© 2006 Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie und Gesundheitspsychologie, Humboldt-Universität zu Berlin
Selbstwirksamkeit in der Schule
Selbstwirksamkeit fördern durch Vermittlung von
Erfolgserfahrungen
Prof. Dr. Matthias JerusalemHUMBOLDT-UNIVERSITÄT ZU BERLINLEHRSTUHL FÜR PÄDAGOGISCHE PSYCHOLOGIE UND GESUNDHEITSPSYCHOLOGIE
© 2006 Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie und Gesundheitspsychologie, Humboldt-Universität zu Berlin
Überblick
Selbstwirksamkeit: Theorie und Befunde
Selbstwirksamkeitsförderung durch Erfolgserfahrungen im Unterricht:
� Lernmotivation� Überlegtes Handeln� Kooperatives Lernen� Klassen- und Unterrichtsklima
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Überblick
Selbstwirksamkeit: Theorie und Befunde
Selbstwirksamkeitsförderung durch Erfolgserfahrungen im Unterricht:
� Lernmotivation� Überlegtes Handeln� Kooperatives Lernen� Klassen- und Unterrichtsklima
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“Motivation, Gefühle und Handlungen von Menschen resultieren in stärkerem Maße daraus, woran sie glauben oder wovon sie überzeugtsind, und weniger daraus, was objektiv der Fall ist.”
Albert BanduraAlbert Bandura
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Selbstwirksamkeit
Selbstwirksamkeit kennzeichnet die subjektive
Gewissheit, neue oder schwierige Anforderungs-
situationen auf Grund eigener Kompetenz
bewältigen zu können.
Es geht nicht um Aufgaben oder Probleme, die
durch einfache Routine lösbar sind, sondern um
solche, deren Schwierigkeitsgrad die Investition
von Anstrengung und Ausdauer für die
Bewältigung erforderlich macht.
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Selbstwirksamkeit und Selbstregulation I
Selbstwirksamkeit ist ein Schlüssel zur
kompetenten Selbstregulation, indem sie ganz
allgemein Denken, Fühlen und Handeln sowie
in motivationaler Hinsicht Zielsetzung,
Anstrengung und Ausdauer beeinflusst.
Diese Einflüsse sind weitgehend unabhängig
von den tatsächlichen Fähigkeiten der Person.
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Selbstwirksamkeit und Selbstregulation II
• größere Anstrengung und Ausdauer
• höheres Anspruchsniveau
• effektiveres Arbeitszeitmanagement
• größere strategische Flexibilität bei Problemlösungen
• bessere Leistungen
• realistischere Einschätzungen der Güte der eigenen Leistung
• selbstwertförderlichere Ursachenzuschreibungen
Bei gleicher Fähigkeit zeichnen sich Kinder und Jugendliche mit höherer Selbstwirksamkeit gegen-über solchen mit niedriger Selbstwirksamkeit aus durch:
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Leistungen in Abhängigkeit vonFähigkeit und Selbstwirksamkeit
0
10
20
30
40
50
60
70
niedrige mittlere hohe
Hohe Selbstwirksamkeit
Niedrige Selbstwirksamkeit
Aufgabenlösung (Mathematik) in Prozent
Fähigkeit
Aus Bandura, 1997, S. 215; nach Collins, 1982
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aus Bandura 1997, S. 216; nach Schunk, 1984
Der Einfluss von Selbstwirksamkeitauf Anstrengung, Ausdauer und Leistung
-Selbstwirk-samkeit
Unterricht/Instruktion
Anstrengung&
Ausdauer
Leistung
.30
.11
.18
.46
.30
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Verlaufsmuster der Motivationsprozesse
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Hohe Selbstwirksamkeit / Misserfolge
Herausforderung
Bedrohung
Kontrollverlust
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Verlaufsmuster der Motivationsprozesse
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Niedrige Selbstwirksamkeit / Misserfolge
Herausforderung
Bedrohung
Kontrollverlust
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Fähigkeit als wahrgenommene Ursache von Leistungs-ergebnissen – die Bedeutung der Selbstwirksamkeit
2
2,2
2,4
2,6
2,8
3
3,2
3,4
Erfolg Misserfolg
Selbstwirksamkeit niedrigSelbstwirksamkeit hoch
