ein beweis eines dimensionssatzes der algebraischen geometrie
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Vol. VIII, 1957 39
Ein Beweis eines Dimensionssatzes der algebraisdmn Geometrie
Von JOSEF SCHMID in Feldkirch 1)
In dieser Arbe i t soU ein einfaeher Beweis des folgenden b e k a n n t e n Satzes der algebraischen Geometr ie gegeben werden :
Der Durchschni t t einer irreduziblen algebraischen Mannig /a l t igke i t V der D i m e n s i o n r rnit einer Hyperfl i iche H besteht aus K o m p o n e n t e n derart, daft die isolierten unter ihnen alle die gleiche D i m e n s i o n r - - 1 haben.
Vorausgesetz t wird dabei , dal3 V n ieh t in H en tha l t en is t und, da wir dell Sa tz direkt fiir den inhomogenen Fa l l her le i ten wollen, dai~ der D urc hsc hn i t t n ich t leer ist. ~ b e r den K o n s t a n t e n k f r p e r ~ wird keine Vorausse tzung gemacht , er d a r f ins- besondere endl ich sein.
Wohl der bekann te s t e Beweis dieses Satzes is t eine d i rek te Anwendung des KRULL- SChen H a u p t i d e a l s a t z e s [1 ]. Wi r wollen uns bier jedoch n ich t der idea l theore t i schen Metbode bedienen, sondern den Lin ien folgen, die kennze ichnend sind vor al lem ftir die amer ikanische Schule der a lgebra ischcn Geometr ie (vgl. e twa [4] und [2] ).
1. Die i r reduzible Mannigfa l t igke i t V der Dimens ion r sei gegeben du tch eine all- geraeine Nul ls te l le ( x ) ~ (xl, x 2 . . . . . Xn). Ohne E inschr~nkung der Al lgemeinhe i t diirfen wit uns (x) no rmie r t denken, d. h. wir setzen voraus , dal~ xl , x~ . . . . . Xr alge- braisch unabhi~ngig tibet' ~ s ind und die Xr+l, xr+2 . . . . . Xn algebra isch ganz t iber dem (Po lynom-)Ring ~ ~-- f [xl, x 2 . . . . . Xr] sind. Der sogel iannte Normie rungssa tz , der uas diese Vorausse tzung e rmfg l i ch t , l~[tt sich auch im Fa l l eines endl ichen Kon- Stantenk6rpers nach NAGATA und LANG sehr einfach beweisen2). Die Hyperfl~tche H
1 I)' . ) le vorliegende Arbeit war das Thema eines Referates, gehalten beim IV. 0sterreiehiseben MathematikerkongreI3 in Wien vom 17. bis 22. September 1956. Sic wurde anl~tl]lich eines von der lnternzttional Cooperation Administration, Washington, in Verbindung mit der National ACademy o/Sciences, USA, erm5gliehten Stlidienaufenthaltes an der Princeton Uni~emity, Prin- ceton, N.J. , USA, verfaBt. Fiir dieses mir fi'tr zwei Jahre gewhhrte grol]ziigige Stipendium m6chte ieh auch hier allen betreffenden Stellen meinen verbindliehsten Dank aussprechen.
~) Siehe [3]. Nach einer Bemerkung von S. LANG l~flt sich die Normalisierung im Anschlul] an den Satz 2 aus w 2 der Arbeit von NAGATA folgendermaSen beweisen: Die Bezeichnungen seien Wie in jenem Satz 2, ausgenommen, dab jetzt x I, x 2 . . . . . xn nicht mehr a]gebraisch unabhangig sirld (ira anderen Fall w~re nichts mehr zu zeigen) und das Element y aus ~ Ix 1 . . . . . xn] soll jetzt eine nicht triviale Beziehung zwischen den x 1 . . . . . xn fiber I darstellen, d. h., y = O. Man schliel]t nua genau so wie beim Beweis jenes Satzes und kommt auch zum gleiehen Ergebnis, d. h., [[xl, % . . . . . xn] = f[x 1, y~ . . . . . Yn] und x 1 ist algebraiseh ganz iiber ~[Ye . . . . . yn]- Gibt es nun noch algebraisehe Bezietmngen zwischen den Y2 . . . . . Yn fiber L dann wiederbolen wir das eben angewendete Verfahren usw., bis die Normalisierung schlie~lich vollstandig durchgefiihrt ist.
