Kulturlandschaften als Kulturlandschaften als als Herausforderung für die räumliche als Herausforderung für die räumliche
Planung Planung
Raumwissenschaftliches Kolloquium Raumwissenschaftliches Kolloquium des Raumwissenschaftlichen des Raumwissenschaftlichen
Netzwerks 4R+Netzwerks 4R+Berlin 1.2.2011Berlin 1.2.2011
„„Who are we, if we have no landscape to call our own?“Who are we, if we have no landscape to call our own?“
Douglas Coupland: Polaroids form the Dead, London, 1997, S. 102Douglas Coupland: Polaroids form the Dead, London, 1997, S. 102
Worin bestehen die Herausforderungen?
• (Kultur)Landschaft mit domierender Konnotation des Ländlich-Schönen im Deutschen (I)
• Tendenzen der räumlichen Entwicklung in Deutschland stehen im Gegensatz dazu (II)
• Differenzierte Kulturlandschaftsverständnisse in bundesdeutschen Gesetzen und europäischen Dokumenten (III)
• Implementation von „Kulturlandschaft“ in bestehende räumliche Planungen (IV)
Zu I: Landschaft mit Konnotation des Ländlich-Schönen im Zu I: Landschaft mit Konnotation des Ländlich-Schönen im Deutschen Deutschen
Georg Simmel 1913: Georg Simmel 1913: „„Straßenzüge mit Straßenzüge mit
Warenhäusern und Warenhäusern und Autos“ sind (noch) keine Autos“ sind (noch) keine
Landschaften.Landschaften.
Werner Mitsch 1997: Werner Mitsch 1997: „Gegenden ohne „Gegenden ohne
Landschaft Landschaft nennt man Städte.“nennt man Städte.“
J. C. Tesdorpf 1984: J. C. Tesdorpf 1984: „Landschaftsverbrauch“„Landschaftsverbrauch“
Rurales („antikes“) Verständnis von Rurales („antikes“) Verständnis von „Kulturlandschaft“: Einer Sache „Kultur“ angedeihen „Kulturlandschaft“: Einer Sache „Kultur“ angedeihen
lassen! lassen!
Riehl: „Land und Leute“ Riehl: „Land und Leute“
In der offenen Gesellschaft „Kultur“-Begriff ohne In der offenen Gesellschaft „Kultur“-Begriff ohne übergreifende Sinnstiftung, daher viele „Kultur“-übergreifende Sinnstiftung, daher viele „Kultur“-
Landschaften !Landschaften !
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 10.6.07
Bisweilen konfligierende Bisweilen konfligierende Raumaneignungen jenseits der Raumaneignungen jenseits der
MehrheitskulturMehrheitskultur
II. Tendenzen der II. Tendenzen der KulturlandschaftsentwicklungKulturlandschaftsentwicklung
Verluste an Strukturreichtum, Biodiversität und Ankerpunkten von IdentitätVerluste an Strukturreichtum, Biodiversität und Ankerpunkten von Identität
Laufende Raumbeobachtung BBR , Bezug 2005 Laufende Raumbeobachtung BBR , Bezug 2005
Raumtypisierung nach zentral-peripher/städtisch- ländlichRaumtypisierung nach zentral-peripher/städtisch- ländlich
Proportional zur EinwohnerzahlProportional zur Einwohnerzahl
Trivialisierung = Dominanz glokalisierter StrukturenTrivialisierung = Dominanz glokalisierter Strukturen
Aus W. Strubelt (Hrsg.; 2010): Der gebändigte Raum. Tübingen. Aus W. Strubelt (Hrsg.; 2010): Der gebändigte Raum. Tübingen.