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Entwicklung von schulischer Selbstwirksamkeit und Lernfreude
2,5
2,6
2,7
2,8
2,9
I II III
Stabile SW
SW-Zunahme
Lernfreude
MZP
Aus Bandura, 1997, S. 215; nach Collins, 1982
SW-Abnahme
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Klassenklima und soziale Selbstwirksamkeit
MZP1 MZP2 MZP3
SozialeSelbst-wirksam-keit
Verbesserung desKlassenklimas
Verschlechterungdes Klassenklimas
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Gemeinsame Veränderungen von Allgemeiner Selbstwirksamkeit und dem Leitsymptom des
Burnout, der Emotionalen Erschöpfung
1996 1997 1998 199819971996
Selbstwirksamkeit Emotionale Erschöpfung
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Selbstwirksamkeit in der Schule
Selbstwirksamkeit fördern durch Vermittlung von
Erfolgserfahrungen
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Überblick
Selbstwirksamkeit: Theorie und Befunde
Selbstwirksamkeitsförderung durch Erfolgserfahrungen im Unterricht:
� Lernmotivation� Überlegtes Handeln� Kooperatives Lernen� Klassen- und Unterrichtsklima
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SelbstwirksamkeitSelbstwirksamkeit
Wie entsteht Selbstwirksamkeit?
• Direkte persönliche Erfahrung (“Mastery Experience”)
• Indirekte oder stellvertretendeErfahrung (Verhaltensmodelle)
• Symbolische Erfahrung (z.B. sprachliche Überzeugung)
• Wahrnehmung und Interpretation eigener Gefühlserregung
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Drei Förderbereiche
KompetentesSozialverhalten
MotiviertesLernen
ProaktivesHandeln
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Motiviertes Lernen
Ziele
Erarbeitung von Strategien zur Förderung …
• … der Lern- und Leistungsmotivation
• … der Lernfreude und
• … erfolgreicher Lernhandlungen
durch Ermutigung und Stärkung
von Schülerinnen und Schülern
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Proaktives Handeln
Ziele
Erarbeitung von Strategien zur Förderung …
• … der Selbstverantwortung
• … der Bewältigung außerschulischer Anforderungen
• … allgemeiner Problemlösefähigkeiten
durch Vermittlung von Möglichkeiten zu proaktiver
Handlungsregulation von Schülerinnen und Schülern
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Ziele
Erarbeitung von Strategien zur Förderung …
• … der sozialen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern
• … von verantwortlichem Handeln im Einklang mit den
Bedürfnissen anderer
• … des sozialen Klimas in der Klasse
durch soziales und kooperatives Lernen in der Schule
Kompetentes Sozialverhalten
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Überblick
Selbstwirksamkeit: Theorie und Befunde
Selbstwirksamkeitsförderung durch Erfolgserfahrungen im Unterricht:
� Lernmotivation� Überlegtes Handeln� Kooperatives Lernen� Klassen- und Unterrichtsklima
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Kooperatives Lernen
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Kooperatives Lernen
Kooperatives Lernen = „Form der Organisation des Klassenzimmers, bei der Schüler in kleineren Gruppen arbeiten, um sich beim Lernen des Stoffes gegenseitig zu helfen“ (Slavin, 1989, S. 129)
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Kooperatives Lernen:Gruppenpuzzle
Lerngruppe „rot“
Lerngruppe „gelb“
Lerngruppe „blau“
Lerngruppe „grün“
Expertengru
ppe 4
Expertengru
ppe 2
Expertengru
ppe 3
Expertengru
ppe 1
1 2 3 4
1
1
1
2
2
2
3
3
3
4
4
4
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Treffen in den Expertengruppen
Expertengruppe 1
1 1
1 1
2 2
2 2
3 3
3 3
4 4
4 4
Expertengruppe 2
Expertengruppe 3 Expertengruppe 4
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Treffen in den Lerngruppen
Lerngruppe „rot“
1 2
3 4
1 2
3 4
1 2
3 4
1 2
3 4
Lerngruppe „gelb“
Lerngruppe „blau“ Lerngruppe „grün“
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Lösungen Multiple-Choice-Test zum kooperativen Lernen
