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Tagung heterogenlernen - PH GR, Chur
Kann in einem differenzierenden Unterricht (gerecht) beurteilt werden und wie geht das allenfalls?
Workshop
26.10.2013
Michele Eschelmüller, Pädagogische Hochschule FHNW
• Heterogenität als grundsätzliche Ausgangslage
• Fördern als Grundprinzip im Lerncoaching, das
Handlungsfeld Diagnostik & Förderung (das Prinzip der
Aufgaben- und Lerner-Diagnose)
• Leistungsmodelle von Aufgaben
• Ein Leistungsmodell beschreiben
• Unterstützungsmassnahmen ableiten
• Die Genügend-Limite setzen
• Exkurs „Beurteilung“
• Spannungsfelder mit förderorientierter Beurteilung
Übersicht
Grosse Heterogenität
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(Lern-) Gegenstand
Lehrerin/Lehrer Lernende
Ziel- + Stoffkultur, z.B. gute Lernaufgaben
(die Reflexion und Verstehen
unterstützen)
Wissens- + Lernkultur, z.B. produktive
Fehlerkultur, Förderung von Lernstrategien
Beziehungs- + Unterstützungskultur, z.B. Pädagogisches Beobachten, Lernfeedback, Visualisierung der
Lernfortschritte, Lerncoaching
Das Didaktische Dreieck (Reusser & Pauli, 2010, S. 16)
Lerncoaching orientiert sich am Didaktischen Dreieck
Begriffsklärung
Individualisierung: Ausrichten des Unterrichts am Einzelnen
Differenzierung: Ausrichten des Unterrichts an voraussetzungsähnlichen Gruppen in der Klasse
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Rahmen &
Struktur
Beziehungs-gestaltung
Diagnostik &
Förderung
Beratungs-formen
Führung (Einzel-, Grp.-,
Klasse)
Selbstmana-gement der
LP
Handlungsfelder von Lerncoaching
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• Differenziertes Lernmaterial
• Einbezug Lernende (z.B. Portfolios)
• Förderpläne + Fördergespräche
• Potentialorientierung
• Kompetenzorientierung / Vorwissen ermitteln + aktivieren (z.B. Kompetenzraster)
Lauth, G.: Interventionen bei Lernstörungen
Bohl, T.: Offener Unterricht heute
Von der Groeben, A.: Artikelserie in Pädagogik 2011
Deci, E. & Ryan, R.: Selbstbestimmungs-theorie der Motivation
Phase 1: Verstehen der
Aufgabe
Phase 3: Ausführen des
Plans
Phase 2: Ausdenken des
Plans
Phase 4: Rückschau
Phase 0: Einstellung zur
Bearbeitung
Diagnostik & Förderung im LC
Die Zone der aktuellen Leistung ermi3eln, um die Zone der nächsten Entwicklung im neuen Lernthema passender zu
gestalten
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Phase 1 (Planung)
(1) Beschreibung der neu zu erwerbenden Kompetenzen
(2) Beschreibung der dafür vorausgesetzten Kompetenzen
(3) Auswahl der dazu geeigneten Lernaufgaben
(4) Bereitstellen differenzierender Unterstützungsangebote (Set)
Förderkreislauf 1
Ein Taifun mit einer Ausdehnung von 140 km in der Breite nähert sich mit einer Geschwindigkeit von 150 km pro Stunde einer Küste. Seine Entfernung zum ersten Küstenort beträgt 400 km. Diese Bewohner werden zuerst gewarnt. Wieviel Zeit haben die Bewohner, die ins Zentrum des Taifuns gelangen würden, um ihre Habe zusammen zu suchen, wenn sie sich noch rechtzeitig mit einem Auto an den seitlichen Rand des Taifuns in Sicherheit bringen wollen? Ihre Reisegeschwindigkeit beträgt 80 km/h.
Das Leistungsmodell einer Aufgabe
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Mögliche Kompetenzbereiche von Aufgaben: • Wissenskompetenz + Handlungskompetenz (in
verschiedenen „Fächern“) • deklarativ • Prozedural
• Selbstkompetenz • Sozialkompetenz
Das Leistungsmodell einer Aufgabe
Einstern 2 Mathematik 2005, S. 36
Aufgabe:
Entwickeln Sie passende Lernunterstützungen!
• Fachkom-petenz
• ....
