Was bringt das neue BGleiG?
Dr. Torsten von RoettekenVorsitzender Richter am VG
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Reduktion des Geltungsbereichs§ 2 S. 1 i. V. m. § Nr. 9 Privatrechtliche Unternehmen des Bundes, die in bundeseigener
Verwaltung geführt werdenDeutsche Flugsicherung GmbH, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V., Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH
Beliehene Sondervermögen
Bundeseisenbahnvermögen, Finanzmarktstabilisierungsfond, Entschädigungseinrichtung der Wertpapierunternehmen, Energie- und Klimafonds
Ausnahme: Zuweisungsempfänger (§ 4 Abs. 2)
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Zuweisungsempfänger§ 4 Abs. 2 Dienststellen, die Zuweisungen gewähren, müssen durch Nebenbestimmung oder Vertrag Anwendung der Grundsätze des BGleiG sicherstellen Es muss genau geregelt werden, welche Bestimmungen des BGleiG
entsprechend anzuwenden sind (§ 4 Abs. 2 S. 2). Soweit nichts passiert, gelten die alten Regelungen fort. Dienststellen müssen initiativ werden, um die nötige Anpassung an
die jetzt zwingenden Vorgaben des BGleiG herbeizuführen.
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Privatisierungen
Sonderregelung zur Verpflichtung privatisierter Teile auf das BGleiG ist entfallen.
Es gilt nur noch die Vorgabe des § 2 S. 2, wonach – privatisierte – Unternehmen (§ 3 Nr. 9) auf die entsprechende Anwendung des BGleiG hinwirken sollen.
Allerdings besteht Raum für eine nähere Ausgestaltung des Privatisierungsvorgangs selbst. Insoweit besteht ein Mitwirkungsrecht der GB.
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Bereiche Bereichsdefinition als solche hat sich nicht geändert Bereiche sind entsprechend der Entwurfsbegründung auf die jeweilige
Dienststelle bezogen, nicht jedoch auf ihre UntergliederungenBT-Drucks. 18/4894 S. 76 f.
Maßgebend auch nicht der gesamte Zuständigkeitsbereich einer Behörde einschließlich nachgeordneter Dienststellen
Für die Bestellung einer GB zusammengefasste Dienststellen sind für die Bereichsbildung isoliert zu betrachten
Abgrenzung der Bereiche von Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben nach wie vor gesetzlich nicht näher geklärt – ggf. Anwendung von § 13 Abs. 2 S. Erfassung jeder einzelnen Leitungsebene
Entwurfsbegründung erkennt an, dass entsprechende Aufgaben nicht nur im höheren Dienst, sondern auch allen anderen laufbahngruppen und Beschäftigungsbereichen anzutreffen sein können.
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Unterrepräsentanz§ 3 Nr. 10 Geschlechteranteil an den Beschäftigten der Dienststelle Zählung nach Köpfen, nicht nach Arbeitszeitvolumen Ein Gruppe muss mindestens um 2 Personen größer sein als die andere. Gilt für Männer und Frauen gleichermaßen. Maßgebend aktuelle Situation, die sich im Entscheidungsprozess ändern
kann; Zahlen im Gleichstellungsplan irrelevant, wenn Änderung eingetreten ist.
Auf welchen der möglichen Bereiche (i. S. d. § 3 Nr. 2) bezieht sich die angestrebte Personalentscheidung hauptsächlich?
Künftig darf nur noch die Unterrepräsentanz in diesem einen Bereich für die Anwendung der auf eine Unterrepräsentanz abstellenden Vorschriften maßgebend sein (§ 7 Abs. 1 S. 1, 3, § 8 Abs. 1 S. 1 – BT-Drucks. 18/3784 S. 81 f.).
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Bezug einer Personalentscheidung
Entwurfsbegründung: „Eine Einstellung zur Berufsausbildung wirkt sich beispielsweise
auf die Repräsentanz von Frauen und Männern in einer bestimmten Entgeltgruppe, Laufbahngruppe und einem bestimmten Berufsausbildungsgang aus. In diesem Fall ist vorrangig für die Ermittlung einer Unterrepräsentanz der Bereich des „Berufsausbildungsganges X“, da die Maßnahme „Einstellung“ sich ihrem Sinn und Zweck nach hauptsächlich auf diesen Bereich bezieht.“
Das Beispiel erklärt nichts und trägt dazu bei, die vollständige Unklarheit dieser Begriffsdefinition zu belegen. Die von der Entwurfsbegründung erwogenen alternativen Bereiche sind samt und sonders nicht einschlägig, außer man rechnet eine Beamtenausbildung bereits der jeweiligen Laufbahngruppe zu.9.4.2015
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Mangelnde Vorhersehbarkeit der auf eine Unterrepräsentanz abstellenden Regelungen
§ 3 Nr. 10 führt zur Undurchschaubarkeit aller Regelungen, die für personelle Auswahlentscheidungen und deren konkrete Vorbereitung auf die Unterrepräsentanz abstellen.
vgl. meine Stellungnahme gegenüber dem Deutschen Bundestag http://www.rehmnetz.de/__STATIC__/topics
/Gleichstellungsrecht/aktuelles-rund-um-das-gleichstellungsrecht/pdf/self/stellungnahme_novellierung_bundesgleichstellungsgesetz_17.10.2014_1415697646000.pdf
http://www.bundestag.de/blob/360942/dac83221feb6600e9a48cfb7eb45425a/18-13-43h-data.pdf
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Auswege?