1. Welche Aufgaben fallen in den Verantwortungsbereich der Lehrkraft im Rahmen kooperativer Lernformen?
a) Vorbereiten des Unterrichts (+)b) Sofortiges Eingreifen und Erklären, wenn Fragen an den Lehrer
gerichtet werden (-)c) Beobachtung der Schüler während der Gruppenarbeitsphasen (+)d) Alleinige Bewertung und Evaluation der Gruppenprozesse (-)
2. Bei der Gruppenbildung sollte darauf geachtet werden, dass …a) die Schüler miteinander befreundet sind. (-)b) die Gruppe eher heterogen zusammengesetzt ist. (+)c) die Gruppe aus maximal vier Schülern besteht. (-)d) die Schüler unbedingt über längere Zeiten (bspw. ein halbes Schuljahr) gut
zusammenarbeiten können. (-)
3. Im Gruppenpuzzle (Jigsaw I) ist die wichtigste Aufgabe der Mitglieder der Austauschgruppen dafür zu sorgen, dass…
a) in der Austauschgruppe jeder einmal zu Wort kommt. (-)b) am Ende alle anderen Mitglieder der Austauschgruppe wissen, wie die Arbeit
in der jeweiligen Expertengruppe verlaufen ist. (-)c) die anderen Mitglieder über den Inhalt des eigenen Spezialthemas ausreichend
informiert werden. (+)d) Keine Antwort ist richtig. (-)
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Lösungen Multiple-Choice-Test zum kooperativen Lernen
4. Methoden kooperativer Unterrichtsformen, in denen Gruppen über längere Zeiträume zusammenarbeiten (bspw. ein Schuljahr) …
a) haben sich nicht als förderlich erwiesen. (-)b) können nur in bestimmten Fächern (z.B. im Kunstunterricht) umgesetzt werden. (-)c) verlangen Schülern zuviel Verantwortung ab, so dass sie sich nicht bewähren. (-)d) Keine Antwort ist richtig. (+)
5. Fehlt am Ende kooperativer Unterrichtsmethoden eine gruppenbezogene Belohnung, …a) geben sich die Schüler von vornherein weniger Mühe. (-)b) spricht man nicht mehr von kooperativen Lernformen. (-)c) haben die Schüler keinen Anreiz sich anzustrengen. (-)d) kann die Zusammenarbeit in den Gruppen dennoch sehr effektiv sein. (+)
6. Methoden kooperativen Lernens im Unterricht umzusetzen, …a) ist auch relativ kurzfristig möglich. (+)b) bedarf auf jeden Fall einer langen Vorbereitungszeit. (-)c) geht nur, wenn das Klassenklima gut ist. (-)d) bedarf jahrelanger Berufserfahrung der Lehrkräfte. (-)
7. Schüler in kooperativen Lernumgebungen zeigen …a) bessere Leistungen. (+)b) mehr Durchsetzungsvermögen. (-)c) höhere Selbstwirksamkeit. (+)d) stärkere Bemühungen gegenüber Lernschwachen. (+)e) zunehmende Gruppenbildung auch in den Pausen. (-)
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Lösungen Multiple-Choice-Test zum kooperativen Lernen
8. Positive Interdependenz kann man fördern, indem man …a) die Gruppen nach Sympathie zusammensetzt. (-)b) ein klares Gruppenziel formuliert. (+)c) das Lehrmaterial gliedert und einzeln verteilt. (+)d) die Leistungen einzelner Schüler hervorhebt. (-)e) keine Strukturen vorgibt. (-)
9. Damit kooperatives Lernen effektiv ist, …a) müssen sich die Schüler gut leiden können. (-)b) muss eine positive Abhängigkeit zwischen den Gruppenmitgliedern bestehen. (+)c) darf nur das Gruppenprodukt von Bedeutung sein. (-)d) sollten keine Noten vergeben werden. (-)e) muss die Leistung des Einzelnen identifizierbar sein. (+)
