Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik
Teil 2Qualitätskontrolle
Trennmethoden
Analytische Verfahren
Prof. Dr. Ralf LichtinghagenMedizinische Hochschule Hannover
Klinische ChemieTel.: 0511-5323940
Quantitative Messung: Einheiten, SI-Konformität
Stoffmenge: wird bei Substanzen, deren relative Molekülmasse bekannt ist, in mol beziffert.
Substanzkonzentration: mol/l, mmol/l, µmol/l…
1 Mol jedes Stoffes enthält 6,023 x 1023 Teilchen (Avogadro-Konstante)Beispiel: 1 Mol Wasser sind 18 g (1x16 (O) + 2x1 (H))
Substanzmasse: wird bei Substanzen, deren relative Molekülmasse unbekannt ist, in kg (bzw. abgeleiteten Größen) beziffert.
Massenkonzentration: kg/l, g/l, mg/l…
Katalytische Aktivität eines Enzyms: U/l1 Unit (U) ist die Enzymmenge, die 1 µmol Substrat pro Minute bei gegebener Temperatur und Reaktionsbedingungen umsetzen kann.
nicht SI-konform (SI: Système internationale d‘ Unités)
Analytik im Überblick
Nachweisgrenze: Mindestkonzentration eines Analyten, die sicher von Null unterschieden werden kann
Mehrfachmessung analytfreier Probe: Nachweisgrenze = Mittelwert + 3 x SD
Linearitätsgrenze: Messbereich zwischen Nachweisgrenze und Linearitätsgrenze (Verdünnungsgrenze)
Analytische Sensitivität: Maß für Nachweisvermögen einer Methode.Bedeutet auch die kleinste Konzentrationsdifferenz innerhalb des Messbereichs, die sicher unterschieden werden kann.Kritische Differenz = 3 x SD (der Methode)
Analytische Spezifität: das Vermögen des analytischen Verfahrens in der Probe nur die gesuchte Messgröße zu erfassen
SD: Standardabweichung
Einschub: Normalverteilung - Kenngrößen
• Zentrale Tendenz: Mittelwert (MW)• Streuung der Werte: Standardabweichung (s)• Relative Streuung: Variationskoeffizient (Vk)• 95% Vertrauensbereich MW ± 1,96 s• Statistische Teste (Beispiele für zwei Gruppen) – t-
Test (gepaart für abhängige [z.B. vorher und nachher– gleiche Probanden]; ungepaart für unabhängige[z.B. Vergleich zweier Gruppen – Glucose beiMännern und Frauen] Variabeln)
Statistische Ermittlung von parametrischen Kenndaten
2
1
2
1
2
1
_
)(1
1
)(1
1
1
xxn
xxn
n
n
iii
n
iii
n
in
s
s
xx
−−
=
−−
=
=
∑
∑
∑
=
=
=
Mittelwert der Stichprobe vom Umfang n
Varianz der Stichprobe
Standardabweichung der Stichprobe
Die Anzahl der Wiederholmessungen soll n = 20 - besser n = 30 - sein
100.(%)xst
tVK =
Variationskoeffizientaus Standardabweichung und Mittelwert berechnet.
Qualitätskontrolle im Überblick
Ziele:Kontrolle der zufälligen Fehler.Kontrolle der systematischen Fehler über den gesamten klinisch-relevanten Messbereich.Kontrolle jeder Analysenserie (umfasst längstens acht Stunden).Anwendbarkeit in allen Laboratorien.
Vorschriften zur Durchführung der Qualitätskontrolle in med. Laboratorien und Anforderungen bzgl. Güte der Messungen für 87 Messgrößen festgelegt in Richtlinien der Bundesärztekammer (RILIBÄK): Maximal zulässige Unpräzision(Anlage 1, Spalte 5), Maximal zulässige Unrichtigkeit (Anlage 1, Spalte 6), Maximal zulässige Abweichung des Einzelwertes (Anlage 1, Spalte 7)
Hierarchie der GesetzgeberEU – 98/79/EG – (IVD-Richtlinie)
D – Medizinproduktgesetz (MPG) gültig bis Dez 2001 [Originalversion]
Notwendigkeit zur Erweiterung um in vitro Diagnostika
2. Gesetz zur Änderung des Medizinproduktgesetzes (Anpassung des MPG an 98/79) – gültig ab Jan 2002
Rechtsgrundlage für Rili-BÄK (Richtlinien der Bundesärztekammer):Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV)
§4a – Kontrolluntersuchungen und Vergleichsmessungen in Medizinischen Laboratorien (QK; RV; Validierung)
Qualitätskontrolle im Überblick
Richtigkeitskontrolle: Abweichungen von einem definierten Zielwert, lässt systematische Fehler erkennen (Unrichtigkeit).
