böse zu besiegen hat, ist ein weiterer
Kritikpunkt am Roman. Püller sieht direkte Parallelen zu Anakin Skywalker, Matrix-Nemo
und Spiderman, wobei bei Rowling „jegliches transzendente Bezugsystem ausgeblendet
wird.“ 264 Das lässt sich dadurch erklären, dass die Jugendliteratur im Allgemeinen unter einer
„areligiöse[n] Keimfreiheit“ leidet. Die Helden der Erzählungen haben in der Regel keinen
Bezug zum Jenseits, was der erwachsene Leser als Mangel erfährt.265
Band 7 - Im Standard werden im Juni 2007 – nach Erscheinen der englischen Ausgabe des
letzten Buches – kurz die zentralen Themen behandelt, ohne das Ende zu verraten.
Bemerkenswert ist, dass viele von diesen Themen bereits von der Fan-Gemeinde behandelt
worden sind.266
Auch Die Presse stellt in dem Artikel Muss Harry Potter wirklich sterben? - Fans spekulieren
im Internet267 die zentralen Themen des siebten Bandes knapp dar. Als zentrales Thema des
letzten Buches wird die Suche nach den Horkruxen gesehen. Es werden in diesem Artikel
auch die Hauptmotive behandelt wie z. B. das Motiv vom Verrat durch Spione auf allen
Seiten. Der Autor des Berichts nimmt auch eine Stellung zu den Spekulationen ein.268
Kramar269 erwähnt in seiner Analyse des letzten Bandes eine der wichtigsten Deutungsebenen
der HP-Saga: die politische. Lord Voldemort kommt durch sein Bündnis mit großen Teilen
der alten Zauberer-Aristokratie und durch die Blindheit des Zauberer-Ministeriums (das einer
Regierung entspricht und das die Gefahr nicht realistisch genug einschätzt) an die Macht.
263 Harry Potter bei Dursleys, Harry bei Weasleys, Harry in Hogwarts, Harry beim Unterricht, Harry verdächtigt den Zaubertrank-Lehrer Snape, Harry beim Quidditch-Match, Harry wird von Dumbeldore ins Vertrauen gezogen. Vgl. ebenda. 264 Ebenda. 265 Ebenda. 266 Prüller, Michael: Harry Potter: Die beste Droge ist Butterbier. In: Die Presse vom 19.07.2005. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/146232/Harry-Potter_Die-staerkste-Droge-ist-Butterbier?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25]. 267 Muss Harry Potter wirklich sterben? 268 Vgl. ebenda. 269 Kramar, Reise ins verlorene Reich der Kindheit.
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Somit ist die politische Ebene logisch beibehalten: Für den Triumph des Bösen gibt es keine
magische Erklärung. Diese politische Ebene bezieht sich nicht nur auf die historische
Vergangenheit der Menschen, sondern steigt auf eine höhere verallgemeinernde Ebene, indem
die Dynamik der Bildung von In- und Outgroups bei Menschen im Allgemein behandelt wird.
Die Lehre von der Reinheit des Blutes ist für Kramar eine offensichtliche Anspielung auf
faschistische und rassistische Ideologie. 270
Es ist ein immer wieder zu beobachtendes Phänomen unseres Zeitalters, dass eine Gruppe, die
sich für besser als die anderen hält, diese auch diskriminiert oder schlimmstenfalls unterdrückt
und verfolgt. „Man kann den Potter-Büchern nicht genug dafür danken, wie sie dieses große
Zerwürfnis unseres Zeitalters immer wieder aufgreifen, variieren und anprangern“, meint
Klüger.271
Der Standard behandelt viele inhaltliche Fragen der HP-Romane. Im Artikel Es ist enthüllt 272
wird eine kurze Einführung in die zwei Welten der HP-Romane gegeben: in die Welt der
normalen Menschen und die der Zauberer. Zum Beispiel sind die Eltern Hermines
‚Schlammblütler’, das heißt, ein Elternteil stammt aus der Zauberwelt, der andere aus der
‚realen’ Welt. In diesem Bericht wird auch über Zentauren geschrieben – Wesen, die halb
Mensch und halb Pferd sind. 273
Die Presse berichtet über eine andere Ebene. Es wird hervorgehoben, dass HP Teil 7 „die
Geschichte einer Pubertät, der Desillusionierung durch die Erwachsenenwelt“ 274 ist. Ein
anderer Aspekt von HP, den der Artikel aufgreift, ist das Verhältnis zwischen Zauber- und
Mugglewelt.275
270 Vgl. ebenda. 271 Ruth Klüger: Der letzte Potter. In: Der Standard (Wien) vom 24.07.2007. Online unter: http://derstandard.at/2971670 [Stand: 2011-08-25]. 272 Es ist enthüllt. In: Der Standard (Wien) vom 11.09.2003. Online unter: http://derstandard.at/1408605 [Stand: 2011-08-25].
273 Vgl. ebenda. 274 Thomas Kramar: Frau Rowling, lassen Sie Hermine Granger am Leben! Die Presse (Wien) vom 06.07.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/news/315528/Frau-Rowling-lassen-Sie-Hermine-Granger-am-Leben?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25]. 275 Vgl. ebenda.
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Kritik an Band 7:
In Der Presse276 wird kurz vor Erscheinen von Band sieben die Frage aufgeworfen, ob es
Rowling gelingen wird, die vielen gelegten Handlungsfäden der gesamten Serie zu einem
plausiblen Schluss zu bündeln. Die Presse schließt ein offenes Ende des letzten Buches nicht
aus.
Auch Ruth Klüger277 schreibt über den Vorbehalt vieler Kritiker bezüglich des Endes des
Romans. Sie stellt fest, dass das Ende des Romans der Autorin sehr wohl gelungen ist. Den
Höhepunkt des aus „atemberaubende[n] Szenen“278 bestehenden Romans sieht sie in der
Schlacht von Hogwarts, wo sich endlich das Schicksal der Schule zum Guten wendet. Für
Klüger ist der letzte Band nicht unbedingt der beste der Serie.
Als aus psychologischer Sicht nicht gelungen sieht Kramar das Schicksal des Doppelagenten
Severus Snape an. Das Ende dieser Figur als letzter Märtyrer sei psychologisch
unbefriedigend; dazu sei Snape von der Autorin „zu wenig nuanciert geschildert.“ 279
Einen zusätzlichen Kritikpunkt hat Klüger. Die persönliche Aufgabe von HP besteht darin zu
lernen, wie man frei wird und sich keiner fremden Gewalt unterwirft. Zusätzlich muss er sich
mit der Tod – dem eigenen und dem der anderen – auseinander setzen. Genau diesen Aspekt
findet Klüger als mit „zu viel Bedeutungsschwere“280 aufgeladen. Im Gegensatz zu Thomas
Kramer281, der den Epilog in HP als sehr gelungen ansieht und als inhaltlichen Höhepunkt des
Romans ansieht, ist für Klüger der Schluss unzureichend. Für sie ist das Zitat von Aischylos
über die unterirdischen Götter nicht im Einklang mit der Schlussszene: Die nächste
Generation hogwartscher Schule wartet bereits im Zug und überhaupt ist ein bürgerliche
Frieden als Stimmung zu spüren.282 Kramar hingegen identifiziert in dem Epilog das
Metamotiv des letzen Romans: „Die Potter-Romane sind nicht zuletzt eine großartige
276 Avada Kadavra! 277 Klüger, Der letzte Potter. 278 Ebenda. 279 Kramar, Reise ins verlorene Reich der Kindheit. 280 Klüger, Der letzte Potter. 281 Vgl. Kramar, Reise ins verlorene Reich der Kindheit. 282 Vgl. Klüger, Der letzte Potter.