10. Kooperatives Lernen …a) ist das, was den meisten unter der Bezeichnung „Gruppenarbeit“ schon lange bekannt ist. (-)b) ist immer chaotisch und unstrukturiert. (-)c) ist das Allheilmittel für alle Probleme in der Klasse. (-)d) ist ungeeignet für sehr gute Schüler, denn es schränkt sie in ihrer Leistungsfähigkeit ein. (-)e) Keine Antwort ist richtig. (+)
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Kooperatives Lernen
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Kooperatives Lernen
Was sind wesentliche Voraussetzungen?
Welche Rolle bzw. welche Aufgabe hat der Lehrer?
Welche Methoden kooperativen Lernens gibt es?
Pro und Contra „Kooperatives Lernen“?
Besonders wichtig:
• Interdependenz• Gruppenbildung• Verantwortungsübernahme
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Kooperatives Lernen –Was ist das? Was bringt es?
Kooperatives Lernen = „Form der Organisation des Klassenzimmers, bei der Schüler in kleineren Gruppen arbeiten, um sich beim Lernen des Stoffes gegenseitig zu helfen“ (Slavin, 1989, S. 129)
Wissenschaftliche Befunde – kooperatives Lernen bewirkt:Höhere LeistungenStärkeres InteresseGrößere Selbstverantwortung für das eigene LernenPositivere BeziehungenHöhere SelbstwirksamkeitStärkere KompetenzenStärkere Beteiligung von Außenseitern am UnterrichtReduktion der Bedeutung von sozialen Vergleichen als Information der Leistungsbewertung
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Kooperatives Lernen – Befürchtungen
„Free-Rider-Effekt“• Schwächere Schüler überlassen Lernarbeit den
Leistungsstärkeren („Trittbrettfahren“)„Sucker-Effekt“
• Leistungsstärkere fühlen sich ausgebeutet und reduzieren daraufhin ihre Leistungen (Bemühungen?)
„Status-Effekt“• Lernbezogene Interaktionen reduzieren sich auf
statusniedrigere Gruppenmitglieder„Ganging-Up-Effekt“
• Gruppe pendelt sich auf Lösungen ein, mit denen die geringsten Anstrengungen verbunden sind
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Kooperatives Lernen:Notwendige Voraussetzungen
Positive InterdependenzBesteht immer dann, wenn verschiedene Personen gemeinsame Ziele verfolgen und das Ergebnis jedes Einzelnen vom Handeln deranderen abhängt und mitbestimmt wird
Schafft man durch:
ZielabhängigkeitRollenabhängigkeitRessourcenabhängigkeit
Individuelle Verantwortlichkeit Summierung individueller Leistungen zu Teamscores
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Möglichkeiten, Positive Interdependenz zu schaffen:
Herstellen einer ZielabhängigkeitGruppe bekommt eine klare Aufgabe
• die gemeinsam zu erfüllen ist• durch die genau festgelegt ist, was vom Einzelnen erwartet wird• Schülern muss klar sein: Ziel wird nur erreicht, wenn alle
Gruppenmitglieder das Ziel erreichen
Etablierung einer RollenabhängigkeitJedes Gruppenmitglied bekommt eine bestimmte Rolle, die es zusätzlich zum
