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westeuropaisdien Gaste beeindruckend. DieVielzahl der Themen, das differenziert­kritisdie Methodenbewulltsein und das guttemperierte Selbsrverstandnis der sowjeti­sdien Sportpsychologen wiesen darauf hin,daf die Sportpsychologie auf dem bestenWege ist, sich im Bereich der psychologi­schen Wissenschaft zu etablieren.

H. SMIESKOL

Psydiologische Probleme derKorpererziehung in der Schule unddes Sports fiir Kinder und ]ugendliche

Bericht fiber die InternationaLe soissenschait­Liehe Konferenz am 29. und 30. April 1973in Varna (BuLgarien)

Im Internationalen Haus der Wissenschaft"Fr. joliet-Curie" fan den sich etwa 280Teilnehmer aus 13 europaisdien Landernzusarnrnen, urn sich iiber psychologischeProbleme des Schulsports und des Lei­stungssports fur Kinder und ]ugendliche so­wie iiber die zu ihrer Klarung angewandtenMethoden und den Stand der Forschung zuinformieren. Nachdem der III. EuropaisdieKongreB fur Sportpsychologie in Koln 1972- wenige Monate vor den XX. Olympi­schen Spielen - auf das aktuelle Interessean psychologischen Aufgaben und Preble­men im Bereich des Spitzensports abge­stimmt worden war, zeigte sich in Varna an­hand der beiden Themenkreise, daB die inder Federation Europeenne de Psychologiedu Sport et des Activites Corporelies zu­sammengeschlossenen nationalen Vereini­gungen von Sportpsydiologen in gleicherWeise urn eine Klarung psychologischer Fra­gen des Schulsports berniiht sind.

In drei programmarischen Hauptreferatenkam eine weitgehende Einheitlichkeit in derGrundkonzeption zwischen schulischer Kor­pererziehung und leistungssportlichen Akti-

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vitaten von Kindern und J ugendlichen zumAusdruck und damit ein Ausgleich derDiskrepanz in der Zielsetzung, wie sie inder BRD u. a. in der Beurteilung des Schul­sports nach seiner Eftektivitat flir den Hoch­leistungssport ihren Niederschlag findet.

Der Prasident der Bulgarischen Gesellschaftfilr Psychologie, Acad. SAVAGANOVSKI, be­tonte bei der Eroffnung die verantwor­tungsvolle Aufgabe der Sportpsychologieflir die Erarbeitung der wissenschaftlichenGrundlagen einer Korpererziehung, die als"untrennbarer Teil der Gesamterziehung"in gleicher Weise auf Soma und Psyche ge­richter sei und die sowohl in der Arbeit anSchulen und Hochschulen als auch in Ju­gendsportgemeinsdiaften ihre Realisierungfinde.

S. DIMITROVA stellte entscheidende psycho­logische Gesichtspunkte heraus, die sich ausdieser Zielsetzung flir die schulische Kerper­erziehung ergeben, urn die Jugendlichen zurLosung ihrer kunftigen Aufgaben in Berufund Cesellsdrafr zu beHihigen und dabeivor allem die Ausgleichsmoglidikeiten durchSport voll auszunutzen, die infolge der Ver­anderungen der Arbeits- und Lebensbedin­gungen durch Fortsdiritre der technischenRevolution in zunehmendem MaBe an Be­deutung gewinnen. Von Wichtigkeit ist da­bei nach D. die Entwicklung eines langan­haltenden Interesses flir Korperkultur undSport, das schlieBlich in die Bedlirfnisstruk­tur der Personlidikeit eingehen sollte.

Zu diesem ersten Themenkreis wurden Fra­gen der mentalen Entwicklung und der Er­ziehung durch Leibesubungen sowie Pro­bleme des motorisdien Lernens behandelt.Die 28 Referate dieser beiden Sektionen be­wegten sich hinsichtlich ihres Gegenstandesiiber ein breites Spektrum, so daB keine zu­sammenfassenden Charakreristika, sondernnur Beispiele sowie gewissePraferenzen auf­gezeigt werden konnen. Diese betrafen die