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Überhöhung der Adoleszenz, und sie beleuchten sie von vorne und hinten – aus der Sicht der
Erwachsenen und der Kinder.“283
4.4.3.1 Der Stil von J.K.Rowling
Dramatischer Ablauf: Eine Besonderheit des Stil Rowlings ist das Vermeiden schematischer
Gut-Böse-Deutungen. Harry erlebt diese Verwirrung in Bezug auf seinem Vater und dem
Direktor Dumbledore. Der Vater ist nicht der reine Held und Dumbledore entpuppt sich als
jemand, der in jungem Alter mit dem bösen Grindelwald kooperiert hat. Überhaupt ist die
politische Geschichte eng verknüpft mit den Familien- und Seelengeschichten. 284
Wiederholungen, Variationen und gleichzeitig das Nicht-Vorhersehbare:
Claus Philipp285 erachtet die Dynamik des Geschehens in den Romanen als ein Geheimnis des
Reizes, den diese Geschichten auf den Leser ausübt. Die Geschichte findet in der Gegenwart
vertrauter Konstellationen statt, jedoch begleitet den Leser das Gefühl, dass etwas
Unvorhersehbares geschehen wird. Philipp zitiert Umberto Eco: „Nicht die Neuigkeit,
sondern die gefällige Darstellung bereits vertrauter Ereignisse und Erfahrungen nimmt für die
Berichte ein.“286 Philipp erkennt zusätzlich ein Merkmal der Zeitungsromane: Die Leser
müssen der Geschichte folgen. Für Späteinsteiger ist der Zugang zur Geschichte fast
unmöglich. Die Zeitungen sicherten sich früher auf diese Weise ihre Leser.287
Ruth Klüger sieht Rowling in der realistischen Tradition verankert: „[D]ie Fülle der Figuren,
der Reichtum an Episoden in der Tradition der großen britischen Erzähler des
19. Jahrhunderts“288 sind Merkmale Rowlings, in denen Klüger eine direkte Parallele zu den
britischen Erzähler des 19. Jahrhunderts sieht; sie erwähnt Charles Dickens und Walter Scott.
283 Kramar, Reise ins verlorene Reich der Kindheit. 284 Vgl. ebenda. 285 Claus Philipp: Die 1001. Version eines bewährten Helden. In: Der Standard (Wien) vom 30.03.2004. Online unter: http://derstandard.at/1339242 [Stand: 2011-08-25]. 286 Ebenda. 287 Vgl. ebenda. 288 Klüger, Ruth: Schlaflose Muggels. In: Der Standard (Wien) vom 07.08.2005.Online unter: http://derstandard.at/2135992 [Stand: 2011-08-25].
75
In ihrer Zuordnung sieht sie nichts Paradoxes: Es handelt sich wohl um eine Schulung in
Magie, die aber insofern der realistischen Tradition zuzuordnen ist, als sich alles nach
bestimmten Regeln abspielt. Klüger erwähnt zwei Beispiele: Das Autofahrverbot für Personen
unter 17, das es bei den Muggles gibt und den Küchendienst ohne Zauberstab, für jene, die
unter siebzehn sind. Klüger hält den Roman für vielschichtig. Die Helden sind mit der
Pubertät konfrontiert und setzen sich – nicht nur auf sentimentaler, sondern auch auf
intellektueller Ebene – mit den Problemen ihres Alters auseinander. Es werden auch
philosophische Fragen behandelt. Die Nähe zum Unheimlichen und zum Comic, sowie die
Absurdität und die tiefsinnigen Gespräche verleihen dem Buch mehrere Facetten. 289
Ursprung der Elemente der Potter-Geschichte:
Ernst Seibert beschreibt die irreale Welt des HP als ein metaphysisches Surrogat, bei dem das
Irrationale durch eine gewisse moralische Regelhaftigkeit des Daseins zu bewältigen ist, wie
etwa beim Mannschaftssport von Quidditsch zu sehen ist. Die Wurzeln dieser Mischung
gehen auf die Mythologie zurück.290
Reichensperger ist der Meinung, dass nicht nur „Internatshierarchien“, sondern auch das
Substrakt aller der Autorin zugänglichen „Mythologien [...] Folklore und Märchen“ der
Abendlandkultur im Buch zu erkennen sind.291
Dieser Meinung sind auch die Experten Der Presse: In den Potter-Romanen erkennt man
Elemente aus „Alchimie, Animismus, Biologie, Mythologie, Psychologie.“292
Die Einbettung der HP-Romane in die Mythologie wird auch von Philipp behandelt. In
Anlehnung an den US-Psychologen Joseph Campbell293 erkennt er im dramaturgischen
Ablauf der HP-Geschichte das Muster der mythologischen Geschichte.
289 Vgl. ebenda. 290 Seibert, Wie viele Nöstlinger hat 1 HP? 291 Reichensperger, HP und die Suche nach der verlorenen Zeit. 292 Avada Kadavra! 293 Campbell untersuchte Mythologien auf eventuelle Parallelen, aus dieser Untersuchung bildete er einen archetypischen Ablauf der Mythen, der drei Phasen, die wiederum verschiedenen Elemente beinhalten, durchläuft.
Der Aufbruch: Berufung –Weigerung – Übernatürliche Hilfe – Das Überschreiten der ersten Schwelle – „Wiedergeburt“.
Initiation: Der Weg der Prüfung – Die Begegnung mit der Göttin – Das Weib als Verführerin – Versöhnung mit dem Vater – Apotheose – Die endgültige Segnung.
76
Laut Philipp beschreibt der fünfte HP- Roman die Initiationsphase. Er bezeichnet die HP-
Romane als ein Epos.294
Steigende Spannung, schwer zu erratendes Ende der Geschichte:
Die Spannung des letzten Buches lässt sich dadurch erklären, dass die Autorin bis zum
Schluss die Fäden des Romans so verknüpft, dass sie zu Trugschlüssen verlocken.295
4.4.3.2 Lexikalische Ebene, Wortschatz
Die Presse296 weist auf Internet-Seiten für Outsider hin297, auf denen viele Erklärungen und
das Zaubervokabular zu finden sind. Im Text werden einige Flüche erklärt: Locomotor
Mortis, Furunculus, Conjunctivitis, Avada Kedavra usw. 298
4.4.3.3 Die Figuren der HP-Romane
Die Komplexität der Hauptfigur:
Claus Philipp bezeichnet Harry in seinem Artikel299 als Held der heutigen Zeit, der aber auch
einen mythischen Helden verkörpert. Philipp ist der Meinung, dass Rowling von Campells
Theorie beeinflusst ist. 300 Das Wort Held kommt von Althochdeutschen <Helido>. Darunter
wird eine meist männliche Person mit herausragenden Fähigkeiten verstanden. Bei Harry
Potter handelte sich um eine archetypische Heldenreise, während der Harry eine Aufgabe zu
erfüllen hat. Philipp behandelt auch die Frage: Was wird mit HP am Ende der Saga passieren?
Eine Option ist, dass er ein normaler Mensch wird. Andere Fragen, die der Artikel behandelt,
Rückkehr: Verweigerung der Rückkehr – Die magische Flucht – Rettung von außen – Rückkehr über die Schwelle – Herr über zwei Welten – Freiheit zum Leben. (Vgl. dazu Philipp, 1001. Version eines bewährten Helden.) 294 Philipp, Erhöhung aus dem Geiste des Feuilletonromans. 295 Vgl. Kramar, Reise ins verlorene Reich der Kindheit. 296 Avada Kadavra! 297 Unter anderem auf: harrypotter-auf-deutsch.de und harrypotter-xperts.de. 298 Avada Kadavra! 299 Philipp, Kopf des Tages. 300 Der amerikanische Mythenforscher Joseph Campbell versuchte im Jahr 1994 eine archetypische Typologie aller Helden verschiedener Kulturen und Religionen.
77
sind: Wird Rowling sich weiter mit dieser Figur beschäftigen? Wird sie einen neuen Stoff
anfangen? 301
Seibert beschäftigt sich mit dem Schicksal des Werkes nach der Veröffentlichung des letzten
Bandes. Er fragt sich, ob man das Werk fortsetzen könnte. Eine seiner Hypothesen ist, dass
die Potter-Romane nach dem letzten Teil der Kino-Serie zu einer „Comic-Version
mutieren“302 werden. Seine ‚Prophezeiung’ begründet Seibert mit den Mutationen anderer
Märchen, wie jenen von Peter Rosegger. Höchstwahrscheinlich würden für die neuen
Generationen Kurzfassungen zusammengestellt werden, meint er. 303
Die Rolle der drei zentralen Figuren.