http://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.afk-pirol.org/cvp_windkraft_Windkraftanlagen/Windkraftanlagen02.jpg&imgrefurl=http://www.afk-pirohttp://www.google.de/imgres?imgurl=http://www.afk-pirol.org/cvp_windkraft_Windkraftanlagen/Windkraftanlagen02.jpg&imgrefurl=http://www.afk-piro
Neue Elemente in der Kulturlandschaft als RegelfallNeue Elemente in der Kulturlandschaft als Regelfall
Hohe Dynamik und Hohe Dynamik und Unumkehrbarkeit Unumkehrbarkeit
(Globalisierung/Demographisc(Globalisierung/Demographischer Wandel) des aktuellenher Wandel) des aktuellenKulturlandschaftswandelsKulturlandschaftswandels
Politisch-kulturelle Politisch-kulturelle Dimension des aktuellen Dimension des aktuellen (Kultur)Landschaftswande(Kultur)Landschaftswande
ls: ls:
„„Verlusterfahrung Verlusterfahrung Landschaft“Landschaft“ (G. Lenz 1999)(G. Lenz 1999)
„„Beschleunigte Zeit“Beschleunigte Zeit“ (Reichel 1995) (Reichel 1995)
als Nährboden für eine als Nährboden für eine Erinnerungskultur:Erinnerungskultur:
„„ErinnerungslandschafErinnerungslandschaften“ten“
Future Landscapes 2005, S. 47Future Landscapes 2005, S. 47
Szenarien künftiger Kulturlandschaftsentwicklung – Projekt des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung
(4) Zur dauerhaften Sicherung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie des Erholungswertes von Natur und
Landschaft sind insbesondere
1. Naturlandschaften und historisch gewachsene Kulturlandschaften, auch mit ihren Kultur-, Bau- und
Bodendenkmälern, vor Verunstaltung, Zersiedelung und sonstigen Beeinträchtigungen zu bewahren,
2. zum Zweck der Erholung in der freien Landschaft nach ihrer Beschaffenheit und Lage geeignete Flächen vor allem im besiedelten und siedlungsnahen Bereich zu schützen und
zugänglich zu machen.
Entwurf vom März 2009 Gesetz zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes
und der Landschaftspflege
Regionalisierungen und Inventarisierungen Regionalisierungen und Inventarisierungen
III. Differenzierte Verständnisse von Kulturlandschaft in Gesetzen III. Differenzierte Verständnisse von Kulturlandschaft in Gesetzen
Definition „Historische Kulturlandschaft“der Denkmalpflege
„Die historische Kulturlandschaft ist ein Ausschnitt aus der aktuellen Kulturlandschaft, der durch historische, archäologische, kunsthistorische oder kulturhistorische Elemente und Strukturen geprägt wird.“
Nach Kleefeld, K.-D. (2004): Begriffsdefinition "Historische Kulturlandschaft", in: UVP-Report Heft 2/3: 67-68.
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Kulturlandschaftliche Gliederung Nordrhein-Westfalens für den LEP
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Kulturlandschafspflege als „ewiger Diskurs“Kulturlandschafspflege als „ewiger Diskurs“
Prof. Dr. Winfried Schenk – Universität Bonn
EUREK – 1999: Das „kulturelle Erbe“ sind EUREK – 1999: Das „kulturelle Erbe“ sind „Landschaften“!„Landschaften“!
S. 32S. 32
Beitrag zur Regionalentwicklung
Raumordungsgesetz Raumordungsgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 1.1.1998, § 2, Grundsatz 2, der Bundesrepublik Deutschland vom 1.1.1998, § 2, Grundsatz 2,
13:13: „„Die geschichtlichen und kulturellen Die geschichtlichen und kulturellen
Zusammenhänge sowie die regionalen Zusammenhänge sowie die regionalen Zusammengehörigkeit sind zu wahren. Zusammengehörigkeit sind zu wahren. Die Die
gewachsenen Kulturlandschaftengewachsenen Kulturlandschaften sindsind ihn ihren ihn ihren prägenden Merkmalen sowie mit ihren Kultur- und prägenden Merkmalen sowie mit ihren Kultur- und
Naturdenkmalen Naturdenkmalen zu erhaltenzu erhalten.“ .“ Grundsatz bietet die Chance, Grundsatz bietet die Chance, geschichtliche und kulturelle geschichtliche und kulturelle Aspekte gleichgewichtig zu Aspekte gleichgewichtig zu
ökologischen, ökonomischen und ökologischen, ökonomischen und sozialen Faktoren in räumlichen sozialen Faktoren in räumlichen Abwägungsprozessen zu werten!Abwägungsprozessen zu werten!