Präzisionskontrolle: Überprüfung der Reproduzierbarkeit der Messung, Erkennung grober und zufälliger Fehler.Auch mittels Labor-EDV errechenbar aus RichtigkeitskontolldatenMittelwert, Standardabweichung, Variationskoeffizient (VK)
Ringversuche: externe Richtigkeitskontrolle, zentral durch Ringversuchsleiter (Referenzinstitition der DGKL, INSTAND eV...), Erlangung von RV-Zertifikaten.
Qualitätskontrolle im Überblick
Kontrollen: Es werden zur Überwachung von Richtigkeit und Präzision ausschließlich Richtigkeitskontrollen verwendet.
Kalibratoren:primärer Standard: Kalibrationsstandard aus abgewogener (ideal) Reinsubstanz gelöst in reinem Lösungsmittel.
Material soll keine Komponenten enthalten,die einen unspezifischen Beitrag zum Messsignalliefern.
sekundärer Standard: Masse kann nur indirekt durch chem. Analyse ermittelt werden, wenn exakte Einwaage nichtmöglich ist (z.B. bei konstanter Restfeuchte (Albumin))Matrixhaltig: enthält die gleichen Haupt- und Nebenbestandteile wie die Patientenproben
Dokumentation laborinterner Qualitätskontrolle
(105,6-103) : 3 = 0,87 = 1SDSDx100/103 = 0,84 = %VK max. Impräzision: Mittelwert + 3 SD
Dokumentation externer Qualitätskontrolle
YOUDEN-Diagramm zur Darstellung aller Teilnehmerergebnisse.Zielwerte im Zentrum des Diagramms.Quadrat zeigt die Bewertungsgrenzen nach RILIBÄK an.Zertifikate der Referenzinstitution nur für Teilnehmer innerhalb dieses Quadrates.
RV nicht bestanden?Überprüfung der Berechnung/ProtokolleÜberprüfung der internen Qualitätskontr.Abschätzung des Fehlertyps(grob/systematisch aus graphischer Auswertung)Vergleich mit anderen TeilnehmernDurchführung verstärkter interner Qualitätskontrolle
Zum Nachdenken
z.B. S-ChloridWert [mmol/l]
Tag 1 100
Tag 2a 102Tag 2b 105
Max. Impräzision der Methode beträgt 2,5%
Anstieg des S-Chloridoder nicht im Fall a oder b?
Kritische Differenz = 2 √2 x SD (3 x SD)
Trennmethoden in der Klinischen ChemieBeispiel Prinzip
Ausfällung Ausfällen von Proteinen Erzeugung von unlöslichen durch Trichloressigsäure Niederschlägen
Sedimentation Abtrennung der Blutkörperchen Höhere rel. Dichte der suspendiertenvom Plasma Teilchen
Zentrifugation Abtrennung der Blutkörperchen Beschleunigung dervom Plasma Sedimentationsgeschwindigkeit (2000g)
UltrazentrifugationTrennung von Zellkomponenten hohe Beschleunigung der Sed.geschw.(z.B. 100.000-500.000 g)
Filtration Klären von trübem Urin Abtrennung von festen Partikelndurch Filter
Ultrafiltration Proteinanreicherung im Urin, Liquor Abtrennung gelöster makromolekul.Stoffe von niedermolekularen
Elektrophorese Trennung von Proteinen Unterschiedliche Wanderungs-geschwindigkeit im elektr. Feld
Chromatographie Auftrennung von Proteinen, Auftrennung von Stoffgemischen durch Pharmaka, Drogen.... unterschiedliche Verteilung in mobiler
und stationärer Phase
Extraktion Abtrennung hydrophober von Löslichkeit in organ. Lösungsmittelnhydrophilen Substanzen
ChromatographieUnterschiedliche Verteilung von Stoffen in zwei verschiedenen Phasen, genauer gesagt an den Phasengrenzflächen dera) stationären (unbeweglichen) Phase, b) mobilen (beweglichen) Phase
Voraussetzung: Beide Phasen sind nicht mischbar
Man unterscheidet zwischen:Dünnschichtchromatographie, PapierchromatographieSäulenchromatographie
Trennprinzipien:• Adsorptionschromatographie• Ionenaustauschchromatographie• Gelchromatographie• Affinitätschromatographie
Rf-Wert:Laufstrecke der Substanz ab StartlinieLaufstrecke der Lösungsmittelfront ab Startlinie
Dünnschichtchromatographie
Stationäre Phase:meist polares Adsorbens in Solvathülle (dünne Wasserschicht)(z.B. Kieselgel, Al2O3)
