DRG-System:
Ökonomische Fehlanreize durch
Upcoding in der Geburtshilfe
8. Jahrestagung der DGGÖ, Berlin, 14. März 2016
Botson H, Schneider U, Linder R
HintergrundEntwicklung der Sectio Caesarea
Zunahme der Sectioraten weltweit
Deutschland:
• 21,5 % im Jahr 2000
• 31,8 % im Jahr 2013
In der Forschung relevantes Thema:
• Faktencheck Gesundheit der Bertelsmann Stiftung
„Kaiserschnittgeburten – Entwicklung und regionale Verteilung“ (2010)
Bislang nicht untersucht:
• Auswirkungen der Abrechnungsgrundsätze des G-DRG Systems auf die
Entwicklung der Sectiones
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Hintergrund
Abrechnungsgrundsätze
Erlösrelevante Abrechnungsänderung der Sectiones zum 01.01.2010
Bis einschließlich 2009:
• Einheitliche Abrechnung primärer (geplanter) und sekundärer (ungeplanter)
Sectiones - Relativgewicht gemäß kodierter Diagnosen und Komplikationen
Ab 2010:
• Differenzierung der Basis DRG “Sectio Caesarea“ in DRGs für primäre
Sectiones (DRG O01 F1-H) und für sekundäre Sectiones (DRG O01 D- F1)
Damit einhergehend: Höhere Vergütung sekundärer Sectiones gegenüber
primären Sectiones bei vergleichbarem Komplikationsniveau
Beispiel: O 01E Sekundäre Sectio mit komplizierender Diagnose,
SSW > 33. Woche, ohne komplexe Diagnose
Relativgewicht:
1,136
O 01G Primäre Sectio mit komplizierender Diagnose,
SSW > 33. Woche, ohne komplexe Diagnose
Relativgewicht:
0,876
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Zielsetzung der Arbeit
Untersuchung der Kodierung von Sectiones seitens der Krankenhäuser vor und
nach der Abrechnungsänderung.
Schwerpunkt der Untersuchung:
• Entwicklung des relativen Anteils an sekundären Sectiones nach dem
Wechsel von der einheitlichen zu der differenzierten Vergütung
Weitere Untersuchungsgegenstände:
• Ausgabenentwicklung
• Regionale Verteilung der Anteile auf Kreisebene in Deutschland
• Entwicklung Geburtsrisiko beeinflussender Faktoren
• Kodierung von Nebendiagnosen und Entwicklung des Komplikationslevels
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Datenbasis und -analyse
Untersuchung von Routinedaten der TK für die Jahre 2005 bis 2014
Datenbasis nach Bereinigung:
• 200.982 Krankenhausfälle
• 172.502 Versicherte
• 406.447 OPS Angaben
• 1.485.829 Informationen zu ICDs
• 384 Kreise
Datenanalyse:
• Analyse der Anteile primärer und sekundärer Sectiones durch OPS-
Informationen (2005-2009) und DRGs/OPS (2010-2014)
• Analyse der Ausgaben über DRG-Betrag
• Regionale Verteilung analysiert über Kreis der Entbindung
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ErgebnisseEntwicklung Sectiozahlen
Absoluter Anstieg abgerechneter Kaiserschnitte
Anteilsentwicklung abgerechneter Kaiserschnitte
2005 2014 Anstieg
Primäre Sectio 6.282 12.900 105%
Sekundäre Sectio 6.318 16.240 157%
6
40%
45%
50%
55%
60%
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Primäre Sectiones Sekundäre Sectiones
ErgebnisseEntwicklung Ausgabenanteile
Aus der Entwicklung resultiert eine Ausgabenverlagerung hin zu den höher
vergüteten DRGs für sekundäre Sectiones ab 2010
Bis 2009: Ausgaben ca. 50:50 je Sectioart,
2014: knapp 60 % der Gesamtausgaben für sekundäre Sectiones
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30%
35%
40%
45%
50%
55%
60%
65%
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Anteil primär Anteil sekundär
Au
sga
be
nante
il
ErgebnisseEntwicklung regionale Verteilung
Anteil Sekundärer Sectiones an allen Sectiones auf Kreisebene
2005 2014
• Tendenziell höherer Anteil sekundärer Sectiones in Westdeutschland
• Keine Unterschiede nach siedlungsstrukturellen Kreistypen
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ErgebnisseWeitere Untersuchungen
Entwicklung das Geburtsrisiko beeinflussender Faktoren
1. Alter der Entbindenden (ab 35 Risikoschwangerschaft)
• keine Zunahme des Gestationsalters bei den TK versicherten Frauen
• Anstieg sekundärer Sectiones gleichermaßen bei unter und über 35-Jährigen
2. Mehrlingsgeburten
• Keine Auffälligkeiten in der Entwicklung
3. Sectiones nach vorangegangener Schnittentbindung (Re-Sectiones)
• Anteil Re-Sectiones an allen Sectiones in 2014: ca. 25 % (deutlicher Anstieg
von 2009 auf 2010 um 3,34 %-Punkte)
• Anteil sekundärer Re-Sectiones 2005 ca. 6 %, 2014 ca. 10 %
Entwicklung von Nebendiagnosen und Komplikationslevels unauffällig.
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Limitationen
Keine Verknüpfung mit Daten aus dem ambulanten Bereich (EBM-Kodes) für
den gesamten Analysezeitraum möglich (Grund: kürzere Aufbewahrungsfrist).
Fehlen von krankenhausspezifischen Merkmalen wie Größe des jeweiligen
Krankenhauses, Personalbesetzung zur Zeit der Entbindung oder Trägerart.
Faktoren die nicht in der Datenbasis abgebildet waren:
• Geburtsgewicht des Säuglings
• Schwangerschaftswoche der Entbindenden
• Vorliegen einer Sectio auf Wunsch
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Zusammenfassung
• Zunahme des Anteils sekundärer Sectiones ab 2009
→ strategisches Verhalten in der Kodierung der Krankenhäuser für
Krankenhausbudgetverhandlung in 2010?
• Ausgabenanstieg durch die Zunahme an sekundären Sectiones zu
verzeichnen, geschätzte Zusatzausgaben GKV-weit knapp 31,5 Mio. €
• Entwicklung kann nicht durch weitere Einflussfaktoren erklärt werden
• Zudem scheint ein zunehmender Anteil planbarer Sectiones sekundär
abgerechnet zu werden (Beispiel: Re-Sectiones)
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Heike Botson, 8. Jahrestagung der DGGÖ, Berlin, 14. März 2016