• ....
• Methoden-kompetenz
• ....
• ....
• Selbstkom-petenz
• ....
• ....
Lernunterstützung beschreiben
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Aufgabe:
Beschreiben Sie die Genügend-Limite!
• Fachkom-petenz
• ....
• ....
• Methoden-kompetenz
• ....
• ....
• Selbstkom-petenz
• ....
• ....
Leistung beschreiben
3 Kompetenzstufen
Ziener 2006, S. 58
Ruf/Gallin 2011, S. 238-240
Qualitäten
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Ruf/Gallin 2011, S. 238-240
IST Ziel Erfüllte Teilziele
Wie arbeitet der Lernende mit dem Kompetenzraster?
A 1 A2 B1 B 2 C1 C 2
s ich s elbs t k e n nen lernen
Ich ka nn me in e d re i wich t igs ten St ä rke n u nd Sch wäch en , so wi e me in e Be ga bu nge n un d Erw art un ge n a n zu kün f tig e Be ru fe au fzäh len.
I ch kan n me ine St ärke n u nd Sch wä che n (Ch ara kt ere i gen sch aft en, Fähi g kei te n, Le istu nge n, be vorzu g te Tä t igke ite n) mi t Be i sp ielen ko m me nti ere n.
I ch kan n Ei n sch ätzu ng en a us me i ne m Umf eld (El tern , Ko ll e gIn ne n, Ve rwa nd te od er B eka nn te ) mi t me ine n e ige nen W ahrn e hmu n ge n ve rg le ich e n.
I ch ka nn F re md ein sch ätzu ng en au s Be rufsbe r atu ng , Sch ule , T est s e tc. mi t me i n en p ersö n liche n Erke n ntni sse n ve rg leich en .
Ich ka nn me i ne Be rufs wahl me i n en Fä hig kei ten (Sch lüsse l q ua li fi kat ion en ), be vo rzu gte n T ä t igke iten und Le istu ng en (N o te n) an pa ssen .
Ich ka nn Ei nsich te n a us Se lb st- und Fre md einsch ä tzu ng en (T est s / Ab klä ru ng en , Sch n up pe rb eri chte ) dok ume n ti e re n u nd kom me n t iere n .
s ich m i t d er B eruf s we lt auseinanderse t zen
Ich ka nn di e Be ru f e me in er F ami lien ang eh örig en un d na hen Be kan nte n au fzä hle n u nd je zwe i bi s dre i b eru f styp isch e An g ab en ma ch en .
I ch kan n e ini g e typi sch e Be ru fe au s ei n em Be ru fsfe ld au fzähle n. I ch ha be m i ch i m BI Z un d im In te rne t ü be r einze l n e Be ru fe i nfo rmi ert u nd mi r jew eils g eo rd ne te Not izen da zu g ema ch t .
I ch kan n mi nd est en s 3 Be ru fsfel d er be sch re ibe n.
I ch ka nn e in e au sfüh rl ich e Do kume nta ti on ü ber mi nde s ten s 3 Be ru fe vo rw e ise n.
Ich ka nn 5 Sch n up pert age in me i n en be vorzu g ten Be ru fen na ch weise n.
Ich ka nn Erke nn tnis se un d Erf a hru n ge n i n de r Be ru fs welt do kume nt ie re n un d ko mme nt ie re n u nd ken ne da s An fo rd eru n gsp ro fil me i n er be vo rzug te n Be ru fe.
eine Lehrst elle fi n de n
Ich ka nn of fen e Le hrste l len (b ei ma n ge ln de m An ge bo t Le hrste l len in Al te rn ati vb eru fen ) find en un d verf üg e da mi t üb er ei n e Li ste a n mö g l iche n Le hrste l len.
I ch kan n mi ch te lefo ni sch ü be r angeb ot en e (Sch n up pe r-)leh rst ell e n in fo rm i ere n , so da ss i ch nac hh er we iss, o b die (Sch nu ppe r- )le hrstell e n n och offe n si nd un d an wen u nd in wel ch er F orm (Ha nd sch rif t od er PC ) i ch d i e Be werb u ng zu rich ten h abe .
I ch kan n a us me hre re n Leh rst el le nan ge bo ten a usw äh len , mi ch g leich ze i tig für me h rere An ge bo te be werb e n u nd mi ch re ge l mä ssig ü ber d en En tsch eid un gsstan d b ei d en Ve ra n two rtl ich en fü r die Leh rstel le nve rg ab e e rku nd igen.
