Symptomatische Schmerztherapiebeim Analschmerz
Dr. med. Yvonne Waxenberger, Ltd. OberärztinKlinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie
Sankt Marien-Hospital Buer GmbH, Gelsenkirchen
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Auch wenn viele Patienten nicht gerne darüber sprechen ...
Anale Beschwerden wie Juckreiz, Blutung, Brennen, Nässen, Druckgefühl, Stuhlschmieren oder Schmerzen sind nicht nur unangenehm, sie können das Leben verändern.
So soll z.B. Napoleon vor der Schlacht bei Waterloo von
Hämorrhoiden geplagt gewesen sein – vielleicht hat er deshalb
die Schlacht verloren.
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Inhalt : Was Sie erwartet
I. Erkenntnisse, die wir schon hatten, aber…
II. Der Schmerz im klassischen Sinne
a) Pathophysiologie und Chronifizierungb) Der nozizeptive / neuropathische Schmerzc) Der Patient und seine Vorlieben
III. Medikamentöse Basistherapie und begleitende Therapie
IV. Resümee
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„Chronic perianal pain: un unsolved problem“
Neill ME, Swash M
( J. Royal Soc.med. 1982; 75: 96- 101)
Anale Schmerzen
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Mythen
Schmerzen werden immer operiert
Schmerzen werden geröntgt
Röntgenbilder & neuere bildgebende Verfahren können die Ursache darstellen
Schmerzen sind nicht ernst zu nehmen
Starke Schmerzen werden immer mit Opioiden behandelt
Ziel der Schmerztherapie ist eine völlige Schmerzfreiheit
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Übrigens...
Medikamentenabusus und folglich medikamentenbedingte Schmerzen sind ein weltweites Problem.
Epidemiologische Daten legen nahe, dass 4 % der Bevölkerung einen Medikamentenabusus (Schmerzmittel und Koanalgetika) betreiben...
(Quelle: Diener & Limmroth, Lancet Neurology 2004; 3:475-483)
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Erkenntnisse, die wir schon hatten... (1) Rund 5 % aller proktologischen Patienten in der
täglichen Praxis leiden an zum Teil kolikartigen einsetzenden Schmerzen oder auch dumpfen, brennenden oder stechenden Schmerzen, für die es zunächst keine sichtbare Ursache gibt.
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Erkenntnisse, die wir schon hatten... (2) Ursächlich sollte hier eine neurologische
Erkrankung ausgeschlossen werden.
Es handelt sich um unterschiedliche Krankheitsbilder wie die Proctalgia fugax, die Kokzygodonie, die Beckenbodeninsuffizienz oder die Pudendusneuropathie, etc…
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Erkenntnisse
Schäfer et al., 1999: unzureichend behandelte Schmerzen führen zu einem verlängerten Krankenhausaufenthalt.
Coley et al., 2002: 40% der Patienten suchen nach einer Operation erneut den Hausarzt wegen Schmerzen auf.
Kehlet et al.,2003: multimodale Schmerztherapie, das „schmerzfreie Krankenhaus“.
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Probleme in Krankenhaus & Praxis
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II. Der Schmerz
Pathophysiologie• Schmerzentstehung• Chronifizierung – periphere und zentrale Sensibilisierung
Einteilung der Schmerzen• Nozizeptiver = peripherer Schmerz• Neuropathischer = zentraler Schmerz
Der Patient und seine Vorlieben
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Anatomie des EnddarmsQuelle:Diagnostik und Therapie häufiger Analerkrankungen, Brühl ( 1995)
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Der Schmerz entsteht…
Quelle:„Risiko Schmerz“Sandkühler, 2001
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Der Schmerz entsteht…
Quelle:„Risiko Schmerz“Sandkühler, 2001
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Einteilung der Schmerzen (1)
Nozizeptorschmerz
• Schmerzen nach Gewebetrauma, bei denen die peripheren und zentralen neuronalen Strukturen von Nozizeptoren und Schmerz intakt sind: periphere Sensibilisierung
- z.B. chronische Entzündungsschmerzen, viszerale Schmerzen
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Einteilung der Schmerzen (2)
Neuropathischer Schmerz
• Schmerzen, die nach Schädigung zentraler oder peripher nozizeptiver Systeme entstehen: zentrale Sensibilisierung
- z.B. Pudendusneuropathie, Proctalgia fugax
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Der chronische Schmerz
Quelle:„Risiko Schmerz“Sandkühler, 2001
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Der chronische Schmerz
Quelle:„Risiko Schmerz“Sandkühler, 2001
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Wie erkennt man den neuropathischen Schmerz ?