Traditionelle Raumordnung ist stärker als bisher auf den Schutz der gewachsenen Kulturlandschaften und eine aktive Kulturlandschaftsgestaltung auszurichten. BBR/BMVBS (2006: 53)
„Kulturlandschaft als qualitative Ergänzung traditioneller Raumentwicklungspolitik“;
„Kulturlandschaftsgestaltung als erlebbare Eigenart, die der Förderung der regionalen
Identifikation der Bewohner mit ihrem Umfeld dient“;
„Integration der Kulturlandschaftsgestaltung in regionale Entwicklungskonzepte“;
„Förderung des Regionalmanagements und regionaler Marketingstrategien“
Kommentar zu Leitbild 2 „Gestaltung von Kulturlandschaften“, BBR 2006, 24ff.
Grundsätze der Raumordnung, § 2 (2) ROG
2. Die prägende Vielfalt des Gesamtraums und seiner Teilräume ist zu sichern. (...) Der Freiraum ist durch übergreifende Freiraum-, Siedlungs- und weitere Fachplanungen zu schützen; es ist ein großräumig übergreifendes, ökologisch wirksames Freiraumverbundsystem zu schaffen. Die weitere Zerschneidung der freien Landschaft und von Waldflächen ist dabei so weit wie möglich zu vermeiden; die Flächeninanspruchnahme im Freiraum ist zu begrenzen.
5. Kulturlandschaften sind zu erhalten und zu entwickeln. Historisch geprägte und gewachsene Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen und mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern zu erhalten. Die unterschiedlichen Landschaftstypen und Nutzungen der Teilräume sind mit den Zielen eines harmonischen Nebeneinanders, der Überwindung von Strukturproblemen und zur Schaffung neuer wirtschaftlicher und kultureller Konzeptionen zu gestalten und weiterzuentwickeln. Es sind die räumlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Land- und Forstwirtschaft ihren Beitrag dazu leisten kann, die natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Räumen zu schützen sowie Natur und Landschaft zu pflegen und zu gestalten.
„„Europäische (Kultur)Landschaftskonvention (ELC) des Europäische (Kultur)Landschaftskonvention (ELC) des Europarates von 2000 als SchlüsseldokumentEuroparates von 2000 als Schlüsseldokument
o Landschaften sollen als „Ausdruck der Vielfalt des Landschaften sollen als „Ausdruck der Vielfalt des gemeinsamen Natur- Kulturerbes der Menschen und als gemeinsamen Natur- Kulturerbes der Menschen und als
Ausdruck ihrer Identität“ Ausdruck ihrer Identität“ rechtlichrechtlich anerkannt werden. anerkannt werden. oVerpflichtung zur Verpflichtung zur Erfassung und BewertungErfassung und Bewertung unter aktiver unter aktiver
öffentlicher Beteiligung.öffentlicher Beteiligung.o partizipatorischespartizipatorisches Planungskonzept: Planungskonzept: “Landschaft“ ist ein Gebiet, wie es von Menschen wahrgenommen
wird“, dazu gehören auch die alltäglichen.
Kulturlandschaften = Diskurs- und Handlungsräume? Kulturlandschaften = Diskurs- und Handlungsräume? Neue Formen der Governance? Neue Formen der Governance?
Kulturlandschaft als Auftrag an die Bürgergesellschaft! Kulturlandschaft als Auftrag an die Bürgergesellschaft!