I ch ka nn me i n e Be w erb u ngs akt i vi tät en l a ufe nd de n a ktue llen Gegebe n heiten anpa s sen u nd be arb eit en . Ich ka nn Erke n ntn i sse au s Sch nup pe rl e hre n aus w ert en u nd en tsp rech e nde Sch l üsse d ara u s zi ehen.
Ich ka nn Grü n de au sfi ndig m ach en für Sch wi eri gke i ten un d Ab sa ge n, d i ese a usw ert en un d ent spre ch en d dara u f re ag iere n . I ch ka nn ne ue We ge fi n de n, d ie zu w eite re n Le hrst e ll en od er re al ist isch en Al te rna tive n f ühre n.
Ich ka nn mich b ei m e hre re n ver bin dl ich en Z usa ge n f ür ein e L eh rstell e en tsch ei d en und einen Leh r ve rt ra g anst re ben.
s ich p r äs en ti e ren Ich ka nn ei n e korre kte Be werb u ng mi t Leben sl au f sch re ib en un d ge stalten.
I ch kan n e ine Be werb u ng erst e n Erf a hru n gen u nd Rü ckme l d un ge n au s Sch n upp erl eh re n an passe n .
I ch kan n e in a nsp re ch en des Be werb u ng sdo ssie r f ür me i ne n a ng est re b te n Be ru f e rst el le n u nd me i n e Be we rbu ng de r jewe ils a ng est re bte n L eh rst elle u nd de n Ad re ss aten anpa sse n. .
I ch ka nn Vo rste l lun gsg esp r äch e fü hre n, die se au sw erte n, e ntsp re ch en de An passu n ge n u nd Erg än zu nge n vorn ehme n u nd mich für ein nä chst es G esp rä ch vorb e reit en .
Ich ka nn üb er Be t rie be, be i de ne n i ch mi ch be werb e , Info rma ti o ne n sa mme ln, mi r ein e Che ckliste fü r Be w erb un gsg e sprä ch e an l ege n un d me in Ä usse re s / me i n Au f tre ten d er jewe il ige n Ge sp räch s si tua t io n anp asse n .
Ich ka nn me ine Be we rb un gsu nt erla ge n au sfü hrl ich u nd lücke n los kom me n t iere n un d Fra g en da zu bea ntworten.
Kompetenzraster
Förderpläne
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Förderpläne
Exkurs: Beurteilung
Bezugsnormen
• Sozialnorm / Klassennorm („Klassennote“)
• Kriterienorientierte Bezugsnorm (transparente Lehr-/Lernziele mit transparenten Erfüllungskriterien)
• Individuelle Bezugsnorm (eigener Lernfortschritt)
Autonomie
soziale Zugehörig-keit
erleben von Kompetenz
Motiviertes Lernen gelingt besser, wenn 3 grund-legende Bedürfnisse im Unterricht unterstützt werden: - Autonomie - soziale Zugehörigkeit - Kompetenzerleben
(Deci & Ryan, 1993)
Selbstbestimmungstheorie nach Deci & Ryan
24.10.2013 Institut Weiterbildung & Beratung, Michele Eschelmüller 21
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Exkurs: Beurteilung
Mögliche Funktionen der Beurteilung
• Das Lernen fördern
• Den Unterricht verbessern
• SuS beraten
• SuS disziplinieren
• Motivieren
• Als Lehrperson Rechenschaft ablegen
• .......
Exkurs: Beurteilung
Beurteilungsformen im Unterricht
• Lernsteuernde Beurteilung
• Lernzielerreichende Beurteilung („Prüfung“)
• Zertifizierende Beurteilung (Zeugnis)
Exkurs: Beurteilung
Erweiterter Leistungsbegriff
• Selbstkompetenz
• Kommunikationskompetenz
• Kooperationskomptenez
• Lern- und Arbeitskompetenz
• Produktkomponente
• Prozesskomponente
• Präsentationskomponente
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Aufgabe:
Beschreiben Sie die Genügend-Limite!
• Fachkompetenz • ....
• ....
• Methodenkompetenz • ....
• ....
• Selbstkompetenz • ....
• ....