Mobile Phase (Fließmittel):Gemisch organischer Lösungsmittel
Messgröße zur Auswertung:Retentionswert Rf
SäulenchromatographiePrinzip Ionenaustausch
Man unterscheidet:AnionenaustauscherKationenaustauscher
Stationäre Phase:org. Ionenaustauscherharze, tragen elektrostatisch gebundene OH-- bzw H+-Ionen
Mobile Phase (Fließmittel):Wässrige Lösung, Säure bzw. Lauge zur Regeneration
SäulenchromatographiePrinzip Gelchromatographie
Je größer ein Teilchen ist, umso schneller wandert es bei der Gelchromatographie durch die Säule (umgekehrter Siebeffekt)
Stationäre Phase:Poröse (schwammartige) Trägermaterialien von einheitlichen Durchmesser (z.B. aus Polydextran, Agarose, Polyacrylamid)
Mobile Phase (Fließmittel):z.B. wässriger Puffer
hochmolekulare Substanzen im Ausschussvolumen V0niedermolekulare Substanzen im Totalvolumen Vt
ChromatographieEine Automatisierung chromatographischer Methoden führt generellauch zu einer Ankopplung an ein analytisches Nachweisverfahren hierbei in Form eines entsprechenden Detektorssolche chromatographischen Systeme können folgendermaßen benannt sein:HPLC High Performance Liquid ChromatographyLC Liquid ChromatographyGC Gas ChromatographyBei der Vielzahl möglicher Detektionsformen spielt vor allem die Massenspektroskopie (MS) ein besondere Rolle.In Kombination mit GC: GC-MSDurch Elektronenstoß entstehen bei der MS positiv geladene Fragmente einer Substanz, die in charakteristische Größe und Anzahl auftreten (molek. Fingerabdruck)
Auftragung Intensität vs. Masse/Ladung
Auftragung Intensität vs. Zeit
Elektrophorese: SerumelektrophoreseWanderung in Lösung befindlicher Teilchen beim Anlegen einer Gleichspannung
Geschwindigkeit der Moleküle ist proportional der Feldstärkeund der Molekülladung und umgekehrt proportional der Molekülgröße
Serumelektrophoreseauf Celluloseacetatfolie als Trägermaterial
Elektrophorese: SDS-PAGE
PAGE: Polyacrylamid-GelelektrophoreseSDS: Natrium-Dodecylsulfat, amphophile Substanz, die sich mit zu untersuchenden Proteinen verbindet, negative Außenladung, Wanderungsgeschwindigkeit nur noch von Molekülmasse abhängig
Analytische Verfahren in der Klinischen Chemie
Beispiel Prinzip
Potentiometrie pH-Messung Potentialmessung
Coulometrie Coulometrische Chlorid-Bestimmung Messung der Strommenge
Kryoskopie Osmolalität von Serum/Urin Gefrierpunktserniedrigung
Optische Messmethoden
Photometrie Protein-Bestimmung mit Messung der Absorbance(Spektrometrie) Biuretreagenz
Flammenphotom. Natrium im Serum/Urin Messung der Lichtemission
Atomabsorptions- Kupfer im Urin Messung der atomarenspektrometrie Absorption
Densitometrie Elektrophoreseauswertung Messung der Lichtdurchlässigkeit
Turbidimetrie Immunglobulin-Bestimmung Trübungsmessung
Nephelometrie Streulichtmessung
Fluorimetrie DNA/RNA-Bestimmung Fluoreszenzmessung
Proteinbindung Tumormarker-Bestimmung Enzymimmunoassay
Empfindlichkeit analytischer Verfahren
Spektroskopie: Photometer (Grundbausteine)
Spektroskopie: (Geräteaufbau eines Einstrahlphotometers)
SpektroskopieLichtquellen
man unterscheidetzwischen:LinienstrahlerKontinuumstrahler
Ziel ist die Generierung monochromatischen Lichtes
Spektroskopie: Lambert-Beersches Gesetz
Absorbance A hat Messbereich von Null bis UnendlichI = I0 A = 0I = 0 A = Unendlich
Transmission T (I/I0) hat Messbereich von 0 bis 1
log 1/T = A
I = I0 T = 1 (%T = 100)I = 0 T = 0
log Io/I = A = ac x c x d
A: Absorbance (im Deutschen früher Extinktion E)(spektrales dekadisches Absorptionsmaß)
ac: Proportionalitätsfaktor (Extinktionskoeffizient)c: Schichtdicke in cmd: Konzentration in mol/l