Klüger304 handelt die Ebene des Erwachsenwerdens der drei Helden (Harry, Ron, Hermine),
die Monate lang zusammen auf der Flucht sind, ab. Für die Kritikerin hilft diese Kulisse von
Magie das Innenleben der drei Figuren in ihrer psychologischen Komplexität intensiver
darzustellen, als es in einer realistischen Geschichte möglich wäre. Das gilt auch für „die
Ängste und Unsicherheit dieser Lebensphase“305. Die Themen Treue und Verrat, auch
zentrale Themen in den großen Epen der Literaturgeschichte, beziehen sich nicht nur die drei
Figuren, sondern sie bestimmen auch die „politische Einsatzbereitschaft vieler anderer
Figuren“306, weil ganz England in den HP-Büchern einer Diktatur unterworfen ist. Das
Spannende in der Abwicklung dieses Themas ist die „Doppelbödigkeit mehrere[r] Figuren“:
Die Feinde werden zu Freunden und bekennen sich zum Guten. Die Guten sind anderseits
nicht fehlerfrei, bereuen aber ihr Verhalten.307 Ungerechtigkeit, Unterdrückung, Rassismus
und Diskriminierung sind die Folge dieses nazianalogischen Systems.308
Über die Nebenfiguren:
301 Vgl. Philipp, Kopf des Tages. 302 Seibert, Wie viele Nöstlinger hat 1 HP? 303 Vgl. ebenda. 304 Klüger, Der letzte Potter. 305 Ebenda. 306 Ebenda. 307 Vgl. ebenda. 308 Muss Harry Potter wirklich sterben?
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Die Presse vom 21.07.2007309 analysiert eine der Nebenfiguren des Romans: Neville
Longbottom. Außer den Charakteristika dieser Figur, welche auch im Film vorkommt, wird
aus literarischer Sicht ihre Funktion im Bezug zur Hauptfigur offengelegt. Neville ist der
Außenseiter, der viele biografische Parallelen zu Harry aufweist. Seine Funktion ist es, die
Eigenschaften Harry Potters hervorzuheben. Die Presse spekuliert, dass sich aus diesem
Beinahe-Held am Schluss der wahre Held entpuppen könnte. In diesem Zusammenhang
übernimmt Die Presse die Rolle eines reproduktiven Rezipienten (indem das Medium aktiv
auf die Romane Bezug nimmt). 310
Die mythologische Einbettung der Nebenfiguren:
Die Presse berichtet nicht nur über die Hauptfigur, sondern macht auch die Nebenfiguren zum
Thema311: Griffin ist die englische Übersetzung von Greif. Der Greif ist ein Fabelwesen, das
nach der Erläuterung von Sabine Vogel ihren Ursprung in der ägyptischen Mythologie hat.
Seine Aufgabe ist es, das Heilige Feuer zu bewachen; er ist ein Symbol der Klugheit und ein
Bote der Ewigkeit.312 Während in der ägyptischen Mythologe seine Gestalt aus dem Körper
eines Löwen und dem Kopf eines Adlers besteht, taucht Hippogreif bei HP in der Gestalt
eines Pferdes und mit dem Kopf eines Adlers auf. Vogel bemerkt eine Wiederaufnahme
dieses historisch-mythologischen Mischwesens, das ein fixer Bestandteil unseres kulturellen
Erbes ist. Diese Gestalten waren immer nach Zeit-, und Kulturraum wandelbar und
mehrdeutig. So wirkt ein Drache furchterregend, er kann aber mit seiner Macht ein Unheil
abwenden.313
4.4.3.4 Die Genrebestimmung von HP-Romane
309 Der Junge, der Potter hätte sein können. In: Die Presse (Wien) vom 20.07.2007. http://diepresse.com/home/meinung/imsucher/318410/Der-Junge-der-Potter-haette-sein-koennen?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25]. 310 Vgl. ebenda. 311: Sabine B. Vogel: KHM: Einhorn, Kentaur, Greif – vor Harry Potter. In: Die Presse (Wien) vom 18.02.2011. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/kunst/635444/KHM_Einhorn-Kentaur-Greif-vor-Harry-Potter [Stand: 2011-08-25]. 312 In der Antike, erklärt Vogel, hat Apollon diese Rolle gehabt. Vgl. ebenda. 313 Vgl. ebenda.
79
Internatsroman- Die Presse beschäftigt sich auch mit der Genrebestimmung von HP-
Romanen: „Literarisch folgt Potter den im angelsächsischen Raum gängigen
Internatsromanen. Kinderbücher erscheinen allenthalben gern in Serie (Trotzkopf,
Nesthäkchen).“ 314
Auch Reichensperger meint, dass die HP-Romane als englische Schul-Romane
(Internatsgeschichte und Entwicklungsroman) einzustufen sind. Er sieht die Tatsache, dass
HP auch unter Erwachsenen sehr beliebt ist, nicht als Beweis, dass es sich dabei auch um
Erwachsenen-Literatur handelt. HP bleibt seiner Meinung nach in der Jugendliteratur
verhaftet; Erwachsene seien hier nur „eingeladene Gäste“. 315
Isolde Charim bezeichnet Harry Potter als „ein[en] richtige[n] moderne[n]
Erziehungsroman.“316 Ihr Argument ist, dass im Roman die Grundkonstellation ‚Kampf
zwischen Gut und Böse’ besteht, wobei das Böse gegen die Ordnung agiert, während das
Gute jene Kraft ist, die – personifiziert durch Harry – diese Ordnung unterstützt.317
Seibert meint, dass HP zu einer neuen Wahrnehmung der Kinderliteratur führte: „HP verstellt
und überschattet mit seiner Omnipotenz die Sicht auf den Rest dessen, was man bisher
Kinderliteratur genannt hat.“ 318 Diese Veränderung kommentiert er kritisch, indem er sich auf
das Medium Profil beruft, das die wichtigste Kinderbuchautorin Österreichs – Christine
Nöstlinger, Inhaberin eines Astrid Lindgren Preises – in Bezug zu Joanne K. Rowling setzte.
Seibert meint, das Medium Profil versuche Schmetterlinge (Nöstlinger) mit Eurofightern
(Rowling) zu vergleichen. 319
• Mischung zwischen Jugendliteratur und Feuilletonroman.
314 Avada Kadavra! 315 Reichensperger, HP und die Suche nach der verlorenen Zeit. 316 Charim, Die Grenze der Zauberei. 317 Vgl. ebenda. 318 Seibert, Wie viele Nöstlinger hat 1 HP? 319 Vgl. ebenda.
80
Claus Philipp meint, HP könne „als eine Erhöhung von Jugendliteratur aus dem Geiste des
Feuilletonromans“ verstanden werden. Er sieht im Drang der Leser, zu wissen, wie es
weitergeht, eine Ähnlichkeit zu den Feuilletonromanen. 320
• Phantastische Geschichte.
Im Standard werden die HP-Romane von Claus Philipp als „phantastische Geschichten“ 321
bezeichnet.
• Zwischen Kinder- und Jugendliteratur.
Die Frage, ob Harry Potter Kinder- oder Jugendliteratur ist, versucht Der Standard322 durch
die Veröffentlichung einer Studie der Universität Konstanz zu beantworten. Die
Wissenschaftler haben eine neue Software entwickelt, mit der die altersgerechte
Lektüreauswahl erleichtert wird. In dieser Studie wird das Lesen von HP erst ab einem Alter
von 13 bis 14 Jahren empfohlen, weil das Buch eine düstere Stimmung hat und die Handlung
rund um das Thema ‚Tod’ stattfindet. Der Carlsen Verlag scheint seine frühere Einstellung
das Alter betreffend revidiert zu haben. Der siebte und letzte Band „ist kein Buch für
Zehnjährige“ 323, räumt eine Sprecherin des Carlsens Verlag auf Nachfrage ein.
4.4.4 Der Wertediskurs aus christlicher Sicht von den Potter-Romanen
„Die Doktrin führt eine zweifache Unterwerfung herbei: Die Unterwerfung der sprechenden
Subjekte unter die Diskurse und die Unterwerfung der Diskurse unter die Gruppe der
sprechenden Individuen.“324
320 Philipp, Erhöhung aus dem Geiste des Feuilletonromans. 321 Philipp, Phänomen Potter. 322 Harry Potter ab 10? - Software empfiehlt Lesealter für Kinderbücher. In: Der Standard (Wien) vom 03.06.2011. Online unter: http://derstandard.at/1304553598074/Harry-Potter-ab-10---Software-empfiehlt-Lesealter-fuer-Kinderbuecher [Stand: 2011-08-25]. 323 Ebenda. 324 Michel Foucault: Die Ordnung des Diskurses. Aus dem Französischen von Walter Seitter. Mit einem Essay von Ralf Konersmann. 7. Aufl. Frankfurt am Main: Fischer 2000. (= Fischer Wissenschaft. 10083.) S. 29 f.