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sei gegeben du tch die Nul ls te l len des P o l y n o m s / ( X ) = / ( X 1 , X 2 . . . . . Xn) aus [X] = ~ [X1, X2 . . . . . Xn] .
Der Satz is t bewiesen, wenn gezeigt ist, dab m a n zu jeder Spezia l is ierung (x) --~ (z) (fiber ~) mi t /(z) -- 0 eine Spezia l is ierung zwisehensehM~en kann , (x) --~ (y) -+ (z), dera r t , dab / ( y ) = 0 und die Dimens ion von (y) fiber ~ gleieh r - - 1 ist. U n t e r einer Spezial is ierung ( x ) - ~ (y) vers tehen wir dabe i einen H o m o m o r p h i s m u s ~[x] --~ ~ [y], der auf ~ die Iden t i t / i t i s t und x~ in gl (i = 1, 2 . . . . . n) fiberfiihr$.
2. Mig P bezeiehnen wir die Menge der Stel len yon ~(x), die yon i r reduzib len Po lynomen p yon 0 herrf ihren, d . h . die Stel len yon P s ind Erwe i t e rungen yon (kanonisehen) H o m o m o r p h i s m e n 0 - ~ o/(p)3). I s t ~ ~ ~(x), d a n n bedeu te 1~ die Un te rmenge der Stel len aus P , ffir die r162 versehwindet . Die BesehrEnkungen der Stel len aus P zum Ring ~[x] = ~[xl, x 2 . . . . . xn] sind ( r ~ 1)-dimensionale Speziali- s ierungen yon (x)4). W i r bezeiehnen diese Menge yon SpeziMisierungen mi t S und mi t S~ jene Un te rmenge yon S, ffir die ~ E ~ Ix] versehwindet .
Mit diesen Bezeiehnungen formul ieren wir nun zwei Hilfss/~tze, die uns den Beweis des Satzes l iefern werden.
I. Ist cr ~ ~ [x] yon Null verschieden und keine Einheit, dann ist S~ eine endliche, nicht leere Mange.
I I . Sind cr fl ~ ~ (x) algebraisch ganz iiber o und ist P~ c Pp, dann gibt es eine posi- tive ganze Zahl t derart, daft fit~co, algebraisch ganz iiber o ist.
W i r wollen zuni iehst zeigen, wie aus diesen be iden Aussagen der in F r a g e s tehende Satz folgt. Aus den Vorausse tzungen, die bei der Fo rmul i e rung des Satzes gemach t wurden, folgt, dab e = ] (x) ungleieh Nul l und keine E inhe i t in ~ Ix] ist. Sei nun o ~ eine Spezial is ierung (x) --~ (z) der Dimens ion s < r - - 1, d. h. d imt (z) = 8, ffir die verschwindet . Wi r wollen zeigen, dab es mindes tens eine Spezial is ierung aus Sa gibt , die zwisehengesehal te t warden kann . (S~ ist naeh Hil fssatz I n ich t leer und endlich.) Wiire dies ni~mlich n ich t der Fal l , d a n n giibe es zu jeder Spezia l is ierung ~vt aus S~ (i = l , 2 . . . . . l) ein E l emen t fit aus ~[x], ffir das ~0~(fll)= 0 und a ( f l ~ ) * 0 w/~re. /~ = / t l / ~ e . . . fl~ wtirde daher versehwinden bei j edem q~, n ieh t aber bei (~. Die bei- den E lemen te :r und fl erffillen nun abe t gerade die Vorausse tzungen von Hil fssatz I I ,
~) Der Beweis des fundamentMen Erweiterungssatzes fiir Stellen, der die Fortsetzung eines l~lomomorphismus y~: R--> ~, wo R ein Unterring eines K6rpers ~ und ~ ein K6rper ist, zu einer Stelle von ~ garantiert, ist nach C, CnnVaLLEY sehr einfach und elegant. Vgl. dazu die Vor- lesungsnoten von L A ~ [2] S. l l ff . Unter einer Stelle (engl.: place) yon ~ verstehen wit einen ,,Punkt" im Sinne von DEDEK~ND und WEBEn, d. i. eine (eindeutige)Abbildung ~0: f---> {~, r wo ~ ein KSrper und {~, oo} die Mange ist, die aus den Elementen yon ~ und dem Element (unendlich) besteht. Dabei hat r folgenden Forderungen zu geniigen: a) Das Gesamturbild von ~ ist ein Unterring yon L b) Die Beschriinkung von ~o auf diesen l~ing ist ein Homomorphismus.
c) Aus ~0(a) = co fiir a e t~ folgt ~v ( i ) = 0. Vgl. dazu [2], S. 3, [5], S. 663 und [6], S. 28,5.
