PD Dr. Daniel Süss - IPMZ - FS 2008
Kinder und Medien – Einführung in die Mediensozialisation
PD Dr. Daniel Süss IPMZ FS 2008
Termin 12: 22.5.08
Die Reality-Show „The Swan“ aus entwicklungspsychologischer Sicht
Fazit: Mediensozialisation im Wandel
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Nur wenige Schnitte bis zum Glück
Eine qualitative Untersuchung aus entwicklungs- und medienpsychologischer Sicht der Fernsehsendung „The Swan - Endlich schön!“ (Pro7)Studienarbeit von Mirijam Heilmann und Isabel Witschi (HAP, 2005)
http://www.psychologie.zhaw.ch/de/psychologie/bibliothek.html
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Gliederung zur Vorstellung der Studie
1. Entwicklungspsychologische Grundlagen
2. Inhaltsanalyse der Sendung
3. Rezeption durch Jugendliche
4. Fazit
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Sozialisationsagenten zu Schönheitsidealen
Medienfiguren (reale und fiktive) Modebranche, Musik-Stars, Sport-Stars Erwachsene Bezugspersonen Gleichaltrige Bezugspersonen
Verarbeitung des eigenen Aussehens: (Roth, 1998) distanziert-neutral (mehr Jungen) kämpfend und leidend (mehr Mädchen) körperaktiv (leicht mehr Jungen)
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Medienbotschaften zum Thema „Aussehen“ Explizite Botschaften:
Doku-Soaps (The Swan: Endlich schön!) Jugendzeitschriften (BRAVO) Werbung (H&M)
Implizite Botschaften: Fiktionale TV-Serien (GZSZ) Spielfilme (Stars) Computerspiele (Lara Croft)
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Den Körper bewohnen lernen (Fend, 2001) Der „neue Körper“ und die „neuen Gestimmtheiten“. Intensive kritische Selbstbeobachtung: Bin ich „normal“? Körperbau m/f differenziert sich. Hormone Affekte, Verhalten Hormone.
Jungen: Testosteron / Stresshormone: Aggression, Dominanz, Sexualphantasien.
Mädchen: Östradiol: Stimmungslabilität, Depression, Dominanzreaktion gegen Eltern.
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Selbstkonzept der eigenen Attraktivität Konstanzer Längsschnittstudie (Fend, 1994):
Mädchen beurteilen sich negativer als Jungen Knick: f = 13-14 Jahre, m = 15 Jahre Mädchen stabiler als Jungen Zufriedenheit mit Gewicht Selbstkonzept (m/f) Akne Selbstkonzept (m) Wenig Vorhersagekraft: Selbstkonzept in 6. Klasse Schultypus, Stadt-Land: keine Effekte
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Verlauf der Einschätzung des eigenen Aussehens nach Schulstufe(Alter) und Geschlecht / N = ca. 1800 pro Erhebungsjahr
9.6
9.7
9.8
9.9
10
10.1
10.2
10.3
10.4
10.5
10.6
12 Jahre 13 Jahre 14 Jahre 15 Jahre 16 Jahre
Mädchen
Jungen
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Dramaturgie der Sendung
Einleitung
Lebensgeschichte
Im „The Swan-Quartier“
Der Höhepunkt (Wandlung + Jury-Urteil)
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Zentrale Elemente
Spiegelszene
Vorher/Nachher Bilder
Musik
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Die Kandidatinnen
Die verschiedenen Typen: Die Unweibliche / Manuela
Der Traum von der Hollywood-Schönheit / Helena
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Übergreifende Themen
Selbstbewusstsein
Scham / Leiden
Persönlichkeitsentwicklung
Die Massnahmen
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Gewünschte Massnahmen (8 Fallbeispiele) Frauen B D H K M N T S
Chirurgie
Nase X X X X 4
Oberschenkel X X X X 4
Hüfte und Gesässformung
X X X 3
Brüste X X X 3
Bauchstraffung X X 2
Zahnfehlstellung X X 2
Kinnkorrektur X 1
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Durchgeführte Massnahmen (8 Fallbeispiele)
Frauen B D H K M N T S Total
Chirurgie:
Nase X X X X X 5
Oberschenkel X X X X X X 6
Hüfte und Gesässformung
X X X X X X X X 8
Brüste X X X X X 5
Bauchstraffung X 1
Zahnfehlstellung X X X X 4
Kinnkorrektur X 1
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Eindrücke von Jugendlichen zur Sendung
Was ist gut an der Sendung? Frauen werden schöner = grösseres Selbstvertrauen = Glück Wünsche werden erfüllt Durch Sport wurde eine OP überflüssig Ehrliche Bilder = ev. abschreckend
Was ist störend? Operationen (abstossende Bilder) Frauen werden zu Rivalinnen Übertriebene Reaktion von Helena Verbindung zur Werbe- und Modeindustrie Störendes wird einfach wegoperiert Ausschluss von Manuela aus der Gruppe Frauen haben gar nicht so viele Probleme
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Fazit
Besondere Relevanz durch Entwicklungsaufgabe „Neuen Körper bewohnen lernen“.
