Unternehmensbewertung
HTW, 07.07.2015
Philipp Siegert, MLP
Agenda
1. Einleitung - wozu Unternehmensbewertung?
2. Bewertung mit Multiples
3. Discounted Cash Flow Bewertung
4. Bewertungsgutachten in der Praxis
5. Fazit
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Was sind diese Unternehmen wert?
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Was sind diese Unternehmen wert?
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5 Mrd. EUR 34 Mrd. USD99 Mrd. EUR
13 Mrd.EUR723 Mrd. USD 241 Mrd. USD
Cornell, Bradford and Damodaran, Aswath, Tesla: Anatomy of a Run-Up Value Creation or Investor Sentiment? (April 26, 2014). Available at SSRN: http://ssrn.com/abstract=2429778 or http://dx.doi.org/10.2139/ssrn.2429778
Stand: 01.07.2015Quelle: Finviz, Onvista
Der Wert eines Unternehmens bildet die Zukunftserwartungen ab
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Bewertungen werden für eine Vielzahl von Fragestellungen benötigt
● Unternehmenskauf
● Bewertung von Bilanzpositionen (z.B. Marke, Immobilien,
Pensionsverpflichtungen oder Kundenstamm)
● Finanzierungsrunden im Venture Capital Bereich
● Kauf von Assets (z.B. Versicherungsbestände)
● Ausscheiden eines Partners aus Unternehmen
● Aktienanalysen
● Sachkapitalerhöhungen
● …
Heutiger Fokus sind Unternehmensbewertungen beim Unternehmenskauf
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Der ermittelte Unternehmenswert ist immer zu einem gewissen Grad subjektiv
● Eine Unternehmensbewertung ist nicht “Rocket Science”, d.h. es gibt nicht DIE Formel zur Ermittlung eines einzigen singulären Unternehmenswertes.
● Der Wert eines Unternehmens ist immer zu einem guten Teil subjektiv und hängt neben den Erwartungen an die Zukunft des Unternehmens auch von Bewertungsparametern ab.
● Unternehmenswerte schwanken aufgrund von Marktbedingungen, so sinken z.B. Unternehmenswerte grunsätzlich mit steigenden Zinsen.
● In der Praxis sind Unternehmensbewertung auch oft auftraggebergetrieben. So können zwei verschiedene Wertgutachter zu teils weit auseinanderliegenden Einschätzungen kommen.
● Anstatt eines singulären Unternehmenswertes benennt ein Gutachter typischerweise Bandbreiten für den Unternehmenswert, die er durch verschiedene Bewertungsverfahren ermittelt hat.
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Beispiel:
Quelle: BDO, Fairness Opinion Mövenpick
Eine Finanzplanung des Unternehmens bildet die Bewertungsgrundlage
● Bevor eine Unternehmensbewertung durchgeführt wird, muss die Finanzplanung des Unternehmens analysiert und plausibilisiert werden.
● Hier gilt es zuerst, die historischen Finanzdaten und Werttreiber zu verstehen. Je nach Unternehmensgröße stehen hierzu betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWAs), Management Reportings und weitere Auswertungen zur Verfügung.
● Das Verständnis der IST-Situation des Unternehmens kann durch weitere Analysen wie z.B. Marktstudien, Werttreiberbäume oder Margenanalysen vertieft werden.
● Auf Basis der IST-Situation und einer vorliegenden Finanzplanung des Unternehmens folgt eine Plausibilisierung und Ableitung einer ersten eigenen Zukunftsplanung. Neue Informationen, die z.B. im Rahmen eines M&A-Prozesses gewonnen wurden, fließen dann kontinuierlich in eine verfeinerte Zukunftsplanung ein.
● Nützliche Methoden zur Verfeinerung einer Finanzplanung können z.B. Benchmarking, Marktstudien, Management Gespräche oder Experten Meetings sein.
● Je nach Unternehmenstyp und -größe werden entweder nur Gewinn- und Verlustrechnung oder auch zusätzlich Bilanz und eine Cash Flow Rechnung geplant (Integrierte Finanzplanung).
● Umfangreiche Finanzplanungen zur Unternehmensbewertung sind mehrere hundert Excel-Zeilen lang und erlauben neben eine Basisplanung auch die Analyse verschiedener Szenarien und Einzelsachverhalte.
