Institut für Molekulare Zellbiologie - IMZ Prof. Dr. Karin Busch
Humanbiologie Nervenphysiologie
Karin Busch
Gliederung der VL SoSe 2016
2 Gliederung der VL
20.4. Bestandteile und Funktionen der Zelle 27.4. Atmung 04.5. Herz/Blutkreislauf 11.5. Gewebetypen 18.5. Ferien 25.5. Sinnesorgane 01.6. Nervensystem 08.6. Hormonales System 15.6. Immunsystem 22.6. Evolution des Menschen 29.6. Ernährung-Verdauung 6.7. DASA Museum Dortmund 20.7. Klausur
6/1/2016 Prof. Dr. Karin Busch 3
https://www.dasa-dortmund.de/startseite/
Sonderausstellung: Roboter -Verhältnis Mensch und Maschine
Überblick Nervensystems
6/1/2016 Prof. Dr. Karin Busch 4
1. Aufgaben von Nervensystemen
2. Aufbau von Nervensystemen • Input, Integration und Output • zellulär: Neurone und Gliazellen • Neuronale Netze
3. Funktionsweise von Nervensystemen • Entstehung von Nervensignalen: Grundlagen und Prozesse • Reizweiterleitung innerhalb von Nervenzellen • Reizweiterleitung zwischen Zellen • Signalintegration auf zellulärer Ebene
Nervensystem-Einteilung
5/31/2016 5
Gehirn
Rückenmark
ZNS PNS Gehirnnerven
Ganglien
Spinalnerven
Afferente Axone +
Efferente Axone
Zellen des Nervensystems
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 6
https://youtu.be/cXm9kEsr4c4
Aufgaben des Nervensystems
6/1/2016 Prof. Dr. Karin Busch 7
• Wahrnehmung der Umwelt (Informationsaufnahme Codierung)
• Filterung, Verarbeitung, Speicherung von Informationen
• Erinnerung, Assoziationen, Lernen
• Erzeugung + Koordination von Bewegungen (willkürlich, unwillkürlich)
• Interaktion mit anderen Organsystemen (Effektoren, Drüsen…)
• Erhaltung der Homöostase
Input
Verarbeitung
Antwort
Organisation des Nervensystems
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Zentrales Nerven- System ZNS Peripheres Nerven- System: PNS
PNS
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 9
ENS
Glossar
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 10
Bau eines peripheren Nervs
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 11
Mehrerer parallel verlaufende Axone bilden einen Nerv
Morphologie von Neuronen
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 12
multipolar unipolar bipolar
Die Funktion bestimmt die Morphologie !
Dynamik des Zytoplasmas
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 13
Myelinscheiden durch Gliazellen
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 14
Xiaolong Jiang et al. Science 2015;350:aac9462 Neuronen: elektrische Signalleitung Glia: keine elektrischen Signale
Gliazellen und ihre Funktionen
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 15
Myelinscheiden
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 16
Multiple Sklerose
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 17
Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste Autoimmun-Krankheit, die das Zentral-Nerven-System angreift. 2013 starben weltweit 20.000 Menschen durch MS. Die Krankheit macht sich meist im Alter zwischen 20 und 50 bemerkbar und ist bei Frauen doppelt so häufig wie bei Männern. Eine Behandlung ist möglich, eine Heilung bisher nicht. Es handelt sich um eine demyelinierende Krankheit, bei der die Myelinscheiden der Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark betroffen sind. Die Symptome sind vielfach, meist basierend auf einer fehlenden oder mangelhaften Kommunikation zwischen Nervenzellen und sind physischer, mentaler und manchmal psychiatrischer Natur. In Deutschland ist die Häufigkeit ~ 1:500.
Relapsing-remitting Multiple Sclerosis Primary/ Secondary Progressive MS
Modell eines Neurons
6/1/2016 Prof. Dr. Karin Busch 18
Generato-rpotenzial
Elektrische Signale durch Neuronen
Die Eigenschaft von Nerven- und Muskelzellen, wegen derer die zugehörigen Gewebe als erregbar bezeichnet werden, ist ihre Fähigkeit, als Antwort auf einen Reiz elektrische Signale zu erzeugen und schnell weiterzuleiten. Die Zellmembran besitzt ein Ruhe-Membranpotential, das durch die unterschiedliche Verteilung von Ionen im extra- und intrazellulären Raum (Konzentrationsgradienten) und die Permeabilität der Membran für diese Ionen bestimmt wird. Ionenflüsse durch Membranen erzeugen elektrische Signale.