gemeinsamen Lernen erfülltSchreiber, Materialbeschaffer, Zeitwächter, Lautstärkewächter
RessourcenabhängigkeitJedes Gruppenmitglied bekommt nur einen Teil des benötigten Materials, der
Information, so dass die anderen es komplettieren müssen, um die Aufgabe zu erfüllen
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Individuelle Verantwortlichkeit
Gruppenergebnis setzt sich aus den individuellen Beiträgen zusammen, die identifizierbar sind
Lässt sich z.B. mittels Leistungs- und Wissensabfragen überprüfen, wobei sich die Gruppenleistung aus den Einzelleistungen zusammensetzt
Verhindert „Trittbrettfahren“
Gleiche Erfolgschancen für alle �Berücksichtigung individueller Lernfortschritte durch Vergabe von Punkten nach jeweiligem Lernzuwachs
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Kooperatives Lernen – zusätzliche Anregungen
• Teambezogene Belohnungen (z.B. Zertifikate)• Angemessene soziale Fertigkeiten• Hohes Ausmaß interaktiven Verhaltens (diskutieren,
erklären)• Heterogene Gruppenzusammensetzung (nach Leistung,
Geschlecht, Minoritätenstatus)• Geeignete Art der Aufgabe: sollte gut aufteilbar, leicht
verbalisierbar sein und alternative Lösungen zulassen• Evaluation des Lernergebnisses und der
Zusammenarbeit
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Kooperatives Lernen – Methoden
Vielfalt unterschiedlicher teambasierter MethodenGemeinsamkeiten: heterogene Zusammensetzung der Teams
Unterschiede:
A: Verfahren mit (+) oder ohne (-) aufgabenbezogene Interdependenz
B: Verfahren mit (+) oder ohne (-) teambezogene Belohnung
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Kooperatives Lernen – Methoden
Gruppenpuzzle (A+ / B-; Aronson et al., 1978)• Auswahl und Vorbereitung von Aufgabenmaterial, das
arbeitsteilig zergliedert werden kann• Bildung von heterogenen Arbeitsgruppen mit 4-6 Schülern
(Austauschgruppen), in denen jedes Mitglied einen Teil des Aufgabenmaterials erhält (Aufgabenteilung)
• Bildung von Expertengruppen aus Mitgliedern der verschiedenen Teams mit demselben Thema � Klärung von Fragen, Diskussion
• Rückkehr in die Austauschgruppen: jeder fungiert als Lehrer für sein Spezialgebiet und sorgt dafür, dass die anderen den Stoff verstehen
• Abschließende Leistungsüberprüfung zu den einzelnen Themenbereichen
• Gut geeignet für textbasiertes Lernen
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Kooperatives Lernen – Methoden
Gruppenpuzzle II (A- / B+; Slavin, 1986)
• Alle Mitglieder einer Austauschgruppe erhalten das gleiche Lernmaterial, das dann in unterschiedlichen Expertengruppen vertiefend bearbeitet wird (vertiefende, spezialisierte Fragen)
• Später kommen die Schüler wieder in den Austauschgruppen zusammen und vermitteln die Ergebnisse der Expertengruppen
• Eignet sich für Unterricht, in denen Lernstoff nur schwer in unabhängig zu lesende Einheiten aufgeteilt werden kann
• Teamabhängige Belohnung in Form der Aufsummierung der Einzelleistungen von Leistungsüberprüfungen soll individuelle Verantwortlichkeit stärken.