Beispiel einer Finanzplanung: http://macabacus.com/excel/templates/operating-model
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Werttreiberbäume als Beispiel einer Analysemethode
9Quelle: Horvath & Partners
Benchmarking hilft bei der Findung valider Annahmen
10Quelle: J.P.Morgan
Beispiel einer Finanzplanung (Zusammenfassung)
11Quelle: Bank of America Merrill Lynch
Beispiel zur Anpassung der Planung aus der Praxis
12Quelle: J.P.Morgan, BCG
Agenda
1. Einleitung - wozu Unternehmensbewertung?
2. Bewertung mit Multiples
3. Discounted Cash Flow Bewertung
4. Bewertungsgutachten in der Praxis
5. Fazit
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Grundsätzlich gibt es zwei Arten: Trading und Transaction Multiples
● Multiples stellen eine einfache und schnelle Methode zur Bewertung von Unternehmen dar.
● Trading Multiples setzen Kennzahlen des zu bewertenden Unternehmens ins Verhältnis mit vergleichbaren börsennotierten Unternehmen.
● Transaction Multiples setzen Kennzahlen des zu bewertenden Unternehmens ins Verhältnis mit vergleichbaren vorhergegangenen Transaktionen.
● Weit verbreitete Multiples sind:
○ EBIT Multiple / EBITDA Multiple
○ Price-Earnings Multiple (auch KGV in Deutschland)
○ Price-Free Cash Flow Multiple
○ Preis-Umsatz Multiple
○ Preis-Eigenkapital Multiple
● Multiples sind für eine schnelle Wertermittlung gut geeignet, sie haben jedoch Grenzen:
○ Auswahl von vergleichbaren Unternehmen und Multiples immer subjektiv
○ Gewinnbasierte Multiples funktionieren nicht bei negativen Ergebnissen
○ Wachstumserwartung kann unzureichend abgebildet sein
○ Vergleichbarkeit von Umsatz oder Eigenkapital oft nicht gegeben
Online Multiple Rechner: http://www.finance-magazin.de/research/multiples/multiples-rechner/
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Oft nicht anwendbar bei Startups / jungen Unternehmen
Die monatlichen Multiples vom Finance Magazin sind eine gute Quelle
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* Small-Cap: Unternehmensumsatz unter 50 Mio. EuroQuelle: Finance Magazin
Die monatlichen Multiples vom Finance Magazin sind eine gute Quelle
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* Large-Cap: Unternehmensumsatz über 250 Mio. EuroQuelle: Finance Magazin
Ein Beispiel zur Bewertung mit Multiples
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Quelle: http://www.automobil-industrie.vogel.de/zulieferer/articles/442334/
Beispiel: Webasto Umsatz: 2.500 Mio. EUR, EBIT-Marge: 4,0% -> EBIT: 100 Mio. EUR
Large-cap Experten Multiple EBIT: 7,7 - 10,3 -> Unternehmenswert: 770 - 1.030 Mio. EURLarge-cap Experten Multiple Umsatz: 0,71 - 1,11 -> Unternehmenswert: 1.775 - 2.775 Mio. EUR
Agenda
1. Einleitung - wozu Unternehmensbewertung?
2. Bewertung mit Multiples
3. Discounted Cash Flow Bewertung
4. Bewertungsgutachten in der Praxis
5. Fazit
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Die Schritte zur DCF-Bewertung schematisch dargestellt
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Risikoloser Zins
Beta Faktor
Marktrisikoprämie EK-Kosten
FK-Kosten
WACC
Free Cash Flow
Unternehmens-wert
Terminal Value
Nettoverschuldung
Eigenkapitalwert
● Der risikolose Zins entspricht in der Praxis der risikoärmsten Anlage, die ein Investor finden kann.
● Typischerweise werden Staatsanleihen von Staaten hoher Bonität (z.B. USA oder Deutschland) als die risikoärmste Anlage angesehen.
● Für Staaten niedrigerer Bonität muss ein länderspezifischer Aufschlag einkalkuliert werden.
● Die Laufzeit der Staatsanleihen muss soweit wie möglich mit dem Bewertungszeitraum übereinstimmen.
○ Bei Unternehmen, die kein “Ablaufdatum” haben, wir der längst mögliche Zeitraum (oft 30 Jahre) benutzt
○ Bei Projekten mit begrenzten Betrachtungszeiträumen werden auch kurzläufigere Staatsanleihen benutzt
● In der Praxis ist für Unternehmen die “Svensson Methode” zur Ermittlung der Zinsstrukturkurve verbreitet.
● Weiterführende theoretische Grundlagen: http://www.basiszinskurve.de/theoretischer-hintergrund.html
Beispiel: http://www.basiszinskurve.de/basiszinssatz-gemaess-idw.html
Der risikolose Zins bildet die Basis der Kapitalkosten
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● Die Marktrisikoprämie ist ein Zuschlag zum risikolosen Zinssatz für das unternehmerische Risiko.