81
Das heißt, wir haben es im Folgenden mit einer Sammlung von verschiedenen
Zeitungsartikeln zu tun, die aufeinander Bezug nehmen und damit Teil eines religiösen
Diskurses sind. Foucault schreibt über den Autor:
„Man verlangt, daß der Autor der Texte, die man unter seinem Namen stellt,
Rechenschaft ablegt; man verlangt von ihm, den verborgenen Sinn, der sie
durchkreuzt, zu offenbaren oder zumindest in sich zu tragen; man verlangt von
ihm, sie in sein persönliches Leben, in seine gelebten Erfahrungen, in seine
wirkliche Geschichte einzufügen. Der Autor ist dasjenige, was der beunruhigenden
Sprache, der Fiktion ihre Einheiten, ihren Zusammenhang, ihre Einführung in das
Wirkliche gibt.“325
Rowling ist stark von christlichen Kreisen kritisiert worden – auch eine Stellungnahme des
Papstes Ratzinger (damals noch Kardinal) fehlt nicht. Diese Auseinandersetzung veranlasste
einen Diskurs zwischen Vertretern diverser Disziplinen. Die beiden Zeitungen schildern
diesen Diskurs und nehmen diesbezüglich Stellung.
Der Standard thematisiert die Einstellung der katholischen Kirche und deren Vertretern zu
den HP-Romanen in insgesamt vier Artikeln. Der Standard reiht die einmaligen
Verkaufszahlen der Bücher und die Aussage des jetzigen Papstes aneinander und zitiert aus
Ratzingers Brief an Gabrielle Kuby: „Das sind subtile Verführungen, die unmerklich und
gerade dadurch tief wirken und das Christentum in der Seele zerfetzen, ehe es überhaupt recht
wachsen kann.“ 326
Kuby ist eine Soziologin, die die HP-Romane als „satanistische Literatur [...] voller
Blutrituale und okkulte dämonische Aktivitäten“ bezeichnet. Sie sieht das Werk Rowlings als
eine Verschwörung, die das Ziel verfolgt, die Welt ins Böse zu verkehren. Ein weiterer
Kritikpunkt Kubys ist, dass die Kinder von HP-Romanen Alpträume bekämen.327
325 Michel Foucault: Was ist ein Autor? In: Botschaften der Macht. Der Foucault-Reader. Diskurs und Medien. Hrsg. von Jan Engelmann. Stuttgart: Dt. Verl.-Anst. 1999. S. 30-48, hier S. 30. 326 Der Standard: Der "Zersetzer des Christentums" Harry Potter startet mit 17 Millionen Bänden 15.07.2005 cia 327 Der Satan bei Potter. In: Der Standard (Wien) vom 24.08.2007. Online unter: http://derstandard.at/2963971 [Stand: 2011-08-25].
82
Der Standard328 nennt den Papst selbst machtlos gegen die Magie der Verkaufszahlen. Im
Jahre 2003 schreibt der damalige Kardinal Ratzinger an Gabrielle Kuby einen Brief, in
welchem er Stellung zu den HP-Romanen nimmt. Der Standard berichtet über die Einstellung
des heutigen Papstes Benedikt, des 16., Folgendes: Für den Papst sind „der gewiefte
Zauberlehrling unser phantastisches, übernatürliches Umfeld ein Dorn im Auge“ 329. Weiters
zitiert Der Standard eine Aussage aus der Zeitung La Republica: „Es gibt wohl kaum einen
Zweifel daran, dass er auch als Papst seine Meinung sicher nicht geändert hat.“ 330
Die Kritik von Seiten des Papstes an HP, führt zur Kritik eines Presse-Lesers am Papst.
Dieser nimmt eine klare Position an Rowlings Seite ein. Diese Einstellung wird in dem
Leserbrief mit dem Argument hinterlegt, dass nicht ein Märchenbuch die wahre Gefahr für
die Gesellschaft sein kann, sondern andere nüchterne Tatsachen, wie die Gewaltszenen, mit
denen die Kinder übers Fernsehen oder der Playstation jeden Tag konfrontiert werden. Das
seien die elementaren Bedrohungen der Gesellschaft, wozu der Papst, eine „angeblich
‚moralische‘ Instanz“, schweigt.331
Die Einstellung des Papstes wirkt in den Artikeln der Zeitung Standard im Laufe der Zeit
etwas moderat. Es wird über eine Stellungnahme aus der Vatikanstadt berichtet.332 Msgr.
Peter Fleetwood richtet einen Appell an die Eltern. Diese sollten die Bücher selbst lesen, um
sich ein eigenes Urteil zu bilden. Er warnt vor einer „Angstmacherei, die an allen Ecken und
Enden den Teufel am Werk sieht.“ Außerdem rät Fleetwood bei der Beurteilung eines
kulturellen Phänomen, wie der HP-Bücher, vorsichtig zu sein.333 Während die Stellungnahme
von Fleetwood im Radio Vatikan versucht hat, Papst Benedikt in ein anderes Licht zu rücken,
wurden andere kritische Stimmen aus katholischen Kreisen laut.
328 Päpstliche Schelte für Harry P. In: Der Standard (Wien) vom 19.7.2005. Online unter: http://derstandard.at/2108912 [Stand: 2011-08-25]. 329 Ebenda. 330 Ebenda. 331 Markus Leyacher: Teuflischer Harry Potter? Leserbrief zu: Oliver Meiler: Papst Versus Potter: Harry Potter, der „subtile“ Verführer. In: Die Presse (Wien) vom 19.07.2005. http://diepresse.com/home/diverse/archiv/154778/Sieger-schauen-anders-aus-Teuflischer-Harry-Potter?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25]. 332 Vgl. Vatikan mag Harry P. doch. In: Der Standard (Wien) vom 19.7.2005. Online unter: http://derstandard.at/2117669 [Stand: 2011-08-25]. 333 Ebenda.
83
Thomas Kramar sieht keine Gegensätze zwischen den christlichen Werten und denen der HP-
Geschichte, sondern vermag Parallelen zu erkennen. In seinem Artikel334 geht er auf den
Zusammenhang zwischen HP und dem Katholizismus ein. Er sieht eine Ähnlichkeit zwischen
der Zauberkraft von HP und der „Kette der Handauflegung“ der Apostel. Es scheint, dass der
Autor selbst nicht überzeugt ist, ob der Papst wirklich das Buch als gefährlich einstuft.
Erstens ist die Liste der Verbotenen Bücher vom Vatikan seit 1966 abgeschafft worden.
Zweitens drückt Ratzinger seine Einstellung nicht öffentlich, sondern im Briefverkehr mit
Gabrielle Kuby aus. Weiters ist der Ausdruck ‚subtile Verführung’ ein Standardwort im
katholischen Jargon, argumentiert Kramar. 335
Die Vorwürfe an Rowling und ihrem Werk sind aber nicht nur Kuby zuzuweisen, sondern
werden auch von anderen kirchlichen Vertretern zum Ausdruck gebracht. Nach der
Veröffentlichung des siebten Bandes meldet sich der Exorzismus-Koordinator der
katholischen Kirche der Erzdiözese Mexiko-Stadt, der Priester Pedro Mendoza, zum
Abschluss einer Exorzismus-Konferenz zu Wort:„Wenn man alle diese Ideen in den Kopf von
Kindern steckt, dass man ein Zauberer werden kann, das Kind glaubt das und das öffnet dem
Teufel einen Weg, über den er eintreten kann.336
Die Presse berichtet auch von den Demonstrationen in den USA. Nirgends lehnten sich die
Menschen so heftig gegen die Bücher von Joanne K. Rowling auf wie in den USA und
nirgends war Harry Potter erfolgreicher.337 Selbst George Bush, der ehemalige US-Präsident,
„soll Rowling der Anstiftung zur Hexerei verdächtigt haben.“ Diese Information übernahm
die Presse von der britischen Zeitung Guardian.338
334 Thomas Kramar: Wie katholisch ist Harry Potter? In: Die Presse (Wien) vom 11.07.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/meinung/feuilleton/kramarmetware/316459/Wie-katholisch-ist-Harry-Potter [Stand: 2011-08-25]. 335 Vgl. ebenda. 336 Meins, meins, meins! In: Der Standard (Wien) vom 21.07.2007. Online unter: http://derstandard.at/2967623 [Stand: 2011-08-25].
337 Vgl. George W. Bush hielt Rowling für Hexerei-Anstifterin. In: Die Presse vom 01.10.2009. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/512234/George-W-Bush-hielt-Rowling-fuer-HexereiAnstifterin [Stand: 2011-08-25]. 338 Vgl. ebenda.