Transformation auf spielerische Ebene. Doppelbödige Betonungen: bildlich: äussere Veränderungen,
verbal: innerliche Veränderungen Rezeptionstypen: involviert versus distanziert. Einstellungseinfluss: Operationen als Option für später
(Hemmschwelle niedriger, Enttabuisierung). Offene Fragen zu längerfristigen Effekten und Risikogruppen.
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Mediensozialisation im Wandel
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Interaktionistisches Verständnis von Mediensozialisation
Exogenistisches Konzept: Sozialisation = Anpassung des Individuums an die soziale Umgebung.
Interaktionistisches Konzept: Sozialisation = Aktive Auseinandersetzung mit Rollendefinitionen, Wahl von sozialökologischen Feldern, in denen Passung besteht. Fremdsozialisation: wenn Sozialisatoren mit klar definierten
normativen Vorgaben (Altersnormen, u.a.) agieren. Selbstsozialisation: Wenn Sozialisatoren viele Optionen offen
lassen, die gleich hoch bewertet werden. Reziproke Sozialisation: Sozialisanden wirken auf die
Sozialisatoren zurück.
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Mediensozialisation, Erwerb von Kompetenzen und Identität
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Mediensozialisation - Die Konstanten
Alter und Medien-Ensemble
Geschlecht und Medienpräferenzen
Soziales Milieu und Medien-Affinitäten
Zuerst die Freunde, dann die Medien
Image der Medien (Buch, TV, etc.)
Ergänzung statt Verdrängung
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Mediensozialisation - Der Wandel
Fernsehen bleibt Leitmedium, erhält aber Mitfavoriten
(PC, Internet, Handy)
Akzeleration des Medienhandelns
Gleiche Klüfte auf neuem Niveau
Primär Kumulation, teilweise Displacement
Patchwork der Fan-Kulturen
Weniger Erziehung, mehr Beziehung
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Generationsgestalten und Mediensozialisation(Fend 1988, Thalmann-Hereth 2001, Süss 2004)
Geburt Leitmedium Generationsgestalt
Um 1925 Kino Suchend und fragende Generation
Um 1940 Radio Skeptische und unbefangene G.
Um 1955 Fernsehen Politische und narzisstische G.
Um 1965 TV / Video Polarisierte Generation:
alternativ und konsumistisch
Um 1975 Computer Sophisticated Generation:
theoretisierend und dialogisch
Um 1985 Internet, Net Generation:
Multimedia, pragmatisch und mobil
Mobilkomm.
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Wandel der Rahmenbedingungen der (Medien-)Sozialisation
Dimensionen des Wandels TrendsPolitische Dimension Liberalisierung, Polarisierung,
PolitikverdrussWirtschaftliche Lage Pendelbewegungen von
Aufschwung, Stagnation und Rezession, Flexibilisierung,
GlobalisierungKulturelle Lage Vervielfachung der Angebote, Auf-
splitterung der Fan-Kulturen undsozialen Milieus, Kommerzialisierung
Technische Entwicklungen Multimedia, Konvergenz, MobilitätPädagogische StrömungenVon autoritärer zu partnerschaftlicher
Erziehung, Professionalisierung, Leistungsdruck
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Positive Wirkungsmöglichkeiten der Medien
1. Unterhaltung, Entspannung (Stimmungsregulation)
2. Anregung der Phantasie und Kreativität
3. Animation zu Unternehmungen
4. Erweiterung des Horizontes (zeitlich, örtlich, thematisch)
5. Bildung (international und inzidentielles Lernen)
6. Symbolische Impulse für Entwicklungsaufgaben
1. Förderung von Ängstlichkeit, Aggression, Selbstschädigungen
2. Illusionsbildungen bzgl. Rollenbildern, Erfolgsstrategien, u.a.
3. Soziale Isolation
4. Einseitige Lenkung der Phantasien
5. Übermässiger Einfluss auf die Zeitstrukturierung
6. Ungünstige Konfliktverarbeitung (z.B. Verdrängung, Eskapismus)
Negative Wirkungsmöglichkeiten der Medien
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Weiterführende Forschungsthemen und -fragen
Effekte der zunehmenden Medienkonvergenz und Mobilität
Kommunikationskulturen von Jungen und Mädchen
Beheimatung in verschiedenen Realitäten
Effekte von Parallelhandlungen beim Mediengebrauch
Positionierung der Medienpädagogik in Lehrerbildung, Elternberatung, Schulpsychologie, Medienberatung.
Gestaltung von Orientierungshilfen im Medienalltag für Heranwachsende