~) ~Veil ~ [x] algebraisch ganz tiber 0 ist, folgt, dal~ bei Anwendung der Stellen yon P alia Elemente aus t Ix] endlich bleiben und somit homomorph abgebildet werden. Unter einer ( r - 1)- dimensionalen SpeziMisierung von (x) verstehen wir, da[~ das Bild (y) yon (x) den Transzendenz- grad r - - 1 fiber ~ hat.
Vol. VIII, 1957 Beweis eines Dimensionssatzes 41
Daher is t flt/~ a lgeb ra i sch ganz f iber 0, w e n n t g e e i g n e t g e w ~ h l t ist . Dieses E l e m e n t
muir dahe r end l i ch b l e iben bei j ede r S te l l e ~0 y o n ~ (x), bei de r 0 end l i ch b le ib t . Ins - besondere g i l t das ffir j e d e S te l l e ~p, die e ine E r w e i t e r u n g y o n a ist . A u s a(cr = 0
folgt dahe r a u c h a ( f l ) = 0 i m W i d e r s p r u e h zu r W a h l y o n ft. D a m i t i s t de r S a t z bewiesen soba ld die b e i d e n t t i l f s s~ tze als r i ch t i g e r k a n n t s ind.
3. B e w e i s y o n I .
(1) u S + a l ~ , - l _ ~ . . . + a s = 0 , a t e ~ ( i = 1 , 2 , . . . , s )
sei die (irreduzible) Gleichung niedrigsten Grades (mit hfchstem Koeffizienten 1) fiber o, der genfigt. Die Menge der Polynome aus ~ [X], die ffir X = ~ verschwinden, ist ein Hauptideal !a(X)), we a(X) das irreduzible Polynom X s + a l X s - 1 + . . . + as darstellt. Sei nun p ein lrreduzibler, nicht konstanter Teiler yon as (den es gibt, da u keine Einheit ist). Der kanonische H~ I)--> o/(p) kann nun fortgesetzt werden auf o [a] derart, da~ u dabei in die Null fibergeht. Diesen Homomorphismus kann man schlie~lich zu einer Spezialisierung (x) --> (y) fd~r verlangten Art erweiternf). DaB es nicht mehr als endlich viele~oleher Spezialisierungen gibt,
gt daraus, dal] as nur endlich viele unzerlegbare Teller p hat und, dal] jeder Homomorplfisnms o ~ o/(p) nut auf endlich viele Arten auf ~ Ix] = 0 [xr+l, Xr+2 . . . . . xn] fortgesetzt werden kann.
B e w e i s y o n I I .
Wie oben bedeute (1) die irreduzible Gleichung fiber o m i t h6chstem I(oeffizienten 1 ffir ~ ~(x). fl ~ ~(x) genfige der irreduziblen Gleichung
(2) fit + bl f i t - l _~ . . . + bt = O , b~ e o (i = 1 , 2 . . . . . t) .
Wir setzen nun Pa c P~ voraus.
F I)ureh Multiplikation yon (1) mit as*- l /a s sieht man, daft asia algebraisch ganz fiber Dist. erner, da fl verschwindet fiir jede SteUe aus P, ffir die u Null wird, mu6 as ein ]?eiler von bt m
eia, we m eine geeignete positive ganze Zahl is~. Ist n~mlich ~o E Pc,, dann ist ~o(as) = 0. Daher rnmt ~ yon einem bestimmten unzerlegbaren Teller p yon as. Da aber gleichzeitig ~0(~) = 0
gilt, muff auch q~(bt) = 0 sein und daraus folgt, dab p ein Teller yon bt ist. VCeiter wissen wit, dai] es zu jedem Primteiler p yon as eine Stelle ~ aus Pa gibt, womi t die Bemerkung bewiesen ist. Schliefllieh wollen wir noch zeigen, dal] ffir genfigend grol]es ganzes ] das Element fli/bt aus [(0r endlieh bleibt ffir alle Stellen aus P~. Es geniigt, an Stelle von bt einen Primteiler p yon bt zu betraehten. Ist ell aus Pfl derart, dal] 991 (fl/p) = ~ gilt, dann wenden wir ~01 an auf die dutch fl dividierte Gleichung (2). Man sieht, dal] p ein Teiler von bt-1 sein muB. Gibt es nun ein ~% ;.us p~ derart, dab fl*/p unendlich wird bei q~e, dann wenden wir ~o~ an auf die dureh fl~ divi- erte Gleichung (2). Es folgt, dal~ p ein Teller yon bt-~ ist. Diese SchluBweise kann h6chstens
~ l ) - m a l angewendet werden. Es muff also flt/p endlieh bleiben ffir alle Stellen aus P~, womit ~e k~ehauptung bewiesen ist.