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Kooperatives Lernen – Methoden
Lernen in Schülergruppen (A- / B+; Slavin, 1990)
• Vierstufiger Zyklus:1. Lehrervortrag
2. Aufarbeitung des Stoffes in heterogenen Teams (Arbeitsblätter, Aufgaben, gegenseitige Überprüfung)
3. Individuelle Überprüfung der Lernleistung (ohne gegenseitige Unterstützung)
4. Teambezogene Belohnung (Team-Summenscores)
• Individualisierte Bewertung � Leistungsbewertung anhand der individuellen Veränderungen zur vorherigen Leistungsmessung = individuelle Bezugsnorm � jedes Gruppenmitglied kann mit gleichem Anteil zur Gruppenleistung beitragen
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Kooperatives Lernen – Methoden
Gemeinsam Lernen – (längerfristige kooperative Strukturen; Johnson & Johnson, 1994)
• Klasse wird in heterogene kooperative Basisgruppen mit je vier bis fünf Schülern unterteilt, die jahrelang stabile Gruppen bilden
• Jeder Schüler erhält ein eigenes Arbeitsblatt, das er mit Hilfe der Gruppe bearbeitet
• Ergebnisse des Einzelnen werden in der Gruppe diskutiert, es muss sich auf ein gemeinsames Ergebnis geeinigt werden, das alle akzeptieren
• Hauptaugenmerk liegt auf Teamentwicklung: diese wird gefördert durch Diskussionen, gemeinsame Planungen des Projektes und ständige Reflexion der Gruppe über die Art der Zusammenarbeit
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Kooperatives Lernen – Methoden
Reziprokes Tutoring (A+ / B-; Fantuzzo, King & Heller, 1992)
• Innerhalb von Schülerpaaren, die für mehrere Monate ein Team bilden, übernehmen die Lernenden bei einzelnen Aufgaben/Problemen abwechselnd die Lehrer- bzw. die Schülerrolle
• Lösungen und Lösungsschritte liegen dem lehrenden Schüler vor
• Geeignet z.B. zur Förderung der Mathematikleistung von Risikoschülern
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Kooperatives Lernen – Methoden
Forschergruppen – (längerfristige kooperative Strukturen; Sharan, 1995)
1. Formulierung von Teilthemen zu einem vom Lehrer bestimmten Thema durch die Klasse
2. Aufteilung in Gruppen, die Forschungstätigkeiten planen
3. Durchführung der Forschung
4. Vorbereitung einer Präsentation
5. Präsentation für andere Gruppen
6. Schüler und Lehrer bewerten ihre Projekte
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Kooperatives Lernen – Rolle des LehrersGruppenbildung!Vorbereitung des Arbeitsauftrags: Schriftlicher Arbeitsauftrag
reduziert Rückfragen der Schüler an den Lehrer; Schüler haben ihre Aufträge permanent vor Augen; Präziser Arbeitsauftrag und klare Arbeitsziele
Beobachter und Helfer: Lehrer sollte während der Gruppenarbeit an seinem Platz sitzen bleiben und zunächst nur zu einzelnen Gruppen gehen, wenn er gerufen wird; Häufigkeit der Lehrerintervention reduziert sich mit zunehmender Erfahrung der Schüler mit kooperativem Lernen
Nachbereitung des Unterrichts: Lernergebnisse der einzelnen Gruppen werden entsprechend den gestellten Zielen kontrolliert und neue Schwerpunkte für das Lernen abgeleitet; Leitfragen zur Reflexion: Wie kann man die Instruktion genauer formulieren? Welche Schüler sind das nächste Mal zu beobachten?
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Kooperatives Lernen Hinweise zur Gruppenbildung
• Die Gruppen sollten nach Leistung, Geschlecht und ethnischer Zugehörigkeit heterogen zusammengesetzt sein.
• Günstig erscheinen Gruppen von 3 bis 5 Schüler/innen.
• Kleine Gruppen sind günstig bei wenig kooperativer Lernerfahrung und bei wenig zur Verfügung stehender Arbeitszeit.
• Es sollten in der Regel nur solche Kinder zusammen arbeiten, die auch zusammen arbeiten möchten.