Nichtanwendung von § 3 Nr. 10 letzter Halbsatz? Würde die Absicht des Gesetzgebers in sein Gegenteil
verkehren !/? Was ist das Ziel des Bezugs auf nur einen Bereich: Unterrepräsentanz nicht mehr nur auf ein Geschlecht bezogen. Arbeitsplatz kann in mehreren Bereichen liegen,
Innerhalb derer teilweise Männer, teilweise Frauen unterrepräsentiert sind
Hier soll § 3 Nr. 10 letzter Halbsatz die Maßgeblichkeit des Bereichs bestimmen, da die Einbeziehung aller Bereiche keine Anwendung des Begriffs der Unterrepräsentanz erlaubt.
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Zufallsergebnisse?
Erhebliches Risiko von Zufallsergebnissen Eindeutige Ergebnisse nur dort, wo eine Unterrepräsentanz in allen
Bereichen i. S. d. § 3 Nr. 2 besteht Reicht das, um die Anwendung der frauenfördernden Regelungen
jedenfalls dann zu rechtfertigen, weil die strukturelle Diskriminierung offensichtlich ist? Ein Bestimmungs- bzw. Auswahlrecht der Dienststelle scheidet völlig
aus, weil dann die Manipulationsgefahr offen zu Tage tritt und die Regelungen eindeutig eine nicht zu rechtfertigende Diskriminierung wegen des Geschlechts bewirken.
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Wann sind Männer strukturell diskriminiert? Die Darlegung entsprechender Tatsachen und Nachweise sollten die
GB und Personalräte der Dienststelle bzw. Personalverwaltung überlassen.
Es gibt derzeit keine validen Erkenntnisse zu derartigen Benachteiligungen.
Standpunktempfehlung: Regelungen, die eine strukturelle Diskriminierung von Männern
voraussetzen, um deren Förderung zu initiieren, bleiben mangels Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen außer Anwendung.
Regelungen dieser Art laufen derzeit aus tatsächlichen Gründen leer. Verboten bleiben sonstige konkrete Benachteiligungen wegen des
Geschlechts, soweit nicht ausnahmsweise gerechtfertigt. Das gilt wie bisher für Frauen und Männer gleichermaßen.
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Auswertung der familienfreundlichen Maßnahmen § 13 Abs. 1 S. 2 Auswertung des Umfang der Inanspruchnahme familienfreundlicher
Maßnahmen durch die Beschäftigten der Dienststelle Vergleich der beruflichen Entwicklung dieser Beschäftigten mit der
Entwicklung derjenigen Beschäftigten, die keine familienfreundlichen Maßnahmen in Anspruch genommen haben.
Aufdeckung indirekter Diskriminierungen Verpflichtender Teil der Bestandsaufnahme für den
Gleichstellungsplan Entsprechende Informationen müssen über die Personalverwaltung
und ggf. über eine ergänzende Befragung der Beschäftigten (Personalfragebogen) erhoben werden.
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Zielvorgaben
Gleichstellungsplan muss konkrete Zielvorgaben zum Abbau der Unterrepräsentanz enthalten - § 13 Abs. 2 S. 2
Allgemeine Regelung, man wolle den Anteil des unterrepräsentierten Geschlechts anheben, genügen nicht
Konkrete Zahlenwerte sind notwendig. Vorsseztungslose Ausrichtung der Personalplanung auf eine
Geschlechterparität ist jedoch mit Art. 3 Abs. 2, 3 S. 1 GG und dem Unionsrecht unvereinbar.
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Leitungsebenen
Zielvorgaben müssen für jede einzelne Leitungsebene gesondert entwickel werden
Das geht ggf. über die Bereichsdefinition in § 3 Nr. 2 hinaus § 3 Nr. 2 lässt sich aber auch dahin auslegen, dass im Hinblick auf §
