Gibt es eine „Palliative Geriatrie“?
Oder geht es um Palliative Care in der Geriatrie?
Wenn ja, wann beginnt dann Palliative Care?
Oder ist Geriatrie gleich Palliative Care? Dr. med. Roland Kunz
Chefarzt Geriatrie und Palliative Care
Definition Palliative Care (BAG 2009)
n Palliative Care verbessert die Lebensqualität von Menschen mit unheilbaren, lebens-bedrohlichen und chronisch fortschreitenden Krankheiten. Sie umfasst medizinische Behandlungen, pflegerische Interventionen sowie psychische, soziale und spirituelle Unterstützung in der letzten Lebensphase.
Nationale Strategie Palliative Care, BAG + GDK 10/09
Demographische Entwicklung
Sterben und Tod werden Phänomen des hohen Alters
Palliative Care betrifft immer mehr geriatrische Patienten
n Chronische, unheilbare Krankheiten n Der Schwerpunkt von Palliative Care
liegt dort, „wo Sterben und Tod absehbar sind“ (SAMW-RL Palliative Care 2006)
n Die letzte Lebensphase findet immer mehr im Pflegeheim statt
Sterbeorte heute Sterbeort in der Stadt Zürich, 2007
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
im Spital im Alters-,Kranken- undPflegeheim
zu Hause im Freien/übrigeÖrtlichkeit in
Zürich
unbekannt Sterbeortauswärts
in P
roze
nt Gesamt
Frauen
Männer
Quelle: Statistisches Jahrbuch der Stadt Zürich 2009
Todesfälle nehmen zu
Zahlen zur Demenz
17 Studien
Geriatrie Profil der Geriatrie in der Schweiz, SFGG 2006 n Geriatrische Betreuung heisst kurative,
präventive, rehabilitative und palliative Behandlung und Betreuung unter Einbezug sozialer Aspekte; diese Anteile sind oft gleichzeitig vorhanden und nicht immer klar voneinander abgrenzbar
n Geriatrie ist umfassende Medizin für chronisch und oft mehrfach kranke, behinderte alte Menschen.
Geriatrie Profil der Geriatrie in der Schweiz, SFGG 2006
n Sie hat weiter zum Ziel, alten Menschen, die an akuten oder chronischen Krankheiten leiden, Funktionseinbussen haben oder abhängig sind ein gelingendes Leben zu ermöglichen sowie Sterbenden die notwendige medizinische und soziale Hilfe zu leisten und ihnen beizustehen.
Der ältere Patient ist multimorbid
Herzinsuffizienz
COPD Parkinson
Krebs Demenz
PAVK
Niereninsuffizienz
?
?
Prognose wird schwierig:
wann beginnt das Lebensende?
Krebskrankheiten
Chronische Krankheiten
Multimorbidität und Prognose
Prevalence of Multimorbidity
n Prevalence in Australia (Britt HC et al. MJA 2008)
305 general practitioners, 9156 patients seen in 5 months Levels of multimorbidity: Age No 1 + 2 + 3 + 4 + 75 + 1343 96.2% 83.2% 58.2% 33.4%
Prevalence in the Netherlands
n Prevalence of chron. diseases doubled between 1985 and 2005. The Proportion of patients with 4 or more chronic diseases increased by 300%
Uijen A, van de Lisdonk E.
The European Journal of General Practice 2008
Pflegeheime: nicht nur Palliative Care…
Geriatric
Care Palliative
Care
End-of-life
Care
Der Spagat wird immer anspruchsvoller!
Dementia Care
Eintritt, Erstkontakt
Assessment
Standort- und Zielgespräch
Anpassung der Pflegeplanung und der Therapien
Rehabilitation
Pall. Care End-of-Life-Care
Pflege, Arzt, Therapie, Seelsorge, Sozialdienst
Interdisziplinär, mit Pat. und Angehörigen
Individ. Ziele
„Leben“
Das zentrale Anliegen von Palliative Care:
Lebensqualität erhalten bzw. verbessern
(„ein gelingendes Leben ermöglichen“)
Was ist Lebensqualität?
„Lebensqualität kann nicht primär medizinisch definiert werden, sondern ist im lebensgeschichtlichen Kontext zu verstehen; das heisst die Sicht des Patienten ist entscheidend…“ SAMW-RL Palliative Care, 2006
Aber was heisst das bei Demenzkranken? n Ist seine Sicht heute gleich wie früher? n das Erleben des Patienten ist nicht immer
identisch mit dem Erleben der Angehörigen!
LQ = Realität - Erwartungen
Calman Gap (K.C. Calman 1984)
Anti-Aging-Werbung und Spitzenmedizin schüren Erwartung
Pat. und Angehörigen helfen, mit /trotz der Krankheit möglichst gut zu leben, realistische Ziele zu definieren à Gap (Differenz) zwischen Erwartungen und aktuellem Befinden verkleinern
= Palliative Care
Lebensqualität verbessern beim alten multimorbiden Patienten
Palliative Care in der Geriatrie
n Optimale Symptombehandlung n Selbständigkeit erhalten n Entscheidungsfindung n Support für Patient und Angehörige
ESAS : subjektive Symptombeurteilung (Edmonton Symptom Assessment System, Bruera et al.)
Symptom 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Gehbehinderung x
Behind.ob.Extrem. x
Angst x
Hörstörung x
Sehstörung x
Essstörung x
Speichelfluss x
Appetitlosigkeit x
Schmerzen x
Palliative Care in der Geriatrie
n Optimale Symptombehandlung n Selbständigkeit erhalten n Entscheidungsfindung n Support für Patient und Angehörige
Palliative Care in der Geriatrie
n Optimale Symptombehandlung n Selbständigkeit erhalten n Entscheidungsfindung n Support für Patient und Angehörige
Geplante Massnahme
Statistische
Endpunkte Behandlungsziel
Ziele des Patienten
effectiv? klinisch
relevant?
Nutzen für
Patient?
Statistische Signifikanz
klinischeKriterien
Wünsche des Patienten
Nutzen für den Patienten
Synofzik M. wirksam, indiziert – und dennoch ohne Nutzen? Z Gerontol Geriat 2006
Balance Burden - Benefit
Burden Benefit
Belastende Abklärungen und Nebenwirkungen
Medikalisierung
Hospitalisation
Autonomieeinschränkung
Verletzung Intimsphäre
Verlust von Lebensqualität?
Lebensverlängerung?
Lebensverlängerung
Gewinn an Lebensqualität
Gewinn an Selbständigkeit
Behandlungsoption
Palliative Care in der Geriatrie
n Optimale Symptombehandlung n Selbständigkeit erhalten n Entscheidungsfindung n Support für Patient und Angehörige
Zusammenfassung n Palliative Care ist integraler Bestandteil
der Behandlung und Pflege alter multimorbider Menschen
n Eine „Palliativ-Phase“ lässt sich kaum abgrenzen à Problem bei Finanzierung
n Ärzte und Pflegende in der Geriatrie können nicht in allem gleich kompetent sein à konsiliarische Unterstützung
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!