Funktionsweise von Nervenzellen
6/1/2016 Prof. Dr. Karin Busch 20
= ungleiche Ladungsverteilung über biologische Membranen
Membranpotenzial
Membranpotenzial
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 21
Bedingungen für den Aufbau eines Membranpotenzials ΔΨ
1. Selektiv permeable Membran 2. Kontrollierter elektrogener Transport
über die Membran 3. Existenz von Ionengradienten, die
durch aktive Transportprozesse erzeugt werden
EK+ = 61 mV z log [K
+]außen [K+]innen
Gleichung zur Berechnung Des Gleichgewichtspotentials (EK+)
61 mV entspricht dem Faktor 2,303 x RT/F in der allg. Nernst-Gleichung bei 37°C (310,15 K) mit R als der idealen Gaskonstante (8,215 J K-1 mol-1), T als absoluter Temperatur in Kelvin und F als Faraday-Konstanten (96485 J V-1 mol-1).
Generierung des Membranpotenzial
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 22
• Transport von Nettoladung über die Membran • Spezifisch – selektiv - langsam
• Wassergefüllte Poren • Selektiv: nur eine Ionensorte,
zB. Na+ oder K+
• Unselektiv: mehrere Ionen, zB. Na+ und K+
• schnell
Transport Kanal
1. Selektiv permeable Membran 2. Kontrollierter elektrogener Transport über die Membran
Erzeugung von Ionengradienten
Generierung des Membranpotenzial
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 23
Membranpotenzial: K+-Diffusionspotenzial + Strom der Na+/K+-ATPase
?
Einzelkanal-Aktivitätsmessung
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 24
Ionenkanäle kontrollieren die Ionenpermeabilität der Zellmembran von Neuronen.
Patch-clamp Technik
Steuerung der Kanalöffnung
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 25
Liganden-gesteuert ⇒ chemischer Reiz: Ligand
Spannungs-gesteuert ⇒ Reiz: Potenzialänderung
Mechanosensitive Ionenkanäle ⇒ Reiz: physikalische Krafteinwirkung
Schwellenspannung von Kanälen
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 26
Spannungsgesteuerte Na+ und K+ Kanäle ⇒ Reiz: Potenzialänderung
Axone enthalten Na+-Kanäle und K+-Kanäle, die beide durch Depolarisation der Zellmembran geöffnet werden. Die Na+-Kanäle öffnen sich schnell, die K+-Kanäle deutlich langsamer
Schwellenspannung von Kanälen
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 27
Spannungs-gesteuert ⇒ Reiz: Potenzialänderung
Axone enthalten Na+-Kanäle und K+-Kanäle, die beide durch Depolarisation der Zellmembran geöffnet werden. Die Na+-Kanäle öffnen sich schnell, die K+-Kanäle deutlich langsamer
Das Aktionspotenzial wird durch die Aktivität der Na+-Kanäle bestimmt!
Lokaler Stromfluss infolge v. Depolarisierung
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 28
Depolarisation durch Generatorpotential
Fortpflanzung eines Aktionspotenzials
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 29
Ionenströme während eines Aktionspotenzials
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 30
Spannungsgesteuerte Na+-Kanäle
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 31
Spannungsgesteuert Na+-Kanäle haben zwei Tore: das Aktivierungs- und das Inaktivierungstor. Deren Öffnungszustand hängt in unterschiedlicher Weise vom Membranpotenzial ab.
Saltatorische Erregungsleitung
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 32
In myelinisierten Axonen scheinen die APs von einem Ranvier‘schen Schnürring zum nächsten zu springen: die Erregungsleitung ist schneller als in nicht-myelinisierten Axonen!
https://youtube/219WnPfAnao
Erregungsweiterleitung 150 m/s
Saltatorische Erregungsleitung
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 33
In Axonen mit degenerierten Myelinscheiden nimmt die Erregungsleitung infolge von Leckströmen ab Multiple Sklerose
3 m/s
Axondurchmeser und Erregungsleitung
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 34
Geschwindigkeit (Sr) der Reizleitung abhängig vom Durchmesser des Axons bzw. dem Myelinisierungsgrad!
Unterschwellige und überschwellige Generatorpotentiale
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 35
a) b)
Aktionspotenziale pflanzen sich ohne großen Intensitätsverlust über größere Entfernungen fort
Codierung der Reizstärke
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 36
Alle Aktionspotenziale in einem Neuron weisen die gleiche Amplitude auf. Die Stärke des Reizes wird durch die Frequenz der aufeinanderfolgenden APs codiert.
