Wissenschaftliche Forschungsarbeit 321 /76 - Synopse
CHEMIE INGENIEUR TECHNIK
Theorie der Abscheidung von Wasserstoff und Sauerstoff *
Joachim Heitbaum, Wolfgang Schmickler und Wolf Vielstich * "
Bei sonst gleichert Versuchsbedingungen ist die Geschwindigkeit einer elektrochem schen Reaktion abhangig vom gewahlten Elek- trodenmetall. Es erscheint wunschenswert, diesen mit Elektrokata- lyse bezeichneten Sffekt durch den Einflud von Metalleigenschaften zu deuten.
Tragt man den Logarithmus der Austauschstromdichte j o der Was- serstoff-Elektrode gegen die Elektronenaustrittsarbeit @ der Me- talle auf, so erhalt man das in Abb. 1 gezeigte Diagramm. Man unterscheidet zwei Gruppen von Metallen, bei denen Ig j o jeweils linear mit der E ektronenaustrittsarbeit zunimmt. Die Diff erenz yon etwa 0,4 eV zwishen beiden Geraden kann durch die unter- schiedliche Orient erungsrichtung der an der Elektrode angelager- ten Wasserdipole srklart werden [ 11.
-3
-5
-7
2
2 6
-9 .,o h
-11
- 13
4.0 4.5 50 m 1 0 IeVJ
Abb. 1. Logaritlimus der Austauschstromdichte j o der Wasserstoff- Elektrode, aufgetragen gegen die Elektronenaustrittsarbeit @ ver- schiedener Metalle.
Da die Elektronenaustrittsarbeit in die kinetischen Gleichungen nicht eingeht, kommen als Erklarung fur das in Abb. 1 gezeigte Verhalten nur Sekundaraffekte in Frage. Zum einen ist die fur die Reaktionsgeschwindigkeit bedeutsame M-H-Bindungsenergie (s. u.)
'> Vorgetragen von J.Heitbaum auf der Tagung der GDCh- Angewandte Elektrochemie", 9.jlO. Oktober 1975
*'> Dr. J . Heitbaum, Dr. W. Schmickler und Prof. Dr. W. Viel- stich, Institut fur Physikalische Chemie der Universitat Bonn, 53 Bonn, Wegelerstr. 12.
Fachgruppe in Trier.
abhangig yon der Elektronenstruktur und damit von der Elektro- nenaustrittsarbeit des Metalls. Ein zweiter Eflekt ergibt sich indirekt aus der Proportionalitat zwischen @ und dem Null- ladungspotential E, [l]. Mit groi3er werdehdem @ nimmt die Zahl der H,O+-Ionen in der au8eren Helmholtz-Ebene zu, und damit wachst auch die Austauschstromdichte an, wie es Abb. 1 zeigt.
-4 -
f i E -6 - *
-10 \ 50 70 70 80
M-H-Bindungsenergie Ikcal/moil
Abb. 2. Logarithmus der Austauschstromdichte j o der Wasserstofi- Elektrode, aufgetragen gegen die Hydrid-Bildungsenergie der sp-Metalle bzw. gegen die M-H-Adsorptionsenergie der Uber- gangsmetalle.
In der Katalyse ist bekannt, dad die Geschwindigkeit eines hetero- genen Prozesses von der Bindungsenergie des wahrend der Reak- tion adsorbierten Zwischenprodukts abhangt. Und zwar besagt das Sabatier-Prinzip [2] anschaulich, da8 die Adsorptionsenergie einerseits geniigend grog sein mud, damit der ProzeB schnell ab- la&, andererseits jedoch nicht zu grod sein darf, weil dann eine Selbstblockierung der Reaktion eintritt. Fur den Fall der Wasser- stoff-Elektrode ist somit zu erwarten, dad die Austauschstrom- dichte fur mictlere M-H-Bindungsenergien maximal wird. Dies wird von Abb. 2 bestatigt. Hier wurde lg j o gegen die Hydrid- Bildungsenergien im Falle der sp-Metalle (M-H-Adsorptionsener- gien sind hier nicht mei3bar) und gegen die Adsorptionsenergien im Falle der Obergangsmetalle aufgetragen. Dabei wurde berudcsich- tigt, dad die Hydrid-Bildungsenergie urn etwa 20 kcal hoher liegt als die entsprechende Adsorptionsenergie. Abb. 2 zeigt die Giiltig- keit des Sabatier-Prinzips auch im Falle der Elektrokatalyse. Das Diagramm entspricht dem von Parsons [3] theoretisch vorher- gesagten Verlauf.
Eingegangen am 25. November 1975
[ l ] Trasatti, S.: J. Elektroanal. Chem. 33 (1971) S. 351. [2] Sabatier, P.: Ber. Dtsch. Chem. Ges. 44 (1911) S. 2001. [3] Parsons, R.: Trans. Faraday SOC. 14 (1958) S. 1053.
Schliisselworte: Elektrokatalyse, Austauschstromdichte, Elektronen- austrittsarbeit, Adsorptionsenergie, Sabatier-Prinzip.
Das vollstandige Manuskript dieser Arbeit urnfafit 15 Seiten rnit 6 Abbildungen und 14 Literaturzitaten. Es ist als Fotokopie oder Mikrofiche MS 321/76 erhaltlich. Bestellkarten finden Sie in diesern Heft nach der fefzfen lnnenseite.
Chern.-lng.-Tech. 48. lahrg. 1976 I Nr. 2 155
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