l~etrachten wir nun das Element fi]m/a = (as~a) �9 (btm/as) �9 (fli/bt)m. Aus den eben gemachten drei Bemerkungen folgt, da~ dieses Element endlich bleibt bei allen Stellen von P~, also um so mel~r bei jenen yon P~. Dann aber schlieBt man sofort, da ] flJm[a endlieh bleiben mu~ bei allen ~tellen yon p .
t~s b le ib t uns noeh , i n d e m wi r 7 fiir fli'n/a se tzen , die fo lgende Aussage zu b e w e i s e n :
Bleibt 7 e ~ (x) endl ich bei a l len S te l len yon P , d a n n is t 7 a lgebraisch g a n z iiber ~.
Beweis . (~)
CoyS ~ - c ~ y ~ - l - ~ . . . - 4 - c s = O , c ~ e o ( i = O , 1 , . . . , s )
~) Wit erweitern zunaehst den Homomorphismus 0[a]--> o/(p) zu einer Stelle ~ yon f(x). ~0 ist ein Element aus P. Die Besehr~nkung von ~ auf [ [x] ist die gewiinschte Spezialisierung (vgl. Ful~note 4).
4 ~ J. SCHMID ARCH. MATH.
sei die irreduzible Gleiehung f i i r ? fiber ~. Das Polynom g(X) = c o + c 1 X + . . . + csX s ist unzerlegbar in o IX]. Jedes weitere Polynom h (X) aus o [X] dessen Koeffizienten den grSBten ge- meinsamen Teller 1 haben und das 1/y zur Nullstelle hat, ls sich darstellen in der Form:
(4) d . h(X) = g ( X ) . l ( X ) .
Die Koeffizicntcn des Polynoms l (X) aus 0[X] haben dabei ebenfalls keinen gemeinsamen, nicht trivialen Teller und d bedeutet ein Element aus o. Sei nun p ein nicht konstanter, irreduzibler Teller von c o. Der durch p erzeugtc kanonische Homomorphismus sei bezcichnet mit ~ ~> p. Dieser kann erweitert werden zu einem Homomorphismus 0 [X] -~-~ IX]. (4) geht dabei fiber in
(5) d . h (X) = g ( i ) . l ( X ) .
g(X) und l (X) sind unglcich Null und .q(X) spaltet eincn Faktor X ab. Daher muB auch ~/un- gleieh Null sein und h(X) ebenso einen Faktor X abspalten. Daraus sieht man, dab der Homo- morphismus o -~ o erweitert werden kann zu einem Homomorphismus 0 [ l /y] --> o, wo 1/~, in Null fibergeht. :Dieser Homomorphismus wird schlieBlich erweitert zu einer Stelle yon ~ (x), was ein Element yon P ergibt. Eiir dicse Stelle wfirde aber y unendlich werden, im Widerspruch zu unserer Annahme. Es kann also keinen nicht konstanten Teller yon c U geben, d. h. c 0 ist eine Einheit in 0, woraus die Behauptung folgt.
Literaturverzeiehnis
[1] W. KRULL, Primidealkctten in allgenminen Ringbereichen. S.Ber. Heidelberger Akad. Wiss. 7. Abh. (1928).
[2] S. LnNc, Introduction to algebraic geometry. Lecture notes. Univ. Chicago 1955.
[3] M. NAGATA, Some remarks on local rings. :Nagoya Math. J. 6, Oct. {1953).
[4] A, WEIL, :Foundations of algebraic geometry. Amer. Math. Soc. Colloquium Publications 29, (1946).
[5] H. WF, BER, Lehrbuch der Algebra IH. Braunsehweig 1908, 2. Auflage.
[6] B. L. van der WAERDEN, Algebra I. Berlin 1955, 4. Auflage.
Eingegangcn am 28.11. 1956