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Intellektualisierung von Unterriditsprozes­sen mit dem Ziel der Effekcivitatssteigerung.Dabei zeichneten sich mit den noch offenenFragen neue Forschungsaufgaben ab, z. B.die Differenzierung nach Entwiddungspha­sen kognitiver Faktoren der Motorik. Inweiteren Berichten folgten Untersuchungenvon psychopadagogischen Grundsatzen derKorpererziehung, von Zusammenhangenzwischen Korpererziehung, psychischer undmotorischer Entwicklung, ferner von Fragender Motivation, der Forderung von Selb­standigkeit und Kreativitat, des Fiihrungs­stils sowie der Gruppendynamik und derKommunikation im Klassenverband.Die angewendeten Methoden lieflen durdi­weg die Tendenz zur Objektivierung an­hand empirischer Befunde erkennen. Dabeiergab sich aus der Anpassung an die Unter­suchungsziele eine Differenzierung in kom­plexe Methoden, padagogisdie Experimente,Fragebogenerhebungen, soziometrische Me­thoden, Laborexperimente, Testbatterienund sportmotorische Tests. Die Datenver­arbeitung war nicht immer klar erkennbar;flir einige Falle laih sich ihr Niveau durchdie Anwendung variationsstatistisdier Ver­fahren charakterisieren. Von den Ergebnis­sen erwahnen wir einmal die auf die Entfal­tung der Personlidikeir abzielende Beto­nung psychopadagogisdier Perspektiven inder schulischen Korpererziehung gegeniiberunmittelbaren Leistungsresultaten (POZZI),weiterhin die groBe Variabilitat in derQualitat und Quantitat der Motorik alsGrundlage differenziener diagnostischerund therapeutischer Moglichkeiten sowieeiner individualisierenden Anwendung imNormalbereich der einzelnen Entwicklungs­phasen (RIEDER), schlie6lich die entsdiei­dende Bedeutung der Qualifikation des Leh­rers flir den Unterrichtserfolg, naher dar­gelegt als spezifische Integration von Fach­kenntnissen, motorischem Konnen und pad­agogisch-methodischem Geschick (DIMITRO­VA, MIRTCHEVA).

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P. KUNATH leitete den zweiten Themenkreismit dem Hauptreferat "Psychologische Pro­bleme des Sports flir Kinder und Jugend­liche" ein und wies dabei u. a. auf unter­schiedliche Auffassungen hin, wie sie sichaufder Grundlage des Marxismus-Leninismusgegeniiber "blirgerlichen" Theorien ergebenund in Forschungen an der Deutschen Hoch­sdiule flir Kdrperkultur zu Ergebnissen undInterpretationen gefiihrt haben, die z, B.HOFSTATTERS Divergenztheorem (fiir die so­zialistische Gesellschaft) widerlegen undHECKHAUSENS Motivationsmodell insoweiteinsdiranken, als es den "bestimmenden Ein­flu13 der gesellschaftlidi-sozialen Verhaltnissenicht berudssichrige".Des weiteren berichteteKUNATH iiber Untersuchungen zur Person­Iidikeitsstruktur junger Sportier, bei denendefinierte Verhaltensweisen (Beharrlichkeit,Entschlossenheit, Risikobereitschaft, Selb­srandigkeit) anhand einer 7stufigen Skalagemessen und durch Faktorenanalyse aufeinen Antriebs- und einen Stetigkeitsfaktorreduzien wurden.

Aus der Sektion "Auslese und Spezialisie­rung" sei auf M. VANEKS systematisdie Ana­lyse der Schwierigkeiten der Talenterrnitt­lung hingewiesen, die letztlich im komplexenCharakter der Sportleistung griinden undzu deren Behebung VANEK ein Verfahrenvorschlagr, das vor allem die DimensionenMotorik und Leisrungsmorivation beriick­sichtigt. V. NAWROCKA behandelte aktuelleProbleme, die sidi aus der progressiven Sen­kung des Altersniveaus bei Trainingsbeginnergeben, und begriindete aus der damit ver­bundenen Verantworrung die Notwendig­keit einer Auslese unter Einbeziehung psy­diologisdier Kriterien, denen dariiber hinausflir die Leitung und Gliederung des Trai­ningsprozesses grundsatzliche Bedeutung zu­kornmt. Zur Ermittlung der deterrninieren­den Faktoren und eventuellen Interdepen­denzen sind in Polen an Sportschulen, Sport­klassen und Vereinsgruppen mit Kindem