Leistung beschreiben
Kann in einem differenzierenden Unterricht (gerecht) beurteilt werden und wie geht das allenfalls?
Eine Auswahl von Spannungsfeldern
1. Wie können Lehrerinnen und Lehrer zum einen den Fokus auf Unterricht und Klassenführung halten – und zum andern auch die individuellen Lernfortschritte?
4. Wie wird (z.B. in ADL-Klassen) benotet, wenn (jüngere resp. ältere) SuS das Jahrgangsziel erreichen, übertreffen oder darunter liegen?
5. Allein – im Unterrichtsteam – im Schulteam – welche Arbeitsweise ist wann empfehlenswert(er)?
2. Beurteilung basiert auf Fehlern/Defiziten – wie können LP Qualitäten von Arbeiten und Fortschritte, Kompetenzen und Potentiale von SuS besser erkennen?
3. Wird auch die Prozessqualität als Leistung erfasst und wann und wie?
Literatur
17.11.2012 Michele Eschelmüller 27
Baeriswyl, F. & Kovatsch-Guldimann, V. (2006). Das Kohärenzmodell der schulischen Beurteilung als notwendige Ergänzung zu Aeblis psychologischer Didaktik. In: M. Baer et al. (Hrsg), Didaktik auf psychologischer Grund- lage. H.e.p. Verlag. Deci, E. & Ryan, R. M., (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik, 39 (2), 223-238. Eschelmüller, M. (2011). Das Lernen kennenlernen. In: ProfiL, Magazin für das Lehren und Lernen. Bern: schulverlag plus Eschelmüller, M. (2011). Lerncoaching im Unterricht. Wenn der Lernfortschritt im Zentrum steht. In: INKLUSIVE, Zeitschrift Spezielle Pädagogik und Psychologie. Eschelmüller, M. (20133). Lerncoaching im Unterricht - Grundlagen und Umsetzungshilfen. Bern: schulverlag plus. Helmke, A. (2006). Was wissen wir über guten Unterricht? Pädagogik. Heft, 2/2006. Meyer, H. (2004). Was ist guter Unterricht. Berlin: Cornelsen Scriptor Meyer, H. (2012). Kompetenzorientierung allein macht noch keinen guten Unterricht! In Lernende Schule, 58/2012, 7-12.
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Literatur
17.11.2012 Michele Eschelmüller 28
Oser, F. & Spychiger, M. (2005). Lernen ist schmerzhaft. Weinheim: Beltz. Reusser, K. (2009): Von der Bildungs- und Unterrichtsforschung zur Unterrichtsentwicklung – Probleme, Strategien, Werkzeuge und Bedingungen. In: BEITRÄGE ZUR LEHRERBILDUNG, 27 (3). Ruf, U, Gallin, P. (2011). Erkennen und Bewerten von Leistungen im Dialogischen Unterricht. In: Grunder, H.U., Kansteiner-Schänzlin, K., Moser, H. (Hrsg). Diagnose und Beurteilung von Schülerleistungen. Professionswissen für Lehrerinnen und Lehrer. Baltmannsweiler: Hohengehren. Sacher, W. (2011). Durchführung der Leistungsüberprüfung und Leistungsbeurteilung. In: Grunder, H.U., Kansteiner-Schänzlin, K., Moser, H. (Hrsg). Diagnose und Beurteilung von Schülerleistungen. Professionswissen für Lehrerinnen und Lehrer. Baltmannsweiler: Hohengehren. Vygotzkij, L.S. (2002). Denken und Sprechen. Weinheim und Basel: Beltz Taschenbuch Weinert, F.-E. (Hrsg.), (2002). Leistungsmessungen in Schulen. Weinheim und Basel: Beltz. Wellenreuther, M. (2004). Lehren und Lernen - aber wie? Hohengehren: Schneider. Winter, F. (2011). Aufgaben und Perspektiven einer reformierten Leistungsbeurteilung. In: Grunder, H.U., Kansteiner-Schänzlin, K., Moser, H. (Hrsg). Diagnose und Beurteilung von Schülerleistungen. Professionswissen für Lehrerinnen und Lehrer. Baltmannsweiler: Hohengehren. Ziener, G. (2006). Bildungsstandards in der Praxis. Kompetenzorientiert unterrichten. Seelze-Velber: Kallmeyer und Klett.