84
4.4.5 Die Frage der Kanonisierung der Potter-Romane
4.4.5.1 Rowling zwischen großen Namen der Literatur
Im Artikel Astrid Lindgren: „Auch die Odyssee liest man noch“ von Anne-Catherine
Simon339 wird J. K. Rowling mit Lindgren in Zusammenhang gebracht. Lindgren begründete
die moderne Kinderbuchliteratur. Sie schuf ein neues Kindheitsbild, in welchem das Kind in
den Mittelpunkt gestellt wurde. Simon geht auf einen Vergleich zwischen den beiden
Schriftstellerinnen ein. Auch Lindgren verdankte ihren Weltruhm zum Teil der multimedialen
Verwertung, wie die Hörspiele in den Fünfzigern. Die beiden Berühmtheiten unterscheiden
sich in der Art, wie sie mit ihren Figuren umgehen. Lindgren ist eine „Meisterin der
Ökonomie“, während Rowling im Detail versinkt, indem sie eine „gigantische Häufung an
Figuren, Seiten, Bänden“ liefert. 340
Richard Reichensperger bezeichnet in seinem Artikel HP und die Suche nach der verlorenen
Zeit HP als Serie von Kult-Büchern. Er vergleicht die Spannung, mit der die Leser auf den
nächste Band warten, mit anderen literarischen Ereignissen wie der Herman-Hesse-Welle
oder der Galsworthys Forsyte Saga.341
Die Literaturwissenschaftlerin Heidi Lexe von der Universität Wien vergleicht HP und die
Kinderbuchheldin Pippi Langstrumpf. Der Unterschied besteht darin, dass HP unter den
erwachsenen Lesern sehr beliebt ist, berichtet Der Standard im November 2007.342
Die HP-Romane – gebaut nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ – wirken auf Outsider
„ähnlich redundant wie Karl May“, heißt es in Der Presse im März 2007.343
Diese Aussage wird im Artikel von Ernst Seibert genauer erläutert. Es handelt sich um die
Fülle von Einzelheiten, die sich fortlaufend verknüpfen und die Geschichte weiterbringen. Es
339 Anne-Catherine Simon: Astrid Lindgren: „Auch die Odyssee liest man noch“. In: Die Presse (Wien) vom 13.11.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/343020/Astrid-Lindgren_Auch-die-Odyssee-liest-man-noch [Stand: 2011-08-25]. 340 Vgl. ebenda. 341 Vgl. Reichensperger, HP und die Suche nach der verlorenen Zeit. 342 Viele lieben Harry Potter. 343 Avada Kadavra!
85
geht um mehrere Bände; alles spielt sich in einer nicht realen Welt ab. Seibert bezeichnet HP
als die neue Maßeinheit für die Kinderliteratur.344
Vergleicht man von den verkauften Exemplaren ausgehend Rowling mit Klassikern wie
Goethe oder Thomas Mann ist es offensichtlich, dass Rowling viel erfolgreicher war. Simon
berichtet, dass auch Goethes Leiden des jungen Werther in seiner Zeit „eine kollektive
Werthermanie und – hysterie auslöste.“ 345 Jedoch wurden zu Goethes Lebzeiten nicht mehr
als 250.000 Exemplare verkauft.346 Bei Thomas Manns Die Buddenbrooks wurde die
Millionen-Grenze erst 28 Jahre nach dem Erscheinen des Buches überschritten, obwohl
Thomas Manns Werk als einer der Bestseller des vorigen Jahrhunderts gilt. Selbst wenn man
den Zeitfaktor ausblendet und den Vergleich mit heutigen Autoren und Gattungen wagt, ist
Rowling unerreichbar. Stephan King hat seine über 25 Romane und 100 Kurzgeschichten in
den letzten Jahrzehnten rund 300 Millionen Mal verkauft. Die Bücher Rowlings wurden seit
1997 in größerem Ausmaß verkauft. 347
Der gewagteste Vergleich ist jener mit dem Verkauf der Bibel. Jedes Jahr werden rund
10 Mio. Exemplare verkauft, jedoch zählt die Bibel zu den Dauerbrennern. Simon meint, dass
die Bibel auch in dieser Zahl verkauft werden wird, wenn HP nur noch in Bibliotheken
schlummern wird. 348
Der Erfolg von Rowling wird auch von Claus Philipp im Standard an dem von Goethes
Leiden des jungen Werther gemessen. 349
Ruth Klüger zieht in ihrem Artikel Vergleiche mit T.S. Eliots Waste Land. Und zwar deshalb,
weil in beiden Werken die alten Kulturen mit einer modernen Welt verschmelzen. Weiters
344 Vgl. Seibert, Wie viele Nöstlinger hat 1 HP? 345 Anne-Catherine Simon: „Harry Potter“: Zauberlehrling schlägt Goethe. In: Die Presse (Wien) vom 01.10.2005. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/146317/Harry-Potter_Zauberlehrling-schlaegt-Goethe?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25]. 346 Natürlich müssen bei diesen Zahlen auch die Kaufkraft der Leser, die höhere Zahl der Analphabeten und die Leser pro Exemplar mitbedacht werden. 347 Vgl. ebenda. 348 Vgl. ebenda. 349 Vgl. Philipp, Phänomen Potter.
86
vergleicht sie Rowling u.a. mit Marcel Proust. Die Rezensentin meint, dass es sich um eine
ähnliche Spannung von Band zu Band handelt.350
Claus Philipp wiegt Rowling und Alexandre Dumas gegeneinander ab. Als Gemeinsamkeiten
sieht er die „Spannungsschübe“ und den „wuchernden Detailreichtum“.351
Im Artikel Moderne Kreuzzüge352 wird mitunter eine Parallele zwischen der HP-Geschichte
und den mittelalterlichen Heldengeschichte gezogen: „Das vorherbestimmte Kind, das eine
Mission allmählich durchschaut und sich ihr stellt, hat in den Artus-Legenden eine frühe Form
bekommen.“ 353
4.4.5.2 Vorbehalte über die Kanonisierung.
• Literarische Qualität vs. Verkaufsquoten: Um zu beurteilen, ob HP in den Kanon
aufgenommen werden soll, müsste man vor allem eines von vornherein ausschließen:
Der Zulauf der Masse ist kein Kriterium für das literarische Werk. Man sollte
vordergründig das literarische Können der Autoren wahrnehmen. Seibert stellt in
seinem Artikel von 19.10.2007 in Der Presse fest, dass die Art wie HP behandelt
wurde, neu war. Es ging nicht viel um die literarische Qualität, sondern um die
mediale Quantität, schreibt er. Er meint, würde man alle Berichte – sei es auf englisch
oder auf deutsch – über die Neuerscheinung des siebten Bandes lesen, so werde eines
klar: „Es gibt keinen literarischen Interpretationen, es gibt nur statistische
Tatsachen.“354
• Der Druck der Medien auf das literarische Denken: Seibert äußert sich zu weiteren
Bände von HP kritisch. Er ist der Überzeugung, dass diese Meinung viele Kritiker mit
ihm teilen, jedoch nicht offen ausdrücken, weil der mediale Ruhm viel stärker ist.
Betrachtet man das Verhältnis der Kritiker zum HP, so wird eines von Seibert
hervorgehoben: Harry Potter ist mehr als ein Kinderbuch, er ist ein Star und ein Star
350 Reichensperger, HP und die Suche nach der verlorenen Zeit. 351 Philipp, Erhöhung aus dem Geiste des Feuilletonromans. 352 Moderne Kreuzzüge. In: Der Standard (Wien) vom 28.04.2006. Online unter: http://derstandard.at/2255924 [Stand: 2011-08-25]. 353 Vgl. ebenda. 354 Seibert, Wie viele Nöstlinger hat 1HP?
87
steht über der Kritik. Wer einen Star kritisiert, macht sich lächerlich und verstärkt im
Gegenteil seinen Glanz. 355
• Zeitfaktor: „Wir haben jetzt eine Kindergeneration von Potter-Experten, aber das wird
sich nach drei, vier Jahrgängen verlieren“, wird Ewers von Simon zitiert356.