Schmerzanamnese ( Komorbidität SF-36, PDI,Dauer)
Schmerzqualität (spontane Dauerschmerzen): brennend, einschießend, stechend, Druck- und Engegefühl, Parästhesien
Evozierte Schmerzen: Auslösung von Schmerz durch einen äußeren Reiz (Kälte, Wärme, Berührungsreiz)
Quelle: Rasmussen et al. 2004, Bennett 2001
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Der chronische Schmerz (2)
Quelle:„Risiko Schmerz“Sandkühler, 2001
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Der chronische Schmerz (2)
Quelle:„Risiko Schmerz“Sandkühler, 2001
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Der Patient und seine Vorlieben
Die Wirkungslosigkeit des Medikaments sollte erst nach 2-4 Wochen beurteilt werden.
Einzeldosen und Applikationsintervalle müssen je nach Pharmakokinetik und Interaktionsprofil bemessen werden.
Kombinationspräparate mit Koffein, Benzodiazepine oder Muskelrelaxantien sind nicht indiziert und bergen die Gefahr von Missbrauch und Abhängigkeit.
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Trizyklische Antidepressiva*
Pharmako-therapie
Lang wirksame Anti- Opioide* epileptika*
*( in Mono- oder Kombinationstherapie)
Medikamentöse Basistherapie (1)
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Medikamentöse Basistherapie (2)
Das wirksame Medikament muss bei jedem einzelnen Patienten durch Erprobung unter Berücksichtigung des individuellen Beschwerdebildes sowie der Nebenwirkungen und Kontraindikationen gefunden werden.
Jeder Patient benötigt eine individuelle Dosierung in Abhängigkeit von Wirkung und Nebenwirkung (sorgfältige Titration).
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Medikamentöse Basistherapie (4)
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Medikamentöse Basistherapie (3)
Antidepressiva
Antikonvulsiva mit Wirkung auf neuronale Kalziumkanäle
Antikonvulsiva mit Wirkung auf neuronale Natriumkanäle( membranstabilisierend)
Lang wirksame Opioide (WHO II und III)
Topische Therapie ( Lokalanästhetika, z.B. Lidocain )
Kombination aus 2 – 3 Wirkstoffen kann sinnvoll sein!
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Resümee
Die moderne „Therapie des Schmerzes“ stützt sich auf drei Säulen:
1. Pharmakotherapie
2. Methoden der physikalischen Medizin (z.B. Wärme, Kälte, aktive Physiotherapie)
3. Psychologische und psychiatrische Therapie
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„Schmerz ist das, was der Patient als Schmerz erlebt.“
(Bonica, 1986)
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
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Divinum estsedare dolorem
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Morphin
Morphin-6 glucuronid
Morphin-3 glucuronid
ANTAGONIST
Opiat Rezeptoren
40x Potenz HYPERALGESIEALLODYNIEPARADOXER SCHMERZ
Schmerzfreiheit
Schmerz
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Medikamentenauswahl
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Der neuropathische Schmerz (1) Quelle: Freynhagen, Baron: „Kompendium Neuropathischer Schmerz“,2003
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Diagnostik (1) Quelle: Baron. „Disease mechanism in neuropathic pain“. Nature Clinical Practice Neurology, 2005
EMG- Messung: erlaubt ausschließlich die Analyse von schnell- leitenden myelinisierten motorischen und afferenten Fasern des Aα- und Aβ-Spektrums.
Aδ- und C- Fasern (z.B. Schmerzfasern) entgehen der Routinediagnostik.
Der quantitative Thermotest (quantitative sensory testing = QST) ist
zur Messung von dünnen Afferenzen einsetzbar.
„Small fiber Neuropathie“: über eine Haut- Stanzbiopsie wird morphologisch die Hautinnervationsdichte ermittelt
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Synaptische Übertragung im HinterhornQuelle: Brune, Beyer, Schäfer. Schmerz, 2001