● Ratio für ein höheres Unternehmensrisiko ist, dass die Cash Flows und Dividenden von Unternehmen nicht so sicher sind wie Zinszahlungen auf Staatsanleihen.
● Die Berechnung der Marktrisikoprämie erfolgt normalerweise aus dem historischen Vergleich von Renditen aus Staatsanleihen mit den Gewinnen, die ein Investor am Aktienmarkt erzielen konnte.
● In der Praxis ist dieses recht einfach Konzept jedoch schwierig:
○ Welcher Zeitraum für die Überrendite des Aktienmarktes?
○ Welcher Aktienindex (MSCI World, Eurostoxx, DAX)?
○ Gesamtgewinn des Aktienmarktes muss neben Kursgewinnen auch Dividenden und Aktienrückkäufe berücksichtigen.
○ Marktrisikoprämie schwankt stark im Zeitverlauf.
● In der Praxis wird oft auf auf Datenbanken (Duff & Phelps, früher Ibbotson) oder Empfehlungen von Fachgremien wie dem IDW Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) zurückgegriffen
● Der IDW FAUB hält es aktuell für sachgerecht, sich bei der Bemessung der Marktrisikoprämie für Deutschland an einer Bandbreite von 5,5 % bis 7,0 % vor persönlichen Steuern zu orientieren.
● Weiterführende Diskussion u.a. zum Thema angebotsseitige Marktrisikoprämie: http://opus.uni-hohenheim.de/volltexte/2014/973/pdf/MRP_am_deutschen_Kapitalmarkt_Hohenheimer_Schriften.pdf
Die Marktrisikoprämie bildet das generelle Unternehmensrisiko ab
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Beispiel zu Ausführungen zur Marktrisikoprämie
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Gemeinsame Gutachterliche Stellungnahme von KPMG und PWC zum Unternehmenswert der MAN SE:
Quelle: KPMG, PWC
Das “Beta” bildet das spezifische Unternehmensrisiko ab
● Das Beta bildet die Volatilität des Unternehmens im Vergleich zum Markt ab.
● Das Beta stellt dar, wie hoch das Risiko eines Unternehmen im Vergleich zum gesamten Aktienmarkt ist.
● Das Beta muss um die Kapitalstruktur bereinigt werden (“levered” vs. “unlevered” Beta) um den Effekt von Fremdkapital zu eliminieren.
● Die Ermittlung des Betas ist in der Praxis schwierig:
○ Welcher Aktienmarkt soll als Vergleich dienen?
○ Welcher Betrachtungszeitraum wird gewählt
○ Bei nicht börsennotierten Unternehmen: welche Vergleichsunternehmen werden gewählt?
● Einen “Praxiskonsens” gibt es nicht.
○ Zum Teil wird als Aktienmarkt Deutschland, zum Teil der Weltmarkt gewählt.
○ Der Betrachtungszeitraum ist manchmal ein Jahr, manchmal fünf Jahre
○ Die Auswahl von Vergleichsunternehmen ist immer subjektiv - ein extrem volatiles Unternehmen kann den Durchschnitt massiv verändern.
Berechnungsbeispiel in Excel: https://goo.gl/BOEgme
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Beispiele zur Beta Ableitung
24Quelle: BDO - Fairness Opinion Mövenpick, boerse.de
Peer Group Ableitung am Beispiel Mövenpick
Beta für verschiedene Betrachtungszeiträume am Beispiel SAP
Kapitalstruktur und Fremdkapitalkosten sind der letzte Baustein zu den WACC
● Fremdkapitalkosten können durch drei Methoden ermittelt werden:
○ Aktuelle Finanzierungsbedingungen des Unternehmens (gehandelte Anleihen, Kredite)
○ Ableitung aus Credit Rating des Unternehmens
○ Peer Group von Finanzierungsbedingungen vergleichbarer Unternehmen
● Von den ermittelten Fremdkapitalkosten muss das “Tax Shield” abgezogen werden: Kf * (1 - t)
● Soweit die aktuelle Finanzierungsstruktur nicht realistisch ist, muss eine Zielfinanzierungsstruktur festgelegt werden
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Beispiel zur Berechnung des WACC
26Quelle: N+1 Swiss Capital
“Cash is king” - Das berichtete EBIT muss angepasst werden
Berechnung der Free Cash Flow (indirekte Methode, zur Wiederholung):
Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT)
- Steuern bei reiner Eigenfinanzierung
= Ergebnis vor Zinsen nach angepassten Ertragssteuern
+/- Abschreibungen/Zuschreibungen+/- Zuführung/Inanspruchnahme Rückstellungen-/+ Investition/Desinvestition ins Anlagevermögen-/+ Erhöhung/Verminderung des Nettoumlaufvermögens (ohne kurzfristige verzinsliche Verbindlichkeiten)= Free Cash Flow
Weiterführendes Tutorial (Englisch): https://youtu.be/W0Z_3ZDuvFI
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● Das berichtete, buchhalterische Ergebnis muss angepasst werden, um die reinen Free Cash Flow zu erhalten
● Der Free Cash Flow stellt die Barmittel dar, die zur Bedienung der Eigenkapital- als auch der Fremdkapitalgeber zur Verfügung steht.