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und jugendlichen im Turnen, Fediten,Schwimmen und in der Leiditathletik Langs­schnittuntersuchungen begonnen worden, dieden Charakter standiger Experimente unternatiirlichen Bedingungen haben und in diepsychische Kriterien wie Intelligenz, Kon­zentrationsvermogen, Motivation, An­spruchsniveau und soziale Integration ein­gebaur sind. Die ersten Ergebnisse bildendie Grundlage fur die Erarbeitung von Psy­chogrammen, die unter BeriicksichtigungderSpezifika der verschiedenen SportdisziplinenDiagnosen und Prognosen ermoglidien sol­len.

Die zweite Sektion, »Grundlagen des Trai­nings von Kindern und Jugendlidien", lieBsowohl in der Themenwahl als auch beziig­lich der angewendeten Methoden wiederumdie Breite sportpsychologischer Aufgaben inTheorie und Praxis erkennen, ebenso ihreVerflechtung mit angrenzenden Wissen­schaftsbereichen.Der zur Verfugung stehen­de Raum erlaubt nicht, auf einzelne Referatenaher einzugehen.

Zur allgemeinen Charakterisierung der Kon­Ferenz gehoren das Engagement und dieKonsequenz, mit denen Organisatoren undTeilnehmer das umfangreiche Programm be­waltigten, Eine zeitliche Ausdehnung warevon Vorteil gewesen, urn Diskussionen undweiteren Erfahrungsaustausch zu errnog­lichen. Nicht unerwahnt bleiben sollte, daBdie Halfte der insgesamt 58 Referate vonVertretern des gastgebenden Landes gehal­ten wurden, eine eindrucksvolle Darstellungder umfangreichen und planmafligen sport­psychologischen Forschungsarbeit, die inBulgarien geleistet wird, und zugleich einHinweis auf die Verdienste, die sichE. GUE­RON urn den Aufbau und die Forderung die­ses Zweiges der Sportwissenschaft erworbenhat.

Zusammenfassend ist darauf hinzuweisen,daB bei dieser Konferenz erneut die Schwie-

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rigkeiten siditbar geworden sind, die sichaufgrund der Vielschichtigkeit der Probleme,Aufgaben und Ldsungsansatze einer Syste­matisierung der Ergebnisse entgegenstellen.Die wissenschaftliche Kommission derFEPSAC unter Leitung von M. EpURANbeschloB daher im Rahmen der Konferenz,die Arbeiten auf den Gebieten der Terrnino­logie und der Standardisierung sportmoto­rischer Tests verstarkt fortzufiihren, urn da­mit einen Beitrag zur Entwicklung einheit­licher Grundlagen zu leisten, Allerdingswird sich die Unterschiedlichkeit der poli­tisch-weltanschaulichen Ausgangspunktenicht iiberbriicken lassen, wohl aber ist zuhoffen, daB sich diese Unterschiede durchdie Sachlichkeit der Argumentationen undden personlichen Kontakt, wie sie sich inVarna aufgrund der von Gastfreundschaftgepragten Atmosphare ergaben, wenigertrennend als befruchtend auswirken und aufdiese Weise die gemeinsame Arbeit der inder FEPSAC unter Leirung von E. GUERONvereinten Gruppen in zunehmendem MaBegefordert wird.

K. FEIGE

III. WeltkongreB der InternationalenGesellschaft fur Sportpsychologie

Nach Rom 1965 und Washington 1968 fandder III. WeltkongreB der InternationalenGesellschaft fur Sportpsychologie (ISSP)1973 vom 25.-29. juni in Madrid statt­mit 220 Teilnehmern aus uber 30 Landernund mit etwa 110 Referaten.

Vier Themenschwerpunkte soIlten das wis­senschaftliche Programm bestimmen:Hauptziele der Sportpsychologie; Psydiolo­gie des Wettkampfesj Motorisches Lernenund sportliche Leistungsfahigkeir; Korper­liche und sportliche Aktivitat als Mittel dermenschlichen Kommunikation. Unter diesenThemenkreisen muBte die Vielzahl der an-


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