Ruth Klüger stellt im Artikel Der letzte Potter die Frage: „War er nur ein Modeartikel, den
wir allerdings jahrelang sehr genossen haben, oder hat er das Zeug zu einem wirklichen
Klassiker?“ 357 Sie stellt fest, dass einer der Anziehungspunkte des Werkes das lange Warten
und das damit verbundene Rätseln ist. Sie meint, wer nun – nachdem auch das Ende feststeht
–die Geschichte neu lesen möchte, müsste von vorne anfangen, was dem Leser sehr viel Zeit
kosten würde und erschreckend auf ihn wirke. Die Kritikerin gibt auf die Frage, ob HP ein
Klassiker ist eine ausweichende Antwort: „Harry Potter ist wohl ein erstaunliches Werk, aber
ob es ein Klassiker ist, das wird die Zukunft beantworten können.“358
4.4.6 Reaktionen in Österreich
4.4.6.1 Verkaufszahlen und –Szenen
Dass für Die Presse HP immer ein relevantes Thema für einen Artikel – ob kurz oder lang –
ist, beweisen Meldungen wie jene vom 02.02.2007 (Harry Potter: Siebter Band kommt am
21. Juli) In diesem Artikel wird über formelle Aspekte, wie die drei Versionen der
Titelübersetzungen vom Band sieben berichtet.359
Die Verkaufszenen in österreichischen Buchläden werden für den Band 6 und Band 7
detailliert geschildert.
In einem anderen Artikel berichtet Die Presse360 über den Verkauf des letzten Bandes des HP-
Serie. Millionen von HP-Fans warteten vor den Bücherläden auf das ersehnte Buch; unter
größten Sicherheitsmaßnahmen wurde die englische Ausgabe von HP 7 rund um den Globus
355 Vgl. ebenda. 356 Simon, Astrid Lindgren. 357 Klüger, Der letzte Potter. 358 Ebenda. 359 Diese sind: „Harry Potter und die Todesheiligen“, „Harry Potter und die geweichten Räume des Todes“ und „Harry Potter und die todbringenden Heiligen“. Vgl. Harry Potter: Siebter Band kommt am 21 Juli. 360 Vgl. Potter-Mania.
88
ausgeliefert. Das Epizentrum der ‚Potter-Mania’ war London. Das Buch kam gleichzeitig in
90 Ländern heraus. 361
Auch in Österreich war die Spannung der Leser deutlich zu spüren. Die Bücher wurden auch
hier um 1 Uhr in der Nacht zur Verfügung gestellt. Die Buchhandlungen verlängerten ihre
Verkaufzeit bis 8 Uhr früh und spornten die Freude der Leser über den letzten Band mit „HP-
Frühstücke[n]“ und „Morgen Partys“ an, gleichzeitig lieferten A&M, Amazon und Thalia
zusammen mit den Zeitungen früh morgens auch den letzten Band auf deutsch in den
Häusern, berichtet Simon.362
4.4.6.2 Das Echo von HP im österreichischen Fernsehen
Am 17. Juli 2007 war das Thema Harry Potter das Zentrum einer Diskussion in der TV-
Sendung Kreuz & Quer mit theologischem Schwerpunkt. Eingeladen waren nicht nur
Gabrielle Kuby, sondern auch berühmte Wissenschaftler der Literatur, Philosophie und
Neurobiologie – unter anderen der Grazer Philosophieprofessor Peter Strasser. Er geriet in ein
Wortgefecht mit Kuby. Der Standard berichtet von dieser Debatte im ORF. Kuby war die
einzige Vertreterin eines dogmatischen Standpunktes, was eine sachliche Diskussion des
Phänomens HP in dieser Runde erschwert hat. Die anderen Teilnehmer sahen in der Meinung
Kubys Tendenzen, die in verschärfter Form zur Wiedererstehen eines Buchverbotes und der
Inquisition führen könnten. Der Standard betrachtet die Wortmeldungen von Kuby als selbst
für den Katholizismus als belastend. Ihre sehr einseitigen, radikalen Einstellungen täten der
Kirche selbst unrecht.363
Anlässlich der Fernsehdiskussion von 17 Juli 2007 in Kreuz und Quer positioniert sich auch
Seibert: „Und wieder einmal wurde erkennbar, dass, wer immer sich deutend und womöglich
pro oder kontra Stellung nehmend mit HP einlässt, zum Scheitern verurteilt ist.“ 364
361 Vgl. ebenda. 362 Vgl. Simon, Zauberlehrling schlägt Goethe. 363 Vgl. Der Satan bei Potter. 364 Seibert, Wie viele Nöstlinger hat ein HP?
89
Weiters glaubt er, dass Angesichts der Verkaufszahlen solche Diskussionen den Leser nur
wenig beeinflussen. Zum Beispiel wurde in den Hauptabendnachrichten am 21. Juli über das
Erscheinen von Band sieben an zweiter Stelle der Meldungen berichtet.365
4.4.6. 3 Die Reaktion kirchlicher Kreise in Österreich
Der Pfarrer Gerhard Maria W. (Pfarrer in Windischgarsten) wurde zum Linzer Weihbischof
ernannt; auf das Amt musste er wegen des Protests von Gläubigen verzichten. Anlass für
diese Reaktion war die Behauptung des eben erwähnten Pfarrers, Satanismus in Werk von HP
zu erkennen. Der Presse-Autor Scheidel missbilligt diese Aussage, indem er sich gar nicht auf
eine Argumentation einlässt, sondern die Figur des Pfarrers lächerlich erscheinen lässt.366
Schon in dem Artikel Chronologie: Die Krisenwochen der Weltkirche wurde über Einstellung
des Pfarrers bezüglich HP berichtet, aber ohne darauf Stellung zu nehmen.367
4.4.6.4 Reaktionen über HP in wissenschaftlichen Kreisen
In Wien wurden HP-Symposien organisiert.368
365 Wie viele Nöstlinger hat 1 HP? 366 Hans Werner Scheidl: Pizzicato Satanisch. In: Die Presse (Wien) vom 02.02.2011. Online unter: http://diepresse.com/home/meinung/pizzicato/630679/Pizzicato-Satanisch?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25]. 367 Chronologie: Die Krisenwochen der Weltkirche. In: Die Presse (Wien) vom 15.02.2009. Online unter: http://diepresse.com/home/panorama/religion/452859/Chronologie_Die-Krisenwochen-der-Weltkirche?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25]. 368 Vgl. dazu: Seibert, Wie viele Nöstlinger hat 1 HP?
90
5 Schlussfolgerung
Es kann anhand der inhaltlichen Analyse folgende Tabelle369 erstellt werden:
Analysekatagorie Die Presse Der Standard
Biographische Details 35, 46
HP-Romane aus Sicht der Autorin 35
Die Wahrnehmung der Autorin 1 35
Beziehung Autorin/Leser 35
Wirkung auf andere Autoren 9
HP als Brücke für die deutschsprachige Kinderliteratur im englischsprachigen Raum
18
Der Entdecker von HP 18
Die aktuelle Wertstellung der KL (Verlagssicht) 4
Quantitative Angaben zum Leseverhalten 2 28
Qualitative Angaben zum Leseverhalten 2,7,8,15,19 26,34,39,41,43,51
Das Erfolgsrezept von HP 2,11,18,22 27,31,41
Der Diskurs über die aktuelle Entwicklung JB/KB 2,4,14,16,17,18 44,49
Werkanalyse von bestimmten Bänden 2,10,11,20, 29,32,39
Stil 2,22 36,42,45,48
Lexikalische Ebene 2 2
Figuren 5,22,25 29,39,47
Genre 2,22 27,33,41,45,48
Wertediskurs aus christlicher Sicht 6,12,13 28,30,37,40,50
Vergleich mit anderen Autoren 2,22,23,24 38,41,45,48,51
Vorbehalte über die Kanonisierung 22,24 29
Verkaufszahlen und –szenen 1,7,23
Echo im Fernsehen 30
Reaktion in kirchlichen Kreisen 3, 21
Reaktion in wissenschaftlichen Kreisen 22
369 Die Artikel sind im Literaturverzeichnis nummeriert. Die Zahlen, die sich in der Tabelle finden, geben die Nummern der Artikel an.
91
Daraus ergibt sich, dass in den Artikeln der beiden Printmedien vor allem folgende
Themenbereiche behandelt wurden:
- Qualitative Angaben zum Leseverhalten (11 Artikel)
- Vergleich mit anderen Autoren (9 Artikel)
- Wertediskurs aus christlicher Sicht (8 Artikel)
- Diskurs über die aktuelle Entwicklung der Jugendbuch- und Kinderbuchliteratur
(8 Artikel)
Aus dieser Auflistung und der Tabelle geht hervor, dass im Mittelpunkt der Artikel das
Phänomen Harry Potter und der Einfluss von Werk und Film auf die Gesellschaft stehen und
dem Werk und der Autorin weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Es konnte ausgemacht werden, dass die Kritiker Harry Potter gegenüber nicht extrem negativ
gesinnt sind. Allerdings konnte manchmal ein ironischer Unterton vorgefunden werden, der
sich jedoch nicht auf die Autorin und das Werk selbst, sondern auf soziologische Phänomene
bezieht. Obwohl in den Zeitungen die Heptalogie mit kanonisierten Werken verglichen wird,
werden Rowlings Romane eher der ‚Trivialliteratur’ zugeordnet.