● Eigenkapitalgeber sind Aktionäre und andere Eigentümer, wohingegen Fremdkapitalgeber oft Banken sind.
● Der “Terminal Value” bildet den Wert des Unternehmens über die Vorhersageperiode hinaus in alle Ewigkeit ab.
● Hier muss abgeschätzt werden wie das Unternehmen in alle Ewigkeit wächst. In der Praxis ist dies schwierig, eine Argumentation kann z.B. ein Inflationsausgleich sein.
● Akzeptiert sind bei etablierten, reifen Unternehmen ewige Wachstumswerte von ca. 0,5 - 2%.● Je kürzer die Anzahl der Vorhersagejahre aus dem Business Plan ist, desto höher ist der Anteil
des “Terminal Values” an der Gesamtbewertung. Manchmal wird eine “Fading Period” eingebaut um diesen Effekt abzumildern.
● Einen Terminal Value gibt es nicht bei endlichen Projekten wie z.B. Windparks ● Die Berechnung erfolgt in oft über das “Gordon Growth Model”: TV = FCF(n+1) / (r - g)
Der “Terminal Value” bildet den Wert in alle Ewigkeit ab
28Quelle: N+1 Swiss Capital
Beispiel DCF-Bewertung
29Quelle: Macabacus (angepasst) http://macabacus.com/excel/templates/discounted-cash-flow
Sensitivitätsanalyse: Ist die Basisbewertung gefunden, muss diese vertieft werden
30Quelle: Bank J. Safra Sarasin
Sensitivitätsanalyse am Beispiel Schmolz & Bickenbach
Agenda
1. Einleitung - wozu Unternehmensbewertung?
2. Bewertung mit Multiples
3. Discounted Cash Flow Bewertung
4. Bewertungsgutachten in der Praxis
5. Fazit
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Ein konkretes Beispiel aus der Praxis
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https://goo.gl/Q3ugRr
Agenda
1. Einleitung - wozu Unternehmensbewertung?
2. Bewertung mit Multiples
3. Discounted Cash Flow Bewertung
4. Bewertungsgutachten in der Praxis
5. Fazit
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Fazit
● Eine Bewertung ist immer nur so gut wie das Verständnis über das Unternehmen selbst.
● Ziel einer Bewertung muss neben der Wertermittlung auch sein, die Werttreiber und Einflussfaktoren klar herauszuarbeiten.
● Entscheidend ist das Verständnis über die Einflussfaktoren auf den Unternehmenswert: wenn sich Wert x um y% ändert, wie verändert sich dann der Unternehmenswert.
● Verschiedene Bewerter liefern verschiedene Ergebnisse, am Ende gibt es nur einen Wert: den Kaufpreis.
● Hinweis I: Im Fokus dieses Vortrags standen die Bewertungsverfahren Multiples und DCF. Weitere Verfahren wie das Ertragswertverfahren (ähnlich zu DCF) oder Substanzwertverfahren können je nach Unternehmenslage und Auftrag ergänzend oder alternativ angewandt werden.
● Hinweis II: Vorgestellt wurde eine “stand-alone” Bewertung von Unternehmen. Bei Unternehmenstransaktionen werden oft noch Umsatz- und Kostensynergien zusätlich bewertet, um einen höheren Kaufpreis zu rechtfertigen.
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Weiterführende Literatur und Links
● Prof. Ashwat Damodaran - New York University Stern: http://people.stern.nyu.edu/adamodar/
● Breaking Into Wallstreet - Online Kurse (kostenpflichtig): https://breakingintowallstreet.com/
○ Zum Teil auch kostenlos: https://www.youtube.com/user/financialmodeling/videos
● McKinsey - Valuation Buch: http://www.mckinsey.com/client_service/corporate_finance/latest_thinking/valuation
● Excel Templates:
○ http://www.exinfm.com/free_spreadsheets.html
○ http://macabacus.com/
● Mein Blog: http://finanzmeinungen.de/
● Google Drive Link zum Vortrag: https://goo.gl/PykcoI
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