13 Abs. 2 S. 2 jede einzelne Leitungsebene als eigener Bereich zu erfassen ist.
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Stellvertreterinnen
Verpflichtung zur Bestellung weiterer Stellvertreterinnen tritt sofort in Kraft
§ 40 Abs. 3, 2. Halbs. – es finden unverzüglich Neuwahlen für die zusätzlichen Stellvertreterinnen i. S. d. § 19 Abs. 4 statt
Großen Zuständigkeits- oder komplexe Aufgabenbereichen Bundespolizei Zollverwaltung Bundesagentur für Arbeit, auch bei Anwendung von § 19 Abs. 3 Dienststellen mit mehreren tausend Beschäftigten Vielzahl und Vielfalt quer-, aber auch hierarchisch vernetzter Dienststellen BND durch § 37 nicht ausgenommen
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Zahl der Stellvertreterinnen Bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 19 Abs. 4 mindestens 2
Stellvertreterinnen, d. h. eine mehr als bisher Nach Ermessen der Dienststelle auch 3 Stellvertreterinnen
(BT-Drucks. 18/3784 S. 96) Unterliegt der Mitwirkung der GB (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 – organisatorische
Angelegenheit) Initiativrecht der GB (§ 32 Abs. 1 S. 2) Einspruchsrecht Wohl kein Klagerecht, da die Entscheidung zur Zahl der
Stellvertreterinnen nicht geeignet ist, Rechte der GB zu verletzen Mitbestimmungsrecht des Personalrats (§ 76 Abs. 2 S. 1 Nr. 10
BPersVG)9.4.2015
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Trennung von Aufgaben und Mitwirkungsrecht § 25 Abs. 1, 2 beschreibt wie § 68 Abs. 1 BPersVG – nur – die
allgemeinen Aufgaben der GB Rechte der GB ergeben sich daraus insoweit, wie es um die
Berechtigung geht, diese Aufgaben wahrzunehmen Mitwirkungsrechte sind jetzt eigenständig in § 27 geregelt
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Gleichstellungsbezug
Für die Wahrnehmung der Aufgaben und Recht der GB ist der Gleichstellungsbezug maßgebend
GB muss diesen Bezug herstellen, wenn sie sich gegen bestimmte Entscheidungsabsichten etc. wendet oder Initiativanträge stellt
Das gilt auch für die Beratung von Beschäftigten nach § 25 Abs. 2 Nr. 3, da diese Regelung lediglich § 25 Abs. 1 konkretisiert, also daran
anknüpft Schutz von Frauen mit einer Behinderung oder von einer
Behinderung bedrohten Frauen eingeschlossen (§ 25 Abs. 1 S. 2)
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Mitwirkungstatbestände abstrakt definiert Mitwirkungstatbestände in § 27 Abs. 1 sind ohne direkten Bezug zu
den Aufgaben i. S. d. § 25 Abs. 1, 2 definiert GB hat im Rahmen ihrer Mitwirkung über einen eventuellen Bezug zu
ihren Aufgaben i. S. d. § 25 zu entscheiden und dann ggf. entsprechend zu votieren Dienststelle kann insoweit keine Vorentscheidung treffen
(BT-Drucks. 18/3784 S. 104) Ausschneiden und an die Pinnwand hängen
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Votierungsfrist Frist von 10 Tagen entspricht § 69 Abs. 2 S. 3 BPersVG Das gilt auch für die Voraussetzungen der Auslösung dieser Frist Umfassende Unterrichtung zur jeweiligen Entscheidungsabsicht ist
Voraussetzung für den Fristbeginn Unzureichende Unterrichtung wird wohl innerhalb der Frist
ausdrücklich zu rügen sein, um den Fristbeginn zu blockieren Bei unzureichender Unterrichtung beginnt nach
personalvertretungsrechtlichen Grundsätzen die Frist nicht zu laufen, da überhaupt keine ordnungsgemäße Beteiligung eingeleitet wurde
Kann einvernehmlich verlängert oder verkürzt werden
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Fristverkürzung
§ 32 Abs. 2 S. 3 erlaubt ausnahmsweise einseitige Fristverkürzung durch die Dienststelle
Dienststelle kann unabhängig davon keine kürzere Frist einseitig festsetzen
Dafür bedarf es des Einvernehmens mit der GB 3-Tagesfrist für dringenden Fall wie in § 69 Abs. 2 S. 4 BPersVG zu
bestimmen - BT-Drucks. 18/3784 S. 111 fristlose Kündigungen Wahrung kurzer Ausschlussfristen Absoluter Ausnahmefall (Gesetzestext !) – wie sieht die Praxis
gegenüber Personalräten aus?9.4.2015
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Zugang der Mitteilung der Dienststelle Kann mündlich, schriftlich oder elektronisch erfolgen § 32 Abs. 2 S. 2 setzt für die Fristbeginn keine Textform voraus, da
diese sich nur auf das Votum bezieht. Muss zu einer Tageszeit geschehen, zu der noch mit einer
Kenntnisnahme durch die GB gerechnet werden darf Übliche Bürostunden der GB/Dienststelle Mitteilung muss beabsichtigte Entscheidung/Maßnahme hinreichend
genau angeben
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Votum
Textform, keine Schriftform - § 32 Abs. 2 S. 2 Fax, E-Mail, sonstige nicht unterschriebene Dokumente Begründungspflicht der Dienststelle für Festhalten an ihrer
Entscheidungsabsicht trotz gegenteiligen Votums nur, wenn Begründung mit dem Votum ausdrücklich verlangt wird
(§ 32 Abs. 3 S. 1) Votum muss daher Begründung einfordern für den Fall, dass die
Dienststelle abweichen will Für Begründung der Mitteilung verlangt § 32 Abs. 3 S. 2 Textform Begründung muss innerhalb von 15 Arbeitstagen der GB zugehen
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Einspruch
Einspruchsfrist des § 33 Abs. 2 S. 1 erfasst nur die Fälle des § 32 Abs. 3
Fraglich, ob sonst keine Einspruchsfrist gilt
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