In der Kirchendebatte nehmen die beiden Medien eine klare Stellung ein, indem sie nicht den
kirchlichen Doktrinen Recht geben, sondern sich auf die freie Meinungsäußerung stützen.
Diese Haltung entspricht auch dem Profil der beiden Zeitungen.
Weiters demonstrierte die Analyse, dass die Erklärungsansätze der beiden Printmedien für
den Erfolg von Harry Potter mit den Erklärungsansätzen der wissenschaftlichen Forschung
übereinstimmen.
Zudem konnte festgestellt werden, dass manche Literaturverarbeiter ihre Position im
literarischen Feld kritisch kommentierten.
Es konnte kein bedeutender Unterschied zwischen den beiden Medien in der Berichterstattung
herausgearbeitet werden.
92
6 Literaturverzeichnis
6.1 Analysierte Artikel
1) „Potter-Mania“: Siebentes Kapitel im Harry Hype. In: Die Presse (Wien) vom 20.07.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/panorama/welt/318398/PotterMania_Siebentes-Kapitel-im-HarryHype [Stand: 2011-08-25].
2) Avada Kadavra! Conjunctivitis und Furunculus! In: Die Presse (Wien) vom 19.02.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/news/111885/Avada-Kedavra-Conjunctivitis-und-Furunculus [Stand: 2011-08-25].
3) Chronologie: Die Krisenwochen der Weltkirche. In: Die Presse (Wien) vom 15.02.2009. Online unter: http://diepresse.com/home/panorama/religion/452859/Chronologie_Die-Krisenwochen-der-Weltkirche?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25].
4) Das „Potter Syndrom“: Erwachsene lesen Kinderbücher. In: Die Presse (Wien) vom 27.08.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/325818/Das-PotterwbrSyndrom_Erwachsene-lesen-Kinderbuecher [Stand: 2011-08-25].
5) Der Junge, der Potter hätte sein können. In: Die Presse (Wien) vom 20.07.2007. http://diepresse.com/home/meinung/imsucher/318410/Der-Junge-der-Potter-haette-sein-koennen?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25].
6) George W. Bush hielt Rowling für Hexerei-Anstifterin. In: Die Presse (Wien) vom 01.10.2009. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/512234/George-W-Bush-hielt-Rowling-fuer-HexereiAnstifterin [Stand: 2011-08-25].
7) Harry Potter: Siebter Band kommt am 21 Juli. In: Die Presse (Wien) vom 02.02.2007. http://diepresse.com/home/kultur/literatur/56684/Harry-Potter_Siebter-Band-kommt-am-21-Juli?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25].
8) Harry Potter: Wen küsst der Frosch? In: Die Presse (Wien) vom 20.02.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/film/112233/Harry-Potter_Wen-kuesst-der-Frosch?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25].
9) Jugendbuch: Ein Vampir soll Harry Potter nachfolgen. In: Die Presse (Wien) vom 03.03.2008. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/367052/Jugendbuch_Ein-Vampir-soll-Harry-Potter-nachfolgen- [Stand: 2011-08-25].
10) Kramar, Thomas: Frau Rowling, lassen Sie Hermine Granger am Leben! Die Presse (Wien) vom 06.07.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/news/315528/Frau-Rowling-lassen-Sie-Hermine-Granger-am-Leben?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25].
11) Kramar, Thomas: Harry Potter: Reise ins verlorene Reich der Kindheit. In: Die Presse (Wien) vom 23.07.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/318602/Harry-Potter_Reise-ins-verlorene-Reich-der-Kindheit [Stand: 2011-08-25].
12) Kramar, Thomas: Wie katholisch ist Harry Potter? In: Die Presse (Wien) vom 11.07.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/meinung/feuilleton/kramarmetware/316459/Wie-katholisch-ist-Harry-Potter [Stand: 2011-08-25].
93
13) Leyacher, Markus: Teuflischer Harry Potter? Leserbrief zu: Oliver Meiler: Papst Versus Potter: Harry Potter, der „subtile“ Verführer. In: Die Presse (Wien) vom 19.07.2005. http://diepresse.com/home/diverse/archiv/154778/Sieger-schauen-anders-aus-Teuflischer-Harry-Potter?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25].
14) Petsch, Barbara: „Leselust, Lesefrust und: Wenn Mama „Harry Potter“ klaut. In: Die Presse (Wien) vom 25.04.2006. Online unter: http://diepresse.com/user/search.do?resetForm=1&resultsPage=0&searchText=Leselust%2C+Lesefrust+oder%3A+Wenn+Mama+%22Harry+Potter%22+klaut&suchtyp= [Stand: 2011-08-25].
15) Petsch, Barbara: Befragung von Kids, Künstler und Intelektuellen: „Harry macht ein Baby und stirbt!“ In: Die Presse (Wien) vom 19.02.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/news/111901/Harry-macht-ein-Baby-und-stirbt [Stand: 2011-08-25].
16) Petsch, Barbara: Fantasy boom: Lasst uns träumen. In: Die Presse vom 19.12.2009. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/529226/Fantasyboom_Lasst-uns-traeumen [Stand: 2011-08-25].
17) Petsch, Barbara: Harry Potter stirbt, es lebe die Fantasy! In: Die Presse (Wien) vom 07.12.2005. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/film/145943/Harry-Potter-stirbt-es-lebe-die-Fantasy?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25].
18) Petsch, Barbara: Kinderbücher: „Erziehen geht nicht mehr“. In: Die Presse (Wien) vom 06.04.2010. Online unter: http://diepresse.com/home/bildung/erziehung/556346/Kinderbuecher_Erziehen-geht-nicht-mehr [Stand: 2011-08-25].
19) Pionnio, Bernaart: ¿Wirbel um Harry¿... In: Die Presse (Wien) vom 21.05.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/meinung/fangnetz/305344/Wirbel-um-Harry [Stand: 2011-08-25].
20) Prüller, Michael: Harry Potter: Die beste Droge ist Butterbier. In: Die Presse vom 19.07.2005. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/146232/Harry-Potter_Die-staerkste-Droge-ist-Butterbier?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25].
21) Scheidl, Hans Werner: Pizzicato Satanisch. In: Die Presse (Wien) vom 02.02.2011. Online unter: http://diepresse.com/home/meinung/pizzicato/630679/Pizzicato-Satanisch?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25].
22) Seibert, Ernst: Wie viele Nöstlinger hat 1 HP? In: Die Presse (Wien) vom 19.10.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/spectrum/zeichenderzeit/338234/Wie-viele-Noestlingerhat-1-HP?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25.].
23) Simon, Anne-Catherine: „Harry Potter“: Zauberlehrling schlägt Goethe. In: Die Presse (Wien) vom 01.10.2005. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/146317/Harry-Potter_Zauberlehrling-schlaegt-Goethe?from=suche.intern.portal [Stand: 2011-08-25].
24) Simon, Anne-Catherine: Astrid Lindgren: „Auch die Odyssee liest man noch“. In: Die Presse (Wien) vom 13.11.2007. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/literatur/343020/Astrid-Lindgren_Auch-die-Odyssee-liest-man-noch [Stand: 2011-08-25].
94
25) Vogel, Sabine B.: KHM: Einhorn, Kentaur, Greif – vor Harry Potter. In: Die Presse (Wien) vom 18.02.2011. Online unter: http://diepresse.com/home/kultur/kunst/635444/KHM_Einhorn-Kentaur-Greif-vor-Harry-Potter [Stand: 2011-08-25].
26) „Harry wird erwachsen“. In: Der Standard (Wien) vom 30.3.2004. Online unter: http://derstandard.at/1338804 [Stand: 2011-08-25].
27) Charim, Isolde: Essay: Die Grenze der Zauberei. In: Der Standard (Wien) vom 20.7.2007. Online unter: http://derstandard.at/2967088 [Stand: 2011-08-25].
28) Der "Zersetzer des Christentums" Harry Potter startet mit 17 Millionen Bänden. In: Der Standard (Wien) vom 15.07.2005. Online unter: http://derstandard.at/2114461 [Stand: 2011-08-25].
29) Klüger, Ruth: Der letzte Potter. In: Der Standard (Wien) vom 24.07.2007. Online unter: http://derstandard.at/2971670 [Stand: 2011-08-25].