Codierung der Reizstärke
6/1/2016 Prof. Dr. Karin Busch 37
Typen von beteiligten gesteuerten Ionenkanälen
Mechanosensitive Ligandengesteuerte Spannungsgesteuerte
Spannungsgesteuerte
Amplitude des Signals Aufsummierung möglich Hängt von Stärke des Anfangsreizes ab
Keine Aufsummierung, immer gleich große Amplitude Mindesreizschwelle nötig
Reizübertragung an der Synapse
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 38
Der Physiologe und Nobelpreisträger Charles S. Sherrington (1857-1952) prägte den Begriff Synapse (von griechisch syn für zusammen und haptein für ergreifen, fassen).
An der Synapse wird das elektrische vorrübergehend in ein chemisches Signal umgewandelt.
Neurokrine: Acetylcholin, Noradrenalin, Dopamin, Serotonin, Histamin, Glutamat, GABA, Adenosin, Stickstoffmonoxid Rezeptortypen: Nikotinisch, Muscarinisch, Adrenerg, Glutaminerg.....
Reizübertragung an der Synapse
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 39
An der Synapse wird das elektrische vorrübergehend in ein chemisches Signal umgewandelt.
Zwischen Herzmuskelzellen wird das elektrische Signal direkt über gap junctions übertragen.
In neuromuskulären Verbindungen initiiert Acetylcholin die elektrome-chanische Kopplung Muskel.
Reizübertragung an der Synapse
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 40
Ca2+
Reizübertragung an der chemischen Synapse
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 41
Reizübertragung an der Synapse
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 42
4
Reizübertragung an der Synapse
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 43
EPSP Exzitatorisches postsynaptisches Potenzial Depolarisation der
postsynaptischen Membran
Ionenkanäle öffnen sich
Erhöhter Na+ Einstrom
IPSP Inhibitorisches (hemmendes) postsynaptisches Potenzial Hyperpolarisation der postsynaptischen
Membran
Erhöhter K+ Ausstrom oder Cl- Einstrom
Modulare Netzwerke
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 44
Neuronen arbeiten in Netzwerken zusammen ⇒ Neuronale Netze
Reizleitung
Neuron 1: sensorisches Neuron (Empfang der Signale vom Rezeptor ⇒ Weiterleitung)
Neuron 2: Interneurone (Signalübertragung Neuron ⇒ Neuron)
Neuron 3: Motorneurone (Signalübertragung NS ⇒ Effektorzelle)
Einfachster neuronaler Schaltkreis: 2 Neuron-typen MN = Motorneuron SN = Sensorisches Neuron
Effektorzelle Sensorische Rezeptoren
Sensorisches Neuron
Inter-Neuron
Motor-neuron
SN MN
Signalintegration
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 45
Räumliche Summation von Generator-potenzialen
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 46
Divergenz und Konvergenz
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 47
Divergenz und Konvergenz
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 48
Nervensytem-Lateralisierung
5/31/2016 49
Spektrum der Wissenschaft
Juli 2010
Prof. Dr. Karin Busch
Nervensystem-Signalintegration
5/31/2016 50
Spektrum der Wissenschaft
Juli 2010
Prof. Dr. Karin Busch
Aufbau neuer Synapsen
6/1/2016 51 Prof. Dr. Karin Busch
Nervenzellen teilen sich nicht mehr. Ein Verlust durch Schädigung kann aber teilweise ausgeglichen werden durch die Generierung neuer Synapsen. Gehirntraining z.B. durch „verkehrte Aktionen“ Tue es mit der falschen Hand!
Gliazellen teilen sich nicht mehr. Ein Verlust durch Schädigung kann nicht mehr ausgeglichen werden.
6/1/2016 Prof. Dr. Karin Busch 52
Czepiel et al., 2014
iPS als mögliche Erneuerungsquellen für Gliazellen
6/1/2016 Prof. Dr. Karin Busch 53
Nervensysteme anderer Spezies
Hirn und Körpergröße
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 54
Spektrum der Wissenschaft
April/12
Literatur
55 Prof. Dr. Karin Busch 5/31/2016
Neuronen brauchen eine Aufgabe
Was macht ein Gehirn eigentlich so den ganzen Tag?
Nutzen wir wirklich nur zehn Prozent unseres Gehirns?
Literatur
56 Prof. Dr. Karin Busch
• „Physiologie“, D.U. Silverthorn, Verlag Pearson
5/31/2016
• http://www.inside-immunity.org/de#explication
Blut-Hirn-Schranke
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 57
• Physiologische Barriere zwischen dem Blutkreislauf und dem ZNS • Erhält Homöostase im Gehirn, grenzt sie von der des Blutes ab • Bestehend aus Endothelzellen, die über Tight Junctions eng miteinander
verknüpft sind
Anatomie von Neuronen
5/31/2016 Prof. Dr. Karin Busch 58