Landschaftspolitik im Sinne der ELC
• Formulierung von Landschaftsqualitätszielen• Maßnahmen zum Schutz charakteristischer Merkmale der
Landschaften, basierend auf dem Natur- und Kulturerbe• Strategien zur Steuerung von Veränderungsprozessen, um eine
nachhaltige Landschaftsentwicklung zu gewährleisten• Maßnahmen, die Landschaften aufwerten, wiederherstellen
und gestalten sollenErfassung von Landschaften (Inventarisierungen/
Regionalisierungen)
Analyse der Merkmale und der sie verändernden KräfteBewertung anhand der ihr beigemessenen
WerteAbleitung von Maßnahmen
VI. Herausforderungen bei der Implementation von „Kulturlandschaft“ in räumliche Planungen
„„Teil des Grünen C“ als interkommunale Teil des Grünen C“ als interkommunale Freiraumsicherung Freiraumsicherung und -gestaltung und -gestaltung
Kennzeichen „kulturlandschaftlicher“ Governance: Agieren von Akteuren außerhalb
traditioneller/administrativer Institutionen und Raumbezüge
„Kulturlandschaften“ als Diskurs- und Handlungsräume • Probleme der Abstimmung institutioneller
Aktionen (problems of institutional interplay)
• Räumliche Passfähigkeit der Diskurs- und Handlungsräume (problems of spatial fit)
• Fragilität der Strukturen wegen Freiwilligkeit und hohem Engagement der Akteure
• Eingeschränkter Zugriff auf ein regionales Gemeinschaftsgut:
Formen weicher-diskursiver Planung üblich!
Leinfelden-Echterdingen – Leinfelden-Echterdingen – „LE“„LE“
Suburbane Räume als Kulturlandschaften? Suburbane Räume als Kulturlandschaften?
Idealtypische Haltungen von Planern zum suburbanen Raum
Idealtypen
„Planungsfelder“
„Euphoriker“ „Gegner“ „Qualifizierer“
Geschichte/Kulturelles Erbe
Belanglos für die Zukunftsgestaltung
geschichtslos Aufdecken der Geschichte
Ökologie vielfältig und„gewachsen“
naturfern undbelastet
vernetzt und ausgleichend
Regionalentwicklung /Identität
Lebensraum der Mehrheit
gesichtslos Erkennen neuer Identität
Baukultur Brüche als Ausdruck von Pluralismus
Widerspruch zur europäischen Stadt
Gestaltungsoffensive am Stadtrand
Governance/Planung
Sozioökonomisch adäquate Strukturen
Zersiedelung Versöhnen durch Gestalten
Winfried Schenk 2010, nach einer Anregung durch Vera Vincenzotti 2008 Winfried Schenk 2010, nach einer Anregung durch Vera Vincenzotti 2008
Kultur
ArbeitNatur
Soziale Strukturierung
Dimensionen von Kulturlandschaft = hybrider Terminus, der hilft, Dimensionen von Kulturlandschaft = hybrider Terminus, der hilft, auch hybride Raumtypen zu analysieren und planerisch zu auch hybride Raumtypen zu analysieren und planerisch zu
überdenken!überdenken!
Nach Ipsen 1999Nach Ipsen 1999
Suburbane Räume als Kulturlandschaften zu verstehen, ist in Deutschland noch immer eine (bewusste) Provokation!
Hoffnung auf Zugewinn an Multiperspektivität:
• Ökologische Qualitäten (eco-system services)?• Ästhetische Qualitäten, da zeitgemäße
Raumstrukturen?• Historisch-kulturelle Qualitäten – zeitliche
Schichtung und neue Formen von Identitätsankern?• Anerkennung als bewusst gewählter und angeeigneter
Lebensraum?
Analytisch-raumplanerische Dimensionen von Kulturlandschaft:
Amalgam von Natur- (Ökologie) und Kulturerbe (Historizität/Identität)
Gestalterische Qualität auf der gesamten Fläche:„lokalisierte Eigenart“ (Hauser 2006) statt
globalisierter Trivialisierung
Potentiale zu sektorenübergreifender („ganzheitlicher“) Planung
Hohes Kommunikationspotential mit (noch) geringen Festlegungszwängen
Kulturlandschaft als identitätsstiftender Ausgangspunkt für eine kooperative
Regionalentwicklung, da sehr viele über räumliche Qualitäten (miteinander)
sprechen, die das sonst nicht täten - und sie setzen das in konkrete Projekte um!