30) Der Satan bei Potter. In: Der Standard (Wien) vom 24.08.2007. Online unter: http://derstandard.at/2963971 [Stand: 2011-08-25].
31) Die Botschaft des Harry Potter. In: Der Standard (Wien) vom 22.08.2005. Online unter: http://derstandard.at/2134088 [Stand: 2011-08-25].
32) Es ist enthüllt. In: Der Standard (Wien) vom 11.09.2003. Online unter: http://derstandard.at/1408605 [Stand: 2011-08-25].
33) Harry Potter ab 10? - Software empfiehlt Lesealter für Kinderbücher. In: Der Standard (Wien) vom 03.06.2011. Online unter: http://derstandard.at/1304553598074/Harry-Potter-ab-10---Software-empfiehlt-Lesealter-fuer-Kinderbuecher [Stand: 2011-08-25].
34) Ich hasse Harry Potter! In: Der Standard (Wien) vom 25.10.2007. http://derstandard.at/2968492 [Stand: 2011-08-25].
35) Im Olymp der Unvergessenen. In: Der Standard (Wien) vom 15.07.2007. http://diestandard.at/2956454 [Stand: 2011-08-25].
36) Klüger, Ruth: Schlaflose Muggels. In: Der Standard (Wien) vom 07.08.2005.Online unter: http://derstandard.at/2135992 [Stand: 2011-08-25].
37) Meins, meins, meins! In: Der Standard (Wien) vom 21.07.2007. Online unter: http://derstandard.at/2967623 [Stand: 2011-08-25].
38) Moderne Kreuzzüge. In: Der Standard (Wien) vom 28.04.2006. Online unter: http://derstandard.at/2255924 [Stand: 2011-08-25].
39) Muss Harry Potter wirklich sterben?- Fans spekulieren im Internet. In: Der Standard (Wien) vom 08.06.2007. Online unter: http://derstandard.at/2899359 [Stand: 2011-08-25].
40) Päpstliche Schelte für Harry P. In: Der Standard (Wien) vom 19.7.2005. Online unter: http://derstandard.at/2108912 [Stand: 2011-08-25].
41) Phänomen Potter. In: Der Standard (Wien) vom 27.09.2005. http://derstandard.at/2188406 [Stand: 2011-08-25].
95
42) Philipp, Claus: Die 1001. Version eines bewährten Helden. In: Der Standard (Wien) vom 30.03.2004. Online unter: http://derstandard.at/1339242 [Stand: 2011-08-25].
43) Philipp, Claus: Die Potter-Piraten. In: Der Standard (Wien) vom 24.10.2007. Online unter: http://derstandard.at/2965970 [Stand: 2011-08-25].
44) Philipp, Claus: Ein ‚Schlimmer Anfang‘ verkauft sich gut. In: Der Standard (Wien) vom 29.01.2002. Online unter: http://derstandard.at/848921 [Stand: 2011-08-25].
45) Philipp, Claus: Erhöhung aus dem Geiste des Feuilletonromans. In: Der Standard (Wien) vom 30.03.2004. Online unter: http://derstandard.at/1338200 [Stand: 2011-08-25].
46) Philipp, Claus: Joanne K. Rowling. Unübliche Bürden des größten Erfolgs. In: Der Standard (Wien) vom 30. März 2004. Online unter: http://derstandard.at/1337219 [Stand: 2011-08-25].
47) Philipp, Claus: Kopf des Tages: Ein klassischer Held unserer Zeit. In: Der Standard (Wien) vom 20.7.2007. Online unter: http://derstandard.at/2967409 [Stand: 2011-08-25].
48) Reichensperger, Richard: HP und die Suche nach der verlorenen Zeit. In: Der Standard (Wien) vom 30.03.2004. Online unter: http://derstandard.at/1364932 [Stand: 2011-08-25].
49) Umdenken und Weise werden. In: Der Standard (Wien) vom 18.02.2003. Online unter: http://derstandard.at/1215362 [Stand: 2011-08-25].
50) Vatikan mag Harry P. doch. In: Der Standard (Wien) vom 19.7.2005. Online unter: http://derstandard.at/2117669 [Stand: 2011-08-25].
51) Viele lieben Harry Potter. In: Der Standard (Wien) vom 02.11.2007. Online unter: http://derstandard.at/3084150/Viele-lieben-Harry-Potter [Stand: 2011-08-25].
6.2 Weitere Literatur
Alfes, Henrike: Literatur und Gefühl. Emotionale Aspekte literarischen Schreibens und Lesens.
Opladen:Westdeutscher Verlag 1995. (= Konzeption empirische Literaturwissenschaft. 19.)
Baasner, Rainer: Methoden und Modelle der Literaturwissenschaft. Eine Einführung. Unter Mitarbeit
von Maria Zens. Berlin: Schmidt 1996.
Bak, Sandra: Harry Potter. Auf den Spuren eines zauberhaften Bestsellers. Peter Wien [u.a.]: Lang
2004. (= Europäische Hochschulschriften: Deutsche Sprache und Literatur. 1889.)
Barsch, Armin; Rusch, Gebhard; Viehoff, Reinhold: Einleitung zu: Empirische Literaturwissenschaft
in der Diskussion, S. 9-20.
Bauler, Kim: Harry Potter auf Deutsch und Französisch - Ein Übersetzungsvergleich. München: GRIN
2008.
Becker, Sabina: Literatur- und Kulturwissenschaft. Ihre Methoden und Theorien. Hamburg: Rowohlt
2007. (= rororo. 55686.)
96
Bennett, Bo: Year to Success. Sudbury: Archieboy Holdings 2010.
Berelson, Bernard: Content Analysis in communication research. New York: Free Press 1952.
Bloom, Harald: Can 35 Million Book Buyers Be Wrong? In: Wall Street Journal am 07.11.2000.
Online unter: http://web.ics.purdue.edu/~rebeccal/comp/108f10/Assignments/BloomArticle.pdf
[Stand: 2011-08-28].
Bürvenich, Paul: Der Zauber des Harry Potter. Analyse eines literarischen Welterfolgs. Frankfurt am
Main: Peter Lang 2001.
Der Diskurs des radikalen Konstruktivismus. Hrsg. von Siegfried J. Schmidt. Frankfurt am Main:
Suhrkamp 1992. (= Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft. 950.)
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Online unter: http://www.berliner-kurier.de/news/panorama/der-letzte-beweis--dass-harry-potter-
nicht-schwul-ist/-/7169224/9555290/-/ [Stand: 2011-08-28].
Diekmann, Andreas: Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen. 7.,
durchges. Aufl. Hamburg: Rowohlt 2001. (= rororo. 55551.)
Ein Erfolg, der Vielfalt schafft. In: Der Standard (Wien) vom 29.9.2005. Online unter
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Essay von Ralf Konersmann. 7. Aufl. Frankfurt am Main: Fischer 2000. (= Fischer Wissenschaft.
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Foucault, Michel: Was ist ein Autor? In: Botschaften der Macht. Der Foucault-Reader. Diskurs und
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Frey, Andrea; Wagner, Friederike: Alles fauler Zauber? Theorien und Hintergründe zum Harry Potter-
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Frieling, Wilhelm Ruprecht: Harry Potter total (Band I – VII) in drei magischen Minuten. Online
unter:
http://www.literaturzeitschrift.de/rezension/lesen.php5?search_subcategories=yes&page=detail&id=2
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Früh, Werner: Inhaltsanalyse. 6. überarb. Aufl. Konstanz: UVK 2007 (= UTB. 2501.)
Garbe, Christine; Philipp, Maik: Erfolg eines Serientäters. Das Phänomen Harry Potter im Überblick.
In: Harry Potter - ein Literatur- und Medienereignis, S. 7-26.
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Grimm, Gunter: Einführung in die Rezeptionsforschung. In: Literatur und Leser. Theorien und
Modelle zur Rezeption literarischer Werke. Hrsg. von Gunter Grimm. Stuttgart: Reclam 1975, S. 11-
84.
Groeben, Norbert: Der Paradigma-Anspruch der Empirischen Literaturwissenschaft. In: Empirische
Literaturwissenschaft in der Diskussion, S. 21-38.
Groeben, Norbert: Die Veränderung/en des Wissenschaftskonzepts bei S.J. Schmidt. Online unter:
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Groeben, Norbert: Forschungsfragen und Untersuchungsplan. In: Rezeption und Interpretation. Ein
interdisziplinärer Versuch am Beispiel der "Hasenkatastrophe" von Robert Musil. Hrsg von Norbert
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