• Zumindest ein Mitglied der Gruppe sollte in der Lage sein, Lernfortschritte der Gruppe wahrzunehmen und eventuell steuernd einzugreifen
• Gruppen sollten so lange zusammen bleiben, bis sie ein Erfolgserlebnis haben
in Anlehnung an Neber (1998), Weidner (2003)
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Lernmotivation durch Kompetenzerwerb
• Maßnahmen:
- Individuell erreichbare und herausfordernde Anforderungen für alle Schüler
- Diagnose, Rückmeldung und Bewertung individueller Lernfortschritte
- Unterscheidung von Lernraum und Leistungsraum
- Förderung von Lernzielorientierungen
- Möglichkeiten selbstbestimmten Lernens
- Transparenz (Ziele, Anforderungen, Bewertungen)
• Zentrale Frage: Wie Lernzuwachs erlebbar machen?
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Lernmotivation
� Einführung
� Bezugsnormorientierung
� Transparenz
� Lern- und Leistungsraum
� Autonomie
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LernzieleBestreben: eigene Begabungen und Fähigkeiten steigern bzw. neue Fähigkeiten und Fertigkeiten hinzugewinnen
Frage: Wie kann ich am besten meine Fähigkeiten erhöhen?
Annahme: Zuwachstheorie von Fähigkeiten = Fähigkeit ist ein kontrollierbares, durch Übung und Anstrengung steigerbares Merkmal
LeistungszieleBestreben: positive Bewertung eigener Fähigkeit durch andere Person erhalten bzw. negative Beurteilung vermeiden
Frage: Wie kann ich am besten meine Fähigkeiten zeigen und meine Schwächen verbergen?
Annahme: Stabilitätstheorie von Fähigkeiten = Fähigkeit ist ein stabiles, eher unkontrollierbares Merkmal
Leistungs- und Lernziele
Forschungsbefunde -Leistungszielorientierung
� Risikogruppe 1:
Leistungsorientierte mit niedrigem Fähigkeitsselbstkonzept + Stabilitätsannahme
� Hilflosigkeit in Lern- und Leistungssituationen
- Unterschätzung der eigenen Fähigkeiten- Überschätzung der Leistung der Mitschüler- Misserfolgserwartung bzgl. zukünftiger Leistungen
Forschungsbefunde -Leistungszielorientierung
� Risikogruppe 2:
Schüler mit unrealistisch hohemSelbstkonzept
� Überschätzung der eigenen Fähigkeiten
- Mangelhafte Vorbereitung auf Leistungssituationen- Vermeidung von Herausforderung, geringe Ausdauer
bei Schwierigkeiten, häufigere negative Affekte- Sachinteresse schwer zu erreichen (Sorgen über eigene
Leistung behindern Freude und Interesse an der Sache)
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Forschungsbefunde - Lernzielorientierung
� Suche nach Herausforderung (auch bei niedrigem Fähigkeitsniveau)
� Freude an Anstrengung und Meisterung einer Aufgabe
� Fokussierung auf Lernfortschritte
� Schwierigkeiten werden als Hinweis gewertet, Anstrengung zu vergrößern
� Zufriedenheit: Schüler sind in dem Maße auf Erreichtes stolz, in dem sie Anstrengungen investiert haben im Erfolgs- und Misserfolgsfall)
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Leistungsraum-------
„Zeit zu zeigen, was ich gelernt habe“
-------
• leisten kann man erst nach dem Lernen
• Leistungsbewertung (Noten)• verschiedene BNOs• Leistungsziele• Leistungsmotivation• Bedürfnis nach Kompetenz-
demonstration
Lernraum-------
„Zeit zu lernen und mich zu verbessern“
-------
• bewertungsfreier Raum(kein diagnosefreier Raum!)
• Ergebnissicherung (notenfrei!)
• individuelle BNO• Lernziele• Lernmotivation• Bedürfnis nach Kompetenzer-
leben, Autonomie und sozialer Einbindung
Lern- und Leistungsraum
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